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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2560, Czernowitz, 06.08.1912.

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6. August 1912. "Czernowitzer Allgemeine Zeitung"

[Spaltenumbruch] selben zu bitten, das Mandat wieder anzunehmen. Nach-
dem noch die Gemeinderäte Zucker, J. S. Retter,
Heitner
und Adam in gleichem Sinne gesprochen,
wurde über Antrag des GR. Offizial Adam die Sitzung
unterbrochen und der Ausschuß begab sich korporativ unter
Begleitung des zahlreichen Auditoriums zum Bürger-
meister, vor dessen Haus eine große Menschenmenge ver-
sammelt war, woselbst Vizebürgermeister Kuzniar-
ski
demselben den Beschluß der Gemeindevertretung mit-
teilte und ihn namens derselben ersuchte, das Mandat
wieder anzunehmen. Nachdem GR. Picker das getrof-
fene Arrangement mit den Einwohnern der Kramladen-
gassen, welche für ihren Bürgermeister ein Opfer zu brin-
gen, sich gerne entschlossen haben, hervorgehoben, wodurch
der Stein des Anstoßes beseitigt erscheint, nahm Doktor
Runes unter Hervorhebung des Zieles seiner weiteren
Tätigkeit die Demission zurück, worauf stürmische Hoch-
rufe seitens der angesammelten Menge laut wurden. So-
dann kehrte der Ausschuß in den Sitzungssaal zurück und
übernahm Dr. Runes wieder den Vorsitz. GR. Heit-
ner
dankte dem Bürgermeister für das Pflichtbewußt-
sein und beantragte, denselben zu unserem ersten Ehren-
mitgliede
zu ernennen, welcher Antrag einstimmige
Annahme fand. Nachdem noch in vertraulicher Sitzung
einige Maßnahmen wegen Ausbau der elektrischen Stra-
ßenbahn nach Czernowitz beschlossen wurden, fand die
denkwürdige Sitzung ihr Ende. -- So schreitet denn end-
lich unsere Gemeinde den Weg zur Umgestaltung und ist
zu hoffen, daß das gesteckte Ziel in der Verwirklichung des
Programmes wie: Assanierung der Kramladengassen,
Wasserleitung und Kanalisierung, Schlachthausbau und
Ausbau der elektrischen Straßenbahn erreicht werden
wird.

Nowosielitza. (Verhaftung des Mörders
Tarnowiecki.)

Es ist gelungen, den Bauer Tar-
nowiecki,
der seine Frau schwer verletzte und sein
jüngstes Kind auf der Flucht tötete, zu verhaften. Tarno-
wiecki, der nach Rumänien geflüchtet war, kehrte Freitag
nach Oesterreich zurück, um sich bei seinem Bruder, der in
dem Grenzorte Gogolina wohnt, nach dem Befinden
seiner bei ihrer Großmutter in Lehuczeni-Teutului woh-
nenden Kinder zu erkundigen. Da er keine befriedigende
Antwort erhalten konnte, beschloß er, nach Lehuczeni-
Teutului zu gehen, um sich persönlich vom Wohlergehen
seiner Kinder zu überzeugen. Der dortige Ortsrichter Ge-
orgi Luzowinczuk, der von der Absicht Tarnowieckis
Kenntnis erhalten hatte, ließ ihn, als er sich dem Dorfe
näherte, durch die Ortspolizei verhaften und in die Ge-
meindekanzlei bringen. Dort erwarteten ihn bereits Gen-
darmen, die ihn dem Bezirkgerichte in Bojan einlieferten.
Tarnowiecki erklärte auf Befragen, er sei unschuldig und
die ganze Schuld treffe seine Schwiegermutter, die ihn
stets davon zurückgehalten, seinem Kinde aus zweiter Ehe
gleichfalls einen Teil seines Vermögens testamentarisch
zu vermachen. Die Frau Tarnowieckis wurde in die Czer-
nowitzer Landeskrankenanstalt überführt, wo sie sich auf
dem Wege der Besserung befindet.

Nowosielitza. (Eine Tanzunterhaltung
mit blutigem Ende.)

Gestern, Sonntag, veranstal-
teten die hiesigen Bahnarbeiter eine Tanzunterhaltung und
ließen zu diesem Zwecke eine Zigeunerkapelle aus Bojan
kommen. Die Tanzunterhaltung, bei der auch sehr viel ge-
trunken wurde, dauerte bis heute früh. Heute früh wollte
die Zigeunerkapelle mit dem Frühzug nach Bojan zurück-
kehren, die angeheiterten Arbeiter ersuchten aber
die Kapelle noch einige Zeit aufzuspielen, sie würden sie
dann durch einen Bauernwagen nach Bojan zurückbringen
lassen. Als nach einigen Stunden die Musiker das Ver-
langen stellten, man möge ihnen den versprochenen
Bauernwagen zur Reise nach Bojan zur Verfügung stellen,
war die Antwort höhnische Schimpfworte. Es entstand ein
heftiger Streit, der schließlich in eine Messerstecherei
ausartete. Die Arbeiter Bilinski und Krapczuk
wurden leicht verletzt, der Arbeiter Litwin trug
sehr schwere Verletzungen davon. Litwin erhielt
einen Messerstich in den Kopf, der die Kopfhaut fast voll-
ständig wegriß und das Gehirn verletzte. An seinem Auf-
kommen wird gezweifelt. Der Messerstecherei machten
einige Gendarmen ein Ende, die mehrere Musikanten und
Arbeiter verhafteten.

Kimpolung. (Konzert.)

Am 17. August 1912 fin-
det im Rathaussaale zu Kimpolung ein Konzert des ersten
Tenors am Wiener Bürgertheater Marcell Noe
statt. Dem Konzerte folgt eine Tanzunterhaltung. Nähe-
res bringen die Plakate.

Sereth. (Konstituierung des Kultus-
rates.)

Am 4. d. M. fand die konstituierende Sitzung
des Kultusrates statt. Es wurden gewählt: Herr Isak
Berall zum Kultusvorsteher, Herr Akiba Schreiber zum
Stellvertreter und die Herren Schulim Achner, Nachman
Kraft und Abraham Pariser in den Vorstand. Damit er-
scheint die Kultusratsfrage im Sinne der geltenden statu-
tarischen Bestimmungen endgiltig gelöst.

Kimpolung. (Scharlachepidemie.)

Die Fälle
an Scharlacherkrankungen mehren sich. Zu den früheren
traten in den letzten Tagen acht neue Erkrankungen hinzu
und beziffert sich der Krankenstand auf 39. Die politische
Behörde und der Gemeindearzt Dr. Mehlmann trach-
ten mit allen zu Gebote stehenden Mitteln die Epidemie
einzudämmen.


[Spaltenumbruch]
Letzte Telegramme.
Die Artilleriebewaffnung.
Angebot der Skodawerke, das Rohrmaterial auf eigenes
Risiko anzufertigen.

(Priv.-Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Das "Neue Wiener Tagblatt" meldet aus Pilsen: Die
Generaldirektion der Skodawerke hat dem Kriegs-
minister von Auffenberg den Vorschlag unterbreitet,
das Rohrmaterial für die Artilleriegeschütze, und
zwar zuerst für die Haubitzen vorläufig auf ihre Kosten
herzustellen, das heißt, auf ihr Risiko die von der
Kriegsverwaltung notwendig erachteten Lieferungen aus-
zuführen.

Der Kriegsminister soll dem Kaiser in seiner Au-
dienz diesen Vorschlag der Skodawerke unterbreitet und
der Kaiser denselben genehmigend zur Kennt-
nis
genommen haben.




Wiederaufnahme der polnisch-ruthenischen
Verhandlungen über die galizische Land-
tagswahlreform.

(Priv.-Tel. der "Cz. Allg.
Ztg.")

Abg. Kost Lewickij ist hier eingetroffen. Aus
der Anwesenheit der Abgeordneten Dr. Leo und Abra-
hamowicz
sowie des Statthalters Bobrzynski
schließt man, daß die seinerzeit angekündigten, dann de-
mentierten Besprechungen wegen der galizischen Land-
tagswahlreform ehestens beginnen werden.




Die Krise in der Türkei.

(Priv.-Tel. der "Cz.
Allg. Ztg.")

Der gestrige Beschluß des Ministerrates, die
Kammer aufzulösen, ist überraschend gekommen. Nach der
Annahme der Abänderung des Verfassungsparagraphen 7
durch den Senat, beschloß das Kabinett die Auflösung der
Kammer, die sofort nach Albanien gemeldet
wurde.

Der Ministerrat dauert den ganzen Tag bis in die
späte Nacht hinein. Es verlautet, daß ernste Nachrichten
aus Albanien eingetroffen seien. Die Meldung von
Kämpfen an der montenegrinischen Grenze
hat starken Eindruck hervorgerufen. Aus Uesküb erschien
gestern ein Mitglied der Spezialkommission für Alba-
nien, um die Albanesen von einem Vormarsch nach Ues-
küb abzuhalten, doch sind die Aussichten gering, daß ihm
dies gelingen werde. Täglich treffen in Uesküb kleinere
Gruppen von bewaffneten Albanern ein.

Die Albauer nicht länger von Feindseligkeiten zurück-
zuhalten.

(Korr.-B.)

Der Vali von Ja-
nina richtete an die aufständischen Arnauten der Gegend
von Berat, Fiat und Valona eine Aufforderung
zur Rückkehr, der bisher jedoch nicht entsprochen wurde.

In Prischtina fand eine Besprechung der Ar-
nautenführer mit der Kommission statt. Die Arnauten-
führer erklärten, angesichts der drohenden Haltung der
Albaner, seien sie nicht länger imstande, die Mas-
sen von dem Entschluß, mit den Feindseligkeiten
zu beginnen, zurückzuhalten und müßten jede Ver-
antwortung für allfällige, durch die Verzögerung der Auf-
lösung der Kammer hervorgerufenen Folgen ablehnen.




Fortschreitende Zersetzung in der Armee. -- Kapitulation
verschiedener Garnisonen.

(Korr.-B.)

Von authenti-
scher Seite wird bestätigt, daß der Gendarmerie-
kommandant
in Kumanovo mit 16 Gendarmen
sich den aufständischen Albanern angeschlossen
habe. Weiters schlossen sich 162 Mann des Gendarmerie-
bataillons Prizrend an. Die Besatzungen der Ort-
schaften Kaliadodes, Kaza und Luma kapitu-
lierten.
Die Lage in Prizrend ist bedrohlich.

Am 31. Juli zogen 400 bewaffnete Albaner aus
Luma in die Stadt ein. Es werden Ruhestörungen be-
fürchtet. Infolge einer Meuterei unter der Garni-
son Mitrovitza
wurden 690 Reservisten entlassen.

In Mitrovitza zogen 5000 Albaner aus ver-
schieden en Städten Nordalbaniens ein.

Der Auflösungsbeschluß.

(Korr.-B.)

Der Beschluß
des Ministerrates, den Senat zu einer außerordentlichen
Sitzung einzuberufen, wurde so geheim gehalten,
daß nicht einmal die Deputierten davon wußten.

Die geheime Senatssitzung.

gestaltete sich äußerst interessant und bewegt. Im Laufe
der Debatte kam es zu einem Zwischenfall zwischen dem
Marschall Fuad und dem Jungtürken Bassaria, da
letzterer sich für den Weiterbestand der Kammer einsetzte.
Der Senat beschloß, die Abänderung des Arti-
kels
43 der Verfassung und genehmigte die von der Re-
gierung geforderte Interpretierung der Ver-
fassung. Alle Minister wohnten der Sitzung bei.

Der Beschluß des Kabinettes, auf der sofortigen
Schließung der Kammer zu bestehen, ist auf die Tele-
gramme der albanischen Kommission
zu-
rückzuführen, nach welchen im Falle der Verzögerung der
Auflösung der Kammer schwere Verwicklungen
zu befürchten seien.


[Spaltenumbruch]

Nach der Abstimmung des Senats fand ein Mini-
sterrat
statt, worauf die Minister vom Sultan
empfangen wurden, welcher den Senatsbeschluß
unverzüglich sanktionierte.

Die Kammer entzieht sich der Verlesung
des Auflösungsdekretes.
Mißtrauensvotum und Vertagungsbeschluß.

(Korr.-B.)

Der Deputierte
Dschawid hielt eine heftige Rede gegen die Regierung und
erklärt, die Deputierten würden jeder Drohung Wider-
stand
entgegensetzen. Die Kammer sprach über Antrag
Dschavids der Regierung das Mißtrauen aus, wo-
rauf sie sich für unbestimmte Zeit vertagte.

(Korr.-B.)

Nach Fassung
des Mißtrauensvotums kam es zu tumultiösen
Szenen.
Die albanischen Deputierten Essad und
Schahin, welche durch Aeußerungen der Jungtürken
sich beleidigt fühlten, wollten sich auf diese stürzen. Im
Handgemenge zog Deputierter Rahmi einen Revol-
ver,
machte aber keinen Gebrauch von diesem. Der Tu-
mult dauerte einige Minuten. Der Präsident wiederholte
den gefaßten Beschluß und erklärte die Kammer als für
unbestimmte Zeit vertagt.

Durch die Vertagung entzog sich die Kammer
der Verlesung des Schließungsdekretes,

die von der Regierung für 1 Uhr nachmittags angesetzt
worden war. Da die Regierung infolge des Mißtrauens-
votums als gestürzt zu betrachten ist, hat sich die
Krise bedeutend verschärft.




Poincarees Reise nach Petersburg.

(Korr.-B.)

Ministerpräsident
Poincaree reiste nach Dünkirchen ab, von wo er per
Schiff die Reise nach Kronstadt antritt.




Bauernunruhen im russischen Gouver-
nement Kursk.

(Priv.-Tel. der "Cz. Allg.
Ztg.")

In Miropolje bei Kursk kam es anläßlich der
zwangsweisen Durchführung einer Agrarreform durch
staatliche Geometer zu großen Bauernunruhen.
Ueber zehntausend Bauern rotteten sich unter
Sturmgeläute der Glocken zusammen und vertrieben die
Geometer. Erst als Militär requiriert worden war, konnte
die Ordnung wieder hergestellt werden.




Freilassung des spionageverdächtigen
Hauptmanns Kostewitsch gegen Kaution.

(Priv.-Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Der russische Hauptmann Kostewitsch wird heute,
nachdem für ihn eine Kaution von dreißigtausend Mark
erlegt wurde, für die Dauer der Untersuchung auf freien
Fuß gesetzt. Er steht aber unter polizeilicher Bewachung und
darf die Grenze nicht überschreiten.




Bootsunglück.

(Korr.-B.)

Bei Laysdown auf der
Insel Sheppey kenterte ein Segelboot. Von 23 Insassen
sind 8 ertrunken.




[]

6. Auguſt 1912. „Czernowitzer Allgemeine Zeitung“

[Spaltenumbruch] ſelben zu bitten, das Mandat wieder anzunehmen. Nach-
dem noch die Gemeinderäte Zucker, J. S. Retter,
Heitner
und Adam in gleichem Sinne geſprochen,
wurde über Antrag des GR. Offizial Adam die Sitzung
unterbrochen und der Ausſchuß begab ſich korporativ unter
Begleitung des zahlreichen Auditoriums zum Bürger-
meiſter, vor deſſen Haus eine große Menſchenmenge ver-
ſammelt war, woſelbſt Vizebürgermeiſter Kuzniar-
ski
demſelben den Beſchluß der Gemeindevertretung mit-
teilte und ihn namens derſelben erſuchte, das Mandat
wieder anzunehmen. Nachdem GR. Picker das getrof-
fene Arrangement mit den Einwohnern der Kramladen-
gaſſen, welche für ihren Bürgermeiſter ein Opfer zu brin-
gen, ſich gerne entſchloſſen haben, hervorgehoben, wodurch
der Stein des Anſtoßes beſeitigt erſcheint, nahm Doktor
Runes unter Hervorhebung des Zieles ſeiner weiteren
Tätigkeit die Demiſſion zurück, worauf ſtürmiſche Hoch-
rufe ſeitens der angeſammelten Menge laut wurden. So-
dann kehrte der Ausſchuß in den Sitzungsſaal zurück und
übernahm Dr. Runes wieder den Vorſitz. GR. Heit-
ner
dankte dem Bürgermeiſter für das Pflichtbewußt-
ſein und beantragte, denſelben zu unſerem erſten Ehren-
mitgliede
zu ernennen, welcher Antrag einſtimmige
Annahme fand. Nachdem noch in vertraulicher Sitzung
einige Maßnahmen wegen Ausbau der elektriſchen Stra-
ßenbahn nach Czernowitz beſchloſſen wurden, fand die
denkwürdige Sitzung ihr Ende. — So ſchreitet denn end-
lich unſere Gemeinde den Weg zur Umgeſtaltung und iſt
zu hoffen, daß das geſteckte Ziel in der Verwirklichung des
Programmes wie: Aſſanierung der Kramladengaſſen,
Waſſerleitung und Kanaliſierung, Schlachthausbau und
Ausbau der elektriſchen Straßenbahn erreicht werden
wird.

Nowoſielitza. (Verhaftung des Mörders
Tarnowiecki.)

Es iſt gelungen, den Bauer Tar-
nowiecki,
der ſeine Frau ſchwer verletzte und ſein
jüngſtes Kind auf der Flucht tötete, zu verhaften. Tarno-
wiecki, der nach Rumänien geflüchtet war, kehrte Freitag
nach Oeſterreich zurück, um ſich bei ſeinem Bruder, der in
dem Grenzorte Gogolina wohnt, nach dem Befinden
ſeiner bei ihrer Großmutter in Lehuczeni-Teutului woh-
nenden Kinder zu erkundigen. Da er keine befriedigende
Antwort erhalten konnte, beſchloß er, nach Lehuczeni-
Teutului zu gehen, um ſich perſönlich vom Wohlergehen
ſeiner Kinder zu überzeugen. Der dortige Ortsrichter Ge-
orgi Luzowinczuk, der von der Abſicht Tarnowieckis
Kenntnis erhalten hatte, ließ ihn, als er ſich dem Dorfe
näherte, durch die Ortspolizei verhaften und in die Ge-
meindekanzlei bringen. Dort erwarteten ihn bereits Gen-
darmen, die ihn dem Bezirkgerichte in Bojan einlieferten.
Tarnowiecki erklärte auf Befragen, er ſei unſchuldig und
die ganze Schuld treffe ſeine Schwiegermutter, die ihn
ſtets davon zurückgehalten, ſeinem Kinde aus zweiter Ehe
gleichfalls einen Teil ſeines Vermögens teſtamentariſch
zu vermachen. Die Frau Tarnowieckis wurde in die Czer-
nowitzer Landeskrankenanſtalt überführt, wo ſie ſich auf
dem Wege der Beſſerung befindet.

Nowoſielitza. (Eine Tanzunterhaltung
mit blutigem Ende.)

Geſtern, Sonntag, veranſtal-
teten die hieſigen Bahnarbeiter eine Tanzunterhaltung und
ließen zu dieſem Zwecke eine Zigeunerkapelle aus Bojan
kommen. Die Tanzunterhaltung, bei der auch ſehr viel ge-
trunken wurde, dauerte bis heute früh. Heute früh wollte
die Zigeunerkapelle mit dem Frühzug nach Bojan zurück-
kehren, die angeheiterten Arbeiter erſuchten aber
die Kapelle noch einige Zeit aufzuſpielen, ſie würden ſie
dann durch einen Bauernwagen nach Bojan zurückbringen
laſſen. Als nach einigen Stunden die Muſiker das Ver-
langen ſtellten, man möge ihnen den verſprochenen
Bauernwagen zur Reiſe nach Bojan zur Verfügung ſtellen,
war die Antwort höhniſche Schimpfworte. Es entſtand ein
heftiger Streit, der ſchließlich in eine Meſſerſtecherei
ausartete. Die Arbeiter Bilinski und Krapczuk
wurden leicht verletzt, der Arbeiter Litwin trug
ſehr ſchwere Verletzungen davon. Litwin erhielt
einen Meſſerſtich in den Kopf, der die Kopfhaut faſt voll-
ſtändig wegriß und das Gehirn verletzte. An ſeinem Auf-
kommen wird gezweifelt. Der Meſſerſtecherei machten
einige Gendarmen ein Ende, die mehrere Muſikanten und
Arbeiter verhafteten.

Kimpolung. (Konzert.)

Am 17. Auguſt 1912 fin-
det im Rathausſaale zu Kimpolung ein Konzert des erſten
Tenors am Wiener Bürgertheater Marcell Noe
ſtatt. Dem Konzerte folgt eine Tanzunterhaltung. Nähe-
res bringen die Plakate.

Sereth. (Konſtituierung des Kultus-
rates.)

Am 4. d. M. fand die konſtituierende Sitzung
des Kultusrates ſtatt. Es wurden gewählt: Herr Iſak
Berall zum Kultusvorſteher, Herr Akiba Schreiber zum
Stellvertreter und die Herren Schulim Achner, Nachman
Kraft und Abraham Pariſer in den Vorſtand. Damit er-
ſcheint die Kultusratsfrage im Sinne der geltenden ſtatu-
tariſchen Beſtimmungen endgiltig gelöſt.

Kimpolung. (Scharlachepidemie.)

Die Fälle
an Scharlacherkrankungen mehren ſich. Zu den früheren
traten in den letzten Tagen acht neue Erkrankungen hinzu
und beziffert ſich der Krankenſtand auf 39. Die politiſche
Behörde und der Gemeindearzt Dr. Mehlmann trach-
ten mit allen zu Gebote ſtehenden Mitteln die Epidemie
einzudämmen.


[Spaltenumbruch]
Letzte Telegramme.
Die Artilleriebewaffnung.
Angebot der Skodawerke, das Rohrmaterial auf eigenes
Riſiko anzufertigen.

(Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Das „Neue Wiener Tagblatt“ meldet aus Pilſen: Die
Generaldirektion der Skodawerke hat dem Kriegs-
miniſter von Auffenberg den Vorſchlag unterbreitet,
das Rohrmaterial für die Artilleriegeſchütze, und
zwar zuerſt für die Haubitzen vorläufig auf ihre Koſten
herzuſtellen, das heißt, auf ihr Riſiko die von der
Kriegsverwaltung notwendig erachteten Lieferungen aus-
zuführen.

Der Kriegsminiſter ſoll dem Kaiſer in ſeiner Au-
dienz dieſen Vorſchlag der Skodawerke unterbreitet und
der Kaiſer denſelben genehmigend zur Kennt-
nis
genommen haben.




Wiederaufnahme der polniſch-rutheniſchen
Verhandlungen über die galiziſche Land-
tagswahlreform.

(Priv.-Tel. der „Cz. Allg.
Ztg.“)

Abg. Koſt Lewickij iſt hier eingetroffen. Aus
der Anweſenheit der Abgeordneten Dr. Leo und Abra-
hamowicz
ſowie des Statthalters Bobrzynski
ſchließt man, daß die ſeinerzeit angekündigten, dann de-
mentierten Beſprechungen wegen der galiziſchen Land-
tagswahlreform eheſtens beginnen werden.




Die Kriſe in der Türkei.

(Priv.-Tel. der „Cz.
Allg. Ztg.“)

Der geſtrige Beſchluß des Miniſterrates, die
Kammer aufzulöſen, iſt überraſchend gekommen. Nach der
Annahme der Abänderung des Verfaſſungsparagraphen 7
durch den Senat, beſchloß das Kabinett die Auflöſung der
Kammer, die ſofort nach Albanien gemeldet
wurde.

Der Miniſterrat dauert den ganzen Tag bis in die
ſpäte Nacht hinein. Es verlautet, daß ernſte Nachrichten
aus Albanien eingetroffen ſeien. Die Meldung von
Kämpfen an der montenegriniſchen Grenze
hat ſtarken Eindruck hervorgerufen. Aus Uesküb erſchien
geſtern ein Mitglied der Spezialkommiſſion für Alba-
nien, um die Albaneſen von einem Vormarſch nach Ues-
küb abzuhalten, doch ſind die Ausſichten gering, daß ihm
dies gelingen werde. Täglich treffen in Uesküb kleinere
Gruppen von bewaffneten Albanern ein.

Die Albauer nicht länger von Feindſeligkeiten zurück-
zuhalten.

(Korr.-B.)

Der Vali von Ja-
nina richtete an die aufſtändiſchen Arnauten der Gegend
von Berat, Fiat und Valona eine Aufforderung
zur Rückkehr, der bisher jedoch nicht entſprochen wurde.

In Priſchtina fand eine Beſprechung der Ar-
nautenführer mit der Kommiſſion ſtatt. Die Arnauten-
führer erklärten, angeſichts der drohenden Haltung der
Albaner, ſeien ſie nicht länger imſtande, die Maſ-
ſen von dem Entſchluß, mit den Feindſeligkeiten
zu beginnen, zurückzuhalten und müßten jede Ver-
antwortung für allfällige, durch die Verzögerung der Auf-
löſung der Kammer hervorgerufenen Folgen ablehnen.




Fortſchreitende Zerſetzung in der Armee. — Kapitulation
verſchiedener Garniſonen.

(Korr.-B.)

Von authenti-
ſcher Seite wird beſtätigt, daß der Gendarmerie-
kommandant
in Kumanovo mit 16 Gendarmen
ſich den aufſtändiſchen Albanern angeſchloſſen
habe. Weiters ſchloſſen ſich 162 Mann des Gendarmerie-
bataillons Prizrend an. Die Beſatzungen der Ort-
ſchaften Kaliadodes, Kaza und Luma kapitu-
lierten.
Die Lage in Prizrend iſt bedrohlich.

Am 31. Juli zogen 400 bewaffnete Albaner aus
Luma in die Stadt ein. Es werden Ruheſtörungen be-
fürchtet. Infolge einer Meuterei unter der Garni-
ſon Mitrovitza
wurden 690 Reſerviſten entlaſſen.

In Mitrovitza zogen 5000 Albaner aus ver-
ſchieden en Städten Nordalbaniens ein.

Der Auflöſungsbeſchluß.

(Korr.-B.)

Der Beſchluß
des Miniſterrates, den Senat zu einer außerordentlichen
Sitzung einzuberufen, wurde ſo geheim gehalten,
daß nicht einmal die Deputierten davon wußten.

Die geheime Senatsſitzung.

geſtaltete ſich äußerſt intereſſant und bewegt. Im Laufe
der Debatte kam es zu einem Zwiſchenfall zwiſchen dem
Marſchall Fuad und dem Jungtürken Baſſaria, da
letzterer ſich für den Weiterbeſtand der Kammer einſetzte.
Der Senat beſchloß, die Abänderung des Arti-
kels
43 der Verfaſſung und genehmigte die von der Re-
gierung geforderte Interpretierung der Ver-
faſſung. Alle Miniſter wohnten der Sitzung bei.

Der Beſchluß des Kabinettes, auf der ſofortigen
Schließung der Kammer zu beſtehen, iſt auf die Tele-
gramme der albaniſchen Kommiſſion
zu-
rückzuführen, nach welchen im Falle der Verzögerung der
Auflöſung der Kammer ſchwere Verwicklungen
zu befürchten ſeien.


[Spaltenumbruch]

Nach der Abſtimmung des Senats fand ein Mini-
ſterrat
ſtatt, worauf die Miniſter vom Sultan
empfangen wurden, welcher den Senatsbeſchluß
unverzüglich ſanktionierte.

Die Kammer entzieht ſich der Verleſung
des Auflöſungsdekretes.
Mißtrauensvotum und Vertagungsbeſchluß.

(Korr.-B.)

Der Deputierte
Dſchawid hielt eine heftige Rede gegen die Regierung und
erklärt, die Deputierten würden jeder Drohung Wider-
ſtand
entgegenſetzen. Die Kammer ſprach über Antrag
Dſchavids der Regierung das Mißtrauen aus, wo-
rauf ſie ſich für unbeſtimmte Zeit vertagte.

(Korr.-B.)

Nach Faſſung
des Mißtrauensvotums kam es zu tumultiöſen
Szenen.
Die albaniſchen Deputierten Eſſad und
Schahin, welche durch Aeußerungen der Jungtürken
ſich beleidigt fühlten, wollten ſich auf dieſe ſtürzen. Im
Handgemenge zog Deputierter Rahmi einen Revol-
ver,
machte aber keinen Gebrauch von dieſem. Der Tu-
mult dauerte einige Minuten. Der Präſident wiederholte
den gefaßten Beſchluß und erklärte die Kammer als für
unbeſtimmte Zeit vertagt.

Durch die Vertagung entzog ſich die Kammer
der Verleſung des Schließungsdekretes,

die von der Regierung für 1 Uhr nachmittags angeſetzt
worden war. Da die Regierung infolge des Mißtrauens-
votums als geſtürzt zu betrachten iſt, hat ſich die
Kriſe bedeutend verſchärft.




Poincarees Reiſe nach Petersburg.

(Korr.-B.)

Miniſterpräſident
Poincaree reiſte nach Dünkirchen ab, von wo er per
Schiff die Reiſe nach Kronſtadt antritt.




Bauernunruhen im ruſſiſchen Gouver-
nement Kursk.

(Priv.-Tel. der „Cz. Allg.
Ztg.“)

In Miropolje bei Kursk kam es anläßlich der
zwangsweiſen Durchführung einer Agrarreform durch
ſtaatliche Geometer zu großen Bauernunruhen.
Ueber zehntauſend Bauern rotteten ſich unter
Sturmgeläute der Glocken zuſammen und vertrieben die
Geometer. Erſt als Militär requiriert worden war, konnte
die Ordnung wieder hergeſtellt werden.




Freilaſſung des ſpionageverdächtigen
Hauptmanns Koſtewitſch gegen Kaution.

(Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Der ruſſiſche Hauptmann Koſtewitſch wird heute,
nachdem für ihn eine Kaution von dreißigtauſend Mark
erlegt wurde, für die Dauer der Unterſuchung auf freien
Fuß geſetzt. Er ſteht aber unter polizeilicher Bewachung und
darf die Grenze nicht überſchreiten.




Bootsunglück.

(Korr.-B.)

Bei Laysdown auf der
Inſel Sheppey kenterte ein Segelboot. Von 23 Inſaſſen
ſind 8 ertrunken.




[]
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[5/0005] 6. Auguſt 1912. „Czernowitzer Allgemeine Zeitung“ ſelben zu bitten, das Mandat wieder anzunehmen. Nach- dem noch die Gemeinderäte Zucker, J. S. Retter, Heitner und Adam in gleichem Sinne geſprochen, wurde über Antrag des GR. Offizial Adam die Sitzung unterbrochen und der Ausſchuß begab ſich korporativ unter Begleitung des zahlreichen Auditoriums zum Bürger- meiſter, vor deſſen Haus eine große Menſchenmenge ver- ſammelt war, woſelbſt Vizebürgermeiſter Kuzniar- ski demſelben den Beſchluß der Gemeindevertretung mit- teilte und ihn namens derſelben erſuchte, das Mandat wieder anzunehmen. Nachdem GR. Picker das getrof- fene Arrangement mit den Einwohnern der Kramladen- gaſſen, welche für ihren Bürgermeiſter ein Opfer zu brin- gen, ſich gerne entſchloſſen haben, hervorgehoben, wodurch der Stein des Anſtoßes beſeitigt erſcheint, nahm Doktor Runes unter Hervorhebung des Zieles ſeiner weiteren Tätigkeit die Demiſſion zurück, worauf ſtürmiſche Hoch- rufe ſeitens der angeſammelten Menge laut wurden. So- dann kehrte der Ausſchuß in den Sitzungsſaal zurück und übernahm Dr. Runes wieder den Vorſitz. GR. Heit- ner dankte dem Bürgermeiſter für das Pflichtbewußt- ſein und beantragte, denſelben zu unſerem erſten Ehren- mitgliede zu ernennen, welcher Antrag einſtimmige Annahme fand. Nachdem noch in vertraulicher Sitzung einige Maßnahmen wegen Ausbau der elektriſchen Stra- ßenbahn nach Czernowitz beſchloſſen wurden, fand die denkwürdige Sitzung ihr Ende. — So ſchreitet denn end- lich unſere Gemeinde den Weg zur Umgeſtaltung und iſt zu hoffen, daß das geſteckte Ziel in der Verwirklichung des Programmes wie: Aſſanierung der Kramladengaſſen, Waſſerleitung und Kanaliſierung, Schlachthausbau und Ausbau der elektriſchen Straßenbahn erreicht werden wird. Z. Nowoſielitza. (Verhaftung des Mörders Tarnowiecki.) Es iſt gelungen, den Bauer Tar- nowiecki, der ſeine Frau ſchwer verletzte und ſein jüngſtes Kind auf der Flucht tötete, zu verhaften. Tarno- wiecki, der nach Rumänien geflüchtet war, kehrte Freitag nach Oeſterreich zurück, um ſich bei ſeinem Bruder, der in dem Grenzorte Gogolina wohnt, nach dem Befinden ſeiner bei ihrer Großmutter in Lehuczeni-Teutului woh- nenden Kinder zu erkundigen. Da er keine befriedigende Antwort erhalten konnte, beſchloß er, nach Lehuczeni- Teutului zu gehen, um ſich perſönlich vom Wohlergehen ſeiner Kinder zu überzeugen. Der dortige Ortsrichter Ge- orgi Luzowinczuk, der von der Abſicht Tarnowieckis Kenntnis erhalten hatte, ließ ihn, als er ſich dem Dorfe näherte, durch die Ortspolizei verhaften und in die Ge- meindekanzlei bringen. Dort erwarteten ihn bereits Gen- darmen, die ihn dem Bezirkgerichte in Bojan einlieferten. Tarnowiecki erklärte auf Befragen, er ſei unſchuldig und die ganze Schuld treffe ſeine Schwiegermutter, die ihn ſtets davon zurückgehalten, ſeinem Kinde aus zweiter Ehe gleichfalls einen Teil ſeines Vermögens teſtamentariſch zu vermachen. Die Frau Tarnowieckis wurde in die Czer- nowitzer Landeskrankenanſtalt überführt, wo ſie ſich auf dem Wege der Beſſerung befindet. Nowoſielitza. (Eine Tanzunterhaltung mit blutigem Ende.) Geſtern, Sonntag, veranſtal- teten die hieſigen Bahnarbeiter eine Tanzunterhaltung und ließen zu dieſem Zwecke eine Zigeunerkapelle aus Bojan kommen. Die Tanzunterhaltung, bei der auch ſehr viel ge- trunken wurde, dauerte bis heute früh. Heute früh wollte die Zigeunerkapelle mit dem Frühzug nach Bojan zurück- kehren, die angeheiterten Arbeiter erſuchten aber die Kapelle noch einige Zeit aufzuſpielen, ſie würden ſie dann durch einen Bauernwagen nach Bojan zurückbringen laſſen. Als nach einigen Stunden die Muſiker das Ver- langen ſtellten, man möge ihnen den verſprochenen Bauernwagen zur Reiſe nach Bojan zur Verfügung ſtellen, war die Antwort höhniſche Schimpfworte. Es entſtand ein heftiger Streit, der ſchließlich in eine Meſſerſtecherei ausartete. Die Arbeiter Bilinski und Krapczuk wurden leicht verletzt, der Arbeiter Litwin trug ſehr ſchwere Verletzungen davon. Litwin erhielt einen Meſſerſtich in den Kopf, der die Kopfhaut faſt voll- ſtändig wegriß und das Gehirn verletzte. An ſeinem Auf- kommen wird gezweifelt. Der Meſſerſtecherei machten einige Gendarmen ein Ende, die mehrere Muſikanten und Arbeiter verhafteten. Kimpolung. (Konzert.) Am 17. Auguſt 1912 fin- det im Rathausſaale zu Kimpolung ein Konzert des erſten Tenors am Wiener Bürgertheater Marcell Noe ſtatt. Dem Konzerte folgt eine Tanzunterhaltung. Nähe- res bringen die Plakate. Sereth. (Konſtituierung des Kultus- rates.) Am 4. d. M. fand die konſtituierende Sitzung des Kultusrates ſtatt. Es wurden gewählt: Herr Iſak Berall zum Kultusvorſteher, Herr Akiba Schreiber zum Stellvertreter und die Herren Schulim Achner, Nachman Kraft und Abraham Pariſer in den Vorſtand. Damit er- ſcheint die Kultusratsfrage im Sinne der geltenden ſtatu- tariſchen Beſtimmungen endgiltig gelöſt. Kimpolung. (Scharlachepidemie.) Die Fälle an Scharlacherkrankungen mehren ſich. Zu den früheren traten in den letzten Tagen acht neue Erkrankungen hinzu und beziffert ſich der Krankenſtand auf 39. Die politiſche Behörde und der Gemeindearzt Dr. Mehlmann trach- ten mit allen zu Gebote ſtehenden Mitteln die Epidemie einzudämmen. Letzte Telegramme. Die Artilleriebewaffnung. Angebot der Skodawerke, das Rohrmaterial auf eigenes Riſiko anzufertigen. Wien, 5. Auguſt. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Das „Neue Wiener Tagblatt“ meldet aus Pilſen: Die Generaldirektion der Skodawerke hat dem Kriegs- miniſter von Auffenberg den Vorſchlag unterbreitet, das Rohrmaterial für die Artilleriegeſchütze, und zwar zuerſt für die Haubitzen vorläufig auf ihre Koſten herzuſtellen, das heißt, auf ihr Riſiko die von der Kriegsverwaltung notwendig erachteten Lieferungen aus- zuführen. Der Kriegsminiſter ſoll dem Kaiſer in ſeiner Au- dienz dieſen Vorſchlag der Skodawerke unterbreitet und der Kaiſer denſelben genehmigend zur Kennt- nis genommen haben. Wiederaufnahme der polniſch-rutheniſchen Verhandlungen über die galiziſche Land- tagswahlreform. Karlsbad, 5. Auguſt. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Abg. Koſt Lewickij iſt hier eingetroffen. Aus der Anweſenheit der Abgeordneten Dr. Leo und Abra- hamowicz ſowie des Statthalters Bobrzynski ſchließt man, daß die ſeinerzeit angekündigten, dann de- mentierten Beſprechungen wegen der galiziſchen Land- tagswahlreform eheſtens beginnen werden. Die Kriſe in der Türkei. Konſtantinopel, 5. Auguſt. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Der geſtrige Beſchluß des Miniſterrates, die Kammer aufzulöſen, iſt überraſchend gekommen. Nach der Annahme der Abänderung des Verfaſſungsparagraphen 7 durch den Senat, beſchloß das Kabinett die Auflöſung der Kammer, die ſofort nach Albanien gemeldet wurde. Der Miniſterrat dauert den ganzen Tag bis in die ſpäte Nacht hinein. Es verlautet, daß ernſte Nachrichten aus Albanien eingetroffen ſeien. Die Meldung von Kämpfen an der montenegriniſchen Grenze hat ſtarken Eindruck hervorgerufen. Aus Uesküb erſchien geſtern ein Mitglied der Spezialkommiſſion für Alba- nien, um die Albaneſen von einem Vormarſch nach Ues- küb abzuhalten, doch ſind die Ausſichten gering, daß ihm dies gelingen werde. Täglich treffen in Uesküb kleinere Gruppen von bewaffneten Albanern ein. Die Albauer nicht länger von Feindſeligkeiten zurück- zuhalten. Saloniki, 5. Auguſt. (Korr.-B.) Der Vali von Ja- nina richtete an die aufſtändiſchen Arnauten der Gegend von Berat, Fiat und Valona eine Aufforderung zur Rückkehr, der bisher jedoch nicht entſprochen wurde. In Priſchtina fand eine Beſprechung der Ar- nautenführer mit der Kommiſſion ſtatt. Die Arnauten- führer erklärten, angeſichts der drohenden Haltung der Albaner, ſeien ſie nicht länger imſtande, die Maſ- ſen von dem Entſchluß, mit den Feindſeligkeiten zu beginnen, zurückzuhalten und müßten jede Ver- antwortung für allfällige, durch die Verzögerung der Auf- löſung der Kammer hervorgerufenen Folgen ablehnen. Fortſchreitende Zerſetzung in der Armee. — Kapitulation verſchiedener Garniſonen. Konſtantinopel, 5. Auguſt. (Korr.-B.) Von authenti- ſcher Seite wird beſtätigt, daß der Gendarmerie- kommandant in Kumanovo mit 16 Gendarmen ſich den aufſtändiſchen Albanern angeſchloſſen habe. Weiters ſchloſſen ſich 162 Mann des Gendarmerie- bataillons Prizrend an. Die Beſatzungen der Ort- ſchaften Kaliadodes, Kaza und Luma kapitu- lierten. Die Lage in Prizrend iſt bedrohlich. Am 31. Juli zogen 400 bewaffnete Albaner aus Luma in die Stadt ein. Es werden Ruheſtörungen be- fürchtet. Infolge einer Meuterei unter der Garni- ſon Mitrovitza wurden 690 Reſerviſten entlaſſen. In Mitrovitza zogen 5000 Albaner aus ver- ſchieden en Städten Nordalbaniens ein. Der Auflöſungsbeſchluß. Konſtantinopel, 5. Auguſt. (Korr.-B.) Der Beſchluß des Miniſterrates, den Senat zu einer außerordentlichen Sitzung einzuberufen, wurde ſo geheim gehalten, daß nicht einmal die Deputierten davon wußten. Die geheime Senatsſitzung. geſtaltete ſich äußerſt intereſſant und bewegt. Im Laufe der Debatte kam es zu einem Zwiſchenfall zwiſchen dem Marſchall Fuad und dem Jungtürken Baſſaria, da letzterer ſich für den Weiterbeſtand der Kammer einſetzte. Der Senat beſchloß, die Abänderung des Arti- kels 43 der Verfaſſung und genehmigte die von der Re- gierung geforderte Interpretierung der Ver- faſſung. Alle Miniſter wohnten der Sitzung bei. Der Beſchluß des Kabinettes, auf der ſofortigen Schließung der Kammer zu beſtehen, iſt auf die Tele- gramme der albaniſchen Kommiſſion zu- rückzuführen, nach welchen im Falle der Verzögerung der Auflöſung der Kammer ſchwere Verwicklungen zu befürchten ſeien. Nach der Abſtimmung des Senats fand ein Mini- ſterrat ſtatt, worauf die Miniſter vom Sultan empfangen wurden, welcher den Senatsbeſchluß unverzüglich ſanktionierte. Die Kammer entzieht ſich der Verleſung des Auflöſungsdekretes. Mißtrauensvotum und Vertagungsbeſchluß. Konſtantinopel, 5. Auguſt. (Korr.-B.) Der Deputierte Dſchawid hielt eine heftige Rede gegen die Regierung und erklärt, die Deputierten würden jeder Drohung Wider- ſtand entgegenſetzen. Die Kammer ſprach über Antrag Dſchavids der Regierung das Mißtrauen aus, wo- rauf ſie ſich für unbeſtimmte Zeit vertagte. Konſtantinopel, 5. Auguſt. (Korr.-B.) Nach Faſſung des Mißtrauensvotums kam es zu tumultiöſen Szenen. Die albaniſchen Deputierten Eſſad und Schahin, welche durch Aeußerungen der Jungtürken ſich beleidigt fühlten, wollten ſich auf dieſe ſtürzen. Im Handgemenge zog Deputierter Rahmi einen Revol- ver, machte aber keinen Gebrauch von dieſem. Der Tu- mult dauerte einige Minuten. Der Präſident wiederholte den gefaßten Beſchluß und erklärte die Kammer als für unbeſtimmte Zeit vertagt. Durch die Vertagung entzog ſich die Kammer der Verleſung des Schließungsdekretes, die von der Regierung für 1 Uhr nachmittags angeſetzt worden war. Da die Regierung infolge des Mißtrauens- votums als geſtürzt zu betrachten iſt, hat ſich die Kriſe bedeutend verſchärft. Poincarees Reiſe nach Petersburg. Paris, 5. Auguſt. (Korr.-B.) Miniſterpräſident Poincaree reiſte nach Dünkirchen ab, von wo er per Schiff die Reiſe nach Kronſtadt antritt. Bauernunruhen im ruſſiſchen Gouver- nement Kursk. Petersburg, 5. Auguſt. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) In Miropolje bei Kursk kam es anläßlich der zwangsweiſen Durchführung einer Agrarreform durch ſtaatliche Geometer zu großen Bauernunruhen. Ueber zehntauſend Bauern rotteten ſich unter Sturmgeläute der Glocken zuſammen und vertrieben die Geometer. Erſt als Militär requiriert worden war, konnte die Ordnung wieder hergeſtellt werden. Freilaſſung des ſpionageverdächtigen Hauptmanns Koſtewitſch gegen Kaution. Leipzig, 5. Auguſt. (Priv.-Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Der ruſſiſche Hauptmann Koſtewitſch wird heute, nachdem für ihn eine Kaution von dreißigtauſend Mark erlegt wurde, für die Dauer der Unterſuchung auf freien Fuß geſetzt. Er ſteht aber unter polizeilicher Bewachung und darf die Grenze nicht überſchreiten. Bootsunglück. London, 5. Auguſt. (Korr.-B.) Bei Laysdown auf der Inſel Sheppey kenterte ein Segelboot. Von 23 Inſaſſen ſind 8 ertrunken. _

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2560, Czernowitz, 06.08.1912, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer2560_1912/5>, abgerufen am 21.11.2024.