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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 2. Freiburg im Breisgau, 1854.

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Periode der 1. Restauration dauerte jedoch kaum ein volles Jahr; F. behielt zwar die Gränzen vom 1. Jan. 1792, erhielt seine meisten Colonien zurück, Ludwig XVIII. erließ die Charte, eine der engl. nachgebildete, aber noch freisinnigere Verfassung, die Verbündeten verlangten nicht einmal eine Contribution, aber es kränkte die Franzosen, daß die Bourbonen durch fremde Waffen eingesetzt waren, sie wollten nicht daran glauben, daß sie besiegt seien, endlich erfüllte das Benehmen der 1814 zurückgekehrten Royalisten mit Ekel u. Furcht. Als Napoleon am 1. März 1815 von Elba zurückkehrend bei Frejus landete, erklärten sich zuerst einige Abtheilungen Militär für ihn, von den größern Städten zuerst Grenoble, Lyon folgte diesem Beispiele und als bei Melun Ney mit seinem Corps überging, mußte Ludwig XVIII. Paris und F. verlassen, obwohl die Masse der Nation die Rückkehr Napoleons nicht gewünscht hatte. Dieser brachte nun dem constitutionellen Principe einige unfreiwillige Opfer, sah sich aber, als er bei Waterloo die Armee verloren hatte, von der Nation verlassen u. wurde von den Kammern gewissermaßen zur Abdankung gezwungen. Ludwig XVIII. regierte nun bis zu seinem Tode (16. Septbr. 1821) als constitutioneller König, indem er sein Ministerium in der Regel aus gemäßigten Royalisten bildete; das Land beruhigte sich, 1817 und 18 wurden die fremden Truppen zurückgezogen, die Contributionen gemindert, das Heer wurde allmälig wieder auf einen Achtung gebietenden Fuß gesetzt u. der Credit des Staats aufrecht erhalten. Die Ermordung des Herzogs von Berri (1820), des Stammhalters der älteren Linie der Bourbonen, erschütterte diesen Gang der Regierung; das Ministerium Villele setzte es durch, daß die Wahlkammer erst nach 7 Jahren wieder zu erneuern sei, nachdem schon unter dem Ministerium Richelieu der große Grundbesitz durch eine Aenderung des Wahlgesetzes begünstigt worden war; es gelang sogar, die span. Cortesregierung durch bewaffnete Intervention zu stürzen und das Heer mit den Bourbons näher zu befreunden. Unter Karl X., Ludwigs XVIII. Bruder, wurde den Emigranten eine Milliarde Entschädigung bewilligt, ein Act der Gerechtigkeit, der vielfachen Anstoß erregte, sowie die Verschärfung des Sacrilegiengesetzes die Feinde der Kirche erbitterte. Ein Gesetz, welches bei Erbschaften einen Vorzug der Erstgeburt begründen wollte, fiel in der Pairskammer durch, die Aufhebung der Pariser Nationalgarde, welche sich polit. Demonstrationen erlaubt hatte, machte abermals böses Blut und 1828 fielen die Wahlen so entschieden oppositionell aus, daß Villele dem Ministerium Martignac, aus constitutionell-monarchischen Elementen zusammengesetzt, Platz machte. Dasselbe sicherte die Preßfreiheit durch ein Preßgesetz, erneuerte das unter Ludwig XV. erlassene Gesetz gegen die Jesuiten, richtete gegen die Institute derselben sehr feindliche Maßregeln (gegen die Secondärschulen), schlug die Schlacht von Navarin mit u. befreite Griechenland durch die Expedition nach Morea. Dagegen konnte es ein Gesetz über eine Departemental- und Municipalorganisation nicht durchbringen, war überhaupt weder dem Hofe noch dem Volke werth und wurde 8. August 1829 entlassen. Das neu ernannte Ministerium Polignac war aber ein folgenschwerer Mißgriff des Königs, denn Polignac war als Verschwörer gegen Napoleon im Dienste Englands der Nation denuncirt, der Kriegsminister, General Bourmont, als Ueberläufer vor der Schlacht von Waterloo, Labourdonaye, der Minister des Innern, als blutgieriger Reactionsmann. Gewiß hatte der König Recht, wenn er glaubte, daß eine große Partei gegen sein Haus agitire, denn Dichter (Beranger etc.), Advocaten, Schriftsteller und Publicisten arbeiteten in großer Anzahl und zu geheimen Gesellschaften organisirt gegen den König, sie leiteten die Stimmung der Bourgeoisie Schritt für Schritt bis zum Hasse gegen den Hof, der sie durch die Civilliste, das Ceremoniel etc. ärgerte, während ihr zugleich die Pairie ein Greuel war, allein mit Namen, wie die der königl. Minister, war in dem nun ausbrechenden Kampfe nicht zu siegen. Die Deputirtenkammer

Periode der 1. Restauration dauerte jedoch kaum ein volles Jahr; F. behielt zwar die Gränzen vom 1. Jan. 1792, erhielt seine meisten Colonien zurück, Ludwig XVIII. erließ die Charte, eine der engl. nachgebildete, aber noch freisinnigere Verfassung, die Verbündeten verlangten nicht einmal eine Contribution, aber es kränkte die Franzosen, daß die Bourbonen durch fremde Waffen eingesetzt waren, sie wollten nicht daran glauben, daß sie besiegt seien, endlich erfüllte das Benehmen der 1814 zurückgekehrten Royalisten mit Ekel u. Furcht. Als Napoleon am 1. März 1815 von Elba zurückkehrend bei Frejus landete, erklärten sich zuerst einige Abtheilungen Militär für ihn, von den größern Städten zuerst Grenoble, Lyon folgte diesem Beispiele und als bei Melun Ney mit seinem Corps überging, mußte Ludwig XVIII. Paris und F. verlassen, obwohl die Masse der Nation die Rückkehr Napoleons nicht gewünscht hatte. Dieser brachte nun dem constitutionellen Principe einige unfreiwillige Opfer, sah sich aber, als er bei Waterloo die Armee verloren hatte, von der Nation verlassen u. wurde von den Kammern gewissermaßen zur Abdankung gezwungen. Ludwig XVIII. regierte nun bis zu seinem Tode (16. Septbr. 1821) als constitutioneller König, indem er sein Ministerium in der Regel aus gemäßigten Royalisten bildete; das Land beruhigte sich, 1817 und 18 wurden die fremden Truppen zurückgezogen, die Contributionen gemindert, das Heer wurde allmälig wieder auf einen Achtung gebietenden Fuß gesetzt u. der Credit des Staats aufrecht erhalten. Die Ermordung des Herzogs von Berri (1820), des Stammhalters der älteren Linie der Bourbonen, erschütterte diesen Gang der Regierung; das Ministerium Villèle setzte es durch, daß die Wahlkammer erst nach 7 Jahren wieder zu erneuern sei, nachdem schon unter dem Ministerium Richelieu der große Grundbesitz durch eine Aenderung des Wahlgesetzes begünstigt worden war; es gelang sogar, die span. Cortesregierung durch bewaffnete Intervention zu stürzen und das Heer mit den Bourbons näher zu befreunden. Unter Karl X., Ludwigs XVIII. Bruder, wurde den Emigranten eine Milliarde Entschädigung bewilligt, ein Act der Gerechtigkeit, der vielfachen Anstoß erregte, sowie die Verschärfung des Sacrilegiengesetzes die Feinde der Kirche erbitterte. Ein Gesetz, welches bei Erbschaften einen Vorzug der Erstgeburt begründen wollte, fiel in der Pairskammer durch, die Aufhebung der Pariser Nationalgarde, welche sich polit. Demonstrationen erlaubt hatte, machte abermals böses Blut und 1828 fielen die Wahlen so entschieden oppositionell aus, daß Villèle dem Ministerium Martignac, aus constitutionell-monarchischen Elementen zusammengesetzt, Platz machte. Dasselbe sicherte die Preßfreiheit durch ein Preßgesetz, erneuerte das unter Ludwig XV. erlassene Gesetz gegen die Jesuiten, richtete gegen die Institute derselben sehr feindliche Maßregeln (gegen die Secondärschulen), schlug die Schlacht von Navarin mit u. befreite Griechenland durch die Expedition nach Morea. Dagegen konnte es ein Gesetz über eine Departemental- und Municipalorganisation nicht durchbringen, war überhaupt weder dem Hofe noch dem Volke werth und wurde 8. August 1829 entlassen. Das neu ernannte Ministerium Polignac war aber ein folgenschwerer Mißgriff des Königs, denn Polignac war als Verschwörer gegen Napoleon im Dienste Englands der Nation denuncirt, der Kriegsminister, General Bourmont, als Ueberläufer vor der Schlacht von Waterloo, Labourdonaye, der Minister des Innern, als blutgieriger Reactionsmann. Gewiß hatte der König Recht, wenn er glaubte, daß eine große Partei gegen sein Haus agitire, denn Dichter (Beranger etc.), Advocaten, Schriftsteller und Publicisten arbeiteten in großer Anzahl und zu geheimen Gesellschaften organisirt gegen den König, sie leiteten die Stimmung der Bourgeoisie Schritt für Schritt bis zum Hasse gegen den Hof, der sie durch die Civilliste, das Ceremoniel etc. ärgerte, während ihr zugleich die Pairie ein Greuel war, allein mit Namen, wie die der königl. Minister, war in dem nun ausbrechenden Kampfe nicht zu siegen. Die Deputirtenkammer

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[769/0770] Periode der 1. Restauration dauerte jedoch kaum ein volles Jahr; F. behielt zwar die Gränzen vom 1. Jan. 1792, erhielt seine meisten Colonien zurück, Ludwig XVIII. erließ die Charte, eine der engl. nachgebildete, aber noch freisinnigere Verfassung, die Verbündeten verlangten nicht einmal eine Contribution, aber es kränkte die Franzosen, daß die Bourbonen durch fremde Waffen eingesetzt waren, sie wollten nicht daran glauben, daß sie besiegt seien, endlich erfüllte das Benehmen der 1814 zurückgekehrten Royalisten mit Ekel u. Furcht. Als Napoleon am 1. März 1815 von Elba zurückkehrend bei Frejus landete, erklärten sich zuerst einige Abtheilungen Militär für ihn, von den größern Städten zuerst Grenoble, Lyon folgte diesem Beispiele und als bei Melun Ney mit seinem Corps überging, mußte Ludwig XVIII. Paris und F. verlassen, obwohl die Masse der Nation die Rückkehr Napoleons nicht gewünscht hatte. Dieser brachte nun dem constitutionellen Principe einige unfreiwillige Opfer, sah sich aber, als er bei Waterloo die Armee verloren hatte, von der Nation verlassen u. wurde von den Kammern gewissermaßen zur Abdankung gezwungen. Ludwig XVIII. regierte nun bis zu seinem Tode (16. Septbr. 1821) als constitutioneller König, indem er sein Ministerium in der Regel aus gemäßigten Royalisten bildete; das Land beruhigte sich, 1817 und 18 wurden die fremden Truppen zurückgezogen, die Contributionen gemindert, das Heer wurde allmälig wieder auf einen Achtung gebietenden Fuß gesetzt u. der Credit des Staats aufrecht erhalten. Die Ermordung des Herzogs von Berri (1820), des Stammhalters der älteren Linie der Bourbonen, erschütterte diesen Gang der Regierung; das Ministerium Villèle setzte es durch, daß die Wahlkammer erst nach 7 Jahren wieder zu erneuern sei, nachdem schon unter dem Ministerium Richelieu der große Grundbesitz durch eine Aenderung des Wahlgesetzes begünstigt worden war; es gelang sogar, die span. Cortesregierung durch bewaffnete Intervention zu stürzen und das Heer mit den Bourbons näher zu befreunden. Unter Karl X., Ludwigs XVIII. Bruder, wurde den Emigranten eine Milliarde Entschädigung bewilligt, ein Act der Gerechtigkeit, der vielfachen Anstoß erregte, sowie die Verschärfung des Sacrilegiengesetzes die Feinde der Kirche erbitterte. Ein Gesetz, welches bei Erbschaften einen Vorzug der Erstgeburt begründen wollte, fiel in der Pairskammer durch, die Aufhebung der Pariser Nationalgarde, welche sich polit. Demonstrationen erlaubt hatte, machte abermals böses Blut und 1828 fielen die Wahlen so entschieden oppositionell aus, daß Villèle dem Ministerium Martignac, aus constitutionell-monarchischen Elementen zusammengesetzt, Platz machte. Dasselbe sicherte die Preßfreiheit durch ein Preßgesetz, erneuerte das unter Ludwig XV. erlassene Gesetz gegen die Jesuiten, richtete gegen die Institute derselben sehr feindliche Maßregeln (gegen die Secondärschulen), schlug die Schlacht von Navarin mit u. befreite Griechenland durch die Expedition nach Morea. Dagegen konnte es ein Gesetz über eine Departemental- und Municipalorganisation nicht durchbringen, war überhaupt weder dem Hofe noch dem Volke werth und wurde 8. August 1829 entlassen. Das neu ernannte Ministerium Polignac war aber ein folgenschwerer Mißgriff des Königs, denn Polignac war als Verschwörer gegen Napoleon im Dienste Englands der Nation denuncirt, der Kriegsminister, General Bourmont, als Ueberläufer vor der Schlacht von Waterloo, Labourdonaye, der Minister des Innern, als blutgieriger Reactionsmann. Gewiß hatte der König Recht, wenn er glaubte, daß eine große Partei gegen sein Haus agitire, denn Dichter (Beranger etc.), Advocaten, Schriftsteller und Publicisten arbeiteten in großer Anzahl und zu geheimen Gesellschaften organisirt gegen den König, sie leiteten die Stimmung der Bourgeoisie Schritt für Schritt bis zum Hasse gegen den Hof, der sie durch die Civilliste, das Ceremoniel etc. ärgerte, während ihr zugleich die Pairie ein Greuel war, allein mit Namen, wie die der königl. Minister, war in dem nun ausbrechenden Kampfe nicht zu siegen. Die Deputirtenkammer

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 2. Freiburg im Breisgau, 1854, S. 769. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon02_1854/770>, abgerufen am 27.11.2024.