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Mährisches Tagblatt. Nr. 132, Olmütz, 12.06.1891.

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[Spaltenumbruch]

des kaiserlichen Edicts zu halten. Der Corre-
spondent des Cityblattes bezeichnet auch das Ge-
rücht von einer eventuellen Verlegung der Haupt-
stadt nach Moskau als unbegründet; das Ge-
rücht dürfte aus einem Versprechen des Kaisers
entstanden sein, der alten Czarenstadt alljährlich
einen Besuch abzustatten.




Locales und Provinzielles.


(FM. Erzherzog Albrecht in Troppan.)

Aus Troppau, 11. Juni wird geschrieben: Heute
Morgens 5 Uhr 22 Minuten langte Herr Erz-
herzog Albrecht mit kleiner Suite mit dem
Frühzuge hier an. Am Bahnhofe wurde derselbe
von dem Herrn Erzherzog Eugen, dem Corps-
commandanten FML. Edler v. Krieghammer,
Divisionär FML. Ritter v. Samonigg, Bri-
gadier Oberst Edler v. Horsetzky, und mehreren
höheren Officieren empfangen. Die Begrüßung
zwischen den beiden Erzherzogen war äußerst
herzlich. Nach derselben begaben sich dieselben
mittelst zweispänniger Equipage in die deutsche
Ordens-Commende, woselbst die Appartements
für Erzherzog Albrecht in Bereitschaft gesetzt
waren. Der frühen Morgenstunde wegen hatte
sich nur ein kleines Publicum am Bahnhofe ein-
gefunden, das Se. kais. Hoheit ehrfurchtsvollst
begrüßte. Jeder feierliche Empfang war verbeten
worden. Der Beginn der Inspicirung der Trup-
pen war auf 8 Uhr angesagt.

(Erzherzog Rainer in Proßnitz.)

Wie
man uns aus Proßnitz schreibt, traf daselbst vor-
gestern Abends Erzherzog Rainer ein
und inspicirte gestern Morgens den Cadre des
Landwehr-Dragoner-Regiments. Von Proßnitz
begab sich der Herr Erzherzog über Olmütz nach
M.-Schönberg zur Inspicirung des dort garni-
sonirenden Landwehr-Bataillons, kehrt heute von
dort nach Olmütz zurück und begibt sich von
hier Nachmittags halb 5 Uhr mit der m.-schles.
Centralbahn nach Troppau, wo er Abends eintrifft.

(Ehrengaben für das 4. mähr. Landes-
schießen.)

Der Protector des 4. mähr. Landes-
schießens Erzherzog Rainer spendete für das-
selbe einen 75 Centimeter hohen, reich vergolde
ten Silberpocal im Werthe von sechshundert
Gulden. -- Die Spende des Herrn Erzherzogs
Eugen für das mähr. Landesschießen besteht
aus einem prachtvollen künstlerisch schön ausge-
[Spaltenumbruch] statteten Pokal aus getriebenem Silber mit reich-
ster Vergoldung. Der Pokal hat mit Deckel, des-
sen Spitze ein Schütze in Tiroler Tracht mit
Stutzen ziert, eine Höhe von 50 Centimetern
und ruht in einer prachtvollen tabernakelartigen
Cassette. Auf der einen Seite trägt der Pokal
die Gravierung: "4. mährisches Landesschießen,
Neutitschein 1891", auf der anderen die erzher-
zogliche Krone, darunter ein großes "E" in ver-
zierter, gothischer Schrift. Der Pokal stammt aus
dem Atelier der Firma J. Mayers Söhne,
Wien, Stefansplatz und hat einen Werth von
200 fl. Der Pokal erregt allgemeine Bewunde-
rung.

(Frühjahrs-Juspicirung der Cavallerie.)

Gestern Vormittag fand die Frühjahrsinspicirung
der unter dem Commando des Herrn Divisions-
Commandanten, Oberstlieutenant Grafen Attems
stehenden 5. und 6. Escadron des 12. Dragoner-
Regiments, durch den Commandanten der 20.
Cavallerie-Brigade Herrn Generalmajor Hartwig
Freiherrn v. Wersebe in der Cavalleriecaserne
nächst Salzergut statt. Heute Nachts begab sich
der Herr Cavallerie-Brigadier in Begleitung des
Commandanten des 12. Dragoner-Regiments,
Herrn Obersten v. Hagen und des Personal-
Adjutanten, Herrn Oberlieutenant Camillo
Lersch zur Frühjahrsinspicirung der 1. und 2.
Escadron des obgenannten Regiments nach Bisenz.
Heute Abend begibt sich der Herr Cavallerie-
Brigadier Generalmajor Freiherr v. Wersebe
nach Krakau zurück.

(Evangelischer Gottesdienst.)

Nächsten
Sonntag Vormittag 10 Uhr findet in der evan-
gelischen Capelle Gottesdienst statt.

(Personales.)

Die Olmützer Handels- und
Gewerbekammer wählte zu ihrem Delegirten beim
Wiener Saatenmarkte das Kammermitglied Herrn
Wilhelm Brieß.

(Todesfälle.)

In Kremsier verstarb Herr
Hugo Pieschl, Professor an der dortigen Landes-
Oberrealschule, im Alter von 49 Jahren. Professor
Pieschl war in den Siebziger-Jahren als Supplent
an der k. k. Staats-Oberrealschule in Brünn
thätig. -- In Proßniß verstarb, wie man uns
von dort meldet, gestern Morgens Herr Franz
Wichterle, Besitzer der dortigen landwirth-
schaftlichen Maschinenfabrik. Derselbe war der
Schwiegervater des Herrn Bezirkshauptmanns
Sedlaczek und ein eifriges Mitglied der katholisch-
conservativen Partei.


[Spaltenumbruch]
(Sitzung der Olmützer Handels- und
Gemerbekammer vom 11. Juni.)

Gestern
Nachmittags fand unter dem Vorsitze des Herrn
Präsidenten Moritz Primavesi eine Sitzung
der Olmützer Handels- und Gewerbekammer
statt. Aus dem reichen Materiale, welches dieß-
mal zur Berathung vorlag, heben wir folgende
Gegenstände heraus: Beschlossen wurde die Aeuße-
rung der Stadtgemeinde Olmütz, daß dieselbe
kein Lagerhaus errichten wolle, zur Kenntniß zu
nehmen und der h. mähr. Statthalterei zu er-
öffnen, daß gegen das Gesuch des Herrn Bernhard
Löwenrosen um Bewilligung zur Errichtung eines
Lagerhauses kein Anstand obwalte, daß jedoch an
die Ertheilung der Concession die Bedingung
geknüpft werden solle, daß das Lagerhaus bin-
nen einem Jahre vom Tage der Concessionser-
theilung errichtet werden müsse, widrigens die
Concession zu erlöschen habe. Herr Bürgermei-
ster v. Engel erwähnt im Laufe der Debatte über
diesen Gegenstand, daß Herr Bernhard Löwenrosen
eine Persönlichkeit sei, der man volles Vertrauen
entgegenbringen könne. -- Zur Kenntniß wird
eine Note des k. k. mähr.-schles. Oberlandesge-
richtes genommen, in welcher mitgetheilt wird,
daß dahin gewirkt werden wird, daß nur taug-
liche und gewissenhafte gerichtliche Schätzmeister
bestellt werden. -- Beschlossen wird dem Vereine
österr. Malzfabrikanten jedwede Unterstützung an-
gedeihen zu lassen. -- Beschlossen wird den von
Herrn A. C. Lemach, Vertreter der Olmützer
Kammer im Staatseisenbahnrathe zugesandten
Bericht über die Thätigkeit dieser Körperschaft
in der letzten Session im Protocolle zu veröffent-
lichen und Herrn Lemach für seine erfolgreiche
Thätigkeit im Staatseisenbahnrathe den Dank zu
votiren. -- Hierauf gelangen mehrere Eisenbahn-
Angelegenheiten zur Berathung und werden nach
den Anträgen des ständigen Ausschusses erledigt.
-- Herr W. Brieß stellt einen Antrag wegen
besserer Zugsverbindung zwischen der Nordbahn
und der mähr. Westbahn (Angenommen). --
Herr S. Zweig stellt einen Antrag bezüglich
des Frachtenverkehres mit der Station Georgs-
walde. -- Herr Back (Proßnitz) stellt einen An-
trag dahingehend, die k. k. priv. Kaiser Ferdi-
nands-Nordbahn möge verhalten werden für eine
bessere directe Bahnverbindung sämmtlicher Städte,
welche auf der Strecke Brünn-Sternberg liegen,
Sorge zu tragen. Dieser Antrag wird dem ständigen
Ausschusse zugewiesen. Hierauf werden die An-




[Spaltenumbruch]
Das Arbild
des Grafen von Monte Christo.

Eine Kriminalnovelle.

(Nachdruck verboten.)

Am 15. April des Jahres 1814 öffneten
sich die Thore des Schlosses Fenestrelle, um
einem Unglücklichen die Freiheit zurückzugeben,
welcher vor acht Jahren in dieses Staatsgefäng-
niß unter dem Namen Josef Lucher geworfen
worden war. Dieser Mann, welchen der Kummer
und die Härte der Gefangenschaft zum Greise
gemacht, hatte im Blick seines Auges alles
Feuer, alle Lebhaftigkeit seiner Jugend bewahrt;
und als er sich das Haar, das tief auf die
Schultern herabfiel, und den grauen Bart hatte
scheeren lassen, hielt man ihn für einen Fünfziger.

Er zählte aber erst vierunddreißig Jahre.

In bescheidener Kleidung und kurzen Tage-
reisen begab sich Josef Lucher nach Piemont. Er
erhob dort ein ungeheures Vermögen, zu dessen
Erben ihn ein Italiener, der sein Haftgenosse
gewesen und am 14. Januar 1814 gestorben
war, eingesetzt hatte.

Dieses Erbe bestand in einem, sieben Mil-
lionen werthenden Grundbesitz, dessen Renten in
Mailand, Hamburg und Amsterdam zahlbar
waren, ferner in einem Schatz von Juwelen und
Bargeld, der an einem von den Italiener genau
bezeichneten Orte zu heben war. Josef Lucher
hob den Schatz, setzte eine Million desselben in
curante Münze um, legte den Rest sicher an
und so, daß er in Italien, Frankreich, Deutsch-
land und England jederzeit an den ersten Banken
Geld erheben konnte und reiste nach Paris zurück.
Aber als er in seinem, wieder unter das väter-
liche Scepter der Bourbonen gestellten Vater-
[Spaltenumbruch] lande ankam, war auch Napoleon wieder nach
Frankreich zurückgekehrt. Der politische Verur-
theilte meldete sich in einem Krankenhause um
Aufnahme, wo er bis zum Juli 1815 verblieb.

Als er nichts mehr von der kaiserlichen Re-
gierung zu befürchten hatte, verließ er das
Krankenhaus und begab sich nach dem Platze
Saint-Opportune. Dieser Platz hatte seit dem
Jahre 1806 sehr viele Veränderungen erfahren;
das kleine Kaffeehaus, in welchem Lucher als
Franz Piecaut verkehrt hatte, war verschwunden.
Lucher fragte nach dem Wirth Loupian.

-- Loupian, ward ihm geantwortet, hat
seine Wirthschaft seit 1808 verkauft und ein
großartiges Kaffeehaus auf dem Boulevard
Montmartre errichtet.

-- Hat er denn Geld geerbt?

-- Ja. Er hat eine ebenso schöne als reiche
Dirne geheirathet.

-- Ihr Name?

-- Warten Sie, wie heißt sie doch gleich?
Therese ... Therese ...

-- Vigouroux?

-- Ganz recht. Haben Sie das Mädchen
gekannt?

-- Ja. Ich habe sie ein einziges Mal ge-
sehen, antwortete Lucher; an dem Tage, als sie
einen Landsmann von Loupian, einen gewissen
Franz Picaut, heirathen sollte. Was ist aus die-
sem Picaut geworden? Hat man etwas gehört
über ihn?

-- Man weiß nichts über seinen Verbleib.

-- Wo könnte ich mich wohl nach ihm er-
kundigen? Sie haben den Mann nicht gekannt?

-- O gewiß! es war ein hübscher, gut-
müthiger Gesell, den ich oft gesehen habe, und
der mir, obwohl er nicht reich war, manche Ge-
fälligkeit erwiesen hat. Aber er war und blieb
verschwunden.

-- Sie haben aber doch zu erfahren gesucht,
was aus ihm geworden ist?


[Spaltenumbruch]

-- Du lieber Gott! zu jener Zeit, unter
dem Usurpator, hat man nicht viel zu reden ge-
wagt ... dann hat ein Ereigniß das andere
gejagt ...

-- Ich habe damals oft mit Picaut in dem
kleinen Kaffeehaus Loupians verkehrt, versetzte
Lucher. Auch einen gewissen Anton Allut habe ich
dort getroffen.

-- Allut! ... das ist ja ein recht netter
Name!

-- Wo wohnt er jetzt?

-- Er ist nicht mehr in Paris. Es gefiel
ihm nicht; er hatte auch kein rechtes Glück hier.
Er ist wieder nach Nimes gegangen.

Joseph Lucher war befriedigt von diesen
Auskünften und schied von dem Mann. Am
Abend nahm er Postpferde und reiste nach Nimes.
Bevor er sich jedoch auf den Weg machte, hatte
er es für gerathen erachtet, sich als Klosterabt zu
kleiden. Unter dem kirchlichen Gewande und dem
Namen Baldini trat er bei Allut ein.

Derselbe hatte sich verheirathet. Aber er war
weniger glücklich als Loupian gewesen; seine Frau
war häßlich und besaß keine Mitgift.

Der Abt Baldini sprach ihn ungefähr fol-
germaßen an:

-- Lieber Herr! Als Bonaparte sich des
Königreichs Neapel bemächtigte und seinen Schwa-
ger Murat zum König über dasselbe setzte, ward
ich in das Gefängniß der Hauptstadt gesetzt.
Hier machte ich Bekanntschaft eines Landsmanns
von Ihnen und schloß mit ihm innige Freund-
schaft. Er war noch nicht dreißig alt geworden,
als ich den Schmerz hatte, ihn zu verlieren.
Sein Name war Franz Picaut.

-- Picaut! was sagen Sie, Herr? rief
Allut aus.

-- Ja, Franz Picaut, wiederholte der Abt.
Er war aus Nimes gebürtig.

-- Er ... in Italien ... in Neapel ..
im Gefängniß in Neapel! .... Ich hab' ihn


[Spaltenumbruch]

des kaiſerlichen Edicts zu halten. Der Corre-
ſpondent des Cityblattes bezeichnet auch das Ge-
rücht von einer eventuellen Verlegung der Haupt-
ſtadt nach Moskau als unbegründet; das Ge-
rücht dürfte aus einem Verſprechen des Kaiſers
entſtanden ſein, der alten Czarenſtadt alljährlich
einen Beſuch abzuſtatten.




Locales und Provinzielles.


(FM. Erzherzog Albrecht in Troppan.)

Aus Troppau, 11. Juni wird geſchrieben: Heute
Morgens 5 Uhr 22 Minuten langte Herr Erz-
herzog Albrecht mit kleiner Suite mit dem
Frühzuge hier an. Am Bahnhofe wurde derſelbe
von dem Herrn Erzherzog Eugen, dem Corps-
commandanten FML. Edler v. Krieghammer,
Diviſionär FML. Ritter v. Samonigg, Bri-
gadier Oberſt Edler v. Horſetzky, und mehreren
höheren Officieren empfangen. Die Begrüßung
zwiſchen den beiden Erzherzogen war äußerſt
herzlich. Nach derſelben begaben ſich dieſelben
mittelſt zweiſpänniger Equipage in die deutſche
Ordens-Commende, woſelbſt die Appartements
für Erzherzog Albrecht in Bereitſchaft geſetzt
waren. Der frühen Morgenſtunde wegen hatte
ſich nur ein kleines Publicum am Bahnhofe ein-
gefunden, das Se. kaiſ. Hoheit ehrfurchtsvollſt
begrüßte. Jeder feierliche Empfang war verbeten
worden. Der Beginn der Inſpicirung der Trup-
pen war auf 8 Uhr angeſagt.

(Erzherzog Rainer in Proßnitz.)

Wie
man uns aus Proßnitz ſchreibt, traf daſelbſt vor-
geſtern Abends Erzherzog Rainer ein
und inſpicirte geſtern Morgens den Cadre des
Landwehr-Dragoner-Regiments. Von Proßnitz
begab ſich der Herr Erzherzog über Olmütz nach
M.-Schönberg zur Inſpicirung des dort garni-
ſonirenden Landwehr-Bataillons, kehrt heute von
dort nach Olmütz zurück und begibt ſich von
hier Nachmittags halb 5 Uhr mit der m.-ſchleſ.
Centralbahn nach Troppau, wo er Abends eintrifft.

(Ehrengaben für das 4. mähr. Landes-
ſchießen.)

Der Protector des 4. mähr. Landes-
ſchießens Erzherzog Rainer ſpendete für das-
ſelbe einen 75 Centimeter hohen, reich vergolde
ten Silberpocal im Werthe von ſechshundert
Gulden. — Die Spende des Herrn Erzherzogs
Eugen für das mähr. Landesſchießen beſteht
aus einem prachtvollen künſtleriſch ſchön ausge-
[Spaltenumbruch] ſtatteten Pokal aus getriebenem Silber mit reich-
ſter Vergoldung. Der Pokal hat mit Deckel, deſ-
ſen Spitze ein Schütze in Tiroler Tracht mit
Stutzen ziert, eine Höhe von 50 Centimetern
und ruht in einer prachtvollen tabernakelartigen
Caſſette. Auf der einen Seite trägt der Pokal
die Gravierung: „4. mähriſches Landesſchießen,
Neutitſchein 1891“, auf der anderen die erzher-
zogliche Krone, darunter ein großes „E“ in ver-
zierter, gothiſcher Schrift. Der Pokal ſtammt aus
dem Atelier der Firma J. Mayers Söhne,
Wien, Stefansplatz und hat einen Werth von
200 fl. Der Pokal erregt allgemeine Bewunde-
rung.

(Frühjahrs-Juſpicirung der Cavallerie.)

Geſtern Vormittag fand die Frühjahrsinſpicirung
der unter dem Commando des Herrn Diviſions-
Commandanten, Oberſtlieutenant Grafen Attems
ſtehenden 5. und 6. Escadron des 12. Dragoner-
Regiments, durch den Commandanten der 20.
Cavallerie-Brigade Herrn Generalmajor Hartwig
Freiherrn v. Werſebe in der Cavalleriecaſerne
nächſt Salzergut ſtatt. Heute Nachts begab ſich
der Herr Cavallerie-Brigadier in Begleitung des
Commandanten des 12. Dragoner-Regiments,
Herrn Oberſten v. Hagen und des Perſonal-
Adjutanten, Herrn Oberlieutenant Camillo
Lerſch zur Frühjahrsinſpicirung der 1. und 2.
Escadron des obgenannten Regiments nach Biſenz.
Heute Abend begibt ſich der Herr Cavallerie-
Brigadier Generalmajor Freiherr v. Werſebe
nach Krakau zurück.

(Evangeliſcher Gottesdienſt.)

Nächſten
Sonntag Vormittag 10 Uhr findet in der evan-
geliſchen Capelle Gottesdienſt ſtatt.

(Perſonales.)

Die Olmützer Handels- und
Gewerbekammer wählte zu ihrem Delegirten beim
Wiener Saatenmarkte das Kammermitglied Herrn
Wilhelm Brieß.

(Todesfälle.)

In Kremſier verſtarb Herr
Hugo Pieſchl, Profeſſor an der dortigen Landes-
Oberrealſchule, im Alter von 49 Jahren. Profeſſor
Pieſchl war in den Siebziger-Jahren als Supplent
an der k. k. Staats-Oberrealſchule in Brünn
thätig. — In Proßniß verſtarb, wie man uns
von dort meldet, geſtern Morgens Herr Franz
Wichterle, Beſitzer der dortigen landwirth-
ſchaftlichen Maſchinenfabrik. Derſelbe war der
Schwiegervater des Herrn Bezirkshauptmanns
Sedlaczek und ein eifriges Mitglied der katholiſch-
conſervativen Partei.


[Spaltenumbruch]
(Sitzung der Olmützer Handels- und
Gemerbekammer vom 11. Juni.)

Geſtern
Nachmittags fand unter dem Vorſitze des Herrn
Präſidenten Moritz Primaveſi eine Sitzung
der Olmützer Handels- und Gewerbekammer
ſtatt. Aus dem reichen Materiale, welches dieß-
mal zur Berathung vorlag, heben wir folgende
Gegenſtände heraus: Beſchloſſen wurde die Aeuße-
rung der Stadtgemeinde Olmütz, daß dieſelbe
kein Lagerhaus errichten wolle, zur Kenntniß zu
nehmen und der h. mähr. Statthalterei zu er-
öffnen, daß gegen das Geſuch des Herrn Bernhard
Löwenroſen um Bewilligung zur Errichtung eines
Lagerhauſes kein Anſtand obwalte, daß jedoch an
die Ertheilung der Conceſſion die Bedingung
geknüpft werden ſolle, daß das Lagerhaus bin-
nen einem Jahre vom Tage der Conceſſionser-
theilung errichtet werden müſſe, widrigens die
Conceſſion zu erlöſchen habe. Herr Bürgermei-
ſter v. Engel erwähnt im Laufe der Debatte über
dieſen Gegenſtand, daß Herr Bernhard Löwenroſen
eine Perſönlichkeit ſei, der man volles Vertrauen
entgegenbringen könne. — Zur Kenntniß wird
eine Note des k. k. mähr.-ſchleſ. Oberlandesge-
richtes genommen, in welcher mitgetheilt wird,
daß dahin gewirkt werden wird, daß nur taug-
liche und gewiſſenhafte gerichtliche Schätzmeiſter
beſtellt werden. — Beſchloſſen wird dem Vereine
öſterr. Malzfabrikanten jedwede Unterſtützung an-
gedeihen zu laſſen. — Beſchloſſen wird den von
Herrn A. C. Lemach, Vertreter der Olmützer
Kammer im Staatseiſenbahnrathe zugeſandten
Bericht über die Thätigkeit dieſer Körperſchaft
in der letzten Seſſion im Protocolle zu veröffent-
lichen und Herrn Lemach für ſeine erfolgreiche
Thätigkeit im Staatseiſenbahnrathe den Dank zu
votiren. — Hierauf gelangen mehrere Eiſenbahn-
Angelegenheiten zur Berathung und werden nach
den Anträgen des ſtändigen Ausſchuſſes erledigt.
— Herr W. Brieß ſtellt einen Antrag wegen
beſſerer Zugsverbindung zwiſchen der Nordbahn
und der mähr. Weſtbahn (Angenommen). —
Herr S. Zweig ſtellt einen Antrag bezüglich
des Frachtenverkehres mit der Station Georgs-
walde. — Herr Back (Proßnitz) ſtellt einen An-
trag dahingehend, die k. k. priv. Kaiſer Ferdi-
nands-Nordbahn möge verhalten werden für eine
beſſere directe Bahnverbindung ſämmtlicher Städte,
welche auf der Strecke Brünn-Sternberg liegen,
Sorge zu tragen. Dieſer Antrag wird dem ſtändigen
Ausſchuſſe zugewieſen. Hierauf werden die An-




[Spaltenumbruch]
Das Arbild
des Grafen von Monte Chriſto.

Eine Kriminalnovelle.

(Nachdruck verboten.)

Am 15. April des Jahres 1814 öffneten
ſich die Thore des Schloſſes Feneſtrelle, um
einem Unglücklichen die Freiheit zurückzugeben,
welcher vor acht Jahren in dieſes Staatsgefäng-
niß unter dem Namen Joſef Lucher geworfen
worden war. Dieſer Mann, welchen der Kummer
und die Härte der Gefangenſchaft zum Greiſe
gemacht, hatte im Blick ſeines Auges alles
Feuer, alle Lebhaftigkeit ſeiner Jugend bewahrt;
und als er ſich das Haar, das tief auf die
Schultern herabfiel, und den grauen Bart hatte
ſcheeren laſſen, hielt man ihn für einen Fünfziger.

Er zählte aber erſt vierunddreißig Jahre.

In beſcheidener Kleidung und kurzen Tage-
reiſen begab ſich Joſef Lucher nach Piemont. Er
erhob dort ein ungeheures Vermögen, zu deſſen
Erben ihn ein Italiener, der ſein Haftgenoſſe
geweſen und am 14. Januar 1814 geſtorben
war, eingeſetzt hatte.

Dieſes Erbe beſtand in einem, ſieben Mil-
lionen werthenden Grundbeſitz, deſſen Renten in
Mailand, Hamburg und Amſterdam zahlbar
waren, ferner in einem Schatz von Juwelen und
Bargeld, der an einem von den Italiener genau
bezeichneten Orte zu heben war. Joſef Lucher
hob den Schatz, ſetzte eine Million desſelben in
curante Münze um, legte den Reſt ſicher an
und ſo, daß er in Italien, Frankreich, Deutſch-
land und England jederzeit an den erſten Banken
Geld erheben konnte und reiſte nach Paris zurück.
Aber als er in ſeinem, wieder unter das väter-
liche Scepter der Bourbonen geſtellten Vater-
[Spaltenumbruch] lande ankam, war auch Napoleon wieder nach
Frankreich zurückgekehrt. Der politiſche Verur-
theilte meldete ſich in einem Krankenhauſe um
Aufnahme, wo er bis zum Juli 1815 verblieb.

Als er nichts mehr von der kaiſerlichen Re-
gierung zu befürchten hatte, verließ er das
Krankenhaus und begab ſich nach dem Platze
Saint-Opportune. Dieſer Platz hatte ſeit dem
Jahre 1806 ſehr viele Veränderungen erfahren;
das kleine Kaffeehaus, in welchem Lucher als
Franz Piecaut verkehrt hatte, war verſchwunden.
Lucher fragte nach dem Wirth Loupian.

— Loupian, ward ihm geantwortet, hat
ſeine Wirthſchaft ſeit 1808 verkauft und ein
großartiges Kaffeehaus auf dem Boulevard
Montmartre errichtet.

— Hat er denn Geld geerbt?

— Ja. Er hat eine ebenſo ſchöne als reiche
Dirne geheirathet.

— Ihr Name?

— Warten Sie, wie heißt ſie doch gleich?
Thereſe ... Thereſe ...

— Vigouroux?

— Ganz recht. Haben Sie das Mädchen
gekannt?

— Ja. Ich habe ſie ein einziges Mal ge-
ſehen, antwortete Lucher; an dem Tage, als ſie
einen Landsmann von Loupian, einen gewiſſen
Franz Picaut, heirathen ſollte. Was iſt aus die-
ſem Picaut geworden? Hat man etwas gehört
über ihn?

— Man weiß nichts über ſeinen Verbleib.

— Wo könnte ich mich wohl nach ihm er-
kundigen? Sie haben den Mann nicht gekannt?

— O gewiß! es war ein hübſcher, gut-
müthiger Geſell, den ich oft geſehen habe, und
der mir, obwohl er nicht reich war, manche Ge-
fälligkeit erwieſen hat. Aber er war und blieb
verſchwunden.

— Sie haben aber doch zu erfahren geſucht,
was aus ihm geworden iſt?


[Spaltenumbruch]

— Du lieber Gott! zu jener Zeit, unter
dem Uſurpator, hat man nicht viel zu reden ge-
wagt ... dann hat ein Ereigniß das andere
gejagt ...

— Ich habe damals oft mit Picaut in dem
kleinen Kaffeehaus Loupians verkehrt, verſetzte
Lucher. Auch einen gewiſſen Anton Allut habe ich
dort getroffen.

— Allut! ... das iſt ja ein recht netter
Name!

— Wo wohnt er jetzt?

— Er iſt nicht mehr in Paris. Es gefiel
ihm nicht; er hatte auch kein rechtes Glück hier.
Er iſt wieder nach Nimes gegangen.

Joſeph Lucher war befriedigt von dieſen
Auskünften und ſchied von dem Mann. Am
Abend nahm er Poſtpferde und reiſte nach Nimes.
Bevor er ſich jedoch auf den Weg machte, hatte
er es für gerathen erachtet, ſich als Kloſterabt zu
kleiden. Unter dem kirchlichen Gewande und dem
Namen Baldini trat er bei Allut ein.

Derſelbe hatte ſich verheirathet. Aber er war
weniger glücklich als Loupian geweſen; ſeine Frau
war häßlich und beſaß keine Mitgift.

Der Abt Baldini ſprach ihn ungefähr fol-
germaßen an:

— Lieber Herr! Als Bonaparte ſich des
Königreichs Neapel bemächtigte und ſeinen Schwa-
ger Murat zum König über dasſelbe ſetzte, ward
ich in das Gefängniß der Hauptſtadt geſetzt.
Hier machte ich Bekanntſchaft eines Landsmanns
von Ihnen und ſchloß mit ihm innige Freund-
ſchaft. Er war noch nicht dreißig alt geworden,
als ich den Schmerz hatte, ihn zu verlieren.
Sein Name war Franz Picaut.

— Picaut! was ſagen Sie, Herr? rief
Allut aus.

— Ja, Franz Picaut, wiederholte der Abt.
Er war aus Nimes gebürtig.

— Er ... in Italien ... in Neapel ..
im Gefängniß in Neapel! .... Ich hab’ ihn


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[[3]/0003] des kaiſerlichen Edicts zu halten. Der Corre- ſpondent des Cityblattes bezeichnet auch das Ge- rücht von einer eventuellen Verlegung der Haupt- ſtadt nach Moskau als unbegründet; das Ge- rücht dürfte aus einem Verſprechen des Kaiſers entſtanden ſein, der alten Czarenſtadt alljährlich einen Beſuch abzuſtatten. Locales und Provinzielles. Olmütz, 12. Juni. (FM. Erzherzog Albrecht in Troppan.) Aus Troppau, 11. Juni wird geſchrieben: Heute Morgens 5 Uhr 22 Minuten langte Herr Erz- herzog Albrecht mit kleiner Suite mit dem Frühzuge hier an. Am Bahnhofe wurde derſelbe von dem Herrn Erzherzog Eugen, dem Corps- commandanten FML. Edler v. Krieghammer, Diviſionär FML. Ritter v. Samonigg, Bri- gadier Oberſt Edler v. Horſetzky, und mehreren höheren Officieren empfangen. Die Begrüßung zwiſchen den beiden Erzherzogen war äußerſt herzlich. Nach derſelben begaben ſich dieſelben mittelſt zweiſpänniger Equipage in die deutſche Ordens-Commende, woſelbſt die Appartements für Erzherzog Albrecht in Bereitſchaft geſetzt waren. Der frühen Morgenſtunde wegen hatte ſich nur ein kleines Publicum am Bahnhofe ein- gefunden, das Se. kaiſ. Hoheit ehrfurchtsvollſt begrüßte. Jeder feierliche Empfang war verbeten worden. Der Beginn der Inſpicirung der Trup- pen war auf 8 Uhr angeſagt. (Erzherzog Rainer in Proßnitz.) Wie man uns aus Proßnitz ſchreibt, traf daſelbſt vor- geſtern Abends Erzherzog Rainer ein und inſpicirte geſtern Morgens den Cadre des Landwehr-Dragoner-Regiments. Von Proßnitz begab ſich der Herr Erzherzog über Olmütz nach M.-Schönberg zur Inſpicirung des dort garni- ſonirenden Landwehr-Bataillons, kehrt heute von dort nach Olmütz zurück und begibt ſich von hier Nachmittags halb 5 Uhr mit der m.-ſchleſ. Centralbahn nach Troppau, wo er Abends eintrifft. (Ehrengaben für das 4. mähr. Landes- ſchießen.) Der Protector des 4. mähr. Landes- ſchießens Erzherzog Rainer ſpendete für das- ſelbe einen 75 Centimeter hohen, reich vergolde ten Silberpocal im Werthe von ſechshundert Gulden. — Die Spende des Herrn Erzherzogs Eugen für das mähr. Landesſchießen beſteht aus einem prachtvollen künſtleriſch ſchön ausge- ſtatteten Pokal aus getriebenem Silber mit reich- ſter Vergoldung. Der Pokal hat mit Deckel, deſ- ſen Spitze ein Schütze in Tiroler Tracht mit Stutzen ziert, eine Höhe von 50 Centimetern und ruht in einer prachtvollen tabernakelartigen Caſſette. Auf der einen Seite trägt der Pokal die Gravierung: „4. mähriſches Landesſchießen, Neutitſchein 1891“, auf der anderen die erzher- zogliche Krone, darunter ein großes „E“ in ver- zierter, gothiſcher Schrift. Der Pokal ſtammt aus dem Atelier der Firma J. Mayers Söhne, Wien, Stefansplatz und hat einen Werth von 200 fl. Der Pokal erregt allgemeine Bewunde- rung. (Frühjahrs-Juſpicirung der Cavallerie.) Geſtern Vormittag fand die Frühjahrsinſpicirung der unter dem Commando des Herrn Diviſions- Commandanten, Oberſtlieutenant Grafen Attems ſtehenden 5. und 6. Escadron des 12. Dragoner- Regiments, durch den Commandanten der 20. Cavallerie-Brigade Herrn Generalmajor Hartwig Freiherrn v. Werſebe in der Cavalleriecaſerne nächſt Salzergut ſtatt. Heute Nachts begab ſich der Herr Cavallerie-Brigadier in Begleitung des Commandanten des 12. Dragoner-Regiments, Herrn Oberſten v. Hagen und des Perſonal- Adjutanten, Herrn Oberlieutenant Camillo Lerſch zur Frühjahrsinſpicirung der 1. und 2. Escadron des obgenannten Regiments nach Biſenz. Heute Abend begibt ſich der Herr Cavallerie- Brigadier Generalmajor Freiherr v. Werſebe nach Krakau zurück. (Evangeliſcher Gottesdienſt.) Nächſten Sonntag Vormittag 10 Uhr findet in der evan- geliſchen Capelle Gottesdienſt ſtatt. (Perſonales.) Die Olmützer Handels- und Gewerbekammer wählte zu ihrem Delegirten beim Wiener Saatenmarkte das Kammermitglied Herrn Wilhelm Brieß. (Todesfälle.) In Kremſier verſtarb Herr Hugo Pieſchl, Profeſſor an der dortigen Landes- Oberrealſchule, im Alter von 49 Jahren. Profeſſor Pieſchl war in den Siebziger-Jahren als Supplent an der k. k. Staats-Oberrealſchule in Brünn thätig. — In Proßniß verſtarb, wie man uns von dort meldet, geſtern Morgens Herr Franz Wichterle, Beſitzer der dortigen landwirth- ſchaftlichen Maſchinenfabrik. Derſelbe war der Schwiegervater des Herrn Bezirkshauptmanns Sedlaczek und ein eifriges Mitglied der katholiſch- conſervativen Partei. (Sitzung der Olmützer Handels- und Gemerbekammer vom 11. Juni.) Geſtern Nachmittags fand unter dem Vorſitze des Herrn Präſidenten Moritz Primaveſi eine Sitzung der Olmützer Handels- und Gewerbekammer ſtatt. Aus dem reichen Materiale, welches dieß- mal zur Berathung vorlag, heben wir folgende Gegenſtände heraus: Beſchloſſen wurde die Aeuße- rung der Stadtgemeinde Olmütz, daß dieſelbe kein Lagerhaus errichten wolle, zur Kenntniß zu nehmen und der h. mähr. Statthalterei zu er- öffnen, daß gegen das Geſuch des Herrn Bernhard Löwenroſen um Bewilligung zur Errichtung eines Lagerhauſes kein Anſtand obwalte, daß jedoch an die Ertheilung der Conceſſion die Bedingung geknüpft werden ſolle, daß das Lagerhaus bin- nen einem Jahre vom Tage der Conceſſionser- theilung errichtet werden müſſe, widrigens die Conceſſion zu erlöſchen habe. Herr Bürgermei- ſter v. Engel erwähnt im Laufe der Debatte über dieſen Gegenſtand, daß Herr Bernhard Löwenroſen eine Perſönlichkeit ſei, der man volles Vertrauen entgegenbringen könne. — Zur Kenntniß wird eine Note des k. k. mähr.-ſchleſ. Oberlandesge- richtes genommen, in welcher mitgetheilt wird, daß dahin gewirkt werden wird, daß nur taug- liche und gewiſſenhafte gerichtliche Schätzmeiſter beſtellt werden. — Beſchloſſen wird dem Vereine öſterr. Malzfabrikanten jedwede Unterſtützung an- gedeihen zu laſſen. — Beſchloſſen wird den von Herrn A. C. Lemach, Vertreter der Olmützer Kammer im Staatseiſenbahnrathe zugeſandten Bericht über die Thätigkeit dieſer Körperſchaft in der letzten Seſſion im Protocolle zu veröffent- lichen und Herrn Lemach für ſeine erfolgreiche Thätigkeit im Staatseiſenbahnrathe den Dank zu votiren. — Hierauf gelangen mehrere Eiſenbahn- Angelegenheiten zur Berathung und werden nach den Anträgen des ſtändigen Ausſchuſſes erledigt. — Herr W. Brieß ſtellt einen Antrag wegen beſſerer Zugsverbindung zwiſchen der Nordbahn und der mähr. Weſtbahn (Angenommen). — Herr S. Zweig ſtellt einen Antrag bezüglich des Frachtenverkehres mit der Station Georgs- walde. — Herr Back (Proßnitz) ſtellt einen An- trag dahingehend, die k. k. priv. Kaiſer Ferdi- nands-Nordbahn möge verhalten werden für eine beſſere directe Bahnverbindung ſämmtlicher Städte, welche auf der Strecke Brünn-Sternberg liegen, Sorge zu tragen. Dieſer Antrag wird dem ſtändigen Ausſchuſſe zugewieſen. Hierauf werden die An- Das Arbild des Grafen von Monte Chriſto. Eine Kriminalnovelle. (Nachdruck verboten.) Am 15. April des Jahres 1814 öffneten ſich die Thore des Schloſſes Feneſtrelle, um einem Unglücklichen die Freiheit zurückzugeben, welcher vor acht Jahren in dieſes Staatsgefäng- niß unter dem Namen Joſef Lucher geworfen worden war. Dieſer Mann, welchen der Kummer und die Härte der Gefangenſchaft zum Greiſe gemacht, hatte im Blick ſeines Auges alles Feuer, alle Lebhaftigkeit ſeiner Jugend bewahrt; und als er ſich das Haar, das tief auf die Schultern herabfiel, und den grauen Bart hatte ſcheeren laſſen, hielt man ihn für einen Fünfziger. Er zählte aber erſt vierunddreißig Jahre. In beſcheidener Kleidung und kurzen Tage- reiſen begab ſich Joſef Lucher nach Piemont. Er erhob dort ein ungeheures Vermögen, zu deſſen Erben ihn ein Italiener, der ſein Haftgenoſſe geweſen und am 14. Januar 1814 geſtorben war, eingeſetzt hatte. Dieſes Erbe beſtand in einem, ſieben Mil- lionen werthenden Grundbeſitz, deſſen Renten in Mailand, Hamburg und Amſterdam zahlbar waren, ferner in einem Schatz von Juwelen und Bargeld, der an einem von den Italiener genau bezeichneten Orte zu heben war. Joſef Lucher hob den Schatz, ſetzte eine Million desſelben in curante Münze um, legte den Reſt ſicher an und ſo, daß er in Italien, Frankreich, Deutſch- land und England jederzeit an den erſten Banken Geld erheben konnte und reiſte nach Paris zurück. Aber als er in ſeinem, wieder unter das väter- liche Scepter der Bourbonen geſtellten Vater- lande ankam, war auch Napoleon wieder nach Frankreich zurückgekehrt. Der politiſche Verur- theilte meldete ſich in einem Krankenhauſe um Aufnahme, wo er bis zum Juli 1815 verblieb. Als er nichts mehr von der kaiſerlichen Re- gierung zu befürchten hatte, verließ er das Krankenhaus und begab ſich nach dem Platze Saint-Opportune. Dieſer Platz hatte ſeit dem Jahre 1806 ſehr viele Veränderungen erfahren; das kleine Kaffeehaus, in welchem Lucher als Franz Piecaut verkehrt hatte, war verſchwunden. Lucher fragte nach dem Wirth Loupian. — Loupian, ward ihm geantwortet, hat ſeine Wirthſchaft ſeit 1808 verkauft und ein großartiges Kaffeehaus auf dem Boulevard Montmartre errichtet. — Hat er denn Geld geerbt? — Ja. Er hat eine ebenſo ſchöne als reiche Dirne geheirathet. — Ihr Name? — Warten Sie, wie heißt ſie doch gleich? Thereſe ... Thereſe ... — Vigouroux? — Ganz recht. Haben Sie das Mädchen gekannt? — Ja. Ich habe ſie ein einziges Mal ge- ſehen, antwortete Lucher; an dem Tage, als ſie einen Landsmann von Loupian, einen gewiſſen Franz Picaut, heirathen ſollte. Was iſt aus die- ſem Picaut geworden? Hat man etwas gehört über ihn? — Man weiß nichts über ſeinen Verbleib. — Wo könnte ich mich wohl nach ihm er- kundigen? Sie haben den Mann nicht gekannt? — O gewiß! es war ein hübſcher, gut- müthiger Geſell, den ich oft geſehen habe, und der mir, obwohl er nicht reich war, manche Ge- fälligkeit erwieſen hat. Aber er war und blieb verſchwunden. — Sie haben aber doch zu erfahren geſucht, was aus ihm geworden iſt? — Du lieber Gott! zu jener Zeit, unter dem Uſurpator, hat man nicht viel zu reden ge- wagt ... dann hat ein Ereigniß das andere gejagt ... — Ich habe damals oft mit Picaut in dem kleinen Kaffeehaus Loupians verkehrt, verſetzte Lucher. Auch einen gewiſſen Anton Allut habe ich dort getroffen. — Allut! ... das iſt ja ein recht netter Name! — Wo wohnt er jetzt? — Er iſt nicht mehr in Paris. Es gefiel ihm nicht; er hatte auch kein rechtes Glück hier. Er iſt wieder nach Nimes gegangen. Joſeph Lucher war befriedigt von dieſen Auskünften und ſchied von dem Mann. Am Abend nahm er Poſtpferde und reiſte nach Nimes. Bevor er ſich jedoch auf den Weg machte, hatte er es für gerathen erachtet, ſich als Kloſterabt zu kleiden. Unter dem kirchlichen Gewande und dem Namen Baldini trat er bei Allut ein. Derſelbe hatte ſich verheirathet. Aber er war weniger glücklich als Loupian geweſen; ſeine Frau war häßlich und beſaß keine Mitgift. Der Abt Baldini ſprach ihn ungefähr fol- germaßen an: — Lieber Herr! Als Bonaparte ſich des Königreichs Neapel bemächtigte und ſeinen Schwa- ger Murat zum König über dasſelbe ſetzte, ward ich in das Gefängniß der Hauptſtadt geſetzt. Hier machte ich Bekanntſchaft eines Landsmanns von Ihnen und ſchloß mit ihm innige Freund- ſchaft. Er war noch nicht dreißig alt geworden, als ich den Schmerz hatte, ihn zu verlieren. Sein Name war Franz Picaut. — Picaut! was ſagen Sie, Herr? rief Allut aus. — Ja, Franz Picaut, wiederholte der Abt. Er war aus Nimes gebürtig. — Er ... in Italien ... in Neapel .. im Gefängniß in Neapel! .... Ich hab’ ihn

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 132, Olmütz, 12.06.1891, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches132_1891/3>, abgerufen am 21.11.2024.