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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.

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zuletzt (1460) der Peloponnes, wo die Venetianer 1491 auch ihre Küstenfestungen einbüßten. Die osman. Herrschaft war unter den ersten kräftigen Sultanen für die Griechen nicht besonders drückend, weniger sogar als die der herabgekommenen Byzantiner u. der latein. Feudalherren. Die Ausübung der christl. Religion wurde nicht gestört, die Geistlichkeit erhielt sogar eine angesehene Stellung, viele Städte u. Inseln durften sich beinahe ganz frei regieren; daneben bestand allerdings die Kopfsteuer, die Unterhaltung der militär. Lehen, die verschiedenen Zölle, und es fehlte jedenfalls auch nicht an einzelnen Gewaltthaten. Erst mit dem Verfall der Pforte begann jenes Bedrückungssystem gegen die christl. Bevölkerung des Reichs, welches dieselbe zwang, die Befreiung von dem türk. Joche zu wünschen und ihre Blicke auswärts nach einer christl. Macht zu richten. Als die Venetianer 1684 ganz Morea, Attika und Böotien eroberten, fanden sie bei den Griechen selbst nicht die geringste Unterstützung und ebenso wenig als sie ihre Eroberungen 1716 wieder an die Türken verloren. Erst die russ. Siege unter Münich und Suwarow lenkten die Hoffnungen der Griechen auf Rußland als diejenige Macht, welche als der griech. Kirche angehörig, von der Vorsehung berufen sei, den Halbmond aus Europa zu verdrängen. Katharina II. machte kein Hehl daraus, daß sie es als Aufgabe der russ. Politik betrachte, den Bosporus u. Hellespont zu den südl. Thoren Rußlands zu machen und leitete nicht nur mit den Griechen in den Donauländern, sondern selbst auf Morea und den Inseln Verständnisse ein. Sie schickte 1764 eine Flotte unter Orlow in den Archipel u. als diese einige Tausend Russen auf Morea landeten, erfolgte 1770 ein Aufstand, der sich bis über Athen hinaus verbreitete, aber zum Verderben der Griechen ausschlug. Die wenigen Russen konnten der türk. Uebermacht nicht widerstehen, verkauften aber ihr Leben theuer, die griech. Haufen dagegen liefen auseinander und zerstreuten sich in ihre heimathlichen Thäler und Berge. Die Albanesen, welche die Pforte gegen die Aufständischen aufgeboten hatte, verwüsteten nun Morea 5 Jahre lang auf eine grauenvolle Weise u. mußten von Hassan Pascha mit Waffengewalt gezwungen werden, von der Ausmordung Moreas, das sie zu ihrem Wohnsitze bestimmt hatten, abzulassen. Die Angriffe Rußlands, die consequent von Zeit zu Zeit in klug gewählten Augenblicken unternommen wurden, steigerten die Schwäche der Pforte mehr u. mehr u. in gleichem Maße gewann die Willkür der Paschas weiteren Spielraum und mehrte sich in Folge davon die Bedrückung der christl. Bevölkerung. Rußland verlor Morea u. die Inselgriechen nie aus den Augen u. wirkte im Frieden von Jassy 1792 denselben die Begünstigung aus, daß sie unter russ. Flagge freie Schiffahrt haben sollten. Der lange Krieg gegen die Republik u. das Kaiserreich der Franzosen trug wesentlich zum Aufschwung der griech. Handelsmarine bei, indem dieselbe je nach den Zeitumständen unter russ. od. türk. Flagge segelte u. sich beinahe der ganzen Rhederei für den levantinischen Handel bemächtigte, so daß 1815 die Inselgriechen bereits 600 Kauffahrer besaßen, welche zum Schutze gegen die Seeräuber mit Bewilligung des Sultans Kanonen führen durften. Diese Seemacht war die Hoffnung u. Stütze des Aufstandes, der seit 1815 vorbereitet wurde. Ein anderes Element waren die Mainoten, die kriegerischen Bewohner der lakonischen Gebirge, die Sulioten im Gebirge von Aetolien, die christl. Albanesen, die Klephtenhäuptlinge (Anführer bewaffneter Banden, die den Pascha's Trotz boten, oft auch in deren Solde dienten) in den verschiedenen Gegenden des Landes. Napoleon hatte als Herr von Dalmatien u. der jonischen Inseln Verbindungen in G. angeknüpft u. nach seinem Sturze erwarteten die Griechen von dem christl. Europa, das um jene Zeit die Gebote der christl. Religion als das für die Zukunft leitende Prinzip der Politik erklärte, sichere Hilfe, wenn sie das unterdrückte Kreuz gegen den Halbmond erheben würden. Die Vorbereitungen zum Aufstand leitete die Hetärie, eine geheime Gesellschaft, 1814 von dem

zuletzt (1460) der Peloponnes, wo die Venetianer 1491 auch ihre Küstenfestungen einbüßten. Die osman. Herrschaft war unter den ersten kräftigen Sultanen für die Griechen nicht besonders drückend, weniger sogar als die der herabgekommenen Byzantiner u. der latein. Feudalherren. Die Ausübung der christl. Religion wurde nicht gestört, die Geistlichkeit erhielt sogar eine angesehene Stellung, viele Städte u. Inseln durften sich beinahe ganz frei regieren; daneben bestand allerdings die Kopfsteuer, die Unterhaltung der militär. Lehen, die verschiedenen Zölle, und es fehlte jedenfalls auch nicht an einzelnen Gewaltthaten. Erst mit dem Verfall der Pforte begann jenes Bedrückungssystem gegen die christl. Bevölkerung des Reichs, welches dieselbe zwang, die Befreiung von dem türk. Joche zu wünschen und ihre Blicke auswärts nach einer christl. Macht zu richten. Als die Venetianer 1684 ganz Morea, Attika und Böotien eroberten, fanden sie bei den Griechen selbst nicht die geringste Unterstützung und ebenso wenig als sie ihre Eroberungen 1716 wieder an die Türken verloren. Erst die russ. Siege unter Münich und Suwarow lenkten die Hoffnungen der Griechen auf Rußland als diejenige Macht, welche als der griech. Kirche angehörig, von der Vorsehung berufen sei, den Halbmond aus Europa zu verdrängen. Katharina II. machte kein Hehl daraus, daß sie es als Aufgabe der russ. Politik betrachte, den Bosporus u. Hellespont zu den südl. Thoren Rußlands zu machen und leitete nicht nur mit den Griechen in den Donauländern, sondern selbst auf Morea und den Inseln Verständnisse ein. Sie schickte 1764 eine Flotte unter Orlow in den Archipel u. als diese einige Tausend Russen auf Morea landeten, erfolgte 1770 ein Aufstand, der sich bis über Athen hinaus verbreitete, aber zum Verderben der Griechen ausschlug. Die wenigen Russen konnten der türk. Uebermacht nicht widerstehen, verkauften aber ihr Leben theuer, die griech. Haufen dagegen liefen auseinander und zerstreuten sich in ihre heimathlichen Thäler und Berge. Die Albanesen, welche die Pforte gegen die Aufständischen aufgeboten hatte, verwüsteten nun Morea 5 Jahre lang auf eine grauenvolle Weise u. mußten von Hassan Pascha mit Waffengewalt gezwungen werden, von der Ausmordung Moreas, das sie zu ihrem Wohnsitze bestimmt hatten, abzulassen. Die Angriffe Rußlands, die consequent von Zeit zu Zeit in klug gewählten Augenblicken unternommen wurden, steigerten die Schwäche der Pforte mehr u. mehr u. in gleichem Maße gewann die Willkür der Paschas weiteren Spielraum und mehrte sich in Folge davon die Bedrückung der christl. Bevölkerung. Rußland verlor Morea u. die Inselgriechen nie aus den Augen u. wirkte im Frieden von Jassy 1792 denselben die Begünstigung aus, daß sie unter russ. Flagge freie Schiffahrt haben sollten. Der lange Krieg gegen die Republik u. das Kaiserreich der Franzosen trug wesentlich zum Aufschwung der griech. Handelsmarine bei, indem dieselbe je nach den Zeitumständen unter russ. od. türk. Flagge segelte u. sich beinahe der ganzen Rhederei für den levantinischen Handel bemächtigte, so daß 1815 die Inselgriechen bereits 600 Kauffahrer besaßen, welche zum Schutze gegen die Seeräuber mit Bewilligung des Sultans Kanonen führen durften. Diese Seemacht war die Hoffnung u. Stütze des Aufstandes, der seit 1815 vorbereitet wurde. Ein anderes Element waren die Mainoten, die kriegerischen Bewohner der lakonischen Gebirge, die Sulioten im Gebirge von Aetolien, die christl. Albanesen, die Klephtenhäuptlinge (Anführer bewaffneter Banden, die den Paschaʼs Trotz boten, oft auch in deren Solde dienten) in den verschiedenen Gegenden des Landes. Napoleon hatte als Herr von Dalmatien u. der jonischen Inseln Verbindungen in G. angeknüpft u. nach seinem Sturze erwarteten die Griechen von dem christl. Europa, das um jene Zeit die Gebote der christl. Religion als das für die Zukunft leitende Prinzip der Politik erklärte, sichere Hilfe, wenn sie das unterdrückte Kreuz gegen den Halbmond erheben würden. Die Vorbereitungen zum Aufstand leitete die Hetärie, eine geheime Gesellschaft, 1814 von dem

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[145/0146] zuletzt (1460) der Peloponnes, wo die Venetianer 1491 auch ihre Küstenfestungen einbüßten. Die osman. Herrschaft war unter den ersten kräftigen Sultanen für die Griechen nicht besonders drückend, weniger sogar als die der herabgekommenen Byzantiner u. der latein. Feudalherren. Die Ausübung der christl. Religion wurde nicht gestört, die Geistlichkeit erhielt sogar eine angesehene Stellung, viele Städte u. Inseln durften sich beinahe ganz frei regieren; daneben bestand allerdings die Kopfsteuer, die Unterhaltung der militär. Lehen, die verschiedenen Zölle, und es fehlte jedenfalls auch nicht an einzelnen Gewaltthaten. Erst mit dem Verfall der Pforte begann jenes Bedrückungssystem gegen die christl. Bevölkerung des Reichs, welches dieselbe zwang, die Befreiung von dem türk. Joche zu wünschen und ihre Blicke auswärts nach einer christl. Macht zu richten. Als die Venetianer 1684 ganz Morea, Attika und Böotien eroberten, fanden sie bei den Griechen selbst nicht die geringste Unterstützung und ebenso wenig als sie ihre Eroberungen 1716 wieder an die Türken verloren. Erst die russ. Siege unter Münich und Suwarow lenkten die Hoffnungen der Griechen auf Rußland als diejenige Macht, welche als der griech. Kirche angehörig, von der Vorsehung berufen sei, den Halbmond aus Europa zu verdrängen. Katharina II. machte kein Hehl daraus, daß sie es als Aufgabe der russ. Politik betrachte, den Bosporus u. Hellespont zu den südl. Thoren Rußlands zu machen und leitete nicht nur mit den Griechen in den Donauländern, sondern selbst auf Morea und den Inseln Verständnisse ein. Sie schickte 1764 eine Flotte unter Orlow in den Archipel u. als diese einige Tausend Russen auf Morea landeten, erfolgte 1770 ein Aufstand, der sich bis über Athen hinaus verbreitete, aber zum Verderben der Griechen ausschlug. Die wenigen Russen konnten der türk. Uebermacht nicht widerstehen, verkauften aber ihr Leben theuer, die griech. Haufen dagegen liefen auseinander und zerstreuten sich in ihre heimathlichen Thäler und Berge. Die Albanesen, welche die Pforte gegen die Aufständischen aufgeboten hatte, verwüsteten nun Morea 5 Jahre lang auf eine grauenvolle Weise u. mußten von Hassan Pascha mit Waffengewalt gezwungen werden, von der Ausmordung Moreas, das sie zu ihrem Wohnsitze bestimmt hatten, abzulassen. Die Angriffe Rußlands, die consequent von Zeit zu Zeit in klug gewählten Augenblicken unternommen wurden, steigerten die Schwäche der Pforte mehr u. mehr u. in gleichem Maße gewann die Willkür der Paschas weiteren Spielraum und mehrte sich in Folge davon die Bedrückung der christl. Bevölkerung. Rußland verlor Morea u. die Inselgriechen nie aus den Augen u. wirkte im Frieden von Jassy 1792 denselben die Begünstigung aus, daß sie unter russ. Flagge freie Schiffahrt haben sollten. Der lange Krieg gegen die Republik u. das Kaiserreich der Franzosen trug wesentlich zum Aufschwung der griech. Handelsmarine bei, indem dieselbe je nach den Zeitumständen unter russ. od. türk. Flagge segelte u. sich beinahe der ganzen Rhederei für den levantinischen Handel bemächtigte, so daß 1815 die Inselgriechen bereits 600 Kauffahrer besaßen, welche zum Schutze gegen die Seeräuber mit Bewilligung des Sultans Kanonen führen durften. Diese Seemacht war die Hoffnung u. Stütze des Aufstandes, der seit 1815 vorbereitet wurde. Ein anderes Element waren die Mainoten, die kriegerischen Bewohner der lakonischen Gebirge, die Sulioten im Gebirge von Aetolien, die christl. Albanesen, die Klephtenhäuptlinge (Anführer bewaffneter Banden, die den Paschaʼs Trotz boten, oft auch in deren Solde dienten) in den verschiedenen Gegenden des Landes. Napoleon hatte als Herr von Dalmatien u. der jonischen Inseln Verbindungen in G. angeknüpft u. nach seinem Sturze erwarteten die Griechen von dem christl. Europa, das um jene Zeit die Gebote der christl. Religion als das für die Zukunft leitende Prinzip der Politik erklärte, sichere Hilfe, wenn sie das unterdrückte Kreuz gegen den Halbmond erheben würden. Die Vorbereitungen zum Aufstand leitete die Hetärie, eine geheime Gesellschaft, 1814 von dem

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon03_1855/146>, abgerufen am 24.11.2024.