Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 458, Czernowitz, 12.07.1905.Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Juli 1905 [Spaltenumbruch] dort gar nicht schön ist und weil außerdem die amerikanische Presse recht neugierig sein und eventuell starke Neigung zeigen kann, allerhand Phantasien als Tatsachen aufzutischen, wenn wirkliche Tatsachen schwer zu haben sind. Dadurch hätte viel Störendes in die Verhandlungen hineingetragen werden können. Nun hat man aber ein Aushilfsmittel gefunden, das über alle Steine des Anstoßes hinwegführen dürfte. Präsident Roosevelt hat in aller Stille seine offizielle Privatjacht, die "Mayflower", instand setzen lasten, um sie den Friedensunter- händlern zur Verfügung zu stellen. In Washington zu schwitzen, kann den hohen Herren der russischen und japanischen Diplomatie nicht wohl zugemutet werden, abgesehen davon, daß man kein passendes Hauptquartier für sie hat; sich in ein nördliches Seebad zu begeben, das hat ebenfalls seinen Haken, da dort wohl noch weniger Abgeschlossenheit gegen frivole Fragesteller zugesichert werden könnte als in Washington. So wird den Herren eine mit allen Bequemlichkeiten ausgestattete Jacht zur Verfügung gestellt. In dieser Jacht können sie, umfächelt von den kühlen Brisen der Chesa peake Bay oder auf den Wellen des Ozeans schaukelnd, fern der Mög- lichkeit, von neugierigen Reportern befragt und geplagt zu werden, ihre Verhandlungen mit Muße und Bequemlichkeit führen. Sensationsblätter müßten schon Boote mit "draht- losen" Riesenphonographen der "Mayflower" nachsenden, um auf diese Weise die Beratungen der Diplomaten durch die Schiffswände zu erhorchen oder es wenigstens den Lesern plausibel machen zu können, daß sie das, was sie drucken, auch wirklich erfahren haben. Die "Mayflower" ist ein Doppelschraubendampfer, ein Kreuzer dritter Klasse, und hat eine Batterie, die aus zwei fünfzölligen Schnellfeuergeschützen, zwölf Sechspfündern und zwei Maschinengeschützen besteht; vor diesen müßten sich die unternehmenden Preßboote eben in Acht nehmen. Die "Mayflower" wird im Brooklyner Schiffs- bauhof für ihre "Friedensmission" ausgerüstet werden. Man hat die Sache sehr geheim gehalten, aber es ist doch schließlich durchgesickert. Das alles erzählt man sich in Washington! Das gesunkene Unterseeboot. Aus Bizerta, 10. Juli Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 11. Juli 1905. Zur Förderung des Kleingewerbes. *) Daß unsere Landeshauptstadt eine rasche Entwicklung [Spaltenumbruch] Haushaltungskosten steigen, auf der anderen Seite die [Spaltenumbruch] Die Sprachenfrage an der Universität erschein Bukowiner Landesbank. Dem Vernehmen nach hat Prof. Dr. Eduard Tangl +. In der gestern nach- Von der Universitätsbibliothek. Der Bibliothekar Der erste weibliche Doktor der Czernowitzer Universität. Die heutige amtliche "Cz. Ztg." meldet: Das Geheimnis des Waldsees. Von Palle Rosenkrantz. (Nachdruck verboten.) 34 Venedig, Aug. 1900. -- -- -- Jetzt sind wir wieder in Venedig. Weißt Du, Ich habe ein junges Mädchen zu mir genommen, sie Paris, Mai 1901. -- -- -- Jetzt ist Sjöström wieder fort. Er wollte sich Nizza, Februar 1902. Jetzt ist es fast ein ganzes Jahr her, als ich glaubte, Die übrigen Briefe waren kürzer, enthielten aber alle Liebe Mutter! -- Jetzt bin ich in Kopenhagen, und nun sollst Du mich *) Wir bringen diesen Artikel, indem wir uns eine Stellung-
nahme noch vorbehalten, zum Abdrucke, um die aktuelle Frage einmal öffentlich zur Diskussion zu stellen. -- D. Red. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Juli 1905 [Spaltenumbruch] dort gar nicht ſchön iſt und weil außerdem die amerikaniſche Preſſe recht neugierig ſein und eventuell ſtarke Neigung zeigen kann, allerhand Phantaſien als Tatſachen aufzutiſchen, wenn wirkliche Tatſachen ſchwer zu haben ſind. Dadurch hätte viel Störendes in die Verhandlungen hineingetragen werden können. Nun hat man aber ein Aushilfsmittel gefunden, das über alle Steine des Anſtoßes hinwegführen dürfte. Präſident Rooſevelt hat in aller Stille ſeine offizielle Privatjacht, die „Mayflower“, inſtand ſetzen laſten, um ſie den Friedensunter- händlern zur Verfügung zu ſtellen. In Waſhington zu ſchwitzen, kann den hohen Herren der ruſſiſchen und japaniſchen Diplomatie nicht wohl zugemutet werden, abgeſehen davon, daß man kein paſſendes Hauptquartier für ſie hat; ſich in ein nördliches Seebad zu begeben, das hat ebenfalls ſeinen Haken, da dort wohl noch weniger Abgeſchloſſenheit gegen frivole Frageſteller zugeſichert werden könnte als in Waſhington. So wird den Herren eine mit allen Bequemlichkeiten ausgeſtattete Jacht zur Verfügung geſtellt. In dieſer Jacht können ſie, umfächelt von den kühlen Briſen der Chesa peake Bay oder auf den Wellen des Ozeans ſchaukelnd, fern der Mög- lichkeit, von neugierigen Reportern befragt und geplagt zu werden, ihre Verhandlungen mit Muße und Bequemlichkeit führen. Senſationsblätter müßten ſchon Boote mit „draht- loſen“ Rieſenphonographen der „Mayflower“ nachſenden, um auf dieſe Weiſe die Beratungen der Diplomaten durch die Schiffswände zu erhorchen oder es wenigſtens den Leſern plauſibel machen zu können, daß ſie das, was ſie drucken, auch wirklich erfahren haben. Die „Mayflower“ iſt ein Doppelſchraubendampfer, ein Kreuzer dritter Klaſſe, und hat eine Batterie, die aus zwei fünfzölligen Schnellfeuergeſchützen, zwölf Sechspfündern und zwei Maſchinengeſchützen beſteht; vor dieſen müßten ſich die unternehmenden Preßboote eben in Acht nehmen. Die „Mayflower“ wird im Brooklyner Schiffs- bauhof für ihre „Friedensmiſſion“ ausgerüſtet werden. Man hat die Sache ſehr geheim gehalten, aber es iſt doch ſchließlich durchgeſickert. Das alles erzählt man ſich in Waſhington! Das geſunkene Unterſeeboot. Aus Bizerta, 10. Juli Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 11. Juli 1905. Zur Förderung des Kleingewerbes. *) Daß unſere Landeshauptſtadt eine raſche Entwicklung [Spaltenumbruch] Haushaltungskoſten ſteigen, auf der anderen Seite die [Spaltenumbruch] Die Sprachenfrage an der Univerſität erſchein Bukowiner Landesbank. Dem Vernehmen nach hat Prof. Dr. Eduard Tangl †. In der geſtern nach- Von der Univerſitätsbibliothek. Der Bibliothekar Der erſte weibliche Doktor der Czernowitzer Univerſität. Die heutige amtliche „Cz. Ztg.“ meldet: Das Geheimnis des Waldſees. Von Palle Roſenkrantz. (Nachdruck verboten.) 34 Venedig, Aug. 1900. — — — Jetzt ſind wir wieder in Venedig. Weißt Du, Ich habe ein junges Mädchen zu mir genommen, ſie Paris, Mai 1901. — — — Jetzt iſt Sjöſtröm wieder fort. Er wollte ſich Nizza, Februar 1902. Jetzt iſt es faſt ein ganzes Jahr her, als ich glaubte, Die übrigen Briefe waren kürzer, enthielten aber alle Liebe Mutter! — Jetzt bin ich in Kopenhagen, und nun ſollſt Du mich *) Wir bringen dieſen Artikel, indem wir uns eine Stellung-
nahme noch vorbehalten, zum Abdrucke, um die aktuelle Frage einmal öffentlich zur Diskuſſion zu ſtellen. — D. Red. <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0004" n="4"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Juli 1905</hi></fw><lb/><cb/> dort gar nicht ſchön iſt und weil außerdem die amerikaniſche<lb/> Preſſe recht neugierig ſein und eventuell ſtarke Neigung zeigen<lb/> kann, allerhand Phantaſien als Tatſachen aufzutiſchen, wenn<lb/> wirkliche Tatſachen ſchwer zu haben ſind. Dadurch hätte viel<lb/> Störendes in die Verhandlungen hineingetragen werden können.<lb/> Nun hat man aber ein Aushilfsmittel gefunden, das über<lb/> alle Steine des Anſtoßes hinwegführen dürfte. Präſident<lb/> Rooſevelt hat in aller Stille ſeine offizielle Privatjacht, die<lb/> „Mayflower“, inſtand ſetzen laſten, um ſie den Friedensunter-<lb/> händlern zur Verfügung zu ſtellen. In Waſhington zu<lb/> ſchwitzen, kann den hohen Herren der ruſſiſchen und japaniſchen<lb/> Diplomatie nicht wohl zugemutet werden, abgeſehen davon,<lb/> daß man kein paſſendes Hauptquartier für ſie hat; ſich in ein<lb/> nördliches Seebad zu begeben, das hat ebenfalls ſeinen Haken,<lb/> da dort wohl noch weniger Abgeſchloſſenheit gegen frivole<lb/> Frageſteller zugeſichert werden könnte als in Waſhington. So<lb/> wird den Herren eine mit allen Bequemlichkeiten ausgeſtattete<lb/> Jacht zur Verfügung geſtellt. In dieſer Jacht können ſie,<lb/> umfächelt von den kühlen Briſen der <hi rendition="#aq">Chesa peake Bay</hi><lb/> oder auf den Wellen des Ozeans ſchaukelnd, fern der Mög-<lb/> lichkeit, von neugierigen Reportern befragt und geplagt zu<lb/> werden, ihre Verhandlungen mit Muße und Bequemlichkeit<lb/> führen. Senſationsblätter müßten ſchon Boote mit „draht-<lb/> loſen“ Rieſenphonographen der „Mayflower“ nachſenden, um<lb/> auf dieſe Weiſe die Beratungen der Diplomaten durch die<lb/> Schiffswände zu erhorchen oder es wenigſtens den Leſern<lb/> plauſibel machen zu können, daß ſie das, was ſie drucken,<lb/> auch wirklich erfahren haben. Die „Mayflower“ iſt ein<lb/> Doppelſchraubendampfer, ein Kreuzer dritter Klaſſe, und hat<lb/> eine Batterie, die aus zwei fünfzölligen Schnellfeuergeſchützen,<lb/> zwölf Sechspfündern und zwei Maſchinengeſchützen beſteht;<lb/> vor dieſen müßten ſich die unternehmenden Preßboote eben in<lb/> Acht nehmen. Die „Mayflower“ wird im Brooklyner Schiffs-<lb/> bauhof für ihre „Friedensmiſſion“ ausgerüſtet werden. Man<lb/> hat die Sache ſehr geheim gehalten, aber es iſt doch ſchließlich<lb/> durchgeſickert. Das alles erzählt man ſich in Waſhington!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das geſunkene Unterſeeboot.</hi> </head> <p>Aus Bizerta, 10. Juli<lb/> wird telegrafiert: Der Marineminiſter iſt hier eingetroffen.<lb/> Die Verſuche zur Hebung „Tarfadeats“ werden fortgeſetzt.<lb/> Der Munizipalrat beſchloß, bei der Feier am 14. Juli Unter-<lb/> ſtützungen zu verteilen.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jLocal" n="1"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Czernowitzer Angelegenheiten.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Czernowitz,</hi> 11. Juli 1905.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Zur Förderung des Kleingewerbes.</hi> </hi> <note place="foot" n="*)">Wir bringen dieſen Artikel, indem wir uns eine Stellung-<lb/> nahme noch vorbehalten, zum Abdrucke, um die aktuelle Frage<lb/> einmal öffentlich zur Diskuſſion zu ſtellen. — D. Red.</note> </head><lb/> <byline>Von <hi rendition="#b">Herman Mittelmau.</hi> </byline><lb/> <p>Daß unſere Landeshauptſtadt eine raſche Entwicklung<lb/> durchmacht, kann aus minder freudigen Symptomen als<lb/> aus Neubauten, elektriſchen Bogenlampen und gepflaſterten<lb/> Straßen geſchloſſen werden. Das Anſchwellen des Proletariats,<lb/> die wachſende Not des Kleingewerbeſtandes und die größer<lb/> werdende Zahl derjenigen, die aus Mangel an Erwerbs-<lb/> gelegenheit ihr Heil in der Auswanderung ſuchen, ſind<lb/> Zeichen, die ſicherer ſprechen. Je mehr die Stadt ſich<lb/> kulturell und ökonomiſch dem Weſten angliedert, um ſo auf-<lb/> merkſamer wird der weſtliche Produzent auf das neue Ab-<lb/> ſatzgebiet. Von Jahr zu Jahr immer mehr beherrſchen die<lb/> fabriksmäßig hergeſtellten Maſſenartikel den hieſigen Markt,<lb/> die Nachfrage nach den ſolideren aber teuerern Erzeugniſſen<lb/> der manuellen Betriebe ſchwindet, und es bleibt uns nicht<lb/> einmal der magere Troſt, daß <hi rendition="#g">einheimiſche Groß-<lb/> betriebe</hi> den Gewinn aus dieſem Konkurrenzkampfe ziehen.<lb/> Der kleine Gewerbsmann und Handwerker ſteht entſetzt vor<lb/> der Tatſache, daß auf der einen Seite die Anforderungen<lb/> des Perſonals, die Lebensmittelpreiſe, die Wohnungs- und</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <p>Haushaltungskoſten ſteigen, auf der anderen Seite die<lb/> Kundſchaft ſich reduziert und der Verdienſt immer magerer<lb/> wird. Er fühlt den Boden unter ſich wanken, und wenn er<lb/> nicht raſch ſein Heil in der Auswanderung ſucht, ſieht er<lb/> ſich bald vor die Alternative geſtellt, entweder als Hilfs-<lb/> arbeiter die Selbſtändigkeit aufzugeben oder ſich bis zum<lb/> ſchließlichen Bettel durchzurackern. Wenn dieſe Erſcheinungen<lb/> auch noch nicht alle und noch nicht vollſtändig bei allen<lb/> kleinen Betrieben zu Tage treten, bei einzelnen, insbeſonders<lb/> beim Schuhmachergewerbe, beginnen ſie deutlich hervorzu-<lb/> treten. Die Gründe der geringen Widerſtandsfähigkeit der<lb/> Klein-Betriebe mögen unerörtert bleiben, nur ſoviel ſei kon-<lb/> ſtatiert, daß die Fabriksartikel heute nahezu ausſchließlich den<lb/> Markt beherrſchen. Die hieſigen Filialen der auswärtigen<lb/> Schuhwarenfabriken arbeiten am hieſigen Platze mit ſteigen-<lb/> dem Konſum, hingegen ſchlägt ſich eine Menge kleinerer<lb/> Meiſter, die noch vor wenigen Jahren ein reichliches Ein-<lb/> kommen mit ihrer Hände Arbeit erwarben, heute mühſelig<lb/> mit Flickſchuſterei durch, und ſieht mit dumpfer Reſig-<lb/> nation den Morgen, der ſie auch dieſes kärglichen Verdienſtes<lb/> berauben wird, kommen. Eine Reihe anderer, zirka 20 an<lb/> der Zahl, hat, wie ein Blick in die Statiſtik des Gewerbe-<lb/> vereines „Eintracht“ lehrt, von der materiellen Not übermannt,<lb/> der Heimat den Rücken gekehrt und ihr Glück in der Fremde<lb/> geſucht. Das ſollte zu denken geben. Wohl iſt’s auch anderswo<lb/> nicht allzu roſig beſtellt. Aber es wird wenigſtens und vielfach<lb/> nicht ohne Erfolg verſucht, gegen die Ungunſt der Zeit an-<lb/> zukämpfen und der erdrückenden Uebermacht der groß-<lb/> kapitaliſtiſchen Betriebe wenigſtens einigermaßen Schranken<lb/> zu ziehen. Das Kleingewerbe tritt anderswo als Machtfaktor<lb/> auf, ſucht und findet in den politiſchen Körperſchaften<lb/> Einlaß oder zumindeſt Einfluß und nötigt die Regierungen<lb/> zu entſprechenden Maßregeln; die Handelskammern, die ja<lb/> ſchließlich auch Gewerbekammern ſind, greifen mitunter, wo<lb/> es nottut, ihrerſeits ein und die eigentliche Tendenz der<lb/> gewerblichen Zwangsgenoſſenſchaften wird endlich erkannt und<lb/> durch dieſelbe werden Mittel und Wege gefunden, um die<lb/> ökonomiſchen Grundlagen ihres Standes wieder zu kräftigen.<lb/> Anders bei uns. Der ſogenannte Induſtriebeirat, der auch<lb/> die Hebung des Gewerbes in den Kreis ſeiner Wirkſamkeit<lb/> ziehen ſollte, hüllt ſich nach beiden Richtungen hin in<lb/> myſteriöſes Stillſchweigen. Die Handelskammer hat das<lb/> große Geheimnis entdeckt, wie aller Not abzuhelfen wäre,<lb/> indem ſie unter dem Titel „Gewerbeförderung“ nicht mehr<lb/> und nicht weniger als die Errichtung einer Fortbildungs-<lb/> ſchule vorſchlägt. Die Organiſationen geben ſich ausſchließlich<lb/> mit den „laufenden Agenden“ ab, bis es ſchließlich zum<lb/> Rechenſchaftsberichte und zu den obligaten Wahlen kommt,<lb/> worauf das Nichtstun von vorne beginnt. Und doch könnten<lb/> die Vereinigungen bei einiger Aufmerkſamkeit und Arbeits-<lb/> willigkeit auf manchen guten Gedanken kommen, der draußen<lb/> nicht einmal neu iſt. Ein Beiſpiel für viele: In zahlreichen<lb/> kleineren Städten anderer Kronländer haben es die vereinigten<lb/> Schuhmachermeiſter durchgeſetzt, daß ihnen die <hi rendition="#g">Lieferung<lb/> der Fußbekleidung für die Garniſon</hi> zugeſtanden<lb/> wurde, wodurch bei der Aufteilung den einzelnen ein ſchönes<lb/> Stück Arbeit und reichlicher Verdienſt zufällt. Könnte das<lb/> Gleiche nicht auch hier der Fall ſein? Auch hier trägt die<lb/> Bevölkerung — <hi rendition="#aq">implicite</hi> die Kleingewerbetreibenden — die<lb/> ſchweren Laſten, welche die Erhaltung des Wehrſtandes mit<lb/> ſich bringt, und eine teilweiſe Kompenſation der Steuer-<lb/> leiſtungen in Form von Arbeitszuwendung durch die Staats-<lb/> und Heeresverwaltung wäre nur gerecht und billig. Auch<lb/> wäre dies im Sinne der Regierung, die wiederholt in Erläſſen<lb/> der Militärverwaltung nahe gelegt hat, bei der Vergebung<lb/> der Lieferungen in erſter Linie das Kleingewerbe zu berück-<lb/> ſichtigen. Ich führe dieſen Vorſchlag, den ich übrigens noch<lb/> in dem Gewerbeverein „Eintracht“ zur Sprache bringen<lb/> werde, als Beiſpiel dafür an, daß ſich bei einigem guten<lb/> Willen und einer weitſichtigen ſtrammen Vertretung manche<lb/> Arbeitsangelegenheit finden, mancher gute Einfall kommen<lb/> würde. Das Kleingewerbe muß ſich erſt an ſich ſelbſt und<lb/> an die Machtmittel, die eine ſtramme Vereinigung bietet,<lb/> erinnern, die Hilfe der Andern wird ihm dann von ſelbſt<lb/> zufallen.</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Sprachenfrage an der Univerſität</hi> </head> <p>erſchein<lb/> durch die vom <hi rendition="#aq">Rector magnificus</hi> Dr. <hi rendition="#g">Tarna vs h</hi><lb/> geſtern einer Studentendeputation abgegebene Erklärung, daß es<lb/> bezüglich des Beſuches von ſtudentiſchen nichtdeutſchen Ver-<lb/> anſtaltungen durch den jeweiligen Rektor beim <hi rendition="#g">alten Uſus<lb/> bleiben</hi> werde, in befriedigender Weiſe gelöſt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Bukowiner Landesbank.</hi> </head> <p>Dem Vernehmen nach hat<lb/> der Landesausſchuß in ſeiner heute abgehaltenen Sitzung be-<lb/> ſchloſſen, das Angebot der öſterreichiſchen <hi rendition="#g">Länderbank,</hi> von<lb/><hi rendition="#g">Fondſchuldsverſchreibungen</hi> der Bukowiner Landes-<lb/> bank im Betrage von <hi rendition="#g">vierundeinhalb Millionen</hi><lb/> Kronen zum Kurſe von 99⅜ zu übernehmen, zu <hi rendition="#g">akzeptieren.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Prof. Dr. Eduard Tangl †.</hi> </head> <p>In der geſtern nach-<lb/> mittags ſtattgehabten außerordentlichen Sitzung der philoſo-<lb/> phiſchen Fakultät widmete der Dekan derſelben Prof. Doktor<lb/> Stefan <hi rendition="#g">Smal-Stocki</hi> dem Verewigten einen tiefempfun-<lb/> denen ehrenden Nachruf, den die Anweſenden ſtehend anhörten.<lb/> — Ein ehemaliger Schüler des Verſtorbenen ſchreibt in der<lb/> „Czernowitzer Zeitung“: Unvergeßlich wird ſeinen Schülern,<lb/> die das Glück hatten, zu Füßen des Meiſters zu ſitzen, die<lb/> Art und Weiſe ſein, mit der Profeſſor <hi rendition="#g">Tangl</hi> es verſtand,<lb/> ſeine Hörer mit den Fortſchritten auf dem Gebiete der<lb/> Pflanzenphyſiologie vertraut zu machen. Seine glänzende<lb/> Beredſamkeit, ſein immenſes Fachwiſſen, verbunden mit all-<lb/> gemeiner Bildung, machten es ihm leicht, auch das ſchwierigſte<lb/> Thema den Zuhörern verſtändlich zu machen und ihre Auf-<lb/> merkſamkeit zu feſſeln. Profeſſor Tangl hat wenig publiziert,<lb/> allein ſeine Arbeiten zeichneten ſich durch ſcharfe Beobachtung<lb/> und gediegenen Inhalt aus, ſo daß ſie die Anerkennung der<lb/> Fachkreiſe im hohen Maße fanden. Insbeſondere waren es<lb/> die grundlegenden Arbeiten über das Protoplasma und die<lb/> Plasmodesmen, die zu einer Reihe von Arbeiten führten.<lb/> Profeſſor <hi rendition="#g">Tangl</hi> erhielt einen ehrenvollen Ruf nach Prag,<lb/> den er jedoch ablehnte, ebenſo wie er auch akademiſche<lb/> Würden nicht anſtrebte. Ein wahrer und ernſter Gelehrter<lb/> alten Schlages, ſtand er abſeits vom politiſchen Leben, um<lb/> ſich in ſeinem Laboratorium ganz der wiſſenſchaftlichen<lb/> Arbeit zu widmen. Neben der Muſik, die ſeine einzige Er-<lb/> holung bildete, lebte er nur ſeiner Wiſſenſchaft und ſeiner<lb/> Familie. Seinen Schülern war er ein wohlwollender Lehrer<lb/> und Berater und hat ſich in den Herzen derſelben ein<lb/> dauernd Gedenken geſichert. — Heute nachmittags<lb/> fand das Leichenbegängnis des verſtorbenen Gelehrten<lb/> ſtatt. Im Leichenzuge bemerkten wir als Vertreter<lb/> der Landesregierung Hofrat von <hi rendition="#g">Fekete,</hi> ferner Erzbiſchof<lb/> Dr. v. <hi rendition="#g">Repta,</hi> den <hi rendition="#aq">Rector magnificus</hi> Profeſſor <hi rendition="#g">Tar-<lb/> navschi</hi> mit den Dekanen und faſt ſämtlichen Profeſſoren<lb/> der Univerſität, Hofrat Dr. v. <hi rendition="#g">Zieglauer,</hi> Hofrat <hi rendition="#g">Pri-<lb/> bram,</hi> als Vertreter der Stadt Czernowitz den amtierenden<lb/> Vizebürgermeiſter Baron <hi rendition="#g">Fürth,</hi> Gremialvorſteher Apotheker<lb/><hi rendition="#g">Barber,</hi> Gremialvorſteher kaiſ. Rat Em. <hi rendition="#g">Roſenzweig,</hi><lb/> Oberpoſtdirektor von <hi rendition="#g">Poſch,</hi> Inſpektor Dr. <hi rendition="#g">Wender,</hi><lb/> Konſiſtorialrat <hi rendition="#g">Manaſtyrski,</hi> Direktor <hi rendition="#g">Kolbenheyer,</hi><lb/> Oberſtadtarzt Dr. <hi rendition="#g">Flinker,</hi> Abordnungen ſämtl. akademiſcher<lb/> Vereine u. ſ. f. Am offenen Grabe hielt Grabe hielt Dekan Prof.<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Smal-Stocki</hi> dem Verſtorbenen einen warmen<lb/> Nachruf.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Von der Univerſitätsbibliothek.</hi> </head> <p>Der Bibliothekar<lb/> der k. k. Univerſitätsbibliothek Herr Dr. Johann <hi rendition="#g">Polek</hi> hat<lb/> einen mehrwöchentlichen Urlaub angetreten. Die Leitung der<lb/> Univerſitätsbibliothek führt der Herr k. k. Kuſtos Dr. von<lb/><hi rendition="#g">Griebenberger.</hi> </p> </div><lb/> <div xml:id="universität1" next="#universität2" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der erſte weibliche Doktor der Czernowitzer<lb/> Univerſität.</hi> </head> <p>Die heutige amtliche „Cz. Ztg.“ meldet:<lb/> Geſtern fand hier die Promotion des Fräuleins Klementine<lb/> v. <hi rendition="#g">Hankiewicz</hi> zum <hi rendition="#g">Doktor</hi> der <hi rendition="#g">Philoſophie</hi> ſtatt.<lb/> Als Promotor fungierte Prof. Dr. Siegmund <hi rendition="#g">Herzberg-<lb/> Fränkel.</hi> Die erſte Doktorpromotion einer Dame an unſerer<lb/> Univerſität rief naturgemäß ein lebhaftes Intereſſe, insbeſondere<lb/> der Damenwelt, hervor, die auch beſonders zahlreich in der<lb/> Aula verſammelt war. Nach dem Promotionsakte, dem lebhafte<lb/> Proſitrufe folgten, hielt Se. Magnifizenz der Rektor eine</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Das Geheimnis des Waldſees.</hi></hi><lb/> Von <hi rendition="#b">Palle Roſenkrantz.</hi> </head><lb/> <byline>Autoriſierte Ueberſetzung von <hi rendition="#g">Mathilde Mann.</hi> </byline><lb/> <p> <hi rendition="#b">(Nachdruck verboten.)</hi> <hi rendition="#et">34</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Venedig, Aug. 1900.</hi> </p><lb/> <p>— — — Jetzt ſind wir wieder in Venedig. Weißt Du,<lb/> wen ich getroffen habe? Das heißt, mit ihr geſprochen habe<lb/> ich nicht, aber ſie wohnt hier dicht neben mir. <hi rendition="#g">Ihre</hi><lb/> Schweſter! Und ſie ſieht ihr ſo ähnlich, wie ein Tropfen<lb/> Waſſer dem andern. Du mußt aber dem Schulzen nichts von<lb/><hi rendition="#g">ihr</hi> oder von <hi rendition="#g">ihm</hi> erzählen, denn dann werde ich totun-<lb/> glücklich, aber ich will es Dir Alles einmal erzählen. Und<lb/> weißt Du, wen ich ſonſt noch getroffen habe? <hi rendition="#g">Seinen</hi><lb/> Sohn! Es iſt ganz ſonderbar, denn ich habe wirklich ein<lb/> Gefühl, als wenn ich alt würde, und ich <hi rendition="#g">bin</hi> gar nicht alt,<lb/> aber er iſt mit einer ſehr häßlichen Frau verheiratet, und ſie<lb/> wohnen bei ſeiner Tante hier nebenan. Er war vor ein paar<lb/> Tagen hier bei uns, aber ſeine Frau war nicht mit hier. Sie<lb/> weiß gar nichts davon. Ich mag ihn nicht, er iſt nicht ſo, wie<lb/><hi rendition="#g">er</hi> damals war. Aber er mochte mich gern, das konnte ich ihm<lb/> anmerken. Wir werden uns wohl noch öfter treffen. —</p><lb/> <p>Ich habe ein junges Mädchen zu mir genommen, ſie<lb/> heißt Johanne Ljunggreen, und ihr Vater iſt Wachtmeiſter<lb/> bei <hi rendition="#g">ſeiner</hi> Schwadron geweſen. Es iſt angenehm, jemand<lb/> um ſich zu haben, und ſie hat viel durchgemacht, genau ſo<lb/> wie ich — — —</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Paris, Mai 1901.</hi> </p><lb/> <p>— — — Jetzt iſt Sjöſtröm wieder fort. Er wollte ſich<lb/> von mir ſcheiden laſſen, aber das wollte ich nicht, denn hier<lb/> in dieſen Ländern iſt es gut, einen Mann zu haben, denn<lb/><cb/> ſonſt wird man über die Achſel angeſehen, und es gibt ſo<lb/> viele Frauenzimmer von der Sorte. Aber er kommt ſicher<lb/> wieder, er iſt doch der beſte, wenn er auch oft heftig iſt, und<lb/> er hat mich geſchlagen, und in Monte Carlo hat er mir ge-<lb/> droht, er wollte mich erſchießen laſſen; da ſind ſo viele Spiel-<lb/> tiſche, und ich wollte ihm nicht mehr Geld geben, weil ich es<lb/> zu dumm fand, all das Geld zu verſpielen, ich möchte gern<lb/> ſo viel wie möglich zurücklegen, damit wir nach Schweden<lb/> kommen und da leben können, wenn wir älter ſind, und Dich<lb/> wiederſehen können, Mutter, denn ich ſehne mich nach Dir.<lb/> Ich habe etwas Geld und einige Papiere, denn jetzt bin ich<lb/> vernünftig und lege zurück und es iſt gar nicht ſo ganz wenig,<lb/> was ich habe, aber nun will ich viel Geld haben, denn es iſt<lb/> nicht gut, wenn man älter wird. Aber Sjöſtröm braucht ſo<lb/> viel, und manchmal iſt gar nicht mit ihm auszukommen. —</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Nizza, Februar 1902.</hi> </p><lb/> <p>Jetzt iſt es faſt ein ganzes Jahr her, als ich glaubte,<lb/> daß wir nach Hauſe kommen würden, aber wir ſind noch nicht<lb/> gekommen. Ich kann hier nicht wegkommen, und ich kann Dir<lb/> den Grund nicht ſagen, aber es iſt möglich, daß ich im Früh-<lb/> ling nach Schweden komme. Du weißt ja, daß ich von ſeinem<lb/> Sohn geſchrieben habe, der furchtbar reich iſt, und mir ſo viel<lb/> Geld gibt, wie ich haben will, und jetzt brauche ich viel Geld,<lb/> denn ich bin noch jung; ich habe hier vier Pferde und<lb/> Kutſcher und Diener, und Sjöſtröm fühlt ſich wohl dabei.<lb/> Ich kann ihn nicht mehr ausſtehen, eigentlich hab’ ich ihn ja<lb/> nie lieb gehabt, aber man muß ja einen Mann haben. Früher<lb/> mochte er mich, glaube ich, gern, dann kam ja eine Zeit, wo<lb/> er ſich nichts aus mir machte, aber jetzt glaube ich fängt es<lb/> wieder an. Und das iſt nicht gut, denn es iſt mir gräßlich,<lb/> wenn er mir ſo auf den Hacken ſitzt, und das Ganze gehört<lb/> ja doch mir, aber das kann ich nicht genauer erklären. Wenn<lb/> es ſich machen ließe, würde ich mich von ihm ſcheiden laſſen,<lb/><cb/> aber das iſt auch nicht gut, und das Ganze bleibt wohl beim<lb/> Alten. Der andere, der, von dem ich ſprach, liebt mich ſehr<lb/> und will alles für mich tun, aber ich kann ihn nicht leiden,<lb/> weil es <hi rendition="#g">ſein</hi> Sohn iſt. Aber dann denke ich daran, daß ich<lb/> von ihm erreichen kann, was ich nur will, und mich für all<lb/> das rächen kann, was <hi rendition="#g">er</hi> mir angetan hat, damals, vor<lb/> Jahren, und dann nehme ich mir vor, ſo recht ſchlecht zu ſein,<lb/> und das kann ich ſein, denn dazu haben die Menſchen mich<lb/> gemacht, und ich bin doch einmal gut geweſen, wie du ja<lb/> weißt, Mutter. Aber Gott trägt an allem Schuld, und ſo ſoll<lb/> es ja nun einmal ſein. Jetzt ſchicke ich Geld an die Bank nach<lb/> Chriſtiansſtad, und Madam Karlkviſts Sohn, der Advokat, ſoll<lb/> es verwalten, denn es iſt viel Geld, und ich hab’ noch mehr,<lb/> ſo daß Du in Deinen alten Tagen keine Not zu leiden<lb/> brauchſt, liebe Mutter. — — —</p><lb/> <p>Die übrigen Briefe waren kürzer, enthielten aber alle<lb/> Mitteilungen über das viele Geld, das Annie habe und nach<lb/> Hauſe ſenden wolle. Die beiden letzten waren ganz kurz, aber<lb/> die inhaltreichſten von allen. Der vorletzte war Kopenhagen,<lb/> den 21. März 1902 datiert und lautete:</p><lb/> <p> <hi rendition="#c">Liebe Mutter!</hi> </p><lb/> <p>— Jetzt bin ich in Kopenhagen, und nun ſollſt Du mich<lb/> bald ſehen. Sjöſtröm kommt nicht mit, denn jetzt habe ich<lb/> Schluß mit ihm gemacht, und jetzt laſſen wir uns ſcheiden.<lb/> Er hat angefangen zu trinken und iſt jetzt Johannes Lieb-<lb/> haber, die ich auch nicht mehr leiden mag, und oft iſt er<lb/> ganz wild und will mir ein Leides antun, und dazu hab’ ich<lb/> keine Luſt. Ich brauche jetzt keine Männer mehr, denn ich bin<lb/> ſo weit, daß ich mich an <hi rendition="#g">ihm</hi> rächen kann, wie ich mir ge-<lb/> lobt habe, und jetzt weiß ich, wo ich ihn treffen kann; aber<lb/> das iſt mir einerlei. Ich kann es Dir nicht ſchreiben, aber<lb/> ich werde es Dir alles erzählen. In acht Tagen iſt die Sache<lb/> in Ordnung, und dann komme ich — — —</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Juli 1905
dort gar nicht ſchön iſt und weil außerdem die amerikaniſche
Preſſe recht neugierig ſein und eventuell ſtarke Neigung zeigen
kann, allerhand Phantaſien als Tatſachen aufzutiſchen, wenn
wirkliche Tatſachen ſchwer zu haben ſind. Dadurch hätte viel
Störendes in die Verhandlungen hineingetragen werden können.
Nun hat man aber ein Aushilfsmittel gefunden, das über
alle Steine des Anſtoßes hinwegführen dürfte. Präſident
Rooſevelt hat in aller Stille ſeine offizielle Privatjacht, die
„Mayflower“, inſtand ſetzen laſten, um ſie den Friedensunter-
händlern zur Verfügung zu ſtellen. In Waſhington zu
ſchwitzen, kann den hohen Herren der ruſſiſchen und japaniſchen
Diplomatie nicht wohl zugemutet werden, abgeſehen davon,
daß man kein paſſendes Hauptquartier für ſie hat; ſich in ein
nördliches Seebad zu begeben, das hat ebenfalls ſeinen Haken,
da dort wohl noch weniger Abgeſchloſſenheit gegen frivole
Frageſteller zugeſichert werden könnte als in Waſhington. So
wird den Herren eine mit allen Bequemlichkeiten ausgeſtattete
Jacht zur Verfügung geſtellt. In dieſer Jacht können ſie,
umfächelt von den kühlen Briſen der Chesa peake Bay
oder auf den Wellen des Ozeans ſchaukelnd, fern der Mög-
lichkeit, von neugierigen Reportern befragt und geplagt zu
werden, ihre Verhandlungen mit Muße und Bequemlichkeit
führen. Senſationsblätter müßten ſchon Boote mit „draht-
loſen“ Rieſenphonographen der „Mayflower“ nachſenden, um
auf dieſe Weiſe die Beratungen der Diplomaten durch die
Schiffswände zu erhorchen oder es wenigſtens den Leſern
plauſibel machen zu können, daß ſie das, was ſie drucken,
auch wirklich erfahren haben. Die „Mayflower“ iſt ein
Doppelſchraubendampfer, ein Kreuzer dritter Klaſſe, und hat
eine Batterie, die aus zwei fünfzölligen Schnellfeuergeſchützen,
zwölf Sechspfündern und zwei Maſchinengeſchützen beſteht;
vor dieſen müßten ſich die unternehmenden Preßboote eben in
Acht nehmen. Die „Mayflower“ wird im Brooklyner Schiffs-
bauhof für ihre „Friedensmiſſion“ ausgerüſtet werden. Man
hat die Sache ſehr geheim gehalten, aber es iſt doch ſchließlich
durchgeſickert. Das alles erzählt man ſich in Waſhington!
Das geſunkene Unterſeeboot. Aus Bizerta, 10. Juli
wird telegrafiert: Der Marineminiſter iſt hier eingetroffen.
Die Verſuche zur Hebung „Tarfadeats“ werden fortgeſetzt.
Der Munizipalrat beſchloß, bei der Feier am 14. Juli Unter-
ſtützungen zu verteilen.
Czernowitzer Angelegenheiten.
Czernowitz, 11. Juli 1905.
Zur Förderung des Kleingewerbes. *)
Von Herman Mittelmau.
Daß unſere Landeshauptſtadt eine raſche Entwicklung
durchmacht, kann aus minder freudigen Symptomen als
aus Neubauten, elektriſchen Bogenlampen und gepflaſterten
Straßen geſchloſſen werden. Das Anſchwellen des Proletariats,
die wachſende Not des Kleingewerbeſtandes und die größer
werdende Zahl derjenigen, die aus Mangel an Erwerbs-
gelegenheit ihr Heil in der Auswanderung ſuchen, ſind
Zeichen, die ſicherer ſprechen. Je mehr die Stadt ſich
kulturell und ökonomiſch dem Weſten angliedert, um ſo auf-
merkſamer wird der weſtliche Produzent auf das neue Ab-
ſatzgebiet. Von Jahr zu Jahr immer mehr beherrſchen die
fabriksmäßig hergeſtellten Maſſenartikel den hieſigen Markt,
die Nachfrage nach den ſolideren aber teuerern Erzeugniſſen
der manuellen Betriebe ſchwindet, und es bleibt uns nicht
einmal der magere Troſt, daß einheimiſche Groß-
betriebe den Gewinn aus dieſem Konkurrenzkampfe ziehen.
Der kleine Gewerbsmann und Handwerker ſteht entſetzt vor
der Tatſache, daß auf der einen Seite die Anforderungen
des Perſonals, die Lebensmittelpreiſe, die Wohnungs- und
Haushaltungskoſten ſteigen, auf der anderen Seite die
Kundſchaft ſich reduziert und der Verdienſt immer magerer
wird. Er fühlt den Boden unter ſich wanken, und wenn er
nicht raſch ſein Heil in der Auswanderung ſucht, ſieht er
ſich bald vor die Alternative geſtellt, entweder als Hilfs-
arbeiter die Selbſtändigkeit aufzugeben oder ſich bis zum
ſchließlichen Bettel durchzurackern. Wenn dieſe Erſcheinungen
auch noch nicht alle und noch nicht vollſtändig bei allen
kleinen Betrieben zu Tage treten, bei einzelnen, insbeſonders
beim Schuhmachergewerbe, beginnen ſie deutlich hervorzu-
treten. Die Gründe der geringen Widerſtandsfähigkeit der
Klein-Betriebe mögen unerörtert bleiben, nur ſoviel ſei kon-
ſtatiert, daß die Fabriksartikel heute nahezu ausſchließlich den
Markt beherrſchen. Die hieſigen Filialen der auswärtigen
Schuhwarenfabriken arbeiten am hieſigen Platze mit ſteigen-
dem Konſum, hingegen ſchlägt ſich eine Menge kleinerer
Meiſter, die noch vor wenigen Jahren ein reichliches Ein-
kommen mit ihrer Hände Arbeit erwarben, heute mühſelig
mit Flickſchuſterei durch, und ſieht mit dumpfer Reſig-
nation den Morgen, der ſie auch dieſes kärglichen Verdienſtes
berauben wird, kommen. Eine Reihe anderer, zirka 20 an
der Zahl, hat, wie ein Blick in die Statiſtik des Gewerbe-
vereines „Eintracht“ lehrt, von der materiellen Not übermannt,
der Heimat den Rücken gekehrt und ihr Glück in der Fremde
geſucht. Das ſollte zu denken geben. Wohl iſt’s auch anderswo
nicht allzu roſig beſtellt. Aber es wird wenigſtens und vielfach
nicht ohne Erfolg verſucht, gegen die Ungunſt der Zeit an-
zukämpfen und der erdrückenden Uebermacht der groß-
kapitaliſtiſchen Betriebe wenigſtens einigermaßen Schranken
zu ziehen. Das Kleingewerbe tritt anderswo als Machtfaktor
auf, ſucht und findet in den politiſchen Körperſchaften
Einlaß oder zumindeſt Einfluß und nötigt die Regierungen
zu entſprechenden Maßregeln; die Handelskammern, die ja
ſchließlich auch Gewerbekammern ſind, greifen mitunter, wo
es nottut, ihrerſeits ein und die eigentliche Tendenz der
gewerblichen Zwangsgenoſſenſchaften wird endlich erkannt und
durch dieſelbe werden Mittel und Wege gefunden, um die
ökonomiſchen Grundlagen ihres Standes wieder zu kräftigen.
Anders bei uns. Der ſogenannte Induſtriebeirat, der auch
die Hebung des Gewerbes in den Kreis ſeiner Wirkſamkeit
ziehen ſollte, hüllt ſich nach beiden Richtungen hin in
myſteriöſes Stillſchweigen. Die Handelskammer hat das
große Geheimnis entdeckt, wie aller Not abzuhelfen wäre,
indem ſie unter dem Titel „Gewerbeförderung“ nicht mehr
und nicht weniger als die Errichtung einer Fortbildungs-
ſchule vorſchlägt. Die Organiſationen geben ſich ausſchließlich
mit den „laufenden Agenden“ ab, bis es ſchließlich zum
Rechenſchaftsberichte und zu den obligaten Wahlen kommt,
worauf das Nichtstun von vorne beginnt. Und doch könnten
die Vereinigungen bei einiger Aufmerkſamkeit und Arbeits-
willigkeit auf manchen guten Gedanken kommen, der draußen
nicht einmal neu iſt. Ein Beiſpiel für viele: In zahlreichen
kleineren Städten anderer Kronländer haben es die vereinigten
Schuhmachermeiſter durchgeſetzt, daß ihnen die Lieferung
der Fußbekleidung für die Garniſon zugeſtanden
wurde, wodurch bei der Aufteilung den einzelnen ein ſchönes
Stück Arbeit und reichlicher Verdienſt zufällt. Könnte das
Gleiche nicht auch hier der Fall ſein? Auch hier trägt die
Bevölkerung — implicite die Kleingewerbetreibenden — die
ſchweren Laſten, welche die Erhaltung des Wehrſtandes mit
ſich bringt, und eine teilweiſe Kompenſation der Steuer-
leiſtungen in Form von Arbeitszuwendung durch die Staats-
und Heeresverwaltung wäre nur gerecht und billig. Auch
wäre dies im Sinne der Regierung, die wiederholt in Erläſſen
der Militärverwaltung nahe gelegt hat, bei der Vergebung
der Lieferungen in erſter Linie das Kleingewerbe zu berück-
ſichtigen. Ich führe dieſen Vorſchlag, den ich übrigens noch
in dem Gewerbeverein „Eintracht“ zur Sprache bringen
werde, als Beiſpiel dafür an, daß ſich bei einigem guten
Willen und einer weitſichtigen ſtrammen Vertretung manche
Arbeitsangelegenheit finden, mancher gute Einfall kommen
würde. Das Kleingewerbe muß ſich erſt an ſich ſelbſt und
an die Machtmittel, die eine ſtramme Vereinigung bietet,
erinnern, die Hilfe der Andern wird ihm dann von ſelbſt
zufallen.
Die Sprachenfrage an der Univerſität erſchein
durch die vom Rector magnificus Dr. Tarna vs h
geſtern einer Studentendeputation abgegebene Erklärung, daß es
bezüglich des Beſuches von ſtudentiſchen nichtdeutſchen Ver-
anſtaltungen durch den jeweiligen Rektor beim alten Uſus
bleiben werde, in befriedigender Weiſe gelöſt.
Bukowiner Landesbank. Dem Vernehmen nach hat
der Landesausſchuß in ſeiner heute abgehaltenen Sitzung be-
ſchloſſen, das Angebot der öſterreichiſchen Länderbank, von
Fondſchuldsverſchreibungen der Bukowiner Landes-
bank im Betrage von vierundeinhalb Millionen
Kronen zum Kurſe von 99⅜ zu übernehmen, zu akzeptieren.
Prof. Dr. Eduard Tangl †. In der geſtern nach-
mittags ſtattgehabten außerordentlichen Sitzung der philoſo-
phiſchen Fakultät widmete der Dekan derſelben Prof. Doktor
Stefan Smal-Stocki dem Verewigten einen tiefempfun-
denen ehrenden Nachruf, den die Anweſenden ſtehend anhörten.
— Ein ehemaliger Schüler des Verſtorbenen ſchreibt in der
„Czernowitzer Zeitung“: Unvergeßlich wird ſeinen Schülern,
die das Glück hatten, zu Füßen des Meiſters zu ſitzen, die
Art und Weiſe ſein, mit der Profeſſor Tangl es verſtand,
ſeine Hörer mit den Fortſchritten auf dem Gebiete der
Pflanzenphyſiologie vertraut zu machen. Seine glänzende
Beredſamkeit, ſein immenſes Fachwiſſen, verbunden mit all-
gemeiner Bildung, machten es ihm leicht, auch das ſchwierigſte
Thema den Zuhörern verſtändlich zu machen und ihre Auf-
merkſamkeit zu feſſeln. Profeſſor Tangl hat wenig publiziert,
allein ſeine Arbeiten zeichneten ſich durch ſcharfe Beobachtung
und gediegenen Inhalt aus, ſo daß ſie die Anerkennung der
Fachkreiſe im hohen Maße fanden. Insbeſondere waren es
die grundlegenden Arbeiten über das Protoplasma und die
Plasmodesmen, die zu einer Reihe von Arbeiten führten.
Profeſſor Tangl erhielt einen ehrenvollen Ruf nach Prag,
den er jedoch ablehnte, ebenſo wie er auch akademiſche
Würden nicht anſtrebte. Ein wahrer und ernſter Gelehrter
alten Schlages, ſtand er abſeits vom politiſchen Leben, um
ſich in ſeinem Laboratorium ganz der wiſſenſchaftlichen
Arbeit zu widmen. Neben der Muſik, die ſeine einzige Er-
holung bildete, lebte er nur ſeiner Wiſſenſchaft und ſeiner
Familie. Seinen Schülern war er ein wohlwollender Lehrer
und Berater und hat ſich in den Herzen derſelben ein
dauernd Gedenken geſichert. — Heute nachmittags
fand das Leichenbegängnis des verſtorbenen Gelehrten
ſtatt. Im Leichenzuge bemerkten wir als Vertreter
der Landesregierung Hofrat von Fekete, ferner Erzbiſchof
Dr. v. Repta, den Rector magnificus Profeſſor Tar-
navschi mit den Dekanen und faſt ſämtlichen Profeſſoren
der Univerſität, Hofrat Dr. v. Zieglauer, Hofrat Pri-
bram, als Vertreter der Stadt Czernowitz den amtierenden
Vizebürgermeiſter Baron Fürth, Gremialvorſteher Apotheker
Barber, Gremialvorſteher kaiſ. Rat Em. Roſenzweig,
Oberpoſtdirektor von Poſch, Inſpektor Dr. Wender,
Konſiſtorialrat Manaſtyrski, Direktor Kolbenheyer,
Oberſtadtarzt Dr. Flinker, Abordnungen ſämtl. akademiſcher
Vereine u. ſ. f. Am offenen Grabe hielt Grabe hielt Dekan Prof.
Dr. Smal-Stocki dem Verſtorbenen einen warmen
Nachruf.
Von der Univerſitätsbibliothek. Der Bibliothekar
der k. k. Univerſitätsbibliothek Herr Dr. Johann Polek hat
einen mehrwöchentlichen Urlaub angetreten. Die Leitung der
Univerſitätsbibliothek führt der Herr k. k. Kuſtos Dr. von
Griebenberger.
Der erſte weibliche Doktor der Czernowitzer
Univerſität. Die heutige amtliche „Cz. Ztg.“ meldet:
Geſtern fand hier die Promotion des Fräuleins Klementine
v. Hankiewicz zum Doktor der Philoſophie ſtatt.
Als Promotor fungierte Prof. Dr. Siegmund Herzberg-
Fränkel. Die erſte Doktorpromotion einer Dame an unſerer
Univerſität rief naturgemäß ein lebhaftes Intereſſe, insbeſondere
der Damenwelt, hervor, die auch beſonders zahlreich in der
Aula verſammelt war. Nach dem Promotionsakte, dem lebhafte
Proſitrufe folgten, hielt Se. Magnifizenz der Rektor eine
Das Geheimnis des Waldſees.
Von Palle Roſenkrantz.
Autoriſierte Ueberſetzung von Mathilde Mann.
(Nachdruck verboten.) 34
Venedig, Aug. 1900.
— — — Jetzt ſind wir wieder in Venedig. Weißt Du,
wen ich getroffen habe? Das heißt, mit ihr geſprochen habe
ich nicht, aber ſie wohnt hier dicht neben mir. Ihre
Schweſter! Und ſie ſieht ihr ſo ähnlich, wie ein Tropfen
Waſſer dem andern. Du mußt aber dem Schulzen nichts von
ihr oder von ihm erzählen, denn dann werde ich totun-
glücklich, aber ich will es Dir Alles einmal erzählen. Und
weißt Du, wen ich ſonſt noch getroffen habe? Seinen
Sohn! Es iſt ganz ſonderbar, denn ich habe wirklich ein
Gefühl, als wenn ich alt würde, und ich bin gar nicht alt,
aber er iſt mit einer ſehr häßlichen Frau verheiratet, und ſie
wohnen bei ſeiner Tante hier nebenan. Er war vor ein paar
Tagen hier bei uns, aber ſeine Frau war nicht mit hier. Sie
weiß gar nichts davon. Ich mag ihn nicht, er iſt nicht ſo, wie
er damals war. Aber er mochte mich gern, das konnte ich ihm
anmerken. Wir werden uns wohl noch öfter treffen. —
Ich habe ein junges Mädchen zu mir genommen, ſie
heißt Johanne Ljunggreen, und ihr Vater iſt Wachtmeiſter
bei ſeiner Schwadron geweſen. Es iſt angenehm, jemand
um ſich zu haben, und ſie hat viel durchgemacht, genau ſo
wie ich — — —
Paris, Mai 1901.
— — — Jetzt iſt Sjöſtröm wieder fort. Er wollte ſich
von mir ſcheiden laſſen, aber das wollte ich nicht, denn hier
in dieſen Ländern iſt es gut, einen Mann zu haben, denn
ſonſt wird man über die Achſel angeſehen, und es gibt ſo
viele Frauenzimmer von der Sorte. Aber er kommt ſicher
wieder, er iſt doch der beſte, wenn er auch oft heftig iſt, und
er hat mich geſchlagen, und in Monte Carlo hat er mir ge-
droht, er wollte mich erſchießen laſſen; da ſind ſo viele Spiel-
tiſche, und ich wollte ihm nicht mehr Geld geben, weil ich es
zu dumm fand, all das Geld zu verſpielen, ich möchte gern
ſo viel wie möglich zurücklegen, damit wir nach Schweden
kommen und da leben können, wenn wir älter ſind, und Dich
wiederſehen können, Mutter, denn ich ſehne mich nach Dir.
Ich habe etwas Geld und einige Papiere, denn jetzt bin ich
vernünftig und lege zurück und es iſt gar nicht ſo ganz wenig,
was ich habe, aber nun will ich viel Geld haben, denn es iſt
nicht gut, wenn man älter wird. Aber Sjöſtröm braucht ſo
viel, und manchmal iſt gar nicht mit ihm auszukommen. —
Nizza, Februar 1902.
Jetzt iſt es faſt ein ganzes Jahr her, als ich glaubte,
daß wir nach Hauſe kommen würden, aber wir ſind noch nicht
gekommen. Ich kann hier nicht wegkommen, und ich kann Dir
den Grund nicht ſagen, aber es iſt möglich, daß ich im Früh-
ling nach Schweden komme. Du weißt ja, daß ich von ſeinem
Sohn geſchrieben habe, der furchtbar reich iſt, und mir ſo viel
Geld gibt, wie ich haben will, und jetzt brauche ich viel Geld,
denn ich bin noch jung; ich habe hier vier Pferde und
Kutſcher und Diener, und Sjöſtröm fühlt ſich wohl dabei.
Ich kann ihn nicht mehr ausſtehen, eigentlich hab’ ich ihn ja
nie lieb gehabt, aber man muß ja einen Mann haben. Früher
mochte er mich, glaube ich, gern, dann kam ja eine Zeit, wo
er ſich nichts aus mir machte, aber jetzt glaube ich fängt es
wieder an. Und das iſt nicht gut, denn es iſt mir gräßlich,
wenn er mir ſo auf den Hacken ſitzt, und das Ganze gehört
ja doch mir, aber das kann ich nicht genauer erklären. Wenn
es ſich machen ließe, würde ich mich von ihm ſcheiden laſſen,
aber das iſt auch nicht gut, und das Ganze bleibt wohl beim
Alten. Der andere, der, von dem ich ſprach, liebt mich ſehr
und will alles für mich tun, aber ich kann ihn nicht leiden,
weil es ſein Sohn iſt. Aber dann denke ich daran, daß ich
von ihm erreichen kann, was ich nur will, und mich für all
das rächen kann, was er mir angetan hat, damals, vor
Jahren, und dann nehme ich mir vor, ſo recht ſchlecht zu ſein,
und das kann ich ſein, denn dazu haben die Menſchen mich
gemacht, und ich bin doch einmal gut geweſen, wie du ja
weißt, Mutter. Aber Gott trägt an allem Schuld, und ſo ſoll
es ja nun einmal ſein. Jetzt ſchicke ich Geld an die Bank nach
Chriſtiansſtad, und Madam Karlkviſts Sohn, der Advokat, ſoll
es verwalten, denn es iſt viel Geld, und ich hab’ noch mehr,
ſo daß Du in Deinen alten Tagen keine Not zu leiden
brauchſt, liebe Mutter. — — —
Die übrigen Briefe waren kürzer, enthielten aber alle
Mitteilungen über das viele Geld, das Annie habe und nach
Hauſe ſenden wolle. Die beiden letzten waren ganz kurz, aber
die inhaltreichſten von allen. Der vorletzte war Kopenhagen,
den 21. März 1902 datiert und lautete:
Liebe Mutter!
— Jetzt bin ich in Kopenhagen, und nun ſollſt Du mich
bald ſehen. Sjöſtröm kommt nicht mit, denn jetzt habe ich
Schluß mit ihm gemacht, und jetzt laſſen wir uns ſcheiden.
Er hat angefangen zu trinken und iſt jetzt Johannes Lieb-
haber, die ich auch nicht mehr leiden mag, und oft iſt er
ganz wild und will mir ein Leides antun, und dazu hab’ ich
keine Luſt. Ich brauche jetzt keine Männer mehr, denn ich bin
ſo weit, daß ich mich an ihm rächen kann, wie ich mir ge-
lobt habe, und jetzt weiß ich, wo ich ihn treffen kann; aber
das iſt mir einerlei. Ich kann es Dir nicht ſchreiben, aber
ich werde es Dir alles erzählen. In acht Tagen iſt die Sache
in Ordnung, und dann komme ich — — —
*) Wir bringen dieſen Artikel, indem wir uns eine Stellung-
nahme noch vorbehalten, zum Abdrucke, um die aktuelle Frage
einmal öffentlich zur Diskuſſion zu ſtellen. — D. Red.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).
(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |