Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1437, Czernowitz, 27.10.1908.27. Oktober 1908. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. [Spaltenumbruch] druck zu verleihen, stimmen Redner und Genossen gegen das Budget. Lemberg, 25. Oktober. Finanzminister Dr. Kory- Lemberg, 24. Oktober. In der heutigen Abendsitzung Eine neue galizische christlich-soziale Ver- einigung. Krakau, 26. Oktober. (Orig.-Korr.) Eine neue Parteisteuer. Lemberg, 26. Oktober. Die ukrainischen Blätter ver- Die Polen im Preußischen Landtag. Lemberg, 26. Oktober. Wie der "Kurjer Lwowski" Bunte Chronik. Cernowitz, 26. Oktober. Schiffsunglück. Zara, 26. Oktober. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.") Die Die Pest. Lissabon, 26. Oktober. (Priv.-Tel. der "Cz. Allg. Ztg.") Die Bubonenpestepidemie hat in Terceira (Azoren Selbstmord des Vizepräsidenten Emmerich von Latkoczy in Graz. Graz, 25. Oktober. (Orig.-Ber.) Der frühere Vize- Ueben den sensationellen Vorfall erhält die "Grazer Die Vorgänge, die zum Sturze Emmerich von Lotkoczys Die rumänischen Chautants. Aus Bukarest wird uns berichtet: Im Hinblick darauf, [Ein Slowackidenkmal in Lemberg.] Aus Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 26. Oktober. Vollversammlung des Czernowitzer kaufmännischen Vereines. Samstag um 4 Uhr nachm. fand eine Vollversammlung Ueber dieses Thema sprachen dann die Herren Kammer- Kais. Rat Goldlust beantragt eine Debatte über in Zu diesem Thema sprechen die Herren Kammerrat Wegen der vorgerückten Zeit beantragte sodann Herr Einiges über Direktor Kahlert und Professor Reichel. Sechsundvierzig -- sage und schreibe: 46 Jahre sind Bis zum Jahre 1859 war Friedrich Kahlert Direktor 27. Oktober 1908. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. [Spaltenumbruch] druck zu verleihen, ſtimmen Redner und Genoſſen gegen das Budget. Lemberg, 25. Oktober. Finanzminiſter Dr. Kory- Lemberg, 24. Oktober. In der heutigen Abendſitzung Eine neue galiziſche chriſtlich-ſoziale Ver- einigung. Krakau, 26. Oktober. (Orig.-Korr.) Eine neue Parteiſteuer. Lemberg, 26. Oktober. Die ukrainiſchen Blätter ver- Die Polen im Preußiſchen Landtag. Lemberg, 26. Oktober. Wie der „Kurjer Lwowski“ Bunte Chronik. Cernowitz, 26. Oktober. Schiffsunglück. Zara, 26. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Die Die Peſt. Liſſabon, 26. Oktober. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Die Bubonenpeſtepidemie hat in Terceira (Azoren Selbſtmord des Vizepräſidenten Emmerich von Latkoczy in Graz. Graz, 25. Oktober. (Orig.-Ber.) Der frühere Vize- Ueben den ſenſationellen Vorfall erhält die „Grazer Die Vorgänge, die zum Sturze Emmerich von Lotkoczys Die rumäniſchen Chautants. Aus Bukareſt wird uns berichtet: Im Hinblick darauf, [Ein Slowackidenkmal in Lemberg.] Aus Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 26. Oktober. Vollverſammlung des Czernowitzer kaufmänniſchen Vereines. Samſtag um 4 Uhr nachm. fand eine Vollverſammlung Ueber dieſes Thema ſprachen dann die Herren Kammer- Kaiſ. Rat Goldluſt beantragt eine Debatte über in Zu dieſem Thema ſprechen die Herren Kammerrat Wegen der vorgerückten Zeit beantragte ſodann Herr Einiges über Direktor Kahlert und Profeſſor Reichel. Sechsundvierzig — ſage und ſchreibe: 46 Jahre ſind Bis zum Jahre 1859 war Friedrich Kahlert Direktor <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <p><pb facs="#f0003" n="3"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">27. Oktober 1908. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.</hi></fw><lb/><cb/> druck zu verleihen, ſtimmen Redner und Genoſſen <hi rendition="#g">gegen</hi><lb/> das Budget.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Lemberg,</hi> 25. Oktober.</dateline> <p>Finanzminiſter Dr. <hi rendition="#g">Kory-<lb/> towski</hi> kam geſtern hier an und nahm an den Beratungen<lb/> des Landtages teil.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Lemberg,</hi> 24. Oktober.</dateline> <p>In der heutigen Abendſitzung<lb/> ſprachen noch mehrere rutheniſche Abgeordnete in der Debatte<lb/> über das Budget, und zwar die Abgeordneten Dr. <hi rendition="#g">Korol</hi><lb/> (Altruthene), Dr. <hi rendition="#g">Dudykiewicz</hi> (Altruthene) u. a. Sie<lb/> erklärten, ebenfalls gegen das Budget ſtimmen zu müſſen,<lb/> um die gegenwärtig herrſchenden Verhältniſſe zu brandmarken.<lb/> — Das „Slowo Polski“ berichtet, daß die <hi rendition="#g">Seſſion</hi> des<lb/><hi rendition="#g">galiziſchen Landtages</hi> allem Erwarten nach bis<lb/> zum 4. oder 5. November währen dürfte, worauf der <hi rendition="#g">Land-<lb/> tag vertagt</hi> werden ſoll.</p> </div> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#g">Eine neue galiziſche chriſtlich-ſoziale Ver-<lb/> einigung.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Krakau,</hi> 26. Oktober.</dateline> <bibl>(Orig.-Korr.)</bibl> <p>Eine <hi rendition="#g">neue<lb/> chriſtlich-ſoziale Vereinigung</hi> iſt, wie der „Naprzod“<lb/> berichtet, in Krakau im Entſtehen begriffen, an deren Spitze<lb/> der Abg. <hi rendition="#g">Staniszewski</hi> treten ſoll. Der Gedanke an die<lb/> Gründung dieſer Vereinigung iſt wegen der letzten Erfolge<lb/> der Juden im Gemeinderate aufgetaucht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#g">Parteiſteuer.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Lemberg,</hi> 26. Oktober.</dateline> <p>Die ukrainiſchen Blätter ver-<lb/> öffentlichen einen Aufruf des ukrainiſchen Nationalkomitees<lb/> an das ukrainiſche Volk, wornach jeder Ukrainofile zugunſten<lb/> ſeiner Partei einen beſtimmten Betrag je nach der Stellung,<lb/> die er in der Partei einnimmt, leiſten ſoll.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Polen im Preußiſchen Landtag.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Lemberg,</hi> 26. 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Die <hi rendition="#g">Beſatzung wurde gerettet.</hi> </p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Peſt.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Liſſabon,</hi> 26. Oktober.</dateline> <bibl>(Priv.-Tel. der „Cz. Allg.<lb/> Ztg.“)</bibl> <p>Die Bubonenpeſtepidemie hat in Terceira (Azoren<lb/> Inſeln) an <hi rendition="#g">Umfang zugenommen.</hi> Täglich kommen<lb/> durchſchnittlich ſieben Todesfälle vor.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Selbſtmord des Vizepräſidenten Emmerich<lb/> von Latkoczy in Graz.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Graz,</hi> 25. Oktober.</dateline> <bibl>(Orig.-Ber.)</bibl> <p>Der frühere Vize-<lb/> präſident des ungariſchen Verwaltungsgerichtshofes in<lb/> Budapeſt, Emmerich von <hi rendition="#g">Latkoczy,</hi> gegen den bekanntlich<lb/> wegen Beſtechungen die Strafanzeige erſtattet wurde, hat ſich<lb/> Samſtag morgens in einer Grazer Heilanſtalt erſchoſſen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Ueben den ſenſationellen Vorfall erhält die „Grazer<lb/> Tagespoſt“ folgenden Bericht: Emmerich von Latkoczy hatte<lb/> Donnerſtag abend Budapeſt verlaſſen und ſich in Begleitung<lb/> ſeiner Tochter und ſeines Schwiegerſohnes nach Graz begeben,<lb/> wo er Freitag Früh eintraf. Latkoczy befand ſich begreif-<lb/> licherweiſe nach den Vorgängen in Budapeſt in großer Auf-<lb/> regung. Er ſuchte ein hieſiges Sanatorium auf, wo er mit<lb/> ſeiner Tochter verbleiben wollte. Latkoczy erklärte ſelbſt, daß<lb/> ſein Zuſtand äußerſt bedenklich ſei und einer Pſychoſe gleich-<lb/> käme. Die Anſtaltsleitung, der er ſich unter ſeinem wahren<lb/> Namen zu erkennen gab und der er auch die bekannten Vor-<lb/> gänge in Budapeſt erzählte, erklärte jedoch, momentan keine<lb/> Räumlichkeiten in gewünſchtem Maße zur Verfügung ſtellen<lb/> zu können, da alles beſetzt ſei. Latkoczy blieb dann trotzdem<lb/> bis gegen abend im Sanatorium und wurde von ſeinem<lb/> Schwiegerſohne abgeholt. Er fuhr in Begleitung ſeiner<lb/> Tochter und ſeines Schwiegerſahnes vom Sanatorium fort<lb/> und ſuchte nun eine andere Heilanſtalt auf, wo er auch Auf-<lb/> nahme fand. Bei ſeinem Eintreffen dort ſchien er ſeinen<lb/> Gleichmut wieder gefunden zu haben, Er war munter und<lb/> guter Dinge. Der Eindruck der neuen Umgebung ſchien auf<lb/> ihn eine ungemein günſtige, beruhigende Wirkung ausgeübt<lb/> zu haben. Er nahm mit gutem Appetit ſein Abendeſſen zu<lb/> ſich und begab ſich dann, ohne irgend eine Aeußerung getan<lb/> zu haben, die auf ſein Vorhaben hingedeutet hätte, ſcheinbar<lb/> in beſter Laune nach ſeinem Schlafzimmer. Niemand hatte<lb/><cb/> eine <hi rendition="#g">Ahnung,</hi> daß v. Latkoczy ſein Leben enden wollte.<lb/> Im Laufe der Nacht, vielleicht auch gegen den Morgen, das<lb/> ließ ſich nicht feſtſtellen, da merkwürdigerweiſe niemand eine<lb/> Detonation gehört hatte, jagte ſich v. Latkoczy aus einem<lb/> ſechsläufig Revolver eine Kugel in rechte Schläfe. Er hatte<lb/> gut gezielt. Der Schußkanal führte direkt durch das Gehirn,<lb/> ſo daß nach äretlichem Befund der Tod ſofort eingetreten ſein<lb/> mußte. Der Schuß mußte offenbar mit ruhiger Hand abge-<lb/> geben worden ſein. Der Selbſtmord Latkoczys wurde zuerſt<lb/> durch einen Diener der Anſtalt entdeckt, der früh in das<lb/> Zimmer trat, um ſich nach den Wünſchen des Gaſtes zu<lb/> erkundigen. Da dem Eintretenden auf ſeinen Gruß keine<lb/> Antwort zuteil wurde, trat er an das Bett heran, um zu<lb/> ſehen, ob der Ruhende noch ſchlafe; zu ſeinem Schrecken<lb/> gewahrte er, daß das Geſicht Leichenbläſſe zeigte und der<lb/> Kopf eine Schußwunde aufwies. Der Diener erſtattete ſofort<lb/> einem Anſtaltsarzte Meldung von ſeiner furchtbaren Ent-<lb/> deckung. Der Arzt eilte ſogleich in das Zimmer Latkoczy<supplied>ſ</supplied>.<lb/> Der erſte Blick auf den im Bette Liegenden brachte ihm<lb/> aber die Ueberzeugung, daß hier keine Hilfe mehr möglich<lb/> ſei. Der Tod war bereits ſeit längerer Zeit eingetreten. Von<lb/> dem Vorfalle wurde ſofort der Schwiegerſohn des Dahin-<lb/> geſchiedenen verſtändigt, der ſodann die Familienangehörigen<lb/> benachrichtigte.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Die Vorgänge, die zum Sturze Emmerich von Lotkoczys<lb/> geführt haben, ſind bekannt. Er verwertete ſeinen Ei<supplied>n</supplied>fluß<lb/> bei der Regierung für G<supplied cert="high">e</supplied>ld durch Erwirkung von Konz<supplied>e</supplied>ſſionen,<lb/> insbeſondere für Apotheken und Tabaktrafiken. Um ihn zu<lb/> überführen, wurde ihm eine Falle geſtellt, in die er auch<lb/> ging. Es wurden ihm 60.000 Kronen als Vermittlungs-<lb/> honorar für die E<supplied>r</supplied>wirkung einer Apothekerkonzeſſion ange-<lb/> boten. Er nahm das Geld tatſächlich gegen Beſtätigung in<lb/> Empfang. Der Beſtechung überwieſen, wurde er ſofort aus<lb/> dem Staatsdienſt ohne Penſionsanſpruch entlaſſen. Am<lb/> 17. d. publizierte das ungariſche Amtsblatt ſeine Enthebung.<lb/> Die Enthüllungen ſeiner Handlungsweiſe veranlaßten ihn,<lb/> auch Budapeſt zu verlaſſen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die rumäniſchen Chautants.</hi> </head><lb/> <p>Aus Bukareſt wird uns berichtet: Im Hinblick darauf,<lb/> daß ſich in den ſogenannten <hi rendition="#g">Varieteetheatern</hi> immer<lb/> wieder Skandale ereignen, hat die Polizei angeordnet, daß<lb/> die Vortragenden, ſowohl die Männer als auch die Frauen,<lb/><hi rendition="#g">nicht mehr</hi> mit dem Teller herumgehen dürfen, um den<lb/> Lohn für ihre Künſte einzuheimſen; ſondern daß jeder Gaſt<lb/> einen <hi rendition="#g">Leu Eintrittsgebühr</hi> zahlen muß. Des weiteren<lb/> iſt es den Prieſtern und beſonders den Prieſterinnen der<lb/> hochgeſchürzten Kunſt verboten, mit den <hi rendition="#g">Gäſten</hi> an <hi rendition="#g">einem</hi><lb/> Tiſch zu ſitzen und mit ihnen zu zechen. Zum Schluß wird<lb/> angeordnet, daß alle dieſe Lokale um 1 <hi rendition="#g">Uhr nachts ge-<lb/> ſchloſſen werden müſſen.</hi> </p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">[Ein Slowackidenkmal in Lemberg.]</hi> </head> <p>Aus<lb/><hi rendition="#g">Lemberg</hi> wird uns berichtet: Heute erſchien in den<lb/> polniſchen Blättern ein Aufruf ans polniſche Volk, anläßlich<lb/> der 100. Wiederkehr des Geburtstages des zweitgrößten<lb/> polniſchen Dichters, <hi rendition="#g">Slowacki,</hi> zum Bau eines Denkmals<lb/> für denſelben nach Kräften beizuſteuern.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jLocal" n="1"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Czernowitzer Angelegenheiten.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Czernowitz,</hi> 26. Oktober.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Vollverſammlung des Czernowitzer<lb/> kaufmänniſchen Vereines.</hi> </hi> </head><lb/> <p>Samſtag um 4 Uhr nachm. fand eine Vollverſammlung<lb/> der Mitglieder des Czernowitzer kaufmänniſchen Vereines<lb/> ſtatt, zu welcher auch ſämtliche Mitglieder des kaufmänniſchen<lb/> Gremiums Gruppe <hi rendition="#aq">I</hi> geladen waren. Außer den zahlreich<lb/> erſchienen Kaufleuten, bemerkte man unter den Anweſenden<lb/> die Herren Reichsratsabgeordneten Dr. <hi rendition="#g">Straucher,</hi> die<lb/> Kammeräte kaiſ. Rat <hi rendition="#g">Goldluſt, Zentner</hi> und <hi rendition="#g">Picker,</hi><lb/> Bankdirektor kaiſ. Rat <hi rendition="#g">Kindler, Kozower</hi> und Groß-<lb/> induſtriellen Jakob <hi rendition="#g">Hecht.</hi> Der Vorſitzende, Herr Handels-<lb/> kammerpräſident und Landtagsabg. Wilhelm <hi rendition="#g">Tittinger,</hi><lb/> begrüßte die zahlreich erſchienenen Kaufleute und insbeſondere<lb/> den Abgeordneten der Stadt Czernowitz, Herrn Dr. Straucher.<lb/> Derſelbe erteilte hierauf dem Sekretär <hi rendition="#g">Mittelmann</hi> das<lb/> Wort zur Erſtattung der auf der Tagesordnung ſtehenden<lb/> Referate. Der Genannte beſprach nunmehr eingehend über das<lb/> Konſumvereinsweſen in der Bukowina, ſowie über die durch das<lb/> ſelbe der Kaufmannſchaft verurſachten Schäden und die nationale<lb/> Begrenzung der Konſumvereine in der Bukowina.</p><lb/> <p>Ueber dieſes Thema ſprachen dann die Herren Kammer-<lb/> räte <hi rendition="#g">Goldluſt</hi> und Bankdirektor <hi rendition="#g">Kindler.</hi> Kammerat<lb/><hi rendition="#g">Goldluſt</hi> verwies auf die bevorſtehende neue Novellierung<lb/> des Geſetzes vom 9. April 1873, Reichs-Geſ.-Blatt Nr. 70<lb/> über die Erwerbs- und Wirtſchaftsgenoſſenſchaften und be-<lb/> richtete über eine Reihe von Beſtimmungen, welche bei der<lb/> neuen Novellierung zu Gunſten der Kaufmannſchaft im<lb/> Parlamente vorgelegt wurden. Der Sekretär berichtet ſodann<lb/> über das Inſormationsweſen in der Bukowina, ſowie über<lb/> die Stellungnahme des kaufmänniſchen Vereines im Jahre<lb/> 1903. Der Genannte weiſt auf Grund einer Reihe von Tat-<lb/> ſachen nach, daß mit den Informationen in der Bukowina<lb/> und namentlich in Czernowitz zum Schaden der Kaufmanſchaft<lb/> von nichtautoriſierten Perſonen ſehr viel Unfug getrieben wird.<lb/> Zu dieſem Thema ſprachen die Herren: Abgeordneter Wilhelm<lb/><cb/> <hi rendition="#g">Tittinger,</hi> Direktor <hi rendition="#g">Kindler</hi> und Reichsratsabgeordneter<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Straucher,</hi> welcher eine gründliche Regelung dieſer ſo<lb/> wichtigen Frage fordert. Redner iſt der Anſicht, daß die Zu-<lb/> hilfenahme der Kammer ganz überflüſſig iſt, daß der kauf-<lb/> männiſche Verein in dieſer Frage ſelbſtändig vorgehen ſolle<lb/> und in Einvernahme mit den maßgebenden kaufmänniſchen<lb/> Korporationen in Wien einen Modus zur ſtrengen Regelung<lb/> dieſer A<supplied>n</supplied>gelegenheit finden könnte. Eine in dieſem Sinne be-<lb/> antragte Reſolution gelangt zur einſtimmigen Annahme. Sodann<lb/> berichtete der Referent über die g<supplied>e</supplied>plante Erhöhung des<lb/><hi rendition="#g">Frachtbriefſtempels</hi> ſowie der <hi rendition="#g">Frachtentarife</hi> auf<lb/> den k. k. Staatsbahnen und beantragte die Ueberreichung<lb/> einer Proteſteingabe an das Handelsminiſterium.</p><lb/> <p>Kaiſ. Rat <hi rendition="#g">Goldluſt</hi> beantragt eine Debatte über in<lb/> die Details der geplanten Frachtenerhöhungen. Es entſpinnt<lb/> ſich eine lebhafte Diskuiſion, an der ſich die Herren Direktor<lb/><hi rendition="#g">Kindler, Goldluſt, Feuerwerk, Hecht</hi> u. ſ. w.<lb/> beteiligen. Schließlich wurde dem Antrage des Referenten auf<lb/> Uebermittlung einer Proteſtnote an das Hand lsminiſterium<lb/> zugeſtimmt. Hierauf erſtattete Herr <hi rendition="#g">Mittelmann</hi> ein<lb/> längeres Referat über die Eskomptierung offener Buch-<lb/> forderungen und deren Wichtigkeit für den kauſmänniſchen<lb/> Mittelſtand.</p><lb/> <p>Zu dieſem Thema ſprechen die Herren Kammerrat<lb/><hi rendition="#g">Zentner,</hi> Direktor <hi rendition="#g">Kindler</hi> und Herman <hi rendition="#g">Bianovici.</hi><lb/> Dr. Straucher wies die Organiſation des Kredites im Handels-<lb/> und Gewerbeſtande in der Bukowina nach und fand mit<lb/> ſeinen ſehr intereſſanten Ausführungen reichlichen Beifall.<lb/> Kammerrat <hi rendition="#g">Zentner</hi> betonte abermals die Wichtigkeit der<lb/><hi rendition="#g">Errichtung einer kaufmänniſchen Bank</hi> und<lb/> bedauerte, daß dieſes Projekt bis nunzu nicht zuſtande kam.<lb/> Eine diesbezügliche Anfrage richtet gleichzeitig Herr Fuhrmann<lb/> an den Vorſitzenden. Der Vorſitzende, Herr Abgeordneter<lb/><hi rendition="#g">Tittinger,</hi> ſowie Abgeordneter Dr. <hi rendition="#g">Straucher</hi> ſtimmen<lb/> der Tatſache zu, daß die Begeiſterung bei Gründung ähnlicher<lb/> Kreditinſtitute bis zum Geldgeben ſehr groß iſt, wenn aber<lb/> die Einzahlungen erfolgen ſollen, ziehen ſich alle zurück.<lb/> Redner habe diesbezügliche Erfahrungen bei Gründung der<lb/> jüdiſchen Genoſſenſchaftsbank gemacht, und liegen beim<lb/> Genannten noch heute ganze Stöße von Zuſchriften wegen<lb/> Ernennung von Bankzenſoren, Reviſoren, Liquidatoren, Mäkler,<lb/> Diener, Aushilfsbeamten u. ſ. w. — Die vom Referenten<lb/> vorgelegte Reſolution, der kaufmänniſche Verein werde ermächtigt<lb/> mit den einzelnen Bankinſtituten, die ſich mit der Eskomp-<lb/> tierung von offenen Buchforderungen beſchäftigen, in Verbindung<lb/> zu ſetzen und die Errichtung einer Filiale in Czernowitz zu<lb/> ermöglichen, wurde einſtimmig angenommen.</p><lb/> <p>Wegen der vorgerückten Zeit beantragte ſodann Herr<lb/><hi rendition="#g">Neſtl</hi> die letzten 2 Punkte der Tagesordnung, Handlungs-<lb/> gehilfengeſetz und Handelsvertrag mit Rumänien, von der<lb/> Tagesordnung abzuſetzen, und zum Zwecke der Erledigung<lb/> dieſer 2 Punkte eine eigene Verſammlung einzuberufen. Herr<lb/> Schnapp proteſtiert gegen die Abſtellung dieſer 2 wichtigen<lb/> Punkte. Nachdem aber Abgeordneter Dr. Straucher die Anſicht<lb/> ausſpricht, daß es nicht angeht, ſo wichtige Referate ſchablon-<lb/> mäßig zu behandeln, wurde der Antrag auf Vertagung<lb/> einſtimmig beſchloßen. Es gelangte nunmehr der letzte Punkt<lb/> der Tagesordnung, Stellungnahme zu den bevorſtehenden<lb/> Handelskammerwahlen, zur Verhandlung. Zu dieſem Punkte<lb/> ſprach der Sekretär Mittelmann, welcher auf die Notwendigkeit<lb/> einer Einigung der geſamten Kaufmannſchaft hinwies und<lb/> die ablehnende Haltung der kaufmänniſchen Gremien Gruppe <hi rendition="#aq">II.</hi><lb/> und <hi rendition="#aq">III.</hi> bedauerte. Redner iſt der Anſicht, daß die Forderung<lb/> der Kaufmannſchaft und ſämtlicher Ladenbeſitzer auf Delegierung<lb/> eines Mitgliedes in die Handelskammer vollkommen be-<lb/> rechtigt iſt. Namens der kaufmänniſchen Gremien Gruppe <hi rendition="#aq">II.</hi><lb/> und <hi rendition="#aq">III.</hi> erwiderten hierauf die Herren <hi rendition="#g">Feuerwerk</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Haß.</hi> Herr Abgeordneter Dr. St<supplied cert="low">r</supplied>aucher beſprach nunmehr<lb/> ausführlich die bevorſtehenden Kammerwahlen, ſowie Stellung-<lb/> nahme der Chriſtlichſozialen, wies auf die ungemein wichtige<lb/> Poſition im Landtage hin, erörterte auch ausführlich die<lb/> Agenden des Kammerbu<supplied>r</supplied>eaus, ſowie der einzelnen Kammer-<lb/> beamten (Zwiſchenrufe: „Die Kammerſekretäre ſind fort auf<lb/> Reiſen oder gehen ſpazieren!“) und iſt der Anſicht, daß j<supplied>e</supplied>der<lb/> Kammer-Kandidat vorerſt dem Handels- oder Gewerbeſtande<lb/> ſein Programm vorzulegen verpfl<supplied>i</supplied>chtet iſt. Im ſelben Sinne<lb/> ſprechen auch Herr B. <hi rendition="#g">Baltineſter</hi> und Kammerrat<lb/><hi rendition="#g">Picker.</hi> Der Vorſitzende, Herr Abgeordneter Wilhelm<lb/><hi rendition="#g">Tittinger,</hi> gibt die Erklärung ab, daß bei den bevor-<lb/> ſtehenden Handelskammerwahlen gewiß die maßgebenden<lb/> Anſichten des Abgeordneten Dr. Straucher gehört werden<lb/> und daß in ſeinem Sinne und mit ſeinem Einverſtändniſſe<lb/> auch dieſe Angelegenheiten durchgeführt werden. Ein Antrag<lb/> des Herrn <hi rendition="#g">Neſtl,</hi> am 31. d. M. im jüdiſchen Nationalhauſe<lb/> eine größere Verſammlung ſämtlicher Handels- und Gewerbe-<lb/> treibenden von Czernowitz zur Stellungnahme dieſer Frage<lb/> einzuberufen, konnte nicht zur Abſtimmung gelangen, nachdem<lb/> viele der Anweſenden den Saal verlaſſen hatten.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Einiges über Direktor Kahlert und<lb/> Profeſſor Reichel.</hi> </hi> </head><lb/> <byline>Von <hi rendition="#b">Dr. Max Goldenberg.</hi> </byline><lb/> <p>Sechsundvierzig — ſage und ſchreibe: 46 Jahre ſind<lb/> es, daß ich, mit dem Lehrbriefe der Reife verſehen, das<lb/> damals nur vierundfünfzig, ſage und ſchreibe: 54 Jahre alte<lb/> k. k. Obergymnaſium von Czernowitz verließ, um in Wien<lb/> die akademiſche Staatsbürgerſchaft zu erlangen. Daß ich der<lb/> jubilierenden Unterrichtsanſtalt noch heute in Treue zugetan<lb/> bin, iſt mehr ſelbſtverſtändlich als lobeſam. Schon die un-<lb/> auslöſchlichen Erinnerungen an die bunten Erlebniſſe, vorzugs-<lb/> weiſe jedoch an die Lehrer und Erzieher, die an mir herum-<lb/> geboſſelt haben, halten das Gefühl der Dankbarkeit und<lb/> Anhänglichkeit in mir lebendig.</p><lb/> <p>Bis zum Jahre 1859 war Friedrich Kahlert Direktor<lb/> des Gymnaſiums, wie es ſcheint, nur in proviſoſcher Eigenſchaft,<lb/> denn er wurde an das Wiener akademiſche Gymnaſium nicht<lb/> mit dem Range eines Direktors, ſondern mit jenem eines<lb/> Profeſſors verſetzt. Er verkörperte tatſächlich das abſolutiſtiſche<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [3/0003]
27. Oktober 1908. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.
druck zu verleihen, ſtimmen Redner und Genoſſen gegen
das Budget.
Lemberg, 25. Oktober. Finanzminiſter Dr. Kory-
towski kam geſtern hier an und nahm an den Beratungen
des Landtages teil.
Lemberg, 24. Oktober. In der heutigen Abendſitzung
ſprachen noch mehrere rutheniſche Abgeordnete in der Debatte
über das Budget, und zwar die Abgeordneten Dr. Korol
(Altruthene), Dr. Dudykiewicz (Altruthene) u. a. Sie
erklärten, ebenfalls gegen das Budget ſtimmen zu müſſen,
um die gegenwärtig herrſchenden Verhältniſſe zu brandmarken.
— Das „Slowo Polski“ berichtet, daß die Seſſion des
galiziſchen Landtages allem Erwarten nach bis
zum 4. oder 5. November währen dürfte, worauf der Land-
tag vertagt werden ſoll.
Eine neue galiziſche chriſtlich-ſoziale Ver-
einigung.
Krakau, 26. Oktober. (Orig.-Korr.) Eine neue
chriſtlich-ſoziale Vereinigung iſt, wie der „Naprzod“
berichtet, in Krakau im Entſtehen begriffen, an deren Spitze
der Abg. Staniszewski treten ſoll. Der Gedanke an die
Gründung dieſer Vereinigung iſt wegen der letzten Erfolge
der Juden im Gemeinderate aufgetaucht.
Parteiſteuer.
Lemberg, 26. Oktober. Die ukrainiſchen Blätter ver-
öffentlichen einen Aufruf des ukrainiſchen Nationalkomitees
an das ukrainiſche Volk, wornach jeder Ukrainofile zugunſten
ſeiner Partei einen beſtimmten Betrag je nach der Stellung,
die er in der Partei einnimmt, leiſten ſoll.
Die Polen im Preußiſchen Landtag.
Lemberg, 26. Oktober. Wie der „Kurjer Lwowski“
meldet, beabſichtigt der Polenklub des preußiſchen Landtages,
betreffs des Verbotes, in Verſammlungen nichtdeutſche
Sprachen zu benützen, in der nächſten Sitzung des Landtages
zu interpellieren.
Bunte Chronik.
Cernowitz, 26. Oktober.
Schiffsunglück.
Zara, 26. Oktober. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Die
Hafenagentie von Zlarin telegraphiert: Der nach Trieſt
beſtimmte, der Trieſterrhede gehörige Dampfer „Emma“ fuhr
beim Leuchtturm von Rozanik auf. Der Schaden iſt
unbekannt. Die Beſatzung wurde gerettet.
Die Peſt.
Liſſabon, 26. Oktober. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg.
Ztg.“) Die Bubonenpeſtepidemie hat in Terceira (Azoren
Inſeln) an Umfang zugenommen. Täglich kommen
durchſchnittlich ſieben Todesfälle vor.
Selbſtmord des Vizepräſidenten Emmerich
von Latkoczy in Graz.
Graz, 25. Oktober. (Orig.-Ber.) Der frühere Vize-
präſident des ungariſchen Verwaltungsgerichtshofes in
Budapeſt, Emmerich von Latkoczy, gegen den bekanntlich
wegen Beſtechungen die Strafanzeige erſtattet wurde, hat ſich
Samſtag morgens in einer Grazer Heilanſtalt erſchoſſen.
Ueben den ſenſationellen Vorfall erhält die „Grazer
Tagespoſt“ folgenden Bericht: Emmerich von Latkoczy hatte
Donnerſtag abend Budapeſt verlaſſen und ſich in Begleitung
ſeiner Tochter und ſeines Schwiegerſohnes nach Graz begeben,
wo er Freitag Früh eintraf. Latkoczy befand ſich begreif-
licherweiſe nach den Vorgängen in Budapeſt in großer Auf-
regung. Er ſuchte ein hieſiges Sanatorium auf, wo er mit
ſeiner Tochter verbleiben wollte. Latkoczy erklärte ſelbſt, daß
ſein Zuſtand äußerſt bedenklich ſei und einer Pſychoſe gleich-
käme. Die Anſtaltsleitung, der er ſich unter ſeinem wahren
Namen zu erkennen gab und der er auch die bekannten Vor-
gänge in Budapeſt erzählte, erklärte jedoch, momentan keine
Räumlichkeiten in gewünſchtem Maße zur Verfügung ſtellen
zu können, da alles beſetzt ſei. Latkoczy blieb dann trotzdem
bis gegen abend im Sanatorium und wurde von ſeinem
Schwiegerſohne abgeholt. Er fuhr in Begleitung ſeiner
Tochter und ſeines Schwiegerſahnes vom Sanatorium fort
und ſuchte nun eine andere Heilanſtalt auf, wo er auch Auf-
nahme fand. Bei ſeinem Eintreffen dort ſchien er ſeinen
Gleichmut wieder gefunden zu haben, Er war munter und
guter Dinge. Der Eindruck der neuen Umgebung ſchien auf
ihn eine ungemein günſtige, beruhigende Wirkung ausgeübt
zu haben. Er nahm mit gutem Appetit ſein Abendeſſen zu
ſich und begab ſich dann, ohne irgend eine Aeußerung getan
zu haben, die auf ſein Vorhaben hingedeutet hätte, ſcheinbar
in beſter Laune nach ſeinem Schlafzimmer. Niemand hatte
eine Ahnung, daß v. Latkoczy ſein Leben enden wollte.
Im Laufe der Nacht, vielleicht auch gegen den Morgen, das
ließ ſich nicht feſtſtellen, da merkwürdigerweiſe niemand eine
Detonation gehört hatte, jagte ſich v. Latkoczy aus einem
ſechsläufig Revolver eine Kugel in rechte Schläfe. Er hatte
gut gezielt. Der Schußkanal führte direkt durch das Gehirn,
ſo daß nach äretlichem Befund der Tod ſofort eingetreten ſein
mußte. Der Schuß mußte offenbar mit ruhiger Hand abge-
geben worden ſein. Der Selbſtmord Latkoczys wurde zuerſt
durch einen Diener der Anſtalt entdeckt, der früh in das
Zimmer trat, um ſich nach den Wünſchen des Gaſtes zu
erkundigen. Da dem Eintretenden auf ſeinen Gruß keine
Antwort zuteil wurde, trat er an das Bett heran, um zu
ſehen, ob der Ruhende noch ſchlafe; zu ſeinem Schrecken
gewahrte er, daß das Geſicht Leichenbläſſe zeigte und der
Kopf eine Schußwunde aufwies. Der Diener erſtattete ſofort
einem Anſtaltsarzte Meldung von ſeiner furchtbaren Ent-
deckung. Der Arzt eilte ſogleich in das Zimmer Latkoczyſ.
Der erſte Blick auf den im Bette Liegenden brachte ihm
aber die Ueberzeugung, daß hier keine Hilfe mehr möglich
ſei. Der Tod war bereits ſeit längerer Zeit eingetreten. Von
dem Vorfalle wurde ſofort der Schwiegerſohn des Dahin-
geſchiedenen verſtändigt, der ſodann die Familienangehörigen
benachrichtigte.
Die Vorgänge, die zum Sturze Emmerich von Lotkoczys
geführt haben, ſind bekannt. Er verwertete ſeinen Einfluß
bei der Regierung für Geld durch Erwirkung von Konzeſſionen,
insbeſondere für Apotheken und Tabaktrafiken. Um ihn zu
überführen, wurde ihm eine Falle geſtellt, in die er auch
ging. Es wurden ihm 60.000 Kronen als Vermittlungs-
honorar für die Erwirkung einer Apothekerkonzeſſion ange-
boten. Er nahm das Geld tatſächlich gegen Beſtätigung in
Empfang. Der Beſtechung überwieſen, wurde er ſofort aus
dem Staatsdienſt ohne Penſionsanſpruch entlaſſen. Am
17. d. publizierte das ungariſche Amtsblatt ſeine Enthebung.
Die Enthüllungen ſeiner Handlungsweiſe veranlaßten ihn,
auch Budapeſt zu verlaſſen.
Die rumäniſchen Chautants.
Aus Bukareſt wird uns berichtet: Im Hinblick darauf,
daß ſich in den ſogenannten Varieteetheatern immer
wieder Skandale ereignen, hat die Polizei angeordnet, daß
die Vortragenden, ſowohl die Männer als auch die Frauen,
nicht mehr mit dem Teller herumgehen dürfen, um den
Lohn für ihre Künſte einzuheimſen; ſondern daß jeder Gaſt
einen Leu Eintrittsgebühr zahlen muß. Des weiteren
iſt es den Prieſtern und beſonders den Prieſterinnen der
hochgeſchürzten Kunſt verboten, mit den Gäſten an einem
Tiſch zu ſitzen und mit ihnen zu zechen. Zum Schluß wird
angeordnet, daß alle dieſe Lokale um 1 Uhr nachts ge-
ſchloſſen werden müſſen.
[Ein Slowackidenkmal in Lemberg.] Aus
Lemberg wird uns berichtet: Heute erſchien in den
polniſchen Blättern ein Aufruf ans polniſche Volk, anläßlich
der 100. Wiederkehr des Geburtstages des zweitgrößten
polniſchen Dichters, Slowacki, zum Bau eines Denkmals
für denſelben nach Kräften beizuſteuern.
Czernowitzer Angelegenheiten.
Czernowitz, 26. Oktober.
Vollverſammlung des Czernowitzer
kaufmänniſchen Vereines.
Samſtag um 4 Uhr nachm. fand eine Vollverſammlung
der Mitglieder des Czernowitzer kaufmänniſchen Vereines
ſtatt, zu welcher auch ſämtliche Mitglieder des kaufmänniſchen
Gremiums Gruppe I geladen waren. Außer den zahlreich
erſchienen Kaufleuten, bemerkte man unter den Anweſenden
die Herren Reichsratsabgeordneten Dr. Straucher, die
Kammeräte kaiſ. Rat Goldluſt, Zentner und Picker,
Bankdirektor kaiſ. Rat Kindler, Kozower und Groß-
induſtriellen Jakob Hecht. Der Vorſitzende, Herr Handels-
kammerpräſident und Landtagsabg. Wilhelm Tittinger,
begrüßte die zahlreich erſchienenen Kaufleute und insbeſondere
den Abgeordneten der Stadt Czernowitz, Herrn Dr. Straucher.
Derſelbe erteilte hierauf dem Sekretär Mittelmann das
Wort zur Erſtattung der auf der Tagesordnung ſtehenden
Referate. Der Genannte beſprach nunmehr eingehend über das
Konſumvereinsweſen in der Bukowina, ſowie über die durch das
ſelbe der Kaufmannſchaft verurſachten Schäden und die nationale
Begrenzung der Konſumvereine in der Bukowina.
Ueber dieſes Thema ſprachen dann die Herren Kammer-
räte Goldluſt und Bankdirektor Kindler. Kammerat
Goldluſt verwies auf die bevorſtehende neue Novellierung
des Geſetzes vom 9. April 1873, Reichs-Geſ.-Blatt Nr. 70
über die Erwerbs- und Wirtſchaftsgenoſſenſchaften und be-
richtete über eine Reihe von Beſtimmungen, welche bei der
neuen Novellierung zu Gunſten der Kaufmannſchaft im
Parlamente vorgelegt wurden. Der Sekretär berichtet ſodann
über das Inſormationsweſen in der Bukowina, ſowie über
die Stellungnahme des kaufmänniſchen Vereines im Jahre
1903. Der Genannte weiſt auf Grund einer Reihe von Tat-
ſachen nach, daß mit den Informationen in der Bukowina
und namentlich in Czernowitz zum Schaden der Kaufmanſchaft
von nichtautoriſierten Perſonen ſehr viel Unfug getrieben wird.
Zu dieſem Thema ſprachen die Herren: Abgeordneter Wilhelm
Tittinger, Direktor Kindler und Reichsratsabgeordneter
Dr. Straucher, welcher eine gründliche Regelung dieſer ſo
wichtigen Frage fordert. Redner iſt der Anſicht, daß die Zu-
hilfenahme der Kammer ganz überflüſſig iſt, daß der kauf-
männiſche Verein in dieſer Frage ſelbſtändig vorgehen ſolle
und in Einvernahme mit den maßgebenden kaufmänniſchen
Korporationen in Wien einen Modus zur ſtrengen Regelung
dieſer Angelegenheit finden könnte. Eine in dieſem Sinne be-
antragte Reſolution gelangt zur einſtimmigen Annahme. Sodann
berichtete der Referent über die geplante Erhöhung des
Frachtbriefſtempels ſowie der Frachtentarife auf
den k. k. Staatsbahnen und beantragte die Ueberreichung
einer Proteſteingabe an das Handelsminiſterium.
Kaiſ. Rat Goldluſt beantragt eine Debatte über in
die Details der geplanten Frachtenerhöhungen. Es entſpinnt
ſich eine lebhafte Diskuiſion, an der ſich die Herren Direktor
Kindler, Goldluſt, Feuerwerk, Hecht u. ſ. w.
beteiligen. Schließlich wurde dem Antrage des Referenten auf
Uebermittlung einer Proteſtnote an das Hand lsminiſterium
zugeſtimmt. Hierauf erſtattete Herr Mittelmann ein
längeres Referat über die Eskomptierung offener Buch-
forderungen und deren Wichtigkeit für den kauſmänniſchen
Mittelſtand.
Zu dieſem Thema ſprechen die Herren Kammerrat
Zentner, Direktor Kindler und Herman Bianovici.
Dr. Straucher wies die Organiſation des Kredites im Handels-
und Gewerbeſtande in der Bukowina nach und fand mit
ſeinen ſehr intereſſanten Ausführungen reichlichen Beifall.
Kammerrat Zentner betonte abermals die Wichtigkeit der
Errichtung einer kaufmänniſchen Bank und
bedauerte, daß dieſes Projekt bis nunzu nicht zuſtande kam.
Eine diesbezügliche Anfrage richtet gleichzeitig Herr Fuhrmann
an den Vorſitzenden. Der Vorſitzende, Herr Abgeordneter
Tittinger, ſowie Abgeordneter Dr. Straucher ſtimmen
der Tatſache zu, daß die Begeiſterung bei Gründung ähnlicher
Kreditinſtitute bis zum Geldgeben ſehr groß iſt, wenn aber
die Einzahlungen erfolgen ſollen, ziehen ſich alle zurück.
Redner habe diesbezügliche Erfahrungen bei Gründung der
jüdiſchen Genoſſenſchaftsbank gemacht, und liegen beim
Genannten noch heute ganze Stöße von Zuſchriften wegen
Ernennung von Bankzenſoren, Reviſoren, Liquidatoren, Mäkler,
Diener, Aushilfsbeamten u. ſ. w. — Die vom Referenten
vorgelegte Reſolution, der kaufmänniſche Verein werde ermächtigt
mit den einzelnen Bankinſtituten, die ſich mit der Eskomp-
tierung von offenen Buchforderungen beſchäftigen, in Verbindung
zu ſetzen und die Errichtung einer Filiale in Czernowitz zu
ermöglichen, wurde einſtimmig angenommen.
Wegen der vorgerückten Zeit beantragte ſodann Herr
Neſtl die letzten 2 Punkte der Tagesordnung, Handlungs-
gehilfengeſetz und Handelsvertrag mit Rumänien, von der
Tagesordnung abzuſetzen, und zum Zwecke der Erledigung
dieſer 2 Punkte eine eigene Verſammlung einzuberufen. Herr
Schnapp proteſtiert gegen die Abſtellung dieſer 2 wichtigen
Punkte. Nachdem aber Abgeordneter Dr. Straucher die Anſicht
ausſpricht, daß es nicht angeht, ſo wichtige Referate ſchablon-
mäßig zu behandeln, wurde der Antrag auf Vertagung
einſtimmig beſchloßen. Es gelangte nunmehr der letzte Punkt
der Tagesordnung, Stellungnahme zu den bevorſtehenden
Handelskammerwahlen, zur Verhandlung. Zu dieſem Punkte
ſprach der Sekretär Mittelmann, welcher auf die Notwendigkeit
einer Einigung der geſamten Kaufmannſchaft hinwies und
die ablehnende Haltung der kaufmänniſchen Gremien Gruppe II.
und III. bedauerte. Redner iſt der Anſicht, daß die Forderung
der Kaufmannſchaft und ſämtlicher Ladenbeſitzer auf Delegierung
eines Mitgliedes in die Handelskammer vollkommen be-
rechtigt iſt. Namens der kaufmänniſchen Gremien Gruppe II.
und III. erwiderten hierauf die Herren Feuerwerk und
Haß. Herr Abgeordneter Dr. Straucher beſprach nunmehr
ausführlich die bevorſtehenden Kammerwahlen, ſowie Stellung-
nahme der Chriſtlichſozialen, wies auf die ungemein wichtige
Poſition im Landtage hin, erörterte auch ausführlich die
Agenden des Kammerbureaus, ſowie der einzelnen Kammer-
beamten (Zwiſchenrufe: „Die Kammerſekretäre ſind fort auf
Reiſen oder gehen ſpazieren!“) und iſt der Anſicht, daß jeder
Kammer-Kandidat vorerſt dem Handels- oder Gewerbeſtande
ſein Programm vorzulegen verpflichtet iſt. Im ſelben Sinne
ſprechen auch Herr B. Baltineſter und Kammerrat
Picker. Der Vorſitzende, Herr Abgeordneter Wilhelm
Tittinger, gibt die Erklärung ab, daß bei den bevor-
ſtehenden Handelskammerwahlen gewiß die maßgebenden
Anſichten des Abgeordneten Dr. Straucher gehört werden
und daß in ſeinem Sinne und mit ſeinem Einverſtändniſſe
auch dieſe Angelegenheiten durchgeführt werden. Ein Antrag
des Herrn Neſtl, am 31. d. M. im jüdiſchen Nationalhauſe
eine größere Verſammlung ſämtlicher Handels- und Gewerbe-
treibenden von Czernowitz zur Stellungnahme dieſer Frage
einzuberufen, konnte nicht zur Abſtimmung gelangen, nachdem
viele der Anweſenden den Saal verlaſſen hatten.
Einiges über Direktor Kahlert und
Profeſſor Reichel.
Von Dr. Max Goldenberg.
Sechsundvierzig — ſage und ſchreibe: 46 Jahre ſind
es, daß ich, mit dem Lehrbriefe der Reife verſehen, das
damals nur vierundfünfzig, ſage und ſchreibe: 54 Jahre alte
k. k. Obergymnaſium von Czernowitz verließ, um in Wien
die akademiſche Staatsbürgerſchaft zu erlangen. Daß ich der
jubilierenden Unterrichtsanſtalt noch heute in Treue zugetan
bin, iſt mehr ſelbſtverſtändlich als lobeſam. Schon die un-
auslöſchlichen Erinnerungen an die bunten Erlebniſſe, vorzugs-
weiſe jedoch an die Lehrer und Erzieher, die an mir herum-
geboſſelt haben, halten das Gefühl der Dankbarkeit und
Anhänglichkeit in mir lebendig.
Bis zum Jahre 1859 war Friedrich Kahlert Direktor
des Gymnaſiums, wie es ſcheint, nur in proviſoſcher Eigenſchaft,
denn er wurde an das Wiener akademiſche Gymnaſium nicht
mit dem Range eines Direktors, ſondern mit jenem eines
Profeſſors verſetzt. Er verkörperte tatſächlich das abſolutiſtiſche
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