Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 712, Czernowitz, 22.05.1906.22. Mai 1906. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. [Spaltenumbruch] öffnung des Reichstages selbst nach Budapest. Es versteht sich von selbst, daß dieses Vertrauen nicht nur gewürdigt, sondern auch honoriert werden muß, und da die Standarte mit dem Doppeladler auf der Königsburg nicht mehr wehen wird, so fällt für uns auch das letzte Hindernis weg, in der Hofburg zu erscheinen. Das ist meine Ueberzeugung und ich werde demgemäß handeln." Der Alterspräsident Josef Madaraß erklärte, daß er die Abgeordneten nicht in die Hofburg führen werde; infolgedessen werde er abdanken und an seiner Stelle der Kecskemeter Abg. Stephan Szappanos die Abgeordneten in die Hofburg geleiten. (Das Kabinett Wekerle wackelt?) Berlin, 20. Mai. Der Berliner Morgenpost wird aus Bunte Chronik. Czernowitz, 21. Mai. Der Papst. Rom, 21. Mai. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.") Der Einweihung. Montebello, 21. Mai. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.") In Anwesenheit des Herzogs von Genua, des österreichisch- Streik. Etienne, 21. Mai. (Tel. der "Cz Allg. Ztg.") Die Großer Waldbrand. Escanaba (Michigan), 20. Mai. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.") Durch einen Waldbrand sind sieben Dörfer Aussperrung. Berlin, 20. Mai. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.") Die Konferenz für Funkentelegraphie. Aus Berlin Ein falscher Herzog. Aus London wird eine Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 21. Mai. Die Stadtpflafterung. Hie Dobrudscha! -- hie Kissebesser! Wie in den Auszeichnung. Der König von Rumänien hat Personalnachricht. Betriebsleiter Regierungsrat Militärisches Der Reserve-Assistenzarztstellvertreter Ernennung. Der Landespräsident hat den Lehrer an Freiluftmuseum. Vor längerer Zeit hat der Landes- "Cz. Zg." Zur Drucksorten-Affäre. In der Samstag-Sitzung Sterbefall. Ein Veteran der Kaufmannschaft hat gestern Katholisch-akad. Verbindung "Unitas". In Czernowitzer Elektrizitätswerk und Straßen- bahngesellschaft. Der soeben zur Veröffentlichung gelangte 22. Mai 1906. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. [Spaltenumbruch] öffnung des Reichstages ſelbſt nach Budapeſt. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß dieſes Vertrauen nicht nur gewürdigt, ſondern auch honoriert werden muß, und da die Standarte mit dem Doppeladler auf der Königsburg nicht mehr wehen wird, ſo fällt für uns auch das letzte Hindernis weg, in der Hofburg zu erſcheinen. Das iſt meine Ueberzeugung und ich werde demgemäß handeln.“ Der Alterspräſident Joſef Madaraß erklärte, daß er die Abgeordneten nicht in die Hofburg führen werde; infolgedeſſen werde er abdanken und an ſeiner Stelle der Kecskemeter Abg. Stephan Szappanos die Abgeordneten in die Hofburg geleiten. (Das Kabinett Wekerle wackelt?) Berlin, 20. Mai. Der Berliner Morgenpoſt wird aus Bunte Chronik. Czernowitz, 21. Mai. Der Papſt. Rom, 21. Mai. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Der Einweihung. Montebello, 21. Mai. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) In Anweſenheit des Herzogs von Genua, des öſterreichiſch- Streik. Etienne, 21. Mai. (Tel. der „Cz Allg. Ztg.“) Die Großer Waldbrand. Escanaba (Michigan), 20. Mai. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Durch einen Waldbrand ſind ſieben Dörfer Ausſperrung. Berlin, 20. Mai. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Die Konferenz für Funkentelegraphie. Aus Berlin Ein falſcher Herzog. Aus London wird eine Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 21. Mai. Die Stadtpflafterung. Hie Dobrudſcha! — hie Kiſſebeſſer! Wie in den Auszeichnung. Der König von Rumänien hat Perſonalnachricht. Betriebsleiter Regierungsrat Militäriſches Der Reſerve-Aſſiſtenzarztſtellvertreter Ernennung. Der Landespräſident hat den Lehrer an Freiluftmuſeum. Vor längerer Zeit hat der Landes- „Cz. Zg.“ Zur Druckſorten-Affäre. In der Samstag-Sitzung Sterbefall. Ein Veteran der Kaufmannſchaft hat geſtern Katholiſch-akad. Verbindung „Unitas“. In Czernowitzer Elektrizitätswerk und Straßen- bahngeſellſchaft. Der ſoeben zur Veröffentlichung gelangte <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0003" n="3"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">22. Mai 1906. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.</hi></fw><lb/><cb/> öffnung des Reichstages ſelbſt nach Budapeſt. Es verſteht ſich<lb/> von ſelbſt, daß dieſes Vertrauen nicht nur gewürdigt, ſondern<lb/> auch honoriert werden muß, und da die Standarte mit dem<lb/> Doppeladler auf der Königsburg nicht mehr wehen wird, ſo<lb/> fällt für uns auch das letzte Hindernis weg, in der Hofburg<lb/> zu erſcheinen. Das iſt meine Ueberzeugung und ich werde<lb/> demgemäß handeln.“ Der Alterspräſident Joſef <hi rendition="#g">Madaraß</hi><lb/> erklärte, daß er die Abgeordneten nicht in die Hofburg<lb/> führen werde; infolgedeſſen werde er abdanken und an ſeiner<lb/> Stelle der Kecskemeter Abg. Stephan <hi rendition="#g">Szappanos</hi> die<lb/> Abgeordneten in die Hofburg geleiten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#g">(Das Kabinett Wekerle wackelt?)</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 20. Mai.</dateline> <p>Der Berliner Morgenpoſt wird aus<lb/> Wien gemeldet: Der ungariſche Miniſterpräſident <hi rendition="#g">Wekerle</hi><lb/> hat im heutigen Kronrat die Vollmacht <hi rendition="#g">nicht erhalten,</hi><lb/> den autonomen ungariſchen Zolltarif einzubringen. Falls das<lb/> ungariſche Kabinett dieſen Plan nicht aufgibt, ſteht eine neue<lb/> Miniſterkriſe bevor. Die Entſcheidung des Kaiſers bedeutet<lb/> den Sieg des öſterreichiſchen Kabinetts.</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Bunte Chronik.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Czernowitz,</hi> 21. 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Ztg.“)</bibl> <p>Durch einen Waldbrand ſind ſieben Dörfer<lb/> ganz zerſtört, andere teilweiſe eingeäſchert worden. Man be-<lb/> fürchtet, daß eine große Anzahl von Perſonen bei dem<lb/> Brande ums Leben gekommen ſei.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ausſperrung.</hi> </head> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 20. Mai.</dateline> <bibl>(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)</bibl> <p>Die<lb/> „Vereinigung der Berliner Metallwarenfabrikanten“ teilt mit,<lb/> daß ſie in der heutigen außerordentlichen Generalverſammlung<lb/> einſtimmig beſchloſſen habe, im Anſchluſſe an den Beſchluß<lb/> des Geſamtverbandes deutſcher Metallinduſtrieller am<lb/> 2. Juni d. J. 60 Prozent ihrer organiſierten Arbeiter<lb/> auszuſperren.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Konferenz für Funkentelegraphie.</hi> </head> <p>Aus Berlin<lb/> wird uns telegraphiert: Die „Norddeutſche Allgemeine<lb/> Zeitung“ meldet: Die engliſche Regierung regte bei der An-<lb/> nahme der Einladung zur Konferenz für Funkentelegraphie<lb/> deren Verſchiebung auf den kommenden Herbſt an und er-<lb/> klärte, außer Stande zu ſein, früher an der Konferenz teil-<lb/> zunehmen. Dieſem Wunſche iſt entſprochen worden. Der Zu-<lb/> ſammentritt der Konferenz wurde vom 28. Juni auf den<lb/> 3. Oktober verſchoben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ein falſcher Herzog.</hi> </head> <p>Aus London wird eine<lb/> Schwindlergeſchichte berichtet, die in der engliſchen Hauptſtadt<lb/> beträchtliches Aufſehen erregt. Es handelt ſich um die „unab-<lb/> hängige Republik Cunani“, von der freilich noch niemand<lb/> etwas gehört haben wird. Vor einigen Jahren entſtand in<lb/> Südamerika ein Grenzſtreit zwiſchen Frankreich und Braſilien,<lb/> der ſchließlich vor ein Schiedsgericht kam und im Jahre 1900<lb/> zugunſten von Braſilien entſchieden wurde. Das ſtritige<lb/> Gebiet war in der Gegend um ein elendes, kleines Dorf an<lb/> der Seeküſte, eben dieſes Cunani, deſſen ganze Einwohner-<lb/> ſchaft aus ein paar Dutzend friedlichen Braſilianern beſtand.<lb/> Nach der Schlichtung des Streites übernahm Braſilien dieſes<lb/> Gebiet, und die Geſchichte von Cunani ſchien zu Ende. Da<lb/> nahmen ſich ein paar Abenteuer der Sache an, die hier eine<lb/> günſtige Gelegenheit erkannten, auf die Dummheit des<lb/> europäiſchen Publikums zu ſpekulieren. Das Haupt der Ge-<lb/> ſellſchaft war ein gewiſſer Adolf Brezet, der ſich, um glaub-<lb/> würdiger zu erſcheinen und naive Gemüter zu blenden, hoch-<lb/> trabende Titel, darunter den eines Herzogs von Beaufort,<lb/> beilegte. Dieſer falſche Herzog gründete alſo mit ein paar<lb/> verwandten Seelen zuſammen den „Freiſtaat Cunani“. Ein<lb/> Blaubuch wurde ausgegeben, das die wunderbaren Reich-<lb/> tümer des Landes an Naturſchätzen in glühenden Farben<lb/> ſchilderte, das ergreifende Geſchichten von dem Verzweiflungs-<lb/> kampf der Einwohner für ihre Freiheit, für ihre Unab-<lb/> hängigkeit von Braſilien erzählte und in Europa für das<lb/> bedrängte Cunani Sympathie und Unterſtützung, vor allen<lb/> Dingen durch Kapital, zu erlangen ſuchte. In Paris wurde<lb/><cb/> der erſte Angriff auf das leichtgläubige Publikum verhindert.<lb/> Der Herzog verſuchte ein Syndikat mit einem nominellen<lb/> Kapitel von 2 Millionen Mark „zum Aufſchluß des Landes“<lb/> zu gründen; die Behörden wurden aber aufmerkſam, und der<lb/> unternehmende Mann verſchwand aus Paris, um in London<lb/> aufzutauchen und ſeinen Verſuch womöglich auf größerer<lb/> Baſis zu wiederholen. Auch nach Spanien wurden Emißäre<lb/> geſandt und ebenſo nach Berlin, wo ſie jedoch kein Glück<lb/> hatten. Brezet ſitzt inzwiſchen immer noch in London; er er-<lb/> nennt „Konſuln“ für den Staat, läßt ſich interviewen, ver-<lb/> handelt über Konzeſſionen und tritt mit Handelskammern in<lb/> Verbindung.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jLocal" n="1"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Czernowitzer Angelegenheiten.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Czernowitz,</hi> 21. Mai.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Die Stadtpflafterung.</hi> </hi> </head><lb/> <p>Hie <hi rendition="#g">Dobrudſcha!</hi> — hie <hi rendition="#g">Kiſſebeſſer!</hi> Wie in den<lb/> Vorjahren anläßlich der Vergebung der Arbeiten bei der<lb/> Pflaſterung des Ringplatzes und des Eliſabethplatzes ertönte<lb/> auch diesmal bei Vergebung der Straßenpflaſterungsarbeiten für<lb/> die ganze Stadt der eingangs erwähnte Schlachtruf, aber im<lb/> Verhältniſſe zu ſeiner jetzigen Bedeutung bei weitem ſtärker und<lb/> gewaltiger. Die Gegenſätze der Vertreter beider Richtungen,<lb/> des GR. v. <hi rendition="#g">Onciul</hi> für den Dobrudſchaer Stein und des<lb/> Stadtrats <hi rendition="#g">Heinrich</hi> für den Kiſſebeſſer Würfel, prallten<lb/> mit größter Vehemenz gegen einander und hätten ſich g<supplied>e</supplied>wiß<lb/> ſchließlich buchſtäblich in ein <hi rendition="#g">Handgemenge</hi> aufgelöſt,<lb/> wenn nicht Bürgermeiſter Dr. <hi rendition="#g">Reiß</hi> in Anſehung der überaus<lb/> kritiſchen Situation raſch durch Schließung der Sitzung der<lb/> peinlichen wilden Szene ein Ende bereitet hätte. Die fachlichen<lb/> Auseinanderſetzungen übergehen wir, da wir den Bericht des<lb/> Magiſtrates, der ſich für die Kiſſebeſſer Aktiengeſellſchaft aus-<lb/> ſpricht, bereits im Wortlaute vor einiger Zeit reproduziert<lb/> haben. Ueber den Verlauf dieſes Teils der Sitzung geben<lb/> wir folgenden Bericht wieder: Vizebürgermeiſter Baron<lb/><hi rendition="#g">Fürth</hi> referiert <hi rendition="#aq">ex praesidio</hi> über die Straßenpflaſterung.<lb/> Nach einer Beratung im Bauamte und Magiſtrate kam man<lb/> zum Reſultate, daß von allen Offerten nur zwei und zwar<lb/> die der Dobrudſchaer <hi rendition="#g">Firma Daniel</hi> und der Kiſſebeſſer<lb/><hi rendition="#g">Aktiengeſellſchaft</hi> in <hi rendition="#g">Betracht</hi> kämen. Der Referent<lb/> führt ſodann die Gründe an, die für eine engere Konkurrenz<lb/> dieſer beiden Firmen ſprechen, wobei er die von beiden Firmen<lb/> fixierten Preiſe per 1 Quadratmeter Pflaſter verſchiedener<lb/> Qualität verlieſt. GR. <hi rendition="#g">Wolf</hi> fragt, warum nicht die ruſſiſche<lb/> Gaſſe in den Plan d. J. eingereiht iſt, da doch dieſe Straße aus<lb/> ſanitären Gründen eher als alle anderen Straßen reguliert<lb/> werden müßte. GR. v. <hi rendition="#g">Onciul</hi> ergreift das Wort und ver-<lb/> lieſt ein Schreiben des Wiener Ingenieurs W. <hi rendition="#g">Laufer,</hi> der<lb/> die ganze Pflaſterungsangelegenheit ſcharf kritiſiert und ſich<lb/> gegen die Vergebung der Pflaſterung an die Kiſſebeſſer Firma<lb/> ausſpricht und in welchem Schreiben der Bericht des Bau-<lb/> amtes einer vernichtenden Kritik unterzogen wird. Redner wird<lb/> noch auf dieſe Frage zurückkommen und die ganze Angelegenheit<lb/> ehrlich behandeln. Stadtrat <hi rendition="#g">Heinrich</hi> reagiert hierauf auf<lb/> das Schreiben des Ingenieurs <hi rendition="#g">Laufer,</hi> den er nicht für<lb/> einen ſo berühmten Techniker hält, und verſucht an der<lb/> Hand der von beiden Firmen als Muſter eingeſandten<lb/> Steine die beſſere Qualität der Kiſſebeſſer Steine nachzuweiſen.<lb/> GR. Dr. <hi rendition="#g">Norſt</hi> tritt für den Antrag des Bauamtes ein, das man<lb/> nicht desavouiren dürfe. GR. Dr. <hi rendition="#g">Wender</hi> meint, man ſolle<lb/> weniger frequentierte Straßen mit weniger härterem Material<lb/> und in gleichmäßiger Schönheit pflaſtern. GR. Dr. v. <hi rendition="#g">Onciul</hi><lb/> erklärt den Würfel als die beſte Form des Pflaſterſteines<lb/> und meint, man ſolle den Teil von der Brauerei Ronchetti<lb/> bis zur Landesregierung zur Hälfte mit dem Dobrudſcha-Stein<lb/> und zur andern Hälfte mit Kiszebeſer Baſalt pflaſtern.<lb/> Redner weiſt die Härte und Güte des Dobrudſcher-Steines<lb/> nach und erklärt ſich bereit, bis zur nächſten Dienstagſitzung<lb/> einen neuen Koſtenvoranſchlag für die Straßenpflaſterung<lb/> vorzulegen. Redner erklärt, dies ſei im Intereſſe des Stadt-<lb/> rates Heinrich, ohne ihm jedoch nahe treten zu wollen.<lb/> Die beſagte Angelegenheit ſei eine odioſe. Stadtrat Heinrich<lb/> erklärt, daß GR. v. Onciul ins Bauamt gekommen ſei und<lb/> ihm dort geſagt habe: „Ich habe <hi rendition="#g">gewiſſe Verpflichtungen<lb/> gegenüber der rumäniſchen Regierung, ich<lb/> bitte mir keine Schwierigkeiten wegen des<lb/> Dobrudza-Steines zu machen, worauf Stadt-<lb/> rat Heinrich</hi> erklärt habe, er könne nicht für den,<lb/> Dobrudza-Stein, ſondern nur für den Kiszebeſer eintreten.<lb/> GR. v. Onciul (laut): Das iſt eine der niederträchtigſten<lb/> eine der gemeinſten Verleumdungen. Stadtrat <hi rendition="#g">Heinrich:</hi><lb/> Ich berufe mich auf den Oberbaurat <hi rendition="#g">Weſt</hi> als Zeugen, der<lb/> die Worte des GR. von <hi rendition="#g">Onciul</hi> mitangehört hat.<lb/> GR. v. Onciul: Der rumäniſche Konſul hat ſich an mich<lb/> gewendet mit der Bitte, daß auch der Dobrudſcha-Stein bei<lb/> der Straßenpflaſterung verwendet werde. Iſt das etwas Un-<lb/> anſtändiges, wenn mich der Konſul bittet, ich kann dieſelben<lb/> Vorwürfe dem Stadtrat Heinrich machen. Alles andere von<lb/> Stadtrat Heinrich Vorgebrachte iſt unwahr. Da ſich wegen<lb/><cb/> dieſer erregten Szene mehrere Gemeinderäte aus dem Saale<lb/> entfernt haben, erklärt der Vorſitzende die Sitzung wegen Be-<lb/> ſchlußunfähigkeit für geſchloſſen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Auszeichnung.</hi> </head> <p>Der <hi rendition="#g">König</hi> von <hi rendition="#g">Rumänien</hi> hat<lb/> dem Univerſitätsſekretär und Publiziſten Dr. Anton <hi rendition="#g">Norſt</hi><lb/> das <hi rendition="#g">Offizierskreuz</hi> des <hi rendition="#g">königlich rumäniſchen<lb/> Kronenordens</hi> verliehen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Perſonalnachricht.</hi> </head> <p>Betriebsleiter Regierungsrat<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Hnidey</hi> hat ſich für einige Tage nach Wien in dienſt-<lb/> lichen Angelegenheiten begeben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Militäriſches</hi> </head> <p>Der Reſerve-Aſſiſtenzarztſtellvertreter<lb/> Dr. Rudolf <hi rendition="#g">Stoßmann</hi> des Garniſonsſpitals Nr. 17 in<lb/> Budapeſt wurde zum 10. Huſaren-Reg. und der Oberleutnant<lb/> Joſef <hi rendition="#g">Eyweling</hi> des 41. Inf.-Reg. zum 9. Inf.-Reg.<lb/> transferiert.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ernennung.</hi> </head> <p>Der Landespräſident hat den Lehrer an<lb/> der hierortigen gr.-or. Knabenſchule Diomedes <hi rendition="#g">Noſiewicz</hi><lb/> zum definitiven Oberlehrer an dieſer Anſtalt ernannt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Freiluftmuſeum.</hi> </head> <p>Vor längerer Zeit hat der Landes-<lb/> ausſchuß an den Stadtmagiſtrat die Frage gerichtet, ob die<lb/> Gemeinde gewillt ſei, bei der Errichtung des geplanten Frei-<lb/> luftmuſeums mitzuwirken. Die Antwort wird gewiß nicht<lb/> lange mehr auf ſich warten laſſen. Daß ſie nur bejahend<lb/> ausfallen kann, halten wir für ſelbſtverſtändlich, denn das<lb/> Zuſtandekommen des Muſeums liegt vielleicht noch mehr im<lb/> Intereſſe der Stadt als des Landes. Der Stadt werden aus<lb/> dem Muſeum ſo gut wie keine Koſten erwachſen, da die<lb/> typiſchen Bauernhäuſer und die übrigen Gegenſtände der auf<lb/> Landeskoſten anzulegenden Sammlung, die im Freien unter-<lb/> gebracht werden können, einfach in Parkanlagen hineingeſtellt<lb/> werden. Nun beſteht ja ſchon ſeit längerer Zeit der Plan,<lb/> den alten katholiſchen Friedhof und einige angrenzende<lb/> Parzellen des Abhanges, die als Baugründe unbrauchbar<lb/> ſind, mit dem Schillerpark zu einer größeren Anlage zu<lb/> vereinigen, die wegen der Mannigfaltigkeit des Gebäudes<lb/> und der ſchönen Ausblicke nicht weniger als die Habsburgs-<lb/> höhe der Stadt zur Zierde gereichen wird und ſie ſchon<lb/> deshalb durchgeführt werden muß, weil ſonſt der Stadtteil<lb/> der ſich in den nächſten Jahren zum ſchönſten und eleganteſten<lb/> entwickeln muß, unmittelbar an eine mit allerlei Abfällen<lb/> bedeckte Wüſtenei grenzen würde. Von der Gemeinde wird<lb/> nun nichts weiter verlangt, als daß ſie dieſem Park den<lb/> Bedürfniſſen des Freiluftmuſeums anpaſſe, was keineswegs<lb/> mit größeren Auslagen verbunden iſt. Sie wird viel mehr<lb/> empfangen als geben, denn ſie wird ſich dann nicht nur<lb/> eines wertvollen und ſeltenen wiſſenſchaftlichen Inſtitutes<lb/> rühmen dürfen, ſondern einen wirkſamen Anziehungspunkt<lb/> für Einheimiſche und Fremde beſitzen. Man ſtelle ſich die<lb/> Anlage vor, wie ſie in einigen Jahren nach ihrer Ausge-<lb/> ſtaltung ausſehen wird — denn die Anfänge müſſen natürlich<lb/> dürftig ſein — Raſenplätze, Bäume und Buſchwerk, da-<lb/> zwiſchen, halb im Grün verſteckt, ſchmucke Bauernhäuſer der<lb/> verſchiedenen, in der Bukowina üblichen Formen, die in<lb/> ihren Stuben und Höfen alles bergen, was die Lebensweiſe<lb/> und die eigenartigen Lebensformen unſerer Landbevölkerung<lb/> charakteriſiert; etwa auf einer Anhöhe eine altersgraue Holz-<lb/> kirche, die nicht mehr im gottesdienſtlichen Gebrauch ſteht,<lb/> auf den Wegen überall Ausſtellungsgegenſtände, die die<lb/> Aufmerkſamkeit des Spaziergängers feſſeln. Ein Reſtaurant-<lb/> pavillon könnte den Sammelpunkt der Geſellſchaft bilden.<lb/> Dann hätte Czernowitz noch etwas neben der erzbiſchöflichen<lb/> Reſidenz, was den Fremden als Sehenswürdigkeit gezeigt<lb/> werden könnte; man bleibt gern einen Tag länger, wenn<lb/> man hört, daß man im Freiluftmuſeum die Eigenart des<lb/> Landes und ſeiner Bewohner mit ſchnellem Ueberblick kennen<lb/> lernen kann. Zweifellos würde es auch für den Unterricht in<lb/> der Heimatkunde der wertvollſte Behelf werden, ein beliebter<lb/> Zielpunkt für Lehrer- und Schülerausflüge nicht nur aus<lb/> der nächſten Umgebung der Stadt. Selten wird einer Stadt<lb/> die Möglichkeit geboten, mit wenig Mitteln ſo viel zuerreichen.</p><lb/> <bibl>„Cz. Zg.“</bibl> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Zur Druckſorten-Affäre.</hi> </head> <p>In der Samstag-Sitzung<lb/> des Gemeinderates nahm GR. <hi rendition="#g">Wegner</hi> zur Druckſorten-<lb/> Affäre nochmals das Wort, um, vom GR. <hi rendition="#g">Jaſienicki</hi><lb/> wiederholt unterbrochen, auf den Bericht der Sitzung vom<lb/> vorigen Dienstag im „Cz. Tagblatt“, der nach ſeiner Anſicht<lb/> in allen ſeinen Teilen <hi rendition="#g">tendenziös</hi> gehalten war, zu<lb/> reagieren. Er bittet den Vorſitzenden Bürgermeiſter Dr. <hi rendition="#g">Reiß</hi><lb/> zu konſtatieren, daß er über den Spruch des Kaſſationshofes<lb/> nicht mit einem Worte Kritik geübt habe, daß die Angriffe<lb/> auf die „Auſtria“ nur vom ſachlichen Standpunkte erfolgt<lb/> ſeien und er perſönlich niemand angegriffen habe. Der Vor-<lb/> ſitzende beſtätigt dies, worauf GR. <hi rendition="#g">Wegner</hi> bemerkt: „Ich<lb/> danke, Herr Bürgermeiſter, dieſe Beſtätigung richtet das<lb/> „Tbtt.“ zur Genüge.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Sterbefall.</hi> </head> <p>Ein Veteran der Kaufmannſchaft hat geſtern<lb/> für immer die Augen geſchloſſen. Im Alter von 86 Jahren<lb/> iſt nach langem Leiden der Seniorchef der Firma Peritz Nadler’s<lb/> Sohn, Leon <hi rendition="#g">Nadler,</hi> geſtorben. In ihm verliert die hieſige<lb/> Kaufmannswelt eines ihrer geſchätzteſten Mitglieder, der einer<lb/> der älteſten Handelsgeſchäfte von Czernowitz eine Reihe von<lb/> Jahren hindurch vorſtand. Das Leichenbegängnis findet morgen<lb/> Dienstag 11 Uhr vormittags vom Trauerhauſe, Stefaniegaſſe<lb/> Nr. 12, aus ſtatt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Katholiſch-akad. Verbindung „Unitas“.</hi> </head> <p>In<lb/> den Tagen vom 2. bis 4. Juni d. J. feiert die katholiſch-<lb/> akademiſche Studentenverbindung „Unitas“ unter dem<lb/> Ehrenpräſidium ihres E. M. Sr. Exzellenz des hochwohl-<lb/> geborenen Herrn Dr. Friedrich Grafen <hi rendition="#g">Schönborn,</hi><lb/><hi rendition="#aq">I.</hi> Präſident des Verwaltungsgerichtshofes, Juſtizminiſter<lb/> a. D. ꝛc., ihr <hi rendition="#aq">XV.</hi> Stiftungsfeſt. Die Einladungen zu dieſem<lb/> Feſte werden in dieſen Tagen verſendet werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Czernowitzer Elektrizitätswerk und Straßen-<lb/> bahngeſellſchaft.</hi> </head> <p>Der ſoeben zur Veröffentlichung gelangte<lb/> Jahresbericht konſtatiert, daß das Ergebnis des abgelaufenen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [3/0003]
22. Mai 1906. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.
öffnung des Reichstages ſelbſt nach Budapeſt. Es verſteht ſich
von ſelbſt, daß dieſes Vertrauen nicht nur gewürdigt, ſondern
auch honoriert werden muß, und da die Standarte mit dem
Doppeladler auf der Königsburg nicht mehr wehen wird, ſo
fällt für uns auch das letzte Hindernis weg, in der Hofburg
zu erſcheinen. Das iſt meine Ueberzeugung und ich werde
demgemäß handeln.“ Der Alterspräſident Joſef Madaraß
erklärte, daß er die Abgeordneten nicht in die Hofburg
führen werde; infolgedeſſen werde er abdanken und an ſeiner
Stelle der Kecskemeter Abg. Stephan Szappanos die
Abgeordneten in die Hofburg geleiten.
(Das Kabinett Wekerle wackelt?)
Berlin, 20. Mai. Der Berliner Morgenpoſt wird aus
Wien gemeldet: Der ungariſche Miniſterpräſident Wekerle
hat im heutigen Kronrat die Vollmacht nicht erhalten,
den autonomen ungariſchen Zolltarif einzubringen. Falls das
ungariſche Kabinett dieſen Plan nicht aufgibt, ſteht eine neue
Miniſterkriſe bevor. Die Entſcheidung des Kaiſers bedeutet
den Sieg des öſterreichiſchen Kabinetts.
Bunte Chronik.
Czernowitz, 21. Mai.
Der Papſt. Rom, 21. Mai. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Der
Papſt verbrachte die Nacht ruhig. Die Knieſchmerzen
ſind geringer.
Einweihung. Montebello, 21. Mai. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)
In Anweſenheit des Herzogs von Genua, des öſterreichiſch-
ungariſchen Konſuls, einer franzöſiſchen Militärdeputation,
der Spitzen der Behörden und von Vertretern der Armee
fand die Einweihung des Beinhauſes für die in der Schlacht
von 1859 Gefallenen ſtatt.
Streik. Etienne, 21. Mai. (Tel. der „Cz Allg. Ztg.“) Die
Metallarbeiter beſchloßen, den Neunſtundentag zu verlangen.
Die Arbeit wird morgen eingeſtellt.
Großer Waldbrand. Escanaba (Michigan), 20. Mai. (Tel. der „Cz.
Allg. Ztg.“) Durch einen Waldbrand ſind ſieben Dörfer
ganz zerſtört, andere teilweiſe eingeäſchert worden. Man be-
fürchtet, daß eine große Anzahl von Perſonen bei dem
Brande ums Leben gekommen ſei.
Ausſperrung. Berlin, 20. Mai. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Die
„Vereinigung der Berliner Metallwarenfabrikanten“ teilt mit,
daß ſie in der heutigen außerordentlichen Generalverſammlung
einſtimmig beſchloſſen habe, im Anſchluſſe an den Beſchluß
des Geſamtverbandes deutſcher Metallinduſtrieller am
2. Juni d. J. 60 Prozent ihrer organiſierten Arbeiter
auszuſperren.
Konferenz für Funkentelegraphie. Aus Berlin
wird uns telegraphiert: Die „Norddeutſche Allgemeine
Zeitung“ meldet: Die engliſche Regierung regte bei der An-
nahme der Einladung zur Konferenz für Funkentelegraphie
deren Verſchiebung auf den kommenden Herbſt an und er-
klärte, außer Stande zu ſein, früher an der Konferenz teil-
zunehmen. Dieſem Wunſche iſt entſprochen worden. Der Zu-
ſammentritt der Konferenz wurde vom 28. Juni auf den
3. Oktober verſchoben.
Ein falſcher Herzog. Aus London wird eine
Schwindlergeſchichte berichtet, die in der engliſchen Hauptſtadt
beträchtliches Aufſehen erregt. Es handelt ſich um die „unab-
hängige Republik Cunani“, von der freilich noch niemand
etwas gehört haben wird. Vor einigen Jahren entſtand in
Südamerika ein Grenzſtreit zwiſchen Frankreich und Braſilien,
der ſchließlich vor ein Schiedsgericht kam und im Jahre 1900
zugunſten von Braſilien entſchieden wurde. Das ſtritige
Gebiet war in der Gegend um ein elendes, kleines Dorf an
der Seeküſte, eben dieſes Cunani, deſſen ganze Einwohner-
ſchaft aus ein paar Dutzend friedlichen Braſilianern beſtand.
Nach der Schlichtung des Streites übernahm Braſilien dieſes
Gebiet, und die Geſchichte von Cunani ſchien zu Ende. Da
nahmen ſich ein paar Abenteuer der Sache an, die hier eine
günſtige Gelegenheit erkannten, auf die Dummheit des
europäiſchen Publikums zu ſpekulieren. Das Haupt der Ge-
ſellſchaft war ein gewiſſer Adolf Brezet, der ſich, um glaub-
würdiger zu erſcheinen und naive Gemüter zu blenden, hoch-
trabende Titel, darunter den eines Herzogs von Beaufort,
beilegte. Dieſer falſche Herzog gründete alſo mit ein paar
verwandten Seelen zuſammen den „Freiſtaat Cunani“. Ein
Blaubuch wurde ausgegeben, das die wunderbaren Reich-
tümer des Landes an Naturſchätzen in glühenden Farben
ſchilderte, das ergreifende Geſchichten von dem Verzweiflungs-
kampf der Einwohner für ihre Freiheit, für ihre Unab-
hängigkeit von Braſilien erzählte und in Europa für das
bedrängte Cunani Sympathie und Unterſtützung, vor allen
Dingen durch Kapital, zu erlangen ſuchte. In Paris wurde
der erſte Angriff auf das leichtgläubige Publikum verhindert.
Der Herzog verſuchte ein Syndikat mit einem nominellen
Kapitel von 2 Millionen Mark „zum Aufſchluß des Landes“
zu gründen; die Behörden wurden aber aufmerkſam, und der
unternehmende Mann verſchwand aus Paris, um in London
aufzutauchen und ſeinen Verſuch womöglich auf größerer
Baſis zu wiederholen. Auch nach Spanien wurden Emißäre
geſandt und ebenſo nach Berlin, wo ſie jedoch kein Glück
hatten. Brezet ſitzt inzwiſchen immer noch in London; er er-
nennt „Konſuln“ für den Staat, läßt ſich interviewen, ver-
handelt über Konzeſſionen und tritt mit Handelskammern in
Verbindung.
Czernowitzer Angelegenheiten.
Czernowitz, 21. Mai.
Die Stadtpflafterung.
Hie Dobrudſcha! — hie Kiſſebeſſer! Wie in den
Vorjahren anläßlich der Vergebung der Arbeiten bei der
Pflaſterung des Ringplatzes und des Eliſabethplatzes ertönte
auch diesmal bei Vergebung der Straßenpflaſterungsarbeiten für
die ganze Stadt der eingangs erwähnte Schlachtruf, aber im
Verhältniſſe zu ſeiner jetzigen Bedeutung bei weitem ſtärker und
gewaltiger. Die Gegenſätze der Vertreter beider Richtungen,
des GR. v. Onciul für den Dobrudſchaer Stein und des
Stadtrats Heinrich für den Kiſſebeſſer Würfel, prallten
mit größter Vehemenz gegen einander und hätten ſich gewiß
ſchließlich buchſtäblich in ein Handgemenge aufgelöſt,
wenn nicht Bürgermeiſter Dr. Reiß in Anſehung der überaus
kritiſchen Situation raſch durch Schließung der Sitzung der
peinlichen wilden Szene ein Ende bereitet hätte. Die fachlichen
Auseinanderſetzungen übergehen wir, da wir den Bericht des
Magiſtrates, der ſich für die Kiſſebeſſer Aktiengeſellſchaft aus-
ſpricht, bereits im Wortlaute vor einiger Zeit reproduziert
haben. Ueber den Verlauf dieſes Teils der Sitzung geben
wir folgenden Bericht wieder: Vizebürgermeiſter Baron
Fürth referiert ex praesidio über die Straßenpflaſterung.
Nach einer Beratung im Bauamte und Magiſtrate kam man
zum Reſultate, daß von allen Offerten nur zwei und zwar
die der Dobrudſchaer Firma Daniel und der Kiſſebeſſer
Aktiengeſellſchaft in Betracht kämen. Der Referent
führt ſodann die Gründe an, die für eine engere Konkurrenz
dieſer beiden Firmen ſprechen, wobei er die von beiden Firmen
fixierten Preiſe per 1 Quadratmeter Pflaſter verſchiedener
Qualität verlieſt. GR. Wolf fragt, warum nicht die ruſſiſche
Gaſſe in den Plan d. J. eingereiht iſt, da doch dieſe Straße aus
ſanitären Gründen eher als alle anderen Straßen reguliert
werden müßte. GR. v. Onciul ergreift das Wort und ver-
lieſt ein Schreiben des Wiener Ingenieurs W. Laufer, der
die ganze Pflaſterungsangelegenheit ſcharf kritiſiert und ſich
gegen die Vergebung der Pflaſterung an die Kiſſebeſſer Firma
ausſpricht und in welchem Schreiben der Bericht des Bau-
amtes einer vernichtenden Kritik unterzogen wird. Redner wird
noch auf dieſe Frage zurückkommen und die ganze Angelegenheit
ehrlich behandeln. Stadtrat Heinrich reagiert hierauf auf
das Schreiben des Ingenieurs Laufer, den er nicht für
einen ſo berühmten Techniker hält, und verſucht an der
Hand der von beiden Firmen als Muſter eingeſandten
Steine die beſſere Qualität der Kiſſebeſſer Steine nachzuweiſen.
GR. Dr. Norſt tritt für den Antrag des Bauamtes ein, das man
nicht desavouiren dürfe. GR. Dr. Wender meint, man ſolle
weniger frequentierte Straßen mit weniger härterem Material
und in gleichmäßiger Schönheit pflaſtern. GR. Dr. v. Onciul
erklärt den Würfel als die beſte Form des Pflaſterſteines
und meint, man ſolle den Teil von der Brauerei Ronchetti
bis zur Landesregierung zur Hälfte mit dem Dobrudſcha-Stein
und zur andern Hälfte mit Kiszebeſer Baſalt pflaſtern.
Redner weiſt die Härte und Güte des Dobrudſcher-Steines
nach und erklärt ſich bereit, bis zur nächſten Dienstagſitzung
einen neuen Koſtenvoranſchlag für die Straßenpflaſterung
vorzulegen. Redner erklärt, dies ſei im Intereſſe des Stadt-
rates Heinrich, ohne ihm jedoch nahe treten zu wollen.
Die beſagte Angelegenheit ſei eine odioſe. Stadtrat Heinrich
erklärt, daß GR. v. Onciul ins Bauamt gekommen ſei und
ihm dort geſagt habe: „Ich habe gewiſſe Verpflichtungen
gegenüber der rumäniſchen Regierung, ich
bitte mir keine Schwierigkeiten wegen des
Dobrudza-Steines zu machen, worauf Stadt-
rat Heinrich erklärt habe, er könne nicht für den,
Dobrudza-Stein, ſondern nur für den Kiszebeſer eintreten.
GR. v. Onciul (laut): Das iſt eine der niederträchtigſten
eine der gemeinſten Verleumdungen. Stadtrat Heinrich:
Ich berufe mich auf den Oberbaurat Weſt als Zeugen, der
die Worte des GR. von Onciul mitangehört hat.
GR. v. Onciul: Der rumäniſche Konſul hat ſich an mich
gewendet mit der Bitte, daß auch der Dobrudſcha-Stein bei
der Straßenpflaſterung verwendet werde. Iſt das etwas Un-
anſtändiges, wenn mich der Konſul bittet, ich kann dieſelben
Vorwürfe dem Stadtrat Heinrich machen. Alles andere von
Stadtrat Heinrich Vorgebrachte iſt unwahr. Da ſich wegen
dieſer erregten Szene mehrere Gemeinderäte aus dem Saale
entfernt haben, erklärt der Vorſitzende die Sitzung wegen Be-
ſchlußunfähigkeit für geſchloſſen.
Auszeichnung. Der König von Rumänien hat
dem Univerſitätsſekretär und Publiziſten Dr. Anton Norſt
das Offizierskreuz des königlich rumäniſchen
Kronenordens verliehen.
Perſonalnachricht. Betriebsleiter Regierungsrat
Dr. Hnidey hat ſich für einige Tage nach Wien in dienſt-
lichen Angelegenheiten begeben.
Militäriſches Der Reſerve-Aſſiſtenzarztſtellvertreter
Dr. Rudolf Stoßmann des Garniſonsſpitals Nr. 17 in
Budapeſt wurde zum 10. Huſaren-Reg. und der Oberleutnant
Joſef Eyweling des 41. Inf.-Reg. zum 9. Inf.-Reg.
transferiert.
Ernennung. Der Landespräſident hat den Lehrer an
der hierortigen gr.-or. Knabenſchule Diomedes Noſiewicz
zum definitiven Oberlehrer an dieſer Anſtalt ernannt.
Freiluftmuſeum. Vor längerer Zeit hat der Landes-
ausſchuß an den Stadtmagiſtrat die Frage gerichtet, ob die
Gemeinde gewillt ſei, bei der Errichtung des geplanten Frei-
luftmuſeums mitzuwirken. Die Antwort wird gewiß nicht
lange mehr auf ſich warten laſſen. Daß ſie nur bejahend
ausfallen kann, halten wir für ſelbſtverſtändlich, denn das
Zuſtandekommen des Muſeums liegt vielleicht noch mehr im
Intereſſe der Stadt als des Landes. Der Stadt werden aus
dem Muſeum ſo gut wie keine Koſten erwachſen, da die
typiſchen Bauernhäuſer und die übrigen Gegenſtände der auf
Landeskoſten anzulegenden Sammlung, die im Freien unter-
gebracht werden können, einfach in Parkanlagen hineingeſtellt
werden. Nun beſteht ja ſchon ſeit längerer Zeit der Plan,
den alten katholiſchen Friedhof und einige angrenzende
Parzellen des Abhanges, die als Baugründe unbrauchbar
ſind, mit dem Schillerpark zu einer größeren Anlage zu
vereinigen, die wegen der Mannigfaltigkeit des Gebäudes
und der ſchönen Ausblicke nicht weniger als die Habsburgs-
höhe der Stadt zur Zierde gereichen wird und ſie ſchon
deshalb durchgeführt werden muß, weil ſonſt der Stadtteil
der ſich in den nächſten Jahren zum ſchönſten und eleganteſten
entwickeln muß, unmittelbar an eine mit allerlei Abfällen
bedeckte Wüſtenei grenzen würde. Von der Gemeinde wird
nun nichts weiter verlangt, als daß ſie dieſem Park den
Bedürfniſſen des Freiluftmuſeums anpaſſe, was keineswegs
mit größeren Auslagen verbunden iſt. Sie wird viel mehr
empfangen als geben, denn ſie wird ſich dann nicht nur
eines wertvollen und ſeltenen wiſſenſchaftlichen Inſtitutes
rühmen dürfen, ſondern einen wirkſamen Anziehungspunkt
für Einheimiſche und Fremde beſitzen. Man ſtelle ſich die
Anlage vor, wie ſie in einigen Jahren nach ihrer Ausge-
ſtaltung ausſehen wird — denn die Anfänge müſſen natürlich
dürftig ſein — Raſenplätze, Bäume und Buſchwerk, da-
zwiſchen, halb im Grün verſteckt, ſchmucke Bauernhäuſer der
verſchiedenen, in der Bukowina üblichen Formen, die in
ihren Stuben und Höfen alles bergen, was die Lebensweiſe
und die eigenartigen Lebensformen unſerer Landbevölkerung
charakteriſiert; etwa auf einer Anhöhe eine altersgraue Holz-
kirche, die nicht mehr im gottesdienſtlichen Gebrauch ſteht,
auf den Wegen überall Ausſtellungsgegenſtände, die die
Aufmerkſamkeit des Spaziergängers feſſeln. Ein Reſtaurant-
pavillon könnte den Sammelpunkt der Geſellſchaft bilden.
Dann hätte Czernowitz noch etwas neben der erzbiſchöflichen
Reſidenz, was den Fremden als Sehenswürdigkeit gezeigt
werden könnte; man bleibt gern einen Tag länger, wenn
man hört, daß man im Freiluftmuſeum die Eigenart des
Landes und ſeiner Bewohner mit ſchnellem Ueberblick kennen
lernen kann. Zweifellos würde es auch für den Unterricht in
der Heimatkunde der wertvollſte Behelf werden, ein beliebter
Zielpunkt für Lehrer- und Schülerausflüge nicht nur aus
der nächſten Umgebung der Stadt. Selten wird einer Stadt
die Möglichkeit geboten, mit wenig Mitteln ſo viel zuerreichen.
„Cz. Zg.“
Zur Druckſorten-Affäre. In der Samstag-Sitzung
des Gemeinderates nahm GR. Wegner zur Druckſorten-
Affäre nochmals das Wort, um, vom GR. Jaſienicki
wiederholt unterbrochen, auf den Bericht der Sitzung vom
vorigen Dienstag im „Cz. Tagblatt“, der nach ſeiner Anſicht
in allen ſeinen Teilen tendenziös gehalten war, zu
reagieren. Er bittet den Vorſitzenden Bürgermeiſter Dr. Reiß
zu konſtatieren, daß er über den Spruch des Kaſſationshofes
nicht mit einem Worte Kritik geübt habe, daß die Angriffe
auf die „Auſtria“ nur vom ſachlichen Standpunkte erfolgt
ſeien und er perſönlich niemand angegriffen habe. Der Vor-
ſitzende beſtätigt dies, worauf GR. Wegner bemerkt: „Ich
danke, Herr Bürgermeiſter, dieſe Beſtätigung richtet das
„Tbtt.“ zur Genüge.“
Sterbefall. Ein Veteran der Kaufmannſchaft hat geſtern
für immer die Augen geſchloſſen. Im Alter von 86 Jahren
iſt nach langem Leiden der Seniorchef der Firma Peritz Nadler’s
Sohn, Leon Nadler, geſtorben. In ihm verliert die hieſige
Kaufmannswelt eines ihrer geſchätzteſten Mitglieder, der einer
der älteſten Handelsgeſchäfte von Czernowitz eine Reihe von
Jahren hindurch vorſtand. Das Leichenbegängnis findet morgen
Dienstag 11 Uhr vormittags vom Trauerhauſe, Stefaniegaſſe
Nr. 12, aus ſtatt.
Katholiſch-akad. Verbindung „Unitas“. In
den Tagen vom 2. bis 4. Juni d. J. feiert die katholiſch-
akademiſche Studentenverbindung „Unitas“ unter dem
Ehrenpräſidium ihres E. M. Sr. Exzellenz des hochwohl-
geborenen Herrn Dr. Friedrich Grafen Schönborn,
I. Präſident des Verwaltungsgerichtshofes, Juſtizminiſter
a. D. ꝛc., ihr XV. Stiftungsfeſt. Die Einladungen zu dieſem
Feſte werden in dieſen Tagen verſendet werden.
Czernowitzer Elektrizitätswerk und Straßen-
bahngeſellſchaft. Der ſoeben zur Veröffentlichung gelangte
Jahresbericht konſtatiert, daß das Ergebnis des abgelaufenen
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