[N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852.hingewiesen, daß der Zustand, in welchem sich die Philo- Um zu wissen, von welchem leitenden Gedanken hingewieſen, daß der Zuſtand, in welchem ſich die Philo- Um zu wiſſen, von welchem leitenden Gedanken <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0053" n="47"/> hingewieſen, daß der Zuſtand, in welchem ſich die <hi rendition="#g">Philo-<lb/> ſophie</hi> bei einem Volke befinde, einen ſicheren Maßſtab<lb/> abgeben könne für den Grad und die Art ſeiner Bildung.<lb/> Man ging ſogar nicht ſelten ſo weit, zu glauben, daß die<lb/> Philoſophie die eigentliche Quelle dieſer Bildung und die<lb/> Lenkerin unſerer geiſtigen Zuſtände ſei, was eine offenbare<lb/> Verwechſelung von Wirkung und Urſache iſt. Die Philo-<lb/> ſophie erfindet nichts, ſie formulirt nur diejenigen Gedanken,<lb/> welche das praktiſche Leben entſtehen ließ, ſie bringt die-<lb/> ſelben in Syſtem. Nicht das „Jahrhundert der Philoſophen“<lb/> hat die franzöſiſche Revolution erzeugt, ſondern der ſittliche<lb/> Verfall erzeugte einen Zuſtand der Gemüther, in welchem<lb/> der Glaube an eine ſittliche Macht über uns und an unſere<lb/> eigene ſittliche Natur nicht mehr wurzeln kann, und ein<lb/> ſolcher Zuſtand führt nothwendig zur Anarchie. Ehe er aber<lb/> dahin führte, wurde er von der Philoſophie in Syſtem<lb/> gebracht. Die Philoſophie hat daher höchſtens Hebammen-<lb/> dienſte bei der Revolution verſehen, nicht aber ſie hervorge-<lb/> bracht. Und wie in einer wohlgeſitteten Geſellſchaft ein Menſch,<lb/> welcher ſchamloſe Reden führt, nicht Sittenverderbniß er-<lb/> zeugt, ſondern einfach fortgejagt wird, ebenſo würde jene<lb/> Philoſophie, wenn ſie nicht ausgeſprochen hätte, was bereits<lb/> in den Gemüthern vorhanden war, tauben Ohren gepredigt<lb/> haben. Wo aber eine Lehre allgemeinen Anklang findet, da<lb/> iſt ſie ein Maßſtab für den Zuſtand der Gemüther.</p><lb/> <p>Um zu wiſſen, von welchem <hi rendition="#g">leitenden Gedanken</hi><lb/> unſere neueſte <hi rendition="#g">Philoſophie</hi> ausgeht, bedarf es glücklicher-<lb/> weiſe keines langen Suchens in den Jrrgängen ihrer Kom-<lb/> pendien, was ein ſehr unerquickliches Geſchäft wäre. Denn<lb/> dieſer leitende Gedanke tritt uns allüberall in den Lehrbüchern<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [47/0053]
hingewieſen, daß der Zuſtand, in welchem ſich die Philo-
ſophie bei einem Volke befinde, einen ſicheren Maßſtab
abgeben könne für den Grad und die Art ſeiner Bildung.
Man ging ſogar nicht ſelten ſo weit, zu glauben, daß die
Philoſophie die eigentliche Quelle dieſer Bildung und die
Lenkerin unſerer geiſtigen Zuſtände ſei, was eine offenbare
Verwechſelung von Wirkung und Urſache iſt. Die Philo-
ſophie erfindet nichts, ſie formulirt nur diejenigen Gedanken,
welche das praktiſche Leben entſtehen ließ, ſie bringt die-
ſelben in Syſtem. Nicht das „Jahrhundert der Philoſophen“
hat die franzöſiſche Revolution erzeugt, ſondern der ſittliche
Verfall erzeugte einen Zuſtand der Gemüther, in welchem
der Glaube an eine ſittliche Macht über uns und an unſere
eigene ſittliche Natur nicht mehr wurzeln kann, und ein
ſolcher Zuſtand führt nothwendig zur Anarchie. Ehe er aber
dahin führte, wurde er von der Philoſophie in Syſtem
gebracht. Die Philoſophie hat daher höchſtens Hebammen-
dienſte bei der Revolution verſehen, nicht aber ſie hervorge-
bracht. Und wie in einer wohlgeſitteten Geſellſchaft ein Menſch,
welcher ſchamloſe Reden führt, nicht Sittenverderbniß er-
zeugt, ſondern einfach fortgejagt wird, ebenſo würde jene
Philoſophie, wenn ſie nicht ausgeſprochen hätte, was bereits
in den Gemüthern vorhanden war, tauben Ohren gepredigt
haben. Wo aber eine Lehre allgemeinen Anklang findet, da
iſt ſie ein Maßſtab für den Zuſtand der Gemüther.
Um zu wiſſen, von welchem leitenden Gedanken
unſere neueſte Philoſophie ausgeht, bedarf es glücklicher-
weiſe keines langen Suchens in den Jrrgängen ihrer Kom-
pendien, was ein ſehr unerquickliches Geſchäft wäre. Denn
dieſer leitende Gedanke tritt uns allüberall in den Lehrbüchern
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