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Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 38. Bremen, 11. Mai 1852.

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[Beginn Spaltensatz] ungestüme, unbesonnene Hitze, die Gefahren sucht und provocirt; aber er ist mit
ruhiger, besonnener Unerschrockenheit verbunden, die ohne Furcht Gefahr und
Tod in's Auge sieht. Der [unleserliches Material - 12 Zeichen fehlen]Paraguayaner hat eine natürliche Vorliebe für das
Waffenhandwerk; er trägt mit Ergebung die damit verbundenen Mühselig-
keiten und Entbehrungen. Er ist fest, beharrlich, ausdauernd, und setzt
lieber das Aeußerste an seine einmal gefaßten Pläne, als daß er sie auf-
giebt. Er ist sicher gegen die Reizungen unmäßiger Leidenschaften; seine
Familie, sein Land, sein Haus und seine Freunde sind seine Welt.

Unter den Produkten, die eine Quelle großen Reichthums für dies
Land bilden, steht der Ueberfluß an köstlichen Holzarten oben an, deren
Transport durch die unmittelbare Nähe schiffbarer Ströme sehr leicht
gemacht wird und dem Lande unermeßliche Vortheile verspricht. Außerdem
sind die bedeutendsten Produkte Gras und Taback; dann folgen Häute,
Leder
und Gummi. Die Hauptbeschäftigung der Einwohner bilden die
Land= und Viehwirthschaft.

Die Fruchtbarkeit des reichen Bodens wird sich erst besser offenbaren
können, sobald die Erweckung neuer Wünsche, Bedürfnisse und Genüsse die
Bewohner zu angestrengterer Thätigkeit anspornen wird, und sobald das
Trachten nach Gewinn die Absatzwege vervollkommnet. Der Paraguayaner
betrachtet die Landwirthschaft nicht als lukrative Thätigkeit, als die Grund-
lage von künftigem Reichthum; er widmet sich ihr nur als dem Mittel,
um für seine Familie den nöthigen Lebensunterhalt zu gewinnen; und
trotzdem ist schon jetzt ein Ueberfluß an landwirthschaftlichen Produkten in
Paraguay vorhanden. Der Graswuchs auf den üppigen Weiden über-
trifft an Güte den aller Nachbarländer. Daß der dort gezogene Taback
einstens auf den Märkten Amerikas und Europas eine bedeutende Rolle
spielen wird, ist sicher zu erwarten, sobald ein lebhafterer Handel den
Anbau ermuntern wird. Seine Qualität nähert sich sehr der des Havana-
taback, wenn sie ihr nicht gleichkommt. Der Taback dürfte wohl zunächst
auf den französischen Markt gebracht werden, da einige Kaufleute in
Assumption Spekulationen der Art zu unternehmen in Begriff stehen.
Dasselbe läßt sich von Zucker und Baumwolle sagen; die beide in
Qualität vorzüglich sind, aber des mangelnden Absatzes wegen bis jetzt
nur spärlich angebaut wurden. Auch Farbestoffe, wie Jndigo, Cochenille,
versprechen guten Ertrag.

Die Mineralschätze des Landes sind erst wenig erforscht; indessen
ergeben doch schon die Eisenminen von Caapucen 75 und die von Jbicui
43 Procent. Das Zink von Cordilheiril a wirft 22 Procent ab, und
durch einfachen Schmelzproceß werden bereits vom Silber 4 Procent gemacht,
während der Ertrag weit größer sein wird, sobald man die Ablösung
desselben mittelst Merkurs vornimmt. Die Bleiminen von Jbitimi geben
32 Procent. Jn Villarica findet sich feine Porzellanerde, Bergkrystall,
Schiefer und Kiesel, in Ober=Paraguay, in Paraguar und Jtapucum
Kalkerde. An vielen Flußufern sind reiche Salzquellen, in Villete
Salpeterminen.

Jn Manufakturen sind die Bewohner Paraguay's sehr zurück;
indessen werden doch Baumwollenstoffe zur Bekleidung für den Bedarf des
Jnnern nicht ohne Kunst gewebt und gefärbt, ebenso wie einige geringere
Artikel. Auch die Anfänge von Wollen= und Eisenmanufactur, der Anfer-
tigung chirurgischer Jnstrumente, des Zuckerraffinirens, der Wein= und
Liqueurbereitung finden sich.

Die Finanzeinkünfte werden hauptsächlich aus den Aus= und
Eingangszöllen bezogen, aus dem Verkauf von Vieh, Häuten, Leder und
anderen Produkten der Staatsländereien, aus dem Verpachten dazu gehöriger
Grundstücke und Häuser, aus dem Verkauf von Stempelpapier und
Patenten und aus den Zehnten. Das Gras endlich ist gegenwärtig
Staatsmonopol. Die Zahl der Staatsbeamten ist verhältnißmäßig sehr groß,
ihr Gehalt aber gering.

Das Militärsystem in Paraguay ist einfach und zugleich wirksam
genug organisirt. Jn jedem Bezirke führt ein Oberbefehlshaber eine Liste
über sämmtliche Männer von 18 bis 30 Jahren. Sobald die Regierung
ihm kundthut, daß sie Mannschaft bedarf, hat er die bestimmte Zahl aus
dem Register auszuheben und zu der Armee oder dem Uebungslager abgehen
zu lassen. Desertiren, oder die Weigerung sich zu stellen sind höchst selten.
Auf diesem Wege sind seit 1846 zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen
Lägern über 30,000 Mann zu den 3 Waffengattungen zusammenberufen
[Spaltenumbruch] worden; sobald sie eingeübt waren, kehrten sie nach Hause zurück und
wurden durch neue Rekruten ersetzt. Die Disciplin in der Jnfanterie und
Cavallerie ist ziemlich vorgerückt; auch in der Artillerie sind große Fort-
schritte gemacht seitdem man Jnstruktoren aus Brasilien dazu verwandte.
Persönlicher Muth, Besonnenheit und Strebsamkeit bezeichnen den militäri-
schen Geist des Heers; die Ausrüstung ist mehr als hinreichend. Außer
den regulären Truppen besteht eine Nationalgarde und ein Reservecorps.

Primärschulen sind auf Staatskosten sowohl in der Hauptstadt,
als in den Departements eingerichtet worden; besondere Sorgfalt wird in
ihnen auf die moralische und religiöse Ausbildung der Jugend verwandt.
Man trifft selten einen Paraguayaner, der nicht lesen und schreiben könnte.
Jn der Akademie ist ein Lehrstuhl für das Lateinische und einer für die
Philosophie.

Freie Religionsübung ist zwar nicht eigentlich gestattet; indessen wird
seines individuellen Glaubens wegen Niemand belästigt. Die Landesreligion ist
die römisch=katholische; alle öffentlichen aus den Zehnten fließenden Ein-
künfte sind zur Erbauung von Kirchen und andern kirchlichen Zwecken bestimmt.

Jm Allgemeinen sind die Gesetze die spanischen, weichen aber natürlich
im einzelnen Falle etwaigen besondern Statuten. Alle von den Jndianern
herrührenden Bestimmungen sind außer Kraft gesetzt. Die Handhabung
der Gerechtigkeitspflege ist in der Hand ernannter Richter von verschiedenen
Graden; sie wird aber noch zu Zeiten durch Gewalt und Despotismus
getrübt. Die jetzige politische Verfassung rührt von 1844 her, und setzte
an die Stelle des frühern berühmten Diktators Dr. Francia und der spätern
Consuln einen Präsidenten als Executivgewalt, und einen Congreß als
gesetzgebende Behörde, unter Festhaltung liberaler Grundsätze. Der
Sklavenhandel ist abgeschafft
und die Kinder von Sklaven für
frei erklärt.

Jm Anfange dieses Jahrhunderts hielt die jährliche Handelsbewegung
des Landes etwa anderthalb Millionen Dollars in Umlauf und beschäftigte
etwa 150 Fahrzeuge. Kein Mensch dachte an Baumwolle, Branntwein,
Zucker, Jndigo, Gummi, Häute Die Produktion dieser Sachen wurde
zuerst durch die allem Verkehr mit dem Auslande feindliche Politik des
Dr. Francia, und nachher durch die Flußsperre von Rosas und die
Blockade der Häfen gehemmt. So ist bis jetzt kein rechtes Leben und Vertrauen
dem Handel von Paraguay möglich gewesen und kühner Spekulations-
geist dort nicht zu finden. Das Hauptzollamt ist in Assumption;
Unterämter sind in Pilar und Encarnacion, Plätzen, die für den
Handel mit dem Auslande günstig gelegen sind.

Neben der bereits als charakteristisch hervorgehobenen Besonnenheit,
Friedensliebe und Ruhe der Bewohner, die sie vor all den Extravaganzen
der Nachbarstaaten schützte, und im tiefsten Frieden, von der ganzen Welt
ungekannt, unter dem pedantischen Scepter von Dr. Francia 23 Jahre
von 1817-1840 leben ließ, ist eine gewisse Kälte und ein großes Mißtrauen
unter einander und gegen Ausländer an ihnen bemerkbar; herzliche Freund-
schaftsbezeugungen kennen sie nicht. Aber zugleich ist auch das Gefühl der
Nationalität und der [unleserliches Material - 13 Zeichen fehlen]Unabhänigkeit rege in ihnen, und so willig sie ein-
geborenen Befehlshabern gehorchen, so wenig dulden sie fremde Anmaßung.
Denselben Charakter theilt natürlich die weibliche Bevölkerung, im Ganzen
von gutem Aussehen, sanftherzig, wohlthätig, und die besten Mütter und
Ehefrauen.



Briefauszüge.

    Burlington, Jowa, 10. April. 1852

Der Strom geht hoch, doch ohne Ueberschwemmung. Schöne Tage
wechselten mit Schnee, Regen und gewaltigen Gewittern ab. Ein Gewitter
dauerte über einen Tag lang.

Die Einwanderung, welche stromaufwärts kommt, geht zumeist nördlich,
verhältnißmäßig stark bis in das Staatsgebiet Minnesota, wo im jüngsten
Winter das Quecksilber gefror. Eben dahin gingen gegen 300 alte Colonisten
aus dem Osten.

Jn den letzten Wochen passirten viele Wägen aus Jllinois, Jndiana
und Ohio die Stadt Burlington nach Californien und Oregon. Wagner,
Schmiede und namentlich Sattler hatten und haben fortwährend ausge-
zeichneten Verdienst. Fünfzehnhundert Wagen sollen nach den Küstenländern
des stillen Meeres eben noch im Anzuge sein. Jeder Reisewagen ist mit
4 Joch Ochsen oder 4 Pferden oder 4 Maulthieren bespannt. Jch habe
darunter die schönsten Gespanne bemerkt. Jnteressant ist die fliegende Küche,
welche auf den Wägen mitgeführt wird. Oben aus den mit Leintuch
überspannten Wägen schaut der rauchende Schornstein hervor, und schöne
Frauenzimmer mit zurückgeschlagenem Schleier backen im Jnnern der Wägen
das Brod. Kräftige Männer führen den Zug. Die Welt gehört dem Menschen.

Aus Privatbriefen weiß ich, daß Bergbeamte aus Kurhessen, Hannover
und Preußen Bergwerkscolonieen im Nordwesten der Ver. Staaten beab-
sichtigen. Sie mögen dort sowohl als hier, sehr vorsichtig sein, dort
vorzugsweise rücksichtlich des allzu überschwenglichen ( deutschen ) Vertrauens,
hier vorzugsweise rücksichtlich der ersten Anlage, welche nur und so lange
im Betriebe von Ackerbau, Sägemühlen bestehen darf, bis der Lebens-
unterhalt des Bergpersonals sicher gestellt ist. Das Geheimniß, mit dem
sie sich in gewisser Beziehung umgeben, ist unnöthig und gleichgültig. Einen
Agenten aber sollten sie hier haben, der reisen müßte. Auch in Missouri
und Kentucky läßt sich etwas machen, dort aber würde mehr Geld erfor-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] ungestüme, unbesonnene Hitze, die Gefahren sucht und provocirt; aber er ist mit
ruhiger, besonnener Unerschrockenheit verbunden, die ohne Furcht Gefahr und
Tod in's Auge sieht. Der [unleserliches Material – 12 Zeichen fehlen]Paraguayaner hat eine natürliche Vorliebe für das
Waffenhandwerk; er trägt mit Ergebung die damit verbundenen Mühselig-
keiten und Entbehrungen. Er ist fest, beharrlich, ausdauernd, und setzt
lieber das Aeußerste an seine einmal gefaßten Pläne, als daß er sie auf-
giebt. Er ist sicher gegen die Reizungen unmäßiger Leidenschaften; seine
Familie, sein Land, sein Haus und seine Freunde sind seine Welt.

Unter den Produkten, die eine Quelle großen Reichthums für dies
Land bilden, steht der Ueberfluß an köstlichen Holzarten oben an, deren
Transport durch die unmittelbare Nähe schiffbarer Ströme sehr leicht
gemacht wird und dem Lande unermeßliche Vortheile verspricht. Außerdem
sind die bedeutendsten Produkte Gras und Taback; dann folgen Häute,
Leder
und Gummi. Die Hauptbeschäftigung der Einwohner bilden die
Land= und Viehwirthschaft.

Die Fruchtbarkeit des reichen Bodens wird sich erst besser offenbaren
können, sobald die Erweckung neuer Wünsche, Bedürfnisse und Genüsse die
Bewohner zu angestrengterer Thätigkeit anspornen wird, und sobald das
Trachten nach Gewinn die Absatzwege vervollkommnet. Der Paraguayaner
betrachtet die Landwirthschaft nicht als lukrative Thätigkeit, als die Grund-
lage von künftigem Reichthum; er widmet sich ihr nur als dem Mittel,
um für seine Familie den nöthigen Lebensunterhalt zu gewinnen; und
trotzdem ist schon jetzt ein Ueberfluß an landwirthschaftlichen Produkten in
Paraguay vorhanden. Der Graswuchs auf den üppigen Weiden über-
trifft an Güte den aller Nachbarländer. Daß der dort gezogene Taback
einstens auf den Märkten Amerikas und Europas eine bedeutende Rolle
spielen wird, ist sicher zu erwarten, sobald ein lebhafterer Handel den
Anbau ermuntern wird. Seine Qualität nähert sich sehr der des Havana-
taback, wenn sie ihr nicht gleichkommt. Der Taback dürfte wohl zunächst
auf den französischen Markt gebracht werden, da einige Kaufleute in
Assumption Spekulationen der Art zu unternehmen in Begriff stehen.
Dasselbe läßt sich von Zucker und Baumwolle sagen; die beide in
Qualität vorzüglich sind, aber des mangelnden Absatzes wegen bis jetzt
nur spärlich angebaut wurden. Auch Farbestoffe, wie Jndigo, Cochenille,
versprechen guten Ertrag.

Die Mineralschätze des Landes sind erst wenig erforscht; indessen
ergeben doch schon die Eisenminen von Caapucen 75 und die von Jbicui
43 Procent. Das Zink von Cordilheiril á wirft 22 Procent ab, und
durch einfachen Schmelzproceß werden bereits vom Silber 4 Procent gemacht,
während der Ertrag weit größer sein wird, sobald man die Ablösung
desselben mittelst Merkurs vornimmt. Die Bleiminen von Jbitimi geben
32 Procent. Jn Villarica findet sich feine Porzellanerde, Bergkrystall,
Schiefer und Kiesel, in Ober=Paraguay, in Paraguár und Jtápucum
Kalkerde. An vielen Flußufern sind reiche Salzquellen, in Villete
Salpeterminen.

Jn Manufakturen sind die Bewohner Paraguay's sehr zurück;
indessen werden doch Baumwollenstoffe zur Bekleidung für den Bedarf des
Jnnern nicht ohne Kunst gewebt und gefärbt, ebenso wie einige geringere
Artikel. Auch die Anfänge von Wollen= und Eisenmanufactur, der Anfer-
tigung chirurgischer Jnstrumente, des Zuckerraffinirens, der Wein= und
Liqueurbereitung finden sich.

Die Finanzeinkünfte werden hauptsächlich aus den Aus= und
Eingangszöllen bezogen, aus dem Verkauf von Vieh, Häuten, Leder und
anderen Produkten der Staatsländereien, aus dem Verpachten dazu gehöriger
Grundstücke und Häuser, aus dem Verkauf von Stempelpapier und
Patenten und aus den Zehnten. Das Gras endlich ist gegenwärtig
Staatsmonopol. Die Zahl der Staatsbeamten ist verhältnißmäßig sehr groß,
ihr Gehalt aber gering.

Das Militärsystem in Paraguay ist einfach und zugleich wirksam
genug organisirt. Jn jedem Bezirke führt ein Oberbefehlshaber eine Liste
über sämmtliche Männer von 18 bis 30 Jahren. Sobald die Regierung
ihm kundthut, daß sie Mannschaft bedarf, hat er die bestimmte Zahl aus
dem Register auszuheben und zu der Armee oder dem Uebungslager abgehen
zu lassen. Desertiren, oder die Weigerung sich zu stellen sind höchst selten.
Auf diesem Wege sind seit 1846 zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen
Lägern über 30,000 Mann zu den 3 Waffengattungen zusammenberufen
[Spaltenumbruch] worden; sobald sie eingeübt waren, kehrten sie nach Hause zurück und
wurden durch neue Rekruten ersetzt. Die Disciplin in der Jnfanterie und
Cavallerie ist ziemlich vorgerückt; auch in der Artillerie sind große Fort-
schritte gemacht seitdem man Jnstruktoren aus Brasilien dazu verwandte.
Persönlicher Muth, Besonnenheit und Strebsamkeit bezeichnen den militäri-
schen Geist des Heers; die Ausrüstung ist mehr als hinreichend. Außer
den regulären Truppen besteht eine Nationalgarde und ein Reservecorps.

Primärschulen sind auf Staatskosten sowohl in der Hauptstadt,
als in den Departements eingerichtet worden; besondere Sorgfalt wird in
ihnen auf die moralische und religiöse Ausbildung der Jugend verwandt.
Man trifft selten einen Paraguayaner, der nicht lesen und schreiben könnte.
Jn der Akademie ist ein Lehrstuhl für das Lateinische und einer für die
Philosophie.

Freie Religionsübung ist zwar nicht eigentlich gestattet; indessen wird
seines individuellen Glaubens wegen Niemand belästigt. Die Landesreligion ist
die römisch=katholische; alle öffentlichen aus den Zehnten fließenden Ein-
künfte sind zur Erbauung von Kirchen und andern kirchlichen Zwecken bestimmt.

Jm Allgemeinen sind die Gesetze die spanischen, weichen aber natürlich
im einzelnen Falle etwaigen besondern Statuten. Alle von den Jndianern
herrührenden Bestimmungen sind außer Kraft gesetzt. Die Handhabung
der Gerechtigkeitspflege ist in der Hand ernannter Richter von verschiedenen
Graden; sie wird aber noch zu Zeiten durch Gewalt und Despotismus
getrübt. Die jetzige politische Verfassung rührt von 1844 her, und setzte
an die Stelle des frühern berühmten Diktators Dr. Francia und der spätern
Consuln einen Präsidenten als Executivgewalt, und einen Congreß als
gesetzgebende Behörde, unter Festhaltung liberaler Grundsätze. Der
Sklavenhandel ist abgeschafft
und die Kinder von Sklaven für
frei erklärt.

Jm Anfange dieses Jahrhunderts hielt die jährliche Handelsbewegung
des Landes etwa anderthalb Millionen Dollars in Umlauf und beschäftigte
etwa 150 Fahrzeuge. Kein Mensch dachte an Baumwolle, Branntwein,
Zucker, Jndigo, Gummi, Häute Die Produktion dieser Sachen wurde
zuerst durch die allem Verkehr mit dem Auslande feindliche Politik des
Dr. Francia, und nachher durch die Flußsperre von Rosas und die
Blockade der Häfen gehemmt. So ist bis jetzt kein rechtes Leben und Vertrauen
dem Handel von Paraguay möglich gewesen und kühner Spekulations-
geist dort nicht zu finden. Das Hauptzollamt ist in Assumption;
Unterämter sind in Pilar und Encarnacion, Plätzen, die für den
Handel mit dem Auslande günstig gelegen sind.

Neben der bereits als charakteristisch hervorgehobenen Besonnenheit,
Friedensliebe und Ruhe der Bewohner, die sie vor all den Extravaganzen
der Nachbarstaaten schützte, und im tiefsten Frieden, von der ganzen Welt
ungekannt, unter dem pedantischen Scepter von Dr. Francia 23 Jahre
von 1817–1840 leben ließ, ist eine gewisse Kälte und ein großes Mißtrauen
unter einander und gegen Ausländer an ihnen bemerkbar; herzliche Freund-
schaftsbezeugungen kennen sie nicht. Aber zugleich ist auch das Gefühl der
Nationalität und der [unleserliches Material – 13 Zeichen fehlen]Unabhänigkeit rege in ihnen, und so willig sie ein-
geborenen Befehlshabern gehorchen, so wenig dulden sie fremde Anmaßung.
Denselben Charakter theilt natürlich die weibliche Bevölkerung, im Ganzen
von gutem Aussehen, sanftherzig, wohlthätig, und die besten Mütter und
Ehefrauen.



Briefauszüge.

    Burlington, Jowa, 10. April. 1852

Der Strom geht hoch, doch ohne Ueberschwemmung. Schöne Tage
wechselten mit Schnee, Regen und gewaltigen Gewittern ab. Ein Gewitter
dauerte über einen Tag lang.

Die Einwanderung, welche stromaufwärts kommt, geht zumeist nördlich,
verhältnißmäßig stark bis in das Staatsgebiet Minnesota, wo im jüngsten
Winter das Quecksilber gefror. Eben dahin gingen gegen 300 alte Colonisten
aus dem Osten.

Jn den letzten Wochen passirten viele Wägen aus Jllinois, Jndiana
und Ohio die Stadt Burlington nach Californien und Oregon. Wagner,
Schmiede und namentlich Sattler hatten und haben fortwährend ausge-
zeichneten Verdienst. Fünfzehnhundert Wagen sollen nach den Küstenländern
des stillen Meeres eben noch im Anzuge sein. Jeder Reisewagen ist mit
4 Joch Ochsen oder 4 Pferden oder 4 Maulthieren bespannt. Jch habe
darunter die schönsten Gespanne bemerkt. Jnteressant ist die fliegende Küche,
welche auf den Wägen mitgeführt wird. Oben aus den mit Leintuch
überspannten Wägen schaut der rauchende Schornstein hervor, und schöne
Frauenzimmer mit zurückgeschlagenem Schleier backen im Jnnern der Wägen
das Brod. Kräftige Männer führen den Zug. Die Welt gehört dem Menschen.

Aus Privatbriefen weiß ich, daß Bergbeamte aus Kurhessen, Hannover
und Preußen Bergwerkscolonieen im Nordwesten der Ver. Staaten beab-
sichtigen. Sie mögen dort sowohl als hier, sehr vorsichtig sein, dort
vorzugsweise rücksichtlich des allzu überschwenglichen ( deutschen ) Vertrauens,
hier vorzugsweise rücksichtlich der ersten Anlage, welche nur und so lange
im Betriebe von Ackerbau, Sägemühlen bestehen darf, bis der Lebens-
unterhalt des Bergpersonals sicher gestellt ist. Das Geheimniß, mit dem
sie sich in gewisser Beziehung umgeben, ist unnöthig und gleichgültig. Einen
Agenten aber sollten sie hier haben, der reisen müßte. Auch in Missouri
und Kentucky läßt sich etwas machen, dort aber würde mehr Geld erfor-
[Ende Spaltensatz]

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[150/0002] 150 ungestüme, unbesonnene Hitze, die Gefahren sucht und provocirt; aber er ist mit ruhiger, besonnener Unerschrockenheit verbunden, die ohne Furcht Gefahr und Tod in's Auge sieht. Der ____________Paraguayaner hat eine natürliche Vorliebe für das Waffenhandwerk; er trägt mit Ergebung die damit verbundenen Mühselig- keiten und Entbehrungen. Er ist fest, beharrlich, ausdauernd, und setzt lieber das Aeußerste an seine einmal gefaßten Pläne, als daß er sie auf- giebt. Er ist sicher gegen die Reizungen unmäßiger Leidenschaften; seine Familie, sein Land, sein Haus und seine Freunde sind seine Welt. Unter den Produkten, die eine Quelle großen Reichthums für dies Land bilden, steht der Ueberfluß an köstlichen Holzarten oben an, deren Transport durch die unmittelbare Nähe schiffbarer Ströme sehr leicht gemacht wird und dem Lande unermeßliche Vortheile verspricht. Außerdem sind die bedeutendsten Produkte Gras und Taback; dann folgen Häute, Leder und Gummi. Die Hauptbeschäftigung der Einwohner bilden die Land= und Viehwirthschaft. Die Fruchtbarkeit des reichen Bodens wird sich erst besser offenbaren können, sobald die Erweckung neuer Wünsche, Bedürfnisse und Genüsse die Bewohner zu angestrengterer Thätigkeit anspornen wird, und sobald das Trachten nach Gewinn die Absatzwege vervollkommnet. Der Paraguayaner betrachtet die Landwirthschaft nicht als lukrative Thätigkeit, als die Grund- lage von künftigem Reichthum; er widmet sich ihr nur als dem Mittel, um für seine Familie den nöthigen Lebensunterhalt zu gewinnen; und trotzdem ist schon jetzt ein Ueberfluß an landwirthschaftlichen Produkten in Paraguay vorhanden. Der Graswuchs auf den üppigen Weiden über- trifft an Güte den aller Nachbarländer. Daß der dort gezogene Taback einstens auf den Märkten Amerikas und Europas eine bedeutende Rolle spielen wird, ist sicher zu erwarten, sobald ein lebhafterer Handel den Anbau ermuntern wird. Seine Qualität nähert sich sehr der des Havana- taback, wenn sie ihr nicht gleichkommt. Der Taback dürfte wohl zunächst auf den französischen Markt gebracht werden, da einige Kaufleute in Assumption Spekulationen der Art zu unternehmen in Begriff stehen. Dasselbe läßt sich von Zucker und Baumwolle sagen; die beide in Qualität vorzüglich sind, aber des mangelnden Absatzes wegen bis jetzt nur spärlich angebaut wurden. Auch Farbestoffe, wie Jndigo, Cochenille, versprechen guten Ertrag. Die Mineralschätze des Landes sind erst wenig erforscht; indessen ergeben doch schon die Eisenminen von Caapucen 75 und die von Jbicui 43 Procent. Das Zink von Cordilheiril á wirft 22 Procent ab, und durch einfachen Schmelzproceß werden bereits vom Silber 4 Procent gemacht, während der Ertrag weit größer sein wird, sobald man die Ablösung desselben mittelst Merkurs vornimmt. Die Bleiminen von Jbitimi geben 32 Procent. Jn Villarica findet sich feine Porzellanerde, Bergkrystall, Schiefer und Kiesel, in Ober=Paraguay, in Paraguár und Jtápucum Kalkerde. An vielen Flußufern sind reiche Salzquellen, in Villete Salpeterminen. Jn Manufakturen sind die Bewohner Paraguay's sehr zurück; indessen werden doch Baumwollenstoffe zur Bekleidung für den Bedarf des Jnnern nicht ohne Kunst gewebt und gefärbt, ebenso wie einige geringere Artikel. Auch die Anfänge von Wollen= und Eisenmanufactur, der Anfer- tigung chirurgischer Jnstrumente, des Zuckerraffinirens, der Wein= und Liqueurbereitung finden sich. Die Finanzeinkünfte werden hauptsächlich aus den Aus= und Eingangszöllen bezogen, aus dem Verkauf von Vieh, Häuten, Leder und anderen Produkten der Staatsländereien, aus dem Verpachten dazu gehöriger Grundstücke und Häuser, aus dem Verkauf von Stempelpapier und Patenten und aus den Zehnten. Das Gras endlich ist gegenwärtig Staatsmonopol. Die Zahl der Staatsbeamten ist verhältnißmäßig sehr groß, ihr Gehalt aber gering. Das Militärsystem in Paraguay ist einfach und zugleich wirksam genug organisirt. Jn jedem Bezirke führt ein Oberbefehlshaber eine Liste über sämmtliche Männer von 18 bis 30 Jahren. Sobald die Regierung ihm kundthut, daß sie Mannschaft bedarf, hat er die bestimmte Zahl aus dem Register auszuheben und zu der Armee oder dem Uebungslager abgehen zu lassen. Desertiren, oder die Weigerung sich zu stellen sind höchst selten. Auf diesem Wege sind seit 1846 zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Lägern über 30,000 Mann zu den 3 Waffengattungen zusammenberufen worden; sobald sie eingeübt waren, kehrten sie nach Hause zurück und wurden durch neue Rekruten ersetzt. Die Disciplin in der Jnfanterie und Cavallerie ist ziemlich vorgerückt; auch in der Artillerie sind große Fort- schritte gemacht seitdem man Jnstruktoren aus Brasilien dazu verwandte. Persönlicher Muth, Besonnenheit und Strebsamkeit bezeichnen den militäri- schen Geist des Heers; die Ausrüstung ist mehr als hinreichend. Außer den regulären Truppen besteht eine Nationalgarde und ein Reservecorps. Primärschulen sind auf Staatskosten sowohl in der Hauptstadt, als in den Departements eingerichtet worden; besondere Sorgfalt wird in ihnen auf die moralische und religiöse Ausbildung der Jugend verwandt. Man trifft selten einen Paraguayaner, der nicht lesen und schreiben könnte. Jn der Akademie ist ein Lehrstuhl für das Lateinische und einer für die Philosophie. Freie Religionsübung ist zwar nicht eigentlich gestattet; indessen wird seines individuellen Glaubens wegen Niemand belästigt. Die Landesreligion ist die römisch=katholische; alle öffentlichen aus den Zehnten fließenden Ein- künfte sind zur Erbauung von Kirchen und andern kirchlichen Zwecken bestimmt. Jm Allgemeinen sind die Gesetze die spanischen, weichen aber natürlich im einzelnen Falle etwaigen besondern Statuten. Alle von den Jndianern herrührenden Bestimmungen sind außer Kraft gesetzt. Die Handhabung der Gerechtigkeitspflege ist in der Hand ernannter Richter von verschiedenen Graden; sie wird aber noch zu Zeiten durch Gewalt und Despotismus getrübt. Die jetzige politische Verfassung rührt von 1844 her, und setzte an die Stelle des frühern berühmten Diktators Dr. Francia und der spätern Consuln einen Präsidenten als Executivgewalt, und einen Congreß als gesetzgebende Behörde, unter Festhaltung liberaler Grundsätze. Der Sklavenhandel ist abgeschafft und die Kinder von Sklaven für frei erklärt. Jm Anfange dieses Jahrhunderts hielt die jährliche Handelsbewegung des Landes etwa anderthalb Millionen Dollars in Umlauf und beschäftigte etwa 150 Fahrzeuge. Kein Mensch dachte an Baumwolle, Branntwein, Zucker, Jndigo, Gummi, Häute Die Produktion dieser Sachen wurde zuerst durch die allem Verkehr mit dem Auslande feindliche Politik des Dr. Francia, und nachher durch die Flußsperre von Rosas und die Blockade der Häfen gehemmt. So ist bis jetzt kein rechtes Leben und Vertrauen dem Handel von Paraguay möglich gewesen und kühner Spekulations- geist dort nicht zu finden. Das Hauptzollamt ist in Assumption; Unterämter sind in Pilar und Encarnacion, Plätzen, die für den Handel mit dem Auslande günstig gelegen sind. Neben der bereits als charakteristisch hervorgehobenen Besonnenheit, Friedensliebe und Ruhe der Bewohner, die sie vor all den Extravaganzen der Nachbarstaaten schützte, und im tiefsten Frieden, von der ganzen Welt ungekannt, unter dem pedantischen Scepter von Dr. Francia 23 Jahre von 1817–1840 leben ließ, ist eine gewisse Kälte und ein großes Mißtrauen unter einander und gegen Ausländer an ihnen bemerkbar; herzliche Freund- schaftsbezeugungen kennen sie nicht. Aber zugleich ist auch das Gefühl der Nationalität und der _____________Unabhänigkeit rege in ihnen, und so willig sie ein- geborenen Befehlshabern gehorchen, so wenig dulden sie fremde Anmaßung. Denselben Charakter theilt natürlich die weibliche Bevölkerung, im Ganzen von gutem Aussehen, sanftherzig, wohlthätig, und die besten Mütter und Ehefrauen. Briefauszüge. Burlington, Jowa, 10. April. 1852 Der Strom geht hoch, doch ohne Ueberschwemmung. Schöne Tage wechselten mit Schnee, Regen und gewaltigen Gewittern ab. Ein Gewitter dauerte über einen Tag lang. Die Einwanderung, welche stromaufwärts kommt, geht zumeist nördlich, verhältnißmäßig stark bis in das Staatsgebiet Minnesota, wo im jüngsten Winter das Quecksilber gefror. Eben dahin gingen gegen 300 alte Colonisten aus dem Osten. Jn den letzten Wochen passirten viele Wägen aus Jllinois, Jndiana und Ohio die Stadt Burlington nach Californien und Oregon. Wagner, Schmiede und namentlich Sattler hatten und haben fortwährend ausge- zeichneten Verdienst. Fünfzehnhundert Wagen sollen nach den Küstenländern des stillen Meeres eben noch im Anzuge sein. Jeder Reisewagen ist mit 4 Joch Ochsen oder 4 Pferden oder 4 Maulthieren bespannt. Jch habe darunter die schönsten Gespanne bemerkt. Jnteressant ist die fliegende Küche, welche auf den Wägen mitgeführt wird. Oben aus den mit Leintuch überspannten Wägen schaut der rauchende Schornstein hervor, und schöne Frauenzimmer mit zurückgeschlagenem Schleier backen im Jnnern der Wägen das Brod. Kräftige Männer führen den Zug. Die Welt gehört dem Menschen. Aus Privatbriefen weiß ich, daß Bergbeamte aus Kurhessen, Hannover und Preußen Bergwerkscolonieen im Nordwesten der Ver. Staaten beab- sichtigen. Sie mögen dort sowohl als hier, sehr vorsichtig sein, dort vorzugsweise rücksichtlich des allzu überschwenglichen ( deutschen ) Vertrauens, hier vorzugsweise rücksichtlich der ersten Anlage, welche nur und so lange im Betriebe von Ackerbau, Sägemühlen bestehen darf, bis der Lebens- unterhalt des Bergpersonals sicher gestellt ist. Das Geheimniß, mit dem sie sich in gewisser Beziehung umgeben, ist unnöthig und gleichgültig. Einen Agenten aber sollten sie hier haben, der reisen müßte. Auch in Missouri und Kentucky läßt sich etwas machen, dort aber würde mehr Geld erfor-

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Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 38. Bremen, 11. Mai 1852, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswandererzeitung038_1852/2>, abgerufen am 03.12.2024.