Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.Fläche beobachten, oder auch an hohen Bergen, in den Polarmeeren. Gehe, Eduard Heinrich, geb. 1793 in Dresden, sächs. Advocat, seit 1827 großherzogl. hess. Hofrath u. von 1832 bis 48 Censor, gest. 1850 im Spitale; er dichtete Operntexte, Dramen, Novellen, Reisebilder etc. Geheime Polizei, s. Polizei. Geheimer Rath, in mehren deutschen Staaten mit dem Ministerium die höchste Staatsbehörde, deren Sitzungen der Fürst beizuwohnen pflegt. Geheime Verbindungen, zum Zwecke kirchl. od. polit. Veränderungen hat es fast von jeher gegeben, wie die Geschichte der mittelalterl. Sekten, der Feme etc. beweist, und Freimaurer, Rosenkreuzer, Illuminaten etc. reihten sich im vorigen Jahrh. an die lange Reihe an. Die franz. Revolution, als das große Beispiel einer gelungenen Umwälzung, bezeichnet eigentlich eine neue Aera der g. n V. Royalisten, Socialisten, Republikaner, Imperialisten haben nach- od. neben einander gearbeitet, während in Deutschland der Tugendbund, in Neapel die Carbonari (s. d.) Napoleons Gewaltherrschaft untergraben wollten. Nach 1815 wuchs die Zahl der g. n V. noch bedeutender und einzelne derselben, wie z. B. die Carbonari in Italien, gewannen eine große Verbreitung, ebenso der gegen die Bourbonen gerichtete französ. Carbonarismus, welcher Paris zum Mittelpunkt aller g. n V. in Europa gemacht haben soll. Die griech. Hetärie machte durch den von ihr bewirkten Aufstand in Griechenland viel von sich reden, fast gleichzeitig die deutsche Burschenschaft (s. d.); die Militärrevolutionen in Spanien und Portugal bewiesen, daß eine Militärverschwörung das Heer gewonnen hatte, sowie die in Neapel und Turin den Carbonarismus der meisten Offiziere bezeugten; auch Rußland blieb nicht frei und Kaiser Nikolaus I. mußte bei seiner Thronbesteigung einen gefährlichen Militäraufstand überwältigen, während in Polen eine entdeckte Verschwörung in 2 neue zu erwachsen schien. Nach 1830, als das Bürgerkönigthum sich weder als Lafayettes "beste Republik" erwies, noch den Polen, Italienern, Spaniern und Portugiesen in ihren Revolutionen u. Aufständen den erwarteten Beistand leistete, wurde das republikan. Ferment in den g. n V. herrschend, das jedoch nicht nur mit der monarch. Regierungsform, sondern mit der ganzen ererbten bürgerl. u. religiös. Ordnung brach u. sich deßwegen als "jung" (Jungfrankreich, Jungdeutschland, Jungitalien, Jungschweiz etc.) ankündigte; ein Schwarm "junger" Poeten und Literaten waren die Herolde, die Handwerker u. Handwerksgesellen die eigentliche Streitkraft; Advocaten, Journalisten, auch heruntergekommene Adelige und Beamte, die Staatsmänner werden wollten, die Directoren. In den Jahren 1848 u. 49 traten alle diese g. n V. offen auf und man konnte sich dabei über ihre Stärke und Bestrebungen genaue Kunde verschaffen. Es zeigte sich hier wie sonst, daß sie wie die früheren an u. für sich eine sehr geringe Macht besitzen und nur dann furchtbar sind, wenn die Masse der Bevölkerung mit ihnen sympathisirt oder wenigstens gegen die bestehende Staatsordnung mit Feindschaft od. Ekel erfüllt ist. Die gefährlichsten g. n V. sind die Militärverschwörungen, aber auch diese haben nur augenblicklichen Erfolg, keinen nachhaltigen, wenn sie nicht die Volksmasse hinter sich haben; das konnte man in Neapel, Piemont u. Spanien von 1821-23 genugsam beobachten. Die g. n V. sind demnach mehr als die Symptome der Krankheit eines Staatskörpers zu betrachten denn als der eigentl. Krankheitsstoff selbst; mit ihrer Verfolgung und Vernichtung, die jeder Staatsgewalt als unbedingte Pflicht obliegt, wird daher auch das Uebel selbst nicht gehoben, dies ist nur möglich, wenn der Zustand aufhört, welcher die Krankheit hervorgebracht hat; dazu dient als das beste Mittel die Beschäftigung der Kräfte, sei es durch große Werke des Friedens (z. B. durch den Zollverein) od. durch Krieg; schlaffe Ruhe hat noch jedes Volk verdorben u. während eines anscheinend gedeihlichen Zustandes die Unzufriedenheit erzeugt, welche auch bei dem einzelnen Menschen die Faulheit begleitet. Fläche beobachten, oder auch an hohen Bergen, in den Polarmeeren. Gehe, Eduard Heinrich, geb. 1793 in Dresden, sächs. Advocat, seit 1827 großherzogl. hess. Hofrath u. von 1832 bis 48 Censor, gest. 1850 im Spitale; er dichtete Operntexte, Dramen, Novellen, Reisebilder etc. Geheime Polizei, s. Polizei. Geheimer Rath, in mehren deutschen Staaten mit dem Ministerium die höchste Staatsbehörde, deren Sitzungen der Fürst beizuwohnen pflegt. Geheime Verbindungen, zum Zwecke kirchl. od. polit. Veränderungen hat es fast von jeher gegeben, wie die Geschichte der mittelalterl. Sekten, der Feme etc. beweist, und Freimaurer, Rosenkreuzer, Illuminaten etc. reihten sich im vorigen Jahrh. an die lange Reihe an. Die franz. Revolution, als das große Beispiel einer gelungenen Umwälzung, bezeichnet eigentlich eine neue Aera der g. n V. Royalisten, Socialisten, Republikaner, Imperialisten haben nach- od. neben einander gearbeitet, während in Deutschland der Tugendbund, in Neapel die Carbonari (s. d.) Napoleons Gewaltherrschaft untergraben wollten. Nach 1815 wuchs die Zahl der g. n V. noch bedeutender und einzelne derselben, wie z. B. die Carbonari in Italien, gewannen eine große Verbreitung, ebenso der gegen die Bourbonen gerichtete französ. Carbonarismus, welcher Paris zum Mittelpunkt aller g. n V. in Europa gemacht haben soll. Die griech. Hetärie machte durch den von ihr bewirkten Aufstand in Griechenland viel von sich reden, fast gleichzeitig die deutsche Burschenschaft (s. d.); die Militärrevolutionen in Spanien und Portugal bewiesen, daß eine Militärverschwörung das Heer gewonnen hatte, sowie die in Neapel und Turin den Carbonarismus der meisten Offiziere bezeugten; auch Rußland blieb nicht frei und Kaiser Nikolaus I. mußte bei seiner Thronbesteigung einen gefährlichen Militäraufstand überwältigen, während in Polen eine entdeckte Verschwörung in 2 neue zu erwachsen schien. Nach 1830, als das Bürgerkönigthum sich weder als Lafayettes „beste Republik“ erwies, noch den Polen, Italienern, Spaniern und Portugiesen in ihren Revolutionen u. Aufständen den erwarteten Beistand leistete, wurde das republikan. Ferment in den g. n V. herrschend, das jedoch nicht nur mit der monarch. Regierungsform, sondern mit der ganzen ererbten bürgerl. u. religiös. Ordnung brach u. sich deßwegen als „jung“ (Jungfrankreich, Jungdeutschland, Jungitalien, Jungschweiz etc.) ankündigte; ein Schwarm „junger“ Poeten und Literaten waren die Herolde, die Handwerker u. Handwerksgesellen die eigentliche Streitkraft; Advocaten, Journalisten, auch heruntergekommene Adelige und Beamte, die Staatsmänner werden wollten, die Directoren. In den Jahren 1848 u. 49 traten alle diese g. n V. offen auf und man konnte sich dabei über ihre Stärke und Bestrebungen genaue Kunde verschaffen. Es zeigte sich hier wie sonst, daß sie wie die früheren an u. für sich eine sehr geringe Macht besitzen und nur dann furchtbar sind, wenn die Masse der Bevölkerung mit ihnen sympathisirt oder wenigstens gegen die bestehende Staatsordnung mit Feindschaft od. Ekel erfüllt ist. Die gefährlichsten g. n V. sind die Militärverschwörungen, aber auch diese haben nur augenblicklichen Erfolg, keinen nachhaltigen, wenn sie nicht die Volksmasse hinter sich haben; das konnte man in Neapel, Piemont u. Spanien von 1821–23 genugsam beobachten. Die g. n V. sind demnach mehr als die Symptome der Krankheit eines Staatskörpers zu betrachten denn als der eigentl. Krankheitsstoff selbst; mit ihrer Verfolgung und Vernichtung, die jeder Staatsgewalt als unbedingte Pflicht obliegt, wird daher auch das Uebel selbst nicht gehoben, dies ist nur möglich, wenn der Zustand aufhört, welcher die Krankheit hervorgebracht hat; dazu dient als das beste Mittel die Beschäftigung der Kräfte, sei es durch große Werke des Friedens (z. B. durch den Zollverein) od. durch Krieg; schlaffe Ruhe hat noch jedes Volk verdorben u. während eines anscheinend gedeihlichen Zustandes die Unzufriedenheit erzeugt, welche auch bei dem einzelnen Menschen die Faulheit begleitet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0036" n="35"/> Fläche beobachten, oder auch an hohen Bergen, in den Polarmeeren.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><hi rendition="#b">Gehe</hi>, Eduard Heinrich, geb. 1793 in Dresden, sächs. Advocat, seit 1827 großherzogl. hess. 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Royalisten, Socialisten, Republikaner, Imperialisten haben nach- od. neben einander gearbeitet, während in Deutschland der Tugendbund, in Neapel die Carbonari (s. d.) Napoleons Gewaltherrschaft untergraben wollten. Nach 1815 wuchs die Zahl der g. n V. noch bedeutender und einzelne derselben, wie z. B. die Carbonari in Italien, gewannen eine große Verbreitung, ebenso der gegen die Bourbonen gerichtete französ. Carbonarismus, welcher Paris zum Mittelpunkt aller g. n V. in Europa gemacht haben soll. Die griech. Hetärie machte durch den von ihr bewirkten Aufstand in Griechenland viel von sich reden, fast gleichzeitig die deutsche Burschenschaft (s. d.); die Militärrevolutionen in Spanien und Portugal bewiesen, daß eine Militärverschwörung das Heer gewonnen hatte, sowie die in Neapel und Turin den Carbonarismus der meisten Offiziere bezeugten; auch Rußland blieb nicht frei und Kaiser Nikolaus I. mußte bei seiner Thronbesteigung einen gefährlichen Militäraufstand überwältigen, während in Polen eine entdeckte Verschwörung in 2 neue zu erwachsen schien. Nach 1830, als das Bürgerkönigthum sich weder als Lafayettes „beste Republik“ erwies, noch den Polen, Italienern, Spaniern und Portugiesen in ihren Revolutionen u. Aufständen den erwarteten Beistand leistete, wurde das republikan. Ferment in den g. n V. herrschend, das jedoch nicht nur mit der monarch. Regierungsform, sondern mit der ganzen ererbten bürgerl. u. religiös. Ordnung brach u. sich deßwegen als „jung“ (Jungfrankreich, Jungdeutschland, Jungitalien, Jungschweiz etc.) ankündigte; ein Schwarm „junger“ Poeten und Literaten waren die Herolde, die Handwerker u. Handwerksgesellen die eigentliche Streitkraft; Advocaten, Journalisten, auch heruntergekommene Adelige und Beamte, die Staatsmänner werden wollten, die Directoren. In den Jahren 1848 u. 49 traten alle diese g. n V. offen auf und man konnte sich dabei über ihre Stärke und Bestrebungen genaue Kunde verschaffen. Es zeigte sich hier wie sonst, daß sie wie die früheren an u. für sich eine sehr geringe Macht besitzen und nur dann furchtbar sind, wenn die Masse der Bevölkerung mit ihnen sympathisirt oder wenigstens gegen die bestehende Staatsordnung mit Feindschaft od. Ekel erfüllt ist. Die gefährlichsten g. n V. sind die Militärverschwörungen, aber auch diese haben nur augenblicklichen Erfolg, keinen nachhaltigen, wenn sie nicht die Volksmasse hinter sich haben; das konnte man in Neapel, Piemont u. Spanien von 1821–23 genugsam beobachten. Die g. n V. sind demnach mehr als die Symptome der Krankheit eines Staatskörpers zu betrachten denn als der eigentl. Krankheitsstoff selbst; mit ihrer Verfolgung und Vernichtung, die jeder Staatsgewalt als unbedingte Pflicht obliegt, wird daher auch das Uebel selbst nicht gehoben, dies ist nur möglich, wenn der Zustand aufhört, welcher die Krankheit hervorgebracht hat; dazu dient als das beste Mittel die Beschäftigung der Kräfte, sei es durch große Werke des Friedens (z. B. durch den Zollverein) od. durch Krieg; schlaffe Ruhe hat noch jedes Volk verdorben u. während eines anscheinend gedeihlichen Zustandes die Unzufriedenheit erzeugt, welche auch bei dem einzelnen Menschen die Faulheit begleitet. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [35/0036]
Fläche beobachten, oder auch an hohen Bergen, in den Polarmeeren.
Gehe, Eduard Heinrich, geb. 1793 in Dresden, sächs. Advocat, seit 1827 großherzogl. hess. Hofrath u. von 1832 bis 48 Censor, gest. 1850 im Spitale; er dichtete Operntexte, Dramen, Novellen, Reisebilder etc.
Geheime Polizei, s. Polizei.
Geheimer Rath, in mehren deutschen Staaten mit dem Ministerium die höchste Staatsbehörde, deren Sitzungen der Fürst beizuwohnen pflegt.
Geheime Verbindungen, zum Zwecke kirchl. od. polit. Veränderungen hat es fast von jeher gegeben, wie die Geschichte der mittelalterl. Sekten, der Feme etc. beweist, und Freimaurer, Rosenkreuzer, Illuminaten etc. reihten sich im vorigen Jahrh. an die lange Reihe an. Die franz. Revolution, als das große Beispiel einer gelungenen Umwälzung, bezeichnet eigentlich eine neue Aera der g. n V. Royalisten, Socialisten, Republikaner, Imperialisten haben nach- od. neben einander gearbeitet, während in Deutschland der Tugendbund, in Neapel die Carbonari (s. d.) Napoleons Gewaltherrschaft untergraben wollten. Nach 1815 wuchs die Zahl der g. n V. noch bedeutender und einzelne derselben, wie z. B. die Carbonari in Italien, gewannen eine große Verbreitung, ebenso der gegen die Bourbonen gerichtete französ. Carbonarismus, welcher Paris zum Mittelpunkt aller g. n V. in Europa gemacht haben soll. Die griech. Hetärie machte durch den von ihr bewirkten Aufstand in Griechenland viel von sich reden, fast gleichzeitig die deutsche Burschenschaft (s. d.); die Militärrevolutionen in Spanien und Portugal bewiesen, daß eine Militärverschwörung das Heer gewonnen hatte, sowie die in Neapel und Turin den Carbonarismus der meisten Offiziere bezeugten; auch Rußland blieb nicht frei und Kaiser Nikolaus I. mußte bei seiner Thronbesteigung einen gefährlichen Militäraufstand überwältigen, während in Polen eine entdeckte Verschwörung in 2 neue zu erwachsen schien. Nach 1830, als das Bürgerkönigthum sich weder als Lafayettes „beste Republik“ erwies, noch den Polen, Italienern, Spaniern und Portugiesen in ihren Revolutionen u. Aufständen den erwarteten Beistand leistete, wurde das republikan. Ferment in den g. n V. herrschend, das jedoch nicht nur mit der monarch. Regierungsform, sondern mit der ganzen ererbten bürgerl. u. religiös. Ordnung brach u. sich deßwegen als „jung“ (Jungfrankreich, Jungdeutschland, Jungitalien, Jungschweiz etc.) ankündigte; ein Schwarm „junger“ Poeten und Literaten waren die Herolde, die Handwerker u. Handwerksgesellen die eigentliche Streitkraft; Advocaten, Journalisten, auch heruntergekommene Adelige und Beamte, die Staatsmänner werden wollten, die Directoren. In den Jahren 1848 u. 49 traten alle diese g. n V. offen auf und man konnte sich dabei über ihre Stärke und Bestrebungen genaue Kunde verschaffen. Es zeigte sich hier wie sonst, daß sie wie die früheren an u. für sich eine sehr geringe Macht besitzen und nur dann furchtbar sind, wenn die Masse der Bevölkerung mit ihnen sympathisirt oder wenigstens gegen die bestehende Staatsordnung mit Feindschaft od. Ekel erfüllt ist. Die gefährlichsten g. n V. sind die Militärverschwörungen, aber auch diese haben nur augenblicklichen Erfolg, keinen nachhaltigen, wenn sie nicht die Volksmasse hinter sich haben; das konnte man in Neapel, Piemont u. Spanien von 1821–23 genugsam beobachten. Die g. n V. sind demnach mehr als die Symptome der Krankheit eines Staatskörpers zu betrachten denn als der eigentl. Krankheitsstoff selbst; mit ihrer Verfolgung und Vernichtung, die jeder Staatsgewalt als unbedingte Pflicht obliegt, wird daher auch das Uebel selbst nicht gehoben, dies ist nur möglich, wenn der Zustand aufhört, welcher die Krankheit hervorgebracht hat; dazu dient als das beste Mittel die Beschäftigung der Kräfte, sei es durch große Werke des Friedens (z. B. durch den Zollverein) od. durch Krieg; schlaffe Ruhe hat noch jedes Volk verdorben u. während eines anscheinend gedeihlichen Zustandes die Unzufriedenheit erzeugt, welche auch bei dem einzelnen Menschen die Faulheit begleitet.
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