Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das Heller-Blatt. Nr. 38. Breslau, 20. September 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] Zimmer zu erleuchten; man verhütet dadurch, daß
Schade mit dem Licht geschehen kann, wenn die Ammen
oder Kindermägde bei der Wiege einschlafen sollten.
Man kann bei einem dieser Jnsekten eben so gut schrei-
ben und lesen, als bei einem Lichte. Wenn die Jndia-
ner reisen, so befestigen sie eins an jedem Fuße, und
nehmen eins an die Hand; dies sind auch ihre Fakeln,
so oft sie des Nachts auf die Jagd gehen. Sind diese
Jnsekten gefangen, so leben sie vierzehn Tage, höchstens
drei Wochen; erkranken sie, so vermindert sich ihr
Glanz, und im Tode erlischt er völlig. Wenn man
auf den Fang dieser Thiere ausgeht, begiebt man sich vor
Tagesanbruch mit einem Feuerbrande oder einer Fakel
auf den Weg. Man besteigt eine Anhöhe, und schlägt
mit dem Feuerbrande ein Rad. Die Cucujus werden
von dem Scheine des Brandes herbeigelockt, und fres-
sen die Mücken, welche immer nach dem Lichte ziehen;
dann schlägt man sie mit grünen Zweigen zu Boden.
Die Cucujus gewähren noch einen Nutzen. Wenn man
sie gefangen hat, läßt man sie im Hause herumfliegen,
nachdem vor alle Oeffnungen sorgfältig verschlossen
worden sind; dann durchstöbern sie alle Winkel, und
verzehren die Mücken, welche eine große Plage in die-
sen warmen Ländern sind; des Nachts dienen sie als
Wächter, die sorgfältig verhüten, daß keine Mücke sich
blicken läßt, und durch ihren Stich die Ruhe des Schla-
fenden stört.



Arbeitsamkeit und Zufriedenheit.

Der Geschichtsschreiber William Roscon, pflegte
zu sagen: "Sollte man mich fragen, welchen Stand
ich für den glücklichsten halte, so würde ich antworten:
derjenige ist es, der den Erdboden mit eigenen Händen
anbaut. Jn einem Alter von 12 Jahren, nachdem ich
die Schule verlassen hatte, fing ich an, meinem Vater
in seinen Arbeiten beim Ackerbau, behülflich zu seyn,
und zwar vorzüglich bei dem Anbau von Kartoffeln,
die zum Verkauf bestimmt waren; er hatte nämlich
jedes Jahr, denselben einige Morgen Landes gewidmet,
und verkaufte sie, wenn sie zeitig reiften, zu sehr hohen
Preisen. Er bediente sich beim Anbau derselben blos
des Spatens; kamen sie zeitig hervor, so wurden sie in
der Gegend von Lucashire als ein wahres Lieblingsge-
richt angesehn. Sobald sie die gehörige Größe erreicht
hatten, pflegten wir sie gewöhnlich in großen Körben
auf unsern Köpfen zu Markte zu tragen, wobei mir
immer die Dispositin über den Verkauf überlassen
wurde, und wobei ich meinem Vater bald ein nützlicher
Gehülfe ward. Mit diesen und ähnlichen mühsamen
Beschäftigungen, vorzüglich mit Ackerbau, an dem ich
viel Vergnügen fand, brachte ich mehrere Jahre meines
Lebens zu, indem ich meine Erholungsstunden der Lec-
türe widmete. Durch diese Lebensweise, wurde mein
[Spaltenumbruch] Körper gesund und stark, und mein Eeist aufgeheitert
und gebildet, noch bis auf den heutigen Tag, denke ich
sehr wohl an jenen köstlichen Schlaf, der auf meine Ar-
beiten folgte, und von dem ich in früher Morgenzeit
wieder abgerufen wurde."



Die Jungfrau von Orleans.

Die Jungfrau von Orleans ( Jeane d'Arc ) , er-
scheint wie Friedrich v. Schlegel sehr richtig sagt, als
der schönste Charakter, welchen die französische Ge-
schichte aus der romantischen Mittelzeit aufzuweisen hat.
Jeane d'Arc, die Tochter ehrlicher und bemittelter Land-
leute im Dorfe Domremy, die sich bis dahin den Ge-
schäften des Hauswesens und Andachtsübungen über-
ließ, war 18 Jahr alt, schön, und mit jener frommen
Schwärmerei begabt, welche ihren Glauben als unmit-
telbare Eingebung der Gottheit und für deren Befehle
hält, als sie 1429, wo fast ganz Frankreich den Eng-
ländern zur Beute ward, zu dem Gouverneur von
Vaucouleurs, Robert von Baudricourt kam, und ihm
ihre Hülfe für den Dauphin anbot. Anfangs hielt
man sie für besessen, und schickte sie zweimal fort, als
sie aber zum dritten Male wiederkam, sandte sie Bau-
dricourt mit Empfehlungsschreiben nach Chinon, wo
der Dauphin damals Hof hielt. Sie wurde zu Poi-
tiers von sachkundigen Männern, Theologen und Par-
laments=Räthen drei Wochen lang geprüft, späterhin
auch von Karls Schwiegermutter und deren Hofdamen
insgeheim besichtigt, weil man damals sich vor dem
Teufel in allerlei Gestalten nicht sicher glaubte. Als man
gehörige Ueberzeugung hatte, daß Johanna ein frommes
begeistertes Mädchen sei, gab man ihr männliche Klei-
der, und erlaubte ihr sich zu rüsten. Sie führte das
Schwert und die heilige Fahne als Siegeszeichen dem
Heere voran, aber weit entfernt grausam zu seyn, wurde
sie selbst zwar mehrmals verwundet, hat aber nie eigen-
händig getödtet oder Blut vergossen, und eben so wenig
ist je - wenn auch der gefeierte Dichter das Gegentheil
poetisch versichert - eine andere irdische Neigung in ihr
Herz gekommen als die für das Vaterland. Die allge-
mein verbreitete Meinung von ihrer höhern Sendung,
an die sie selbst mit frommer Einfalt glaubte, brachte
die außerordentlichsten Wirkungen hervor. Die fran-
zösischen Feldherren wußten durch sie, die offen, fest
und beharrlich, ritterlich, fromm und kühn, nur Ein
Ziel im Auge hatte, das Heer zu begeistern, ohne darum
stets ihrem Rathe zu folgen. Mit 10,000 Mann, unter
dem Befehle von St. Severre, Dunois und La Hire,
brach sie von Blois auf und zog am 29. April 1429
mit einer Zufuhr in das von den Engländern hart be-
drängte Orleans ein. Die Engländer wurden durch
wüthende Ausfälle aus ihren Verschanzungen getrieben,
und nach Eroberung mehrerer Orte wurde der Feind
[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] Zimmer zu erleuchten; man verhütet dadurch, daß
Schade mit dem Licht geschehen kann, wenn die Ammen
oder Kindermägde bei der Wiege einschlafen sollten.
Man kann bei einem dieser Jnsekten eben so gut schrei-
ben und lesen, als bei einem Lichte. Wenn die Jndia-
ner reisen, so befestigen sie eins an jedem Fuße, und
nehmen eins an die Hand; dies sind auch ihre Fakeln,
so oft sie des Nachts auf die Jagd gehen. Sind diese
Jnsekten gefangen, so leben sie vierzehn Tage, höchstens
drei Wochen; erkranken sie, so vermindert sich ihr
Glanz, und im Tode erlischt er völlig. Wenn man
auf den Fang dieser Thiere ausgeht, begiebt man sich vor
Tagesanbruch mit einem Feuerbrande oder einer Fakel
auf den Weg. Man besteigt eine Anhöhe, und schlägt
mit dem Feuerbrande ein Rad. Die Cucujus werden
von dem Scheine des Brandes herbeigelockt, und fres-
sen die Mücken, welche immer nach dem Lichte ziehen;
dann schlägt man sie mit grünen Zweigen zu Boden.
Die Cucujus gewähren noch einen Nutzen. Wenn man
sie gefangen hat, läßt man sie im Hause herumfliegen,
nachdem vor alle Oeffnungen sorgfältig verschlossen
worden sind; dann durchstöbern sie alle Winkel, und
verzehren die Mücken, welche eine große Plage in die-
sen warmen Ländern sind; des Nachts dienen sie als
Wächter, die sorgfältig verhüten, daß keine Mücke sich
blicken läßt, und durch ihren Stich die Ruhe des Schla-
fenden stört.



Arbeitsamkeit und Zufriedenheit.

Der Geschichtsschreiber William Roscon, pflegte
zu sagen: „Sollte man mich fragen, welchen Stand
ich für den glücklichsten halte, so würde ich antworten:
derjenige ist es, der den Erdboden mit eigenen Händen
anbaut. Jn einem Alter von 12 Jahren, nachdem ich
die Schule verlassen hatte, fing ich an, meinem Vater
in seinen Arbeiten beim Ackerbau, behülflich zu seyn,
und zwar vorzüglich bei dem Anbau von Kartoffeln,
die zum Verkauf bestimmt waren; er hatte nämlich
jedes Jahr, denselben einige Morgen Landes gewidmet,
und verkaufte sie, wenn sie zeitig reiften, zu sehr hohen
Preisen. Er bediente sich beim Anbau derselben blos
des Spatens; kamen sie zeitig hervor, so wurden sie in
der Gegend von Lucashire als ein wahres Lieblingsge-
richt angesehn. Sobald sie die gehörige Größe erreicht
hatten, pflegten wir sie gewöhnlich in großen Körben
auf unsern Köpfen zu Markte zu tragen, wobei mir
immer die Dispositin über den Verkauf überlassen
wurde, und wobei ich meinem Vater bald ein nützlicher
Gehülfe ward. Mit diesen und ähnlichen mühsamen
Beschäftigungen, vorzüglich mit Ackerbau, an dem ich
viel Vergnügen fand, brachte ich mehrere Jahre meines
Lebens zu, indem ich meine Erholungsstunden der Lec-
türe widmete. Durch diese Lebensweise, wurde mein
[Spaltenumbruch] Körper gesund und stark, und mein Eeist aufgeheitert
und gebildet, noch bis auf den heutigen Tag, denke ich
sehr wohl an jenen köstlichen Schlaf, der auf meine Ar-
beiten folgte, und von dem ich in früher Morgenzeit
wieder abgerufen wurde.“



Die Jungfrau von Orleans.

Die Jungfrau von Orleans ( Jeane d'Arc ) , er-
scheint wie Friedrich v. Schlegel sehr richtig sagt, als
der schönste Charakter, welchen die französische Ge-
schichte aus der romantischen Mittelzeit aufzuweisen hat.
Jeane d'Arc, die Tochter ehrlicher und bemittelter Land-
leute im Dorfe Domremy, die sich bis dahin den Ge-
schäften des Hauswesens und Andachtsübungen über-
ließ, war 18 Jahr alt, schön, und mit jener frommen
Schwärmerei begabt, welche ihren Glauben als unmit-
telbare Eingebung der Gottheit und für deren Befehle
hält, als sie 1429, wo fast ganz Frankreich den Eng-
ländern zur Beute ward, zu dem Gouverneur von
Vaucouleurs, Robert von Baudricourt kam, und ihm
ihre Hülfe für den Dauphin anbot. Anfangs hielt
man sie für besessen, und schickte sie zweimal fort, als
sie aber zum dritten Male wiederkam, sandte sie Bau-
dricourt mit Empfehlungsschreiben nach Chinon, wo
der Dauphin damals Hof hielt. Sie wurde zu Poi-
tiers von sachkundigen Männern, Theologen und Par-
laments=Räthen drei Wochen lang geprüft, späterhin
auch von Karls Schwiegermutter und deren Hofdamen
insgeheim besichtigt, weil man damals sich vor dem
Teufel in allerlei Gestalten nicht sicher glaubte. Als man
gehörige Ueberzeugung hatte, daß Johanna ein frommes
begeistertes Mädchen sei, gab man ihr männliche Klei-
der, und erlaubte ihr sich zu rüsten. Sie führte das
Schwert und die heilige Fahne als Siegeszeichen dem
Heere voran, aber weit entfernt grausam zu seyn, wurde
sie selbst zwar mehrmals verwundet, hat aber nie eigen-
händig getödtet oder Blut vergossen, und eben so wenig
ist je – wenn auch der gefeierte Dichter das Gegentheil
poetisch versichert – eine andere irdische Neigung in ihr
Herz gekommen als die für das Vaterland. Die allge-
mein verbreitete Meinung von ihrer höhern Sendung,
an die sie selbst mit frommer Einfalt glaubte, brachte
die außerordentlichsten Wirkungen hervor. Die fran-
zösischen Feldherren wußten durch sie, die offen, fest
und beharrlich, ritterlich, fromm und kühn, nur Ein
Ziel im Auge hatte, das Heer zu begeistern, ohne darum
stets ihrem Rathe zu folgen. Mit 10,000 Mann, unter
dem Befehle von St. Severre, Dunois und La Hire,
brach sie von Blois auf und zog am 29. April 1429
mit einer Zufuhr in das von den Engländern hart be-
drängte Orleans ein. Die Engländer wurden durch
wüthende Ausfälle aus ihren Verschanzungen getrieben,
und nach Eroberung mehrerer Orte wurde der Feind
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0003" n="299"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Das Heller=Blatt.</hi></fw><cb type="start"/>
Zimmer zu erleuchten; man verhütet dadurch, daß<lb/>
Schade mit dem Licht geschehen kann, wenn die Ammen<lb/>
oder Kindermägde bei der Wiege einschlafen sollten.<lb/>
Man kann bei einem dieser Jnsekten eben so gut schrei-<lb/>
ben und lesen, als bei einem Lichte. Wenn die Jndia-<lb/>
ner reisen, so befestigen sie eins an jedem Fuße, und<lb/>
nehmen eins an die Hand; dies sind auch ihre Fakeln,<lb/>
so oft sie des Nachts auf die Jagd gehen. Sind diese<lb/>
Jnsekten gefangen, so leben sie vierzehn Tage, höchstens<lb/>
drei Wochen; erkranken sie, so vermindert sich ihr<lb/>
Glanz, und im Tode erlischt er völlig. Wenn man<lb/>
auf den Fang dieser Thiere ausgeht, begiebt man sich vor<lb/>
Tagesanbruch mit einem Feuerbrande oder einer Fakel<lb/>
auf den Weg. Man besteigt eine Anhöhe, und schlägt<lb/>
mit dem Feuerbrande ein Rad. Die Cucujus werden<lb/>
von dem Scheine des Brandes herbeigelockt, und fres-<lb/>
sen die Mücken, welche immer nach dem Lichte ziehen;<lb/>
dann schlägt man sie mit grünen Zweigen zu Boden.<lb/>
Die Cucujus gewähren noch einen Nutzen. Wenn man<lb/>
sie gefangen hat, läßt man sie im Hause herumfliegen,<lb/>
nachdem vor alle Oeffnungen sorgfältig verschlossen<lb/>
worden sind; dann durchstöbern sie alle Winkel, und<lb/>
verzehren die Mücken, welche eine große Plage in die-<lb/>
sen warmen Ländern sind; des Nachts dienen sie als<lb/>
Wächter, die sorgfältig verhüten, daß keine Mücke sich<lb/>
blicken läßt, und durch ihren Stich die Ruhe des Schla-<lb/>
fenden stört.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Arbeitsamkeit und Zufriedenheit</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p>Der Geschichtsschreiber William Roscon, pflegte<lb/>
zu sagen: &#x201E;Sollte man mich fragen, welchen Stand<lb/>
ich für den glücklichsten halte, so würde ich antworten:<lb/>
derjenige ist es, der den Erdboden mit eigenen Händen<lb/>
anbaut. Jn einem Alter von 12 Jahren, nachdem ich<lb/>
die Schule verlassen hatte, fing ich an, meinem Vater<lb/>
in seinen Arbeiten beim Ackerbau, behülflich zu seyn,<lb/>
und zwar vorzüglich bei dem Anbau von Kartoffeln,<lb/>
die zum Verkauf bestimmt waren; er hatte nämlich<lb/>
jedes Jahr, denselben einige Morgen Landes gewidmet,<lb/>
und verkaufte sie, wenn sie zeitig reiften, zu sehr hohen<lb/>
Preisen. Er bediente sich beim Anbau derselben blos<lb/>
des Spatens; kamen sie zeitig hervor, so wurden sie in<lb/>
der Gegend von Lucashire als ein wahres Lieblingsge-<lb/>
richt angesehn. Sobald sie die gehörige Größe erreicht<lb/>
hatten, pflegten wir sie gewöhnlich in großen Körben<lb/>
auf unsern Köpfen zu Markte zu tragen, wobei mir<lb/>
immer die Dispositin über den Verkauf überlassen<lb/>
wurde, und wobei ich meinem Vater bald ein nützlicher<lb/>
Gehülfe ward. Mit diesen und ähnlichen mühsamen<lb/>
Beschäftigungen, vorzüglich mit Ackerbau, an dem ich<lb/>
viel Vergnügen fand, brachte ich mehrere Jahre meines<lb/>
Lebens zu, indem ich meine Erholungsstunden der Lec-<lb/>
türe widmete. Durch diese Lebensweise, wurde mein<lb/><cb n="2"/>
Körper gesund und stark, und mein Eeist aufgeheitert<lb/>
und gebildet, noch bis auf den heutigen Tag, denke ich<lb/>
sehr wohl an jenen köstlichen Schlaf, der auf meine Ar-<lb/>
beiten folgte, und von dem ich in früher Morgenzeit<lb/>
wieder abgerufen wurde.&#x201C;</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Die Jungfrau von Orleans</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p>Die Jungfrau von Orleans ( Jeane d'Arc ) , er-<lb/>
scheint wie Friedrich v. Schlegel sehr richtig sagt, als<lb/>
der schönste Charakter, welchen die französische Ge-<lb/>
schichte aus der romantischen Mittelzeit aufzuweisen hat.<lb/>
Jeane d'Arc, die Tochter ehrlicher und bemittelter Land-<lb/>
leute im Dorfe Domremy, die sich bis dahin den Ge-<lb/>
schäften des Hauswesens und Andachtsübungen über-<lb/>
ließ, war 18 Jahr alt, schön, und mit jener frommen<lb/>
Schwärmerei begabt, welche ihren Glauben als unmit-<lb/>
telbare Eingebung der Gottheit und für deren Befehle<lb/>
hält, als sie 1429, wo fast ganz Frankreich den Eng-<lb/>
ländern zur Beute ward, zu dem Gouverneur von<lb/>
Vaucouleurs, Robert von Baudricourt kam, und ihm<lb/>
ihre Hülfe für den Dauphin anbot. Anfangs hielt<lb/>
man sie für besessen, und schickte sie zweimal fort, als<lb/>
sie aber zum dritten Male wiederkam, sandte sie Bau-<lb/>
dricourt mit Empfehlungsschreiben nach Chinon, wo<lb/>
der Dauphin damals Hof hielt. Sie wurde zu Poi-<lb/>
tiers von sachkundigen Männern, Theologen und Par-<lb/>
laments=Räthen drei Wochen lang geprüft, späterhin<lb/>
auch von Karls Schwiegermutter und deren Hofdamen<lb/>
insgeheim besichtigt, weil man damals sich vor dem<lb/>
Teufel in allerlei <choice><sic>G.stalten</sic><corr type="editorial">Gestalten</corr></choice> nicht sicher glaubte. Als man<lb/>
gehörige Ueberzeugung hatte, daß Johanna ein frommes<lb/>
begeistertes Mädchen sei, gab man ihr männliche Klei-<lb/>
der, und erlaubte ihr sich zu rüsten. Sie führte das<lb/>
Schwert und die heilige Fahne als Siegeszeichen dem<lb/>
Heere voran, aber weit entfernt grausam zu seyn, wurde<lb/>
sie selbst zwar mehrmals verwundet, hat aber nie eigen-<lb/>
händig getödtet oder Blut vergossen, und eben so wenig<lb/>
ist je &#x2013; wenn auch der gefeierte Dichter das Gegentheil<lb/>
poetisch versichert &#x2013; eine andere irdische Neigung in ihr<lb/>
Herz gekommen als die für das Vaterland. Die allge-<lb/>
mein verbreitete Meinung von ihrer höhern Sendung,<lb/>
an die sie selbst mit frommer Einfalt glaubte, brachte<lb/>
die außerordentlichsten Wirkungen hervor. Die fran-<lb/>
zösischen Feldherren wußten durch sie, die offen, fest<lb/>
und beharrlich, ritterlich, fromm und kühn, nur Ein<lb/>
Ziel im Auge hatte, das Heer zu begeistern, ohne darum<lb/>
stets ihrem Rathe zu folgen. Mit 10,000 Mann, unter<lb/>
dem Befehle von St. Severre, Dunois und La Hire,<lb/>
brach sie von Blois auf und zog am 29. April 1429<lb/>
mit einer Zufuhr in das von den Engländern hart be-<lb/>
drängte Orleans ein. Die Engländer wurden durch<lb/>
wüthende Ausfälle aus ihren Verschanzungen getrieben,<lb/>
und nach Eroberung mehrerer Orte wurde der Feind<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0003] Das Heller=Blatt. Zimmer zu erleuchten; man verhütet dadurch, daß Schade mit dem Licht geschehen kann, wenn die Ammen oder Kindermägde bei der Wiege einschlafen sollten. Man kann bei einem dieser Jnsekten eben so gut schrei- ben und lesen, als bei einem Lichte. Wenn die Jndia- ner reisen, so befestigen sie eins an jedem Fuße, und nehmen eins an die Hand; dies sind auch ihre Fakeln, so oft sie des Nachts auf die Jagd gehen. Sind diese Jnsekten gefangen, so leben sie vierzehn Tage, höchstens drei Wochen; erkranken sie, so vermindert sich ihr Glanz, und im Tode erlischt er völlig. Wenn man auf den Fang dieser Thiere ausgeht, begiebt man sich vor Tagesanbruch mit einem Feuerbrande oder einer Fakel auf den Weg. Man besteigt eine Anhöhe, und schlägt mit dem Feuerbrande ein Rad. Die Cucujus werden von dem Scheine des Brandes herbeigelockt, und fres- sen die Mücken, welche immer nach dem Lichte ziehen; dann schlägt man sie mit grünen Zweigen zu Boden. Die Cucujus gewähren noch einen Nutzen. Wenn man sie gefangen hat, läßt man sie im Hause herumfliegen, nachdem vor alle Oeffnungen sorgfältig verschlossen worden sind; dann durchstöbern sie alle Winkel, und verzehren die Mücken, welche eine große Plage in die- sen warmen Ländern sind; des Nachts dienen sie als Wächter, die sorgfältig verhüten, daß keine Mücke sich blicken läßt, und durch ihren Stich die Ruhe des Schla- fenden stört. Arbeitsamkeit und Zufriedenheit. Der Geschichtsschreiber William Roscon, pflegte zu sagen: „Sollte man mich fragen, welchen Stand ich für den glücklichsten halte, so würde ich antworten: derjenige ist es, der den Erdboden mit eigenen Händen anbaut. Jn einem Alter von 12 Jahren, nachdem ich die Schule verlassen hatte, fing ich an, meinem Vater in seinen Arbeiten beim Ackerbau, behülflich zu seyn, und zwar vorzüglich bei dem Anbau von Kartoffeln, die zum Verkauf bestimmt waren; er hatte nämlich jedes Jahr, denselben einige Morgen Landes gewidmet, und verkaufte sie, wenn sie zeitig reiften, zu sehr hohen Preisen. Er bediente sich beim Anbau derselben blos des Spatens; kamen sie zeitig hervor, so wurden sie in der Gegend von Lucashire als ein wahres Lieblingsge- richt angesehn. Sobald sie die gehörige Größe erreicht hatten, pflegten wir sie gewöhnlich in großen Körben auf unsern Köpfen zu Markte zu tragen, wobei mir immer die Dispositin über den Verkauf überlassen wurde, und wobei ich meinem Vater bald ein nützlicher Gehülfe ward. Mit diesen und ähnlichen mühsamen Beschäftigungen, vorzüglich mit Ackerbau, an dem ich viel Vergnügen fand, brachte ich mehrere Jahre meines Lebens zu, indem ich meine Erholungsstunden der Lec- türe widmete. Durch diese Lebensweise, wurde mein Körper gesund und stark, und mein Eeist aufgeheitert und gebildet, noch bis auf den heutigen Tag, denke ich sehr wohl an jenen köstlichen Schlaf, der auf meine Ar- beiten folgte, und von dem ich in früher Morgenzeit wieder abgerufen wurde.“ Die Jungfrau von Orleans. Die Jungfrau von Orleans ( Jeane d'Arc ) , er- scheint wie Friedrich v. Schlegel sehr richtig sagt, als der schönste Charakter, welchen die französische Ge- schichte aus der romantischen Mittelzeit aufzuweisen hat. Jeane d'Arc, die Tochter ehrlicher und bemittelter Land- leute im Dorfe Domremy, die sich bis dahin den Ge- schäften des Hauswesens und Andachtsübungen über- ließ, war 18 Jahr alt, schön, und mit jener frommen Schwärmerei begabt, welche ihren Glauben als unmit- telbare Eingebung der Gottheit und für deren Befehle hält, als sie 1429, wo fast ganz Frankreich den Eng- ländern zur Beute ward, zu dem Gouverneur von Vaucouleurs, Robert von Baudricourt kam, und ihm ihre Hülfe für den Dauphin anbot. Anfangs hielt man sie für besessen, und schickte sie zweimal fort, als sie aber zum dritten Male wiederkam, sandte sie Bau- dricourt mit Empfehlungsschreiben nach Chinon, wo der Dauphin damals Hof hielt. Sie wurde zu Poi- tiers von sachkundigen Männern, Theologen und Par- laments=Räthen drei Wochen lang geprüft, späterhin auch von Karls Schwiegermutter und deren Hofdamen insgeheim besichtigt, weil man damals sich vor dem Teufel in allerlei Gestalten nicht sicher glaubte. Als man gehörige Ueberzeugung hatte, daß Johanna ein frommes begeistertes Mädchen sei, gab man ihr männliche Klei- der, und erlaubte ihr sich zu rüsten. Sie führte das Schwert und die heilige Fahne als Siegeszeichen dem Heere voran, aber weit entfernt grausam zu seyn, wurde sie selbst zwar mehrmals verwundet, hat aber nie eigen- händig getödtet oder Blut vergossen, und eben so wenig ist je – wenn auch der gefeierte Dichter das Gegentheil poetisch versichert – eine andere irdische Neigung in ihr Herz gekommen als die für das Vaterland. Die allge- mein verbreitete Meinung von ihrer höhern Sendung, an die sie selbst mit frommer Einfalt glaubte, brachte die außerordentlichsten Wirkungen hervor. Die fran- zösischen Feldherren wußten durch sie, die offen, fest und beharrlich, ritterlich, fromm und kühn, nur Ein Ziel im Auge hatte, das Heer zu begeistern, ohne darum stets ihrem Rathe zu folgen. Mit 10,000 Mann, unter dem Befehle von St. Severre, Dunois und La Hire, brach sie von Blois auf und zog am 29. April 1429 mit einer Zufuhr in das von den Engländern hart be- drängte Orleans ein. Die Engländer wurden durch wüthende Ausfälle aus ihren Verschanzungen getrieben, und nach Eroberung mehrerer Orte wurde der Feind

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller38_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller38_1834/3
Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 38. Breslau, 20. September 1834, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller38_1834/3>, abgerufen am 23.11.2024.