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Das Heller-Blatt. Nr. 40. Breslau, 4. Oktober 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] hervorbringt. Von der Gallerie der Rotunde führt
eine Thür in das obere Geschoß des Museums, in wel-
chem die Bildergallerie befindlich ist, im ersten Geschoß
befinden sich die Statuen und im Erdgeschoß die Vasen,
Gemmen, Münzen u. s. w.



Ueber die Stahlstäbegeläute.

Der Schlossermeister Schiedt, zu Görlitz, hat
ein Modell zu einem Geläute durch Stahlstäbe aufge-
stellt, welches folgende Form und Einrichtung hat:
Jn einem leichten Gerüst hängen an Stegen Stahlstäbe.
Sie werden mittelst eines durch eine Oehse der Stäbe
gezogenen Riemens und eines über den Steg angebrach-
ten Vorsteckers schwebend erhalten, und zwar hat der
eine Stab eine glockenförmige Biegung und wiegt
6 Pfund; der zweite Stab hingegen ist in einem Win-
kel von etwa 60 Graden mit geraden Schenkeln gebo-
gen, hat1 1 / 4 Zoll Breite, nahe an dem Scheitel, oder
dem Aufhängepunkt 5 / 8, an den Enden der Schenkel aber
3 / 8 Zoll Stärke und wiegt 18 Pfund; der dritte Stab
endlich ist wie der erste glocken= oder federartig geformt,
und hat eine Schwere von 12 Pfd. - Ueber den Ste-
gen sind, in Zapfen leicht beweglich, Wellen angebracht,
und in letztern Arme mit eisernen Hämmern befestigt,
zugleich aber sind in diesen Wellen oder Axen auch Arme
befindlich, an deren Schnüren man zieht, dadurch die
Wellen dreht und die Hämmer zum Anschlagen bringt.
Der eine Hammer zu einer Feder oder zu einem Stabe,
und der Arm desselben ist ansehnlich schwerer als der
andere Hammer des Doppelarms nebst Zubehör; es
entfernt sich daher der letztere, wenn er angeschlagen
hat, vermöge des Uebergewichts des erstern, sogleich
von dem getroffenen Stab, und der Hammer fällt von
selbst auf den zweiten Schenkel desselben, von welchem
er jedoch ebenfalls wegen dessen Federkraft sogleich wie-
der zurückspringt. Jn demselben Augenblick wird von
neuem an der Schnur gezogen, und das Spiel des
Hammers wiederholt sich auf diese Weise und bringt
ein Geläute hervor, dessen Schnelligkeit der auf einan-
der folgenden Schläge man durch vermehrte oder ver-
minderte Beschwerung des Hammers in seiner Gewalt
hat. - Die Stäbe oder Federn sind aus Steyerschem
sogenannten Jnnerberger Stahl gearbeitet, und geben
einen ziemlich reinen, wohlklingenden und, in Verhält-
niß zur Größe des Modelles, starken Ton, der im
Freien im Durchschnitt ungefähr 775 Schritte oder
1 / 13 preußische Meile getragen wird. - Der Ton der
Stahlstäbe wird bei einer und derselben Gewichtsmasse
vorzugsweise bedingt: 1 ) durch das angewendete Ma-
terial, 2 ) durch die Form und Stärke der Federn oder
Stäbe, und 3 ) durch die Art der Anbringung und durch
sonstige Hülfsmittel.

[Spaltenumbruch]

1 ) Je dichter und feiner ( raffinirter ) der Stahl ist,
um so reiner und schöner, und zugleich um so stärker,
ist der Ton, weshalb das Geläute s[e]hr an Wohlklang
und Stärke gewinnen würde, menn man den besten
raffinirten Stahl dazu nimmt.

2 ) Nicht minder wesentlich, sowohl zur mehrern
oder mindern Stärke des Schalles, als auch zur Erzeu-
gung des Tons in Bezug auf Höhe und Tiefe desselben,
ist die Form und Stärke der Stäbe. Hinsichtlich der
Stärke des Schalles dürfte es hauptsächlich darauf an-
kommen, dem Stab diejenige Form, Breite und Dicke
zu geben, bei welcher er, eine und dieselbe Gewichts-
masse vorausgesetzt, am stärksten vibrirt. Man bilde
aus der Masse einen kurzen, dicken Körper, und es
wird ein hoher, schwacher Ton entstehen; man bild
daraus hingegen einen langen, ganz dünnen Reif, und
man wird einen tiefen, dumpfen Ton erhalten, der
gleich dem erstern nicht in die Weite dringt. Jener
widersteht der Vibration durch seine übermäßige Dicke,
dieser hingegen setzt und pflanzt die empfangene Schwin-
gung vermöge seiner allzugeringen Dicke nicht gehörig
fort. Beides sind die möglichen Extreme, und zwi-
schen ihnen liegt ein Verhältniß zur Länge und Dicke,
welches die größtmögliche Vibration zuläßt.

Dieses Verhältniß, welches bei verschiedenartigem
Material, so wie bei verschiedenen Gewichtsmassen der
Stäbe, sich gewiß auch eben so verschiedenartig modifi-
cirt, läßt sich freilich nur durch vielfältige Versuche aus-
mitteln; jedoch scheint man ihm bei dem Modell schon
ziemlich nahe gekommen zu seyn. Mit den Dimensio-
nen der Stäbe steht die Biegung derselben, in Betreff
der Stärke des Schalles, in enger Beziehung. Wollte
man z. B. von zweien ganz gleichen und gleichtönen-
den, glockenförmig gebogenen Stäben den einen in ei-
nen geradschenkligen Stab verwandeln, so würde dieser,
wie die Versuche bestätigt haben, gegen den glocken-
förmigen bedeutend an Wohlklang und Stärke des
Schalls verlieren. Ein gradschenkliger Stab muß ver-
hältnißmäßig zu seiner Länge stärker gemacht werden,
als ein glockenförmig, unten spiralförmig gebogener,
welche letztere Form überhaupt Vorzüge vor der erstern
zu haben scheint. Der Schall ist kräftiger und länger
nachtönend. - Was den Ton in Bezug auf Höhe und
Tiefe anlangt, so hängt derselbe ebenfalls von der Ge-
stalt, verbunden mit den Dimensionen des Stabes, ab.
Jm Allgemeinen wird bei derselben Gewichtsmasse der
Ton um so höher, je mehr dieselbe koncentrirt, und
um so tiefer, je mehr dieselbe ausgedehnt wird. Man
hat es sonach durch mehreres Ausrecken oder Verkürzen
in seiner Gewalt, den Ton zu vertiefen oder zu erhö-
hen, und ist im Stande, weit sicherer, als beim Gießen
der Glocken geschehen kann, ein Geläute harmonisch
zu stimmen. Daß übrigens hierbei die gewählte Form
der Stäbe ebenfalls wesentlich einwirkt und berücksich-
tigt werden muß, versteht sich von selbst.

[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] hervorbringt. Von der Gallerie der Rotunde führt
eine Thür in das obere Geschoß des Museums, in wel-
chem die Bildergallerie befindlich ist, im ersten Geschoß
befinden sich die Statuen und im Erdgeschoß die Vasen,
Gemmen, Münzen u. s. w.



Ueber die Stahlstäbegeläute.

Der Schlossermeister Schiedt, zu Görlitz, hat
ein Modell zu einem Geläute durch Stahlstäbe aufge-
stellt, welches folgende Form und Einrichtung hat:
Jn einem leichten Gerüst hängen an Stegen Stahlstäbe.
Sie werden mittelst eines durch eine Oehse der Stäbe
gezogenen Riemens und eines über den Steg angebrach-
ten Vorsteckers schwebend erhalten, und zwar hat der
eine Stab eine glockenförmige Biegung und wiegt
6 Pfund; der zweite Stab hingegen ist in einem Win-
kel von etwa 60 Graden mit geraden Schenkeln gebo-
gen, hat1 1 / 4 Zoll Breite, nahe an dem Scheitel, oder
dem Aufhängepunkt 5 / 8, an den Enden der Schenkel aber
3 / 8 Zoll Stärke und wiegt 18 Pfund; der dritte Stab
endlich ist wie der erste glocken= oder federartig geformt,
und hat eine Schwere von 12 Pfd. – Ueber den Ste-
gen sind, in Zapfen leicht beweglich, Wellen angebracht,
und in letztern Arme mit eisernen Hämmern befestigt,
zugleich aber sind in diesen Wellen oder Axen auch Arme
befindlich, an deren Schnüren man zieht, dadurch die
Wellen dreht und die Hämmer zum Anschlagen bringt.
Der eine Hammer zu einer Feder oder zu einem Stabe,
und der Arm desselben ist ansehnlich schwerer als der
andere Hammer des Doppelarms nebst Zubehör; es
entfernt sich daher der letztere, wenn er angeschlagen
hat, vermöge des Uebergewichts des erstern, sogleich
von dem getroffenen Stab, und der Hammer fällt von
selbst auf den zweiten Schenkel desselben, von welchem
er jedoch ebenfalls wegen dessen Federkraft sogleich wie-
der zurückspringt. Jn demselben Augenblick wird von
neuem an der Schnur gezogen, und das Spiel des
Hammers wiederholt sich auf diese Weise und bringt
ein Geläute hervor, dessen Schnelligkeit der auf einan-
der folgenden Schläge man durch vermehrte oder ver-
minderte Beschwerung des Hammers in seiner Gewalt
hat. – Die Stäbe oder Federn sind aus Steyerschem
sogenannten Jnnerberger Stahl gearbeitet, und geben
einen ziemlich reinen, wohlklingenden und, in Verhält-
niß zur Größe des Modelles, starken Ton, der im
Freien im Durchschnitt ungefähr 775 Schritte oder
1 / 13 preußische Meile getragen wird. – Der Ton der
Stahlstäbe wird bei einer und derselben Gewichtsmasse
vorzugsweise bedingt: 1 ) durch das angewendete Ma-
terial, 2 ) durch die Form und Stärke der Federn oder
Stäbe, und 3 ) durch die Art der Anbringung und durch
sonstige Hülfsmittel.

[Spaltenumbruch]

1 ) Je dichter und feiner ( raffinirter ) der Stahl ist,
um so reiner und schöner, und zugleich um so stärker,
ist der Ton, weshalb das Geläute s[e]hr an Wohlklang
und Stärke gewinnen würde, menn man den besten
raffinirten Stahl dazu nimmt.

2 ) Nicht minder wesentlich, sowohl zur mehrern
oder mindern Stärke des Schalles, als auch zur Erzeu-
gung des Tons in Bezug auf Höhe und Tiefe desselben,
ist die Form und Stärke der Stäbe. Hinsichtlich der
Stärke des Schalles dürfte es hauptsächlich darauf an-
kommen, dem Stab diejenige Form, Breite und Dicke
zu geben, bei welcher er, eine und dieselbe Gewichts-
masse vorausgesetzt, am stärksten vibrirt. Man bilde
aus der Masse einen kurzen, dicken Körper, und es
wird ein hoher, schwacher Ton entstehen; man bild
daraus hingegen einen langen, ganz dünnen Reif, und
man wird einen tiefen, dumpfen Ton erhalten, der
gleich dem erstern nicht in die Weite dringt. Jener
widersteht der Vibration durch seine übermäßige Dicke,
dieser hingegen setzt und pflanzt die empfangene Schwin-
gung vermöge seiner allzugeringen Dicke nicht gehörig
fort. Beides sind die möglichen Extreme, und zwi-
schen ihnen liegt ein Verhältniß zur Länge und Dicke,
welches die größtmögliche Vibration zuläßt.

Dieses Verhältniß, welches bei verschiedenartigem
Material, so wie bei verschiedenen Gewichtsmassen der
Stäbe, sich gewiß auch eben so verschiedenartig modifi-
cirt, läßt sich freilich nur durch vielfältige Versuche aus-
mitteln; jedoch scheint man ihm bei dem Modell schon
ziemlich nahe gekommen zu seyn. Mit den Dimensio-
nen der Stäbe steht die Biegung derselben, in Betreff
der Stärke des Schalles, in enger Beziehung. Wollte
man z. B. von zweien ganz gleichen und gleichtönen-
den, glockenförmig gebogenen Stäben den einen in ei-
nen geradschenkligen Stab verwandeln, so würde dieser,
wie die Versuche bestätigt haben, gegen den glocken-
förmigen bedeutend an Wohlklang und Stärke des
Schalls verlieren. Ein gradschenkliger Stab muß ver-
hältnißmäßig zu seiner Länge stärker gemacht werden,
als ein glockenförmig, unten spiralförmig gebogener,
welche letztere Form überhaupt Vorzüge vor der erstern
zu haben scheint. Der Schall ist kräftiger und länger
nachtönend. – Was den Ton in Bezug auf Höhe und
Tiefe anlangt, so hängt derselbe ebenfalls von der Ge-
stalt, verbunden mit den Dimensionen des Stabes, ab.
Jm Allgemeinen wird bei derselben Gewichtsmasse der
Ton um so höher, je mehr dieselbe koncentrirt, und
um so tiefer, je mehr dieselbe ausgedehnt wird. Man
hat es sonach durch mehreres Ausrecken oder Verkürzen
in seiner Gewalt, den Ton zu vertiefen oder zu erhö-
hen, und ist im Stande, weit sicherer, als beim Gießen
der Glocken geschehen kann, ein Geläute harmonisch
zu stimmen. Daß übrigens hierbei die gewählte Form
der Stäbe ebenfalls wesentlich einwirkt und berücksich-
tigt werden muß, versteht sich von selbst.

[Ende Spaltensatz]
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Der eine Hammer zu einer Feder oder zu einem Stabe, und der Arm desselben ist ansehnlich schwerer als der andere Hammer des Doppelarms nebst Zubehör; es entfernt sich daher der letztere, wenn er angeschlagen hat, vermöge des Uebergewichts des erstern, sogleich von dem getroffenen Stab, und der Hammer fällt von selbst auf den zweiten Schenkel desselben, von welchem er jedoch ebenfalls wegen dessen Federkraft sogleich wie- der zurückspringt. 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Der Schall ist kräftiger und länger nachtönend. – Was den Ton in Bezug auf Höhe und Tiefe anlangt, so hängt derselbe ebenfalls von der Ge- stalt, verbunden mit den Dimensionen des Stabes, ab. Jm Allgemeinen wird bei derselben Gewichtsmasse der Ton um so höher, je mehr dieselbe koncentrirt, und um so tiefer, je mehr dieselbe ausgedehnt wird. Man hat es sonach durch mehreres Ausrecken oder Verkürzen in seiner Gewalt, den Ton zu vertiefen oder zu erhö- hen, und ist im Stande, weit sicherer, als beim Gießen der Glocken geschehen kann, ein Geläute harmonisch zu stimmen. Daß übrigens hierbei die gewählte Form der Stäbe ebenfalls wesentlich einwirkt und berücksich- tigt werden muß, versteht sich von selbst.

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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 40. Breslau, 4. Oktober 1834, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller40_1834/6>, abgerufen am 21.11.2024.