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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 207, Czernowitz, 06.09.1904.

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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 6. September 1904.

[Spaltenumbruch]
Czernowitzer Angelegenheiten.


Die Eröffnung des k. k. II. Staats-
gymnasiums

am Ferdinandsplatze fand heute um 11 Uhr vormittags in
feierlicher Weise statt. Das stattliche Gebäude mit seinen lichten
luftigen Räumen, das erste speziell für Schulzwecke entsprechend
gebaute Schulhaus in der Bukowina, prangte in reichem Flaggen-
schmuck. In dem mit der Kaiserbüste und Guirlanden dekorierten
geräumigen Vestübil des Hauses hatte der Direktor Kornel
Kozak mit dem Lehrkörper der Anstalt Aufstellung genommen,
um die Gäste zu begrüßen. Es waren außer den Direktoren
und Professoren sämtlicher Mittelschulen die Spitzen der Be-
hörden erschienen:

Erzbischof Dr. v. Repta, Generalmajor v. Hornik,
Bürgermeister Baron Kochanowski, Reg.-Rat Dr. Reiß,
Mag.-Dir. Reg.-Rat Wiedmann u. s. f.

Im Namen des Baukomitees und in Vertretung des
Obmannes desselben (Reg.-Rat v. Pessic) begrüßte Ober-
baurat Haberlandt den Landespräsidenten Prinzen
Hohenlohe und lud ihn zur Eröffnung der Anstalt ein.

Hierauf ergriff Landespräsident Prinz Hohenlohe
das Wort:

Gestern und vorgestern Nachmittags habe ich der Er-
öffnung von wichtigen humanitären Anstalten in Czernowitz
beigewohnt; schon heute versammeln wir uns wieder, um
einen Schulpalast der Benützung feierlich zu übergeben.

Wenn jemand meinen sollte, daß mich derlei Feiern
ermüden, so möchte ich ihn des geraden Gegenteiles versichern.

Ich würde mir drei solcher Feiern für jeden Tag
wünschen, weil jede einen Schritt nach vorwärts bedeutet,
jede die Erfüllung eines von der Bevölkerung, oft seit langem
gehegten Wunsches verkündet.

Und heute besonders haben wir Grund zur Freude,
handelt es sich doch um eine Errungenschaft auf dem Gebiete
der Schule, jenem großen Gebiete, das die Zukunft bedeutet
und auf dem meiner Ansicht nach gar nicht genug gearbeitet
werden kann.

Wer ein Land verwaltet, ohne das Schulwesen sorgsam
zu bestellen, treibt Raubbau. Und welch' große Bedeutung
ein modern eingerichtetes, lichtes, luftiges Schulhaus für
den Unterricht hat, das wird Ihnen nicht nur der gewiegte
Pädagoge sagen, sondern wird wohl jeder Laie einzu-
schätzen wissen.

Gottes Segen ruhe auf diesem Hause; es ist bestimmt,
den Knaben die Möglichkeit zu bieten, auch in ihrer geliebten
Muttersprache sich für die Wissenschaft vorzubereiten, nützliche
Mitglieder der menschlichen Gesellschaft zu werden und das
aufgewendete Kapital wird tausendfältige Zinsen tragen.

Die Stadtgemeinde Czernowitz hat durch Schenkung
des Baugrundes neuerlich ihre verständnisvolle Sorge für
die Schule bekundet und ich ergreife gern die Gelegenheit,
ihr hiefür den Dank der Staatsverwaltung zu sagen.
Wärmsten Dank gebührt auch dem Baukomite unter Führung
des Herrn Landes-Regierungsrates von Pessic und Herrn
Oberbaurates Haberlandt. Auch erachte ich es als meine
Pflicht dem rührigen und sachkundigen Bauleiter Herrn
Ingenieur Finkelstein für seine ausgezeichnete Arbeit
die rückhaltsloseste Anerkennung auszusprechen, sowie dem
Herrn Baumeister, den Gewerbetreibenden und Arbeitern
dafür zu danken, daß sie einen glänzenden Nachweis für die
Leistungsfähigkeit einheimischer Kräfte erbracht haben.

Ueber die Freude an dem gelungenen Werke wollen
wir aber nicht vergessen, daß in Czernowitz in Schulsachen
noch vieles andere zu tun übrig bleibt und von hier weg
wollen wir uns sofort mit ganzer Energie an die Aufgaben
wenden, die unser noch auf diesem Gebiete harren.

Und so rufe ich, indem ich den Neubau des II. Staats-
gymnasiums in Czernowitz für eröffnet erkläre:

Vivant sequentes!

Baurat Beill verliest hierauf die Urkunde der Schluß-
steinlegung, worauf Landespräsident Prinz Hohen-
lohe
die feierliche Schlußsteinlegung mit den zeremoniellen
Hammerschlägen und den Worten: "Für Kaiser und Reich,
Wahrheit und Wissen, auf daß dies Haus den Zweck erfülle
und nützliche Staatsbürger heranziehe!" vornimmt. Die
Honoratioren setzten das Zeremoniell der Schlußsteinlegung fort,
worauf die marmorene Gedenktafel am Eingange des Hauses
enthüllt wurde.

Sodann fand im Zeichensale der Anstalt die eigentliche
interne Schulfeier start, bei der Direktor Kosak die Festrede
hielt. In derselben begrüßte er zunächst die erschienenen Gäste
(namentlich Prinz Hohenlohe und Dr. v. Repta), bat
den Landespräsidenten der Unterrichtsverwaltung in geeigneter
Weise die Bitte der Direktion des Lehrkörpers und der Schüler
der Anstalt zu unterbreiten und gelobte, die Erziehung der
Jugend im Sinne der Religion, der Moral und der Staats-
gesetze zu leiten.

Der Schülerchor der Anstalt stimmte den "Festgesang"
von Gluck an, worauf Professor Kristof in deutscher und
Professor Kobylanski in ruthenischer Sprache über die
Entstehung und Entwicklung der Anstalt, die heuer schon die
achte Klasse erhielt, referierten.

Nach einer Schlußrede des Direktor Kosak, die in ein
Hoch auf den Kaiser ausklang, fand die erhebende Feier mit
der Absingung der Volkshymne durch den Schülerchor
ihren Abschluß.




[Spaltenumbruch]
Die Eröffnung der freiwilligen
Rettungsstation.

Das wohltätige Werk, das sich in den Dienst der leiden-
den Menschheit stellt und für die Bevölkerung der Stadt
Czernowitz ein Retter in der Not sein wird, ist nun vollendet.
Die freiwillige Rettungsstation ist gestern eröffnet und
ihrer Bestimmung übergeben worden. Die feierliche Einweihung
der Institution, die gestern um 4 Uhr im Hofraume der
Station der Rettungsgesellschaft, Elisabethplatz 4, statt-
fand, nahm einen würdigen Verlauf und erhielt durch die
Anwesenheit Sr. Durchlaucht des Landespräsidenten Prinzen
Hohenlohe
eine besondere Weihe. Außer dem Landeschef
erschienen zahlreiche Vertreter der Behörden, Bürgermeister
Kochanowski und Vizebürgermeister Regierungsrat Reiß,
Generalmajor Wanka, Oberst Dworzak, Erzbischof Dr.
v. Repta, Hofrat Knipfer, Regierungsrat Dr. Kluczenko,
Stadtphysikus Dr. Röhmer, Oberstadtarzt Dr. Flinker,
die Stadtärzte Dr. Luttinger und Becker, Konsistorialrat
Hanicki, Rabbiner Weiß, Feuerwehrkommandant Wiese
und zahlreiche Aerzte und Beamten. Im Hofraume wurde ein
reizend geschmücktes Zelt errichtet, auf beiden Seiten nahmen
die Feuerwehrmannschaft und die Musikkapelle der Feuerwehr
Aufstellung.

Obmannstellvertreter Regierungsrat Dr. Reiß eröffnete
die Feier mit folgender Ansprache:

Eure Durchlaucht!

Hochansehnliche Versammlung!

In Vertretung des Herrn Vereinspräsidenten fällt mir
vor Allem die ehrenvolle Aufgabe zu, namens des Ausschusses
der "Czernowitzer freiwilligen Rettungsgesellschaft" Eure
Durchlaucht unseren hochverehrten Herrn Vereinsprotektor und
alle hochgeehrten Herren, welche die besondere Güte hatten,
zur Feier der Eröffnung der Rettungsstation sich einzu-
finden, insbesondere die Repräsentanten der hohen geistlichen,
staatlichen, militärischen und autonomen Behörden, sowie
die Vertreter unserer Bürgerschaft, auf das herzlichste zu
begrüßen und für das freundliche Erscheinen besten Dank zu
sagen. Ihre Anwesenheit, meine hochgeehrten Herren, gibt
beredtes Zeugnis hiefür, daß wir daran gehen, ein gutes
und gemeinnütziges Werk zu schaffen, eine Institution ins
Leben zu rufen, deren Abgang bisher in unserer Stadt eine
fühlbare Lücke aufwies, eine Institution, die allen Bewohnern
zugute kommt und berufen ist, das kostbarste Menschengut
-- das Leben -- zu schützen. Ihre Anwesenheit beweist
aber auch, daß der "Czernowitzer freiwilligen Rettungs-
gesellschaft" in allen Kreisen der Bevölkerung bereits all-
seitige aufrichtige Sympathien entgegengebracht werden.

Der junge Verein bedarf aber auch dieser Sympathien,
sowie der allgemeinen Förderung und der weitestgehenden
Unterstützung, wenn er das Werk der Nächstenliebe auch
tatsächlich erfüllen soll. In dieser Beziehung können wir
aber mit großer Besriedigung darauf hinweisen, daß die
"Czernowitzer freiwillige Rettungsgesellschaft" unter einem
günstigen Stern und unter glücklichen Auspizien ihee Tätig-
keit begann, indem Se. Durchlaucht unser allverehrter Herr
Landespräsident über den Verein seine schützende Hand hält.
Se. Durchlaucht war es, der die Idee der Bildung der
Rettungsgesellschaft -- in des Wortes schönster Bedeutung
-- propagierte, dem Ausschusse mit Rat und Tat zur Seite
stand und durch die gütige Uebernahme des Protektorates
und durch seinen mächtigen Einfluß den Verein lebensfähig
machte.

Meine hochgeehrten Herren! Wenn man darangeht, ein
Werk der Hilfe und Humanität zu inaugurieren, so drängt
sich jedem Oesterreicher der Gedanke von selbst auf, zu dem
höchsten Förderer jedes humanen Wirkens, zum obersten
Schützer und Schirmer aller Werke der Menschenliebe und
Wohlfahrt im Staate, zu unserem erhabenen Monarchen in
Ehrfurcht und Dankbarkeit hinaufzublicken.

Ich bin, meine hochgeehrten Herren, Ihrer jubelnden
Zustimmung sicher, wenn ich Sie einlade, mit mir in den
begeisterten Ruf einzustimmen: Seine Majestät unser aller-
gnädigster Kaiser lebe hoch, hoch, hoch!

Die Anwesenden stimmten in die Hochrufe begeistert ein.

Sodann ergriff der Chefarzt der Rettungsgesellschaft Be-
zirksarzt Dr. Wolf das Wort und schilderte in kurzen Zügen
die Entstehungsgeschichte der Institution. Die Folgen -- führte
der Redner aus -- von schweren Unfällen, deren Opfer nicht
die nötige Hife rasch erhalten konnten, haben in der Presse
und im Publikum zu Erwägungen geführt, wie dem Uebel
abzuhelfen sei. Man habe viele Versuche gemacht, aber alle
blieben erfolglos. Erst dem Eingreifen Sr. Durchlaucht des
Landespräsidenten sei es zu verdanken, daß wir heute in der
glücklichen Lage sind, diese Institution zu eröffnen. Herr Dr.
Wolf schloß seine Ausführung, die wir wegen Raummangels
heute nicht ganz wiedergeben können, indem er auf die be-
sonders segensreiche Tätigkeit des Landespräsidenten hinwies,
unter dessen Aegide auch die anderen Gebiete der Sozial-
hygiene zum Wohle aller die nötige Förderung erfahren werden,
und versicherte, der Dank für die gütige Einflußnahme des
Landeschefs werde dadurch bekundet werden, daß seine Absichten
mit allen Kräften unterstützt werden.

Herr Apotheker Füllenbaum berichtete sodann über
den Stand der Rettungsgesellschaft. Gegenwärtig gehören der
Gesellschaft an 11 Stifter, 156 unterstützende und 36 aktive
Mitglieder, darunter 6 Aerzte und 3 ständige Sanitätsgehilfen.
Die aktiven Mitglieder sind zumeist Mitglieder der freiwilligen
Feuerwehr.

Hierauf ergriff Landespräsident Prinz Hohenlohe das
Wort zu folgender Ansprache:

Mit Freude begrüße ich die Vollendung eines Werkes,
das einen neuen, wichtigen Fortschritt in der Entwicklung
unserer Stadt bedeutet, und es erfüllt mich mit Stolz, daß
ich auch ein klein wenig zur Förderung der neuen Institution
beitragen konnte.


[Spaltenumbruch]

Ganz entschieden muß ich es aber ablehnen, daß mir
ein so hervorragendes Verdienst daran zugeschrieben wird,
wie dies geschehen ist.

Was wäre meine bescheidene Anregung und Förderung
gewesen, ohne die tatkräftige rührige Arbeit der Herren
Dr. Wolf, Füllenbaum, kais. Rat Schnirch, ohne
das entgegenkommende Verhalten der Freiwilligen Feuer-
wehr; seit Monaten haben die genannten Herren unbeirrt
durch kleinliche Zweifel, ohne sich durch irgend ein Hindernis
abschrecken zu lassen, ihr schönes Ziel weiter verfolgt und
endlich erreicht.

Sie haben dadurch dargetan, daß es in Czernowitz
wahrhaft fortschrittliche Männer, im besten Sinne des
Wortes gibt, daß Stadt und Land tatsächlich fortschreiten
und daß die schönen Worte, die wir gestern mit Freude
aus dem Munde Seiner Exzellenz des Herrn Minister-
präsidenten gehört haben, auch wohlbegründet waren.

Die Bedeutung des neu geschaffenen Werkes hat Herr
Dr. Wolf bereits in viel besserer Weise gewürdigt, als
ich dies zu tun im Stande wäre; es bedarf auch keiner
weiteren Worte, denn niemand wird es bestreiten wollen,
daß die schönste Betätigung wahrer Humanität darin
besteht, den Bedrängten im Augenblicke der Not brüderliche
Hilfe zu leisten.

Das Werk ist vollendet, lassen Sie uns nun Sorge
tragen, es zu erhalten, damit es zur bleibenden Zierde der
Stadt Czernowitz, zum dauernden Hort für viele
Unglückliche werde.

Indem ich die Tätigkeit der Czernowitzer Freiwilligen
Rettungsgesellschaft für eröffnet erkläre, wünsche ich ihr
kräftiges Gedeihen für alle Zukunft.

Nachdem die Feier geschlossen war, intonierte die Musik-
kapelle der Feuerwehr einen Marsch und der Landespräsident
sowie die übrigen Gäste besichtigten unter Führung des Dr.
Wolf und Apothekers Füllenbaum die Räume der Station
und die Einrichtung derselben. Der Landespräsident ließ sich
über Verschiedenes informieren, äußerte sich sehr anerkennend
über das ganze Arrangement und verlieh seinem lebhaften
Wunsche wiederholt Ausdruck, daß die Institution sich zu einer
wohltätigen entwickeln möge. Hierauf trugen sich der Landes-
präsident sowie die Vertreter der verschiedenen Behörden in
das Gedenkbuch ein, womit die Feier ihr Ende nahm.

Namens der Wiener Freiwilligen Rettungsgesellschaft
hatte Chefarzt Dr. Charas folgendes Begrüßungstelegramm
gesendet:

"Leider verhindert, der heutigen Eröffnungsfeier beizu-
wohnen, senden wir auf diesem Wege die aufrichtigsten und
herzlichsten Wünsche für ein stetes Blühen, Wachsen und
Gedeihen der Czernowitzer Freiwilligen Rettungsgesellschaft.
Mögen ihre rühmenswerten Bestrebungen von dem allerbesten
Erfolge gekrönt sein."




Neue Advokaten.

Die Advokaten Dr. Jakob Kopel
Finkel mit dem Wohnsitze in Sereth und Dr. Moses
Beras in Storozynetz wurden in die Advokatenliste ein-
getragen.

Czernowitz.

Die "Neue Freie Presse" bringt
unter diesem Schlagworte die folgenden Ausführungen: Aus
dieser erfreulich aufblühenden und tapfer vorwärtsschreitenden
Landeshauptstadt der Bukowina, dse gerade heute durch den
Besuch des Ministerpräsidenten im Vordergrund des Inter-
esses steht, kommt uns seit zwei Tagen eine Anzahl von
brieflichen und telegraphischen Zuschriften zu, die sämtlich
darin übereinstimmen, daß zwei Feuilletonartikel, die unter
dem Titel: "Aus der Bukowina" am 31. August und am
1. September in unserem Blatte erschienen sind, dort eine
eigentümliche und ganz unerwartete Aufregung hervorgerusen
hätten. Der Inhalt dieser, zum Teil von sehr angesehenen
und hochachtbaren Persönlichkeiten herrührenden Zuschriften
läßt sich dahin zusammenfassen, daß in jenen Aufsätzen ein
ganz unrichtiges, der Wahrheit nicht entsprechendes Bild von
der Stadt Czernowitz und ihrer Bevölkerung gegeben sei,
daß die Bewohner sich dadurch verletzt und dem Spotte
preisgegeben fühlen, und daß die Einsender teils verwundert,
teils entrüstet darüber wären, daß die "Neue Freie Presse"
dieser unwahren Darstellung, hinter welcher einzelne auch an-
tisemitische Gesinnung und Absicht vermuten, Raum gegeben
habe. Die Leser jener Reiseschilderungen, die nicht der Bu-
kowina angehören, werden sicherlich nicht weniger erstaunt
sein als wir, daß sie eine solche Wirkung hervorbringen
konnten. In den beiden Aufsätzen war nicht Czernowitz und
auch nicht die Bukowina, sondern ein Besuch bei dem
Wunderabbi von Sadagora geschildert. Von der Stadt
Czernowitz war nur in wenigen Zeilen die Rede, und
diese beschränkten sich auf die sicherlich nicht verletzende Mit-
teilung, daß der Verfasser sich an der Sauberkeit der
Straßen, an den schmucken Häusern und den blühenden Vor-
gärtchen erlabt habe. Außerdem war allerdings mit einigen
Strichen auch eine Gruppe orthodoxer Juden gezeichnet, die
in der bekannten traditionellen Tracht mit dem Schläfen-
locken und ihrer Art zu sprechen, ein minder erfreuliches
Bild darboten, und war von einem Kaffeehaus die Rede,
in welchem der Verfasser durch die sehr entgegenkommenden
Manieren der weiblichen Bedienung in Verwunderung gesetzt
wurde. Daß irgend ein Leser jene Gruppe von Juden mit
der Czernowitzer Bevölkerung identifizieren oder die Szene
in dem Kaffeehause als ein für die Stadt typisches Sitten-
bild ansehen werde, konnte weder vom Verfasser noch von
uns vorausgesehen werden. Wenn die ungeschminkte Dar-
stellung solcher Schattenseiten jedes größeren Gemeinwesens
als eine der ganzen Bevölkerung zugefügte Beleidigung an-
gesehen würde, wo gäbe es eine Stadt, die noch nicht be-
leidigt wurde? Wenn man die unzähligen Schilderungen
liest, die fast täglich von Reiseschriftstellern von dem Apachen-
leben auf den äußeren Boulevards von Paris, von der Be-
völkerung der östlichen Stadtteile von London, von den in
gewissen Straßen New-Yorks angesammelten jüdischen
Auswanderern aus Rußland, ja von gewissen Seiten des

Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 6. September 1904.

[Spaltenumbruch]
Czernowitzer Angelegenheiten.


Die Eröffnung des k. k. II. Staats-
gymnasiums

am Ferdinandsplatze fand heute um 11 Uhr vormittags in
feierlicher Weiſe ſtatt. Das ſtattliche Gebäude mit ſeinen lichten
luftigen Räumen, das erſte ſpeziell für Schulzwecke entſprechend
gebaute Schulhaus in der Bukowina, prangte in reichem Flaggen-
ſchmuck. In dem mit der Kaiſerbüſte und Guirlanden dekorierten
geräumigen Veſtübil des Hauſes hatte der Direktor Kornel
Kozak mit dem Lehrkörper der Anſtalt Aufſtellung genommen,
um die Gäſte zu begrüßen. Es waren außer den Direktoren
und Profeſſoren ſämtlicher Mittelſchulen die Spitzen der Be-
hörden erſchienen:

Erzbiſchof Dr. v. Repta, Generalmajor v. Hornik,
Bürgermeiſter Baron Kochanowski, Reg.-Rat Dr. Reiß,
Mag.-Dir. Reg.-Rat Wiedmann u. ſ. f.

Im Namen des Baukomitees und in Vertretung des
Obmannes desſelben (Reg.-Rat v. Peſſic) begrüßte Ober-
baurat Haberlandt den Landespräſidenten Prinzen
Hohenlohe und lud ihn zur Eröffnung der Anſtalt ein.

Hierauf ergriff Landespräſident Prinz Hohenlohe
das Wort:

Geſtern und vorgeſtern Nachmittags habe ich der Er-
öffnung von wichtigen humanitären Anſtalten in Czernowitz
beigewohnt; ſchon heute verſammeln wir uns wieder, um
einen Schulpalaſt der Benützung feierlich zu übergeben.

Wenn jemand meinen ſollte, daß mich derlei Feiern
ermüden, ſo möchte ich ihn des geraden Gegenteiles verſichern.

Ich würde mir drei ſolcher Feiern für jeden Tag
wünſchen, weil jede einen Schritt nach vorwärts bedeutet,
jede die Erfüllung eines von der Bevölkerung, oft ſeit langem
gehegten Wunſches verkündet.

Und heute beſonders haben wir Grund zur Freude,
handelt es ſich doch um eine Errungenſchaft auf dem Gebiete
der Schule, jenem großen Gebiete, das die Zukunft bedeutet
und auf dem meiner Anſicht nach gar nicht genug gearbeitet
werden kann.

Wer ein Land verwaltet, ohne das Schulweſen ſorgſam
zu beſtellen, treibt Raubbau. Und welch’ große Bedeutung
ein modern eingerichtetes, lichtes, luftiges Schulhaus für
den Unterricht hat, das wird Ihnen nicht nur der gewiegte
Pädagoge ſagen, ſondern wird wohl jeder Laie einzu-
ſchätzen wiſſen.

Gottes Segen ruhe auf dieſem Hauſe; es iſt beſtimmt,
den Knaben die Möglichkeit zu bieten, auch in ihrer geliebten
Mutterſprache ſich für die Wiſſenſchaft vorzubereiten, nützliche
Mitglieder der menſchlichen Geſellſchaft zu werden und das
aufgewendete Kapital wird tauſendfältige Zinſen tragen.

Die Stadtgemeinde Czernowitz hat durch Schenkung
des Baugrundes neuerlich ihre verſtändnisvolle Sorge für
die Schule bekundet und ich ergreife gern die Gelegenheit,
ihr hiefür den Dank der Staatsverwaltung zu ſagen.
Wärmſten Dank gebührt auch dem Baukomité unter Führung
des Herrn Landes-Regierungsrates von Peſſic und Herrn
Oberbaurates Haberlandt. Auch erachte ich es als meine
Pflicht dem rührigen und ſachkundigen Bauleiter Herrn
Ingenieur Finkelſtein für ſeine ausgezeichnete Arbeit
die rückhaltsloſeſte Anerkennung auszuſprechen, ſowie dem
Herrn Baumeiſter, den Gewerbetreibenden und Arbeitern
dafür zu danken, daß ſie einen glänzenden Nachweis für die
Leiſtungsfähigkeit einheimiſcher Kräfte erbracht haben.

Ueber die Freude an dem gelungenen Werke wollen
wir aber nicht vergeſſen, daß in Czernowitz in Schulſachen
noch vieles andere zu tun übrig bleibt und von hier weg
wollen wir uns ſofort mit ganzer Energie an die Aufgaben
wenden, die unſer noch auf dieſem Gebiete harren.

Und ſo rufe ich, indem ich den Neubau des II. Staats-
gymnaſiums in Czernowitz für eröffnet erkläre:

Vivant sequentes!

Baurat Beill verlieſt hierauf die Urkunde der Schluß-
ſteinlegung, worauf Landespräſident Prinz Hohen-
lohe
die feierliche Schlußſteinlegung mit den zeremoniellen
Hammerſchlägen und den Worten: „Für Kaiſer und Reich,
Wahrheit und Wiſſen, auf daß dies Haus den Zweck erfülle
und nützliche Staatsbürger heranziehe!“ vornimmt. Die
Honoratioren ſetzten das Zeremoniell der Schlußſteinlegung fort,
worauf die marmorene Gedenktafel am Eingange des Hauſes
enthüllt wurde.

Sodann fand im Zeichenſale der Anſtalt die eigentliche
interne Schulfeier ſtart, bei der Direktor Koſak die Feſtrede
hielt. In derſelben begrüßte er zunächſt die erſchienenen Gäſte
(namentlich Prinz Hohenlohe und Dr. v. Repta), bat
den Landespräſidenten der Unterrichtsverwaltung in geeigneter
Weiſe die Bitte der Direktion des Lehrkörpers und der Schüler
der Anſtalt zu unterbreiten und gelobte, die Erziehung der
Jugend im Sinne der Religion, der Moral und der Staats-
geſetze zu leiten.

Der Schülerchor der Anſtalt ſtimmte den „Feſtgeſang“
von Gluck an, worauf Profeſſor Kriſtof in deutſcher und
Profeſſor Kobylanski in rutheniſcher Sprache über die
Entſtehung und Entwicklung der Anſtalt, die heuer ſchon die
achte Klaſſe erhielt, referierten.

Nach einer Schlußrede des Direktor Koſak, die in ein
Hoch auf den Kaiſer ausklang, fand die erhebende Feier mit
der Abſingung der Volkshymne durch den Schülerchor
ihren Abſchluß.




[Spaltenumbruch]
Die Eröffnung der freiwilligen
Rettungsſtation.

Das wohltätige Werk, das ſich in den Dienſt der leiden-
den Menſchheit ſtellt und für die Bevölkerung der Stadt
Czernowitz ein Retter in der Not ſein wird, iſt nun vollendet.
Die freiwillige Rettungsſtation iſt geſtern eröffnet und
ihrer Beſtimmung übergeben worden. Die feierliche Einweihung
der Inſtitution, die geſtern um 4 Uhr im Hofraume der
Station der Rettungsgeſellſchaft, Eliſabethplatz 4, ſtatt-
fand, nahm einen würdigen Verlauf und erhielt durch die
Anweſenheit Sr. Durchlaucht des Landespräſidenten Prinzen
Hohenlohe
eine beſondere Weihe. Außer dem Landeschef
erſchienen zahlreiche Vertreter der Behörden, Bürgermeiſter
Kochanowski und Vizebürgermeiſter Regierungsrat Reiß,
Generalmajor Wanka, Oberſt Dworzak, Erzbiſchof Dr.
v. Repta, Hofrat Knipfer, Regierungsrat Dr. Kluczenko,
Stadtphyſikus Dr. Röhmer, Oberſtadtarzt Dr. Flinker,
die Stadtärzte Dr. Luttinger und Becker, Konſiſtorialrat
Hanicki, Rabbiner Weiß, Feuerwehrkommandant Wieſe
und zahlreiche Aerzte und Beamten. Im Hofraume wurde ein
reizend geſchmücktes Zelt errichtet, auf beiden Seiten nahmen
die Feuerwehrmannſchaft und die Muſikkapelle der Feuerwehr
Aufſtellung.

Obmannſtellvertreter Regierungsrat Dr. Reiß eröffnete
die Feier mit folgender Anſprache:

Eure Durchlaucht!

Hochanſehnliche Verſammlung!

In Vertretung des Herrn Vereinspräſidenten fällt mir
vor Allem die ehrenvolle Aufgabe zu, namens des Ausſchuſſes
der „Czernowitzer freiwilligen Rettungsgeſellſchaft“ Eure
Durchlaucht unſeren hochverehrten Herrn Vereinsprotektor und
alle hochgeehrten Herren, welche die beſondere Güte hatten,
zur Feier der Eröffnung der Rettungsſtation ſich einzu-
finden, insbeſondere die Repräſentanten der hohen geiſtlichen,
ſtaatlichen, militäriſchen und autonomen Behörden, ſowie
die Vertreter unſerer Bürgerſchaft, auf das herzlichſte zu
begrüßen und für das freundliche Erſcheinen beſten Dank zu
ſagen. Ihre Anweſenheit, meine hochgeehrten Herren, gibt
beredtes Zeugnis hiefür, daß wir daran gehen, ein gutes
und gemeinnütziges Werk zu ſchaffen, eine Inſtitution ins
Leben zu rufen, deren Abgang bisher in unſerer Stadt eine
fühlbare Lücke aufwies, eine Inſtitution, die allen Bewohnern
zugute kommt und berufen iſt, das koſtbarſte Menſchengut
— das Leben — zu ſchützen. Ihre Anweſenheit beweiſt
aber auch, daß der „Czernowitzer freiwilligen Rettungs-
geſellſchaft“ in allen Kreiſen der Bevölkerung bereits all-
ſeitige aufrichtige Sympathien entgegengebracht werden.

Der junge Verein bedarf aber auch dieſer Sympathien,
ſowie der allgemeinen Förderung und der weiteſtgehenden
Unterſtützung, wenn er das Werk der Nächſtenliebe auch
tatſächlich erfüllen ſoll. In dieſer Beziehung können wir
aber mit großer Beſriedigung darauf hinweiſen, daß die
„Czernowitzer freiwillige Rettungsgeſellſchaft“ unter einem
günſtigen Stern und unter glücklichen Auſpizien ihee Tätig-
keit begann, indem Se. Durchlaucht unſer allverehrter Herr
Landespräſident über den Verein ſeine ſchützende Hand hält.
Se. Durchlaucht war es, der die Idee der Bildung der
Rettungsgeſellſchaft — in des Wortes ſchönſter Bedeutung
— propagierte, dem Ausſchuſſe mit Rat und Tat zur Seite
ſtand und durch die gütige Uebernahme des Protektorates
und durch ſeinen mächtigen Einfluß den Verein lebensfähig
machte.

Meine hochgeehrten Herren! Wenn man darangeht, ein
Werk der Hilfe und Humanität zu inaugurieren, ſo drängt
ſich jedem Oeſterreicher der Gedanke von ſelbſt auf, zu dem
höchſten Förderer jedes humanen Wirkens, zum oberſten
Schützer und Schirmer aller Werke der Menſchenliebe und
Wohlfahrt im Staate, zu unſerem erhabenen Monarchen in
Ehrfurcht und Dankbarkeit hinaufzublicken.

Ich bin, meine hochgeehrten Herren, Ihrer jubelnden
Zuſtimmung ſicher, wenn ich Sie einlade, mit mir in den
begeiſterten Ruf einzuſtimmen: Seine Majeſtät unſer aller-
gnädigſter Kaiſer lebe hoch, hoch, hoch!

Die Anweſenden ſtimmten in die Hochrufe begeiſtert ein.

Sodann ergriff der Chefarzt der Rettungsgeſellſchaft Be-
zirksarzt Dr. Wolf das Wort und ſchilderte in kurzen Zügen
die Entſtehungsgeſchichte der Inſtitution. Die Folgen — führte
der Redner aus — von ſchweren Unfällen, deren Opfer nicht
die nötige Hife raſch erhalten konnten, haben in der Preſſe
und im Publikum zu Erwägungen geführt, wie dem Uebel
abzuhelfen ſei. Man habe viele Verſuche gemacht, aber alle
blieben erfolglos. Erſt dem Eingreifen Sr. Durchlaucht des
Landespräſidenten ſei es zu verdanken, daß wir heute in der
glücklichen Lage ſind, dieſe Inſtitution zu eröffnen. Herr Dr.
Wolf ſchloß ſeine Ausführung, die wir wegen Raummangels
heute nicht ganz wiedergeben können, indem er auf die be-
ſonders ſegensreiche Tätigkeit des Landespräſidenten hinwies,
unter deſſen Aegide auch die anderen Gebiete der Sozial-
hygiene zum Wohle aller die nötige Förderung erfahren werden,
und verſicherte, der Dank für die gütige Einflußnahme des
Landeschefs werde dadurch bekundet werden, daß ſeine Abſichten
mit allen Kräften unterſtützt werden.

Herr Apotheker Füllenbaum berichtete ſodann über
den Stand der Rettungsgeſellſchaft. Gegenwärtig gehören der
Geſellſchaft an 11 Stifter, 156 unterſtützende und 36 aktive
Mitglieder, darunter 6 Aerzte und 3 ſtändige Sanitätsgehilfen.
Die aktiven Mitglieder ſind zumeiſt Mitglieder der freiwilligen
Feuerwehr.

Hierauf ergriff Landespräſident Prinz Hohenlohe das
Wort zu folgender Anſprache:

Mit Freude begrüße ich die Vollendung eines Werkes,
das einen neuen, wichtigen Fortſchritt in der Entwicklung
unſerer Stadt bedeutet, und es erfüllt mich mit Stolz, daß
ich auch ein klein wenig zur Förderung der neuen Inſtitution
beitragen konnte.


[Spaltenumbruch]

Ganz entſchieden muß ich es aber ablehnen, daß mir
ein ſo hervorragendes Verdienſt daran zugeſchrieben wird,
wie dies geſchehen iſt.

Was wäre meine beſcheidene Anregung und Förderung
geweſen, ohne die tatkräftige rührige Arbeit der Herren
Dr. Wolf, Füllenbaum, kaiſ. Rat Schnirch, ohne
das entgegenkommende Verhalten der Freiwilligen Feuer-
wehr; ſeit Monaten haben die genannten Herren unbeirrt
durch kleinliche Zweifel, ohne ſich durch irgend ein Hindernis
abſchrecken zu laſſen, ihr ſchönes Ziel weiter verfolgt und
endlich erreicht.

Sie haben dadurch dargetan, daß es in Czernowitz
wahrhaft fortſchrittliche Männer, im beſten Sinne des
Wortes gibt, daß Stadt und Land tatſächlich fortſchreiten
und daß die ſchönen Worte, die wir geſtern mit Freude
aus dem Munde Seiner Exzellenz des Herrn Miniſter-
präſidenten gehört haben, auch wohlbegründet waren.

Die Bedeutung des neu geſchaffenen Werkes hat Herr
Dr. Wolf bereits in viel beſſerer Weiſe gewürdigt, als
ich dies zu tun im Stande wäre; es bedarf auch keiner
weiteren Worte, denn niemand wird es beſtreiten wollen,
daß die ſchönſte Betätigung wahrer Humanität darin
beſteht, den Bedrängten im Augenblicke der Not brüderliche
Hilfe zu leiſten.

Das Werk iſt vollendet, laſſen Sie uns nun Sorge
tragen, es zu erhalten, damit es zur bleibenden Zierde der
Stadt Czernowitz, zum dauernden Hort für viele
Unglückliche werde.

Indem ich die Tätigkeit der Czernowitzer Freiwilligen
Rettungsgeſellſchaft für eröffnet erkläre, wünſche ich ihr
kräftiges Gedeihen für alle Zukunft.

Nachdem die Feier geſchloſſen war, intonierte die Muſik-
kapelle der Feuerwehr einen Marſch und der Landespräſident
ſowie die übrigen Gäſte beſichtigten unter Führung des Dr.
Wolf und Apothekers Füllenbaum die Räume der Station
und die Einrichtung derſelben. Der Landespräſident ließ ſich
über Verſchiedenes informieren, äußerte ſich ſehr anerkennend
über das ganze Arrangement und verlieh ſeinem lebhaften
Wunſche wiederholt Ausdruck, daß die Inſtitution ſich zu einer
wohltätigen entwickeln möge. Hierauf trugen ſich der Landes-
präſident ſowie die Vertreter der verſchiedenen Behörden in
das Gedenkbuch ein, womit die Feier ihr Ende nahm.

Namens der Wiener Freiwilligen Rettungsgeſellſchaft
hatte Chefarzt Dr. Charas folgendes Begrüßungstelegramm
geſendet:

„Leider verhindert, der heutigen Eröffnungsfeier beizu-
wohnen, ſenden wir auf dieſem Wege die aufrichtigſten und
herzlichſten Wünſche für ein ſtetes Blühen, Wachſen und
Gedeihen der Czernowitzer Freiwilligen Rettungsgeſellſchaft.
Mögen ihre rühmenswerten Beſtrebungen von dem allerbeſten
Erfolge gekrönt ſein.“




Neue Advokaten.

Die Advokaten Dr. Jakob Kopel
Finkel mit dem Wohnſitze in Sereth und Dr. Moſes
Beras in Storozynetz wurden in die Advokatenliſte ein-
getragen.

Czernowitz.

Die „Neue Freie Preſſe“ bringt
unter dieſem Schlagworte die folgenden Ausführungen: Aus
dieſer erfreulich aufblühenden und tapfer vorwärtsſchreitenden
Landeshauptſtadt der Bukowina, dſe gerade heute durch den
Beſuch des Miniſterpräſidenten im Vordergrund des Inter-
eſſes ſteht, kommt uns ſeit zwei Tagen eine Anzahl von
brieflichen und telegraphiſchen Zuſchriften zu, die ſämtlich
darin übereinſtimmen, daß zwei Feuilletonartikel, die unter
dem Titel: „Aus der Bukowina“ am 31. Auguſt und am
1. September in unſerem Blatte erſchienen ſind, dort eine
eigentümliche und ganz unerwartete Aufregung hervorgeruſen
hätten. Der Inhalt dieſer, zum Teil von ſehr angeſehenen
und hochachtbaren Perſönlichkeiten herrührenden Zuſchriften
läßt ſich dahin zuſammenfaſſen, daß in jenen Aufſätzen ein
ganz unrichtiges, der Wahrheit nicht entſprechendes Bild von
der Stadt Czernowitz und ihrer Bevölkerung gegeben ſei,
daß die Bewohner ſich dadurch verletzt und dem Spotte
preisgegeben fühlen, und daß die Einſender teils verwundert,
teils entrüſtet darüber wären, daß die „Neue Freie Preſſe“
dieſer unwahren Darſtellung, hinter welcher einzelne auch an-
tiſemitiſche Geſinnung und Abſicht vermuten, Raum gegeben
habe. Die Leſer jener Reiſeſchilderungen, die nicht der Bu-
kowina angehören, werden ſicherlich nicht weniger erſtaunt
ſein als wir, daß ſie eine ſolche Wirkung hervorbringen
konnten. In den beiden Aufſätzen war nicht Czernowitz und
auch nicht die Bukowina, ſondern ein Beſuch bei dem
Wunderabbi von Sadagora geſchildert. Von der Stadt
Czernowitz war nur in wenigen Zeilen die Rede, und
dieſe beſchränkten ſich auf die ſicherlich nicht verletzende Mit-
teilung, daß der Verfaſſer ſich an der Sauberkeit der
Straßen, an den ſchmucken Häuſern und den blühenden Vor-
gärtchen erlabt habe. Außerdem war allerdings mit einigen
Strichen auch eine Gruppe orthodoxer Juden gezeichnet, die
in der bekannten traditionellen Tracht mit dem Schläfen-
locken und ihrer Art zu ſprechen, ein minder erfreuliches
Bild darboten, und war von einem Kaffeehaus die Rede,
in welchem der Verfaſſer durch die ſehr entgegenkommenden
Manieren der weiblichen Bedienung in Verwunderung geſetzt
wurde. Daß irgend ein Leſer jene Gruppe von Juden mit
der Czernowitzer Bevölkerung identifizieren oder die Szene
in dem Kaffeehauſe als ein für die Stadt typiſches Sitten-
bild anſehen werde, konnte weder vom Verfaſſer noch von
uns vorausgeſehen werden. Wenn die ungeſchminkte Dar-
ſtellung ſolcher Schattenſeiten jedes größeren Gemeinweſens
als eine der ganzen Bevölkerung zugefügte Beleidigung an-
geſehen würde, wo gäbe es eine Stadt, die noch nicht be-
leidigt wurde? Wenn man die unzähligen Schilderungen
lieſt, die faſt täglich von Reiſeſchriftſtellern von dem Apachen-
leben auf den äußeren Boulevards von Paris, von der Be-
völkerung der öſtlichen Stadtteile von London, von den in
gewiſſen Straßen New-Yorks angeſammelten jüdiſchen
Auswanderern aus Rußland, ja von gewiſſen Seiten des

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[4/0004] Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 6. September 1904. Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 5. September 1904. Die Eröffnung des k. k. II. Staats- gymnasiums am Ferdinandsplatze fand heute um 11 Uhr vormittags in feierlicher Weiſe ſtatt. Das ſtattliche Gebäude mit ſeinen lichten luftigen Räumen, das erſte ſpeziell für Schulzwecke entſprechend gebaute Schulhaus in der Bukowina, prangte in reichem Flaggen- ſchmuck. In dem mit der Kaiſerbüſte und Guirlanden dekorierten geräumigen Veſtübil des Hauſes hatte der Direktor Kornel Kozak mit dem Lehrkörper der Anſtalt Aufſtellung genommen, um die Gäſte zu begrüßen. Es waren außer den Direktoren und Profeſſoren ſämtlicher Mittelſchulen die Spitzen der Be- hörden erſchienen: Erzbiſchof Dr. v. Repta, Generalmajor v. Hornik, Bürgermeiſter Baron Kochanowski, Reg.-Rat Dr. Reiß, Mag.-Dir. Reg.-Rat Wiedmann u. ſ. f. Im Namen des Baukomitees und in Vertretung des Obmannes desſelben (Reg.-Rat v. Peſſic) begrüßte Ober- baurat Haberlandt den Landespräſidenten Prinzen Hohenlohe und lud ihn zur Eröffnung der Anſtalt ein. Hierauf ergriff Landespräſident Prinz Hohenlohe das Wort: Geſtern und vorgeſtern Nachmittags habe ich der Er- öffnung von wichtigen humanitären Anſtalten in Czernowitz beigewohnt; ſchon heute verſammeln wir uns wieder, um einen Schulpalaſt der Benützung feierlich zu übergeben. Wenn jemand meinen ſollte, daß mich derlei Feiern ermüden, ſo möchte ich ihn des geraden Gegenteiles verſichern. Ich würde mir drei ſolcher Feiern für jeden Tag wünſchen, weil jede einen Schritt nach vorwärts bedeutet, jede die Erfüllung eines von der Bevölkerung, oft ſeit langem gehegten Wunſches verkündet. Und heute beſonders haben wir Grund zur Freude, handelt es ſich doch um eine Errungenſchaft auf dem Gebiete der Schule, jenem großen Gebiete, das die Zukunft bedeutet und auf dem meiner Anſicht nach gar nicht genug gearbeitet werden kann. Wer ein Land verwaltet, ohne das Schulweſen ſorgſam zu beſtellen, treibt Raubbau. Und welch’ große Bedeutung ein modern eingerichtetes, lichtes, luftiges Schulhaus für den Unterricht hat, das wird Ihnen nicht nur der gewiegte Pädagoge ſagen, ſondern wird wohl jeder Laie einzu- ſchätzen wiſſen. Gottes Segen ruhe auf dieſem Hauſe; es iſt beſtimmt, den Knaben die Möglichkeit zu bieten, auch in ihrer geliebten Mutterſprache ſich für die Wiſſenſchaft vorzubereiten, nützliche Mitglieder der menſchlichen Geſellſchaft zu werden und das aufgewendete Kapital wird tauſendfältige Zinſen tragen. Die Stadtgemeinde Czernowitz hat durch Schenkung des Baugrundes neuerlich ihre verſtändnisvolle Sorge für die Schule bekundet und ich ergreife gern die Gelegenheit, ihr hiefür den Dank der Staatsverwaltung zu ſagen. Wärmſten Dank gebührt auch dem Baukomité unter Führung des Herrn Landes-Regierungsrates von Peſſic und Herrn Oberbaurates Haberlandt. Auch erachte ich es als meine Pflicht dem rührigen und ſachkundigen Bauleiter Herrn Ingenieur Finkelſtein für ſeine ausgezeichnete Arbeit die rückhaltsloſeſte Anerkennung auszuſprechen, ſowie dem Herrn Baumeiſter, den Gewerbetreibenden und Arbeitern dafür zu danken, daß ſie einen glänzenden Nachweis für die Leiſtungsfähigkeit einheimiſcher Kräfte erbracht haben. Ueber die Freude an dem gelungenen Werke wollen wir aber nicht vergeſſen, daß in Czernowitz in Schulſachen noch vieles andere zu tun übrig bleibt und von hier weg wollen wir uns ſofort mit ganzer Energie an die Aufgaben wenden, die unſer noch auf dieſem Gebiete harren. Und ſo rufe ich, indem ich den Neubau des II. Staats- gymnaſiums in Czernowitz für eröffnet erkläre: Vivant sequentes! Baurat Beill verlieſt hierauf die Urkunde der Schluß- ſteinlegung, worauf Landespräſident Prinz Hohen- lohe die feierliche Schlußſteinlegung mit den zeremoniellen Hammerſchlägen und den Worten: „Für Kaiſer und Reich, Wahrheit und Wiſſen, auf daß dies Haus den Zweck erfülle und nützliche Staatsbürger heranziehe!“ vornimmt. Die Honoratioren ſetzten das Zeremoniell der Schlußſteinlegung fort, worauf die marmorene Gedenktafel am Eingange des Hauſes enthüllt wurde. Sodann fand im Zeichenſale der Anſtalt die eigentliche interne Schulfeier ſtart, bei der Direktor Koſak die Feſtrede hielt. In derſelben begrüßte er zunächſt die erſchienenen Gäſte (namentlich Prinz Hohenlohe und Dr. v. Repta), bat den Landespräſidenten der Unterrichtsverwaltung in geeigneter Weiſe die Bitte der Direktion des Lehrkörpers und der Schüler der Anſtalt zu unterbreiten und gelobte, die Erziehung der Jugend im Sinne der Religion, der Moral und der Staats- geſetze zu leiten. Der Schülerchor der Anſtalt ſtimmte den „Feſtgeſang“ von Gluck an, worauf Profeſſor Kriſtof in deutſcher und Profeſſor Kobylanski in rutheniſcher Sprache über die Entſtehung und Entwicklung der Anſtalt, die heuer ſchon die achte Klaſſe erhielt, referierten. Nach einer Schlußrede des Direktor Koſak, die in ein Hoch auf den Kaiſer ausklang, fand die erhebende Feier mit der Abſingung der Volkshymne durch den Schülerchor ihren Abſchluß. Die Eröffnung der freiwilligen Rettungsſtation. Das wohltätige Werk, das ſich in den Dienſt der leiden- den Menſchheit ſtellt und für die Bevölkerung der Stadt Czernowitz ein Retter in der Not ſein wird, iſt nun vollendet. Die freiwillige Rettungsſtation iſt geſtern eröffnet und ihrer Beſtimmung übergeben worden. Die feierliche Einweihung der Inſtitution, die geſtern um 4 Uhr im Hofraume der Station der Rettungsgeſellſchaft, Eliſabethplatz 4, ſtatt- fand, nahm einen würdigen Verlauf und erhielt durch die Anweſenheit Sr. Durchlaucht des Landespräſidenten Prinzen Hohenlohe eine beſondere Weihe. Außer dem Landeschef erſchienen zahlreiche Vertreter der Behörden, Bürgermeiſter Kochanowski und Vizebürgermeiſter Regierungsrat Reiß, Generalmajor Wanka, Oberſt Dworzak, Erzbiſchof Dr. v. Repta, Hofrat Knipfer, Regierungsrat Dr. Kluczenko, Stadtphyſikus Dr. Röhmer, Oberſtadtarzt Dr. Flinker, die Stadtärzte Dr. Luttinger und Becker, Konſiſtorialrat Hanicki, Rabbiner Weiß, Feuerwehrkommandant Wieſe und zahlreiche Aerzte und Beamten. Im Hofraume wurde ein reizend geſchmücktes Zelt errichtet, auf beiden Seiten nahmen die Feuerwehrmannſchaft und die Muſikkapelle der Feuerwehr Aufſtellung. Obmannſtellvertreter Regierungsrat Dr. Reiß eröffnete die Feier mit folgender Anſprache: Eure Durchlaucht! Hochanſehnliche Verſammlung! In Vertretung des Herrn Vereinspräſidenten fällt mir vor Allem die ehrenvolle Aufgabe zu, namens des Ausſchuſſes der „Czernowitzer freiwilligen Rettungsgeſellſchaft“ Eure Durchlaucht unſeren hochverehrten Herrn Vereinsprotektor und alle hochgeehrten Herren, welche die beſondere Güte hatten, zur Feier der Eröffnung der Rettungsſtation ſich einzu- finden, insbeſondere die Repräſentanten der hohen geiſtlichen, ſtaatlichen, militäriſchen und autonomen Behörden, ſowie die Vertreter unſerer Bürgerſchaft, auf das herzlichſte zu begrüßen und für das freundliche Erſcheinen beſten Dank zu ſagen. Ihre Anweſenheit, meine hochgeehrten Herren, gibt beredtes Zeugnis hiefür, daß wir daran gehen, ein gutes und gemeinnütziges Werk zu ſchaffen, eine Inſtitution ins Leben zu rufen, deren Abgang bisher in unſerer Stadt eine fühlbare Lücke aufwies, eine Inſtitution, die allen Bewohnern zugute kommt und berufen iſt, das koſtbarſte Menſchengut — das Leben — zu ſchützen. Ihre Anweſenheit beweiſt aber auch, daß der „Czernowitzer freiwilligen Rettungs- geſellſchaft“ in allen Kreiſen der Bevölkerung bereits all- ſeitige aufrichtige Sympathien entgegengebracht werden. Der junge Verein bedarf aber auch dieſer Sympathien, ſowie der allgemeinen Förderung und der weiteſtgehenden Unterſtützung, wenn er das Werk der Nächſtenliebe auch tatſächlich erfüllen ſoll. In dieſer Beziehung können wir aber mit großer Beſriedigung darauf hinweiſen, daß die „Czernowitzer freiwillige Rettungsgeſellſchaft“ unter einem günſtigen Stern und unter glücklichen Auſpizien ihee Tätig- keit begann, indem Se. Durchlaucht unſer allverehrter Herr Landespräſident über den Verein ſeine ſchützende Hand hält. Se. Durchlaucht war es, der die Idee der Bildung der Rettungsgeſellſchaft — in des Wortes ſchönſter Bedeutung — propagierte, dem Ausſchuſſe mit Rat und Tat zur Seite ſtand und durch die gütige Uebernahme des Protektorates und durch ſeinen mächtigen Einfluß den Verein lebensfähig machte. Meine hochgeehrten Herren! Wenn man darangeht, ein Werk der Hilfe und Humanität zu inaugurieren, ſo drängt ſich jedem Oeſterreicher der Gedanke von ſelbſt auf, zu dem höchſten Förderer jedes humanen Wirkens, zum oberſten Schützer und Schirmer aller Werke der Menſchenliebe und Wohlfahrt im Staate, zu unſerem erhabenen Monarchen in Ehrfurcht und Dankbarkeit hinaufzublicken. Ich bin, meine hochgeehrten Herren, Ihrer jubelnden Zuſtimmung ſicher, wenn ich Sie einlade, mit mir in den begeiſterten Ruf einzuſtimmen: Seine Majeſtät unſer aller- gnädigſter Kaiſer lebe hoch, hoch, hoch! Die Anweſenden ſtimmten in die Hochrufe begeiſtert ein. Sodann ergriff der Chefarzt der Rettungsgeſellſchaft Be- zirksarzt Dr. Wolf das Wort und ſchilderte in kurzen Zügen die Entſtehungsgeſchichte der Inſtitution. Die Folgen — führte der Redner aus — von ſchweren Unfällen, deren Opfer nicht die nötige Hife raſch erhalten konnten, haben in der Preſſe und im Publikum zu Erwägungen geführt, wie dem Uebel abzuhelfen ſei. Man habe viele Verſuche gemacht, aber alle blieben erfolglos. Erſt dem Eingreifen Sr. Durchlaucht des Landespräſidenten ſei es zu verdanken, daß wir heute in der glücklichen Lage ſind, dieſe Inſtitution zu eröffnen. Herr Dr. Wolf ſchloß ſeine Ausführung, die wir wegen Raummangels heute nicht ganz wiedergeben können, indem er auf die be- ſonders ſegensreiche Tätigkeit des Landespräſidenten hinwies, unter deſſen Aegide auch die anderen Gebiete der Sozial- hygiene zum Wohle aller die nötige Förderung erfahren werden, und verſicherte, der Dank für die gütige Einflußnahme des Landeschefs werde dadurch bekundet werden, daß ſeine Abſichten mit allen Kräften unterſtützt werden. Herr Apotheker Füllenbaum berichtete ſodann über den Stand der Rettungsgeſellſchaft. Gegenwärtig gehören der Geſellſchaft an 11 Stifter, 156 unterſtützende und 36 aktive Mitglieder, darunter 6 Aerzte und 3 ſtändige Sanitätsgehilfen. Die aktiven Mitglieder ſind zumeiſt Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr. Hierauf ergriff Landespräſident Prinz Hohenlohe das Wort zu folgender Anſprache: Mit Freude begrüße ich die Vollendung eines Werkes, das einen neuen, wichtigen Fortſchritt in der Entwicklung unſerer Stadt bedeutet, und es erfüllt mich mit Stolz, daß ich auch ein klein wenig zur Förderung der neuen Inſtitution beitragen konnte. Ganz entſchieden muß ich es aber ablehnen, daß mir ein ſo hervorragendes Verdienſt daran zugeſchrieben wird, wie dies geſchehen iſt. Was wäre meine beſcheidene Anregung und Förderung geweſen, ohne die tatkräftige rührige Arbeit der Herren Dr. Wolf, Füllenbaum, kaiſ. Rat Schnirch, ohne das entgegenkommende Verhalten der Freiwilligen Feuer- wehr; ſeit Monaten haben die genannten Herren unbeirrt durch kleinliche Zweifel, ohne ſich durch irgend ein Hindernis abſchrecken zu laſſen, ihr ſchönes Ziel weiter verfolgt und endlich erreicht. Sie haben dadurch dargetan, daß es in Czernowitz wahrhaft fortſchrittliche Männer, im beſten Sinne des Wortes gibt, daß Stadt und Land tatſächlich fortſchreiten und daß die ſchönen Worte, die wir geſtern mit Freude aus dem Munde Seiner Exzellenz des Herrn Miniſter- präſidenten gehört haben, auch wohlbegründet waren. Die Bedeutung des neu geſchaffenen Werkes hat Herr Dr. Wolf bereits in viel beſſerer Weiſe gewürdigt, als ich dies zu tun im Stande wäre; es bedarf auch keiner weiteren Worte, denn niemand wird es beſtreiten wollen, daß die ſchönſte Betätigung wahrer Humanität darin beſteht, den Bedrängten im Augenblicke der Not brüderliche Hilfe zu leiſten. Das Werk iſt vollendet, laſſen Sie uns nun Sorge tragen, es zu erhalten, damit es zur bleibenden Zierde der Stadt Czernowitz, zum dauernden Hort für viele Unglückliche werde. Indem ich die Tätigkeit der Czernowitzer Freiwilligen Rettungsgeſellſchaft für eröffnet erkläre, wünſche ich ihr kräftiges Gedeihen für alle Zukunft. Nachdem die Feier geſchloſſen war, intonierte die Muſik- kapelle der Feuerwehr einen Marſch und der Landespräſident ſowie die übrigen Gäſte beſichtigten unter Führung des Dr. Wolf und Apothekers Füllenbaum die Räume der Station und die Einrichtung derſelben. Der Landespräſident ließ ſich über Verſchiedenes informieren, äußerte ſich ſehr anerkennend über das ganze Arrangement und verlieh ſeinem lebhaften Wunſche wiederholt Ausdruck, daß die Inſtitution ſich zu einer wohltätigen entwickeln möge. Hierauf trugen ſich der Landes- präſident ſowie die Vertreter der verſchiedenen Behörden in das Gedenkbuch ein, womit die Feier ihr Ende nahm. Namens der Wiener Freiwilligen Rettungsgeſellſchaft hatte Chefarzt Dr. Charas folgendes Begrüßungstelegramm geſendet: „Leider verhindert, der heutigen Eröffnungsfeier beizu- wohnen, ſenden wir auf dieſem Wege die aufrichtigſten und herzlichſten Wünſche für ein ſtetes Blühen, Wachſen und Gedeihen der Czernowitzer Freiwilligen Rettungsgeſellſchaft. Mögen ihre rühmenswerten Beſtrebungen von dem allerbeſten Erfolge gekrönt ſein.“ Neue Advokaten. Die Advokaten Dr. Jakob Kopel Finkel mit dem Wohnſitze in Sereth und Dr. Moſes Beras in Storozynetz wurden in die Advokatenliſte ein- getragen. Czernowitz. Die „Neue Freie Preſſe“ bringt unter dieſem Schlagworte die folgenden Ausführungen: Aus dieſer erfreulich aufblühenden und tapfer vorwärtsſchreitenden Landeshauptſtadt der Bukowina, dſe gerade heute durch den Beſuch des Miniſterpräſidenten im Vordergrund des Inter- eſſes ſteht, kommt uns ſeit zwei Tagen eine Anzahl von brieflichen und telegraphiſchen Zuſchriften zu, die ſämtlich darin übereinſtimmen, daß zwei Feuilletonartikel, die unter dem Titel: „Aus der Bukowina“ am 31. Auguſt und am 1. September in unſerem Blatte erſchienen ſind, dort eine eigentümliche und ganz unerwartete Aufregung hervorgeruſen hätten. Der Inhalt dieſer, zum Teil von ſehr angeſehenen und hochachtbaren Perſönlichkeiten herrührenden Zuſchriften läßt ſich dahin zuſammenfaſſen, daß in jenen Aufſätzen ein ganz unrichtiges, der Wahrheit nicht entſprechendes Bild von der Stadt Czernowitz und ihrer Bevölkerung gegeben ſei, daß die Bewohner ſich dadurch verletzt und dem Spotte preisgegeben fühlen, und daß die Einſender teils verwundert, teils entrüſtet darüber wären, daß die „Neue Freie Preſſe“ dieſer unwahren Darſtellung, hinter welcher einzelne auch an- tiſemitiſche Geſinnung und Abſicht vermuten, Raum gegeben habe. Die Leſer jener Reiſeſchilderungen, die nicht der Bu- kowina angehören, werden ſicherlich nicht weniger erſtaunt ſein als wir, daß ſie eine ſolche Wirkung hervorbringen konnten. In den beiden Aufſätzen war nicht Czernowitz und auch nicht die Bukowina, ſondern ein Beſuch bei dem Wunderabbi von Sadagora geſchildert. Von der Stadt Czernowitz war nur in wenigen Zeilen die Rede, und dieſe beſchränkten ſich auf die ſicherlich nicht verletzende Mit- teilung, daß der Verfaſſer ſich an der Sauberkeit der Straßen, an den ſchmucken Häuſern und den blühenden Vor- gärtchen erlabt habe. Außerdem war allerdings mit einigen Strichen auch eine Gruppe orthodoxer Juden gezeichnet, die in der bekannten traditionellen Tracht mit dem Schläfen- locken und ihrer Art zu ſprechen, ein minder erfreuliches Bild darboten, und war von einem Kaffeehaus die Rede, in welchem der Verfaſſer durch die ſehr entgegenkommenden Manieren der weiblichen Bedienung in Verwunderung geſetzt wurde. Daß irgend ein Leſer jene Gruppe von Juden mit der Czernowitzer Bevölkerung identifizieren oder die Szene in dem Kaffeehauſe als ein für die Stadt typiſches Sitten- bild anſehen werde, konnte weder vom Verfaſſer noch von uns vorausgeſehen werden. Wenn die ungeſchminkte Dar- ſtellung ſolcher Schattenſeiten jedes größeren Gemeinweſens als eine der ganzen Bevölkerung zugefügte Beleidigung an- geſehen würde, wo gäbe es eine Stadt, die noch nicht be- leidigt wurde? Wenn man die unzähligen Schilderungen lieſt, die faſt täglich von Reiſeſchriftſtellern von dem Apachen- leben auf den äußeren Boulevards von Paris, von der Be- völkerung der öſtlichen Stadtteile von London, von den in gewiſſen Straßen New-Yorks angeſammelten jüdiſchen Auswanderern aus Rußland, ja von gewiſſen Seiten des

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 207, Czernowitz, 06.09.1904, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer207_1904/4>, abgerufen am 21.11.2024.