Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.ungeheures Colonialreich gründete. Von Max I. (gest. 1519) Enkeln wurde Karl Kaiser (s. Karl V. und Deutschland), der in Deutschland die fast von allen weltlichen Fürsten geförderte Reformation zwar nicht zu besiegen vermochte, aber deren Triumph u. damit die Zertrümmerung des deutschen Reiches verhinderte. Seinem Bruder Ferdinand I. überließ er durch die Verträge v. 1521 und 1524 die deutschen Erblande mit Ausnahme der Niederlande, welche er an seinen Sohn Philipp II. von Spanien gab, so daß Haus Habsburg jetzt in 2 Hauptlinien, die span. und deutsche od. österr. getheilt war. Ferdinand I. erwarb durch seine Gemahlin Anna 1526 Ungarn, Böhmen, Mähren, Schlesien und die Lausitz, begründete also die europ. Machtstellung O.s, das vorerst gegen die Eroberungspolitik der türk. Sultane ein en schweren Kampf zu bestehen hatte. in welchem Ferdinand I. mit Mühe einen Theil Ungarns behauptete. Eine andere Aufgabe: den Frieden in Deutschland durch Mäßigung und Festigkeit insoweit zu erhalten, daß das morsche Reichsgebäude nicht durch größere Erschütterungen gefährdet wurde, vermochte er ebenfalls durchzuführen wie auch sein Nachfolger Max II. (1564-76), unter welchem die Erblande wieder 3fach getheilt waren. Selbst die Regierung des unthätigen Rudolf II. (1576 bis 1612) vermochte das von Ferdinand I. gegründete politische System nicht umzustürzen, unter Mathias I. aber (1612-19) erfolgte zuletzt durch die böhm. Revolution der Ausbruch des 30jährigen Krieges, der O. zu zertrümmern drohte (s. Dreißigjähriger Krieg). Trotz der Rebellionen in Böhmen, O. und Ungarn, trotz Schweden, Franzosen u. deren deutschen Bundesgenossen überstand die Monarchie den Krieg ohne mehr als die Lausitz und die Besitzungen im Elsaß verloren zu haben (Ferdinand II., der die Untheilbarkeit der Monarchie erklärte, 1619-37; Ferdinand III., 1637 bis 1657). Leopold I. (1657-1705) bezwang die ungar. Rebellion u. machte die Krone des Königreichs in seinem Hause erblich, entriß Ungarn u. Siebenbürgen den Türken, welche 1683 bis vor Wien gekommen waren, das poln. und deutsche Hilfstruppen retteten, vermochte dagegen der Eroberungssucht Ludwigs XIV. an der rhein. u. niederländ. Gränze keine festen Schranken zu setzen. Im span. Erbfolgekriege (Joseph I. 1705-11, Karl VI. 1711-39) gewann zwar O. die Erbfolge in der span. Monarchie nicht, dagegen 1714 im Frieden zu Rastadt und Baden die Niederlande, Mailand, Neapel u. Sardinien (1720 für Sicilien ausgetauscht) u. Mantua. Prinz Eugen schlug überdies die Türken dergestalt, daß sie den größten Theil Serbiens, einen Theil Bosniens und der Walachei abtraten u. es bei Karl VI. lag, die Türken aus Europa zu vertreiben, was Eugen angerathen haben soll. Nach dem Tode dieses großen Mannes sank das Glück der Monarchie; 1735 u. 1738 wurden Neapel und Sicilien an Spanien, ein Theil des Mailändischen an Sardinien verloren; ein unglücklicher Krieg gegen die Pforte kostete 1739 fast alle Früchte der Siege Eugens. Karl VI. hatte in vieles gewilligt, um die Erbfolge seiner Tochter Maria Theresia durch die sog. pragmatische Sanction zu sichern und hatte auch deren Anerkennung von allen europ. Großmächten erlangt, aber kaum trat Maria Theresia (vermählt mit dem Herzoge Franz von Lothringen, für welches er das Großherzogthum Toscana erhalten hatte; 1745 wurde er als Franz I. zum Kaiser erwählt) ihr Erbe an, als Frankreich, Spanien, Sardinien, Preußen, Bayern und Sachsen ihr Erbfolgerecht bestritten; doch rettete Maria Theresia alles bis auf Schlesien, Parma, Piacenza, Guastalla und kleinere Stücke des Mailändischen (s. Oesterreichischer Erbfolgekrieg). Umsonst brachte aber Maria Theresia ein großes Bündniß zur Wiedereroberung Schlesiens zu Stande; Friedrich II. blieb im 7jährigen Kriege unbesiegt und behauptete seine Eroberung. Dagegen gewann O. bei der ersten Theilung Polens Galizien und Lodomirien, 1777 von der Pforte die Bukowina. 1779 von Bayern das Innviertel. Maria Theresia verbesserte das Gerichtswesen, gründete oder verbesserte eine Menge ungeheures Colonialreich gründete. Von Max I. (gest. 1519) Enkeln wurde Karl Kaiser (s. Karl V. und Deutschland), der in Deutschland die fast von allen weltlichen Fürsten geförderte Reformation zwar nicht zu besiegen vermochte, aber deren Triumph u. damit die Zertrümmerung des deutschen Reiches verhinderte. Seinem Bruder Ferdinand I. überließ er durch die Verträge v. 1521 und 1524 die deutschen Erblande mit Ausnahme der Niederlande, welche er an seinen Sohn Philipp II. von Spanien gab, so daß Haus Habsburg jetzt in 2 Hauptlinien, die span. und deutsche od. österr. getheilt war. Ferdinand I. erwarb durch seine Gemahlin Anna 1526 Ungarn, Böhmen, Mähren, Schlesien und die Lausitz, begründete also die europ. Machtstellung O.s, das vorerst gegen die Eroberungspolitik der türk. Sultane ein en schweren Kampf zu bestehen hatte. in welchem Ferdinand I. mit Mühe einen Theil Ungarns behauptete. Eine andere Aufgabe: den Frieden in Deutschland durch Mäßigung und Festigkeit insoweit zu erhalten, daß das morsche Reichsgebäude nicht durch größere Erschütterungen gefährdet wurde, vermochte er ebenfalls durchzuführen wie auch sein Nachfolger Max II. (1564–76), unter welchem die Erblande wieder 3fach getheilt waren. Selbst die Regierung des unthätigen Rudolf II. (1576 bis 1612) vermochte das von Ferdinand I. gegründete politische System nicht umzustürzen, unter Mathias I. aber (1612–19) erfolgte zuletzt durch die böhm. Revolution der Ausbruch des 30jährigen Krieges, der O. zu zertrümmern drohte (s. Dreißigjähriger Krieg). Trotz der Rebellionen in Böhmen, O. und Ungarn, trotz Schweden, Franzosen u. deren deutschen Bundesgenossen überstand die Monarchie den Krieg ohne mehr als die Lausitz und die Besitzungen im Elsaß verloren zu haben (Ferdinand II., der die Untheilbarkeit der Monarchie erklärte, 1619–37; Ferdinand III., 1637 bis 1657). Leopold I. (1657–1705) bezwang die ungar. Rebellion u. machte die Krone des Königreichs in seinem Hause erblich, entriß Ungarn u. Siebenbürgen den Türken, welche 1683 bis vor Wien gekommen waren, das poln. und deutsche Hilfstruppen retteten, vermochte dagegen der Eroberungssucht Ludwigs XIV. an der rhein. u. niederländ. Gränze keine festen Schranken zu setzen. Im span. Erbfolgekriege (Joseph I. 1705–11, Karl VI. 1711–39) gewann zwar O. die Erbfolge in der span. Monarchie nicht, dagegen 1714 im Frieden zu Rastadt und Baden die Niederlande, Mailand, Neapel u. Sardinien (1720 für Sicilien ausgetauscht) u. Mantua. Prinz Eugen schlug überdies die Türken dergestalt, daß sie den größten Theil Serbiens, einen Theil Bosniens und der Walachei abtraten u. es bei Karl VI. lag, die Türken aus Europa zu vertreiben, was Eugen angerathen haben soll. Nach dem Tode dieses großen Mannes sank das Glück der Monarchie; 1735 u. 1738 wurden Neapel und Sicilien an Spanien, ein Theil des Mailändischen an Sardinien verloren; ein unglücklicher Krieg gegen die Pforte kostete 1739 fast alle Früchte der Siege Eugens. Karl VI. hatte in vieles gewilligt, um die Erbfolge seiner Tochter Maria Theresia durch die sog. pragmatische Sanction zu sichern und hatte auch deren Anerkennung von allen europ. Großmächten erlangt, aber kaum trat Maria Theresia (vermählt mit dem Herzoge Franz von Lothringen, für welches er das Großherzogthum Toscana erhalten hatte; 1745 wurde er als Franz I. zum Kaiser erwählt) ihr Erbe an, als Frankreich, Spanien, Sardinien, Preußen, Bayern und Sachsen ihr Erbfolgerecht bestritten; doch rettete Maria Theresia alles bis auf Schlesien, Parma, Piacenza, Guastalla und kleinere Stücke des Mailändischen (s. Oesterreichischer Erbfolgekrieg). Umsonst brachte aber Maria Theresia ein großes Bündniß zur Wiedereroberung Schlesiens zu Stande; Friedrich II. blieb im 7jährigen Kriege unbesiegt und behauptete seine Eroberung. Dagegen gewann O. bei der ersten Theilung Polens Galizien und Lodomirien, 1777 von der Pforte die Bukowina. 1779 von Bayern das Innviertel. Maria Theresia verbesserte das Gerichtswesen, gründete oder verbesserte eine Menge <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0387" n="386"/> ungeheures Colonialreich gründete. 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Eine andere Aufgabe: den Frieden in Deutschland durch Mäßigung und Festigkeit insoweit zu erhalten, daß das morsche Reichsgebäude nicht durch größere Erschütterungen gefährdet wurde, vermochte er ebenfalls durchzuführen wie auch sein Nachfolger Max II. (1564–76), unter welchem die Erblande wieder 3fach getheilt waren. Selbst die Regierung des unthätigen Rudolf II. (1576 bis 1612) vermochte das von Ferdinand I. gegründete politische System nicht umzustürzen, unter Mathias I. aber (1612–19) erfolgte zuletzt durch die böhm. Revolution der Ausbruch des 30jährigen Krieges, der O. zu zertrümmern drohte (s. Dreißigjähriger Krieg). Trotz der Rebellionen in Böhmen, O. und Ungarn, trotz Schweden, Franzosen u. deren deutschen Bundesgenossen überstand die Monarchie den Krieg ohne mehr als die Lausitz und die Besitzungen im Elsaß verloren zu haben (Ferdinand II., der die Untheilbarkeit der Monarchie erklärte, 1619–37; Ferdinand III., 1637 bis 1657). Leopold I. (1657–1705) bezwang die ungar. Rebellion u. machte die Krone des Königreichs in seinem Hause erblich, entriß Ungarn u. Siebenbürgen den Türken, welche 1683 bis vor Wien gekommen waren, das poln. und deutsche Hilfstruppen retteten, vermochte dagegen der Eroberungssucht Ludwigs XIV. an der rhein. u. niederländ. Gränze keine festen Schranken zu setzen. Im span. Erbfolgekriege (Joseph I. 1705–11, Karl VI. 1711–39) gewann zwar O. die Erbfolge in der span. Monarchie nicht, dagegen 1714 im Frieden zu Rastadt und Baden die Niederlande, Mailand, Neapel u. Sardinien (1720 für Sicilien ausgetauscht) u. Mantua. Prinz Eugen schlug überdies die Türken dergestalt, daß sie den größten Theil Serbiens, einen Theil Bosniens und der Walachei abtraten u. es bei Karl VI. lag, die Türken aus Europa zu vertreiben, was Eugen angerathen haben soll. Nach dem Tode dieses großen Mannes sank das Glück der Monarchie; 1735 u. 1738 wurden Neapel und Sicilien an Spanien, ein Theil des Mailändischen an Sardinien verloren; ein unglücklicher Krieg gegen die Pforte kostete 1739 fast alle Früchte der Siege Eugens. Karl VI. hatte in vieles gewilligt, um die Erbfolge seiner Tochter Maria Theresia durch die sog. pragmatische Sanction zu sichern und hatte auch deren Anerkennung von allen europ. Großmächten erlangt, aber kaum trat Maria Theresia (vermählt mit dem Herzoge Franz von Lothringen, für welches er das Großherzogthum Toscana erhalten hatte; 1745 wurde er als Franz I. zum Kaiser erwählt) ihr Erbe an, als Frankreich, Spanien, Sardinien, Preußen, Bayern und Sachsen ihr Erbfolgerecht bestritten; doch rettete Maria Theresia alles bis auf Schlesien, Parma, Piacenza, Guastalla und kleinere Stücke des Mailändischen (s. Oesterreichischer Erbfolgekrieg). Umsonst brachte aber Maria Theresia ein großes Bündniß zur Wiedereroberung Schlesiens zu Stande; Friedrich II. blieb im 7jährigen Kriege unbesiegt und behauptete seine Eroberung. Dagegen gewann O. bei der ersten Theilung Polens Galizien und Lodomirien, 1777 von der Pforte die Bukowina. 1779 von Bayern das Innviertel. Maria Theresia verbesserte das Gerichtswesen, gründete oder verbesserte eine Menge </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [386/0387]
ungeheures Colonialreich gründete. Von Max I. (gest. 1519) Enkeln wurde Karl Kaiser (s. Karl V. und Deutschland), der in Deutschland die fast von allen weltlichen Fürsten geförderte Reformation zwar nicht zu besiegen vermochte, aber deren Triumph u. damit die Zertrümmerung des deutschen Reiches verhinderte. Seinem Bruder Ferdinand I. überließ er durch die Verträge v. 1521 und 1524 die deutschen Erblande mit Ausnahme der Niederlande, welche er an seinen Sohn Philipp II. von Spanien gab, so daß Haus Habsburg jetzt in 2 Hauptlinien, die span. und deutsche od. österr. getheilt war. Ferdinand I. erwarb durch seine Gemahlin Anna 1526 Ungarn, Böhmen, Mähren, Schlesien und die Lausitz, begründete also die europ. Machtstellung O.s, das vorerst gegen die Eroberungspolitik der türk. Sultane ein en schweren Kampf zu bestehen hatte. in welchem Ferdinand I. mit Mühe einen Theil Ungarns behauptete. Eine andere Aufgabe: den Frieden in Deutschland durch Mäßigung und Festigkeit insoweit zu erhalten, daß das morsche Reichsgebäude nicht durch größere Erschütterungen gefährdet wurde, vermochte er ebenfalls durchzuführen wie auch sein Nachfolger Max II. (1564–76), unter welchem die Erblande wieder 3fach getheilt waren. Selbst die Regierung des unthätigen Rudolf II. (1576 bis 1612) vermochte das von Ferdinand I. gegründete politische System nicht umzustürzen, unter Mathias I. aber (1612–19) erfolgte zuletzt durch die böhm. Revolution der Ausbruch des 30jährigen Krieges, der O. zu zertrümmern drohte (s. Dreißigjähriger Krieg). Trotz der Rebellionen in Böhmen, O. und Ungarn, trotz Schweden, Franzosen u. deren deutschen Bundesgenossen überstand die Monarchie den Krieg ohne mehr als die Lausitz und die Besitzungen im Elsaß verloren zu haben (Ferdinand II., der die Untheilbarkeit der Monarchie erklärte, 1619–37; Ferdinand III., 1637 bis 1657). Leopold I. (1657–1705) bezwang die ungar. Rebellion u. machte die Krone des Königreichs in seinem Hause erblich, entriß Ungarn u. Siebenbürgen den Türken, welche 1683 bis vor Wien gekommen waren, das poln. und deutsche Hilfstruppen retteten, vermochte dagegen der Eroberungssucht Ludwigs XIV. an der rhein. u. niederländ. Gränze keine festen Schranken zu setzen. Im span. Erbfolgekriege (Joseph I. 1705–11, Karl VI. 1711–39) gewann zwar O. die Erbfolge in der span. Monarchie nicht, dagegen 1714 im Frieden zu Rastadt und Baden die Niederlande, Mailand, Neapel u. Sardinien (1720 für Sicilien ausgetauscht) u. Mantua. Prinz Eugen schlug überdies die Türken dergestalt, daß sie den größten Theil Serbiens, einen Theil Bosniens und der Walachei abtraten u. es bei Karl VI. lag, die Türken aus Europa zu vertreiben, was Eugen angerathen haben soll. Nach dem Tode dieses großen Mannes sank das Glück der Monarchie; 1735 u. 1738 wurden Neapel und Sicilien an Spanien, ein Theil des Mailändischen an Sardinien verloren; ein unglücklicher Krieg gegen die Pforte kostete 1739 fast alle Früchte der Siege Eugens. Karl VI. hatte in vieles gewilligt, um die Erbfolge seiner Tochter Maria Theresia durch die sog. pragmatische Sanction zu sichern und hatte auch deren Anerkennung von allen europ. Großmächten erlangt, aber kaum trat Maria Theresia (vermählt mit dem Herzoge Franz von Lothringen, für welches er das Großherzogthum Toscana erhalten hatte; 1745 wurde er als Franz I. zum Kaiser erwählt) ihr Erbe an, als Frankreich, Spanien, Sardinien, Preußen, Bayern und Sachsen ihr Erbfolgerecht bestritten; doch rettete Maria Theresia alles bis auf Schlesien, Parma, Piacenza, Guastalla und kleinere Stücke des Mailändischen (s. Oesterreichischer Erbfolgekrieg). Umsonst brachte aber Maria Theresia ein großes Bündniß zur Wiedereroberung Schlesiens zu Stande; Friedrich II. blieb im 7jährigen Kriege unbesiegt und behauptete seine Eroberung. Dagegen gewann O. bei der ersten Theilung Polens Galizien und Lodomirien, 1777 von der Pforte die Bukowina. 1779 von Bayern das Innviertel. Maria Theresia verbesserte das Gerichtswesen, gründete oder verbesserte eine Menge
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