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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 4. Burg/Berlin, 1836.

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[Abbildung] (Der Amtmann Marder.)
manns, um das schöne, lebensfrohe Gretchen hiermit
geziemend anhalte.

Der Amtmann saß da, mit offenem Munde und
schlaff herabhangenden Armen, man konnte noch nicht
errathen, welche Wirkung der Antrag des jungen
Mannes auf ihn machte. Dieser fuhr fort:

"Zögern Sie nicht, das Glück zweier Menschen
zu machen, die es Jhnen ewig Dank wissen werden.
Jch liebe Jhre Tochter unaussprechlich, mit ungetheil-
tem Herzen, und ich darf zu hoffen wagen, daß auch
sie mir nicht abgeneigt ist. Geben Sie mir Gretchen
zur Hausfrau und erwerben Sie sich einen dankbaren Sohn."

Jetzt erst gewann der Amtmann Leben und Be-
wegung und demnächst auch die Sprache wieder. Er
sprang aus seinem Lehnstuhl auf, stampfte den Boden
und trat dicht vor den Förster hin: "Was bilden Sie
sich ein, Herr! - Jch soll Jhnen meine Tochter an[Spaltenumbruch] den Hals werfen? Die Tochter des reichen Amtmanns
Marder soll in das Haus eines armseligen Försters
ziehen, der nichts hat, als seinen lumpigen Gehalt
und die Aussicht auf eine Kugel aus der Büchse des
ersten besten Wilddiebes? Gehorsamer Diener, Herr
Förster; wenn das die Ursachen sind, weshalb Sie
mein Haus und in demselben das Haar auf meinem
Haupte bewachen wollen, brauchen Sie sich nicht wei-
ter zu inkommodiren. Gott befohlen, Herr Grünrock.
Suchen Sie sich eine andere Wildbahn, hier ist für
Sie nichts zu pirschen. Der Amtshof ist nicht sonder-
lich zur Aufnahme von fremden Gästen eingerichtet,
merken Sie sich das, wenn ich bitten darf; gute
Verrichtung, Herr Förster!" - Die Entgegnung des
Jägers war nach einem solchen Eingange auch eben
nicht die höflichste, und beide Männer schieden in gro-
ßer Erbitterung. Mit Blitzesschnelle verließ der Förster
den Amtshof, doch nicht, ohne Gretchen von dem un-
glücklichen Ausgang seiner Werbung unterrichtet, sie
zum Abschiede an sein Herz gedrückt und ihr die Ver-
sicherungen seiner ewigen Liebe erneuert zu haben. -

Mißmuthig schritt er nach diesem Abschiede dem
Walde zu, denn auf eine solche Weise mit dem Vater
der Geliebten erzürnt, konnte er in das Haus dessel-
ben nicht zurückkehren, und hatte so für's Erste alle
Hoffnung verloren, die Geliebte, wenn auch nur auf
kurze Zeit, zu sehen. Er war so tief in Gedanken ver-
sunken und so sehr mit sich selbst beschäftigt, daß er
nicht auf das achtete, was um ihn her vorging, und
beinahe von einem langsam heranrollenden Wagen über-
gefahren wäre. Ein Mann, der neben dem Wagen
herschlenderte, sprang vor, packte den Förster am Kra-
gen und schleuderte ihn mit dem Ausrufe: "Herr!
Sind Sie des Teufels?" bei Seite. -

Anton strauchelte und hielt sich nur mit Mühe
auf den Beinen, nicht ohne einige kräftige Flüche ge-
gen den Veranlasser seines Salto mortale; doch sah er
bald das ganze Verhältniß ein, und begnügte sich da-
mit, so mürrisch als möglich zu sagen: "Hätten sich
auch wohl manierlicher benehmen können." -

"Entschuldigen Sie, mein Herr!" entgegnete
der Fremde, sich dem Förster nähernd, aber in dem-
selben Augenblicke faßte er ihn näher ins Auge, und
mit dem Ausrufe: "Anton! Jst es möglich! Müssen
wir uns nach langer Zeit so wiederfinden?" schloß er
ihn in seine Arme. -

Anton war auf das seltsamste überrascht, aber
er wurde es noch mehr, als er sich der Umarmung
des Fremden entwand, und den Bildhauer Bernhard
erkannte, dessen Bekanntschaft er gemacht, als er in
der Residenz= und Universitätsstadt des Landes auf der
Forstakademie studirte. "Du hier, in diesem Walde, mit
Büchse und Jagdtasche?" fragte der Eine, und "Du,
den ich in Jtalien glaubte, als Fußwanderer auf der
Landstraße?" fragte der Andere. Dergleichen Querfragen
wurden eine Menge gethan, ohne daß eine derselben ge-
nügend beantwortet worden wäre, und Beide würden
noch längere Zeit verwundert einander gegenüber gestan-
den haben, wenn nicht Anton plötzlich ausgerufen hätte:
[Ende Spaltensatz]

57 Conversations=Blatt. 58
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[Abbildung] (Der Amtmann Marder.)
manns, um das schöne, lebensfrohe Gretchen hiermit
geziemend anhalte.

Der Amtmann saß da, mit offenem Munde und
schlaff herabhangenden Armen, man konnte noch nicht
errathen, welche Wirkung der Antrag des jungen
Mannes auf ihn machte. Dieser fuhr fort:

„Zögern Sie nicht, das Glück zweier Menschen
zu machen, die es Jhnen ewig Dank wissen werden.
Jch liebe Jhre Tochter unaussprechlich, mit ungetheil-
tem Herzen, und ich darf zu hoffen wagen, daß auch
sie mir nicht abgeneigt ist. Geben Sie mir Gretchen
zur Hausfrau und erwerben Sie sich einen dankbaren Sohn.“

Jetzt erst gewann der Amtmann Leben und Be-
wegung und demnächst auch die Sprache wieder. Er
sprang aus seinem Lehnstuhl auf, stampfte den Boden
und trat dicht vor den Förster hin: „Was bilden Sie
sich ein, Herr! – Jch soll Jhnen meine Tochter an[Spaltenumbruch] den Hals werfen? Die Tochter des reichen Amtmanns
Marder soll in das Haus eines armseligen Försters
ziehen, der nichts hat, als seinen lumpigen Gehalt
und die Aussicht auf eine Kugel aus der Büchse des
ersten besten Wilddiebes? Gehorsamer Diener, Herr
Förster; wenn das die Ursachen sind, weshalb Sie
mein Haus und in demselben das Haar auf meinem
Haupte bewachen wollen, brauchen Sie sich nicht wei-
ter zu inkommodiren. Gott befohlen, Herr Grünrock.
Suchen Sie sich eine andere Wildbahn, hier ist für
Sie nichts zu pirschen. Der Amtshof ist nicht sonder-
lich zur Aufnahme von fremden Gästen eingerichtet,
merken Sie sich das, wenn ich bitten darf; gute
Verrichtung, Herr Förster!“ – Die Entgegnung des
Jägers war nach einem solchen Eingange auch eben
nicht die höflichste, und beide Männer schieden in gro-
ßer Erbitterung. Mit Blitzesschnelle verließ der Förster
den Amtshof, doch nicht, ohne Gretchen von dem un-
glücklichen Ausgang seiner Werbung unterrichtet, sie
zum Abschiede an sein Herz gedrückt und ihr die Ver-
sicherungen seiner ewigen Liebe erneuert zu haben. –

Mißmuthig schritt er nach diesem Abschiede dem
Walde zu, denn auf eine solche Weise mit dem Vater
der Geliebten erzürnt, konnte er in das Haus dessel-
ben nicht zurückkehren, und hatte so für's Erste alle
Hoffnung verloren, die Geliebte, wenn auch nur auf
kurze Zeit, zu sehen. Er war so tief in Gedanken ver-
sunken und so sehr mit sich selbst beschäftigt, daß er
nicht auf das achtete, was um ihn her vorging, und
beinahe von einem langsam heranrollenden Wagen über-
gefahren wäre. Ein Mann, der neben dem Wagen
herschlenderte, sprang vor, packte den Förster am Kra-
gen und schleuderte ihn mit dem Ausrufe: „Herr!
Sind Sie des Teufels?“ bei Seite. –

Anton strauchelte und hielt sich nur mit Mühe
auf den Beinen, nicht ohne einige kräftige Flüche ge-
gen den Veranlasser seines Salto mortale; doch sah er
bald das ganze Verhältniß ein, und begnügte sich da-
mit, so mürrisch als möglich zu sagen: „Hätten sich
auch wohl manierlicher benehmen können.“ –

„Entschuldigen Sie, mein Herr!“ entgegnete
der Fremde, sich dem Förster nähernd, aber in dem-
selben Augenblicke faßte er ihn näher ins Auge, und
mit dem Ausrufe: „Anton! Jst es möglich! Müssen
wir uns nach langer Zeit so wiederfinden?“ schloß er
ihn in seine Arme. –

Anton war auf das seltsamste überrascht, aber
er wurde es noch mehr, als er sich der Umarmung
des Fremden entwand, und den Bildhauer Bernhard
erkannte, dessen Bekanntschaft er gemacht, als er in
der Residenz= und Universitätsstadt des Landes auf der
Forstakademie studirte. „Du hier, in diesem Walde, mit
Büchse und Jagdtasche?“ fragte der Eine, und „Du,
den ich in Jtalien glaubte, als Fußwanderer auf der
Landstraße?“ fragte der Andere. Dergleichen Querfragen
wurden eine Menge gethan, ohne daß eine derselben ge-
nügend beantwortet worden wäre, und Beide würden
noch längere Zeit verwundert einander gegenüber gestan-
den haben, wenn nicht Anton plötzlich ausgerufen hätte:
[Ende Spaltensatz]

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[0005] 57 Conversations=Blatt. 58 [Abbildung (Der Amtmann Marder.) ] manns, um das schöne, lebensfrohe Gretchen hiermit geziemend anhalte. Der Amtmann saß da, mit offenem Munde und schlaff herabhangenden Armen, man konnte noch nicht errathen, welche Wirkung der Antrag des jungen Mannes auf ihn machte. Dieser fuhr fort: „Zögern Sie nicht, das Glück zweier Menschen zu machen, die es Jhnen ewig Dank wissen werden. Jch liebe Jhre Tochter unaussprechlich, mit ungetheil- tem Herzen, und ich darf zu hoffen wagen, daß auch sie mir nicht abgeneigt ist. Geben Sie mir Gretchen zur Hausfrau und erwerben Sie sich einen dankbaren Sohn.“ Jetzt erst gewann der Amtmann Leben und Be- wegung und demnächst auch die Sprache wieder. Er sprang aus seinem Lehnstuhl auf, stampfte den Boden und trat dicht vor den Förster hin: „Was bilden Sie sich ein, Herr! – Jch soll Jhnen meine Tochter an den Hals werfen? Die Tochter des reichen Amtmanns Marder soll in das Haus eines armseligen Försters ziehen, der nichts hat, als seinen lumpigen Gehalt und die Aussicht auf eine Kugel aus der Büchse des ersten besten Wilddiebes? Gehorsamer Diener, Herr Förster; wenn das die Ursachen sind, weshalb Sie mein Haus und in demselben das Haar auf meinem Haupte bewachen wollen, brauchen Sie sich nicht wei- ter zu inkommodiren. Gott befohlen, Herr Grünrock. Suchen Sie sich eine andere Wildbahn, hier ist für Sie nichts zu pirschen. Der Amtshof ist nicht sonder- lich zur Aufnahme von fremden Gästen eingerichtet, merken Sie sich das, wenn ich bitten darf; gute Verrichtung, Herr Förster!“ – Die Entgegnung des Jägers war nach einem solchen Eingange auch eben nicht die höflichste, und beide Männer schieden in gro- ßer Erbitterung. Mit Blitzesschnelle verließ der Förster den Amtshof, doch nicht, ohne Gretchen von dem un- glücklichen Ausgang seiner Werbung unterrichtet, sie zum Abschiede an sein Herz gedrückt und ihr die Ver- sicherungen seiner ewigen Liebe erneuert zu haben. – Mißmuthig schritt er nach diesem Abschiede dem Walde zu, denn auf eine solche Weise mit dem Vater der Geliebten erzürnt, konnte er in das Haus dessel- ben nicht zurückkehren, und hatte so für's Erste alle Hoffnung verloren, die Geliebte, wenn auch nur auf kurze Zeit, zu sehen. Er war so tief in Gedanken ver- sunken und so sehr mit sich selbst beschäftigt, daß er nicht auf das achtete, was um ihn her vorging, und beinahe von einem langsam heranrollenden Wagen über- gefahren wäre. Ein Mann, der neben dem Wagen herschlenderte, sprang vor, packte den Förster am Kra- gen und schleuderte ihn mit dem Ausrufe: „Herr! Sind Sie des Teufels?“ bei Seite. – Anton strauchelte und hielt sich nur mit Mühe auf den Beinen, nicht ohne einige kräftige Flüche ge- gen den Veranlasser seines Salto mortale; doch sah er bald das ganze Verhältniß ein, und begnügte sich da- mit, so mürrisch als möglich zu sagen: „Hätten sich auch wohl manierlicher benehmen können.“ – „Entschuldigen Sie, mein Herr!“ entgegnete der Fremde, sich dem Förster nähernd, aber in dem- selben Augenblicke faßte er ihn näher ins Auge, und mit dem Ausrufe: „Anton! Jst es möglich! Müssen wir uns nach langer Zeit so wiederfinden?“ schloß er ihn in seine Arme. – Anton war auf das seltsamste überrascht, aber er wurde es noch mehr, als er sich der Umarmung des Fremden entwand, und den Bildhauer Bernhard erkannte, dessen Bekanntschaft er gemacht, als er in der Residenz= und Universitätsstadt des Landes auf der Forstakademie studirte. „Du hier, in diesem Walde, mit Büchse und Jagdtasche?“ fragte der Eine, und „Du, den ich in Jtalien glaubte, als Fußwanderer auf der Landstraße?“ fragte der Andere. Dergleichen Querfragen wurden eine Menge gethan, ohne daß eine derselben ge- nügend beantwortet worden wäre, und Beide würden noch längere Zeit verwundert einander gegenüber gestan- den haben, wenn nicht Anton plötzlich ausgerufen hätte:

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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 4. Burg/Berlin, 1836, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt04_1836/5>, abgerufen am 23.11.2024.