Badener Zeitung. Nr. 86, Baden (Niederösterreich), 26.10.1904. Mittwoch Badener Zeitung 26. Oktober 1904. Nr. 86. [Spaltenumbruch] hiebei nicht unterstützte. Diese Verstimmung wurde Politische Uebersicht. Eine bemerkenswerte Entscheidung ist ver- [Spaltenumbruch] Montag, den 17. d. M., fand hierüber die Das Erkenntnis stützt sich auf folgende Be- Für diesmal also wäre der Sturm [Spaltenumbruch] Anläßlich des im Landtage vorgelegten neuen Mehr noch als diese neue Gehaltsvorlage sind Oder sollte es wahr sein, was diese Hyperklugen Gemeinde-Ausschuß-Sitzung der Stadt Baden. Öffentliche Sitzung vom 24. Oktober 1904. Anwesend: Bürgermeister Zöllner, die Gemeinde- [Spaltenumbruch] Und dort erzählte der Sepp mit großer Um- Vor dem Tiroler trennten sich dann die beiden. Die Leitenbäuerin stand gerade in ihrer besseren "Ah, da bist -- du soakrisches Deandl!" rief "Du Falsche, du! D' oag'ne Muatter muaß es [Spaltenumbruch] Kathl erschrack, daß sie die Farbe wechselte und "Muatter, i versteah' enk net!" "Na ja! Vielleicht willst's gar no leug'n? Du "Was, 'n Franzl -- die Thres?" "Na freili, was denn! D' reiche Hofbäuerin "Was habt's ihr denn g'sagt, Muatter?" fragte "Wann mer so oaner wia der um mei Kathl [Spaltenumbruch] Kathl sagte nichts, sie ging hinaus, es war ihr Das wußte Kathl nur zu gut, wenn die Mutter Die Stimme der Mutter ließ sich im Hofe ver- "Na, Katherl! Kimm do zan Ess'n! Oder *) Adrahte = Durchtriebene.
Mittwoch Badener Zeitung 26. Oktober 1904. Nr. 86. [Spaltenumbruch] hiebei nicht unterſtützte. Dieſe Verſtimmung wurde Politiſche Ueberſicht. Eine bemerkenswerte Entſcheidung iſt ver- [Spaltenumbruch] Montag, den 17. d. M., fand hierüber die Das Erkenntnis ſtützt ſich auf folgende Be- Für diesmal alſo wäre der Sturm [Spaltenumbruch] Anläßlich des im Landtage vorgelegten neuen Mehr noch als dieſe neue Gehaltsvorlage ſind Oder ſollte es wahr ſein, was dieſe Hyperklugen Gemeinde-Ausſchuß-Sitzung der Stadt Baden. Öffentliche Sitzung vom 24. Oktober 1904. Anweſend: Bürgermeiſter Zöllner, die Gemeinde- [Spaltenumbruch] Und dort erzählte der Sepp mit großer Um- Vor dem Tiroler trennten ſich dann die beiden. Die Leitenbäuerin ſtand gerade in ihrer beſſeren „Ah, da biſt — du ſoakriſches Deandl!“ rief „Du Falſche, du! D’ oag’ne Muatter muaß es [Spaltenumbruch] Kathl erſchrack, daß ſie die Farbe wechſelte und „Muatter, i verſteah’ enk net!“ „Na ja! Vielleicht willſt’s gar no leug’n? Du „Was, ’n Franzl — die Thres?“ „Na freili, was denn! D’ reiche Hofbäuerin „Was habt’s ihr denn g’ſagt, Muatter?“ fragte „Wann mer ſo oaner wia der um mei Kathl [Spaltenumbruch] Kathl ſagte nichts, ſie ging hinaus, es war ihr Das wußte Kathl nur zu gut, wenn die Mutter Die Stimme der Mutter ließ ſich im Hofe ver- „Na, Katherl! Kimm do zan Eſſ’n! Oder *) Adrahte = Durchtriebene.
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Mittwoch Badener Zeitung 26. Oktober 1904. Nr. 86.</hi> </hi> </fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="wendung2" prev="#wendung1" type="jArticle" n="2"> <p>hiebei nicht unterſtützte. Dieſe Verſtimmung wurde<lb/> dann durch die Reiſe des Miniſterpräſidenten<lb/> behoben, der ſich in Polen an Ort und Stelle mit<lb/> den Schlachzizen ausſöhnte und ihnen ſo weit-<lb/> gehende Konzeſſionen machte, daß die Polen aus<lb/> Erkenntlichkeit wieder an die Vermittlungsaktion<lb/> ſchreiten. Sie haben vorerſt nur mit den Tſchechen<lb/> unterhandelt und es bleibt erſt abzuwarten, ob<lb/> ſie ſich auch mit den Deutſchen in Verbindung<lb/> ſetzen werden. Für alle Fälle iſt und bleibt dieſer<lb/> Vermittler höchſt anrüchig und verdächtig, weil<lb/> man aus dem, was man jetzt ſchon über die Ab-<lb/> ſichten der Polen erfährt, ſchließen kann, wohin<lb/> ſie eigentlich hinaus wollen. Sie wollen einfach<lb/> die Tſchechen zum Aufgeben der Obſtruktion be-<lb/> wegen und dann eine Reform der Geſchäftsordnung<lb/> des Reichsrates durchführen, welche nach unga-<lb/> riſchem Muſter zugeſchnitten iſt und jede Mino-<lb/> rität dem Belieben der Majorität ausliefern<lb/> würde. Iſt dieſe Geſchäftsordnung dann einmal<lb/> Geſetz, ſo wäre die Bildung einer Koalition<lb/> zwiſchen Polen, Tſchechen, Südſlaven und Kleri-<lb/> kalen nur mehr eine Frage ganz kurzer Zeit und<lb/> die Deutſchen wären dann für immer und gründ-<lb/> lich an die Wand gedrückt. Es iſt daher für die<lb/> Deutſchen der Augenblick gekommen, wo ſie wach-<lb/> ſamer ſein müſſen als je, wollen ſie nicht ihre<lb/> nationale Exiſtenz für immer der Schlachta und<lb/> ihren Verbündeten ausliefern. So wünſchenswert<lb/> demnach auch die Herbeiführung geordneter Zu-<lb/> ſtände im Parlamente wäre, unter Führung der<lb/> Polen iſt ſie für die Deutſchen einfach unmöglich<lb/> Es bereitet ſich unſtreitig eine Wendung in unſerem<lb/> innerpolitiſchen Leben vor; daß ſie nicht zum<lb/> Schaden der Deutſchen ausfalle, dafür gibt es<lb/> angeſichts der polniſchen Vermittlungsaktion nur<lb/> ein Mittel: Augen auf, Taſchen zu!</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Politiſche Ueberſicht.</hi> </head><lb/> <p>Eine bemerkenswerte Entſcheidung iſt ver-<lb/> gangenen Montag von dem Reichsgerichte gefällt<lb/> worden, nämlich bezüglich der <hi rendition="#g">Errichtung<lb/> tſchechiſcher Schulen in Wien.</hi> Die Tſchechen<lb/> in Wien, denen unter der ſtillen Patronanz des<lb/> „Herrn von Wien“ gewaltig der Kamm zu ſchwellen<lb/> beginnt, haben bekanntlich an die Schulbehörden das<lb/> Anſuchen um Errichtung öffentlicher Schulen in den<lb/> einzelnen Bezirken mit tſchechiſcher Unterrichtsſprache<lb/> geſtellt, mit Ausnahme des vierten Bezirkes. Der<lb/> niederöſterreichiſche Landesſchulrat teilte den Petenten<lb/> mit, daß er ſich nicht beſtimmt finde, die Eingabe<lb/> in Verhandlung zu nehmen, weil die Geſuchſteller<lb/> nicht legitimiert erſchienen, das Unterrichtsminiſterium<lb/> teilte dieſe Anſchauung, worauf die Beſchwerde an<lb/> den Verwaltungsgerichtshof ergriffen wurde und<lb/> nach einem Kompetenzſtreite das Anſuchen dem<lb/> Reichsgerichte zur Austragung überantwortet wurde.</p><lb/> <cb/> <p>Montag, den 17. d. M., fand hierüber die<lb/> Verhandlung ſtatt und geſtern Montag wurde die<lb/> Entſcheidung publiziert. 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Anlangend die Frage, ob die<lb/> Tſchechen in Niederöſterreich einen Volksſtamm bilden,<lb/> iſt zwar durch die Volkszählung nachgewieſen, daß<lb/> in manchen Gemeinden Niederöſterreichs, beſonders<lb/> an der Grenze von Mähren und Böhmen, die Tſchechen<lb/> in großer Anzahl wohnen und auch in Wien eine<lb/> nicht unbeträchtliche Zahl von Angehörigen der tſche-<lb/> chiſchen Nation wohnhaft iſt. Daraus iſt jedoch noch<lb/> nicht zu ſchließen, daß hier dieſe Einwohnerſchaft<lb/> als <hi rendition="#g">nationale Individualität</hi> beſteht. Wenn<lb/> geſagt wird, daß die Tſchechen in Wien Blätter,<lb/> Theater, Vereine ꝛc. erhalten, ſo iſt das ein Charak-<lb/> teriſtikum, welches neben den Tſchechen noch Ange-<lb/> hörigen zahlreicher anderer Nationalitäten zukommt.<lb/> Das Vorhandenſein der Tſchechen in Wien iſt haupt-<lb/> ſächlich jener <hi rendition="#g">Anziehungskraft</hi> zuzuſchreiben,<lb/> welche von einer <hi rendition="#g">Großſtadt</hi> nicht nur auf die<lb/> Tſchechen, ſondern auch <hi rendition="#g">auf Angehörige an-<lb/> derer Nationalitäten</hi> ausgeübt wird und<lb/> hauptſächlich in <hi rendition="#g">Erwerbsrückſichten</hi> begründet<lb/> iſt. Hiebei iſt es ohne Bedeutung, wie groß die Zahl<lb/> der Tſchechen in einem oder dem anderen Wiener<lb/> Bezirke iſt. Was die Frage betrifft, ob die tſchechiſche<lb/> Sprache in Wien und Niederöſterreich landesüblich<lb/> iſt, ſo war auch dieſe zu verneinen, da hiefür die<lb/> gleichen Kriterien mangeln wie für das Vorhandenſein<lb/> eines tſchechiſchen Volksſtammes in Wien und Nieder-<lb/> öſterreich.</p><lb/> <p> <hi rendition="#g">Für diesmal alſo wäre der Sturm<lb/> abgeſchlagen und dieſes verluegerte und<lb/> vertſchechte Wien glücklich gerettet worden,<lb/> was aber in der Zukunft Schoß verborgen<lb/> liegen mag, iſt nicht ſchwer zu erraten. Es<lb/> werden andere Zeiten kommen und andere<lb/> Männer und dann Gnade Gott dir, du<lb/> „deutſches Wien“!</hi> </p><lb/> <cb/> <p>Anläßlich des im Landtage vorgelegten neuen<lb/> Gehaltsregulierungsgeſetzes der Lehrerſchaft und der<lb/> damit verbundenen neuen Schulgeſetzvorlagen macht<lb/> ſich eine mächtige Gegenſtrömung bemerkbar, ſowohl<lb/> gegen die eine, wie die andere Vorlage. Ein Blick<lb/> in die Gehaltsanſätze der neuen „Gehaltsregulierung“<lb/> läßt erkennen, daß dieſelbe bloß für jene Perſonen<lb/> günſtig erſcheint, die in der Reihe der herrſchenden<lb/> Partei ihre Freunde haben, ganz abgeſehen hiebei von<lb/> den Avanzementverhältniſſen. Der Löwenanteil an<lb/> dieſer Aufbeſſerung fällt den Direktoren und Ober-<lb/> lehrern zu, jenen Herren, welche in der Regel mit<lb/> ihren immerhin annehmbar dotierten Stellungen noch<lb/> Benefizien, z. B. an den Gewerbeſchulen, zugewieſen<lb/> erhalten. Dieſe <hi rendition="#g">Lockſpeiſe</hi> iſt keineswegs geeignet,<lb/> auf den Charakter derjenigen Lehrer, welchen dieſe<lb/> Regulierung nur bittere Enttäuſchung brachte, ferner<lb/> der proviſoriſchen Unterlehrer, welche überhaupt dabei<lb/> leer ausgingen, und auf denjenigen der Lehrerinnen,<lb/> denen die Vorlage das <hi rendition="#g">finſtere Zölibat</hi> auferlegt,<lb/> günſtig einzuwirken.</p><lb/> <p>Mehr noch als dieſe neue Gehaltsvorlage ſind<lb/> es die neuen Schulvorlagen, welche eine gewaltige<lb/> Gährung verurſachen, und bereits haben eine Anzahl<lb/> von Körperſchaften und Gemeinden kräftige Kund-<lb/> gebungen veranſtaltet und ohne Zweifel dürften dieſe<lb/> im ganzen Lande Wiederhall finden. Die Schmälerung<lb/> der Vertretung der Gemeinden in den Bezirks- und<lb/> Ortsſchulräten, die Entziehung des Einfluſſes auf<lb/> die Beſetzung der Lehrerſtellen, die Uebertragung des<lb/> Beſtätigungsrechtes vom Landesſchulrate an den<lb/> Landesausſchuß, die Aenderung der Zuſammenſetzung<lb/> des Landesſchulrates, ſind Dinge, welche ſelbſt<lb/> manchem behäbigen „Spießer“ über die Hutſchnur<lb/> gehen. Dennoch iſt zu gewärtigen, daß der Landtag<lb/> in ſeiner heutigen Beratung dieſe Vorlagen in Bauſch<lb/> und Bogen annehmen und dem „Herrn von Wien“<lb/> damit ein Geburtstaggeſchenk bereiten wird, ob ſie<lb/> aber die kaiſerliche Sanktion erhalten werden, iſt<lb/> denn doch fraglich. Man wird ſich doch an leitender<lb/> Stelle der Erkenntnis nicht verſchließen können, daß<lb/> es nicht angeht, die Schule in Niederöſterreich als<lb/> Agitationswerkzeug in den Dienſt einer eben herr-<lb/> ſchenden Partei zu ſtellen.</p><lb/> <p>Oder ſollte es wahr ſein, was dieſe Hyperklugen<lb/> ſich zuraunen, daß unſer Miniſterpräſident das<lb/> Mittel ſchon bereit hält, Lueger die Waffen aus den<lb/> Händen zu winden und ihm Genugtuung für den<lb/> unterſagten Fackelzug zu bieten? Möglich immerhin.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div xml:id="gemeinde1" next="#gemeinde2" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Gemeinde-Ausſchuß-Sitzung<lb/> der Stadt Baden.</hi> </head><lb/> <p>Öffentliche Sitzung vom 24. Oktober 1904.</p><lb/> <p>Anweſend: Bürgermeiſter Zöllner, die Gemeinde-<lb/> räte Grab, Kaiſer, Laſchitz, Rampl, Schmid, Trenner,<lb/> die Gemeindeausſchüſſe Arens, Delavilla, Dr. Delliſch,</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div next="#amor3" xml:id="amor2" prev="#amor1" type="jArticle" n="2"> <p>Und dort erzählte der Sepp mit großer Um-<lb/> ſtändlichkeit von der Liebſchaft der Kathl und des<lb/> Hofbauern-Toni und erlaubte ſich auch ſo manchen<lb/> Uebergriff, denn das was er wußte, war ja nicht<lb/> viel, und er hatte der Bäuerin doch eine lange<lb/> Geſchichte verſprochen. Sie nickte beim Zuhören recht<lb/> beifällig mit dem Kopfe und lauſchte mit unver-<lb/> minderter Aufmerkſamkeit den Worten des alten<lb/> Sepp, ſelbſt wenn dieſer ſchon zum ſoundſovielten<lb/> Male von vorne anhub und immer wieder dasſelbe<lb/> erzählte. Dabei vergaß ſie ſich ganz und leerte ſelbſt<lb/> auch ein Glas um das andere. Als es dann zum<lb/> Zahlen kam, da waren gerade zwei Liter beiſammen.</p><lb/> <p>Vor dem Tiroler trennten ſich dann die beiden.<lb/> Die Leitnerin hatte noch Einkäufe zu machen; die<lb/> Erzählung des Sepp zum Teile, vielleicht auch der<lb/> genoſſene Wein, hatten ſie in eine ſo ausgezeichnete<lb/> Laune verſetzt, daß ſie Sachen zuſammenkaufte, die<lb/> ſie wohl andere Male mit Verachtung von ſich ge-<lb/> wieſen hätte und die auch den geſamten Leitenbauern-<lb/> hof in gerechtes Erſtaunen verſetzten — er hatte ja<lb/> Aehnliches noch nie geſehen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Die Leitenbäuerin ſtand gerade in ihrer beſſeren<lb/> Stube, um ihr Feiertagsgewand mit einem anderen<lb/> zu vertauſchen, als ihre Tochter hereintrat.</p><lb/> <p>„Ah, da biſt — du ſoakriſches Deandl!“ rief<lb/> ſie ihr in beſter Laune entgegen, wie ſie heute über-<lb/> haupt in ſehr aufgeräumter Stimmung von der Kirche<lb/> nachhauſe kam.</p><lb/> <p>„Du Falſche, du! D’ oag’ne Muatter muaß es<lb/> erſcht in der Stadt unt’n derfrag’n, daß ’s Deandl<lb/> a Liabſchaft hat!“</p><lb/> <cb/> <p>Kathl erſchrack, daß ſie die Farbe wechſelte und<lb/> blieb wie angewurzelt ſtehen. Kein Zweifel — die<lb/> Mutter wußte bereits alles, nur der neckende Ton<lb/> der Alten erfüllte das Mädchen mit großem Be-<lb/> fremden.</p><lb/> <p>„Muatter, i verſteah’ enk net!“</p><lb/> <p>„Na ja! Vielleicht willſt’s gar no leug’n? Du<lb/> Adrahte <note place="foot" n="*)">Adrahte = Durchtriebene.</note>, du!“ Die Alte drohte ihr dabei zärtlich<lb/> mit dem Finger. „Hiazt woaß i ſcho all’s — der<lb/> Seppl vo drenten, der hat mer’s verzählt. J ver-<lb/> gunn’s na der Schwarzböckin, weil’s g’moant hat,<lb/> ſie hiat ſcho’n Toni zan Schwiegerſuhn — i han<lb/> mer’s aber allerweil ſcho denkt, der müaßert na d’<lb/> Aug’n verdraht hab’n, wann eahm d’Thres beſſer<lb/> g’fall’n tat wia du. Hiazt kann ſie’s ’n Franzl aufi-<lb/> häng’n, daß ſ’ was Hofbäueriſches kriagt, weil’s mit<lb/> der Alten gar a ſo — wia g’ſott’n und brat’n is“.<lb/> Und die Leitnerin lachte ſelbſt über ihren guten Witz.</p><lb/> <p>„Was, ’n Franzl — die Thres?“</p><lb/> <p>„Na freili, was denn! D’ reiche Hofbäuerin<lb/> hat ja ſelber g’moant, wann ſie a Tochter hiat,<lb/> gabert ſie ſ’ glei ihr’n Großknecht, weil er gar a<lb/> ſo a braver Burſch war, der Franzl. Aber i han<lb/> ihr a guate Antwort d’rauf geb’n, dö g’freut mi<lb/> no heunt“.</p><lb/> <p>„Was habt’s ihr denn g’ſagt, Muatter?“ fragte<lb/> das Mädchen mechaniſch.</p><lb/> <p>„Wann mer ſo oaner wia der um mei Kathl<lb/> ins Haus kam, den ſchmeißert i ſcho außi, daß er<lb/> ſie’s G’nack bricht, han i ihr z’Antwort geb’n. Und<lb/> ſelb’n han i no koan Gedank’n net g’habt, was dir für<lb/> a Glück bevürſteaht, du mei herzig’s — ſcheas Kind!“</p><lb/> <cb/> <p>Kathl ſagte nichts, ſie ging hinaus, es war ihr<lb/> ſo unbehaglich zumute wie noch nie in ihrem Leben.<lb/> Sie ſchloß ſich die Tenne auf, ſetzte ſich dort auf<lb/> ein Bündel Stroh und dachte über das jüngſte Er-<lb/> eignis nach. Seit der Stunde, in der ſie mit Franzl<lb/> das Herzensbündnis geſchloſſen hatte, dachte ſie mit<lb/> Angſt und Schaudern an den Moment, an welchem<lb/> die Mutter davon erfuhr; heute wäre es ihr tauſend<lb/> Mal lieber geweſen, wenn dieſelbe beim Kirchgang<lb/> die volle Wahrheit erfahren, wenn es auch ſelbſt die<lb/> häßlichſte Szene gegeben hätte. Tauſend Mal lieber<lb/> als das ungewohnte, zärtliche Getue der Alten, die<lb/> in ihrer Tochter ſchon heute die reiche Hofbäuerin<lb/> erblickte.</p><lb/> <p>Das wußte Kathl nur zu gut, wenn die Mutter<lb/> aus ihrem verhängnisvollen Irrtum erwachte; denn<lb/> das war ja unausbleiblich, dann konnte es einen<lb/> Sturm geben, wie ihn der Leitenbauernhof wohl<lb/> noch nie geſehen hatte. Vielleicht wäre es beſſer,<lb/> wenn ſie noch heute der Mutter die volle Wahrheit<lb/> bekennen würde, aber nein — ſie hatte nicht den<lb/> Mut dazu. Bei dem bloßen Gedanken daran pochte<lb/> ihr ſchon das Herz zum Zerſpringen. Kathl preßte<lb/> die gefalteten Hände an die bedrängte Bruſt: „Heilige<lb/> Muatter Gottes, ſteah mer bei!“</p><lb/> <p>Die Stimme der Mutter ließ ſich im Hofe ver-<lb/> nehmen, das Mädchen huſchte aus der Tenne heraus<lb/> und machte ſich an der Türe derſelben etwas zu<lb/> ſchaffen.</p><lb/> <p>„Na, Katherl! Kimm do zan Eſſ’n! Oder<lb/> brauchſt leicht nix? Speiſt di ſcho gar ganz d’Liab?“<lb/> rief ihr die Bäuerin mit großer Anzüglichkeit und<lb/> ſehr lauter Stimme entgegen, indem ſie dabei<lb/> lächelnd in den Nachbarhof hinüberblickte. Kathl er-</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Mittwoch Badener Zeitung 26. Oktober 1904. Nr. 86.
hiebei nicht unterſtützte. Dieſe Verſtimmung wurde
dann durch die Reiſe des Miniſterpräſidenten
behoben, der ſich in Polen an Ort und Stelle mit
den Schlachzizen ausſöhnte und ihnen ſo weit-
gehende Konzeſſionen machte, daß die Polen aus
Erkenntlichkeit wieder an die Vermittlungsaktion
ſchreiten. Sie haben vorerſt nur mit den Tſchechen
unterhandelt und es bleibt erſt abzuwarten, ob
ſie ſich auch mit den Deutſchen in Verbindung
ſetzen werden. Für alle Fälle iſt und bleibt dieſer
Vermittler höchſt anrüchig und verdächtig, weil
man aus dem, was man jetzt ſchon über die Ab-
ſichten der Polen erfährt, ſchließen kann, wohin
ſie eigentlich hinaus wollen. Sie wollen einfach
die Tſchechen zum Aufgeben der Obſtruktion be-
wegen und dann eine Reform der Geſchäftsordnung
des Reichsrates durchführen, welche nach unga-
riſchem Muſter zugeſchnitten iſt und jede Mino-
rität dem Belieben der Majorität ausliefern
würde. Iſt dieſe Geſchäftsordnung dann einmal
Geſetz, ſo wäre die Bildung einer Koalition
zwiſchen Polen, Tſchechen, Südſlaven und Kleri-
kalen nur mehr eine Frage ganz kurzer Zeit und
die Deutſchen wären dann für immer und gründ-
lich an die Wand gedrückt. Es iſt daher für die
Deutſchen der Augenblick gekommen, wo ſie wach-
ſamer ſein müſſen als je, wollen ſie nicht ihre
nationale Exiſtenz für immer der Schlachta und
ihren Verbündeten ausliefern. So wünſchenswert
demnach auch die Herbeiführung geordneter Zu-
ſtände im Parlamente wäre, unter Führung der
Polen iſt ſie für die Deutſchen einfach unmöglich
Es bereitet ſich unſtreitig eine Wendung in unſerem
innerpolitiſchen Leben vor; daß ſie nicht zum
Schaden der Deutſchen ausfalle, dafür gibt es
angeſichts der polniſchen Vermittlungsaktion nur
ein Mittel: Augen auf, Taſchen zu!
Politiſche Ueberſicht.
Eine bemerkenswerte Entſcheidung iſt ver-
gangenen Montag von dem Reichsgerichte gefällt
worden, nämlich bezüglich der Errichtung
tſchechiſcher Schulen in Wien. Die Tſchechen
in Wien, denen unter der ſtillen Patronanz des
„Herrn von Wien“ gewaltig der Kamm zu ſchwellen
beginnt, haben bekanntlich an die Schulbehörden das
Anſuchen um Errichtung öffentlicher Schulen in den
einzelnen Bezirken mit tſchechiſcher Unterrichtsſprache
geſtellt, mit Ausnahme des vierten Bezirkes. Der
niederöſterreichiſche Landesſchulrat teilte den Petenten
mit, daß er ſich nicht beſtimmt finde, die Eingabe
in Verhandlung zu nehmen, weil die Geſuchſteller
nicht legitimiert erſchienen, das Unterrichtsminiſterium
teilte dieſe Anſchauung, worauf die Beſchwerde an
den Verwaltungsgerichtshof ergriffen wurde und
nach einem Kompetenzſtreite das Anſuchen dem
Reichsgerichte zur Austragung überantwortet wurde.
Montag, den 17. d. M., fand hierüber die
Verhandlung ſtatt und geſtern Montag wurde die
Entſcheidung publiziert. Das Erkenntnis lautete:
„Durch die angefochtene Entſcheidung des Unterrichts-
miniſteriums, womit konform dem Erlaſſe des
Landesſchulrates die Eingaben der Beſchwerdeführer
um Errichtung czechiſcher Schulen zurückgewieſen
wurden, hat eine Verletzung des ſtaatsgrund-
geſetzlich gewährleiſteten Rechtes der Beſchwerdeführer
auf Wahrung ihrer Nationalität und Sprache, ſowie
auf dementſprechende Errichtung der öffentlichen
Lehranſtaltung nicht ſtattgefunden.“
Das Erkenntnis ſtützt ſich auf folgende Be-
gründung: Den Tſchechen in Niederöſterreich und
Wien kann keineswegs der Charakter eines Volks-
ſtammes zugeſprochen werden und infolgedeſſen iſt
auch die tſchechiſche Sprache in Wien und Nieder-
öſterreich nicht landesüblich. Es fehlen daher
die Vorausſetzungen, unter welchen nach Artikel 19
des Staatsgrundgeſetzes den Mitgliedern eines Volks-
ſtammes das politiſche Recht auf derartige Einrich-
tungen, wie es öffentliche Volksſchulen ſind, einge-
räumt werden kann. Anlangend die Frage, ob die
Tſchechen in Niederöſterreich einen Volksſtamm bilden,
iſt zwar durch die Volkszählung nachgewieſen, daß
in manchen Gemeinden Niederöſterreichs, beſonders
an der Grenze von Mähren und Böhmen, die Tſchechen
in großer Anzahl wohnen und auch in Wien eine
nicht unbeträchtliche Zahl von Angehörigen der tſche-
chiſchen Nation wohnhaft iſt. Daraus iſt jedoch noch
nicht zu ſchließen, daß hier dieſe Einwohnerſchaft
als nationale Individualität beſteht. Wenn
geſagt wird, daß die Tſchechen in Wien Blätter,
Theater, Vereine ꝛc. erhalten, ſo iſt das ein Charak-
teriſtikum, welches neben den Tſchechen noch Ange-
hörigen zahlreicher anderer Nationalitäten zukommt.
Das Vorhandenſein der Tſchechen in Wien iſt haupt-
ſächlich jener Anziehungskraft zuzuſchreiben,
welche von einer Großſtadt nicht nur auf die
Tſchechen, ſondern auch auf Angehörige an-
derer Nationalitäten ausgeübt wird und
hauptſächlich in Erwerbsrückſichten begründet
iſt. Hiebei iſt es ohne Bedeutung, wie groß die Zahl
der Tſchechen in einem oder dem anderen Wiener
Bezirke iſt. Was die Frage betrifft, ob die tſchechiſche
Sprache in Wien und Niederöſterreich landesüblich
iſt, ſo war auch dieſe zu verneinen, da hiefür die
gleichen Kriterien mangeln wie für das Vorhandenſein
eines tſchechiſchen Volksſtammes in Wien und Nieder-
öſterreich.
Für diesmal alſo wäre der Sturm
abgeſchlagen und dieſes verluegerte und
vertſchechte Wien glücklich gerettet worden,
was aber in der Zukunft Schoß verborgen
liegen mag, iſt nicht ſchwer zu erraten. Es
werden andere Zeiten kommen und andere
Männer und dann Gnade Gott dir, du
„deutſches Wien“!
Anläßlich des im Landtage vorgelegten neuen
Gehaltsregulierungsgeſetzes der Lehrerſchaft und der
damit verbundenen neuen Schulgeſetzvorlagen macht
ſich eine mächtige Gegenſtrömung bemerkbar, ſowohl
gegen die eine, wie die andere Vorlage. Ein Blick
in die Gehaltsanſätze der neuen „Gehaltsregulierung“
läßt erkennen, daß dieſelbe bloß für jene Perſonen
günſtig erſcheint, die in der Reihe der herrſchenden
Partei ihre Freunde haben, ganz abgeſehen hiebei von
den Avanzementverhältniſſen. Der Löwenanteil an
dieſer Aufbeſſerung fällt den Direktoren und Ober-
lehrern zu, jenen Herren, welche in der Regel mit
ihren immerhin annehmbar dotierten Stellungen noch
Benefizien, z. B. an den Gewerbeſchulen, zugewieſen
erhalten. Dieſe Lockſpeiſe iſt keineswegs geeignet,
auf den Charakter derjenigen Lehrer, welchen dieſe
Regulierung nur bittere Enttäuſchung brachte, ferner
der proviſoriſchen Unterlehrer, welche überhaupt dabei
leer ausgingen, und auf denjenigen der Lehrerinnen,
denen die Vorlage das finſtere Zölibat auferlegt,
günſtig einzuwirken.
Mehr noch als dieſe neue Gehaltsvorlage ſind
es die neuen Schulvorlagen, welche eine gewaltige
Gährung verurſachen, und bereits haben eine Anzahl
von Körperſchaften und Gemeinden kräftige Kund-
gebungen veranſtaltet und ohne Zweifel dürften dieſe
im ganzen Lande Wiederhall finden. Die Schmälerung
der Vertretung der Gemeinden in den Bezirks- und
Ortsſchulräten, die Entziehung des Einfluſſes auf
die Beſetzung der Lehrerſtellen, die Uebertragung des
Beſtätigungsrechtes vom Landesſchulrate an den
Landesausſchuß, die Aenderung der Zuſammenſetzung
des Landesſchulrates, ſind Dinge, welche ſelbſt
manchem behäbigen „Spießer“ über die Hutſchnur
gehen. Dennoch iſt zu gewärtigen, daß der Landtag
in ſeiner heutigen Beratung dieſe Vorlagen in Bauſch
und Bogen annehmen und dem „Herrn von Wien“
damit ein Geburtstaggeſchenk bereiten wird, ob ſie
aber die kaiſerliche Sanktion erhalten werden, iſt
denn doch fraglich. Man wird ſich doch an leitender
Stelle der Erkenntnis nicht verſchließen können, daß
es nicht angeht, die Schule in Niederöſterreich als
Agitationswerkzeug in den Dienſt einer eben herr-
ſchenden Partei zu ſtellen.
Oder ſollte es wahr ſein, was dieſe Hyperklugen
ſich zuraunen, daß unſer Miniſterpräſident das
Mittel ſchon bereit hält, Lueger die Waffen aus den
Händen zu winden und ihm Genugtuung für den
unterſagten Fackelzug zu bieten? Möglich immerhin.
Gemeinde-Ausſchuß-Sitzung
der Stadt Baden.
Öffentliche Sitzung vom 24. Oktober 1904.
Anweſend: Bürgermeiſter Zöllner, die Gemeinde-
räte Grab, Kaiſer, Laſchitz, Rampl, Schmid, Trenner,
die Gemeindeausſchüſſe Arens, Delavilla, Dr. Delliſch,
Und dort erzählte der Sepp mit großer Um-
ſtändlichkeit von der Liebſchaft der Kathl und des
Hofbauern-Toni und erlaubte ſich auch ſo manchen
Uebergriff, denn das was er wußte, war ja nicht
viel, und er hatte der Bäuerin doch eine lange
Geſchichte verſprochen. Sie nickte beim Zuhören recht
beifällig mit dem Kopfe und lauſchte mit unver-
minderter Aufmerkſamkeit den Worten des alten
Sepp, ſelbſt wenn dieſer ſchon zum ſoundſovielten
Male von vorne anhub und immer wieder dasſelbe
erzählte. Dabei vergaß ſie ſich ganz und leerte ſelbſt
auch ein Glas um das andere. Als es dann zum
Zahlen kam, da waren gerade zwei Liter beiſammen.
Vor dem Tiroler trennten ſich dann die beiden.
Die Leitnerin hatte noch Einkäufe zu machen; die
Erzählung des Sepp zum Teile, vielleicht auch der
genoſſene Wein, hatten ſie in eine ſo ausgezeichnete
Laune verſetzt, daß ſie Sachen zuſammenkaufte, die
ſie wohl andere Male mit Verachtung von ſich ge-
wieſen hätte und die auch den geſamten Leitenbauern-
hof in gerechtes Erſtaunen verſetzten — er hatte ja
Aehnliches noch nie geſehen.
Die Leitenbäuerin ſtand gerade in ihrer beſſeren
Stube, um ihr Feiertagsgewand mit einem anderen
zu vertauſchen, als ihre Tochter hereintrat.
„Ah, da biſt — du ſoakriſches Deandl!“ rief
ſie ihr in beſter Laune entgegen, wie ſie heute über-
haupt in ſehr aufgeräumter Stimmung von der Kirche
nachhauſe kam.
„Du Falſche, du! D’ oag’ne Muatter muaß es
erſcht in der Stadt unt’n derfrag’n, daß ’s Deandl
a Liabſchaft hat!“
Kathl erſchrack, daß ſie die Farbe wechſelte und
blieb wie angewurzelt ſtehen. Kein Zweifel — die
Mutter wußte bereits alles, nur der neckende Ton
der Alten erfüllte das Mädchen mit großem Be-
fremden.
„Muatter, i verſteah’ enk net!“
„Na ja! Vielleicht willſt’s gar no leug’n? Du
Adrahte *), du!“ Die Alte drohte ihr dabei zärtlich
mit dem Finger. „Hiazt woaß i ſcho all’s — der
Seppl vo drenten, der hat mer’s verzählt. J ver-
gunn’s na der Schwarzböckin, weil’s g’moant hat,
ſie hiat ſcho’n Toni zan Schwiegerſuhn — i han
mer’s aber allerweil ſcho denkt, der müaßert na d’
Aug’n verdraht hab’n, wann eahm d’Thres beſſer
g’fall’n tat wia du. Hiazt kann ſie’s ’n Franzl aufi-
häng’n, daß ſ’ was Hofbäueriſches kriagt, weil’s mit
der Alten gar a ſo — wia g’ſott’n und brat’n is“.
Und die Leitnerin lachte ſelbſt über ihren guten Witz.
„Was, ’n Franzl — die Thres?“
„Na freili, was denn! D’ reiche Hofbäuerin
hat ja ſelber g’moant, wann ſie a Tochter hiat,
gabert ſie ſ’ glei ihr’n Großknecht, weil er gar a
ſo a braver Burſch war, der Franzl. Aber i han
ihr a guate Antwort d’rauf geb’n, dö g’freut mi
no heunt“.
„Was habt’s ihr denn g’ſagt, Muatter?“ fragte
das Mädchen mechaniſch.
„Wann mer ſo oaner wia der um mei Kathl
ins Haus kam, den ſchmeißert i ſcho außi, daß er
ſie’s G’nack bricht, han i ihr z’Antwort geb’n. Und
ſelb’n han i no koan Gedank’n net g’habt, was dir für
a Glück bevürſteaht, du mei herzig’s — ſcheas Kind!“
Kathl ſagte nichts, ſie ging hinaus, es war ihr
ſo unbehaglich zumute wie noch nie in ihrem Leben.
Sie ſchloß ſich die Tenne auf, ſetzte ſich dort auf
ein Bündel Stroh und dachte über das jüngſte Er-
eignis nach. Seit der Stunde, in der ſie mit Franzl
das Herzensbündnis geſchloſſen hatte, dachte ſie mit
Angſt und Schaudern an den Moment, an welchem
die Mutter davon erfuhr; heute wäre es ihr tauſend
Mal lieber geweſen, wenn dieſelbe beim Kirchgang
die volle Wahrheit erfahren, wenn es auch ſelbſt die
häßlichſte Szene gegeben hätte. Tauſend Mal lieber
als das ungewohnte, zärtliche Getue der Alten, die
in ihrer Tochter ſchon heute die reiche Hofbäuerin
erblickte.
Das wußte Kathl nur zu gut, wenn die Mutter
aus ihrem verhängnisvollen Irrtum erwachte; denn
das war ja unausbleiblich, dann konnte es einen
Sturm geben, wie ihn der Leitenbauernhof wohl
noch nie geſehen hatte. Vielleicht wäre es beſſer,
wenn ſie noch heute der Mutter die volle Wahrheit
bekennen würde, aber nein — ſie hatte nicht den
Mut dazu. Bei dem bloßen Gedanken daran pochte
ihr ſchon das Herz zum Zerſpringen. Kathl preßte
die gefalteten Hände an die bedrängte Bruſt: „Heilige
Muatter Gottes, ſteah mer bei!“
Die Stimme der Mutter ließ ſich im Hofe ver-
nehmen, das Mädchen huſchte aus der Tenne heraus
und machte ſich an der Türe derſelben etwas zu
ſchaffen.
„Na, Katherl! Kimm do zan Eſſ’n! Oder
brauchſt leicht nix? Speiſt di ſcho gar ganz d’Liab?“
rief ihr die Bäuerin mit großer Anzüglichkeit und
ſehr lauter Stimme entgegen, indem ſie dabei
lächelnd in den Nachbarhof hinüberblickte. Kathl er-
*) Adrahte = Durchtriebene.
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