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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 458, Czernowitz, 12.07.1905.

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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Juli 1905

[Spaltenumbruch] dort gar nicht schön ist und weil außerdem die amerikanische
Presse recht neugierig sein und eventuell starke Neigung zeigen
kann, allerhand Phantasien als Tatsachen aufzutischen, wenn
wirkliche Tatsachen schwer zu haben sind. Dadurch hätte viel
Störendes in die Verhandlungen hineingetragen werden können.
Nun hat man aber ein Aushilfsmittel gefunden, das über
alle Steine des Anstoßes hinwegführen dürfte. Präsident
Roosevelt hat in aller Stille seine offizielle Privatjacht, die
"Mayflower", instand setzen lasten, um sie den Friedensunter-
händlern zur Verfügung zu stellen. In Washington zu
schwitzen, kann den hohen Herren der russischen und japanischen
Diplomatie nicht wohl zugemutet werden, abgesehen davon,
daß man kein passendes Hauptquartier für sie hat; sich in ein
nördliches Seebad zu begeben, das hat ebenfalls seinen Haken,
da dort wohl noch weniger Abgeschlossenheit gegen frivole
Fragesteller zugesichert werden könnte als in Washington. So
wird den Herren eine mit allen Bequemlichkeiten ausgestattete
Jacht zur Verfügung gestellt. In dieser Jacht können sie,
umfächelt von den kühlen Brisen der Chesa peake Bay
oder auf den Wellen des Ozeans schaukelnd, fern der Mög-
lichkeit, von neugierigen Reportern befragt und geplagt zu
werden, ihre Verhandlungen mit Muße und Bequemlichkeit
führen. Sensationsblätter müßten schon Boote mit "draht-
losen" Riesenphonographen der "Mayflower" nachsenden, um
auf diese Weise die Beratungen der Diplomaten durch die
Schiffswände zu erhorchen oder es wenigstens den Lesern
plausibel machen zu können, daß sie das, was sie drucken,
auch wirklich erfahren haben. Die "Mayflower" ist ein
Doppelschraubendampfer, ein Kreuzer dritter Klasse, und hat
eine Batterie, die aus zwei fünfzölligen Schnellfeuergeschützen,
zwölf Sechspfündern und zwei Maschinengeschützen besteht;
vor diesen müßten sich die unternehmenden Preßboote eben in
Acht nehmen. Die "Mayflower" wird im Brooklyner Schiffs-
bauhof für ihre "Friedensmission" ausgerüstet werden. Man
hat die Sache sehr geheim gehalten, aber es ist doch schließlich
durchgesickert. Das alles erzählt man sich in Washington!

Das gesunkene Unterseeboot.

Aus Bizerta, 10. Juli
wird telegrafiert: Der Marineminister ist hier eingetroffen.
Die Versuche zur Hebung "Tarfadeats" werden fortgesetzt.
Der Munizipalrat beschloß, bei der Feier am 14. Juli Unter-
stützungen zu verteilen.




Czernowitzer Angelegenheiten.


Zur Förderung des Kleingewerbes. *)

Daß unsere Landeshauptstadt eine rasche Entwicklung
durchmacht, kann aus minder freudigen Symptomen als
aus Neubauten, elektrischen Bogenlampen und gepflasterten
Straßen geschlossen werden. Das Anschwellen des Proletariats,
die wachsende Not des Kleingewerbestandes und die größer
werdende Zahl derjenigen, die aus Mangel an Erwerbs-
gelegenheit ihr Heil in der Auswanderung suchen, sind
Zeichen, die sicherer sprechen. Je mehr die Stadt sich
kulturell und ökonomisch dem Westen angliedert, um so auf-
merksamer wird der westliche Produzent auf das neue Ab-
satzgebiet. Von Jahr zu Jahr immer mehr beherrschen die
fabriksmäßig hergestellten Massenartikel den hiesigen Markt,
die Nachfrage nach den solideren aber teuerern Erzeugnissen
der manuellen Betriebe schwindet, und es bleibt uns nicht
einmal der magere Trost, daß einheimische Groß-
betriebe
den Gewinn aus diesem Konkurrenzkampfe ziehen.
Der kleine Gewerbsmann und Handwerker steht entsetzt vor
der Tatsache, daß auf der einen Seite die Anforderungen
des Personals, die Lebensmittelpreise, die Wohnungs- und




[Spaltenumbruch]

Haushaltungskosten steigen, auf der anderen Seite die
Kundschaft sich reduziert und der Verdienst immer magerer
wird. Er fühlt den Boden unter sich wanken, und wenn er
nicht rasch sein Heil in der Auswanderung sucht, sieht er
sich bald vor die Alternative gestellt, entweder als Hilfs-
arbeiter die Selbständigkeit aufzugeben oder sich bis zum
schließlichen Bettel durchzurackern. Wenn diese Erscheinungen
auch noch nicht alle und noch nicht vollständig bei allen
kleinen Betrieben zu Tage treten, bei einzelnen, insbesonders
beim Schuhmachergewerbe, beginnen sie deutlich hervorzu-
treten. Die Gründe der geringen Widerstandsfähigkeit der
Klein-Betriebe mögen unerörtert bleiben, nur soviel sei kon-
statiert, daß die Fabriksartikel heute nahezu ausschließlich den
Markt beherrschen. Die hiesigen Filialen der auswärtigen
Schuhwarenfabriken arbeiten am hiesigen Platze mit steigen-
dem Konsum, hingegen schlägt sich eine Menge kleinerer
Meister, die noch vor wenigen Jahren ein reichliches Ein-
kommen mit ihrer Hände Arbeit erwarben, heute mühselig
mit Flickschusterei durch, und sieht mit dumpfer Resig-
nation den Morgen, der sie auch dieses kärglichen Verdienstes
berauben wird, kommen. Eine Reihe anderer, zirka 20 an
der Zahl, hat, wie ein Blick in die Statistik des Gewerbe-
vereines "Eintracht" lehrt, von der materiellen Not übermannt,
der Heimat den Rücken gekehrt und ihr Glück in der Fremde
gesucht. Das sollte zu denken geben. Wohl ist's auch anderswo
nicht allzu rosig bestellt. Aber es wird wenigstens und vielfach
nicht ohne Erfolg versucht, gegen die Ungunst der Zeit an-
zukämpfen und der erdrückenden Uebermacht der groß-
kapitalistischen Betriebe wenigstens einigermaßen Schranken
zu ziehen. Das Kleingewerbe tritt anderswo als Machtfaktor
auf, sucht und findet in den politischen Körperschaften
Einlaß oder zumindest Einfluß und nötigt die Regierungen
zu entsprechenden Maßregeln; die Handelskammern, die ja
schließlich auch Gewerbekammern sind, greifen mitunter, wo
es nottut, ihrerseits ein und die eigentliche Tendenz der
gewerblichen Zwangsgenossenschaften wird endlich erkannt und
durch dieselbe werden Mittel und Wege gefunden, um die
ökonomischen Grundlagen ihres Standes wieder zu kräftigen.
Anders bei uns. Der sogenannte Industriebeirat, der auch
die Hebung des Gewerbes in den Kreis seiner Wirksamkeit
ziehen sollte, hüllt sich nach beiden Richtungen hin in
mysteriöses Stillschweigen. Die Handelskammer hat das
große Geheimnis entdeckt, wie aller Not abzuhelfen wäre,
indem sie unter dem Titel "Gewerbeförderung" nicht mehr
und nicht weniger als die Errichtung einer Fortbildungs-
schule vorschlägt. Die Organisationen geben sich ausschließlich
mit den "laufenden Agenden" ab, bis es schließlich zum
Rechenschaftsberichte und zu den obligaten Wahlen kommt,
worauf das Nichtstun von vorne beginnt. Und doch könnten
die Vereinigungen bei einiger Aufmerksamkeit und Arbeits-
willigkeit auf manchen guten Gedanken kommen, der draußen
nicht einmal neu ist. Ein Beispiel für viele: In zahlreichen
kleineren Städten anderer Kronländer haben es die vereinigten
Schuhmachermeister durchgesetzt, daß ihnen die Lieferung
der Fußbekleidung für die Garnison
zugestanden
wurde, wodurch bei der Aufteilung den einzelnen ein schönes
Stück Arbeit und reichlicher Verdienst zufällt. Könnte das
Gleiche nicht auch hier der Fall sein? Auch hier trägt die
Bevölkerung -- implicite die Kleingewerbetreibenden -- die
schweren Lasten, welche die Erhaltung des Wehrstandes mit
sich bringt, und eine teilweise Kompensation der Steuer-
leistungen in Form von Arbeitszuwendung durch die Staats-
und Heeresverwaltung wäre nur gerecht und billig. Auch
wäre dies im Sinne der Regierung, die wiederholt in Erlässen
der Militärverwaltung nahe gelegt hat, bei der Vergebung
der Lieferungen in erster Linie das Kleingewerbe zu berück-
sichtigen. Ich führe diesen Vorschlag, den ich übrigens noch
in dem Gewerbeverein "Eintracht" zur Sprache bringen
werde, als Beispiel dafür an, daß sich bei einigem guten
Willen und einer weitsichtigen strammen Vertretung manche
Arbeitsangelegenheit finden, mancher gute Einfall kommen
würde. Das Kleingewerbe muß sich erst an sich selbst und
an die Machtmittel, die eine stramme Vereinigung bietet,
erinnern, die Hilfe der Andern wird ihm dann von selbst
zufallen.


[Spaltenumbruch]
Die Sprachenfrage an der Universität

erschein
durch die vom Rector magnificus Dr. Tarna vs h
gestern einer Studentendeputation abgegebene Erklärung, daß es
bezüglich des Besuches von studentischen nichtdeutschen Ver-
anstaltungen durch den jeweiligen Rektor beim alten Usus
bleiben
werde, in befriedigender Weise gelöst.

Bukowiner Landesbank.

Dem Vernehmen nach hat
der Landesausschuß in seiner heute abgehaltenen Sitzung be-
schlossen, das Angebot der österreichischen Länderbank, von
Fondschuldsverschreibungen der Bukowiner Landes-
bank im Betrage von vierundeinhalb Millionen
Kronen zum Kurse von 99 3/8 zu übernehmen, zu akzeptieren.

Prof. Dr. Eduard Tangl +.

In der gestern nach-
mittags stattgehabten außerordentlichen Sitzung der philoso-
phischen Fakultät widmete der Dekan derselben Prof. Doktor
Stefan Smal-Stocki dem Verewigten einen tiefempfun-
denen ehrenden Nachruf, den die Anwesenden stehend anhörten.
-- Ein ehemaliger Schüler des Verstorbenen schreibt in der
"Czernowitzer Zeitung": Unvergeßlich wird seinen Schülern,
die das Glück hatten, zu Füßen des Meisters zu sitzen, die
Art und Weise sein, mit der Professor Tangl es verstand,
seine Hörer mit den Fortschritten auf dem Gebiete der
Pflanzenphysiologie vertraut zu machen. Seine glänzende
Beredsamkeit, sein immenses Fachwissen, verbunden mit all-
gemeiner Bildung, machten es ihm leicht, auch das schwierigste
Thema den Zuhörern verständlich zu machen und ihre Auf-
merksamkeit zu fesseln. Professor Tangl hat wenig publiziert,
allein seine Arbeiten zeichneten sich durch scharfe Beobachtung
und gediegenen Inhalt aus, so daß sie die Anerkennung der
Fachkreise im hohen Maße fanden. Insbesondere waren es
die grundlegenden Arbeiten über das Protoplasma und die
Plasmodesmen, die zu einer Reihe von Arbeiten führten.
Professor Tangl erhielt einen ehrenvollen Ruf nach Prag,
den er jedoch ablehnte, ebenso wie er auch akademische
Würden nicht anstrebte. Ein wahrer und ernster Gelehrter
alten Schlages, stand er abseits vom politischen Leben, um
sich in seinem Laboratorium ganz der wissenschaftlichen
Arbeit zu widmen. Neben der Musik, die seine einzige Er-
holung bildete, lebte er nur seiner Wissenschaft und seiner
Familie. Seinen Schülern war er ein wohlwollender Lehrer
und Berater und hat sich in den Herzen derselben ein
dauernd Gedenken gesichert. -- Heute nachmittags
fand das Leichenbegängnis des verstorbenen Gelehrten
statt. Im Leichenzuge bemerkten wir als Vertreter
der Landesregierung Hofrat von Fekete, ferner Erzbischof
Dr. v. Repta, den Rector magnificus Professor Tar-
navschi
mit den Dekanen und fast sämtlichen Professoren
der Universität, Hofrat Dr. v. Zieglauer, Hofrat Pri-
bram,
als Vertreter der Stadt Czernowitz den amtierenden
Vizebürgermeister Baron Fürth, Gremialvorsteher Apotheker
Barber, Gremialvorsteher kais. Rat Em. Rosenzweig,
Oberpostdirektor von Posch, Inspektor Dr. Wender,
Konsistorialrat Manastyrski, Direktor Kolbenheyer,
Oberstadtarzt Dr. Flinker, Abordnungen sämtl. akademischer
Vereine u. s. f. Am offenen Grabe hielt Grabe hielt Dekan Prof.
Dr. Smal-Stocki dem Verstorbenen einen warmen
Nachruf.

Von der Universitätsbibliothek.

Der Bibliothekar
der k. k. Universitätsbibliothek Herr Dr. Johann Polek hat
einen mehrwöchentlichen Urlaub angetreten. Die Leitung der
Universitätsbibliothek führt der Herr k. k. Kustos Dr. von
Griebenberger.

Der erste weibliche Doktor der Czernowitzer
Universität.

Die heutige amtliche "Cz. Ztg." meldet:
Gestern fand hier die Promotion des Fräuleins Klementine
v. Hankiewicz zum Doktor der Philosophie statt.
Als Promotor fungierte Prof. Dr. Siegmund Herzberg-
Fränkel.
Die erste Doktorpromotion einer Dame an unserer
Universität rief naturgemäß ein lebhaftes Interesse, insbesondere
der Damenwelt, hervor, die auch besonders zahlreich in der
Aula versammelt war. Nach dem Promotionsakte, dem lebhafte
Prositrufe folgten, hielt Se. Magnifizenz der Rektor eine




Das Geheimnis des Waldsees.
Von Palle Rosenkrantz.

(Nachdruck verboten.) 34

Venedig, Aug. 1900.

-- -- -- Jetzt sind wir wieder in Venedig. Weißt Du,
wen ich getroffen habe? Das heißt, mit ihr gesprochen habe
ich nicht, aber sie wohnt hier dicht neben mir. Ihre
Schwester! Und sie sieht ihr so ähnlich, wie ein Tropfen
Wasser dem andern. Du mußt aber dem Schulzen nichts von
ihr oder von ihm erzählen, denn dann werde ich totun-
glücklich, aber ich will es Dir Alles einmal erzählen. Und
weißt Du, wen ich sonst noch getroffen habe? Seinen
Sohn! Es ist ganz sonderbar, denn ich habe wirklich ein
Gefühl, als wenn ich alt würde, und ich bin gar nicht alt,
aber er ist mit einer sehr häßlichen Frau verheiratet, und sie
wohnen bei seiner Tante hier nebenan. Er war vor ein paar
Tagen hier bei uns, aber seine Frau war nicht mit hier. Sie
weiß gar nichts davon. Ich mag ihn nicht, er ist nicht so, wie
er damals war. Aber er mochte mich gern, das konnte ich ihm
anmerken. Wir werden uns wohl noch öfter treffen. --

Ich habe ein junges Mädchen zu mir genommen, sie
heißt Johanne Ljunggreen, und ihr Vater ist Wachtmeister
bei seiner Schwadron gewesen. Es ist angenehm, jemand
um sich zu haben, und sie hat viel durchgemacht, genau so
wie ich -- -- --

Paris, Mai 1901.

-- -- -- Jetzt ist Sjöström wieder fort. Er wollte sich
von mir scheiden lassen, aber das wollte ich nicht, denn hier
in diesen Ländern ist es gut, einen Mann zu haben, denn
[Spaltenumbruch] sonst wird man über die Achsel angesehen, und es gibt so
viele Frauenzimmer von der Sorte. Aber er kommt sicher
wieder, er ist doch der beste, wenn er auch oft heftig ist, und
er hat mich geschlagen, und in Monte Carlo hat er mir ge-
droht, er wollte mich erschießen lassen; da sind so viele Spiel-
tische, und ich wollte ihm nicht mehr Geld geben, weil ich es
zu dumm fand, all das Geld zu verspielen, ich möchte gern
so viel wie möglich zurücklegen, damit wir nach Schweden
kommen und da leben können, wenn wir älter sind, und Dich
wiedersehen können, Mutter, denn ich sehne mich nach Dir.
Ich habe etwas Geld und einige Papiere, denn jetzt bin ich
vernünftig und lege zurück und es ist gar nicht so ganz wenig,
was ich habe, aber nun will ich viel Geld haben, denn es ist
nicht gut, wenn man älter wird. Aber Sjöström braucht so
viel, und manchmal ist gar nicht mit ihm auszukommen. --

Nizza, Februar 1902.

Jetzt ist es fast ein ganzes Jahr her, als ich glaubte,
daß wir nach Hause kommen würden, aber wir sind noch nicht
gekommen. Ich kann hier nicht wegkommen, und ich kann Dir
den Grund nicht sagen, aber es ist möglich, daß ich im Früh-
ling nach Schweden komme. Du weißt ja, daß ich von seinem
Sohn geschrieben habe, der furchtbar reich ist, und mir so viel
Geld gibt, wie ich haben will, und jetzt brauche ich viel Geld,
denn ich bin noch jung; ich habe hier vier Pferde und
Kutscher und Diener, und Sjöström fühlt sich wohl dabei.
Ich kann ihn nicht mehr ausstehen, eigentlich hab' ich ihn ja
nie lieb gehabt, aber man muß ja einen Mann haben. Früher
mochte er mich, glaube ich, gern, dann kam ja eine Zeit, wo
er sich nichts aus mir machte, aber jetzt glaube ich fängt es
wieder an. Und das ist nicht gut, denn es ist mir gräßlich,
wenn er mir so auf den Hacken sitzt, und das Ganze gehört
ja doch mir, aber das kann ich nicht genauer erklären. Wenn
es sich machen ließe, würde ich mich von ihm scheiden lassen,
[Spaltenumbruch] aber das ist auch nicht gut, und das Ganze bleibt wohl beim
Alten. Der andere, der, von dem ich sprach, liebt mich sehr
und will alles für mich tun, aber ich kann ihn nicht leiden,
weil es sein Sohn ist. Aber dann denke ich daran, daß ich
von ihm erreichen kann, was ich nur will, und mich für all
das rächen kann, was er mir angetan hat, damals, vor
Jahren, und dann nehme ich mir vor, so recht schlecht zu sein,
und das kann ich sein, denn dazu haben die Menschen mich
gemacht, und ich bin doch einmal gut gewesen, wie du ja
weißt, Mutter. Aber Gott trägt an allem Schuld, und so soll
es ja nun einmal sein. Jetzt schicke ich Geld an die Bank nach
Christiansstad, und Madam Karlkvists Sohn, der Advokat, soll
es verwalten, denn es ist viel Geld, und ich hab' noch mehr,
so daß Du in Deinen alten Tagen keine Not zu leiden
brauchst, liebe Mutter. -- -- --

Die übrigen Briefe waren kürzer, enthielten aber alle
Mitteilungen über das viele Geld, das Annie habe und nach
Hause senden wolle. Die beiden letzten waren ganz kurz, aber
die inhaltreichsten von allen. Der vorletzte war Kopenhagen,
den 21. März 1902 datiert und lautete:

Liebe Mutter!

-- Jetzt bin ich in Kopenhagen, und nun sollst Du mich
bald sehen. Sjöström kommt nicht mit, denn jetzt habe ich
Schluß mit ihm gemacht, und jetzt lassen wir uns scheiden.
Er hat angefangen zu trinken und ist jetzt Johannes Lieb-
haber, die ich auch nicht mehr leiden mag, und oft ist er
ganz wild und will mir ein Leides antun, und dazu hab' ich
keine Lust. Ich brauche jetzt keine Männer mehr, denn ich bin
so weit, daß ich mich an ihm rächen kann, wie ich mir ge-
lobt habe, und jetzt weiß ich, wo ich ihn treffen kann; aber
das ist mir einerlei. Ich kann es Dir nicht schreiben, aber
ich werde es Dir alles erzählen. In acht Tagen ist die Sache
in Ordnung, und dann komme ich -- -- --


*) Wir bringen diesen Artikel, indem wir uns eine Stellung-
nahme noch vorbehalten, zum Abdrucke, um die aktuelle Frage
einmal öffentlich zur Diskussion zu stellen. -- D. Red.

Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Juli 1905

[Spaltenumbruch] dort gar nicht ſchön iſt und weil außerdem die amerikaniſche
Preſſe recht neugierig ſein und eventuell ſtarke Neigung zeigen
kann, allerhand Phantaſien als Tatſachen aufzutiſchen, wenn
wirkliche Tatſachen ſchwer zu haben ſind. Dadurch hätte viel
Störendes in die Verhandlungen hineingetragen werden können.
Nun hat man aber ein Aushilfsmittel gefunden, das über
alle Steine des Anſtoßes hinwegführen dürfte. Präſident
Rooſevelt hat in aller Stille ſeine offizielle Privatjacht, die
„Mayflower“, inſtand ſetzen laſten, um ſie den Friedensunter-
händlern zur Verfügung zu ſtellen. In Waſhington zu
ſchwitzen, kann den hohen Herren der ruſſiſchen und japaniſchen
Diplomatie nicht wohl zugemutet werden, abgeſehen davon,
daß man kein paſſendes Hauptquartier für ſie hat; ſich in ein
nördliches Seebad zu begeben, das hat ebenfalls ſeinen Haken,
da dort wohl noch weniger Abgeſchloſſenheit gegen frivole
Frageſteller zugeſichert werden könnte als in Waſhington. So
wird den Herren eine mit allen Bequemlichkeiten ausgeſtattete
Jacht zur Verfügung geſtellt. In dieſer Jacht können ſie,
umfächelt von den kühlen Briſen der Chesa peake Bay
oder auf den Wellen des Ozeans ſchaukelnd, fern der Mög-
lichkeit, von neugierigen Reportern befragt und geplagt zu
werden, ihre Verhandlungen mit Muße und Bequemlichkeit
führen. Senſationsblätter müßten ſchon Boote mit „draht-
loſen“ Rieſenphonographen der „Mayflower“ nachſenden, um
auf dieſe Weiſe die Beratungen der Diplomaten durch die
Schiffswände zu erhorchen oder es wenigſtens den Leſern
plauſibel machen zu können, daß ſie das, was ſie drucken,
auch wirklich erfahren haben. Die „Mayflower“ iſt ein
Doppelſchraubendampfer, ein Kreuzer dritter Klaſſe, und hat
eine Batterie, die aus zwei fünfzölligen Schnellfeuergeſchützen,
zwölf Sechspfündern und zwei Maſchinengeſchützen beſteht;
vor dieſen müßten ſich die unternehmenden Preßboote eben in
Acht nehmen. Die „Mayflower“ wird im Brooklyner Schiffs-
bauhof für ihre „Friedensmiſſion“ ausgerüſtet werden. Man
hat die Sache ſehr geheim gehalten, aber es iſt doch ſchließlich
durchgeſickert. Das alles erzählt man ſich in Waſhington!

Das geſunkene Unterſeeboot.

Aus Bizerta, 10. Juli
wird telegrafiert: Der Marineminiſter iſt hier eingetroffen.
Die Verſuche zur Hebung „Tarfadeats“ werden fortgeſetzt.
Der Munizipalrat beſchloß, bei der Feier am 14. Juli Unter-
ſtützungen zu verteilen.




Czernowitzer Angelegenheiten.


Zur Förderung des Kleingewerbes. *)

Daß unſere Landeshauptſtadt eine raſche Entwicklung
durchmacht, kann aus minder freudigen Symptomen als
aus Neubauten, elektriſchen Bogenlampen und gepflaſterten
Straßen geſchloſſen werden. Das Anſchwellen des Proletariats,
die wachſende Not des Kleingewerbeſtandes und die größer
werdende Zahl derjenigen, die aus Mangel an Erwerbs-
gelegenheit ihr Heil in der Auswanderung ſuchen, ſind
Zeichen, die ſicherer ſprechen. Je mehr die Stadt ſich
kulturell und ökonomiſch dem Weſten angliedert, um ſo auf-
merkſamer wird der weſtliche Produzent auf das neue Ab-
ſatzgebiet. Von Jahr zu Jahr immer mehr beherrſchen die
fabriksmäßig hergeſtellten Maſſenartikel den hieſigen Markt,
die Nachfrage nach den ſolideren aber teuerern Erzeugniſſen
der manuellen Betriebe ſchwindet, und es bleibt uns nicht
einmal der magere Troſt, daß einheimiſche Groß-
betriebe
den Gewinn aus dieſem Konkurrenzkampfe ziehen.
Der kleine Gewerbsmann und Handwerker ſteht entſetzt vor
der Tatſache, daß auf der einen Seite die Anforderungen
des Perſonals, die Lebensmittelpreiſe, die Wohnungs- und




[Spaltenumbruch]

Haushaltungskoſten ſteigen, auf der anderen Seite die
Kundſchaft ſich reduziert und der Verdienſt immer magerer
wird. Er fühlt den Boden unter ſich wanken, und wenn er
nicht raſch ſein Heil in der Auswanderung ſucht, ſieht er
ſich bald vor die Alternative geſtellt, entweder als Hilfs-
arbeiter die Selbſtändigkeit aufzugeben oder ſich bis zum
ſchließlichen Bettel durchzurackern. Wenn dieſe Erſcheinungen
auch noch nicht alle und noch nicht vollſtändig bei allen
kleinen Betrieben zu Tage treten, bei einzelnen, insbeſonders
beim Schuhmachergewerbe, beginnen ſie deutlich hervorzu-
treten. Die Gründe der geringen Widerſtandsfähigkeit der
Klein-Betriebe mögen unerörtert bleiben, nur ſoviel ſei kon-
ſtatiert, daß die Fabriksartikel heute nahezu ausſchließlich den
Markt beherrſchen. Die hieſigen Filialen der auswärtigen
Schuhwarenfabriken arbeiten am hieſigen Platze mit ſteigen-
dem Konſum, hingegen ſchlägt ſich eine Menge kleinerer
Meiſter, die noch vor wenigen Jahren ein reichliches Ein-
kommen mit ihrer Hände Arbeit erwarben, heute mühſelig
mit Flickſchuſterei durch, und ſieht mit dumpfer Reſig-
nation den Morgen, der ſie auch dieſes kärglichen Verdienſtes
berauben wird, kommen. Eine Reihe anderer, zirka 20 an
der Zahl, hat, wie ein Blick in die Statiſtik des Gewerbe-
vereines „Eintracht“ lehrt, von der materiellen Not übermannt,
der Heimat den Rücken gekehrt und ihr Glück in der Fremde
geſucht. Das ſollte zu denken geben. Wohl iſt’s auch anderswo
nicht allzu roſig beſtellt. Aber es wird wenigſtens und vielfach
nicht ohne Erfolg verſucht, gegen die Ungunſt der Zeit an-
zukämpfen und der erdrückenden Uebermacht der groß-
kapitaliſtiſchen Betriebe wenigſtens einigermaßen Schranken
zu ziehen. Das Kleingewerbe tritt anderswo als Machtfaktor
auf, ſucht und findet in den politiſchen Körperſchaften
Einlaß oder zumindeſt Einfluß und nötigt die Regierungen
zu entſprechenden Maßregeln; die Handelskammern, die ja
ſchließlich auch Gewerbekammern ſind, greifen mitunter, wo
es nottut, ihrerſeits ein und die eigentliche Tendenz der
gewerblichen Zwangsgenoſſenſchaften wird endlich erkannt und
durch dieſelbe werden Mittel und Wege gefunden, um die
ökonomiſchen Grundlagen ihres Standes wieder zu kräftigen.
Anders bei uns. Der ſogenannte Induſtriebeirat, der auch
die Hebung des Gewerbes in den Kreis ſeiner Wirkſamkeit
ziehen ſollte, hüllt ſich nach beiden Richtungen hin in
myſteriöſes Stillſchweigen. Die Handelskammer hat das
große Geheimnis entdeckt, wie aller Not abzuhelfen wäre,
indem ſie unter dem Titel „Gewerbeförderung“ nicht mehr
und nicht weniger als die Errichtung einer Fortbildungs-
ſchule vorſchlägt. Die Organiſationen geben ſich ausſchließlich
mit den „laufenden Agenden“ ab, bis es ſchließlich zum
Rechenſchaftsberichte und zu den obligaten Wahlen kommt,
worauf das Nichtstun von vorne beginnt. Und doch könnten
die Vereinigungen bei einiger Aufmerkſamkeit und Arbeits-
willigkeit auf manchen guten Gedanken kommen, der draußen
nicht einmal neu iſt. Ein Beiſpiel für viele: In zahlreichen
kleineren Städten anderer Kronländer haben es die vereinigten
Schuhmachermeiſter durchgeſetzt, daß ihnen die Lieferung
der Fußbekleidung für die Garniſon
zugeſtanden
wurde, wodurch bei der Aufteilung den einzelnen ein ſchönes
Stück Arbeit und reichlicher Verdienſt zufällt. Könnte das
Gleiche nicht auch hier der Fall ſein? Auch hier trägt die
Bevölkerung — implicite die Kleingewerbetreibenden — die
ſchweren Laſten, welche die Erhaltung des Wehrſtandes mit
ſich bringt, und eine teilweiſe Kompenſation der Steuer-
leiſtungen in Form von Arbeitszuwendung durch die Staats-
und Heeresverwaltung wäre nur gerecht und billig. Auch
wäre dies im Sinne der Regierung, die wiederholt in Erläſſen
der Militärverwaltung nahe gelegt hat, bei der Vergebung
der Lieferungen in erſter Linie das Kleingewerbe zu berück-
ſichtigen. Ich führe dieſen Vorſchlag, den ich übrigens noch
in dem Gewerbeverein „Eintracht“ zur Sprache bringen
werde, als Beiſpiel dafür an, daß ſich bei einigem guten
Willen und einer weitſichtigen ſtrammen Vertretung manche
Arbeitsangelegenheit finden, mancher gute Einfall kommen
würde. Das Kleingewerbe muß ſich erſt an ſich ſelbſt und
an die Machtmittel, die eine ſtramme Vereinigung bietet,
erinnern, die Hilfe der Andern wird ihm dann von ſelbſt
zufallen.


[Spaltenumbruch]
Die Sprachenfrage an der Univerſität

erſchein
durch die vom Rector magnificus Dr. Tarna vs h
geſtern einer Studentendeputation abgegebene Erklärung, daß es
bezüglich des Beſuches von ſtudentiſchen nichtdeutſchen Ver-
anſtaltungen durch den jeweiligen Rektor beim alten Uſus
bleiben
werde, in befriedigender Weiſe gelöſt.

Bukowiner Landesbank.

Dem Vernehmen nach hat
der Landesausſchuß in ſeiner heute abgehaltenen Sitzung be-
ſchloſſen, das Angebot der öſterreichiſchen Länderbank, von
Fondſchuldsverſchreibungen der Bukowiner Landes-
bank im Betrage von vierundeinhalb Millionen
Kronen zum Kurſe von 99⅜ zu übernehmen, zu akzeptieren.

Prof. Dr. Eduard Tangl †.

In der geſtern nach-
mittags ſtattgehabten außerordentlichen Sitzung der philoſo-
phiſchen Fakultät widmete der Dekan derſelben Prof. Doktor
Stefan Smal-Stocki dem Verewigten einen tiefempfun-
denen ehrenden Nachruf, den die Anweſenden ſtehend anhörten.
— Ein ehemaliger Schüler des Verſtorbenen ſchreibt in der
„Czernowitzer Zeitung“: Unvergeßlich wird ſeinen Schülern,
die das Glück hatten, zu Füßen des Meiſters zu ſitzen, die
Art und Weiſe ſein, mit der Profeſſor Tangl es verſtand,
ſeine Hörer mit den Fortſchritten auf dem Gebiete der
Pflanzenphyſiologie vertraut zu machen. Seine glänzende
Beredſamkeit, ſein immenſes Fachwiſſen, verbunden mit all-
gemeiner Bildung, machten es ihm leicht, auch das ſchwierigſte
Thema den Zuhörern verſtändlich zu machen und ihre Auf-
merkſamkeit zu feſſeln. Profeſſor Tangl hat wenig publiziert,
allein ſeine Arbeiten zeichneten ſich durch ſcharfe Beobachtung
und gediegenen Inhalt aus, ſo daß ſie die Anerkennung der
Fachkreiſe im hohen Maße fanden. Insbeſondere waren es
die grundlegenden Arbeiten über das Protoplasma und die
Plasmodesmen, die zu einer Reihe von Arbeiten führten.
Profeſſor Tangl erhielt einen ehrenvollen Ruf nach Prag,
den er jedoch ablehnte, ebenſo wie er auch akademiſche
Würden nicht anſtrebte. Ein wahrer und ernſter Gelehrter
alten Schlages, ſtand er abſeits vom politiſchen Leben, um
ſich in ſeinem Laboratorium ganz der wiſſenſchaftlichen
Arbeit zu widmen. Neben der Muſik, die ſeine einzige Er-
holung bildete, lebte er nur ſeiner Wiſſenſchaft und ſeiner
Familie. Seinen Schülern war er ein wohlwollender Lehrer
und Berater und hat ſich in den Herzen derſelben ein
dauernd Gedenken geſichert. — Heute nachmittags
fand das Leichenbegängnis des verſtorbenen Gelehrten
ſtatt. Im Leichenzuge bemerkten wir als Vertreter
der Landesregierung Hofrat von Fekete, ferner Erzbiſchof
Dr. v. Repta, den Rector magnificus Profeſſor Tar-
navschi
mit den Dekanen und faſt ſämtlichen Profeſſoren
der Univerſität, Hofrat Dr. v. Zieglauer, Hofrat Pri-
bram,
als Vertreter der Stadt Czernowitz den amtierenden
Vizebürgermeiſter Baron Fürth, Gremialvorſteher Apotheker
Barber, Gremialvorſteher kaiſ. Rat Em. Roſenzweig,
Oberpoſtdirektor von Poſch, Inſpektor Dr. Wender,
Konſiſtorialrat Manaſtyrski, Direktor Kolbenheyer,
Oberſtadtarzt Dr. Flinker, Abordnungen ſämtl. akademiſcher
Vereine u. ſ. f. Am offenen Grabe hielt Grabe hielt Dekan Prof.
Dr. Smal-Stocki dem Verſtorbenen einen warmen
Nachruf.

Von der Univerſitätsbibliothek.

Der Bibliothekar
der k. k. Univerſitätsbibliothek Herr Dr. Johann Polek hat
einen mehrwöchentlichen Urlaub angetreten. Die Leitung der
Univerſitätsbibliothek führt der Herr k. k. Kuſtos Dr. von
Griebenberger.

Der erſte weibliche Doktor der Czernowitzer
Univerſität.

Die heutige amtliche „Cz. Ztg.“ meldet:
Geſtern fand hier die Promotion des Fräuleins Klementine
v. Hankiewicz zum Doktor der Philoſophie ſtatt.
Als Promotor fungierte Prof. Dr. Siegmund Herzberg-
Fränkel.
Die erſte Doktorpromotion einer Dame an unſerer
Univerſität rief naturgemäß ein lebhaftes Intereſſe, insbeſondere
der Damenwelt, hervor, die auch beſonders zahlreich in der
Aula verſammelt war. Nach dem Promotionsakte, dem lebhafte
Proſitrufe folgten, hielt Se. Magnifizenz der Rektor eine




Das Geheimnis des Waldſees.
Von Palle Roſenkrantz.

(Nachdruck verboten.) 34

Venedig, Aug. 1900.

— — — Jetzt ſind wir wieder in Venedig. Weißt Du,
wen ich getroffen habe? Das heißt, mit ihr geſprochen habe
ich nicht, aber ſie wohnt hier dicht neben mir. Ihre
Schweſter! Und ſie ſieht ihr ſo ähnlich, wie ein Tropfen
Waſſer dem andern. Du mußt aber dem Schulzen nichts von
ihr oder von ihm erzählen, denn dann werde ich totun-
glücklich, aber ich will es Dir Alles einmal erzählen. Und
weißt Du, wen ich ſonſt noch getroffen habe? Seinen
Sohn! Es iſt ganz ſonderbar, denn ich habe wirklich ein
Gefühl, als wenn ich alt würde, und ich bin gar nicht alt,
aber er iſt mit einer ſehr häßlichen Frau verheiratet, und ſie
wohnen bei ſeiner Tante hier nebenan. Er war vor ein paar
Tagen hier bei uns, aber ſeine Frau war nicht mit hier. Sie
weiß gar nichts davon. Ich mag ihn nicht, er iſt nicht ſo, wie
er damals war. Aber er mochte mich gern, das konnte ich ihm
anmerken. Wir werden uns wohl noch öfter treffen. —

Ich habe ein junges Mädchen zu mir genommen, ſie
heißt Johanne Ljunggreen, und ihr Vater iſt Wachtmeiſter
bei ſeiner Schwadron geweſen. Es iſt angenehm, jemand
um ſich zu haben, und ſie hat viel durchgemacht, genau ſo
wie ich — — —

Paris, Mai 1901.

— — — Jetzt iſt Sjöſtröm wieder fort. Er wollte ſich
von mir ſcheiden laſſen, aber das wollte ich nicht, denn hier
in dieſen Ländern iſt es gut, einen Mann zu haben, denn
[Spaltenumbruch] ſonſt wird man über die Achſel angeſehen, und es gibt ſo
viele Frauenzimmer von der Sorte. Aber er kommt ſicher
wieder, er iſt doch der beſte, wenn er auch oft heftig iſt, und
er hat mich geſchlagen, und in Monte Carlo hat er mir ge-
droht, er wollte mich erſchießen laſſen; da ſind ſo viele Spiel-
tiſche, und ich wollte ihm nicht mehr Geld geben, weil ich es
zu dumm fand, all das Geld zu verſpielen, ich möchte gern
ſo viel wie möglich zurücklegen, damit wir nach Schweden
kommen und da leben können, wenn wir älter ſind, und Dich
wiederſehen können, Mutter, denn ich ſehne mich nach Dir.
Ich habe etwas Geld und einige Papiere, denn jetzt bin ich
vernünftig und lege zurück und es iſt gar nicht ſo ganz wenig,
was ich habe, aber nun will ich viel Geld haben, denn es iſt
nicht gut, wenn man älter wird. Aber Sjöſtröm braucht ſo
viel, und manchmal iſt gar nicht mit ihm auszukommen. —

Nizza, Februar 1902.

Jetzt iſt es faſt ein ganzes Jahr her, als ich glaubte,
daß wir nach Hauſe kommen würden, aber wir ſind noch nicht
gekommen. Ich kann hier nicht wegkommen, und ich kann Dir
den Grund nicht ſagen, aber es iſt möglich, daß ich im Früh-
ling nach Schweden komme. Du weißt ja, daß ich von ſeinem
Sohn geſchrieben habe, der furchtbar reich iſt, und mir ſo viel
Geld gibt, wie ich haben will, und jetzt brauche ich viel Geld,
denn ich bin noch jung; ich habe hier vier Pferde und
Kutſcher und Diener, und Sjöſtröm fühlt ſich wohl dabei.
Ich kann ihn nicht mehr ausſtehen, eigentlich hab’ ich ihn ja
nie lieb gehabt, aber man muß ja einen Mann haben. Früher
mochte er mich, glaube ich, gern, dann kam ja eine Zeit, wo
er ſich nichts aus mir machte, aber jetzt glaube ich fängt es
wieder an. Und das iſt nicht gut, denn es iſt mir gräßlich,
wenn er mir ſo auf den Hacken ſitzt, und das Ganze gehört
ja doch mir, aber das kann ich nicht genauer erklären. Wenn
es ſich machen ließe, würde ich mich von ihm ſcheiden laſſen,
[Spaltenumbruch] aber das iſt auch nicht gut, und das Ganze bleibt wohl beim
Alten. Der andere, der, von dem ich ſprach, liebt mich ſehr
und will alles für mich tun, aber ich kann ihn nicht leiden,
weil es ſein Sohn iſt. Aber dann denke ich daran, daß ich
von ihm erreichen kann, was ich nur will, und mich für all
das rächen kann, was er mir angetan hat, damals, vor
Jahren, und dann nehme ich mir vor, ſo recht ſchlecht zu ſein,
und das kann ich ſein, denn dazu haben die Menſchen mich
gemacht, und ich bin doch einmal gut geweſen, wie du ja
weißt, Mutter. Aber Gott trägt an allem Schuld, und ſo ſoll
es ja nun einmal ſein. Jetzt ſchicke ich Geld an die Bank nach
Chriſtiansſtad, und Madam Karlkviſts Sohn, der Advokat, ſoll
es verwalten, denn es iſt viel Geld, und ich hab’ noch mehr,
ſo daß Du in Deinen alten Tagen keine Not zu leiden
brauchſt, liebe Mutter. — — —

Die übrigen Briefe waren kürzer, enthielten aber alle
Mitteilungen über das viele Geld, das Annie habe und nach
Hauſe ſenden wolle. Die beiden letzten waren ganz kurz, aber
die inhaltreichſten von allen. Der vorletzte war Kopenhagen,
den 21. März 1902 datiert und lautete:

Liebe Mutter!

— Jetzt bin ich in Kopenhagen, und nun ſollſt Du mich
bald ſehen. Sjöſtröm kommt nicht mit, denn jetzt habe ich
Schluß mit ihm gemacht, und jetzt laſſen wir uns ſcheiden.
Er hat angefangen zu trinken und iſt jetzt Johannes Lieb-
haber, die ich auch nicht mehr leiden mag, und oft iſt er
ganz wild und will mir ein Leides antun, und dazu hab’ ich
keine Luſt. Ich brauche jetzt keine Männer mehr, denn ich bin
ſo weit, daß ich mich an ihm rächen kann, wie ich mir ge-
lobt habe, und jetzt weiß ich, wo ich ihn treffen kann; aber
das iſt mir einerlei. Ich kann es Dir nicht ſchreiben, aber
ich werde es Dir alles erzählen. In acht Tagen iſt die Sache
in Ordnung, und dann komme ich — — —


*) Wir bringen dieſen Artikel, indem wir uns eine Stellung-
nahme noch vorbehalten, zum Abdrucke, um die aktuelle Frage
einmal öffentlich zur Diskuſſion zu ſtellen. — D. Red.
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[4/0004] Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Juli 1905 dort gar nicht ſchön iſt und weil außerdem die amerikaniſche Preſſe recht neugierig ſein und eventuell ſtarke Neigung zeigen kann, allerhand Phantaſien als Tatſachen aufzutiſchen, wenn wirkliche Tatſachen ſchwer zu haben ſind. Dadurch hätte viel Störendes in die Verhandlungen hineingetragen werden können. Nun hat man aber ein Aushilfsmittel gefunden, das über alle Steine des Anſtoßes hinwegführen dürfte. Präſident Rooſevelt hat in aller Stille ſeine offizielle Privatjacht, die „Mayflower“, inſtand ſetzen laſten, um ſie den Friedensunter- händlern zur Verfügung zu ſtellen. In Waſhington zu ſchwitzen, kann den hohen Herren der ruſſiſchen und japaniſchen Diplomatie nicht wohl zugemutet werden, abgeſehen davon, daß man kein paſſendes Hauptquartier für ſie hat; ſich in ein nördliches Seebad zu begeben, das hat ebenfalls ſeinen Haken, da dort wohl noch weniger Abgeſchloſſenheit gegen frivole Frageſteller zugeſichert werden könnte als in Waſhington. So wird den Herren eine mit allen Bequemlichkeiten ausgeſtattete Jacht zur Verfügung geſtellt. In dieſer Jacht können ſie, umfächelt von den kühlen Briſen der Chesa peake Bay oder auf den Wellen des Ozeans ſchaukelnd, fern der Mög- lichkeit, von neugierigen Reportern befragt und geplagt zu werden, ihre Verhandlungen mit Muße und Bequemlichkeit führen. Senſationsblätter müßten ſchon Boote mit „draht- loſen“ Rieſenphonographen der „Mayflower“ nachſenden, um auf dieſe Weiſe die Beratungen der Diplomaten durch die Schiffswände zu erhorchen oder es wenigſtens den Leſern plauſibel machen zu können, daß ſie das, was ſie drucken, auch wirklich erfahren haben. Die „Mayflower“ iſt ein Doppelſchraubendampfer, ein Kreuzer dritter Klaſſe, und hat eine Batterie, die aus zwei fünfzölligen Schnellfeuergeſchützen, zwölf Sechspfündern und zwei Maſchinengeſchützen beſteht; vor dieſen müßten ſich die unternehmenden Preßboote eben in Acht nehmen. Die „Mayflower“ wird im Brooklyner Schiffs- bauhof für ihre „Friedensmiſſion“ ausgerüſtet werden. Man hat die Sache ſehr geheim gehalten, aber es iſt doch ſchließlich durchgeſickert. Das alles erzählt man ſich in Waſhington! Das geſunkene Unterſeeboot. Aus Bizerta, 10. Juli wird telegrafiert: Der Marineminiſter iſt hier eingetroffen. Die Verſuche zur Hebung „Tarfadeats“ werden fortgeſetzt. Der Munizipalrat beſchloß, bei der Feier am 14. Juli Unter- ſtützungen zu verteilen. Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 11. Juli 1905. Zur Förderung des Kleingewerbes. *) Von Herman Mittelmau. Daß unſere Landeshauptſtadt eine raſche Entwicklung durchmacht, kann aus minder freudigen Symptomen als aus Neubauten, elektriſchen Bogenlampen und gepflaſterten Straßen geſchloſſen werden. Das Anſchwellen des Proletariats, die wachſende Not des Kleingewerbeſtandes und die größer werdende Zahl derjenigen, die aus Mangel an Erwerbs- gelegenheit ihr Heil in der Auswanderung ſuchen, ſind Zeichen, die ſicherer ſprechen. Je mehr die Stadt ſich kulturell und ökonomiſch dem Weſten angliedert, um ſo auf- merkſamer wird der weſtliche Produzent auf das neue Ab- ſatzgebiet. Von Jahr zu Jahr immer mehr beherrſchen die fabriksmäßig hergeſtellten Maſſenartikel den hieſigen Markt, die Nachfrage nach den ſolideren aber teuerern Erzeugniſſen der manuellen Betriebe ſchwindet, und es bleibt uns nicht einmal der magere Troſt, daß einheimiſche Groß- betriebe den Gewinn aus dieſem Konkurrenzkampfe ziehen. Der kleine Gewerbsmann und Handwerker ſteht entſetzt vor der Tatſache, daß auf der einen Seite die Anforderungen des Perſonals, die Lebensmittelpreiſe, die Wohnungs- und Haushaltungskoſten ſteigen, auf der anderen Seite die Kundſchaft ſich reduziert und der Verdienſt immer magerer wird. Er fühlt den Boden unter ſich wanken, und wenn er nicht raſch ſein Heil in der Auswanderung ſucht, ſieht er ſich bald vor die Alternative geſtellt, entweder als Hilfs- arbeiter die Selbſtändigkeit aufzugeben oder ſich bis zum ſchließlichen Bettel durchzurackern. Wenn dieſe Erſcheinungen auch noch nicht alle und noch nicht vollſtändig bei allen kleinen Betrieben zu Tage treten, bei einzelnen, insbeſonders beim Schuhmachergewerbe, beginnen ſie deutlich hervorzu- treten. Die Gründe der geringen Widerſtandsfähigkeit der Klein-Betriebe mögen unerörtert bleiben, nur ſoviel ſei kon- ſtatiert, daß die Fabriksartikel heute nahezu ausſchließlich den Markt beherrſchen. Die hieſigen Filialen der auswärtigen Schuhwarenfabriken arbeiten am hieſigen Platze mit ſteigen- dem Konſum, hingegen ſchlägt ſich eine Menge kleinerer Meiſter, die noch vor wenigen Jahren ein reichliches Ein- kommen mit ihrer Hände Arbeit erwarben, heute mühſelig mit Flickſchuſterei durch, und ſieht mit dumpfer Reſig- nation den Morgen, der ſie auch dieſes kärglichen Verdienſtes berauben wird, kommen. Eine Reihe anderer, zirka 20 an der Zahl, hat, wie ein Blick in die Statiſtik des Gewerbe- vereines „Eintracht“ lehrt, von der materiellen Not übermannt, der Heimat den Rücken gekehrt und ihr Glück in der Fremde geſucht. Das ſollte zu denken geben. Wohl iſt’s auch anderswo nicht allzu roſig beſtellt. Aber es wird wenigſtens und vielfach nicht ohne Erfolg verſucht, gegen die Ungunſt der Zeit an- zukämpfen und der erdrückenden Uebermacht der groß- kapitaliſtiſchen Betriebe wenigſtens einigermaßen Schranken zu ziehen. Das Kleingewerbe tritt anderswo als Machtfaktor auf, ſucht und findet in den politiſchen Körperſchaften Einlaß oder zumindeſt Einfluß und nötigt die Regierungen zu entſprechenden Maßregeln; die Handelskammern, die ja ſchließlich auch Gewerbekammern ſind, greifen mitunter, wo es nottut, ihrerſeits ein und die eigentliche Tendenz der gewerblichen Zwangsgenoſſenſchaften wird endlich erkannt und durch dieſelbe werden Mittel und Wege gefunden, um die ökonomiſchen Grundlagen ihres Standes wieder zu kräftigen. Anders bei uns. Der ſogenannte Induſtriebeirat, der auch die Hebung des Gewerbes in den Kreis ſeiner Wirkſamkeit ziehen ſollte, hüllt ſich nach beiden Richtungen hin in myſteriöſes Stillſchweigen. Die Handelskammer hat das große Geheimnis entdeckt, wie aller Not abzuhelfen wäre, indem ſie unter dem Titel „Gewerbeförderung“ nicht mehr und nicht weniger als die Errichtung einer Fortbildungs- ſchule vorſchlägt. Die Organiſationen geben ſich ausſchließlich mit den „laufenden Agenden“ ab, bis es ſchließlich zum Rechenſchaftsberichte und zu den obligaten Wahlen kommt, worauf das Nichtstun von vorne beginnt. Und doch könnten die Vereinigungen bei einiger Aufmerkſamkeit und Arbeits- willigkeit auf manchen guten Gedanken kommen, der draußen nicht einmal neu iſt. Ein Beiſpiel für viele: In zahlreichen kleineren Städten anderer Kronländer haben es die vereinigten Schuhmachermeiſter durchgeſetzt, daß ihnen die Lieferung der Fußbekleidung für die Garniſon zugeſtanden wurde, wodurch bei der Aufteilung den einzelnen ein ſchönes Stück Arbeit und reichlicher Verdienſt zufällt. Könnte das Gleiche nicht auch hier der Fall ſein? Auch hier trägt die Bevölkerung — implicite die Kleingewerbetreibenden — die ſchweren Laſten, welche die Erhaltung des Wehrſtandes mit ſich bringt, und eine teilweiſe Kompenſation der Steuer- leiſtungen in Form von Arbeitszuwendung durch die Staats- und Heeresverwaltung wäre nur gerecht und billig. Auch wäre dies im Sinne der Regierung, die wiederholt in Erläſſen der Militärverwaltung nahe gelegt hat, bei der Vergebung der Lieferungen in erſter Linie das Kleingewerbe zu berück- ſichtigen. Ich führe dieſen Vorſchlag, den ich übrigens noch in dem Gewerbeverein „Eintracht“ zur Sprache bringen werde, als Beiſpiel dafür an, daß ſich bei einigem guten Willen und einer weitſichtigen ſtrammen Vertretung manche Arbeitsangelegenheit finden, mancher gute Einfall kommen würde. Das Kleingewerbe muß ſich erſt an ſich ſelbſt und an die Machtmittel, die eine ſtramme Vereinigung bietet, erinnern, die Hilfe der Andern wird ihm dann von ſelbſt zufallen. Die Sprachenfrage an der Univerſität erſchein durch die vom Rector magnificus Dr. Tarna vs h geſtern einer Studentendeputation abgegebene Erklärung, daß es bezüglich des Beſuches von ſtudentiſchen nichtdeutſchen Ver- anſtaltungen durch den jeweiligen Rektor beim alten Uſus bleiben werde, in befriedigender Weiſe gelöſt. Bukowiner Landesbank. Dem Vernehmen nach hat der Landesausſchuß in ſeiner heute abgehaltenen Sitzung be- ſchloſſen, das Angebot der öſterreichiſchen Länderbank, von Fondſchuldsverſchreibungen der Bukowiner Landes- bank im Betrage von vierundeinhalb Millionen Kronen zum Kurſe von 99⅜ zu übernehmen, zu akzeptieren. Prof. Dr. Eduard Tangl †. In der geſtern nach- mittags ſtattgehabten außerordentlichen Sitzung der philoſo- phiſchen Fakultät widmete der Dekan derſelben Prof. Doktor Stefan Smal-Stocki dem Verewigten einen tiefempfun- denen ehrenden Nachruf, den die Anweſenden ſtehend anhörten. — Ein ehemaliger Schüler des Verſtorbenen ſchreibt in der „Czernowitzer Zeitung“: Unvergeßlich wird ſeinen Schülern, die das Glück hatten, zu Füßen des Meiſters zu ſitzen, die Art und Weiſe ſein, mit der Profeſſor Tangl es verſtand, ſeine Hörer mit den Fortſchritten auf dem Gebiete der Pflanzenphyſiologie vertraut zu machen. Seine glänzende Beredſamkeit, ſein immenſes Fachwiſſen, verbunden mit all- gemeiner Bildung, machten es ihm leicht, auch das ſchwierigſte Thema den Zuhörern verſtändlich zu machen und ihre Auf- merkſamkeit zu feſſeln. Profeſſor Tangl hat wenig publiziert, allein ſeine Arbeiten zeichneten ſich durch ſcharfe Beobachtung und gediegenen Inhalt aus, ſo daß ſie die Anerkennung der Fachkreiſe im hohen Maße fanden. Insbeſondere waren es die grundlegenden Arbeiten über das Protoplasma und die Plasmodesmen, die zu einer Reihe von Arbeiten führten. Profeſſor Tangl erhielt einen ehrenvollen Ruf nach Prag, den er jedoch ablehnte, ebenſo wie er auch akademiſche Würden nicht anſtrebte. Ein wahrer und ernſter Gelehrter alten Schlages, ſtand er abſeits vom politiſchen Leben, um ſich in ſeinem Laboratorium ganz der wiſſenſchaftlichen Arbeit zu widmen. Neben der Muſik, die ſeine einzige Er- holung bildete, lebte er nur ſeiner Wiſſenſchaft und ſeiner Familie. Seinen Schülern war er ein wohlwollender Lehrer und Berater und hat ſich in den Herzen derſelben ein dauernd Gedenken geſichert. — Heute nachmittags fand das Leichenbegängnis des verſtorbenen Gelehrten ſtatt. Im Leichenzuge bemerkten wir als Vertreter der Landesregierung Hofrat von Fekete, ferner Erzbiſchof Dr. v. Repta, den Rector magnificus Profeſſor Tar- navschi mit den Dekanen und faſt ſämtlichen Profeſſoren der Univerſität, Hofrat Dr. v. Zieglauer, Hofrat Pri- bram, als Vertreter der Stadt Czernowitz den amtierenden Vizebürgermeiſter Baron Fürth, Gremialvorſteher Apotheker Barber, Gremialvorſteher kaiſ. Rat Em. Roſenzweig, Oberpoſtdirektor von Poſch, Inſpektor Dr. Wender, Konſiſtorialrat Manaſtyrski, Direktor Kolbenheyer, Oberſtadtarzt Dr. Flinker, Abordnungen ſämtl. akademiſcher Vereine u. ſ. f. Am offenen Grabe hielt Grabe hielt Dekan Prof. Dr. Smal-Stocki dem Verſtorbenen einen warmen Nachruf. Von der Univerſitätsbibliothek. Der Bibliothekar der k. k. Univerſitätsbibliothek Herr Dr. Johann Polek hat einen mehrwöchentlichen Urlaub angetreten. Die Leitung der Univerſitätsbibliothek führt der Herr k. k. Kuſtos Dr. von Griebenberger. Der erſte weibliche Doktor der Czernowitzer Univerſität. Die heutige amtliche „Cz. Ztg.“ meldet: Geſtern fand hier die Promotion des Fräuleins Klementine v. Hankiewicz zum Doktor der Philoſophie ſtatt. Als Promotor fungierte Prof. Dr. Siegmund Herzberg- Fränkel. Die erſte Doktorpromotion einer Dame an unſerer Univerſität rief naturgemäß ein lebhaftes Intereſſe, insbeſondere der Damenwelt, hervor, die auch beſonders zahlreich in der Aula verſammelt war. Nach dem Promotionsakte, dem lebhafte Proſitrufe folgten, hielt Se. Magnifizenz der Rektor eine Das Geheimnis des Waldſees. Von Palle Roſenkrantz. Autoriſierte Ueberſetzung von Mathilde Mann. (Nachdruck verboten.) 34 Venedig, Aug. 1900. — — — Jetzt ſind wir wieder in Venedig. Weißt Du, wen ich getroffen habe? Das heißt, mit ihr geſprochen habe ich nicht, aber ſie wohnt hier dicht neben mir. Ihre Schweſter! Und ſie ſieht ihr ſo ähnlich, wie ein Tropfen Waſſer dem andern. Du mußt aber dem Schulzen nichts von ihr oder von ihm erzählen, denn dann werde ich totun- glücklich, aber ich will es Dir Alles einmal erzählen. Und weißt Du, wen ich ſonſt noch getroffen habe? Seinen Sohn! Es iſt ganz ſonderbar, denn ich habe wirklich ein Gefühl, als wenn ich alt würde, und ich bin gar nicht alt, aber er iſt mit einer ſehr häßlichen Frau verheiratet, und ſie wohnen bei ſeiner Tante hier nebenan. Er war vor ein paar Tagen hier bei uns, aber ſeine Frau war nicht mit hier. Sie weiß gar nichts davon. Ich mag ihn nicht, er iſt nicht ſo, wie er damals war. Aber er mochte mich gern, das konnte ich ihm anmerken. Wir werden uns wohl noch öfter treffen. — Ich habe ein junges Mädchen zu mir genommen, ſie heißt Johanne Ljunggreen, und ihr Vater iſt Wachtmeiſter bei ſeiner Schwadron geweſen. Es iſt angenehm, jemand um ſich zu haben, und ſie hat viel durchgemacht, genau ſo wie ich — — — Paris, Mai 1901. — — — Jetzt iſt Sjöſtröm wieder fort. Er wollte ſich von mir ſcheiden laſſen, aber das wollte ich nicht, denn hier in dieſen Ländern iſt es gut, einen Mann zu haben, denn ſonſt wird man über die Achſel angeſehen, und es gibt ſo viele Frauenzimmer von der Sorte. Aber er kommt ſicher wieder, er iſt doch der beſte, wenn er auch oft heftig iſt, und er hat mich geſchlagen, und in Monte Carlo hat er mir ge- droht, er wollte mich erſchießen laſſen; da ſind ſo viele Spiel- tiſche, und ich wollte ihm nicht mehr Geld geben, weil ich es zu dumm fand, all das Geld zu verſpielen, ich möchte gern ſo viel wie möglich zurücklegen, damit wir nach Schweden kommen und da leben können, wenn wir älter ſind, und Dich wiederſehen können, Mutter, denn ich ſehne mich nach Dir. Ich habe etwas Geld und einige Papiere, denn jetzt bin ich vernünftig und lege zurück und es iſt gar nicht ſo ganz wenig, was ich habe, aber nun will ich viel Geld haben, denn es iſt nicht gut, wenn man älter wird. Aber Sjöſtröm braucht ſo viel, und manchmal iſt gar nicht mit ihm auszukommen. — Nizza, Februar 1902. Jetzt iſt es faſt ein ganzes Jahr her, als ich glaubte, daß wir nach Hauſe kommen würden, aber wir ſind noch nicht gekommen. Ich kann hier nicht wegkommen, und ich kann Dir den Grund nicht ſagen, aber es iſt möglich, daß ich im Früh- ling nach Schweden komme. Du weißt ja, daß ich von ſeinem Sohn geſchrieben habe, der furchtbar reich iſt, und mir ſo viel Geld gibt, wie ich haben will, und jetzt brauche ich viel Geld, denn ich bin noch jung; ich habe hier vier Pferde und Kutſcher und Diener, und Sjöſtröm fühlt ſich wohl dabei. Ich kann ihn nicht mehr ausſtehen, eigentlich hab’ ich ihn ja nie lieb gehabt, aber man muß ja einen Mann haben. Früher mochte er mich, glaube ich, gern, dann kam ja eine Zeit, wo er ſich nichts aus mir machte, aber jetzt glaube ich fängt es wieder an. Und das iſt nicht gut, denn es iſt mir gräßlich, wenn er mir ſo auf den Hacken ſitzt, und das Ganze gehört ja doch mir, aber das kann ich nicht genauer erklären. Wenn es ſich machen ließe, würde ich mich von ihm ſcheiden laſſen, aber das iſt auch nicht gut, und das Ganze bleibt wohl beim Alten. Der andere, der, von dem ich ſprach, liebt mich ſehr und will alles für mich tun, aber ich kann ihn nicht leiden, weil es ſein Sohn iſt. Aber dann denke ich daran, daß ich von ihm erreichen kann, was ich nur will, und mich für all das rächen kann, was er mir angetan hat, damals, vor Jahren, und dann nehme ich mir vor, ſo recht ſchlecht zu ſein, und das kann ich ſein, denn dazu haben die Menſchen mich gemacht, und ich bin doch einmal gut geweſen, wie du ja weißt, Mutter. Aber Gott trägt an allem Schuld, und ſo ſoll es ja nun einmal ſein. Jetzt ſchicke ich Geld an die Bank nach Chriſtiansſtad, und Madam Karlkviſts Sohn, der Advokat, ſoll es verwalten, denn es iſt viel Geld, und ich hab’ noch mehr, ſo daß Du in Deinen alten Tagen keine Not zu leiden brauchſt, liebe Mutter. — — — Die übrigen Briefe waren kürzer, enthielten aber alle Mitteilungen über das viele Geld, das Annie habe und nach Hauſe ſenden wolle. Die beiden letzten waren ganz kurz, aber die inhaltreichſten von allen. Der vorletzte war Kopenhagen, den 21. März 1902 datiert und lautete: Liebe Mutter! — Jetzt bin ich in Kopenhagen, und nun ſollſt Du mich bald ſehen. Sjöſtröm kommt nicht mit, denn jetzt habe ich Schluß mit ihm gemacht, und jetzt laſſen wir uns ſcheiden. Er hat angefangen zu trinken und iſt jetzt Johannes Lieb- haber, die ich auch nicht mehr leiden mag, und oft iſt er ganz wild und will mir ein Leides antun, und dazu hab’ ich keine Luſt. Ich brauche jetzt keine Männer mehr, denn ich bin ſo weit, daß ich mich an ihm rächen kann, wie ich mir ge- lobt habe, und jetzt weiß ich, wo ich ihn treffen kann; aber das iſt mir einerlei. Ich kann es Dir nicht ſchreiben, aber ich werde es Dir alles erzählen. In acht Tagen iſt die Sache in Ordnung, und dann komme ich — — — *) Wir bringen dieſen Artikel, indem wir uns eine Stellung- nahme noch vorbehalten, zum Abdrucke, um die aktuelle Frage einmal öffentlich zur Diskuſſion zu ſtellen. — D. Red.

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 458, Czernowitz, 12.07.1905, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer458_1905/4>, abgerufen am 23.11.2024.