Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 5. Burg/Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

75 Conversations=Blatt. 76
[Beginn Spaltensatz] Höhe desselben darbietet, weit übertroffen. Sie erstreckt
sich gegen vierzig Meilen weit nach allen Richtungen,
und in dieses zauberische, unbeschreibliche, in zwei
Ozeane und zwei Erdtheile hineinreichende Panorama
treten auf der einen Seite die nordafrikanischen Länder,
Fez und Marokko, und auf der andern die südspani-
schen Königreiche Sevilla und Granada ein.

Die Stadt, deren Hort und Burg das Felsen-
vorgebirge bildet, liegt auf der Westseite an dessen
Fuße und an der gleichnamigen Bai, und hat etwa
16,000 Einwohner und einen vortrefflichen Hafen.
Jhre ungefähr eine halbe Stunde lange Hauptstraße
zieht sich vom Palast des Statthalters nach der Bai
hinab, und gleicht in der Bauart der Häuser, in
der Einrichtung der nach Möglichkeit breiten Fuß-
wege und der eben so zahlreichen als reich aus-
gestatteten Kaufläden im Kleinen ganz einer Lon-
doner Modestraße. Der sogeannte "italienische Pa-
last," welcher diesen Namen führt, weil er ganz
aus italienischem Marmor gebaut worden, und
der einem der reichsten Kaufleute gehört, liegt in
dieser Straße. Mit der immer größern und schwung-
haftern Ausbreitung des Handelsverkehrs dieses wichti-
gen Freihafens, wo Europa und Afrika, vorzüglich
aber die skandinavische und pyrenäische Halbinsel ihre
Erzeugnisse tauschen und von wo aus Spanien mit
Schmugglerwaaren und verbotenen Büchern über-
schwemmt wird, mußte die Ausdehnung der Stadt
wo möglich Schritt halten; dies konnte jedoch nur
nach der Höhe geschehen, und zu den höher gelegenen
Wohnungen führen vielfältige in den Felsen gehauene
Zickzack=Pfade und Treppen. Die herrschende Farbe
des äußern Anstrichs der Häuser ist dunkelgrau, mit
weißen Streifen zur Bezeichnung der Stockwerke.
Diese Häuserfarbe wurde nothwendig, theils um das
heftige Zurückprallen der Sonnenstrahlen von den Fel-
senwänden zu mildern, theils um im Falle eines An-
griffs den deutlichen Ueberblick der Stadt zu erschweren.

Der an den Palast des Gouverneurs stoßende
schöne Garten, der einzige in Gibraltar, bildet den
Spaziergang (den Paseo, wie die Spanier sagen)
der gibraltarer schönen Welt. Am rechten Abhang des
Felsens liegen mehre angenehme Landhäuser. Das
Klima wird durch die von der Bai her wehende See-
luft gemildert und die Lage ist sehr gesund.

Der Ursprung und die Gründung von Gibraltar
verlieren sich in die Nacht dar Urzeit; man weiß nur,
daß die Phönizier und Karthager Niederlassungen auf
dieser Küste hatten. Der erste Einbruch der Mauren
in Spanien geschah um das Jahr 711 bei diesem
Vorgebirge, welches bis dahin Kalpe hieß, und nach
ihrem Feldherrn Tarik Gebel Tarik, Berg Tariks,
genannt wurde, woraus der Name Gibraltar entstand.
Jn ihrem Besitze blieb es bis um das Jahr 1302;
1303 eroberten sie es wieder, 1462 ging es aber
aufs Neue verloren. Von nun an blieb es bis 1704
im Besitze der spanischen Krone, wo es im spanischen
Erbfolgekrieg von England überfallen und nach einer
dreitägigen Belagerung erobert ward. Die letzte ver-
[Spaltenumbruch] gebliche Kraftanstrengung Spaniens, sich wieder in den
Besitz dieses verlornen Kleinods zu setzen, war die be-
rühmte langwierige Belagerung in den Jahren 1781
und 1782; der tapfere englische Gouverneur Elliot
vertheidigte es aber standhaft und machte sich dabei
durch die Zerstörung der sogenannten schwimmen-
den Batterien
berühmt. Jn dem großen spanischen
Unabhängigkeitskriege von 1808 bis 1813 war Gi-
baltar als Anhaltspunkt der brittischen Kriegsvölker
wichtig.



Herr! Sie sind ein Spitzbube.

Eine heitere Erzählung
von
Heinrich Smidt.
(Fortsetznng.)

Anton mußte nun beichten und beschwor den
Freund, nachzusinnen, ob er nicht irgend ein Mittel
wisse, wie er dennoch zum Besitz seines innig gelieb-
ten Gretchens gelange, Bernhard aber meinte, ehe er
deshalb einen Schritt thun könne, müsse er vor allen
Dingen die Bekanntschaft des Amtmanns machen; doch
meinte er, Anton solle ben Muth nicht verlieren; es
sei schon so manche Fahrt geglückt, also werde auch
diese zu Stande zu bringen sein, es müsse nothwendig
ein Mittel geben, den Amtmann zur Vernunft zu
bringen.

Am andern Morgen, als Anton den Freund bis
zum Ausgange des Waldes begleitete, sagte dieser:
"Nur gutes Muthes, ich werde wissen, was zu
thun ist; jedenfalls komme noch heute bei deinem
Oberförster um Urlaub ein; du kannst dich ja auf
deine Leute verlassen; erscheine dann entweder in der
Nähe des Amthofes, oder im Gasthofe des Fleckens,
wo ich logire, dort sollst du mehr erfahren." -

Die beiden Freunde trennten sich und Bernhard
schritt dem Amthofe zu, um die Bekanntschaft des
Amtmannes zu machen. Dieser rüstete sich indessen zu
einer großen Reise. Aus Liebe zur Bequemlichkeit
hatte er schon seit einer Reihe von Jahren den Amthof
nicht verlassen, und in der nächsten Handelsstadt die
Verkäufe seiner Waaren von einem sachverständigen und
durchaus reellen Kommissionär betreiben lassen, dieser
aber war gestorben, einem Unbekannten wollte der
ängstliche Amtmann ein solches Geschäft nicht übertra-
gen, und hatte sich daher selbst zur Reise entschlossen;
damit aber das liebe Töchterlein nicht unbeschützt zu-
rückbleibe, und in die Krallen des begehrlichen Försters
falle, beschloß er sie mitzunehmen, soviel auch Gret-
chen dagegen einzuwenden hatte. -

Obgleich es nun noch eine geraume Zeit dauerte,
bevor der große Korn= und Wollmarkt begann, so
hatte der umsichtige Amtmann doch schon Alles zur
Abreise vorbereitet, ein schwerbepackter Wagen wurde
nach dem andern abgesendet, und die Chaise, worin
der große Wollhabende selbst fahren wollte, war schon
seit acht Tagen von allen Spinngeweben gereinigt und
sorgfältig ausgebürstet, der Proviantkorb war gepackt
[Ende Spaltensatz]

75 Conversations=Blatt. 76
[Beginn Spaltensatz] Höhe desselben darbietet, weit übertroffen. Sie erstreckt
sich gegen vierzig Meilen weit nach allen Richtungen,
und in dieses zauberische, unbeschreibliche, in zwei
Ozeane und zwei Erdtheile hineinreichende Panorama
treten auf der einen Seite die nordafrikanischen Länder,
Fez und Marokko, und auf der andern die südspani-
schen Königreiche Sevilla und Granada ein.

Die Stadt, deren Hort und Burg das Felsen-
vorgebirge bildet, liegt auf der Westseite an dessen
Fuße und an der gleichnamigen Bai, und hat etwa
16,000 Einwohner und einen vortrefflichen Hafen.
Jhre ungefähr eine halbe Stunde lange Hauptstraße
zieht sich vom Palast des Statthalters nach der Bai
hinab, und gleicht in der Bauart der Häuser, in
der Einrichtung der nach Möglichkeit breiten Fuß-
wege und der eben so zahlreichen als reich aus-
gestatteten Kaufläden im Kleinen ganz einer Lon-
doner Modestraße. Der sogeannte „italienische Pa-
last,“ welcher diesen Namen führt, weil er ganz
aus italienischem Marmor gebaut worden, und
der einem der reichsten Kaufleute gehört, liegt in
dieser Straße. Mit der immer größern und schwung-
haftern Ausbreitung des Handelsverkehrs dieses wichti-
gen Freihafens, wo Europa und Afrika, vorzüglich
aber die skandinavische und pyrenäische Halbinsel ihre
Erzeugnisse tauschen und von wo aus Spanien mit
Schmugglerwaaren und verbotenen Büchern über-
schwemmt wird, mußte die Ausdehnung der Stadt
wo möglich Schritt halten; dies konnte jedoch nur
nach der Höhe geschehen, und zu den höher gelegenen
Wohnungen führen vielfältige in den Felsen gehauene
Zickzack=Pfade und Treppen. Die herrschende Farbe
des äußern Anstrichs der Häuser ist dunkelgrau, mit
weißen Streifen zur Bezeichnung der Stockwerke.
Diese Häuserfarbe wurde nothwendig, theils um das
heftige Zurückprallen der Sonnenstrahlen von den Fel-
senwänden zu mildern, theils um im Falle eines An-
griffs den deutlichen Ueberblick der Stadt zu erschweren.

Der an den Palast des Gouverneurs stoßende
schöne Garten, der einzige in Gibraltar, bildet den
Spaziergang (den Paseo, wie die Spanier sagen)
der gibraltarer schönen Welt. Am rechten Abhang des
Felsens liegen mehre angenehme Landhäuser. Das
Klima wird durch die von der Bai her wehende See-
luft gemildert und die Lage ist sehr gesund.

Der Ursprung und die Gründung von Gibraltar
verlieren sich in die Nacht dar Urzeit; man weiß nur,
daß die Phönizier und Karthager Niederlassungen auf
dieser Küste hatten. Der erste Einbruch der Mauren
in Spanien geschah um das Jahr 711 bei diesem
Vorgebirge, welches bis dahin Kalpe hieß, und nach
ihrem Feldherrn Tarik Gebel Tarik, Berg Tariks,
genannt wurde, woraus der Name Gibraltar entstand.
Jn ihrem Besitze blieb es bis um das Jahr 1302;
1303 eroberten sie es wieder, 1462 ging es aber
aufs Neue verloren. Von nun an blieb es bis 1704
im Besitze der spanischen Krone, wo es im spanischen
Erbfolgekrieg von England überfallen und nach einer
dreitägigen Belagerung erobert ward. Die letzte ver-
[Spaltenumbruch] gebliche Kraftanstrengung Spaniens, sich wieder in den
Besitz dieses verlornen Kleinods zu setzen, war die be-
rühmte langwierige Belagerung in den Jahren 1781
und 1782; der tapfere englische Gouverneur Elliot
vertheidigte es aber standhaft und machte sich dabei
durch die Zerstörung der sogenannten schwimmen-
den Batterien
berühmt. Jn dem großen spanischen
Unabhängigkeitskriege von 1808 bis 1813 war Gi-
baltar als Anhaltspunkt der brittischen Kriegsvölker
wichtig.



Herr! Sie sind ein Spitzbube.

Eine heitere Erzählung
von
Heinrich Smidt.
(Fortsetznng.)

Anton mußte nun beichten und beschwor den
Freund, nachzusinnen, ob er nicht irgend ein Mittel
wisse, wie er dennoch zum Besitz seines innig gelieb-
ten Gretchens gelange, Bernhard aber meinte, ehe er
deshalb einen Schritt thun könne, müsse er vor allen
Dingen die Bekanntschaft des Amtmanns machen; doch
meinte er, Anton solle ben Muth nicht verlieren; es
sei schon so manche Fahrt geglückt, also werde auch
diese zu Stande zu bringen sein, es müsse nothwendig
ein Mittel geben, den Amtmann zur Vernunft zu
bringen.

Am andern Morgen, als Anton den Freund bis
zum Ausgange des Waldes begleitete, sagte dieser:
„Nur gutes Muthes, ich werde wissen, was zu
thun ist; jedenfalls komme noch heute bei deinem
Oberförster um Urlaub ein; du kannst dich ja auf
deine Leute verlassen; erscheine dann entweder in der
Nähe des Amthofes, oder im Gasthofe des Fleckens,
wo ich logire, dort sollst du mehr erfahren.“ –

Die beiden Freunde trennten sich und Bernhard
schritt dem Amthofe zu, um die Bekanntschaft des
Amtmannes zu machen. Dieser rüstete sich indessen zu
einer großen Reise. Aus Liebe zur Bequemlichkeit
hatte er schon seit einer Reihe von Jahren den Amthof
nicht verlassen, und in der nächsten Handelsstadt die
Verkäufe seiner Waaren von einem sachverständigen und
durchaus reellen Kommissionär betreiben lassen, dieser
aber war gestorben, einem Unbekannten wollte der
ängstliche Amtmann ein solches Geschäft nicht übertra-
gen, und hatte sich daher selbst zur Reise entschlossen;
damit aber das liebe Töchterlein nicht unbeschützt zu-
rückbleibe, und in die Krallen des begehrlichen Försters
falle, beschloß er sie mitzunehmen, soviel auch Gret-
chen dagegen einzuwenden hatte. –

Obgleich es nun noch eine geraume Zeit dauerte,
bevor der große Korn= und Wollmarkt begann, so
hatte der umsichtige Amtmann doch schon Alles zur
Abreise vorbereitet, ein schwerbepackter Wagen wurde
nach dem andern abgesendet, und die Chaise, worin
der große Wollhabende selbst fahren wollte, war schon
seit acht Tagen von allen Spinngeweben gereinigt und
sorgfältig ausgebürstet, der Proviantkorb war gepackt
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0006"/><fw type="header" place="top">75 <hi rendition="#c">Conversations=Blatt.</hi> <hi rendition="#right">76</hi></fw><cb type="start" n="75"/>
Höhe desselben darbietet, weit übertroffen. Sie erstreckt<lb/>
sich gegen vierzig Meilen weit nach allen Richtungen,<lb/>
und in dieses zauberische, unbeschreibliche, in zwei<lb/>
Ozeane und zwei Erdtheile hineinreichende Panorama<lb/>
treten auf der einen Seite die nordafrikanischen Länder,<lb/>
Fez und Marokko, und auf der andern die südspani-<lb/>
schen Königreiche Sevilla und Granada ein.</p><lb/>
        <p>Die Stadt, deren Hort und Burg das Felsen-<lb/>
vorgebirge bildet, liegt auf der Westseite an dessen<lb/>
Fuße und an der gleichnamigen Bai, und hat etwa<lb/>
16,000 Einwohner und einen vortrefflichen Hafen.<lb/>
Jhre ungefähr eine halbe Stunde lange Hauptstraße<lb/>
zieht sich vom Palast des Statthalters nach der Bai<lb/>
hinab, und gleicht in der Bauart der Häuser, in<lb/>
der Einrichtung der nach Möglichkeit breiten Fuß-<lb/>
wege und der eben so zahlreichen als reich aus-<lb/>
gestatteten Kaufläden im Kleinen ganz einer Lon-<lb/>
doner Modestraße. Der sogeannte &#x201E;italienische Pa-<lb/>
last,&#x201C; welcher diesen Namen führt, weil er ganz<lb/>
aus italienischem Marmor gebaut worden, und<lb/>
der einem der reichsten Kaufleute gehört, liegt in<lb/>
dieser Straße. Mit der immer größern und schwung-<lb/>
haftern Ausbreitung des Handelsverkehrs dieses wichti-<lb/>
gen Freihafens, wo Europa und Afrika, vorzüglich<lb/>
aber die skandinavische und pyrenäische Halbinsel ihre<lb/>
Erzeugnisse tauschen und von wo aus Spanien mit<lb/>
Schmugglerwaaren und verbotenen Büchern über-<lb/>
schwemmt wird, mußte die Ausdehnung der Stadt<lb/>
wo möglich Schritt halten; dies konnte jedoch nur<lb/>
nach der Höhe geschehen, und zu den höher gelegenen<lb/>
Wohnungen führen vielfältige in den Felsen gehauene<lb/>
Zickzack=Pfade und Treppen. Die herrschende Farbe<lb/>
des äußern Anstrichs der Häuser ist dunkelgrau, mit<lb/>
weißen Streifen zur Bezeichnung der Stockwerke.<lb/>
Diese Häuserfarbe wurde nothwendig, theils um das<lb/>
heftige Zurückprallen der Sonnenstrahlen von den Fel-<lb/>
senwänden zu mildern, theils um im Falle eines An-<lb/>
griffs den deutlichen Ueberblick der Stadt zu erschweren.</p><lb/>
        <p>Der an den Palast des Gouverneurs stoßende<lb/>
schöne Garten, der einzige in Gibraltar, bildet den<lb/>
Spaziergang (den <hi rendition="#g">Paseo,</hi> wie die Spanier sagen)<lb/>
der gibraltarer schönen Welt. Am rechten Abhang des<lb/>
Felsens liegen mehre angenehme Landhäuser. Das<lb/>
Klima wird durch die von der Bai her wehende See-<lb/>
luft gemildert und die Lage ist sehr gesund.</p><lb/>
        <p>Der Ursprung und die Gründung von Gibraltar<lb/>
verlieren sich in die Nacht dar Urzeit; man weiß nur,<lb/>
daß die Phönizier und Karthager Niederlassungen auf<lb/>
dieser Küste hatten. Der erste Einbruch der Mauren<lb/>
in Spanien geschah um das Jahr 711 bei diesem<lb/>
Vorgebirge, welches bis dahin <hi rendition="#g">Kalpe</hi> hieß, und nach<lb/>
ihrem Feldherrn Tarik <hi rendition="#g">Gebel Tarik,</hi> Berg Tariks,<lb/>
genannt wurde, woraus der Name Gibraltar entstand.<lb/>
Jn ihrem Besitze blieb es bis um das Jahr 1302;<lb/>
1303 eroberten sie es wieder, 1462 ging es aber<lb/>
aufs Neue verloren. Von nun an blieb es bis 1704<lb/>
im Besitze der spanischen Krone, wo es im spanischen<lb/>
Erbfolgekrieg von England überfallen und nach einer<lb/>
dreitägigen Belagerung erobert ward. Die letzte ver-<lb/><cb n="76"/>
gebliche Kraftanstrengung Spaniens, sich wieder in den<lb/>
Besitz dieses verlornen Kleinods zu setzen, war die be-<lb/>
rühmte langwierige Belagerung in den Jahren 1781<lb/>
und 1782; der tapfere englische Gouverneur Elliot<lb/>
vertheidigte es aber standhaft und machte sich dabei<lb/>
durch die Zerstörung der sogenannten <hi rendition="#g">schwimmen-<lb/>
den Batterien</hi> berühmt. Jn dem großen spanischen<lb/>
Unabhängigkeitskriege von 1808 bis 1813 war Gi-<lb/>
baltar als Anhaltspunkt der brittischen Kriegsvölker<lb/>
wichtig.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div xml:id="Bube2" type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Herr! Sie sind ein Spitzbube.</hi> </head><lb/>
        <argument>
          <p> <hi rendition="#c"> Eine heitere Erzählung<lb/>
von<lb/><hi rendition="#g">Heinrich Smidt.</hi><lb/><ref target="nn_conversationsblatt04_1836#Bube1">(Fortsetznng.)</ref></hi> </p>
        </argument><lb/>
        <p>Anton mußte nun beichten und beschwor den<lb/>
Freund, nachzusinnen, ob er nicht irgend ein Mittel<lb/>
wisse, wie er dennoch zum Besitz seines innig gelieb-<lb/>
ten Gretchens gelange, Bernhard aber meinte, ehe er<lb/>
deshalb einen Schritt thun könne, müsse er vor allen<lb/>
Dingen die Bekanntschaft des Amtmanns machen; doch<lb/>
meinte er, Anton solle ben Muth nicht verlieren; es<lb/>
sei schon so manche Fahrt geglückt, also werde auch<lb/>
diese zu Stande zu bringen sein, es müsse nothwendig<lb/>
ein Mittel geben, den Amtmann zur Vernunft zu<lb/>
bringen.</p><lb/>
        <p>Am andern Morgen, als Anton den Freund bis<lb/>
zum Ausgange des Waldes begleitete, sagte dieser:<lb/>
&#x201E;Nur gutes Muthes, ich werde wissen, was zu<lb/>
thun ist; jedenfalls komme noch heute bei deinem<lb/>
Oberförster um Urlaub ein; du kannst dich ja auf<lb/>
deine Leute verlassen; erscheine dann entweder in der<lb/>
Nähe des Amthofes, oder im Gasthofe des Fleckens,<lb/>
wo ich logire, dort sollst du mehr erfahren.&#x201C; &#x2013;</p><lb/>
        <p>Die beiden Freunde trennten sich und Bernhard<lb/>
schritt dem Amthofe zu, um die Bekanntschaft des<lb/>
Amtmannes zu machen. Dieser rüstete sich indessen zu<lb/>
einer großen Reise. Aus Liebe zur Bequemlichkeit<lb/>
hatte er schon seit einer Reihe von Jahren den Amthof<lb/>
nicht verlassen, und in der nächsten Handelsstadt die<lb/>
Verkäufe seiner Waaren von einem sachverständigen und<lb/>
durchaus reellen Kommissionär betreiben lassen, dieser<lb/>
aber war gestorben, einem Unbekannten wollte der<lb/>
ängstliche Amtmann ein solches Geschäft nicht übertra-<lb/>
gen, und hatte sich daher selbst zur Reise entschlossen;<lb/>
damit aber das liebe Töchterlein nicht unbeschützt zu-<lb/>
rückbleibe, und in die Krallen des begehrlichen Försters<lb/>
falle, beschloß er sie mitzunehmen, soviel auch Gret-<lb/>
chen dagegen einzuwenden hatte. &#x2013;</p><lb/>
        <p>Obgleich es nun noch eine geraume Zeit dauerte,<lb/>
bevor der große Korn= und Wollmarkt begann, so<lb/>
hatte der umsichtige Amtmann doch schon Alles zur<lb/>
Abreise vorbereitet, ein schwerbepackter Wagen wurde<lb/>
nach dem andern abgesendet, und die Chaise, worin<lb/>
der große Wollhabende selbst fahren wollte, war schon<lb/>
seit acht Tagen von allen Spinngeweben gereinigt und<lb/>
sorgfältig ausgebürstet, der Proviantkorb war gepackt<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0006] 75 Conversations=Blatt. 76 Höhe desselben darbietet, weit übertroffen. Sie erstreckt sich gegen vierzig Meilen weit nach allen Richtungen, und in dieses zauberische, unbeschreibliche, in zwei Ozeane und zwei Erdtheile hineinreichende Panorama treten auf der einen Seite die nordafrikanischen Länder, Fez und Marokko, und auf der andern die südspani- schen Königreiche Sevilla und Granada ein. Die Stadt, deren Hort und Burg das Felsen- vorgebirge bildet, liegt auf der Westseite an dessen Fuße und an der gleichnamigen Bai, und hat etwa 16,000 Einwohner und einen vortrefflichen Hafen. Jhre ungefähr eine halbe Stunde lange Hauptstraße zieht sich vom Palast des Statthalters nach der Bai hinab, und gleicht in der Bauart der Häuser, in der Einrichtung der nach Möglichkeit breiten Fuß- wege und der eben so zahlreichen als reich aus- gestatteten Kaufläden im Kleinen ganz einer Lon- doner Modestraße. Der sogeannte „italienische Pa- last,“ welcher diesen Namen führt, weil er ganz aus italienischem Marmor gebaut worden, und der einem der reichsten Kaufleute gehört, liegt in dieser Straße. Mit der immer größern und schwung- haftern Ausbreitung des Handelsverkehrs dieses wichti- gen Freihafens, wo Europa und Afrika, vorzüglich aber die skandinavische und pyrenäische Halbinsel ihre Erzeugnisse tauschen und von wo aus Spanien mit Schmugglerwaaren und verbotenen Büchern über- schwemmt wird, mußte die Ausdehnung der Stadt wo möglich Schritt halten; dies konnte jedoch nur nach der Höhe geschehen, und zu den höher gelegenen Wohnungen führen vielfältige in den Felsen gehauene Zickzack=Pfade und Treppen. Die herrschende Farbe des äußern Anstrichs der Häuser ist dunkelgrau, mit weißen Streifen zur Bezeichnung der Stockwerke. Diese Häuserfarbe wurde nothwendig, theils um das heftige Zurückprallen der Sonnenstrahlen von den Fel- senwänden zu mildern, theils um im Falle eines An- griffs den deutlichen Ueberblick der Stadt zu erschweren. Der an den Palast des Gouverneurs stoßende schöne Garten, der einzige in Gibraltar, bildet den Spaziergang (den Paseo, wie die Spanier sagen) der gibraltarer schönen Welt. Am rechten Abhang des Felsens liegen mehre angenehme Landhäuser. Das Klima wird durch die von der Bai her wehende See- luft gemildert und die Lage ist sehr gesund. Der Ursprung und die Gründung von Gibraltar verlieren sich in die Nacht dar Urzeit; man weiß nur, daß die Phönizier und Karthager Niederlassungen auf dieser Küste hatten. Der erste Einbruch der Mauren in Spanien geschah um das Jahr 711 bei diesem Vorgebirge, welches bis dahin Kalpe hieß, und nach ihrem Feldherrn Tarik Gebel Tarik, Berg Tariks, genannt wurde, woraus der Name Gibraltar entstand. Jn ihrem Besitze blieb es bis um das Jahr 1302; 1303 eroberten sie es wieder, 1462 ging es aber aufs Neue verloren. Von nun an blieb es bis 1704 im Besitze der spanischen Krone, wo es im spanischen Erbfolgekrieg von England überfallen und nach einer dreitägigen Belagerung erobert ward. Die letzte ver- gebliche Kraftanstrengung Spaniens, sich wieder in den Besitz dieses verlornen Kleinods zu setzen, war die be- rühmte langwierige Belagerung in den Jahren 1781 und 1782; der tapfere englische Gouverneur Elliot vertheidigte es aber standhaft und machte sich dabei durch die Zerstörung der sogenannten schwimmen- den Batterien berühmt. Jn dem großen spanischen Unabhängigkeitskriege von 1808 bis 1813 war Gi- baltar als Anhaltspunkt der brittischen Kriegsvölker wichtig. Herr! Sie sind ein Spitzbube. Eine heitere Erzählung von Heinrich Smidt. (Fortsetznng.) Anton mußte nun beichten und beschwor den Freund, nachzusinnen, ob er nicht irgend ein Mittel wisse, wie er dennoch zum Besitz seines innig gelieb- ten Gretchens gelange, Bernhard aber meinte, ehe er deshalb einen Schritt thun könne, müsse er vor allen Dingen die Bekanntschaft des Amtmanns machen; doch meinte er, Anton solle ben Muth nicht verlieren; es sei schon so manche Fahrt geglückt, also werde auch diese zu Stande zu bringen sein, es müsse nothwendig ein Mittel geben, den Amtmann zur Vernunft zu bringen. Am andern Morgen, als Anton den Freund bis zum Ausgange des Waldes begleitete, sagte dieser: „Nur gutes Muthes, ich werde wissen, was zu thun ist; jedenfalls komme noch heute bei deinem Oberförster um Urlaub ein; du kannst dich ja auf deine Leute verlassen; erscheine dann entweder in der Nähe des Amthofes, oder im Gasthofe des Fleckens, wo ich logire, dort sollst du mehr erfahren.“ – Die beiden Freunde trennten sich und Bernhard schritt dem Amthofe zu, um die Bekanntschaft des Amtmannes zu machen. Dieser rüstete sich indessen zu einer großen Reise. Aus Liebe zur Bequemlichkeit hatte er schon seit einer Reihe von Jahren den Amthof nicht verlassen, und in der nächsten Handelsstadt die Verkäufe seiner Waaren von einem sachverständigen und durchaus reellen Kommissionär betreiben lassen, dieser aber war gestorben, einem Unbekannten wollte der ängstliche Amtmann ein solches Geschäft nicht übertra- gen, und hatte sich daher selbst zur Reise entschlossen; damit aber das liebe Töchterlein nicht unbeschützt zu- rückbleibe, und in die Krallen des begehrlichen Försters falle, beschloß er sie mitzunehmen, soviel auch Gret- chen dagegen einzuwenden hatte. – Obgleich es nun noch eine geraume Zeit dauerte, bevor der große Korn= und Wollmarkt begann, so hatte der umsichtige Amtmann doch schon Alles zur Abreise vorbereitet, ein schwerbepackter Wagen wurde nach dem andern abgesendet, und die Chaise, worin der große Wollhabende selbst fahren wollte, war schon seit acht Tagen von allen Spinngeweben gereinigt und sorgfältig ausgebürstet, der Proviantkorb war gepackt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt05_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt05_1836/6
Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 5. Burg/Berlin, 1836, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt05_1836/6>, abgerufen am 21.11.2024.