Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 379, Czernowitz, 04.04.1905.Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 4. April 1905. [Spaltenumbruch] niedriges kleines Häuschen, dessen Verwalter ein gewisser Geringer sei. Dieser habe dem ehem. städtischen Tierarzte Schmul und dem Baumeister Liquornik die Auf- führung eines Neubaues übertragen. Weil nun die Parteien, kleine Gewerbetreibende, nicht rechtzeitig gekündigt wurden, habe man, anstatt ihnen Reugeld zu zahlen, zu dem bequemen Mittel gegriffen, das Haus durch eine Magistratskommission baufällig erklären zu lassen. Das wollte aber nicht recht gehen, und so griff man, nachdem Baurat Fröschl allein sich für die Baufälligkeit ausgesprochen hatte, zu Feuergefährlichkeiten und erwirkte die Verfügung des Bauamtes, daß binnen 48 Stunden der Dachstuhl und die Parterredecken des Hauses niederzureißen und die Parteien zu delogieren seien. -- Obendrein wurde ausgesprochen, daß ein Rekurs gegen diese Verfügung keine aufschiebende Wirkung habe. Redner be- antragt nun im Dringlichkeitswege, daß der nicht aufschiebende Charakter des Rekurses, den er für die Parteien gleichzeitig anmelde, aufgehoben und eine gemeinderätliche Ueberprüfungs- kommission eingesetzt werde. -- Stadtrat Heinrich bemerkt, er habe sich gegen die Baufälligkeit ausgesprochen, mußte aber als Mitglied der Kommission sich dem Befunde derselben anschließen, trotzdem er die Härte der Maßregel erkannt habe. Hier als Mitglied des Gemeinderates müsse er, da zwei Seelen in seiner Brust wohnen, den Antrag Onciul unterstützen. -- GR. W. Tittinger spricht sich nach Ein- holung einer Aufklärung gleichfalls für den Antrag aus, ebenso GR. Elias Wender. -- Der Vors. Dr. Reiß konstatiert, daß er in der Magistratssitzung, die diesen Beschluß faßte, nicht zugegen war, Vizebürgermeister Gregor habe den Vorsitz geführt. Der erste Teil des Antrages Onciul wird hierauf einstimmig angenommen, der zweite bleibt bis zur Erledigung des Rekurses in suspenso. -- Nach dem Referate des GR. Tellmann über das Theaterdarlehen vertrauliche Sitzung. Die Ernennungen im gr.-or. Konsistorium. Die "Wiener Zeitung" meldet: Seine k. und k. Majestät Auszeichnung. Aus Anlaß der Spiritus-Ausstellung Personalnachrichten. Hofrat Ullmann und Baron Szymonowicz +. Unter zahlreicher Be- Zur Vergebung der sog. Professionisten- arbeiten beim hierortigen Justizgebäude. Im Sinne Die "Militärgründe". Herr Landtagsabgeordneter Vereinsnachricht. Dienstag den 28. v. M. fand die Verkehrsnachricht. Wie wir hören, wird das Vor- Gesellschaftsreise nach Konstantinopel. Für die Neues chemisch-technisches Laboratorium. Die Selbstmordversuch. Der Polizeirapport meldet: Eine Unverbesserliche. Der Polizeirapport meldet: Raufexzesse. Der Polizeirapport meldet: Gestern Korrespondenzen. Czernowitz, 3. April 1905. Radantz. (Vereinsnachricht). Am 24. v. M. [Spaltenumbruch] Kranke Seelen. 75] (Nachdruck verboten.) Kaum hatte der Artillerie-Oberleutnant, nachdem er im Der Oberleutnant befand sich noch mitten auf der "Oho! Da kneift einer aus!" Er blieb stehen und drehte sich um. Oben stand bar- "Meinen Sie wirklich mich, Herr Leutnant?" "Wen sonst? Sie wissen, daß ich ein Hühnchen mit "Ich verbiete Ihnen diesen Ton, junger Mann!" unter- Redern kam unter einem höhnischen Lachen herab; man "Ich finde es nicht am Platze, Herr Oberleutnant, daß "Darüber werden unsere Vorgesetzten zu urteilen Gelegen- "Oho! Sie sind mir entschieden zu spät aus dem Wege Jetzt war es auch mit Thawalds mühsam bewahrter In demselben Augenblick stürzten auch schon die Herren Thawald hatte für ihre Bemühungen nur ein entsagungs- "Ich bitte meine Herren, sorgen Sie nur, daß die Graf Redern hatte sich indessen mit Hilfe zweier jungen "Ruhe, ich bitte nur um Ruhe!" rief der Aelteste in Endlich gelang es, den rasenden Arno in die Portier- Die zurückgebliebenen Gäste hatten von dem "haar- "Der Unglückselige!" war ihr erster Gedanke, -- "Gott Die Dienerschaft befolgte denn auch die strenge Weisung (Fortsetzung folgt.) Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 4. April 1905. [Spaltenumbruch] niedriges kleines Häuschen, deſſen Verwalter ein gewiſſer Geringer ſei. Dieſer habe dem ehem. ſtädtiſchen Tierarzte Schmul und dem Baumeiſter Liquornik die Auf- führung eines Neubaues übertragen. Weil nun die Parteien, kleine Gewerbetreibende, nicht rechtzeitig gekündigt wurden, habe man, anſtatt ihnen Reugeld zu zahlen, zu dem bequemen Mittel gegriffen, das Haus durch eine Magiſtratskommiſſion baufällig erklären zu laſſen. Das wollte aber nicht recht gehen, und ſo griff man, nachdem Baurat Fröſchl allein ſich für die Baufälligkeit ausgeſprochen hatte, zu Feuergefährlichkeiten und erwirkte die Verfügung des Bauamtes, daß binnen 48 Stunden der Dachſtuhl und die Parterredecken des Hauſes niederzureißen und die Parteien zu delogieren ſeien. — Obendrein wurde ausgeſprochen, daß ein Rekurs gegen dieſe Verfügung keine aufſchiebende Wirkung habe. Redner be- antragt nun im Dringlichkeitswege, daß der nicht aufſchiebende Charakter des Rekurſes, den er für die Parteien gleichzeitig anmelde, aufgehoben und eine gemeinderätliche Ueberprüfungs- kommiſſion eingeſetzt werde. — Stadtrat Heinrich bemerkt, er habe ſich gegen die Baufälligkeit ausgeſprochen, mußte aber als Mitglied der Kommiſſion ſich dem Befunde derſelben anſchließen, trotzdem er die Härte der Maßregel erkannt habe. Hier als Mitglied des Gemeinderates müſſe er, da zwei Seelen in ſeiner Bruſt wohnen, den Antrag Onciul unterſtützen. — GR. W. Tittinger ſpricht ſich nach Ein- holung einer Aufklärung gleichfalls für den Antrag aus, ebenſo GR. Elias Wender. — Der Vorſ. Dr. Reiß konſtatiert, daß er in der Magiſtratsſitzung, die dieſen Beſchluß faßte, nicht zugegen war, Vizebürgermeiſter Gregor habe den Vorſitz geführt. Der erſte Teil des Antrages Onciul wird hierauf einſtimmig angenommen, der zweite bleibt bis zur Erledigung des Rekurſes in suspenso. — Nach dem Referate des GR. Tellmann über das Theaterdarlehen vertrauliche Sitzung. Die Ernennungen im gr.-or. Konſiſtorium. Die „Wiener Zeitung“ meldet: Seine k. und k. Majeſtät Auszeichnung. Aus Anlaß der Spiritus-Ausſtellung Perſonalnachrichten. Hofrat Ullmann und Baron Szymonowicz †. Unter zahlreicher Be- Zur Vergebung der ſog. Profeſſioniſten- arbeiten beim hierortigen Juſtizgebäude. Im Sinne Die „Militärgründe“. Herr Landtagsabgeordneter Vereinsnachricht. Dienſtag den 28. v. M. fand die Verkehrsnachricht. Wie wir hören, wird das Vor- Geſellſchaftsreiſe nach Konſtantinopel. Für die Neues chemiſch-techniſches Laboratorium. Die Selbſtmordverſuch. Der Polizeirapport meldet: Eine Unverbeſſerliche. Der Polizeirapport meldet: Raufexzeſſe. Der Polizeirapport meldet: Geſtern Korreſpondenzen. Czernowitz, 3. April 1905. Radantz. (Vereinsnachricht). Am 24. v. M. [Spaltenumbruch] Kranke Seelen. 75] (Nachdruck verboten.) Kaum hatte der Artillerie-Oberleutnant, nachdem er im Der Oberleutnant befand ſich noch mitten auf der „Oho! Da kneift einer aus!“ Er blieb ſtehen und drehte ſich um. Oben ſtand bar- „Meinen Sie wirklich mich, Herr Leutnant?“ „Wen ſonſt? Sie wiſſen, daß ich ein Hühnchen mit „Ich verbiete Ihnen dieſen Ton, junger Mann!“ unter- Redern kam unter einem höhniſchen Lachen herab; man „Ich finde es nicht am Platze, Herr Oberleutnant, daß „Darüber werden unſere Vorgeſetzten zu urteilen Gelegen- „Oho! Sie ſind mir entſchieden zu ſpät aus dem Wege Jetzt war es auch mit Thawalds mühſam bewahrter In demſelben Augenblick ſtürzten auch ſchon die Herren Thawald hatte für ihre Bemühungen nur ein entſagungs- „Ich bitte meine Herren, ſorgen Sie nur, daß die Graf Redern hatte ſich indeſſen mit Hilfe zweier jungen „Ruhe, ich bitte nur um Ruhe!“ rief der Aelteſte in Endlich gelang es, den raſenden Arno in die Portier- Die zurückgebliebenen Gäſte hatten von dem „haar- „Der Unglückſelige!“ war ihr erſter Gedanke, — „Gott Die Dienerſchaft befolgte denn auch die ſtrenge Weiſung (Fortſetzung folgt.) <TEI> <text> <body> <div type="jLocal" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0004" n="4"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 4. April 1905.</hi></fw><lb/><cb/> niedriges kleines Häuschen, deſſen Verwalter ein gewiſſer<lb/><hi rendition="#g">Geringer</hi> ſei. Dieſer habe dem ehem. ſtädtiſchen Tierarzte<lb/><hi rendition="#g">Schmul</hi> und dem Baumeiſter <hi rendition="#g">Liquornik</hi> die Auf-<lb/> führung eines Neubaues übertragen. Weil nun die Parteien,<lb/> kleine Gewerbetreibende, nicht rechtzeitig gekündigt wurden,<lb/> habe man, anſtatt ihnen Reugeld zu zahlen, zu dem bequemen<lb/> Mittel gegriffen, das Haus durch eine Magiſtratskommiſſion<lb/> baufällig erklären zu laſſen. Das wollte aber nicht recht gehen,<lb/> und ſo griff man, nachdem Baurat <hi rendition="#g">Fröſchl</hi> allein ſich für<lb/> die Baufälligkeit ausgeſprochen hatte, zu Feuergefährlichkeiten<lb/> und erwirkte die Verfügung des Bauamtes, daß binnen<lb/> 48 Stunden der Dachſtuhl und die Parterredecken des Hauſes<lb/> niederzureißen und die Parteien zu delogieren ſeien. —<lb/> Obendrein wurde ausgeſprochen, daß ein Rekurs gegen dieſe<lb/> Verfügung keine aufſchiebende Wirkung habe. Redner be-<lb/> antragt nun im Dringlichkeitswege, daß der nicht aufſchiebende<lb/> Charakter des Rekurſes, den er für die Parteien gleichzeitig<lb/> anmelde, aufgehoben und eine gemeinderätliche Ueberprüfungs-<lb/> kommiſſion eingeſetzt werde. — Stadtrat <hi rendition="#g">Heinrich</hi> bemerkt,<lb/> er habe ſich gegen die Baufälligkeit ausgeſprochen, mußte<lb/> aber als Mitglied der Kommiſſion ſich dem Befunde derſelben<lb/> anſchließen, trotzdem er die Härte der Maßregel erkannt<lb/> habe. Hier als Mitglied des Gemeinderates müſſe er, da<lb/> zwei Seelen in ſeiner Bruſt wohnen, den Antrag Onciul<lb/> unterſtützen. — GR. W. <hi rendition="#g">Tittinger</hi> ſpricht ſich nach Ein-<lb/> holung einer Aufklärung gleichfalls für den Antrag aus,<lb/> ebenſo GR. Elias <hi rendition="#g">Wender.</hi> — Der Vorſ. Dr. <hi rendition="#g">Reiß</hi><lb/> konſtatiert, daß er in der Magiſtratsſitzung, die dieſen<lb/> Beſchluß faßte, nicht zugegen war, Vizebürgermeiſter <hi rendition="#g">Gregor</hi><lb/> habe den Vorſitz geführt. Der erſte Teil des Antrages<lb/><hi rendition="#g">Onciul</hi> wird hierauf <hi rendition="#g">einſtimmig angenommen,</hi> der<lb/> zweite bleibt bis zur Erledigung des Rekurſes in <hi rendition="#aq">suspenso.</hi><lb/> — Nach dem Referate des GR. <hi rendition="#g">Tellmann</hi> über das<lb/> Theaterdarlehen vertrauliche Sitzung.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Ernennungen im gr.-or. Konſiſtorium.</hi> </head><lb/> <p>Die „Wiener Zeitung“ meldet: Seine k. und k. Majeſtät<lb/> haben mit Allerhöchſter Entſchließung vom 27. März d. J.<lb/> den Konſtitorialrat Myron <hi rendition="#g">Calinescu</hi> zum Konſiſtorial-<lb/> Archimandriten des gr.-or. erzbiſchöflichen Konſiſtoriums in<lb/> Czernowitz, den Religions-Profeſſor am Czernowitzer Erſten<lb/> Staatsgymnaſium Caliſtrat <hi rendition="#g">Coca</hi> zum Protopresbyter der<lb/> gr.-vr. Kathedralkirche in Czernowitz und den Pfarrer in<lb/> Brodok Meletie <hi rendition="#g">Halip</hi> zum beſoldeten Beiſitzer des gr.-or.<lb/> erzbiſchöflichen Konſiſtoriums daſelbſt allergnädigſt zu er-<lb/> nennen geruht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Auszeichnung.</hi> </head> <p>Aus Anlaß der Spiritus-Ausſtellung<lb/> in Wien wurde Herr Profeſſor Dr. Neumann <hi rendition="#g">Wender</hi> in<lb/> Czernowitz mit der franzöſiſchen Offiziersdekoration <hi rendition="#aq">pour<lb/> mérite agricole</hi> ausgezeichnet. — Den gr.-or. Pfarrern The-<lb/> odor <hi rendition="#g">Semaniuk</hi> in Wiznitz und Viktor <hi rendition="#g">Zacharowski</hi><lb/> in Unter-Lukawetz, wurde das Goldene Verdienſtkreuz mit<lb/> der Krone verliehen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Perſonalnachrichten.</hi> </head> <p>Hofrat <hi rendition="#g">Ullmann</hi> und<lb/> Magiſtratsdirektor Regierungsrat <hi rendition="#g">Wiedmann,</hi> ſind zu<lb/> kurzem Aufenthalte nach Wien gereiſt. — Direktor Doktor<lb/><hi rendition="#g">Philippowicz</hi> und Bauoberkommiſſär <hi rendition="#g">Charwat</hi> ſind<lb/> von ihrer Reiſe zwecks Studiums der Einrichtungen größerer<lb/> Krankenanſtalten zurückgekehrt. — In einer geſtern abgehaltenen<lb/> Feſtſitzung des Ausſchuſſes des hieſigen Vereines zur Förderung<lb/> der Tonkunſt, überreichte Regierungsrat Dr. v. <hi rendition="#g">Duzin-<lb/> kiewicz</hi> dem Muſikdirektor <hi rendition="#g">Hrimaly</hi> das demſelben vom<lb/> Kaiſer verliehene Ritterkreuz des Franz Joſeph-Ordens.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Baron Szymonowicz †.</hi> </head> <p>Unter zahlreicher Be-<lb/> teiligung aller Kreiſe der Bevölkerung und der Spitzen der<lb/> Behörden fand geſtern nachmittags das Leichenbegängnis des<lb/> vorgeſtern hier verſtorbenen Hofrates und Kreisgerichts-<lb/> präſidenten Johann Baron <hi rendition="#g">Szymonowicz</hi> ſtatt. — Im<lb/> Leichenzuge, den der hochwürdige Prälat Ehrendomherr<lb/><hi rendition="#g">Kaſprowicz</hi> unter Aſſiſtenz der Herren Katecheten <hi rendition="#g">Szy-<lb/> monowicz</hi> und <hi rendition="#g">Moiſeſowicz</hi> aus Kuty führte, bemerkte<lb/> man u. A. Landespräſidenten Dr. von <hi rendition="#g">Bleyleben</hi> mit<lb/> Beamten der Landesregierung (Reg.-R. <hi rendition="#g">Krzeszniowski,<lb/> Duzinkiewicz</hi> u. a.) Landesgerichtspräſidenten <hi rendition="#g">Klar</hi> und<lb/><cb/> Vizepräſidenten <hi rendition="#g">Artymowicz</hi> mit den Oberräten und<lb/> Räten des hierortigen Landesgerichts, Vizebürgermeiſter<lb/> Reg.-R. Dr. <hi rendition="#g">Reiß,</hi> Hofrat und Kreisgerichtspräſidenten<lb/><hi rendition="#g">Zierhofer</hi> mit Beamten des Suczawaer Kreisgerichts,<lb/> Vertreter der Bezirksgerichte in der Provinz, Vertreter der<lb/> anderen ſtaatlichen Reſſorts und des armeno-polniſchen und<lb/> des rumäniſchen Großgrundbeſitzes und Landesadels, Vertreter<lb/> der kath. akad. Verbindung „Unitas“.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Zur Vergebung der ſog. Profeſſioniſten-<lb/> arbeiten beim hierortigen Juſtizgebäude.</hi> </head> <p>Im Sinne<lb/> des Gemeinderatsbeſchluſſes vom 23. März d. J. übermittelte<lb/> das Magiſtratspräſidium ein an das Juſtizminiſterium zu<lb/> richtendes Memorandum dem Abgeordneten der Stadt,<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Straucher.</hi> Dieſer überreichte perſönlich Samſtag, den<lb/> 1. d. M. das beſagte Memorandum dem Juſtizminiſter<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Klein,</hi> dem Abg. Dr. <hi rendition="#g">Straucher</hi> auch mündlich den<lb/> Sachverhalt vortrug. Exzellenz Dr. <hi rendition="#g">Klein</hi> anerkannte die<lb/> Richtigkeit des von der Stadt Czernowitz eingenommenen<lb/> Standpunktes, beſprach ausführlich die Angelegenheit mit<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Straucher</hi> und verſprach die ſofortige Einleitung der<lb/> Erhebungen zwecks eingehender Information, worauf er dann<lb/> das Erforderliche verfügen werde. Exzellenz Dr. <hi rendition="#g">Klein</hi> be-<lb/> kundete großes Wohlwollen gegenüber der Stadt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die „Militärgründe“.</hi> </head> <p>Herr Landtagsabgeordneter<lb/> und Gemeinderat Bahnbaukommiſſär Titus Ritter v. <hi rendition="#g">Onciul</hi><lb/> erſucht uns, feſtzuſtellen, daß ſeine in der vorletzten Gemeinde-<lb/> ratsſitzung bei Beratung über die Schätzung der Militär-<lb/> gründe gemachte Aeußerung, wienach GR. <hi rendition="#g">Wegner</hi> in ſeiner<lb/> Oppoſitionsrede die Gedanken des k. k. Oberbaurates<lb/><hi rendition="#g">Haberlandt</hi> wiedergegeben habe, auf einer irrigen<lb/> Information beruhte.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Vereinsnachricht.</hi> </head> <p>Dienſtag den 28. v. M. fand die<lb/> konſtituierende Sitzung des Kommis- und Buchhalter-Unter-<lb/> ſtützungs-Vereines ſtatt und wurden folgende Funktionäre ein-<lb/> ſtimmig wiedergewählt: Bernhard Schnee, Kaſſier; Wilhelm<lb/> Badian, Stellvertreter; Z. Pulmann, Schriftführer; Leib<lb/> Sandmann, Stellvertreter; Moritz Tirſt, Buchhalter; Leon<lb/> König, Stellvertreter; Wilhelm Trichter, Kontrollor; Leon<lb/> Blum <hi rendition="#aq">jun.,</hi> Stellvertreter; Bernhard Haß, Sanitäts-Obmann;<lb/> Hermann Sacher, Stellvertreter; Karl Schiffer und J. Hoch-<lb/> ſtädt, Sanitätsmitglieder. Bezüglich des zu erbauenden Vereins-<lb/> hauſes erfahren wir, daß die Grundſteinlegung vorausſichtlich<lb/> im Laufe dieſes Monates erfolgen dürfte und die vollſtändige<lb/> Erreichung dieſes ſchönen Zieles eines eigenen Heims lediglich<lb/> von der Opferwilligkeit der Gönner und Mitglieder des ge-<lb/> nannten Vereines durch Spenden zur Verſtärkung des Bau-<lb/> fondes beizutragen, abhängt. Spenden nehmen die Herren:<lb/> Wilhelm Badian, Obmann des Baukomitees und Bernhard<lb/> Schnee, Vereinskaſſier, entgegen und werden in den Lokal-<lb/> blättern ausgewieſen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Verkehrsnachricht.</hi> </head> <p>Wie wir hören, wird das Vor-<lb/> mittags-Zugspaar Wama-Rußmoldawitza, welches jetzt nur<lb/> 4 mal wöchentlich verkehrt, ab 1. Mai d. J. täglich ver-<lb/> kehren.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Geſellſchaftsreiſe nach Konſtantinopel.</hi> </head> <p>Für die<lb/> am 16. April (Palmſonntag) ſtattfindende Geſellſchaftsreiſe<lb/> ſind bereits zahlreiche Anmeldungen eingetroffen. Die Führung<lb/> übernimmt Herr Direktor <hi rendition="#g">Lang</hi> vom Fremdenbureau, eine<lb/> Gewähr dafür, daß den Teilnehmern alles Sehenswerte ge-<lb/> boten werden wird. Die Teilnehmer <hi rendition="#aq">II.</hi> Klaſſe erhalten aus-<lb/> nahmsweiſe am Schiff <hi rendition="#aq">I.</hi> Kajütte. Es iſt beſtimmte Ausſicht<lb/> vorhanden, daß der öſterr.-ung. Botſchafter Baron <hi rendition="#g">Calice</hi><lb/> einen von den Teilnehmern zu veranſtaltenden Abend bei-<lb/> wohnen wird. Am 8. April werden die Anmeldungen ge-<lb/> ſchloſſen, weshalb die P. T. Intereſſenten erſucht werden,<lb/> noch rechtzeitig ihre Päſſe zur Beſorgung des türkiſchen Paß-<lb/> viſums im Reiſebureau Hermann Mittelmann, Rathausſtraße<lb/> Nr. 11, zu übergeben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Neues chemiſch-techniſches Laboratorium.</hi> </head> <p>Die<lb/> Herren, geweſener Univerſitäts-Aſſiſtent Apotheker Georg<lb/><cb/> <hi rendition="#g">Gregor</hi> und geweſener Univerſitäts-Demonſtrator Chem. Joſef<lb/><hi rendition="#g">Tennenhäuſer,</hi> haben gemeinſchaftlich ein chemiſches<lb/> Laboratorium errichtet, in welchem die einſchlägigen chemiſchen<lb/> Unterſuchungen von gewerblichen, induſtriellen und Handels-<lb/> artikeln, ſowie phyſiologiſch-chemiſche Unterſuchungen (Harn-<lb/> analyſen) ausgeführt werden. Die Herren Gregor und Tennen-<lb/> häuſer haben zu dieſem Zwecke das bereits im Jahre 1889<lb/> gegründete Laboratorium des Prof. Dr. Neumann <hi rendition="#g">Wender</hi><lb/> erworben, weſentlich erweitert und mit allen Behelfen zur<lb/> Ausführung chemiſch-techniſcher Analyſen ausgeſtattet. Das neue<lb/> Laboratorium wird ab 1. Mai in der Gymnaſialgaſſe Nr. 8<lb/> errichtet und inzwiſchen das bisherige Laboratorium in der<lb/> Ruſſiſchen Gaſſe Nr. 9, beibehalten. Als Annahmeſtelle für<lb/> ſämtliche Unterſuchungen wird auch die k. k. Kreisapotheke am<lb/> Ringplatz Nr. 4 fungieren, woſelbſt allfällige Auskünfte erteilt<lb/> werden. Mit Rückſicht darauf, daß zwei tüchtige Chemiker,<lb/> die über reiche Erfahrungen verfügen, ſich zuſammengetan,<lb/> ſteht zu erwarten, daß das junge Unternehmen proſperieren<lb/> wird.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Selbſtmordverſuch.</hi> </head> <p>Der Polizeirapport meldet:<lb/> Geſtern nachts wurde der Polizeiinſpektion die Meldung<lb/> erſtattet, daß die in der Rathausſtraße bei der Czubata<lb/> wohnhafte Kaſſierin Julia Surmejczuk einen Selbſtmord-<lb/> verſuch unternommen, indem ſie eine Löſung ſchwefelſauren<lb/> Kupfers zu ſich genommen habe. Die aviſierte Freiwillige<lb/> Rettungsgeſellſchaft entſandte einen Arzt an Ort und Stelle,<lb/> welcher die Lebensmüde nach entſprechender Behandlung in<lb/> Privatpflege belaſſen konnte.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine Unverbeſſerliche.</hi> </head> <p>Der Polizeirapport meldet:<lb/> Die Gewohnheitsdiebin Anna <hi rendition="#g">Hanczaruk,</hi> welche ſeit<lb/> ihrem 9. Lebensjahre als verwegene Taſchendiebin der Polizei<lb/> zu ſchaffen gibt und erſt bis vor Kurzem eine größere<lb/> Freiheitsſtrafe verbüßt hatte, wurde geſtern wiederum wegen<lb/> Diebſtahls und Diebſtahlsverſuches beanſtändet und in Haft<lb/> genommen. Die Verhaftete wurde nämlich von einer<lb/> Beſucherin der röm.-kath. Kirche dabei ertappt. als ſie ihre<lb/> Hand in die Rocktaſche dieſer ſteckte und die Geldbörſe heraus-<lb/> zuziehen im Begriffe war. Als die Täterin deswegen der<lb/> Polizei überſtellt wurde, erſchien gleichzeitig eine zweite<lb/> Beſucherin des gedachten Gotteshauſes und erſtattete gegen<lb/> die Ueberſtellte die Anzeige, daß ſie auch ihr aus der Taſche<lb/> ein Sacktuch, in welches ein geringer Geldbetrag ſowie ein<lb/> Schlüſſel eingebunden war, entwendet habe. Die leugnende<lb/> Täterin wird dem Strafgerichte eingeliefert und ſolcherart<lb/> wiederum für längere Zeit unſchädlich gemacht werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Raufexzeſſe.</hi> </head> <p>Der Polizeirapport meldet: Geſtern<lb/> wurde der bekannte Raufbold Adolf <hi rendition="#g">Rotländer</hi> und ſein<lb/> Partner Ernſt <hi rendition="#g">Matuszczak,</hi> welche ſpät abends auf dem<lb/> Ringplatze eine Rauferei veranſtalteten, vom Wachpoſten an-<lb/> gehalten und verhaftet.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Korreſpondenzen.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Czernowitz,</hi> 3. April 1905.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#b">Radantz.</hi> (<hi rendition="#g">Vereinsnachricht</hi>).</head> <p>Am 24. v. M.<lb/> veranſtaltete der Verein „Dorſche Zion“ einen Kommers, der<lb/> einen glänzenden Verlauf nahm. Herr Rabbiner Baruch<lb/><hi rendition="#g">Baſſeches</hi> aus Solka ſprach hiebei über die Bedeutung<lb/> des Purimfeſtes, in der er auch auf Judentum überhaupt und<lb/> Zionismus einging und letzteren in ſchwungvoller Rede ver-<lb/> teidigte. An den Vorträgen beteiligten ſich der Obmann des<lb/> Vereines Dr. <hi rendition="#g">Bierer,</hi> Rabbiner <hi rendition="#g">Kunſtadt</hi> und Herr Iſrael<lb/><hi rendition="#g">Menczel.</hi> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Kranke Seelen.</hi> </hi> </head><lb/> <byline>Von <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Carl Ed. Klopfer.</hi></hi> </byline> <p> <hi rendition="#right">75]</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#right">(Nachdruck verboten.)</hi> </p><lb/> <p>Kaum hatte der Artillerie-Oberleutnant, nachdem er im<lb/> Vorzimmer den Mantel angezogen, die Tür, die ins Treppen-<lb/> haus führte, hinter ſich geſchloſſen, als Graf Arno Redern<lb/> durch die Garderobe geſtürzt kam. — „War das nicht der<lb/> Thawald, der da eben ging?“ fragte er haſtig. Die beiden<lb/> Bedienten bejahten.</p><lb/> <p>Der Oberleutnant befand ſich noch mitten auf der<lb/> Treppe, als er Rederns Stimme hinter ſich vernahm:</p><lb/> <p>„Oho! Da kneift einer aus!“</p><lb/> <p>Er blieb ſtehen und drehte ſich um. Oben ſtand bar-<lb/> haupt der Chevauleger, und hinter dieſem erſchienen zwei<lb/> neugierige Lakaiengeſichter in der halb offen gebliebenen<lb/> Vorzimmertür.</p><lb/> <p>„Meinen Sie wirklich mich, Herr Leutnant?“</p><lb/> <p>„Wen ſonſt? Sie wiſſen, daß ich ein Hühnchen mit<lb/> Ihnen zu pflücken habe — nach dem, was Sie mir geſagt<lb/> haben. Hätte ich gewußt, daß Sie ſich davonmachen würden,<lb/> ſo hätte ich mich ſelbſt durch die Gegenwart der ſchönen<lb/> Thea nicht abhalten laſſen ...“</p><lb/> <p>„Ich verbiete Ihnen dieſen Ton, junger Mann!“ unter-<lb/> brach ihn Thawald ſehr energiſch, „ſowohl gegen mich, als<lb/> gegen die Dame, der Sie unbedingt Ehrerbietung ſchulden.“</p><lb/> <p>Redern kam unter einem höhniſchen Lachen herab; man<lb/> konnte ihm anſehen, daß er die kurze Zwiſchenpauſe zu einem<lb/> abermaligen, ſehr ausgiebigen „Stärkungstrunk“ benützt hatte.</p><lb/> <p>„Ich finde es nicht am Platze, Herr Oberleutnant, daß<lb/> Sie ſich jetzt, wo Sie mir Rede ſtehen ſollen, auf Ihre<lb/> höheren Alters- und Dienſtjahre berufen. Und über die<lb/><cb/> Ehrerbietung, die man von mir fordern kann, vermag ich<lb/> von Ihnen keine Belehrung anzunehmen. Wie käme es Ihnen<lb/> zu, der Sie es mit Ehre vereinbar zu halten ſcheinen, vor<lb/> mir — davonzulaufen?“</p><lb/> <p>„Darüber werden unſere Vorgeſetzten zu urteilen Gelegen-<lb/> heit haben, ob es mir anſteht oder nicht, einem — betrun-<lb/> kenen Stänkerer aus dem Wege zu gehen.“</p><lb/> <p>„Oho! Sie ſind mir entſchieden zu ſpät aus dem Wege<lb/> gegangen, Musjöh,“ ſchrie Redern, ſinnlos vor Wut, „denn<lb/> Sie hätten mir — uns allen in dieſem Hauſe — ſchon von<lb/> dem Tage an ausweichen müſſen, da Ihre unſauberen<lb/> Familienverhältniſſe ruchbar geworden ſind.“</p><lb/> <p>Jetzt war es auch mit Thawalds mühſam bewahrter<lb/> Beſonnenheit vorbei. Ein Griff — und der ſchöne Arno flog<lb/> Hals über Kopf die Treppe hinunter.</p><lb/> <p>In demſelben Augenblick ſtürzten auch ſchon die Herren<lb/> herbei, die von den Bedienten da oben zur Beilegung des<lb/> Zwiſtes herausgerufen worden waren: ein halbes Dutzend<lb/> älterer und jüngerer Uniform- und Frackträger, die ſich<lb/> ebenfalls zum Aufbruche gerüſtet hatten. Die Herren vom<lb/> Zivil beſchränkten ſich darauf, alle Maßregeln einzuleiten,<lb/> daß der unerhörte Zwiſchenfall den übrigen Gäſten im<lb/> Hauſe womöglich verborgen bliebe, während ſich die Offiziere<lb/> zwiſchen dem Artilleriſten und dem Chevauleger ins Mittel<lb/> legten.</p><lb/> <p>Thawald hatte für ihre Bemühungen nur ein entſagungs-<lb/> volles Lächeln; er wußte ja, was jetzt unvermeidlich war.</p><lb/> <p>„Ich bitte meine Herren, ſorgen Sie nur, daß die<lb/> Hausfrau nichts davon erfährt!“ lauteten ſeine Worte, mit<lb/> denen er dann zur unmittelbarſten Gegenwart zurückkehrte.</p><lb/> <p>Graf Redern hatte ſich indeſſen mit Hilfe zweier jungen<lb/> Kameraden von den Steinfließen des unteren Treppenab-<lb/> ſatzes erhoben, zähneknirſchend vor Schmerz und Ingrimm.<lb/><cb/> Er hatte ſich die rechte Hand verſtaucht und war außer<lb/> ſtande, ſich den Armen ſeiner beiden Beſchützer zu entwinden,<lb/> die ihn abhielten, ſich auf den Widerſacher zu ſtürzen.</p><lb/> <p>„Ruhe, ich bitte nur um Ruhe!“ rief der Aelteſte in<lb/> der Verſammlung, ein graubärtiger Infanterie-Major, mit<lb/> den Armbewegungen eines Kapellmeiſters, der ein Pianiſſimo<lb/> dirigiert. „Laſſen Sie uns in erſter Linie nur darauf Rück-<lb/> ſicht nehmen, daß ein Affront vor der Geſellſchaft vermieden<lb/> werden muß!“</p><lb/> <p>Endlich gelang es, den raſenden Arno in die Portier-<lb/> loge zu ziehen. Man lief, ihm die Garderobe herabzuholen,<lb/> und Thawald wurde von den wirr durcheinander redenden<lb/> Kameraden aus dem Hauſe geführt. Er hörte nicht, was<lb/> man ihm ſagte. Waren es Zuſtimmungen oder Vorwürfe?<lb/> Endlich gelang es zweien, von denen er erſt weit unterwegs,<lb/> unter einer Straßenlaterne, den einen als Angehörigen ſeiner<lb/> Batterie erkannte, ſich ihm vernehmlich zu machen — ſie<lb/> trugen ſich ihm als ſeine Sekundanten an.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Die zurückgebliebenen Gäſte hatten von dem „haar-<lb/> ſträubende Skandale“ erſt beim allgemeinen Aufbruch er-<lb/> erfahren, in der Garderobe, wo einer dem Andern die Bot-<lb/> ſchaft davon zurannte. Thea erfuhr es erſt am Morgen —<lb/> durch die Zofe, die ſie bei der Toilette bediente. Es traf ſie<lb/> wie ein lähmender Schlag.</p><lb/> <p>„Der Unglückſelige!“ war ihr erſter Gedanke, — „Gott<lb/> verderbe dieſen Redern!“ ihr zweiter. Dann ſammelte ſie<lb/> ſich unter der Erwägung, daß man die Sache um jeden<lb/> Preis vor Papa verbergen müſſe.</p><lb/> <p>Die Dienerſchaft befolgte denn auch die ſtrenge Weiſung<lb/> der jungen Hausfrau, und Graf Dörland erfuhr nichts von<lb/> dem Vorfalle der vergangenen Nacht.</p><lb/> <p> <ref> <hi rendition="#c">(Fortſetzung folgt.)</hi> </ref> </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 4. April 1905.
niedriges kleines Häuschen, deſſen Verwalter ein gewiſſer
Geringer ſei. Dieſer habe dem ehem. ſtädtiſchen Tierarzte
Schmul und dem Baumeiſter Liquornik die Auf-
führung eines Neubaues übertragen. Weil nun die Parteien,
kleine Gewerbetreibende, nicht rechtzeitig gekündigt wurden,
habe man, anſtatt ihnen Reugeld zu zahlen, zu dem bequemen
Mittel gegriffen, das Haus durch eine Magiſtratskommiſſion
baufällig erklären zu laſſen. Das wollte aber nicht recht gehen,
und ſo griff man, nachdem Baurat Fröſchl allein ſich für
die Baufälligkeit ausgeſprochen hatte, zu Feuergefährlichkeiten
und erwirkte die Verfügung des Bauamtes, daß binnen
48 Stunden der Dachſtuhl und die Parterredecken des Hauſes
niederzureißen und die Parteien zu delogieren ſeien. —
Obendrein wurde ausgeſprochen, daß ein Rekurs gegen dieſe
Verfügung keine aufſchiebende Wirkung habe. Redner be-
antragt nun im Dringlichkeitswege, daß der nicht aufſchiebende
Charakter des Rekurſes, den er für die Parteien gleichzeitig
anmelde, aufgehoben und eine gemeinderätliche Ueberprüfungs-
kommiſſion eingeſetzt werde. — Stadtrat Heinrich bemerkt,
er habe ſich gegen die Baufälligkeit ausgeſprochen, mußte
aber als Mitglied der Kommiſſion ſich dem Befunde derſelben
anſchließen, trotzdem er die Härte der Maßregel erkannt
habe. Hier als Mitglied des Gemeinderates müſſe er, da
zwei Seelen in ſeiner Bruſt wohnen, den Antrag Onciul
unterſtützen. — GR. W. Tittinger ſpricht ſich nach Ein-
holung einer Aufklärung gleichfalls für den Antrag aus,
ebenſo GR. Elias Wender. — Der Vorſ. Dr. Reiß
konſtatiert, daß er in der Magiſtratsſitzung, die dieſen
Beſchluß faßte, nicht zugegen war, Vizebürgermeiſter Gregor
habe den Vorſitz geführt. Der erſte Teil des Antrages
Onciul wird hierauf einſtimmig angenommen, der
zweite bleibt bis zur Erledigung des Rekurſes in suspenso.
— Nach dem Referate des GR. Tellmann über das
Theaterdarlehen vertrauliche Sitzung.
Die Ernennungen im gr.-or. Konſiſtorium.
Die „Wiener Zeitung“ meldet: Seine k. und k. Majeſtät
haben mit Allerhöchſter Entſchließung vom 27. März d. J.
den Konſtitorialrat Myron Calinescu zum Konſiſtorial-
Archimandriten des gr.-or. erzbiſchöflichen Konſiſtoriums in
Czernowitz, den Religions-Profeſſor am Czernowitzer Erſten
Staatsgymnaſium Caliſtrat Coca zum Protopresbyter der
gr.-vr. Kathedralkirche in Czernowitz und den Pfarrer in
Brodok Meletie Halip zum beſoldeten Beiſitzer des gr.-or.
erzbiſchöflichen Konſiſtoriums daſelbſt allergnädigſt zu er-
nennen geruht.
Auszeichnung. Aus Anlaß der Spiritus-Ausſtellung
in Wien wurde Herr Profeſſor Dr. Neumann Wender in
Czernowitz mit der franzöſiſchen Offiziersdekoration pour
mérite agricole ausgezeichnet. — Den gr.-or. Pfarrern The-
odor Semaniuk in Wiznitz und Viktor Zacharowski
in Unter-Lukawetz, wurde das Goldene Verdienſtkreuz mit
der Krone verliehen.
Perſonalnachrichten. Hofrat Ullmann und
Magiſtratsdirektor Regierungsrat Wiedmann, ſind zu
kurzem Aufenthalte nach Wien gereiſt. — Direktor Doktor
Philippowicz und Bauoberkommiſſär Charwat ſind
von ihrer Reiſe zwecks Studiums der Einrichtungen größerer
Krankenanſtalten zurückgekehrt. — In einer geſtern abgehaltenen
Feſtſitzung des Ausſchuſſes des hieſigen Vereines zur Förderung
der Tonkunſt, überreichte Regierungsrat Dr. v. Duzin-
kiewicz dem Muſikdirektor Hrimaly das demſelben vom
Kaiſer verliehene Ritterkreuz des Franz Joſeph-Ordens.
Baron Szymonowicz †. Unter zahlreicher Be-
teiligung aller Kreiſe der Bevölkerung und der Spitzen der
Behörden fand geſtern nachmittags das Leichenbegängnis des
vorgeſtern hier verſtorbenen Hofrates und Kreisgerichts-
präſidenten Johann Baron Szymonowicz ſtatt. — Im
Leichenzuge, den der hochwürdige Prälat Ehrendomherr
Kaſprowicz unter Aſſiſtenz der Herren Katecheten Szy-
monowicz und Moiſeſowicz aus Kuty führte, bemerkte
man u. A. Landespräſidenten Dr. von Bleyleben mit
Beamten der Landesregierung (Reg.-R. Krzeszniowski,
Duzinkiewicz u. a.) Landesgerichtspräſidenten Klar und
Vizepräſidenten Artymowicz mit den Oberräten und
Räten des hierortigen Landesgerichts, Vizebürgermeiſter
Reg.-R. Dr. Reiß, Hofrat und Kreisgerichtspräſidenten
Zierhofer mit Beamten des Suczawaer Kreisgerichts,
Vertreter der Bezirksgerichte in der Provinz, Vertreter der
anderen ſtaatlichen Reſſorts und des armeno-polniſchen und
des rumäniſchen Großgrundbeſitzes und Landesadels, Vertreter
der kath. akad. Verbindung „Unitas“.
Zur Vergebung der ſog. Profeſſioniſten-
arbeiten beim hierortigen Juſtizgebäude. Im Sinne
des Gemeinderatsbeſchluſſes vom 23. März d. J. übermittelte
das Magiſtratspräſidium ein an das Juſtizminiſterium zu
richtendes Memorandum dem Abgeordneten der Stadt,
Dr. Straucher. Dieſer überreichte perſönlich Samſtag, den
1. d. M. das beſagte Memorandum dem Juſtizminiſter
Dr. Klein, dem Abg. Dr. Straucher auch mündlich den
Sachverhalt vortrug. Exzellenz Dr. Klein anerkannte die
Richtigkeit des von der Stadt Czernowitz eingenommenen
Standpunktes, beſprach ausführlich die Angelegenheit mit
Dr. Straucher und verſprach die ſofortige Einleitung der
Erhebungen zwecks eingehender Information, worauf er dann
das Erforderliche verfügen werde. Exzellenz Dr. Klein be-
kundete großes Wohlwollen gegenüber der Stadt.
Die „Militärgründe“. Herr Landtagsabgeordneter
und Gemeinderat Bahnbaukommiſſär Titus Ritter v. Onciul
erſucht uns, feſtzuſtellen, daß ſeine in der vorletzten Gemeinde-
ratsſitzung bei Beratung über die Schätzung der Militär-
gründe gemachte Aeußerung, wienach GR. Wegner in ſeiner
Oppoſitionsrede die Gedanken des k. k. Oberbaurates
Haberlandt wiedergegeben habe, auf einer irrigen
Information beruhte.
Vereinsnachricht. Dienſtag den 28. v. M. fand die
konſtituierende Sitzung des Kommis- und Buchhalter-Unter-
ſtützungs-Vereines ſtatt und wurden folgende Funktionäre ein-
ſtimmig wiedergewählt: Bernhard Schnee, Kaſſier; Wilhelm
Badian, Stellvertreter; Z. Pulmann, Schriftführer; Leib
Sandmann, Stellvertreter; Moritz Tirſt, Buchhalter; Leon
König, Stellvertreter; Wilhelm Trichter, Kontrollor; Leon
Blum jun., Stellvertreter; Bernhard Haß, Sanitäts-Obmann;
Hermann Sacher, Stellvertreter; Karl Schiffer und J. Hoch-
ſtädt, Sanitätsmitglieder. Bezüglich des zu erbauenden Vereins-
hauſes erfahren wir, daß die Grundſteinlegung vorausſichtlich
im Laufe dieſes Monates erfolgen dürfte und die vollſtändige
Erreichung dieſes ſchönen Zieles eines eigenen Heims lediglich
von der Opferwilligkeit der Gönner und Mitglieder des ge-
nannten Vereines durch Spenden zur Verſtärkung des Bau-
fondes beizutragen, abhängt. Spenden nehmen die Herren:
Wilhelm Badian, Obmann des Baukomitees und Bernhard
Schnee, Vereinskaſſier, entgegen und werden in den Lokal-
blättern ausgewieſen.
Verkehrsnachricht. Wie wir hören, wird das Vor-
mittags-Zugspaar Wama-Rußmoldawitza, welches jetzt nur
4 mal wöchentlich verkehrt, ab 1. Mai d. J. täglich ver-
kehren.
Geſellſchaftsreiſe nach Konſtantinopel. Für die
am 16. April (Palmſonntag) ſtattfindende Geſellſchaftsreiſe
ſind bereits zahlreiche Anmeldungen eingetroffen. Die Führung
übernimmt Herr Direktor Lang vom Fremdenbureau, eine
Gewähr dafür, daß den Teilnehmern alles Sehenswerte ge-
boten werden wird. Die Teilnehmer II. Klaſſe erhalten aus-
nahmsweiſe am Schiff I. Kajütte. Es iſt beſtimmte Ausſicht
vorhanden, daß der öſterr.-ung. Botſchafter Baron Calice
einen von den Teilnehmern zu veranſtaltenden Abend bei-
wohnen wird. Am 8. April werden die Anmeldungen ge-
ſchloſſen, weshalb die P. T. Intereſſenten erſucht werden,
noch rechtzeitig ihre Päſſe zur Beſorgung des türkiſchen Paß-
viſums im Reiſebureau Hermann Mittelmann, Rathausſtraße
Nr. 11, zu übergeben.
Neues chemiſch-techniſches Laboratorium. Die
Herren, geweſener Univerſitäts-Aſſiſtent Apotheker Georg
Gregor und geweſener Univerſitäts-Demonſtrator Chem. Joſef
Tennenhäuſer, haben gemeinſchaftlich ein chemiſches
Laboratorium errichtet, in welchem die einſchlägigen chemiſchen
Unterſuchungen von gewerblichen, induſtriellen und Handels-
artikeln, ſowie phyſiologiſch-chemiſche Unterſuchungen (Harn-
analyſen) ausgeführt werden. Die Herren Gregor und Tennen-
häuſer haben zu dieſem Zwecke das bereits im Jahre 1889
gegründete Laboratorium des Prof. Dr. Neumann Wender
erworben, weſentlich erweitert und mit allen Behelfen zur
Ausführung chemiſch-techniſcher Analyſen ausgeſtattet. Das neue
Laboratorium wird ab 1. Mai in der Gymnaſialgaſſe Nr. 8
errichtet und inzwiſchen das bisherige Laboratorium in der
Ruſſiſchen Gaſſe Nr. 9, beibehalten. Als Annahmeſtelle für
ſämtliche Unterſuchungen wird auch die k. k. Kreisapotheke am
Ringplatz Nr. 4 fungieren, woſelbſt allfällige Auskünfte erteilt
werden. Mit Rückſicht darauf, daß zwei tüchtige Chemiker,
die über reiche Erfahrungen verfügen, ſich zuſammengetan,
ſteht zu erwarten, daß das junge Unternehmen proſperieren
wird.
Selbſtmordverſuch. Der Polizeirapport meldet:
Geſtern nachts wurde der Polizeiinſpektion die Meldung
erſtattet, daß die in der Rathausſtraße bei der Czubata
wohnhafte Kaſſierin Julia Surmejczuk einen Selbſtmord-
verſuch unternommen, indem ſie eine Löſung ſchwefelſauren
Kupfers zu ſich genommen habe. Die aviſierte Freiwillige
Rettungsgeſellſchaft entſandte einen Arzt an Ort und Stelle,
welcher die Lebensmüde nach entſprechender Behandlung in
Privatpflege belaſſen konnte.
Eine Unverbeſſerliche. Der Polizeirapport meldet:
Die Gewohnheitsdiebin Anna Hanczaruk, welche ſeit
ihrem 9. Lebensjahre als verwegene Taſchendiebin der Polizei
zu ſchaffen gibt und erſt bis vor Kurzem eine größere
Freiheitsſtrafe verbüßt hatte, wurde geſtern wiederum wegen
Diebſtahls und Diebſtahlsverſuches beanſtändet und in Haft
genommen. Die Verhaftete wurde nämlich von einer
Beſucherin der röm.-kath. Kirche dabei ertappt. als ſie ihre
Hand in die Rocktaſche dieſer ſteckte und die Geldbörſe heraus-
zuziehen im Begriffe war. Als die Täterin deswegen der
Polizei überſtellt wurde, erſchien gleichzeitig eine zweite
Beſucherin des gedachten Gotteshauſes und erſtattete gegen
die Ueberſtellte die Anzeige, daß ſie auch ihr aus der Taſche
ein Sacktuch, in welches ein geringer Geldbetrag ſowie ein
Schlüſſel eingebunden war, entwendet habe. Die leugnende
Täterin wird dem Strafgerichte eingeliefert und ſolcherart
wiederum für längere Zeit unſchädlich gemacht werden.
Raufexzeſſe. Der Polizeirapport meldet: Geſtern
wurde der bekannte Raufbold Adolf Rotländer und ſein
Partner Ernſt Matuszczak, welche ſpät abends auf dem
Ringplatze eine Rauferei veranſtalteten, vom Wachpoſten an-
gehalten und verhaftet.
Korreſpondenzen.
Czernowitz, 3. April 1905.
Radantz. (Vereinsnachricht). Am 24. v. M.
veranſtaltete der Verein „Dorſche Zion“ einen Kommers, der
einen glänzenden Verlauf nahm. Herr Rabbiner Baruch
Baſſeches aus Solka ſprach hiebei über die Bedeutung
des Purimfeſtes, in der er auch auf Judentum überhaupt und
Zionismus einging und letzteren in ſchwungvoller Rede ver-
teidigte. An den Vorträgen beteiligten ſich der Obmann des
Vereines Dr. Bierer, Rabbiner Kunſtadt und Herr Iſrael
Menczel.
Kranke Seelen.
Von Carl Ed. Klopfer. 75]
(Nachdruck verboten.)
Kaum hatte der Artillerie-Oberleutnant, nachdem er im
Vorzimmer den Mantel angezogen, die Tür, die ins Treppen-
haus führte, hinter ſich geſchloſſen, als Graf Arno Redern
durch die Garderobe geſtürzt kam. — „War das nicht der
Thawald, der da eben ging?“ fragte er haſtig. Die beiden
Bedienten bejahten.
Der Oberleutnant befand ſich noch mitten auf der
Treppe, als er Rederns Stimme hinter ſich vernahm:
„Oho! Da kneift einer aus!“
Er blieb ſtehen und drehte ſich um. Oben ſtand bar-
haupt der Chevauleger, und hinter dieſem erſchienen zwei
neugierige Lakaiengeſichter in der halb offen gebliebenen
Vorzimmertür.
„Meinen Sie wirklich mich, Herr Leutnant?“
„Wen ſonſt? Sie wiſſen, daß ich ein Hühnchen mit
Ihnen zu pflücken habe — nach dem, was Sie mir geſagt
haben. Hätte ich gewußt, daß Sie ſich davonmachen würden,
ſo hätte ich mich ſelbſt durch die Gegenwart der ſchönen
Thea nicht abhalten laſſen ...“
„Ich verbiete Ihnen dieſen Ton, junger Mann!“ unter-
brach ihn Thawald ſehr energiſch, „ſowohl gegen mich, als
gegen die Dame, der Sie unbedingt Ehrerbietung ſchulden.“
Redern kam unter einem höhniſchen Lachen herab; man
konnte ihm anſehen, daß er die kurze Zwiſchenpauſe zu einem
abermaligen, ſehr ausgiebigen „Stärkungstrunk“ benützt hatte.
„Ich finde es nicht am Platze, Herr Oberleutnant, daß
Sie ſich jetzt, wo Sie mir Rede ſtehen ſollen, auf Ihre
höheren Alters- und Dienſtjahre berufen. Und über die
Ehrerbietung, die man von mir fordern kann, vermag ich
von Ihnen keine Belehrung anzunehmen. Wie käme es Ihnen
zu, der Sie es mit Ehre vereinbar zu halten ſcheinen, vor
mir — davonzulaufen?“
„Darüber werden unſere Vorgeſetzten zu urteilen Gelegen-
heit haben, ob es mir anſteht oder nicht, einem — betrun-
kenen Stänkerer aus dem Wege zu gehen.“
„Oho! Sie ſind mir entſchieden zu ſpät aus dem Wege
gegangen, Musjöh,“ ſchrie Redern, ſinnlos vor Wut, „denn
Sie hätten mir — uns allen in dieſem Hauſe — ſchon von
dem Tage an ausweichen müſſen, da Ihre unſauberen
Familienverhältniſſe ruchbar geworden ſind.“
Jetzt war es auch mit Thawalds mühſam bewahrter
Beſonnenheit vorbei. Ein Griff — und der ſchöne Arno flog
Hals über Kopf die Treppe hinunter.
In demſelben Augenblick ſtürzten auch ſchon die Herren
herbei, die von den Bedienten da oben zur Beilegung des
Zwiſtes herausgerufen worden waren: ein halbes Dutzend
älterer und jüngerer Uniform- und Frackträger, die ſich
ebenfalls zum Aufbruche gerüſtet hatten. Die Herren vom
Zivil beſchränkten ſich darauf, alle Maßregeln einzuleiten,
daß der unerhörte Zwiſchenfall den übrigen Gäſten im
Hauſe womöglich verborgen bliebe, während ſich die Offiziere
zwiſchen dem Artilleriſten und dem Chevauleger ins Mittel
legten.
Thawald hatte für ihre Bemühungen nur ein entſagungs-
volles Lächeln; er wußte ja, was jetzt unvermeidlich war.
„Ich bitte meine Herren, ſorgen Sie nur, daß die
Hausfrau nichts davon erfährt!“ lauteten ſeine Worte, mit
denen er dann zur unmittelbarſten Gegenwart zurückkehrte.
Graf Redern hatte ſich indeſſen mit Hilfe zweier jungen
Kameraden von den Steinfließen des unteren Treppenab-
ſatzes erhoben, zähneknirſchend vor Schmerz und Ingrimm.
Er hatte ſich die rechte Hand verſtaucht und war außer
ſtande, ſich den Armen ſeiner beiden Beſchützer zu entwinden,
die ihn abhielten, ſich auf den Widerſacher zu ſtürzen.
„Ruhe, ich bitte nur um Ruhe!“ rief der Aelteſte in
der Verſammlung, ein graubärtiger Infanterie-Major, mit
den Armbewegungen eines Kapellmeiſters, der ein Pianiſſimo
dirigiert. „Laſſen Sie uns in erſter Linie nur darauf Rück-
ſicht nehmen, daß ein Affront vor der Geſellſchaft vermieden
werden muß!“
Endlich gelang es, den raſenden Arno in die Portier-
loge zu ziehen. Man lief, ihm die Garderobe herabzuholen,
und Thawald wurde von den wirr durcheinander redenden
Kameraden aus dem Hauſe geführt. Er hörte nicht, was
man ihm ſagte. Waren es Zuſtimmungen oder Vorwürfe?
Endlich gelang es zweien, von denen er erſt weit unterwegs,
unter einer Straßenlaterne, den einen als Angehörigen ſeiner
Batterie erkannte, ſich ihm vernehmlich zu machen — ſie
trugen ſich ihm als ſeine Sekundanten an.
Die zurückgebliebenen Gäſte hatten von dem „haar-
ſträubende Skandale“ erſt beim allgemeinen Aufbruch er-
erfahren, in der Garderobe, wo einer dem Andern die Bot-
ſchaft davon zurannte. Thea erfuhr es erſt am Morgen —
durch die Zofe, die ſie bei der Toilette bediente. Es traf ſie
wie ein lähmender Schlag.
„Der Unglückſelige!“ war ihr erſter Gedanke, — „Gott
verderbe dieſen Redern!“ ihr zweiter. Dann ſammelte ſie
ſich unter der Erwägung, daß man die Sache um jeden
Preis vor Papa verbergen müſſe.
Die Dienerſchaft befolgte denn auch die ſtrenge Weiſung
der jungen Hausfrau, und Graf Dörland erfuhr nichts von
dem Vorfalle der vergangenen Nacht.
(Fortſetzung folgt.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).
(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |