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Mainzer Journal. Nr. 170. Mainz, 21. Dezember 1848.

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Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 170. Freitag, den 22. December. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.

Frankfurt 21. December. ( D. Z. ) Durch außerordentliche
Gelegenheit erhalten wir so eben folgende Mittheilung: Wien
17. December. Heute sind bereits vom ungarischen Kriegs-
schauplatze günstige Nachrichten eingelaufen.
Das
Armeecorps des Banus hat bei Parendorf über die Ungarn
einen Sieg erfochten und ist bis Wieselburg vorgedrungen. Unga-
rischer Seits soll man großen Verlust bei dem Zusammentreffen
erlitten haben, und sind einige 100 Mann Husaren zu den k. k.
Truppen übergegangen. Die Brigade Horwath hat Oeden-
burg besetzt; 80 Husaren sind daselbst zu uns übergegangen. Ge-
neral Simonich hat alle auf seinem Marsche vorgefundenen
feindlichen Verschanzungen erstürmt und dringt nun muthig vor-
wärts. -- General Schlick hat Kaschau besetzt und daselbst 27
polnische Emissäre neben einander zum warnenden Beispiele auf-
knüpfen lassen. -- Bei Haimburg ist die Brücke über die Donau
gänzlich hergestellt; die Truppen des F. M. Windischgrätz wer-
den heute darüber marschiren, so wie überhaupt Preßburg heute
den 17. von allen Seiten angegriffen werden soll.

Köln 19. December. ( D. Z. ) Seit einigen Tagen ist der
ehemalige Hauptmann unserer aufgelösten Bürgerwehr, Wach-
ter,
derselbe, dessen gewaltsame Befreiung aus den Händen der
mit seiner Verhaftung beauftragten Gensdarmerie den unmittelba-
ren Anlaß zu den hiesigen Septemberbarricaden gab und der seitdem
flüchtig in Belgien verweilte, wieder zurückgekehrt, ohne daß derselbe,
obwohl steckbrieflich verfolgt, verhaftet oder auch nur zum Verhöre
gezogen worden wäre. Dagegen ist von Paris die Nachricht ein-
gegangen, daß die flüchtig gewordenen ehemaligen Officiere,
Adamski, Nithak und Beust, sich dort in einer so traurigen Lage
befinden, daß sie wörtlich dem Hungertode nahe sind, und es sind
deshalb gestern Sammlungen für sie veranstaltet worden, an wel-
chen auch Nichtdemokraten sich betheiligt haben.

Sigmaringen 17. December. ( Schw. M. ) Es darf nun
als eine ausgemachte Sache betrachtet werden, daß der Fürst be-
reit ist, die Regierung an den König von Preußen zu über-
tragen, wenn sich das Land hiemit einverstanden erklärt; man
sieht daher in Bälde der Einberufung einer allgemeinen Landes-
versammlung entgegen. Je näher wir dem Ziele rücken, das
lange Zeit hindurch beinahe allgemein begehrt wurde, desto
mehr laufen die Ansichten auseinander. Man hört jetzt mit
Wärme für die Fortdauer der Selbstständigkeit sprechen und
allerlei Gründe dafür anführen; gegen Preußen und Würt-
temberg hebt man den starren Bureaukratismus, gegen Ba-
den die unsichere Haltbarkeit der Regierung und die Frei-
schaarenzüge hervor; der wahre Grund ist aber der, daß überall
persönliche und Localinteressen den Ausschlag geben.

Oesterreichische Monarchie.

Es bestätigt sich, daß der ungarische Reichstag die
Thronentsagung des Kaisers Ferdinand und die Thronbe-
steigung Franz Josephs für null und nichtig er-
klärt hat.
Der Beschluß des Reichstages stützt sich auf eine
lange historische Deduction, in welcher nachgewiesen werden soll,
daß die ungarische Krone nur durch den Tod des gekrönten Königs
erledigt werde. Franz Joseph I. sey also, sintemalen der gekrönte
König noch lebe, nicht eher successionsfähig, als bis die Einwilli-
gung der Nation eingeholt sey. Alles in Folge uralter Landes-
gesetze und der Verfassung St. Stephans, die nun auf einmal,
weil es in Kossuths Kram taugt, wieder zu Ehren gekommen sind!

Jtalien.

Rom 11. December. ( O. P. A. Z. ) Die Anzeichen des nahen-
den Sturmes mehren sich und vielleicht habe ich morgen eine wich-
tige Entscheidung zu melden. Daß eine provisorische Regierung
gebildet werden wird, ist so gut als gewiß. Den Gemäßigten
der Exaltistenpartei ist schon dieser Schritt sehr bedenklich und
sie versuchen auf jede Weise ihn als einen von der Nothwendig-
keit abgezwungenen darzustellen. Sie wollen nicht vollständig
mit dem Papste brechen [ sondern ihn nur allmälig abnutzen ] .
Gerade das aber ist die Absicht der äußersten Linken. Eine ge-
schriebene Proclamation am "Caffe delle belle arti," dem Sitze der
Revolution, räth offen zur Republik. Die Wachen sind verstärkt;
man scheint Schlimmes zu befürchten; und freilich wenn man die
Feigheit und Apathie der Massen und dagegen die Wagehalsigkeit
einiger Tollköpfe gerade dieser Partei bedenkt, so läßt sich min-
destens nichts Gutes erwarten.

[Spaltenumbruch]

Rom 11. December. ( A. Z. ) Das ganze diplomatische Corps ist nach
Gaeta abgereist, bis auf drei oder vier Secretarien der verschiede-
nen Gesandtschaften. Jn Rom zurückgeblieben sind nur Hr. Platner
und Hr. Bargagli, die Gesandten von Sachsen und Toscana. Plat-
ner ist sehr alt und dies mag der Grund seyn, warum er sich nicht
nach Gaeta begeben. Das innige Verhältniß des Cabinets Guer-
razzi zum römischen Cabinete und die von Pius IX. ausgespro-
chene und erlangte Gastfreundschaft auf neapolitanischem Bo-
den sind die Gründe, warum der toscanische Beamte dem Bei-
spiele seiner diplomatischen Collegen nicht folgen zu dürfen glaub-
te. Man weiß ja, daß die Regierungen von Neapel und Toscana
in offener Feindschaft gegen einander sind. Jn den letzten Tagen
sind drei russische Couriere in größter Eile durch Rom gekommen.
Gestern trafen hier drei Staffetten aus den Provinzen ein:
zwei von Civita=Vecchia und von Ancona verlangten Geld; die
dritte aus Ferrara, meldete, daß die Oesterreicher zahl-
reich über den Po rücken.
-- Der Zustand unserer Fi-
nanzen ist erschrecklich. Aus den Provinzen gehen nur wenige
Gelder ein. Am letzten Sonnabende fanden sich in der Staats-
casse nicht mehr als 45,000 Scudi, der Rest von den 100,000
Scudi, die man auf Rechnung der römischen Bank von Genua
hat kommen lassen. Die neu votirten Bons für 600,000 Scudi
aber sind noch nicht in Umlauf gesetzt; man glaubt sie würden im
Verkehre nicht angenommen werden. -- Am 15. d. M. wird der
heilige Vater in Gaeta ein Consistorium halten; darin werden
zwei neue Cardinäle, Rosmini und Roberti, der bereits Uditore
della Camera ist, und 11 Bischöfe ernannt werden. Die drei De-
putationen, die eine vom hohen Rathe, die zweite von der Depu-
tirtenkammer, die dritte vom römischen Magistrate, welche nach
Gaeta bestimmt waren, konnten die neopolitanische Grenze nicht
überschreiten. Der Papst ließ durch drei gleichlautende vom Car-
dinal Antonelli unterzeichnete Briefe sie wissen: es thue ihm leid
sie nicht empfangen zu können, und andererseits habe er bereits
seine Willensmeinung durch das Breve vom 27. November aus-
gedrückt.

Frankreich.

*** Paris 19. December. Ueber die bevorstehenden Personal-
veränderungen circuliren noch immer die verschiedenartigsten Ge-
rüchte. Für das Handelsministerium soll jetzt ein Herr Buffet
ansersehen seyn, der in der Deputirtenkammer zwar wenig ge-
sprochen hat, allein viel Verstand und positive Kenntnisse besitzen
soll. Die Polizeipräfectur soll Herrn Corali bestimmt seyn und es
hat seine Richtigkeit, daß diese ziemlich unbekannte Größe von
einer der zehn oder zwölf Coterien, welche mit dem Salon auf
dem Platze Vendome in naher oder ferner Beziehung stehen, zu
diesem Posten vorgeschlagen worden ist. Officielle Versammlungen
finden übrigens in diesem Salon nur wenige statt und der rheini-
sche Hof ist nur dem Namen nach das Hotel von Louis Bonaparte,
der seine wirkliche Wohnung bei seinem Vetter Clary hat. Re-
musat, der ebenfalls als Minister der auswärtigen Angelegenhei-
ten genannt worden ist, hat diesen Posten schon lange abgelehnt.
Girardin, von dem es hieß, er sey abgereist und der das Gerücht
davon selbst hatte aussprengen lassen, hat bis jetzt nur einen Paß
nach Brüssel genommen und befand sich gestern noch in Paris.

General Oudinot scheint mit den neuen Herrschaften schon auf
gespanntem Fuße zu stehen. Er will von dem ihm angebotenen
Kriegsministerium und dem Gesandschaftsposten in Petersburg
nichts wissen, sondern das Commando der Alpenarmee behalten,
das andererseits auch von dem Marschall Bugeaud in Anspruch
genommen wird. General Baraguay d'Hilliers bekommt das
Commando der Pariser Militärdivision nicht, da dieses dem
General Changarnier nebst dem Commando der Pariser Natio-
nalgarde zugedacht ist. Großkanzler der Ehrenlegion soll eine zur
Ueberraschung der Zeitgenossen wieder auftauchende gefallene
Größe, von deren Verdiensten kein Mensch etwas weiß, der
Exkönig Hieronymus von Westphalen werden und man
ist davon abgekommen, diese Stelle dem General Pyat zu geben,
da dieser nur Brigadegeneral ist.

Sehr nobel, wenigstens dem Scheine nach, benehmen sich
die intimsten Freunde des neuen Präsidenten. Herr von Per-
signy zeigt in den öffentlichen Blättern an, daß er kein Amt ver-
langen oder annehmen werde. Herr Laity, der durch seine jüngst
stattgefundene Heirath mit Frau Richard de Querelles, einer
Nichte der Kaiserin Josephine, außer der alten Freundschaft auch
[Ende Spaltensatz]

Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 170. Freitag, den 22. December. 1848.


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Deutschland.

Frankfurt 21. December. ( D. Z. ) Durch außerordentliche
Gelegenheit erhalten wir so eben folgende Mittheilung: Wien
17. December. Heute sind bereits vom ungarischen Kriegs-
schauplatze günstige Nachrichten eingelaufen.
Das
Armeecorps des Banus hat bei Parendorf über die Ungarn
einen Sieg erfochten und ist bis Wieselburg vorgedrungen. Unga-
rischer Seits soll man großen Verlust bei dem Zusammentreffen
erlitten haben, und sind einige 100 Mann Husaren zu den k. k.
Truppen übergegangen. Die Brigade Horwath hat Oeden-
burg besetzt; 80 Husaren sind daselbst zu uns übergegangen. Ge-
neral Simonich hat alle auf seinem Marsche vorgefundenen
feindlichen Verschanzungen erstürmt und dringt nun muthig vor-
wärts. — General Schlick hat Kaschau besetzt und daselbst 27
polnische Emissäre neben einander zum warnenden Beispiele auf-
knüpfen lassen. — Bei Haimburg ist die Brücke über die Donau
gänzlich hergestellt; die Truppen des F. M. Windischgrätz wer-
den heute darüber marschiren, so wie überhaupt Preßburg heute
den 17. von allen Seiten angegriffen werden soll.

Köln 19. December. ( D. Z. ) Seit einigen Tagen ist der
ehemalige Hauptmann unserer aufgelösten Bürgerwehr, Wach-
ter,
derselbe, dessen gewaltsame Befreiung aus den Händen der
mit seiner Verhaftung beauftragten Gensdarmerie den unmittelba-
ren Anlaß zu den hiesigen Septemberbarricaden gab und der seitdem
flüchtig in Belgien verweilte, wieder zurückgekehrt, ohne daß derselbe,
obwohl steckbrieflich verfolgt, verhaftet oder auch nur zum Verhöre
gezogen worden wäre. Dagegen ist von Paris die Nachricht ein-
gegangen, daß die flüchtig gewordenen ehemaligen Officiere,
Adamski, Nithak und Beust, sich dort in einer so traurigen Lage
befinden, daß sie wörtlich dem Hungertode nahe sind, und es sind
deshalb gestern Sammlungen für sie veranstaltet worden, an wel-
chen auch Nichtdemokraten sich betheiligt haben.

Sigmaringen 17. December. ( Schw. M. ) Es darf nun
als eine ausgemachte Sache betrachtet werden, daß der Fürst be-
reit ist, die Regierung an den König von Preußen zu über-
tragen, wenn sich das Land hiemit einverstanden erklärt; man
sieht daher in Bälde der Einberufung einer allgemeinen Landes-
versammlung entgegen. Je näher wir dem Ziele rücken, das
lange Zeit hindurch beinahe allgemein begehrt wurde, desto
mehr laufen die Ansichten auseinander. Man hört jetzt mit
Wärme für die Fortdauer der Selbstständigkeit sprechen und
allerlei Gründe dafür anführen; gegen Preußen und Würt-
temberg hebt man den starren Bureaukratismus, gegen Ba-
den die unsichere Haltbarkeit der Regierung und die Frei-
schaarenzüge hervor; der wahre Grund ist aber der, daß überall
persönliche und Localinteressen den Ausschlag geben.

Oesterreichische Monarchie.

Es bestätigt sich, daß der ungarische Reichstag die
Thronentsagung des Kaisers Ferdinand und die Thronbe-
steigung Franz Josephs für null und nichtig er-
klärt hat.
Der Beschluß des Reichstages stützt sich auf eine
lange historische Deduction, in welcher nachgewiesen werden soll,
daß die ungarische Krone nur durch den Tod des gekrönten Königs
erledigt werde. Franz Joseph I. sey also, sintemalen der gekrönte
König noch lebe, nicht eher successionsfähig, als bis die Einwilli-
gung der Nation eingeholt sey. Alles in Folge uralter Landes-
gesetze und der Verfassung St. Stephans, die nun auf einmal,
weil es in Kossuths Kram taugt, wieder zu Ehren gekommen sind!

Jtalien.

Rom 11. December. ( O. P. A. Z. ) Die Anzeichen des nahen-
den Sturmes mehren sich und vielleicht habe ich morgen eine wich-
tige Entscheidung zu melden. Daß eine provisorische Regierung
gebildet werden wird, ist so gut als gewiß. Den Gemäßigten
der Exaltistenpartei ist schon dieser Schritt sehr bedenklich und
sie versuchen auf jede Weise ihn als einen von der Nothwendig-
keit abgezwungenen darzustellen. Sie wollen nicht vollständig
mit dem Papste brechen [ sondern ihn nur allmälig abnutzen ] .
Gerade das aber ist die Absicht der äußersten Linken. Eine ge-
schriebene Proclamation am „Caffe delle belle arti,“ dem Sitze der
Revolution, räth offen zur Republik. Die Wachen sind verstärkt;
man scheint Schlimmes zu befürchten; und freilich wenn man die
Feigheit und Apathie der Massen und dagegen die Wagehalsigkeit
einiger Tollköpfe gerade dieser Partei bedenkt, so läßt sich min-
destens nichts Gutes erwarten.

[Spaltenumbruch]

Rom 11. December. ( A. Z. ) Das ganze diplomatische Corps ist nach
Gaeta abgereist, bis auf drei oder vier Secretarien der verschiede-
nen Gesandtschaften. Jn Rom zurückgeblieben sind nur Hr. Platner
und Hr. Bargagli, die Gesandten von Sachsen und Toscana. Plat-
ner ist sehr alt und dies mag der Grund seyn, warum er sich nicht
nach Gaeta begeben. Das innige Verhältniß des Cabinets Guer-
razzi zum römischen Cabinete und die von Pius IX. ausgespro-
chene und erlangte Gastfreundschaft auf neapolitanischem Bo-
den sind die Gründe, warum der toscanische Beamte dem Bei-
spiele seiner diplomatischen Collegen nicht folgen zu dürfen glaub-
te. Man weiß ja, daß die Regierungen von Neapel und Toscana
in offener Feindschaft gegen einander sind. Jn den letzten Tagen
sind drei russische Couriere in größter Eile durch Rom gekommen.
Gestern trafen hier drei Staffetten aus den Provinzen ein:
zwei von Civita=Vecchia und von Ancona verlangten Geld; die
dritte aus Ferrara, meldete, daß die Oesterreicher zahl-
reich über den Po rücken.
— Der Zustand unserer Fi-
nanzen ist erschrecklich. Aus den Provinzen gehen nur wenige
Gelder ein. Am letzten Sonnabende fanden sich in der Staats-
casse nicht mehr als 45,000 Scudi, der Rest von den 100,000
Scudi, die man auf Rechnung der römischen Bank von Genua
hat kommen lassen. Die neu votirten Bons für 600,000 Scudi
aber sind noch nicht in Umlauf gesetzt; man glaubt sie würden im
Verkehre nicht angenommen werden. — Am 15. d. M. wird der
heilige Vater in Gaeta ein Consistorium halten; darin werden
zwei neue Cardinäle, Rosmini und Roberti, der bereits Uditore
della Camera ist, und 11 Bischöfe ernannt werden. Die drei De-
putationen, die eine vom hohen Rathe, die zweite von der Depu-
tirtenkammer, die dritte vom römischen Magistrate, welche nach
Gaeta bestimmt waren, konnten die neopolitanische Grenze nicht
überschreiten. Der Papst ließ durch drei gleichlautende vom Car-
dinal Antonelli unterzeichnete Briefe sie wissen: es thue ihm leid
sie nicht empfangen zu können, und andererseits habe er bereits
seine Willensmeinung durch das Breve vom 27. November aus-
gedrückt.

Frankreich.

*** Paris 19. December. Ueber die bevorstehenden Personal-
veränderungen circuliren noch immer die verschiedenartigsten Ge-
rüchte. Für das Handelsministerium soll jetzt ein Herr Buffet
ansersehen seyn, der in der Deputirtenkammer zwar wenig ge-
sprochen hat, allein viel Verstand und positive Kenntnisse besitzen
soll. Die Polizeipräfectur soll Herrn Corali bestimmt seyn und es
hat seine Richtigkeit, daß diese ziemlich unbekannte Größe von
einer der zehn oder zwölf Coterien, welche mit dem Salon auf
dem Platze Vendome in naher oder ferner Beziehung stehen, zu
diesem Posten vorgeschlagen worden ist. Officielle Versammlungen
finden übrigens in diesem Salon nur wenige statt und der rheini-
sche Hof ist nur dem Namen nach das Hotel von Louis Bonaparte,
der seine wirkliche Wohnung bei seinem Vetter Clary hat. Re-
musat, der ebenfalls als Minister der auswärtigen Angelegenhei-
ten genannt worden ist, hat diesen Posten schon lange abgelehnt.
Girardin, von dem es hieß, er sey abgereist und der das Gerücht
davon selbst hatte aussprengen lassen, hat bis jetzt nur einen Paß
nach Brüssel genommen und befand sich gestern noch in Paris.

General Oudinot scheint mit den neuen Herrschaften schon auf
gespanntem Fuße zu stehen. Er will von dem ihm angebotenen
Kriegsministerium und dem Gesandschaftsposten in Petersburg
nichts wissen, sondern das Commando der Alpenarmee behalten,
das andererseits auch von dem Marschall Bugeaud in Anspruch
genommen wird. General Baraguay d'Hilliers bekommt das
Commando der Pariser Militärdivision nicht, da dieses dem
General Changarnier nebst dem Commando der Pariser Natio-
nalgarde zugedacht ist. Großkanzler der Ehrenlegion soll eine zur
Ueberraschung der Zeitgenossen wieder auftauchende gefallene
Größe, von deren Verdiensten kein Mensch etwas weiß, der
Exkönig Hieronymus von Westphalen werden und man
ist davon abgekommen, diese Stelle dem General Pyat zu geben,
da dieser nur Brigadegeneral ist.

Sehr nobel, wenigstens dem Scheine nach, benehmen sich
die intimsten Freunde des neuen Präsidenten. Herr von Per-
signy zeigt in den öffentlichen Blättern an, daß er kein Amt ver-
langen oder annehmen werde. Herr Laity, der durch seine jüngst
stattgefundene Heirath mit Frau Richard de Querelles, einer
Nichte der Kaiserin Josephine, außer der alten Freundschaft auch
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[0005] Beilage zum Mainzer Journal. Nro 170. Freitag, den 22. December. 1848. Deutschland. Frankfurt 21. December. ( D. Z. ) Durch außerordentliche Gelegenheit erhalten wir so eben folgende Mittheilung: Wien 17. December. Heute sind bereits vom ungarischen Kriegs- schauplatze günstige Nachrichten eingelaufen. Das Armeecorps des Banus hat bei Parendorf über die Ungarn einen Sieg erfochten und ist bis Wieselburg vorgedrungen. Unga- rischer Seits soll man großen Verlust bei dem Zusammentreffen erlitten haben, und sind einige 100 Mann Husaren zu den k. k. Truppen übergegangen. Die Brigade Horwath hat Oeden- burg besetzt; 80 Husaren sind daselbst zu uns übergegangen. Ge- neral Simonich hat alle auf seinem Marsche vorgefundenen feindlichen Verschanzungen erstürmt und dringt nun muthig vor- wärts. — General Schlick hat Kaschau besetzt und daselbst 27 polnische Emissäre neben einander zum warnenden Beispiele auf- knüpfen lassen. — Bei Haimburg ist die Brücke über die Donau gänzlich hergestellt; die Truppen des F. M. Windischgrätz wer- den heute darüber marschiren, so wie überhaupt Preßburg heute den 17. von allen Seiten angegriffen werden soll. Köln 19. December. ( D. Z. ) Seit einigen Tagen ist der ehemalige Hauptmann unserer aufgelösten Bürgerwehr, Wach- ter, derselbe, dessen gewaltsame Befreiung aus den Händen der mit seiner Verhaftung beauftragten Gensdarmerie den unmittelba- ren Anlaß zu den hiesigen Septemberbarricaden gab und der seitdem flüchtig in Belgien verweilte, wieder zurückgekehrt, ohne daß derselbe, obwohl steckbrieflich verfolgt, verhaftet oder auch nur zum Verhöre gezogen worden wäre. Dagegen ist von Paris die Nachricht ein- gegangen, daß die flüchtig gewordenen ehemaligen Officiere, Adamski, Nithak und Beust, sich dort in einer so traurigen Lage befinden, daß sie wörtlich dem Hungertode nahe sind, und es sind deshalb gestern Sammlungen für sie veranstaltet worden, an wel- chen auch Nichtdemokraten sich betheiligt haben. Sigmaringen 17. December. ( Schw. M. ) Es darf nun als eine ausgemachte Sache betrachtet werden, daß der Fürst be- reit ist, die Regierung an den König von Preußen zu über- tragen, wenn sich das Land hiemit einverstanden erklärt; man sieht daher in Bälde der Einberufung einer allgemeinen Landes- versammlung entgegen. Je näher wir dem Ziele rücken, das lange Zeit hindurch beinahe allgemein begehrt wurde, desto mehr laufen die Ansichten auseinander. Man hört jetzt mit Wärme für die Fortdauer der Selbstständigkeit sprechen und allerlei Gründe dafür anführen; gegen Preußen und Würt- temberg hebt man den starren Bureaukratismus, gegen Ba- den die unsichere Haltbarkeit der Regierung und die Frei- schaarenzüge hervor; der wahre Grund ist aber der, daß überall persönliche und Localinteressen den Ausschlag geben. Oesterreichische Monarchie. Es bestätigt sich, daß der ungarische Reichstag die Thronentsagung des Kaisers Ferdinand und die Thronbe- steigung Franz Josephs für null und nichtig er- klärt hat. Der Beschluß des Reichstages stützt sich auf eine lange historische Deduction, in welcher nachgewiesen werden soll, daß die ungarische Krone nur durch den Tod des gekrönten Königs erledigt werde. Franz Joseph I. sey also, sintemalen der gekrönte König noch lebe, nicht eher successionsfähig, als bis die Einwilli- gung der Nation eingeholt sey. Alles in Folge uralter Landes- gesetze und der Verfassung St. Stephans, die nun auf einmal, weil es in Kossuths Kram taugt, wieder zu Ehren gekommen sind! Jtalien. Rom 11. December. ( O. P. A. Z. ) Die Anzeichen des nahen- den Sturmes mehren sich und vielleicht habe ich morgen eine wich- tige Entscheidung zu melden. Daß eine provisorische Regierung gebildet werden wird, ist so gut als gewiß. Den Gemäßigten der Exaltistenpartei ist schon dieser Schritt sehr bedenklich und sie versuchen auf jede Weise ihn als einen von der Nothwendig- keit abgezwungenen darzustellen. Sie wollen nicht vollständig mit dem Papste brechen [ sondern ihn nur allmälig abnutzen ] . Gerade das aber ist die Absicht der äußersten Linken. Eine ge- schriebene Proclamation am „Caffe delle belle arti,“ dem Sitze der Revolution, räth offen zur Republik. Die Wachen sind verstärkt; man scheint Schlimmes zu befürchten; und freilich wenn man die Feigheit und Apathie der Massen und dagegen die Wagehalsigkeit einiger Tollköpfe gerade dieser Partei bedenkt, so läßt sich min- destens nichts Gutes erwarten. Rom 11. December. ( A. Z. ) Das ganze diplomatische Corps ist nach Gaeta abgereist, bis auf drei oder vier Secretarien der verschiede- nen Gesandtschaften. Jn Rom zurückgeblieben sind nur Hr. Platner und Hr. Bargagli, die Gesandten von Sachsen und Toscana. Plat- ner ist sehr alt und dies mag der Grund seyn, warum er sich nicht nach Gaeta begeben. Das innige Verhältniß des Cabinets Guer- razzi zum römischen Cabinete und die von Pius IX. ausgespro- chene und erlangte Gastfreundschaft auf neapolitanischem Bo- den sind die Gründe, warum der toscanische Beamte dem Bei- spiele seiner diplomatischen Collegen nicht folgen zu dürfen glaub- te. Man weiß ja, daß die Regierungen von Neapel und Toscana in offener Feindschaft gegen einander sind. Jn den letzten Tagen sind drei russische Couriere in größter Eile durch Rom gekommen. Gestern trafen hier drei Staffetten aus den Provinzen ein: zwei von Civita=Vecchia und von Ancona verlangten Geld; die dritte aus Ferrara, meldete, daß die Oesterreicher zahl- reich über den Po rücken. — Der Zustand unserer Fi- nanzen ist erschrecklich. Aus den Provinzen gehen nur wenige Gelder ein. Am letzten Sonnabende fanden sich in der Staats- casse nicht mehr als 45,000 Scudi, der Rest von den 100,000 Scudi, die man auf Rechnung der römischen Bank von Genua hat kommen lassen. Die neu votirten Bons für 600,000 Scudi aber sind noch nicht in Umlauf gesetzt; man glaubt sie würden im Verkehre nicht angenommen werden. — Am 15. d. M. wird der heilige Vater in Gaeta ein Consistorium halten; darin werden zwei neue Cardinäle, Rosmini und Roberti, der bereits Uditore della Camera ist, und 11 Bischöfe ernannt werden. Die drei De- putationen, die eine vom hohen Rathe, die zweite von der Depu- tirtenkammer, die dritte vom römischen Magistrate, welche nach Gaeta bestimmt waren, konnten die neopolitanische Grenze nicht überschreiten. Der Papst ließ durch drei gleichlautende vom Car- dinal Antonelli unterzeichnete Briefe sie wissen: es thue ihm leid sie nicht empfangen zu können, und andererseits habe er bereits seine Willensmeinung durch das Breve vom 27. November aus- gedrückt. Frankreich. *** Paris 19. December. Ueber die bevorstehenden Personal- veränderungen circuliren noch immer die verschiedenartigsten Ge- rüchte. Für das Handelsministerium soll jetzt ein Herr Buffet ansersehen seyn, der in der Deputirtenkammer zwar wenig ge- sprochen hat, allein viel Verstand und positive Kenntnisse besitzen soll. Die Polizeipräfectur soll Herrn Corali bestimmt seyn und es hat seine Richtigkeit, daß diese ziemlich unbekannte Größe von einer der zehn oder zwölf Coterien, welche mit dem Salon auf dem Platze Vendome in naher oder ferner Beziehung stehen, zu diesem Posten vorgeschlagen worden ist. Officielle Versammlungen finden übrigens in diesem Salon nur wenige statt und der rheini- sche Hof ist nur dem Namen nach das Hotel von Louis Bonaparte, der seine wirkliche Wohnung bei seinem Vetter Clary hat. Re- musat, der ebenfalls als Minister der auswärtigen Angelegenhei- ten genannt worden ist, hat diesen Posten schon lange abgelehnt. Girardin, von dem es hieß, er sey abgereist und der das Gerücht davon selbst hatte aussprengen lassen, hat bis jetzt nur einen Paß nach Brüssel genommen und befand sich gestern noch in Paris. General Oudinot scheint mit den neuen Herrschaften schon auf gespanntem Fuße zu stehen. Er will von dem ihm angebotenen Kriegsministerium und dem Gesandschaftsposten in Petersburg nichts wissen, sondern das Commando der Alpenarmee behalten, das andererseits auch von dem Marschall Bugeaud in Anspruch genommen wird. General Baraguay d'Hilliers bekommt das Commando der Pariser Militärdivision nicht, da dieses dem General Changarnier nebst dem Commando der Pariser Natio- nalgarde zugedacht ist. Großkanzler der Ehrenlegion soll eine zur Ueberraschung der Zeitgenossen wieder auftauchende gefallene Größe, von deren Verdiensten kein Mensch etwas weiß, der Exkönig Hieronymus von Westphalen werden und man ist davon abgekommen, diese Stelle dem General Pyat zu geben, da dieser nur Brigadegeneral ist. Sehr nobel, wenigstens dem Scheine nach, benehmen sich die intimsten Freunde des neuen Präsidenten. Herr von Per- signy zeigt in den öffentlichen Blättern an, daß er kein Amt ver- langen oder annehmen werde. Herr Laity, der durch seine jüngst stattgefundene Heirath mit Frau Richard de Querelles, einer Nichte der Kaiserin Josephine, außer der alten Freundschaft auch

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Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 170. Mainz, 21. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal170_1848/5>, abgerufen am 01.06.2024.