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Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 92. Bremen, 16. November 1852.

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[Beginn Spaltensatz] darauf einfach entgegnen: die Eriebahn wendet etwas auf Jnserate, und
unsere Blätter stehen alle ( ? ) so erbärmlich, daß ihnen von der Jnserat-
seite immer beizukommen war. Wir haben alle Ursache, nicht zu üppig
in Hervorhebung der Benutzung unserer Preßfreiheit zu sein. Ja, wenn
es gilt, gegen deutsche Fürsten loszudonnern, da suchen wir unsere Meister;
allein wir lassen uns dabei doch von jedem - Lump kaufen, der es für
der Mühe werth hält, unser Geschreibsel zu bezahlen. Jch sage schon
lange aller Welt, daß von mir nichts mehr für hiesige Blätter geschrieben
wird; denn Niemand würde mir's glauben, daß ich schreibe, ohne daß mich
Der oder Jener gemiethet zum Schreiben, wie er's haben will! Der
Schriftsteller in Deutschland ist ein armer Schelm; hier wird er fast ohne
Ausnahme zur prostituirten Person gemacht, wenn er nicht verhungern
oder statt der Feder die Schaufel ergreifen will.



Sitzungsbericht des Berliner Centralvereins
für die
deutsche Auswanderungs= und Colonisations=Angelegenheit
für den Monat October.
( Schluß. )

Nächst Nordamerika zieht hauptsächlich Brasilien die deutschen
Auswanderer an sich. Der Centralverein hat sich vielfach dahin ausge-
sprochen, daß er Brasilien für sehr wohl geeignet für die deutschen Aus-
wanderer erachte, indessen doch vor einzelnen Unternehmungen, namentlich
vor dem Systeme der brasilianischen Sclavenbesitzer, an die Stelle der
immer theurer werdenden Negersclaven deutsche Arbeiter auf ihren Kaffee-
plantagen zu engagiren, ohne daß diesen die Gewißheit des eigenen Grund-
besitzes geboten wird, auf das Nachdrücklichste so lange warnen müsse, bis
die hinreichenden Garantien für ein gedeihliches Fortkommen der Einwan-
derer geboten werden. Jn dieser Beziehung kann der Verein es nur mit
Befriedigung aufnehmen, daß ein in der letzten Zeit von Herrn Professor
Gade zu Rio de Janeiro zur Vertheidigung dieses Systems geschriebenes
Buch selbst anerkennt, wie dies System ohne eine Reihe von Garantien,
welche der Herr Verfasser verlangt, äußerst verderblich für die Einwanderer
werden könne. Etwas Anderes behauptet auch der Centralverein nicht.
Die von Herrn Gade verlangten Garantien laufen im Wesentlichen auf
das heraus, was vom Centralvereine gefordet wird; nur einige Puncte
bedürfen noch der Erweiterung. Die von den ersten auf den Plantagen
dieser Grundbesitzer angesiedelten Deutschen nach Europa geschickten gün-
stigen Briefe können gar nichts beweisen, weil einerseits die Grundbesitzer
begreiflicher Weise alles thun werden, um die Leute zu Anfang zufrieden
zu stellen und sie zu günstigen Berichten zu veranlassen, damit sie recht
viel andere Auswanderer nach sich ziehen, andererseits auch einzelne dieser
Grundbesitzer persönlich sehr ehrenwerthe Leute sein sollen, denen man
gute Absichten wohl zutrauen kann. Dergleichen persönliche Eigenschaften
geben aber keine Garantie für ein ganzes System. Diese Leute können
sterben, und ihre Erben können hart und eigennützig sein, oder ihre Ver-
walter können diese Eigenschaften haben u. s. w. Das Zeugniß des
Schweizerischen Generalconsuls Perret=Gentil, auf welches sich kürzlich ein
Winkelblatt mit großem Nachdruck bezogen, kann nichts beweisen, da der
gedachte Herr selbst bei dergleichen Anwerbungsspeculationen betheiligt ist!

Ueberhaupt geben leider die neuesten Debatten in den brasilianischen
Kammern ein sehr trübes Bild von der dort fast in allen Kreisen, namentlich
auch der richterlichen und Verwaltungsbeamten herrschenden Demoralisation,
so daß immer zur größten Vorsicht gerathen werden muß.

Auswanderern, welche nach Brasilien gehen wollen, kann für den
Augenblick fast nur die Colonie San Leopoldo empfohlen werden, wo
ihnen zwar kein Land geschenkt wird, sie aber auch frei von jeder Bevor-
mundung und somit von mancherlei Täuschungen bleiben, auch Land zu
billigen Preisen zu kaufen ist. Von den dort lebenden 11,000 Deutschen
haben sehr viele schon ansehnliche Summen erspart und in der Bank oder
sonst angelegt.

Ueber Mexico sind dem Centralvereine von dem königl. Ministerio
abermals Nachrichten zugegangen, aus denen hervorgeht, daß zur Auswan-
derung dorthin unter keinen Umständen zu rathen sei. Der vom Vorsitzenden
hierbei mitgetheilte officielle Bericht enthielt die eclatantesten Beweise hierfür.

Nach Mittelamerika findet, nach dem von der hiesigen " Colonisations-
gesellschaft für Centralamerika" festgehaltenen Grundsatze: vor Vollendung
der Vorbereitungsarbeiten keine Ansiedler anzunehmen, noch keine Aus-
wanderung Statt. Zur großen Befriedigung muß es aber der gedachten
Gesellschaft gereichen, daß der jetzt hier anwesende preußische Generalconsul
für Centralamerika Herr Klee nicht nur das Unternehmen für sehr gut
und vollkommen richtig organisirt, auch die Persönlichkeit des erwählten
Colonialdirectors, des Barons Alex. von Bülow für vorzugsweise zur
Durchführung des großartigen Unternehmens geeignet erachtet, sondern
sich sogar selbst bei demselben als Actionair betheiligt hat. Nach den
neuesten, dem Centralvereine mitgetheilten Berichte, ist von dem Herrn
Baron von Bülow und dem Jngenieur der Gesellschaft, Herrn Kurze, ein
guter Hafen an der atlantischen Küste und ein von diesem Hafen nach
[Spaltenumbruch] der alten Hauptstadt Carthago anzulegender Weg aufgefunden, und dadurch
im ganzen Lande großer Jubel verbreitet worden. Man hat die gedachten
beiden Herren mit den mannigfaltigsten Ehren überhäuft, und sieht in
dieser Auffindung den Keim einer großen Zukunft für das Land. Das
Unternehmen erscheint hiernach vollkommen gesichert und sollen auch die
Actien vollständig vergriffen sein.

Die üblen Nachrichten, welche von den nach Peru spedirten deutschen
Auswanderern eingegangen sind, hat der peruanische General=Consul in
Abrede zu stellen, wenigstens zu mildern versucht; indeß ergeben die hierher
gelangten Berichte jedenfalls so viel, daß der Centralverein fortfahren muß,
auf das dringendste vor der Auswanderung nach Peru zu warnen.

Nach Süd=Chili sind in neuester Zeit mehrere hundert Auswanderer,
namentlich aus Kurhessen und zwar mit bedeutenden Capitalien abgegangen.
Die dortigen deutschen Colonisten befinden sich auch fast alle in einer
befriedigenden Lage.

Ebenso hat die Auswanderung nach Venezuela zugenommen, und die
neuesten Nachrichten von den dort angesiedelten Colonisten lauten sehr günstig.

Ueber Australien muß das in der vorigen Sitzung Gesagte wieder-
holt werden. Die Zustände sind dort jetzt durch das Goldfieber so wandelbar,
daß man Niemandem rathen kann, sich jetzt in jenes Chaos zu begeben.

Die Colonisation von Surinam durch Deutsche wird von der
niederländischen Regierung sehr energisch betrieben. Zunächst sollen Com-
missarien einiger süddeutschen Staaten das Land bereisen und darüber
berichten. Der Central=Verein wird sich daher sein Urtheil bis zum
Erscheinen jenes Berichts vorbehalten können, zweifelt aber sehr, ob, selbst
abgesehen von der Gesundheitsfrage, die Colonisation von Surinam ohne
totale Reform der dortigen Colonial= und Finanz=Verwaltung überhaupt
zu realisiren sein möchte.

Auch St. Domingo fühlt das Bedürfniß, sich durch europäische Ein-
wanderung zu stärken, und hat ein liberal klingendes Colonisations=Gesetz
gegeben; indeß wird schwerlich Jemandem einfallen, dorthin auszuwandern.

Endlich werden jetzt wiederholt Pläne zur Colonisation in Ungarn
veröffentlicht, was vielleicht mit der wachsenden Auswanderung aus den
österreichischen Staaten, namentlich aus Böhmen, nach Amerika in Ver-
bindung steht. So lange indeß nicht die schon in einem früheren Vortrage
speciell abgehandelten Hindernisse beseitigt sind, welche der Leitung der
deutschen Auswanderung nach Ungarn entgegenstehen, wird man um so
mehr vor dergleichen Offerten warnen müssen, als dieselben Privat-
Speculationen zu sein scheinen und die österreichische Regierung diese für
dieselbe so wichtige Angelegenheit noch nicht organisirt, wenigstens die
wirkliche planmäßige Ansiedelung noch nicht begonnen hat.

Zum Schutz der Auswanderer sind Verordnungen für Altona
und Altenburg ergangen. Auch ist die neue Passagier=Acte für England
in Kraft getreten. Die Regierung von Coburg hat vor der Tour über
Liverpool gewarnt.

Als Geschenke sind beim Vereine eingegangen: 1. Jahrbuch der
Volkswirthschaft und Statistik von Otto Hübner, ( in welchem sich auch
ein Aufsatz: "die Statistik der deutschen Auswanderung" von Gaebler
befindet, ) durch den Herrn Verfasser. 2. Mehrere Exemplare der Mitthei-
lungen, betreffend die deutsche Colonie Dona Franzisca von dem Hamburger
Colonisations=Verein de 1849.

Nach dem Vorsitzenden erhielt Herr Blume das Wort, welcher im
Anschlusse an seinen, in der letzten Sitzung begonnenen Vortrag über
Venezuela hauptsächlich die Geschichte der deutschen Colonie Tovur in
Venezuela, ihre befriedigende Lage und das günstige Schicksal der neuerlich
nach Venezuela ausgewanderten Deutschen behandelte und zu dem Schlusse
kam, daß eine mäßige und nicht überstürzte deutsche Auswanderung nach
Venezuela sowohl diesem Lande, als den Auswanderern zum Vortheil
gereichen werde.

Die Sitzung war sehr zahlreich und diesmal auch von Damen besucht,
bei denen die Vorträge, namentlich die Schilderungen der tropischen Natur
und der fremdartigen Verhältnisse viel Jnteresse zu erregen schienen.



Auswanderer=Leiden.

Die Newyorker Criminalzeitung enthält haarsträubende Mittheilungen
über das Geschick von Auswanderern nach Californien, die der Heraus-
geber der California=Staatszeitung - Haehnlen - dem in Philadelphia
erscheinenden Blatte "Demokrat" berichtet hat.

"Jn Acapulco, erzählt Haehnlen, eröffnete sich unseren Augen das
traurigste Schauspiel, das ich je erlebte; hier lagen eine große Menge von
Segelschiffen abgesetzte Personen, deren Kapitäns die elendesten, herzlosesten
Menschen waren, die je das Meer trug. Der vierte Theil waren Deutsche,
zum Theil aus Philadelphia, die schon im Februar von Newyork und
Philadelphia abreisten; das größte Elend herrschte zum Theil unter ihnen,
schon auf den Schiffen halbverhungert, unterlagen Viele bei der Hitze und
dem schlechten Wetter den südlichen Seuchen; es war ein harter Anblick
für einen Familienvater, Mütter mit ihren kleinen Kindern hier ausgesetzt
zu sehen, in einer halbwilden mexikanischen Stadt, deren elende faule Ein-
wohner zu träge sind, um selbst für eine Woche Lebensmittel aufzulegen."
Von dem Consul Rice, demselben, der wegen eines Streites mit der
mexikanischen Behörde verhaftet und später gezwungen wurde, die Stadt
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] darauf einfach entgegnen: die Eriebahn wendet etwas auf Jnserate, und
unsere Blätter stehen alle ( ? ) so erbärmlich, daß ihnen von der Jnserat-
seite immer beizukommen war. Wir haben alle Ursache, nicht zu üppig
in Hervorhebung der Benutzung unserer Preßfreiheit zu sein. Ja, wenn
es gilt, gegen deutsche Fürsten loszudonnern, da suchen wir unsere Meister;
allein wir lassen uns dabei doch von jedem – Lump kaufen, der es für
der Mühe werth hält, unser Geschreibsel zu bezahlen. Jch sage schon
lange aller Welt, daß von mir nichts mehr für hiesige Blätter geschrieben
wird; denn Niemand würde mir's glauben, daß ich schreibe, ohne daß mich
Der oder Jener gemiethet zum Schreiben, wie er's haben will! Der
Schriftsteller in Deutschland ist ein armer Schelm; hier wird er fast ohne
Ausnahme zur prostituirten Person gemacht, wenn er nicht verhungern
oder statt der Feder die Schaufel ergreifen will.



Sitzungsbericht des Berliner Centralvereins
für die
deutsche Auswanderungs= und Colonisations=Angelegenheit
für den Monat October.
( Schluß. )

Nächst Nordamerika zieht hauptsächlich Brasilien die deutschen
Auswanderer an sich. Der Centralverein hat sich vielfach dahin ausge-
sprochen, daß er Brasilien für sehr wohl geeignet für die deutschen Aus-
wanderer erachte, indessen doch vor einzelnen Unternehmungen, namentlich
vor dem Systeme der brasilianischen Sclavenbesitzer, an die Stelle der
immer theurer werdenden Negersclaven deutsche Arbeiter auf ihren Kaffee-
plantagen zu engagiren, ohne daß diesen die Gewißheit des eigenen Grund-
besitzes geboten wird, auf das Nachdrücklichste so lange warnen müsse, bis
die hinreichenden Garantien für ein gedeihliches Fortkommen der Einwan-
derer geboten werden. Jn dieser Beziehung kann der Verein es nur mit
Befriedigung aufnehmen, daß ein in der letzten Zeit von Herrn Professor
Gade zu Rio de Janeiro zur Vertheidigung dieses Systems geschriebenes
Buch selbst anerkennt, wie dies System ohne eine Reihe von Garantien,
welche der Herr Verfasser verlangt, äußerst verderblich für die Einwanderer
werden könne. Etwas Anderes behauptet auch der Centralverein nicht.
Die von Herrn Gade verlangten Garantien laufen im Wesentlichen auf
das heraus, was vom Centralvereine gefordet wird; nur einige Puncte
bedürfen noch der Erweiterung. Die von den ersten auf den Plantagen
dieser Grundbesitzer angesiedelten Deutschen nach Europa geschickten gün-
stigen Briefe können gar nichts beweisen, weil einerseits die Grundbesitzer
begreiflicher Weise alles thun werden, um die Leute zu Anfang zufrieden
zu stellen und sie zu günstigen Berichten zu veranlassen, damit sie recht
viel andere Auswanderer nach sich ziehen, andererseits auch einzelne dieser
Grundbesitzer persönlich sehr ehrenwerthe Leute sein sollen, denen man
gute Absichten wohl zutrauen kann. Dergleichen persönliche Eigenschaften
geben aber keine Garantie für ein ganzes System. Diese Leute können
sterben, und ihre Erben können hart und eigennützig sein, oder ihre Ver-
walter können diese Eigenschaften haben u. s. w. Das Zeugniß des
Schweizerischen Generalconsuls Perret=Gentil, auf welches sich kürzlich ein
Winkelblatt mit großem Nachdruck bezogen, kann nichts beweisen, da der
gedachte Herr selbst bei dergleichen Anwerbungsspeculationen betheiligt ist!

Ueberhaupt geben leider die neuesten Debatten in den brasilianischen
Kammern ein sehr trübes Bild von der dort fast in allen Kreisen, namentlich
auch der richterlichen und Verwaltungsbeamten herrschenden Demoralisation,
so daß immer zur größten Vorsicht gerathen werden muß.

Auswanderern, welche nach Brasilien gehen wollen, kann für den
Augenblick fast nur die Colonie San Leopoldo empfohlen werden, wo
ihnen zwar kein Land geschenkt wird, sie aber auch frei von jeder Bevor-
mundung und somit von mancherlei Täuschungen bleiben, auch Land zu
billigen Preisen zu kaufen ist. Von den dort lebenden 11,000 Deutschen
haben sehr viele schon ansehnliche Summen erspart und in der Bank oder
sonst angelegt.

Ueber Mexico sind dem Centralvereine von dem königl. Ministerio
abermals Nachrichten zugegangen, aus denen hervorgeht, daß zur Auswan-
derung dorthin unter keinen Umständen zu rathen sei. Der vom Vorsitzenden
hierbei mitgetheilte officielle Bericht enthielt die eclatantesten Beweise hierfür.

Nach Mittelamerika findet, nach dem von der hiesigen „ Colonisations-
gesellschaft für Centralamerika“ festgehaltenen Grundsatze: vor Vollendung
der Vorbereitungsarbeiten keine Ansiedler anzunehmen, noch keine Aus-
wanderung Statt. Zur großen Befriedigung muß es aber der gedachten
Gesellschaft gereichen, daß der jetzt hier anwesende preußische Generalconsul
für Centralamerika Herr Klee nicht nur das Unternehmen für sehr gut
und vollkommen richtig organisirt, auch die Persönlichkeit des erwählten
Colonialdirectors, des Barons Alex. von Bülow für vorzugsweise zur
Durchführung des großartigen Unternehmens geeignet erachtet, sondern
sich sogar selbst bei demselben als Actionair betheiligt hat. Nach den
neuesten, dem Centralvereine mitgetheilten Berichte, ist von dem Herrn
Baron von Bülow und dem Jngenieur der Gesellschaft, Herrn Kurze, ein
guter Hafen an der atlantischen Küste und ein von diesem Hafen nach
[Spaltenumbruch] der alten Hauptstadt Carthago anzulegender Weg aufgefunden, und dadurch
im ganzen Lande großer Jubel verbreitet worden. Man hat die gedachten
beiden Herren mit den mannigfaltigsten Ehren überhäuft, und sieht in
dieser Auffindung den Keim einer großen Zukunft für das Land. Das
Unternehmen erscheint hiernach vollkommen gesichert und sollen auch die
Actien vollständig vergriffen sein.

Die üblen Nachrichten, welche von den nach Peru spedirten deutschen
Auswanderern eingegangen sind, hat der peruanische General=Consul in
Abrede zu stellen, wenigstens zu mildern versucht; indeß ergeben die hierher
gelangten Berichte jedenfalls so viel, daß der Centralverein fortfahren muß,
auf das dringendste vor der Auswanderung nach Peru zu warnen.

Nach Süd=Chili sind in neuester Zeit mehrere hundert Auswanderer,
namentlich aus Kurhessen und zwar mit bedeutenden Capitalien abgegangen.
Die dortigen deutschen Colonisten befinden sich auch fast alle in einer
befriedigenden Lage.

Ebenso hat die Auswanderung nach Venezuela zugenommen, und die
neuesten Nachrichten von den dort angesiedelten Colonisten lauten sehr günstig.

Ueber Australien muß das in der vorigen Sitzung Gesagte wieder-
holt werden. Die Zustände sind dort jetzt durch das Goldfieber so wandelbar,
daß man Niemandem rathen kann, sich jetzt in jenes Chaos zu begeben.

Die Colonisation von Surinam durch Deutsche wird von der
niederländischen Regierung sehr energisch betrieben. Zunächst sollen Com-
missarien einiger süddeutschen Staaten das Land bereisen und darüber
berichten. Der Central=Verein wird sich daher sein Urtheil bis zum
Erscheinen jenes Berichts vorbehalten können, zweifelt aber sehr, ob, selbst
abgesehen von der Gesundheitsfrage, die Colonisation von Surinam ohne
totale Reform der dortigen Colonial= und Finanz=Verwaltung überhaupt
zu realisiren sein möchte.

Auch St. Domingo fühlt das Bedürfniß, sich durch europäische Ein-
wanderung zu stärken, und hat ein liberal klingendes Colonisations=Gesetz
gegeben; indeß wird schwerlich Jemandem einfallen, dorthin auszuwandern.

Endlich werden jetzt wiederholt Pläne zur Colonisation in Ungarn
veröffentlicht, was vielleicht mit der wachsenden Auswanderung aus den
österreichischen Staaten, namentlich aus Böhmen, nach Amerika in Ver-
bindung steht. So lange indeß nicht die schon in einem früheren Vortrage
speciell abgehandelten Hindernisse beseitigt sind, welche der Leitung der
deutschen Auswanderung nach Ungarn entgegenstehen, wird man um so
mehr vor dergleichen Offerten warnen müssen, als dieselben Privat-
Speculationen zu sein scheinen und die österreichische Regierung diese für
dieselbe so wichtige Angelegenheit noch nicht organisirt, wenigstens die
wirkliche planmäßige Ansiedelung noch nicht begonnen hat.

Zum Schutz der Auswanderer sind Verordnungen für Altona
und Altenburg ergangen. Auch ist die neue Passagier=Acte für England
in Kraft getreten. Die Regierung von Coburg hat vor der Tour über
Liverpool gewarnt.

Als Geschenke sind beim Vereine eingegangen: 1. Jahrbuch der
Volkswirthschaft und Statistik von Otto Hübner, ( in welchem sich auch
ein Aufsatz: „die Statistik der deutschen Auswanderung“ von Gaebler
befindet, ) durch den Herrn Verfasser. 2. Mehrere Exemplare der Mitthei-
lungen, betreffend die deutsche Colonie Dona Franzisca von dem Hamburger
Colonisations=Verein de 1849.

Nach dem Vorsitzenden erhielt Herr Blume das Wort, welcher im
Anschlusse an seinen, in der letzten Sitzung begonnenen Vortrag über
Venezuela hauptsächlich die Geschichte der deutschen Colonie Tovur in
Venezuela, ihre befriedigende Lage und das günstige Schicksal der neuerlich
nach Venezuela ausgewanderten Deutschen behandelte und zu dem Schlusse
kam, daß eine mäßige und nicht überstürzte deutsche Auswanderung nach
Venezuela sowohl diesem Lande, als den Auswanderern zum Vortheil
gereichen werde.

Die Sitzung war sehr zahlreich und diesmal auch von Damen besucht,
bei denen die Vorträge, namentlich die Schilderungen der tropischen Natur
und der fremdartigen Verhältnisse viel Jnteresse zu erregen schienen.



Auswanderer=Leiden.

Die Newyorker Criminalzeitung enthält haarsträubende Mittheilungen
über das Geschick von Auswanderern nach Californien, die der Heraus-
geber der California=Staatszeitung – Haehnlen – dem in Philadelphia
erscheinenden Blatte „Demokrat“ berichtet hat.

„Jn Acapulco, erzählt Haehnlen, eröffnete sich unseren Augen das
traurigste Schauspiel, das ich je erlebte; hier lagen eine große Menge von
Segelschiffen abgesetzte Personen, deren Kapitäns die elendesten, herzlosesten
Menschen waren, die je das Meer trug. Der vierte Theil waren Deutsche,
zum Theil aus Philadelphia, die schon im Februar von Newyork und
Philadelphia abreisten; das größte Elend herrschte zum Theil unter ihnen,
schon auf den Schiffen halbverhungert, unterlagen Viele bei der Hitze und
dem schlechten Wetter den südlichen Seuchen; es war ein harter Anblick
für einen Familienvater, Mütter mit ihren kleinen Kindern hier ausgesetzt
zu sehen, in einer halbwilden mexikanischen Stadt, deren elende faule Ein-
wohner zu träge sind, um selbst für eine Woche Lebensmittel aufzulegen.“
Von dem Consul Rice, demselben, der wegen eines Streites mit der
mexikanischen Behörde verhaftet und später gezwungen wurde, die Stadt
[Ende Spaltensatz]

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[368/0002] 368 darauf einfach entgegnen: die Eriebahn wendet etwas auf Jnserate, und unsere Blätter stehen alle ( ? ) so erbärmlich, daß ihnen von der Jnserat- seite immer beizukommen war. Wir haben alle Ursache, nicht zu üppig in Hervorhebung der Benutzung unserer Preßfreiheit zu sein. Ja, wenn es gilt, gegen deutsche Fürsten loszudonnern, da suchen wir unsere Meister; allein wir lassen uns dabei doch von jedem – Lump kaufen, der es für der Mühe werth hält, unser Geschreibsel zu bezahlen. Jch sage schon lange aller Welt, daß von mir nichts mehr für hiesige Blätter geschrieben wird; denn Niemand würde mir's glauben, daß ich schreibe, ohne daß mich Der oder Jener gemiethet zum Schreiben, wie er's haben will! Der Schriftsteller in Deutschland ist ein armer Schelm; hier wird er fast ohne Ausnahme zur prostituirten Person gemacht, wenn er nicht verhungern oder statt der Feder die Schaufel ergreifen will. Sitzungsbericht des Berliner Centralvereins für die deutsche Auswanderungs= und Colonisations=Angelegenheit für den Monat October. ( Schluß. ) Nächst Nordamerika zieht hauptsächlich Brasilien die deutschen Auswanderer an sich. Der Centralverein hat sich vielfach dahin ausge- sprochen, daß er Brasilien für sehr wohl geeignet für die deutschen Aus- wanderer erachte, indessen doch vor einzelnen Unternehmungen, namentlich vor dem Systeme der brasilianischen Sclavenbesitzer, an die Stelle der immer theurer werdenden Negersclaven deutsche Arbeiter auf ihren Kaffee- plantagen zu engagiren, ohne daß diesen die Gewißheit des eigenen Grund- besitzes geboten wird, auf das Nachdrücklichste so lange warnen müsse, bis die hinreichenden Garantien für ein gedeihliches Fortkommen der Einwan- derer geboten werden. Jn dieser Beziehung kann der Verein es nur mit Befriedigung aufnehmen, daß ein in der letzten Zeit von Herrn Professor Gade zu Rio de Janeiro zur Vertheidigung dieses Systems geschriebenes Buch selbst anerkennt, wie dies System ohne eine Reihe von Garantien, welche der Herr Verfasser verlangt, äußerst verderblich für die Einwanderer werden könne. Etwas Anderes behauptet auch der Centralverein nicht. Die von Herrn Gade verlangten Garantien laufen im Wesentlichen auf das heraus, was vom Centralvereine gefordet wird; nur einige Puncte bedürfen noch der Erweiterung. Die von den ersten auf den Plantagen dieser Grundbesitzer angesiedelten Deutschen nach Europa geschickten gün- stigen Briefe können gar nichts beweisen, weil einerseits die Grundbesitzer begreiflicher Weise alles thun werden, um die Leute zu Anfang zufrieden zu stellen und sie zu günstigen Berichten zu veranlassen, damit sie recht viel andere Auswanderer nach sich ziehen, andererseits auch einzelne dieser Grundbesitzer persönlich sehr ehrenwerthe Leute sein sollen, denen man gute Absichten wohl zutrauen kann. Dergleichen persönliche Eigenschaften geben aber keine Garantie für ein ganzes System. Diese Leute können sterben, und ihre Erben können hart und eigennützig sein, oder ihre Ver- walter können diese Eigenschaften haben u. s. w. Das Zeugniß des Schweizerischen Generalconsuls Perret=Gentil, auf welches sich kürzlich ein Winkelblatt mit großem Nachdruck bezogen, kann nichts beweisen, da der gedachte Herr selbst bei dergleichen Anwerbungsspeculationen betheiligt ist! Ueberhaupt geben leider die neuesten Debatten in den brasilianischen Kammern ein sehr trübes Bild von der dort fast in allen Kreisen, namentlich auch der richterlichen und Verwaltungsbeamten herrschenden Demoralisation, so daß immer zur größten Vorsicht gerathen werden muß. Auswanderern, welche nach Brasilien gehen wollen, kann für den Augenblick fast nur die Colonie San Leopoldo empfohlen werden, wo ihnen zwar kein Land geschenkt wird, sie aber auch frei von jeder Bevor- mundung und somit von mancherlei Täuschungen bleiben, auch Land zu billigen Preisen zu kaufen ist. Von den dort lebenden 11,000 Deutschen haben sehr viele schon ansehnliche Summen erspart und in der Bank oder sonst angelegt. Ueber Mexico sind dem Centralvereine von dem königl. Ministerio abermals Nachrichten zugegangen, aus denen hervorgeht, daß zur Auswan- derung dorthin unter keinen Umständen zu rathen sei. Der vom Vorsitzenden hierbei mitgetheilte officielle Bericht enthielt die eclatantesten Beweise hierfür. Nach Mittelamerika findet, nach dem von der hiesigen „ Colonisations- gesellschaft für Centralamerika“ festgehaltenen Grundsatze: vor Vollendung der Vorbereitungsarbeiten keine Ansiedler anzunehmen, noch keine Aus- wanderung Statt. Zur großen Befriedigung muß es aber der gedachten Gesellschaft gereichen, daß der jetzt hier anwesende preußische Generalconsul für Centralamerika Herr Klee nicht nur das Unternehmen für sehr gut und vollkommen richtig organisirt, auch die Persönlichkeit des erwählten Colonialdirectors, des Barons Alex. von Bülow für vorzugsweise zur Durchführung des großartigen Unternehmens geeignet erachtet, sondern sich sogar selbst bei demselben als Actionair betheiligt hat. Nach den neuesten, dem Centralvereine mitgetheilten Berichte, ist von dem Herrn Baron von Bülow und dem Jngenieur der Gesellschaft, Herrn Kurze, ein guter Hafen an der atlantischen Küste und ein von diesem Hafen nach der alten Hauptstadt Carthago anzulegender Weg aufgefunden, und dadurch im ganzen Lande großer Jubel verbreitet worden. Man hat die gedachten beiden Herren mit den mannigfaltigsten Ehren überhäuft, und sieht in dieser Auffindung den Keim einer großen Zukunft für das Land. Das Unternehmen erscheint hiernach vollkommen gesichert und sollen auch die Actien vollständig vergriffen sein. Die üblen Nachrichten, welche von den nach Peru spedirten deutschen Auswanderern eingegangen sind, hat der peruanische General=Consul in Abrede zu stellen, wenigstens zu mildern versucht; indeß ergeben die hierher gelangten Berichte jedenfalls so viel, daß der Centralverein fortfahren muß, auf das dringendste vor der Auswanderung nach Peru zu warnen. Nach Süd=Chili sind in neuester Zeit mehrere hundert Auswanderer, namentlich aus Kurhessen und zwar mit bedeutenden Capitalien abgegangen. Die dortigen deutschen Colonisten befinden sich auch fast alle in einer befriedigenden Lage. Ebenso hat die Auswanderung nach Venezuela zugenommen, und die neuesten Nachrichten von den dort angesiedelten Colonisten lauten sehr günstig. Ueber Australien muß das in der vorigen Sitzung Gesagte wieder- holt werden. Die Zustände sind dort jetzt durch das Goldfieber so wandelbar, daß man Niemandem rathen kann, sich jetzt in jenes Chaos zu begeben. Die Colonisation von Surinam durch Deutsche wird von der niederländischen Regierung sehr energisch betrieben. Zunächst sollen Com- missarien einiger süddeutschen Staaten das Land bereisen und darüber berichten. Der Central=Verein wird sich daher sein Urtheil bis zum Erscheinen jenes Berichts vorbehalten können, zweifelt aber sehr, ob, selbst abgesehen von der Gesundheitsfrage, die Colonisation von Surinam ohne totale Reform der dortigen Colonial= und Finanz=Verwaltung überhaupt zu realisiren sein möchte. Auch St. Domingo fühlt das Bedürfniß, sich durch europäische Ein- wanderung zu stärken, und hat ein liberal klingendes Colonisations=Gesetz gegeben; indeß wird schwerlich Jemandem einfallen, dorthin auszuwandern. Endlich werden jetzt wiederholt Pläne zur Colonisation in Ungarn veröffentlicht, was vielleicht mit der wachsenden Auswanderung aus den österreichischen Staaten, namentlich aus Böhmen, nach Amerika in Ver- bindung steht. So lange indeß nicht die schon in einem früheren Vortrage speciell abgehandelten Hindernisse beseitigt sind, welche der Leitung der deutschen Auswanderung nach Ungarn entgegenstehen, wird man um so mehr vor dergleichen Offerten warnen müssen, als dieselben Privat- Speculationen zu sein scheinen und die österreichische Regierung diese für dieselbe so wichtige Angelegenheit noch nicht organisirt, wenigstens die wirkliche planmäßige Ansiedelung noch nicht begonnen hat. Zum Schutz der Auswanderer sind Verordnungen für Altona und Altenburg ergangen. Auch ist die neue Passagier=Acte für England in Kraft getreten. Die Regierung von Coburg hat vor der Tour über Liverpool gewarnt. Als Geschenke sind beim Vereine eingegangen: 1. Jahrbuch der Volkswirthschaft und Statistik von Otto Hübner, ( in welchem sich auch ein Aufsatz: „die Statistik der deutschen Auswanderung“ von Gaebler befindet, ) durch den Herrn Verfasser. 2. Mehrere Exemplare der Mitthei- lungen, betreffend die deutsche Colonie Dona Franzisca von dem Hamburger Colonisations=Verein de 1849. Nach dem Vorsitzenden erhielt Herr Blume das Wort, welcher im Anschlusse an seinen, in der letzten Sitzung begonnenen Vortrag über Venezuela hauptsächlich die Geschichte der deutschen Colonie Tovur in Venezuela, ihre befriedigende Lage und das günstige Schicksal der neuerlich nach Venezuela ausgewanderten Deutschen behandelte und zu dem Schlusse kam, daß eine mäßige und nicht überstürzte deutsche Auswanderung nach Venezuela sowohl diesem Lande, als den Auswanderern zum Vortheil gereichen werde. Die Sitzung war sehr zahlreich und diesmal auch von Damen besucht, bei denen die Vorträge, namentlich die Schilderungen der tropischen Natur und der fremdartigen Verhältnisse viel Jnteresse zu erregen schienen. Auswanderer=Leiden. Die Newyorker Criminalzeitung enthält haarsträubende Mittheilungen über das Geschick von Auswanderern nach Californien, die der Heraus- geber der California=Staatszeitung – Haehnlen – dem in Philadelphia erscheinenden Blatte „Demokrat“ berichtet hat. „Jn Acapulco, erzählt Haehnlen, eröffnete sich unseren Augen das traurigste Schauspiel, das ich je erlebte; hier lagen eine große Menge von Segelschiffen abgesetzte Personen, deren Kapitäns die elendesten, herzlosesten Menschen waren, die je das Meer trug. Der vierte Theil waren Deutsche, zum Theil aus Philadelphia, die schon im Februar von Newyork und Philadelphia abreisten; das größte Elend herrschte zum Theil unter ihnen, schon auf den Schiffen halbverhungert, unterlagen Viele bei der Hitze und dem schlechten Wetter den südlichen Seuchen; es war ein harter Anblick für einen Familienvater, Mütter mit ihren kleinen Kindern hier ausgesetzt zu sehen, in einer halbwilden mexikanischen Stadt, deren elende faule Ein- wohner zu träge sind, um selbst für eine Woche Lebensmittel aufzulegen.“ Von dem Consul Rice, demselben, der wegen eines Streites mit der mexikanischen Behörde verhaftet und später gezwungen wurde, die Stadt

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Zitationshilfe: Deutsche Auswanderer-Zeitung. Nr. 92. Bremen, 16. November 1852, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswandererzeitung092_1852/2>, abgerufen am 20.05.2024.