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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 712, Czernowitz, 22.05.1906.

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22. Mai 1906. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.

[Spaltenumbruch] öffnung des Reichstages selbst nach Budapest. Es versteht sich
von selbst, daß dieses Vertrauen nicht nur gewürdigt, sondern
auch honoriert werden muß, und da die Standarte mit dem
Doppeladler auf der Königsburg nicht mehr wehen wird, so
fällt für uns auch das letzte Hindernis weg, in der Hofburg
zu erscheinen. Das ist meine Ueberzeugung und ich werde
demgemäß handeln." Der Alterspräsident Josef Madaraß
erklärte, daß er die Abgeordneten nicht in die Hofburg
führen werde; infolgedessen werde er abdanken und an seiner
Stelle der Kecskemeter Abg. Stephan Szappanos die
Abgeordneten in die Hofburg geleiten.

(Das Kabinett Wekerle wackelt?)

Der Berliner Morgenpost wird aus
Wien gemeldet: Der ungarische Ministerpräsident Wekerle
hat im heutigen Kronrat die Vollmacht nicht erhalten,
den autonomen ungarischen Zolltarif einzubringen. Falls das
ungarische Kabinett diesen Plan nicht aufgibt, steht eine neue
Ministerkrise bevor. Die Entscheidung des Kaisers bedeutet
den Sieg des österreichischen Kabinetts.




Bunte Chronik.


Der Papst. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Der
Papst verbrachte die Nacht ruhig. Die Knieschmerzen
sind geringer.




Einweihung. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

In Anwesenheit des Herzogs von Genua, des österreichisch-
ungarischen Konsuls, einer französischen Militärdeputation,
der Spitzen der Behörden und von Vertretern der Armee
fand die Einweihung des Beinhauses für die in der Schlacht
von 1859 Gefallenen statt.




Streik. (Tel. der "Cz Allg. Ztg.")

Die
Metallarbeiter beschloßen, den Neunstundentag zu verlangen.
Die Arbeit wird morgen eingestellt.




Großer Waldbrand. (Tel. der "Cz.
Allg. Ztg.")

Durch einen Waldbrand sind sieben Dörfer
ganz zerstört, andere teilweise eingeäschert worden. Man be-
fürchtet, daß eine große Anzahl von Personen bei dem
Brande ums Leben gekommen sei.




Aussperrung. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Die
"Vereinigung der Berliner Metallwarenfabrikanten" teilt mit,
daß sie in der heutigen außerordentlichen Generalversammlung
einstimmig beschlossen habe, im Anschlusse an den Beschluß
des Gesamtverbandes deutscher Metallindustrieller am
2. Juni d. J. 60 Prozent ihrer organisierten Arbeiter
auszusperren.




Konferenz für Funkentelegraphie.

Aus Berlin
wird uns telegraphiert: Die "Norddeutsche Allgemeine
Zeitung" meldet: Die englische Regierung regte bei der An-
nahme der Einladung zur Konferenz für Funkentelegraphie
deren Verschiebung auf den kommenden Herbst an und er-
klärte, außer Stande zu sein, früher an der Konferenz teil-
zunehmen. Diesem Wunsche ist entsprochen worden. Der Zu-
sammentritt der Konferenz wurde vom 28. Juni auf den
3. Oktober verschoben.

Ein falscher Herzog.

Aus London wird eine
Schwindlergeschichte berichtet, die in der englischen Hauptstadt
beträchtliches Aufsehen erregt. Es handelt sich um die "unab-
hängige Republik Cunani", von der freilich noch niemand
etwas gehört haben wird. Vor einigen Jahren entstand in
Südamerika ein Grenzstreit zwischen Frankreich und Brasilien,
der schließlich vor ein Schiedsgericht kam und im Jahre 1900
zugunsten von Brasilien entschieden wurde. Das stritige
Gebiet war in der Gegend um ein elendes, kleines Dorf an
der Seeküste, eben dieses Cunani, dessen ganze Einwohner-
schaft aus ein paar Dutzend friedlichen Brasilianern bestand.
Nach der Schlichtung des Streites übernahm Brasilien dieses
Gebiet, und die Geschichte von Cunani schien zu Ende. Da
nahmen sich ein paar Abenteuer der Sache an, die hier eine
günstige Gelegenheit erkannten, auf die Dummheit des
europäischen Publikums zu spekulieren. Das Haupt der Ge-
sellschaft war ein gewisser Adolf Brezet, der sich, um glaub-
würdiger zu erscheinen und naive Gemüter zu blenden, hoch-
trabende Titel, darunter den eines Herzogs von Beaufort,
beilegte. Dieser falsche Herzog gründete also mit ein paar
verwandten Seelen zusammen den "Freistaat Cunani". Ein
Blaubuch wurde ausgegeben, das die wunderbaren Reich-
tümer des Landes an Naturschätzen in glühenden Farben
schilderte, das ergreifende Geschichten von dem Verzweiflungs-
kampf der Einwohner für ihre Freiheit, für ihre Unab-
hängigkeit von Brasilien erzählte und in Europa für das
bedrängte Cunani Sympathie und Unterstützung, vor allen
Dingen durch Kapital, zu erlangen suchte. In Paris wurde
[Spaltenumbruch] der erste Angriff auf das leichtgläubige Publikum verhindert.
Der Herzog versuchte ein Syndikat mit einem nominellen
Kapitel von 2 Millionen Mark "zum Aufschluß des Landes"
zu gründen; die Behörden wurden aber aufmerksam, und der
unternehmende Mann verschwand aus Paris, um in London
aufzutauchen und seinen Versuch womöglich auf größerer
Basis zu wiederholen. Auch nach Spanien wurden Emißäre
gesandt und ebenso nach Berlin, wo sie jedoch kein Glück
hatten. Brezet sitzt inzwischen immer noch in London; er er-
nennt "Konsuln" für den Staat, läßt sich interviewen, ver-
handelt über Konzessionen und tritt mit Handelskammern in
Verbindung.




Czernowitzer Angelegenheiten.


Die Stadtpflafterung.

Hie Dobrudscha! -- hie Kissebesser! Wie in den
Vorjahren anläßlich der Vergebung der Arbeiten bei der
Pflasterung des Ringplatzes und des Elisabethplatzes ertönte
auch diesmal bei Vergebung der Straßenpflasterungsarbeiten für
die ganze Stadt der eingangs erwähnte Schlachtruf, aber im
Verhältnisse zu seiner jetzigen Bedeutung bei weitem stärker und
gewaltiger. Die Gegensätze der Vertreter beider Richtungen,
des GR. v. Onciul für den Dobrudschaer Stein und des
Stadtrats Heinrich für den Kissebesser Würfel, prallten
mit größter Vehemenz gegen einander und hätten sich g[e]wiß
schließlich buchstäblich in ein Handgemenge aufgelöst,
wenn nicht Bürgermeister Dr. Reiß in Ansehung der überaus
kritischen Situation rasch durch Schließung der Sitzung der
peinlichen wilden Szene ein Ende bereitet hätte. Die fachlichen
Auseinandersetzungen übergehen wir, da wir den Bericht des
Magistrates, der sich für die Kissebesser Aktiengesellschaft aus-
spricht, bereits im Wortlaute vor einiger Zeit reproduziert
haben. Ueber den Verlauf dieses Teils der Sitzung geben
wir folgenden Bericht wieder: Vizebürgermeister Baron
Fürth referiert ex praesidio über die Straßenpflasterung.
Nach einer Beratung im Bauamte und Magistrate kam man
zum Resultate, daß von allen Offerten nur zwei und zwar
die der Dobrudschaer Firma Daniel und der Kissebesser
Aktiengesellschaft in Betracht kämen. Der Referent
führt sodann die Gründe an, die für eine engere Konkurrenz
dieser beiden Firmen sprechen, wobei er die von beiden Firmen
fixierten Preise per 1 Quadratmeter Pflaster verschiedener
Qualität verliest. GR. Wolf fragt, warum nicht die russische
Gasse in den Plan d. J. eingereiht ist, da doch diese Straße aus
sanitären Gründen eher als alle anderen Straßen reguliert
werden müßte. GR. v. Onciul ergreift das Wort und ver-
liest ein Schreiben des Wiener Ingenieurs W. Laufer, der
die ganze Pflasterungsangelegenheit scharf kritisiert und sich
gegen die Vergebung der Pflasterung an die Kissebesser Firma
ausspricht und in welchem Schreiben der Bericht des Bau-
amtes einer vernichtenden Kritik unterzogen wird. Redner wird
noch auf diese Frage zurückkommen und die ganze Angelegenheit
ehrlich behandeln. Stadtrat Heinrich reagiert hierauf auf
das Schreiben des Ingenieurs Laufer, den er nicht für
einen so berühmten Techniker hält, und versucht an der
Hand der von beiden Firmen als Muster eingesandten
Steine die bessere Qualität der Kissebesser Steine nachzuweisen.
GR. Dr. Norst tritt für den Antrag des Bauamtes ein, das man
nicht desavouiren dürfe. GR. Dr. Wender meint, man solle
weniger frequentierte Straßen mit weniger härterem Material
und in gleichmäßiger Schönheit pflastern. GR. Dr. v. Onciul
erklärt den Würfel als die beste Form des Pflastersteines
und meint, man solle den Teil von der Brauerei Ronchetti
bis zur Landesregierung zur Hälfte mit dem Dobrudscha-Stein
und zur andern Hälfte mit Kiszebeser Basalt pflastern.
Redner weist die Härte und Güte des Dobrudscher-Steines
nach und erklärt sich bereit, bis zur nächsten Dienstagsitzung
einen neuen Kostenvoranschlag für die Straßenpflasterung
vorzulegen. Redner erklärt, dies sei im Interesse des Stadt-
rates Heinrich, ohne ihm jedoch nahe treten zu wollen.
Die besagte Angelegenheit sei eine odiose. Stadtrat Heinrich
erklärt, daß GR. v. Onciul ins Bauamt gekommen sei und
ihm dort gesagt habe: "Ich habe gewisse Verpflichtungen
gegenüber der rumänischen Regierung, ich
bitte mir keine Schwierigkeiten wegen des
Dobrudza-Steines zu machen, worauf Stadt-
rat Heinrich
erklärt habe, er könne nicht für den,
Dobrudza-Stein, sondern nur für den Kiszebeser eintreten.
GR. v. Onciul (laut): Das ist eine der niederträchtigsten
eine der gemeinsten Verleumdungen. Stadtrat Heinrich:
Ich berufe mich auf den Oberbaurat West als Zeugen, der
die Worte des GR. von Onciul mitangehört hat.
GR. v. Onciul: Der rumänische Konsul hat sich an mich
gewendet mit der Bitte, daß auch der Dobrudscha-Stein bei
der Straßenpflasterung verwendet werde. Ist das etwas Un-
anständiges, wenn mich der Konsul bittet, ich kann dieselben
Vorwürfe dem Stadtrat Heinrich machen. Alles andere von
Stadtrat Heinrich Vorgebrachte ist unwahr. Da sich wegen
[Spaltenumbruch] dieser erregten Szene mehrere Gemeinderäte aus dem Saale
entfernt haben, erklärt der Vorsitzende die Sitzung wegen Be-
schlußunfähigkeit für geschlossen.




Auszeichnung.

Der König von Rumänien hat
dem Universitätssekretär und Publizisten Dr. Anton Norst
das Offizierskreuz des königlich rumänischen
Kronenordens
verliehen.

Personalnachricht.

Betriebsleiter Regierungsrat
Dr. Hnidey hat sich für einige Tage nach Wien in dienst-
lichen Angelegenheiten begeben.

Militärisches

Der Reserve-Assistenzarztstellvertreter
Dr. Rudolf Stoßmann des Garnisonsspitals Nr. 17 in
Budapest wurde zum 10. Husaren-Reg. und der Oberleutnant
Josef Eyweling des 41. Inf.-Reg. zum 9. Inf.-Reg.
transferiert.

Ernennung.

Der Landespräsident hat den Lehrer an
der hierortigen gr.-or. Knabenschule Diomedes Nosiewicz
zum definitiven Oberlehrer an dieser Anstalt ernannt.

Freiluftmuseum.

Vor längerer Zeit hat der Landes-
ausschuß an den Stadtmagistrat die Frage gerichtet, ob die
Gemeinde gewillt sei, bei der Errichtung des geplanten Frei-
luftmuseums mitzuwirken. Die Antwort wird gewiß nicht
lange mehr auf sich warten lassen. Daß sie nur bejahend
ausfallen kann, halten wir für selbstverständlich, denn das
Zustandekommen des Museums liegt vielleicht noch mehr im
Interesse der Stadt als des Landes. Der Stadt werden aus
dem Museum so gut wie keine Kosten erwachsen, da die
typischen Bauernhäuser und die übrigen Gegenstände der auf
Landeskosten anzulegenden Sammlung, die im Freien unter-
gebracht werden können, einfach in Parkanlagen hineingestellt
werden. Nun besteht ja schon seit längerer Zeit der Plan,
den alten katholischen Friedhof und einige angrenzende
Parzellen des Abhanges, die als Baugründe unbrauchbar
sind, mit dem Schillerpark zu einer größeren Anlage zu
vereinigen, die wegen der Mannigfaltigkeit des Gebäudes
und der schönen Ausblicke nicht weniger als die Habsburgs-
höhe der Stadt zur Zierde gereichen wird und sie schon
deshalb durchgeführt werden muß, weil sonst der Stadtteil
der sich in den nächsten Jahren zum schönsten und elegantesten
entwickeln muß, unmittelbar an eine mit allerlei Abfällen
bedeckte Wüstenei grenzen würde. Von der Gemeinde wird
nun nichts weiter verlangt, als daß sie diesem Park den
Bedürfnissen des Freiluftmuseums anpasse, was keineswegs
mit größeren Auslagen verbunden ist. Sie wird viel mehr
empfangen als geben, denn sie wird sich dann nicht nur
eines wertvollen und seltenen wissenschaftlichen Institutes
rühmen dürfen, sondern einen wirksamen Anziehungspunkt
für Einheimische und Fremde besitzen. Man stelle sich die
Anlage vor, wie sie in einigen Jahren nach ihrer Ausge-
staltung aussehen wird -- denn die Anfänge müssen natürlich
dürftig sein -- Rasenplätze, Bäume und Buschwerk, da-
zwischen, halb im Grün versteckt, schmucke Bauernhäuser der
verschiedenen, in der Bukowina üblichen Formen, die in
ihren Stuben und Höfen alles bergen, was die Lebensweise
und die eigenartigen Lebensformen unserer Landbevölkerung
charakterisiert; etwa auf einer Anhöhe eine altersgraue Holz-
kirche, die nicht mehr im gottesdienstlichen Gebrauch steht,
auf den Wegen überall Ausstellungsgegenstände, die die
Aufmerksamkeit des Spaziergängers fesseln. Ein Restaurant-
pavillon könnte den Sammelpunkt der Gesellschaft bilden.
Dann hätte Czernowitz noch etwas neben der erzbischöflichen
Residenz, was den Fremden als Sehenswürdigkeit gezeigt
werden könnte; man bleibt gern einen Tag länger, wenn
man hört, daß man im Freiluftmuseum die Eigenart des
Landes und seiner Bewohner mit schnellem Ueberblick kennen
lernen kann. Zweifellos würde es auch für den Unterricht in
der Heimatkunde der wertvollste Behelf werden, ein beliebter
Zielpunkt für Lehrer- und Schülerausflüge nicht nur aus
der nächsten Umgebung der Stadt. Selten wird einer Stadt
die Möglichkeit geboten, mit wenig Mitteln so viel zuerreichen.


"Cz. Zg."
Zur Drucksorten-Affäre.

In der Samstag-Sitzung
des Gemeinderates nahm GR. Wegner zur Drucksorten-
Affäre nochmals das Wort, um, vom GR. Jasienicki
wiederholt unterbrochen, auf den Bericht der Sitzung vom
vorigen Dienstag im "Cz. Tagblatt", der nach seiner Ansicht
in allen seinen Teilen tendenziös gehalten war, zu
reagieren. Er bittet den Vorsitzenden Bürgermeister Dr. Reiß
zu konstatieren, daß er über den Spruch des Kassationshofes
nicht mit einem Worte Kritik geübt habe, daß die Angriffe
auf die "Austria" nur vom sachlichen Standpunkte erfolgt
seien und er persönlich niemand angegriffen habe. Der Vor-
sitzende bestätigt dies, worauf GR. Wegner bemerkt: "Ich
danke, Herr Bürgermeister, diese Bestätigung richtet das
"Tbtt." zur Genüge."

Sterbefall.

Ein Veteran der Kaufmannschaft hat gestern
für immer die Augen geschlossen. Im Alter von 86 Jahren
ist nach langem Leiden der Seniorchef der Firma Peritz Nadler's
Sohn, Leon Nadler, gestorben. In ihm verliert die hiesige
Kaufmannswelt eines ihrer geschätztesten Mitglieder, der einer
der ältesten Handelsgeschäfte von Czernowitz eine Reihe von
Jahren hindurch vorstand. Das Leichenbegängnis findet morgen
Dienstag 11 Uhr vormittags vom Trauerhause, Stefaniegasse
Nr. 12, aus statt.

Katholisch-akad. Verbindung "Unitas".

In
den Tagen vom 2. bis 4. Juni d. J. feiert die katholisch-
akademische Studentenverbindung "Unitas" unter dem
Ehrenpräsidium ihres E. M. Sr. Exzellenz des hochwohl-
geborenen Herrn Dr. Friedrich Grafen Schönborn,
I. Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, Justizminister
a. D. etc., ihr XV. Stiftungsfest. Die Einladungen zu diesem
Feste werden in diesen Tagen versendet werden.

Czernowitzer Elektrizitätswerk und Straßen-
bahngesellschaft.

Der soeben zur Veröffentlichung gelangte
Jahresbericht konstatiert, daß das Ergebnis des abgelaufenen

22. Mai 1906. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.

[Spaltenumbruch] öffnung des Reichstages ſelbſt nach Budapeſt. Es verſteht ſich
von ſelbſt, daß dieſes Vertrauen nicht nur gewürdigt, ſondern
auch honoriert werden muß, und da die Standarte mit dem
Doppeladler auf der Königsburg nicht mehr wehen wird, ſo
fällt für uns auch das letzte Hindernis weg, in der Hofburg
zu erſcheinen. Das iſt meine Ueberzeugung und ich werde
demgemäß handeln.“ Der Alterspräſident Joſef Madaraß
erklärte, daß er die Abgeordneten nicht in die Hofburg
führen werde; infolgedeſſen werde er abdanken und an ſeiner
Stelle der Kecskemeter Abg. Stephan Szappanos die
Abgeordneten in die Hofburg geleiten.

(Das Kabinett Wekerle wackelt?)

Der Berliner Morgenpoſt wird aus
Wien gemeldet: Der ungariſche Miniſterpräſident Wekerle
hat im heutigen Kronrat die Vollmacht nicht erhalten,
den autonomen ungariſchen Zolltarif einzubringen. Falls das
ungariſche Kabinett dieſen Plan nicht aufgibt, ſteht eine neue
Miniſterkriſe bevor. Die Entſcheidung des Kaiſers bedeutet
den Sieg des öſterreichiſchen Kabinetts.




Bunte Chronik.


Der Papſt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Der
Papſt verbrachte die Nacht ruhig. Die Knieſchmerzen
ſind geringer.




Einweihung. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

In Anweſenheit des Herzogs von Genua, des öſterreichiſch-
ungariſchen Konſuls, einer franzöſiſchen Militärdeputation,
der Spitzen der Behörden und von Vertretern der Armee
fand die Einweihung des Beinhauſes für die in der Schlacht
von 1859 Gefallenen ſtatt.




Streik. (Tel. der „Cz Allg. Ztg.“)

Die
Metallarbeiter beſchloßen, den Neunſtundentag zu verlangen.
Die Arbeit wird morgen eingeſtellt.




Großer Waldbrand. (Tel. der „Cz.
Allg. Ztg.“)

Durch einen Waldbrand ſind ſieben Dörfer
ganz zerſtört, andere teilweiſe eingeäſchert worden. Man be-
fürchtet, daß eine große Anzahl von Perſonen bei dem
Brande ums Leben gekommen ſei.




Ausſperrung. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Die
„Vereinigung der Berliner Metallwarenfabrikanten“ teilt mit,
daß ſie in der heutigen außerordentlichen Generalverſammlung
einſtimmig beſchloſſen habe, im Anſchluſſe an den Beſchluß
des Geſamtverbandes deutſcher Metallinduſtrieller am
2. Juni d. J. 60 Prozent ihrer organiſierten Arbeiter
auszuſperren.




Konferenz für Funkentelegraphie.

Aus Berlin
wird uns telegraphiert: Die „Norddeutſche Allgemeine
Zeitung“ meldet: Die engliſche Regierung regte bei der An-
nahme der Einladung zur Konferenz für Funkentelegraphie
deren Verſchiebung auf den kommenden Herbſt an und er-
klärte, außer Stande zu ſein, früher an der Konferenz teil-
zunehmen. Dieſem Wunſche iſt entſprochen worden. Der Zu-
ſammentritt der Konferenz wurde vom 28. Juni auf den
3. Oktober verſchoben.

Ein falſcher Herzog.

Aus London wird eine
Schwindlergeſchichte berichtet, die in der engliſchen Hauptſtadt
beträchtliches Aufſehen erregt. Es handelt ſich um die „unab-
hängige Republik Cunani“, von der freilich noch niemand
etwas gehört haben wird. Vor einigen Jahren entſtand in
Südamerika ein Grenzſtreit zwiſchen Frankreich und Braſilien,
der ſchließlich vor ein Schiedsgericht kam und im Jahre 1900
zugunſten von Braſilien entſchieden wurde. Das ſtritige
Gebiet war in der Gegend um ein elendes, kleines Dorf an
der Seeküſte, eben dieſes Cunani, deſſen ganze Einwohner-
ſchaft aus ein paar Dutzend friedlichen Braſilianern beſtand.
Nach der Schlichtung des Streites übernahm Braſilien dieſes
Gebiet, und die Geſchichte von Cunani ſchien zu Ende. Da
nahmen ſich ein paar Abenteuer der Sache an, die hier eine
günſtige Gelegenheit erkannten, auf die Dummheit des
europäiſchen Publikums zu ſpekulieren. Das Haupt der Ge-
ſellſchaft war ein gewiſſer Adolf Brezet, der ſich, um glaub-
würdiger zu erſcheinen und naive Gemüter zu blenden, hoch-
trabende Titel, darunter den eines Herzogs von Beaufort,
beilegte. Dieſer falſche Herzog gründete alſo mit ein paar
verwandten Seelen zuſammen den „Freiſtaat Cunani“. Ein
Blaubuch wurde ausgegeben, das die wunderbaren Reich-
tümer des Landes an Naturſchätzen in glühenden Farben
ſchilderte, das ergreifende Geſchichten von dem Verzweiflungs-
kampf der Einwohner für ihre Freiheit, für ihre Unab-
hängigkeit von Braſilien erzählte und in Europa für das
bedrängte Cunani Sympathie und Unterſtützung, vor allen
Dingen durch Kapital, zu erlangen ſuchte. In Paris wurde
[Spaltenumbruch] der erſte Angriff auf das leichtgläubige Publikum verhindert.
Der Herzog verſuchte ein Syndikat mit einem nominellen
Kapitel von 2 Millionen Mark „zum Aufſchluß des Landes“
zu gründen; die Behörden wurden aber aufmerkſam, und der
unternehmende Mann verſchwand aus Paris, um in London
aufzutauchen und ſeinen Verſuch womöglich auf größerer
Baſis zu wiederholen. Auch nach Spanien wurden Emißäre
geſandt und ebenſo nach Berlin, wo ſie jedoch kein Glück
hatten. Brezet ſitzt inzwiſchen immer noch in London; er er-
nennt „Konſuln“ für den Staat, läßt ſich interviewen, ver-
handelt über Konzeſſionen und tritt mit Handelskammern in
Verbindung.




Czernowitzer Angelegenheiten.


Die Stadtpflafterung.

Hie Dobrudſcha! — hie Kiſſebeſſer! Wie in den
Vorjahren anläßlich der Vergebung der Arbeiten bei der
Pflaſterung des Ringplatzes und des Eliſabethplatzes ertönte
auch diesmal bei Vergebung der Straßenpflaſterungsarbeiten für
die ganze Stadt der eingangs erwähnte Schlachtruf, aber im
Verhältniſſe zu ſeiner jetzigen Bedeutung bei weitem ſtärker und
gewaltiger. Die Gegenſätze der Vertreter beider Richtungen,
des GR. v. Onciul für den Dobrudſchaer Stein und des
Stadtrats Heinrich für den Kiſſebeſſer Würfel, prallten
mit größter Vehemenz gegen einander und hätten ſich g[e]wiß
ſchließlich buchſtäblich in ein Handgemenge aufgelöſt,
wenn nicht Bürgermeiſter Dr. Reiß in Anſehung der überaus
kritiſchen Situation raſch durch Schließung der Sitzung der
peinlichen wilden Szene ein Ende bereitet hätte. Die fachlichen
Auseinanderſetzungen übergehen wir, da wir den Bericht des
Magiſtrates, der ſich für die Kiſſebeſſer Aktiengeſellſchaft aus-
ſpricht, bereits im Wortlaute vor einiger Zeit reproduziert
haben. Ueber den Verlauf dieſes Teils der Sitzung geben
wir folgenden Bericht wieder: Vizebürgermeiſter Baron
Fürth referiert ex praesidio über die Straßenpflaſterung.
Nach einer Beratung im Bauamte und Magiſtrate kam man
zum Reſultate, daß von allen Offerten nur zwei und zwar
die der Dobrudſchaer Firma Daniel und der Kiſſebeſſer
Aktiengeſellſchaft in Betracht kämen. Der Referent
führt ſodann die Gründe an, die für eine engere Konkurrenz
dieſer beiden Firmen ſprechen, wobei er die von beiden Firmen
fixierten Preiſe per 1 Quadratmeter Pflaſter verſchiedener
Qualität verlieſt. GR. Wolf fragt, warum nicht die ruſſiſche
Gaſſe in den Plan d. J. eingereiht iſt, da doch dieſe Straße aus
ſanitären Gründen eher als alle anderen Straßen reguliert
werden müßte. GR. v. Onciul ergreift das Wort und ver-
lieſt ein Schreiben des Wiener Ingenieurs W. Laufer, der
die ganze Pflaſterungsangelegenheit ſcharf kritiſiert und ſich
gegen die Vergebung der Pflaſterung an die Kiſſebeſſer Firma
ausſpricht und in welchem Schreiben der Bericht des Bau-
amtes einer vernichtenden Kritik unterzogen wird. Redner wird
noch auf dieſe Frage zurückkommen und die ganze Angelegenheit
ehrlich behandeln. Stadtrat Heinrich reagiert hierauf auf
das Schreiben des Ingenieurs Laufer, den er nicht für
einen ſo berühmten Techniker hält, und verſucht an der
Hand der von beiden Firmen als Muſter eingeſandten
Steine die beſſere Qualität der Kiſſebeſſer Steine nachzuweiſen.
GR. Dr. Norſt tritt für den Antrag des Bauamtes ein, das man
nicht desavouiren dürfe. GR. Dr. Wender meint, man ſolle
weniger frequentierte Straßen mit weniger härterem Material
und in gleichmäßiger Schönheit pflaſtern. GR. Dr. v. Onciul
erklärt den Würfel als die beſte Form des Pflaſterſteines
und meint, man ſolle den Teil von der Brauerei Ronchetti
bis zur Landesregierung zur Hälfte mit dem Dobrudſcha-Stein
und zur andern Hälfte mit Kiszebeſer Baſalt pflaſtern.
Redner weiſt die Härte und Güte des Dobrudſcher-Steines
nach und erklärt ſich bereit, bis zur nächſten Dienstagſitzung
einen neuen Koſtenvoranſchlag für die Straßenpflaſterung
vorzulegen. Redner erklärt, dies ſei im Intereſſe des Stadt-
rates Heinrich, ohne ihm jedoch nahe treten zu wollen.
Die beſagte Angelegenheit ſei eine odioſe. Stadtrat Heinrich
erklärt, daß GR. v. Onciul ins Bauamt gekommen ſei und
ihm dort geſagt habe: „Ich habe gewiſſe Verpflichtungen
gegenüber der rumäniſchen Regierung, ich
bitte mir keine Schwierigkeiten wegen des
Dobrudza-Steines zu machen, worauf Stadt-
rat Heinrich
erklärt habe, er könne nicht für den,
Dobrudza-Stein, ſondern nur für den Kiszebeſer eintreten.
GR. v. Onciul (laut): Das iſt eine der niederträchtigſten
eine der gemeinſten Verleumdungen. Stadtrat Heinrich:
Ich berufe mich auf den Oberbaurat Weſt als Zeugen, der
die Worte des GR. von Onciul mitangehört hat.
GR. v. Onciul: Der rumäniſche Konſul hat ſich an mich
gewendet mit der Bitte, daß auch der Dobrudſcha-Stein bei
der Straßenpflaſterung verwendet werde. Iſt das etwas Un-
anſtändiges, wenn mich der Konſul bittet, ich kann dieſelben
Vorwürfe dem Stadtrat Heinrich machen. Alles andere von
Stadtrat Heinrich Vorgebrachte iſt unwahr. Da ſich wegen
[Spaltenumbruch] dieſer erregten Szene mehrere Gemeinderäte aus dem Saale
entfernt haben, erklärt der Vorſitzende die Sitzung wegen Be-
ſchlußunfähigkeit für geſchloſſen.




Auszeichnung.

Der König von Rumänien hat
dem Univerſitätsſekretär und Publiziſten Dr. Anton Norſt
das Offizierskreuz des königlich rumäniſchen
Kronenordens
verliehen.

Perſonalnachricht.

Betriebsleiter Regierungsrat
Dr. Hnidey hat ſich für einige Tage nach Wien in dienſt-
lichen Angelegenheiten begeben.

Militäriſches

Der Reſerve-Aſſiſtenzarztſtellvertreter
Dr. Rudolf Stoßmann des Garniſonsſpitals Nr. 17 in
Budapeſt wurde zum 10. Huſaren-Reg. und der Oberleutnant
Joſef Eyweling des 41. Inf.-Reg. zum 9. Inf.-Reg.
transferiert.

Ernennung.

Der Landespräſident hat den Lehrer an
der hierortigen gr.-or. Knabenſchule Diomedes Noſiewicz
zum definitiven Oberlehrer an dieſer Anſtalt ernannt.

Freiluftmuſeum.

Vor längerer Zeit hat der Landes-
ausſchuß an den Stadtmagiſtrat die Frage gerichtet, ob die
Gemeinde gewillt ſei, bei der Errichtung des geplanten Frei-
luftmuſeums mitzuwirken. Die Antwort wird gewiß nicht
lange mehr auf ſich warten laſſen. Daß ſie nur bejahend
ausfallen kann, halten wir für ſelbſtverſtändlich, denn das
Zuſtandekommen des Muſeums liegt vielleicht noch mehr im
Intereſſe der Stadt als des Landes. Der Stadt werden aus
dem Muſeum ſo gut wie keine Koſten erwachſen, da die
typiſchen Bauernhäuſer und die übrigen Gegenſtände der auf
Landeskoſten anzulegenden Sammlung, die im Freien unter-
gebracht werden können, einfach in Parkanlagen hineingeſtellt
werden. Nun beſteht ja ſchon ſeit längerer Zeit der Plan,
den alten katholiſchen Friedhof und einige angrenzende
Parzellen des Abhanges, die als Baugründe unbrauchbar
ſind, mit dem Schillerpark zu einer größeren Anlage zu
vereinigen, die wegen der Mannigfaltigkeit des Gebäudes
und der ſchönen Ausblicke nicht weniger als die Habsburgs-
höhe der Stadt zur Zierde gereichen wird und ſie ſchon
deshalb durchgeführt werden muß, weil ſonſt der Stadtteil
der ſich in den nächſten Jahren zum ſchönſten und eleganteſten
entwickeln muß, unmittelbar an eine mit allerlei Abfällen
bedeckte Wüſtenei grenzen würde. Von der Gemeinde wird
nun nichts weiter verlangt, als daß ſie dieſem Park den
Bedürfniſſen des Freiluftmuſeums anpaſſe, was keineswegs
mit größeren Auslagen verbunden iſt. Sie wird viel mehr
empfangen als geben, denn ſie wird ſich dann nicht nur
eines wertvollen und ſeltenen wiſſenſchaftlichen Inſtitutes
rühmen dürfen, ſondern einen wirkſamen Anziehungspunkt
für Einheimiſche und Fremde beſitzen. Man ſtelle ſich die
Anlage vor, wie ſie in einigen Jahren nach ihrer Ausge-
ſtaltung ausſehen wird — denn die Anfänge müſſen natürlich
dürftig ſein — Raſenplätze, Bäume und Buſchwerk, da-
zwiſchen, halb im Grün verſteckt, ſchmucke Bauernhäuſer der
verſchiedenen, in der Bukowina üblichen Formen, die in
ihren Stuben und Höfen alles bergen, was die Lebensweiſe
und die eigenartigen Lebensformen unſerer Landbevölkerung
charakteriſiert; etwa auf einer Anhöhe eine altersgraue Holz-
kirche, die nicht mehr im gottesdienſtlichen Gebrauch ſteht,
auf den Wegen überall Ausſtellungsgegenſtände, die die
Aufmerkſamkeit des Spaziergängers feſſeln. Ein Reſtaurant-
pavillon könnte den Sammelpunkt der Geſellſchaft bilden.
Dann hätte Czernowitz noch etwas neben der erzbiſchöflichen
Reſidenz, was den Fremden als Sehenswürdigkeit gezeigt
werden könnte; man bleibt gern einen Tag länger, wenn
man hört, daß man im Freiluftmuſeum die Eigenart des
Landes und ſeiner Bewohner mit ſchnellem Ueberblick kennen
lernen kann. Zweifellos würde es auch für den Unterricht in
der Heimatkunde der wertvollſte Behelf werden, ein beliebter
Zielpunkt für Lehrer- und Schülerausflüge nicht nur aus
der nächſten Umgebung der Stadt. Selten wird einer Stadt
die Möglichkeit geboten, mit wenig Mitteln ſo viel zuerreichen.


„Cz. Zg.“
Zur Druckſorten-Affäre.

In der Samstag-Sitzung
des Gemeinderates nahm GR. Wegner zur Druckſorten-
Affäre nochmals das Wort, um, vom GR. Jaſienicki
wiederholt unterbrochen, auf den Bericht der Sitzung vom
vorigen Dienstag im „Cz. Tagblatt“, der nach ſeiner Anſicht
in allen ſeinen Teilen tendenziös gehalten war, zu
reagieren. Er bittet den Vorſitzenden Bürgermeiſter Dr. Reiß
zu konſtatieren, daß er über den Spruch des Kaſſationshofes
nicht mit einem Worte Kritik geübt habe, daß die Angriffe
auf die „Auſtria“ nur vom ſachlichen Standpunkte erfolgt
ſeien und er perſönlich niemand angegriffen habe. Der Vor-
ſitzende beſtätigt dies, worauf GR. Wegner bemerkt: „Ich
danke, Herr Bürgermeiſter, dieſe Beſtätigung richtet das
„Tbtt.“ zur Genüge.“

Sterbefall.

Ein Veteran der Kaufmannſchaft hat geſtern
für immer die Augen geſchloſſen. Im Alter von 86 Jahren
iſt nach langem Leiden der Seniorchef der Firma Peritz Nadler’s
Sohn, Leon Nadler, geſtorben. In ihm verliert die hieſige
Kaufmannswelt eines ihrer geſchätzteſten Mitglieder, der einer
der älteſten Handelsgeſchäfte von Czernowitz eine Reihe von
Jahren hindurch vorſtand. Das Leichenbegängnis findet morgen
Dienstag 11 Uhr vormittags vom Trauerhauſe, Stefaniegaſſe
Nr. 12, aus ſtatt.

Katholiſch-akad. Verbindung „Unitas“.

In
den Tagen vom 2. bis 4. Juni d. J. feiert die katholiſch-
akademiſche Studentenverbindung „Unitas“ unter dem
Ehrenpräſidium ihres E. M. Sr. Exzellenz des hochwohl-
geborenen Herrn Dr. Friedrich Grafen Schönborn,
I. Präſident des Verwaltungsgerichtshofes, Juſtizminiſter
a. D. ꝛc., ihr XV. Stiftungsfeſt. Die Einladungen zu dieſem
Feſte werden in dieſen Tagen verſendet werden.

Czernowitzer Elektrizitätswerk und Straßen-
bahngeſellſchaft.

Der ſoeben zur Veröffentlichung gelangte
Jahresbericht konſtatiert, daß das Ergebnis des abgelaufenen

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Abgeordneten in die Hofburg geleiten.</p>
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[3/0003] 22. Mai 1906. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. öffnung des Reichstages ſelbſt nach Budapeſt. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß dieſes Vertrauen nicht nur gewürdigt, ſondern auch honoriert werden muß, und da die Standarte mit dem Doppeladler auf der Königsburg nicht mehr wehen wird, ſo fällt für uns auch das letzte Hindernis weg, in der Hofburg zu erſcheinen. Das iſt meine Ueberzeugung und ich werde demgemäß handeln.“ Der Alterspräſident Joſef Madaraß erklärte, daß er die Abgeordneten nicht in die Hofburg führen werde; infolgedeſſen werde er abdanken und an ſeiner Stelle der Kecskemeter Abg. Stephan Szappanos die Abgeordneten in die Hofburg geleiten. (Das Kabinett Wekerle wackelt?) Berlin, 20. Mai. Der Berliner Morgenpoſt wird aus Wien gemeldet: Der ungariſche Miniſterpräſident Wekerle hat im heutigen Kronrat die Vollmacht nicht erhalten, den autonomen ungariſchen Zolltarif einzubringen. Falls das ungariſche Kabinett dieſen Plan nicht aufgibt, ſteht eine neue Miniſterkriſe bevor. Die Entſcheidung des Kaiſers bedeutet den Sieg des öſterreichiſchen Kabinetts. Bunte Chronik. Czernowitz, 21. Mai. Der Papſt. Rom, 21. Mai. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Der Papſt verbrachte die Nacht ruhig. Die Knieſchmerzen ſind geringer. Einweihung. Montebello, 21. Mai. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) In Anweſenheit des Herzogs von Genua, des öſterreichiſch- ungariſchen Konſuls, einer franzöſiſchen Militärdeputation, der Spitzen der Behörden und von Vertretern der Armee fand die Einweihung des Beinhauſes für die in der Schlacht von 1859 Gefallenen ſtatt. Streik. Etienne, 21. Mai. (Tel. der „Cz Allg. Ztg.“) Die Metallarbeiter beſchloßen, den Neunſtundentag zu verlangen. Die Arbeit wird morgen eingeſtellt. Großer Waldbrand. Escanaba (Michigan), 20. Mai. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Durch einen Waldbrand ſind ſieben Dörfer ganz zerſtört, andere teilweiſe eingeäſchert worden. Man be- fürchtet, daß eine große Anzahl von Perſonen bei dem Brande ums Leben gekommen ſei. Ausſperrung. Berlin, 20. Mai. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Die „Vereinigung der Berliner Metallwarenfabrikanten“ teilt mit, daß ſie in der heutigen außerordentlichen Generalverſammlung einſtimmig beſchloſſen habe, im Anſchluſſe an den Beſchluß des Geſamtverbandes deutſcher Metallinduſtrieller am 2. Juni d. J. 60 Prozent ihrer organiſierten Arbeiter auszuſperren. Konferenz für Funkentelegraphie. Aus Berlin wird uns telegraphiert: Die „Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ meldet: Die engliſche Regierung regte bei der An- nahme der Einladung zur Konferenz für Funkentelegraphie deren Verſchiebung auf den kommenden Herbſt an und er- klärte, außer Stande zu ſein, früher an der Konferenz teil- zunehmen. Dieſem Wunſche iſt entſprochen worden. Der Zu- ſammentritt der Konferenz wurde vom 28. Juni auf den 3. Oktober verſchoben. Ein falſcher Herzog. Aus London wird eine Schwindlergeſchichte berichtet, die in der engliſchen Hauptſtadt beträchtliches Aufſehen erregt. Es handelt ſich um die „unab- hängige Republik Cunani“, von der freilich noch niemand etwas gehört haben wird. Vor einigen Jahren entſtand in Südamerika ein Grenzſtreit zwiſchen Frankreich und Braſilien, der ſchließlich vor ein Schiedsgericht kam und im Jahre 1900 zugunſten von Braſilien entſchieden wurde. Das ſtritige Gebiet war in der Gegend um ein elendes, kleines Dorf an der Seeküſte, eben dieſes Cunani, deſſen ganze Einwohner- ſchaft aus ein paar Dutzend friedlichen Braſilianern beſtand. Nach der Schlichtung des Streites übernahm Braſilien dieſes Gebiet, und die Geſchichte von Cunani ſchien zu Ende. Da nahmen ſich ein paar Abenteuer der Sache an, die hier eine günſtige Gelegenheit erkannten, auf die Dummheit des europäiſchen Publikums zu ſpekulieren. Das Haupt der Ge- ſellſchaft war ein gewiſſer Adolf Brezet, der ſich, um glaub- würdiger zu erſcheinen und naive Gemüter zu blenden, hoch- trabende Titel, darunter den eines Herzogs von Beaufort, beilegte. Dieſer falſche Herzog gründete alſo mit ein paar verwandten Seelen zuſammen den „Freiſtaat Cunani“. Ein Blaubuch wurde ausgegeben, das die wunderbaren Reich- tümer des Landes an Naturſchätzen in glühenden Farben ſchilderte, das ergreifende Geſchichten von dem Verzweiflungs- kampf der Einwohner für ihre Freiheit, für ihre Unab- hängigkeit von Braſilien erzählte und in Europa für das bedrängte Cunani Sympathie und Unterſtützung, vor allen Dingen durch Kapital, zu erlangen ſuchte. In Paris wurde der erſte Angriff auf das leichtgläubige Publikum verhindert. Der Herzog verſuchte ein Syndikat mit einem nominellen Kapitel von 2 Millionen Mark „zum Aufſchluß des Landes“ zu gründen; die Behörden wurden aber aufmerkſam, und der unternehmende Mann verſchwand aus Paris, um in London aufzutauchen und ſeinen Verſuch womöglich auf größerer Baſis zu wiederholen. Auch nach Spanien wurden Emißäre geſandt und ebenſo nach Berlin, wo ſie jedoch kein Glück hatten. Brezet ſitzt inzwiſchen immer noch in London; er er- nennt „Konſuln“ für den Staat, läßt ſich interviewen, ver- handelt über Konzeſſionen und tritt mit Handelskammern in Verbindung. Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 21. Mai. Die Stadtpflafterung. Hie Dobrudſcha! — hie Kiſſebeſſer! Wie in den Vorjahren anläßlich der Vergebung der Arbeiten bei der Pflaſterung des Ringplatzes und des Eliſabethplatzes ertönte auch diesmal bei Vergebung der Straßenpflaſterungsarbeiten für die ganze Stadt der eingangs erwähnte Schlachtruf, aber im Verhältniſſe zu ſeiner jetzigen Bedeutung bei weitem ſtärker und gewaltiger. Die Gegenſätze der Vertreter beider Richtungen, des GR. v. Onciul für den Dobrudſchaer Stein und des Stadtrats Heinrich für den Kiſſebeſſer Würfel, prallten mit größter Vehemenz gegen einander und hätten ſich gewiß ſchließlich buchſtäblich in ein Handgemenge aufgelöſt, wenn nicht Bürgermeiſter Dr. Reiß in Anſehung der überaus kritiſchen Situation raſch durch Schließung der Sitzung der peinlichen wilden Szene ein Ende bereitet hätte. Die fachlichen Auseinanderſetzungen übergehen wir, da wir den Bericht des Magiſtrates, der ſich für die Kiſſebeſſer Aktiengeſellſchaft aus- ſpricht, bereits im Wortlaute vor einiger Zeit reproduziert haben. Ueber den Verlauf dieſes Teils der Sitzung geben wir folgenden Bericht wieder: Vizebürgermeiſter Baron Fürth referiert ex praesidio über die Straßenpflaſterung. Nach einer Beratung im Bauamte und Magiſtrate kam man zum Reſultate, daß von allen Offerten nur zwei und zwar die der Dobrudſchaer Firma Daniel und der Kiſſebeſſer Aktiengeſellſchaft in Betracht kämen. Der Referent führt ſodann die Gründe an, die für eine engere Konkurrenz dieſer beiden Firmen ſprechen, wobei er die von beiden Firmen fixierten Preiſe per 1 Quadratmeter Pflaſter verſchiedener Qualität verlieſt. GR. Wolf fragt, warum nicht die ruſſiſche Gaſſe in den Plan d. J. eingereiht iſt, da doch dieſe Straße aus ſanitären Gründen eher als alle anderen Straßen reguliert werden müßte. GR. v. Onciul ergreift das Wort und ver- lieſt ein Schreiben des Wiener Ingenieurs W. Laufer, der die ganze Pflaſterungsangelegenheit ſcharf kritiſiert und ſich gegen die Vergebung der Pflaſterung an die Kiſſebeſſer Firma ausſpricht und in welchem Schreiben der Bericht des Bau- amtes einer vernichtenden Kritik unterzogen wird. Redner wird noch auf dieſe Frage zurückkommen und die ganze Angelegenheit ehrlich behandeln. Stadtrat Heinrich reagiert hierauf auf das Schreiben des Ingenieurs Laufer, den er nicht für einen ſo berühmten Techniker hält, und verſucht an der Hand der von beiden Firmen als Muſter eingeſandten Steine die beſſere Qualität der Kiſſebeſſer Steine nachzuweiſen. GR. Dr. Norſt tritt für den Antrag des Bauamtes ein, das man nicht desavouiren dürfe. GR. Dr. Wender meint, man ſolle weniger frequentierte Straßen mit weniger härterem Material und in gleichmäßiger Schönheit pflaſtern. GR. Dr. v. Onciul erklärt den Würfel als die beſte Form des Pflaſterſteines und meint, man ſolle den Teil von der Brauerei Ronchetti bis zur Landesregierung zur Hälfte mit dem Dobrudſcha-Stein und zur andern Hälfte mit Kiszebeſer Baſalt pflaſtern. Redner weiſt die Härte und Güte des Dobrudſcher-Steines nach und erklärt ſich bereit, bis zur nächſten Dienstagſitzung einen neuen Koſtenvoranſchlag für die Straßenpflaſterung vorzulegen. Redner erklärt, dies ſei im Intereſſe des Stadt- rates Heinrich, ohne ihm jedoch nahe treten zu wollen. Die beſagte Angelegenheit ſei eine odioſe. Stadtrat Heinrich erklärt, daß GR. v. Onciul ins Bauamt gekommen ſei und ihm dort geſagt habe: „Ich habe gewiſſe Verpflichtungen gegenüber der rumäniſchen Regierung, ich bitte mir keine Schwierigkeiten wegen des Dobrudza-Steines zu machen, worauf Stadt- rat Heinrich erklärt habe, er könne nicht für den, Dobrudza-Stein, ſondern nur für den Kiszebeſer eintreten. GR. v. Onciul (laut): Das iſt eine der niederträchtigſten eine der gemeinſten Verleumdungen. Stadtrat Heinrich: Ich berufe mich auf den Oberbaurat Weſt als Zeugen, der die Worte des GR. von Onciul mitangehört hat. GR. v. Onciul: Der rumäniſche Konſul hat ſich an mich gewendet mit der Bitte, daß auch der Dobrudſcha-Stein bei der Straßenpflaſterung verwendet werde. Iſt das etwas Un- anſtändiges, wenn mich der Konſul bittet, ich kann dieſelben Vorwürfe dem Stadtrat Heinrich machen. Alles andere von Stadtrat Heinrich Vorgebrachte iſt unwahr. Da ſich wegen dieſer erregten Szene mehrere Gemeinderäte aus dem Saale entfernt haben, erklärt der Vorſitzende die Sitzung wegen Be- ſchlußunfähigkeit für geſchloſſen. Auszeichnung. Der König von Rumänien hat dem Univerſitätsſekretär und Publiziſten Dr. Anton Norſt das Offizierskreuz des königlich rumäniſchen Kronenordens verliehen. Perſonalnachricht. Betriebsleiter Regierungsrat Dr. Hnidey hat ſich für einige Tage nach Wien in dienſt- lichen Angelegenheiten begeben. Militäriſches Der Reſerve-Aſſiſtenzarztſtellvertreter Dr. Rudolf Stoßmann des Garniſonsſpitals Nr. 17 in Budapeſt wurde zum 10. Huſaren-Reg. und der Oberleutnant Joſef Eyweling des 41. Inf.-Reg. zum 9. Inf.-Reg. transferiert. Ernennung. Der Landespräſident hat den Lehrer an der hierortigen gr.-or. Knabenſchule Diomedes Noſiewicz zum definitiven Oberlehrer an dieſer Anſtalt ernannt. Freiluftmuſeum. Vor längerer Zeit hat der Landes- ausſchuß an den Stadtmagiſtrat die Frage gerichtet, ob die Gemeinde gewillt ſei, bei der Errichtung des geplanten Frei- luftmuſeums mitzuwirken. Die Antwort wird gewiß nicht lange mehr auf ſich warten laſſen. Daß ſie nur bejahend ausfallen kann, halten wir für ſelbſtverſtändlich, denn das Zuſtandekommen des Muſeums liegt vielleicht noch mehr im Intereſſe der Stadt als des Landes. Der Stadt werden aus dem Muſeum ſo gut wie keine Koſten erwachſen, da die typiſchen Bauernhäuſer und die übrigen Gegenſtände der auf Landeskoſten anzulegenden Sammlung, die im Freien unter- gebracht werden können, einfach in Parkanlagen hineingeſtellt werden. Nun beſteht ja ſchon ſeit längerer Zeit der Plan, den alten katholiſchen Friedhof und einige angrenzende Parzellen des Abhanges, die als Baugründe unbrauchbar ſind, mit dem Schillerpark zu einer größeren Anlage zu vereinigen, die wegen der Mannigfaltigkeit des Gebäudes und der ſchönen Ausblicke nicht weniger als die Habsburgs- höhe der Stadt zur Zierde gereichen wird und ſie ſchon deshalb durchgeführt werden muß, weil ſonſt der Stadtteil der ſich in den nächſten Jahren zum ſchönſten und eleganteſten entwickeln muß, unmittelbar an eine mit allerlei Abfällen bedeckte Wüſtenei grenzen würde. Von der Gemeinde wird nun nichts weiter verlangt, als daß ſie dieſem Park den Bedürfniſſen des Freiluftmuſeums anpaſſe, was keineswegs mit größeren Auslagen verbunden iſt. Sie wird viel mehr empfangen als geben, denn ſie wird ſich dann nicht nur eines wertvollen und ſeltenen wiſſenſchaftlichen Inſtitutes rühmen dürfen, ſondern einen wirkſamen Anziehungspunkt für Einheimiſche und Fremde beſitzen. Man ſtelle ſich die Anlage vor, wie ſie in einigen Jahren nach ihrer Ausge- ſtaltung ausſehen wird — denn die Anfänge müſſen natürlich dürftig ſein — Raſenplätze, Bäume und Buſchwerk, da- zwiſchen, halb im Grün verſteckt, ſchmucke Bauernhäuſer der verſchiedenen, in der Bukowina üblichen Formen, die in ihren Stuben und Höfen alles bergen, was die Lebensweiſe und die eigenartigen Lebensformen unſerer Landbevölkerung charakteriſiert; etwa auf einer Anhöhe eine altersgraue Holz- kirche, die nicht mehr im gottesdienſtlichen Gebrauch ſteht, auf den Wegen überall Ausſtellungsgegenſtände, die die Aufmerkſamkeit des Spaziergängers feſſeln. Ein Reſtaurant- pavillon könnte den Sammelpunkt der Geſellſchaft bilden. Dann hätte Czernowitz noch etwas neben der erzbiſchöflichen Reſidenz, was den Fremden als Sehenswürdigkeit gezeigt werden könnte; man bleibt gern einen Tag länger, wenn man hört, daß man im Freiluftmuſeum die Eigenart des Landes und ſeiner Bewohner mit ſchnellem Ueberblick kennen lernen kann. Zweifellos würde es auch für den Unterricht in der Heimatkunde der wertvollſte Behelf werden, ein beliebter Zielpunkt für Lehrer- und Schülerausflüge nicht nur aus der nächſten Umgebung der Stadt. Selten wird einer Stadt die Möglichkeit geboten, mit wenig Mitteln ſo viel zuerreichen. „Cz. Zg.“ Zur Druckſorten-Affäre. In der Samstag-Sitzung des Gemeinderates nahm GR. Wegner zur Druckſorten- Affäre nochmals das Wort, um, vom GR. Jaſienicki wiederholt unterbrochen, auf den Bericht der Sitzung vom vorigen Dienstag im „Cz. Tagblatt“, der nach ſeiner Anſicht in allen ſeinen Teilen tendenziös gehalten war, zu reagieren. Er bittet den Vorſitzenden Bürgermeiſter Dr. Reiß zu konſtatieren, daß er über den Spruch des Kaſſationshofes nicht mit einem Worte Kritik geübt habe, daß die Angriffe auf die „Auſtria“ nur vom ſachlichen Standpunkte erfolgt ſeien und er perſönlich niemand angegriffen habe. Der Vor- ſitzende beſtätigt dies, worauf GR. Wegner bemerkt: „Ich danke, Herr Bürgermeiſter, dieſe Beſtätigung richtet das „Tbtt.“ zur Genüge.“ Sterbefall. Ein Veteran der Kaufmannſchaft hat geſtern für immer die Augen geſchloſſen. Im Alter von 86 Jahren iſt nach langem Leiden der Seniorchef der Firma Peritz Nadler’s Sohn, Leon Nadler, geſtorben. In ihm verliert die hieſige Kaufmannswelt eines ihrer geſchätzteſten Mitglieder, der einer der älteſten Handelsgeſchäfte von Czernowitz eine Reihe von Jahren hindurch vorſtand. Das Leichenbegängnis findet morgen Dienstag 11 Uhr vormittags vom Trauerhauſe, Stefaniegaſſe Nr. 12, aus ſtatt. Katholiſch-akad. Verbindung „Unitas“. In den Tagen vom 2. bis 4. Juni d. J. feiert die katholiſch- akademiſche Studentenverbindung „Unitas“ unter dem Ehrenpräſidium ihres E. M. Sr. Exzellenz des hochwohl- geborenen Herrn Dr. Friedrich Grafen Schönborn, I. Präſident des Verwaltungsgerichtshofes, Juſtizminiſter a. D. ꝛc., ihr XV. Stiftungsfeſt. Die Einladungen zu dieſem Feſte werden in dieſen Tagen verſendet werden. Czernowitzer Elektrizitätswerk und Straßen- bahngeſellſchaft. Der ſoeben zur Veröffentlichung gelangte Jahresbericht konſtatiert, daß das Ergebnis des abgelaufenen

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grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 712, Czernowitz, 22.05.1906, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer712_1906/3>, abgerufen am 29.04.2024.