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Marburger Zeitung. Nr. 135, Marburg, 12.11.1901.

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Marburger Zeitung Nr. 135, 12. November 1901

[Spaltenumbruch] irgendwie den Hefen und dieser fiel sammt dem
siedenden Wasser auf den Knaben, welcher hiedurch
solche Brandwunden erlitt, dass er bald darauf starb.

Gonobitz, 10. November. (Ein unduldsamer
Priester.)
Der Allerheiligentag brachte die Gonobitzer
deutsche Bevölkerung in nicht geringe Aufregung.
Der Grabhügel der Familie Wesenscheg war mit
den vielen Kränzen geschmückt, welche man dem un-
ersetzlichen deutschen Mitbürger seinerzeit auf den
Sarg legte, und nicht wenige darunter waren mit
deutschen Kranzschleifen versehen. Doch die trauernden
Angehörigen sollten sich nicht zu lange ihrem stillen
Schmerze hingeben. Plötzlich erschien der Todten-
gräber Jakob Kramer mit dem vom Hauptpfarrer
gegebenen Auftrage, dass die deutschen Bänder zu
entfernen seien. Schließlich erklärte der Haupt-
pfarrer, verschiedene Ausflüchte gebrauchend, für
diesmal nachzugeben. Wenn man in Erwägung
zieht, dass seit Jahren an den Gräbern einiger
slovenischnationaler Größen und Nichtgrößen Kranz-
schleifen in den slovenischen Farben von den Deutschen
unbeanständet blieben, so kann man sich den
Terrorismus des Hauptpfarrers wohl kaum erklären,
dem die deutschen Farben schon das erstemal so in
die Augen stechen, dass er an einem solchen Tage
die heiligsten Gefühle einer Familie sich zu verletzen
untersteht. -- Wie man allgemein vernimmt, wird
dieser von Deutschenhass erfüllte Priester Gonobitz
nicht mehr lange mit seiner Gegenwart beglücken,
was aber gerade zur Jetztzeit sehr zu bedauern ist,
ebnet er doch gerade durch solches Handeln am
besten den Boden für die "Los von Rom"-Be-
wegung.




Eröffnung der deutschen Schule in
Windischgraz.


Das war gestern ein Festtag für Windisch-
graz. Von allen Seiten waren Festgäste eingelangt,
darunter allein 40 Mitglieder des Marburger
Männergesangvereines mit dem Banner, Mitglieder
der Marburger Südmark- und Schulvereinsorts-
gruppen, des Vereines deutsches Studentenheim,
die Südbahnwerkstätten-Musikkapelle, ferners Gäste
aus einer großen Anzahl von Orten des Unter-
landes. Windischgraz hatte auch ein prächtig Fest-
kleid angelegt, sowohl zur Feier des Tages, der
uns eine eigene, rein deutsche Schule brachte, als
auch der lieben Festgäste wegen. Fröhlich flatterten
die schwarz-roth-goldenen Fahnen den von nah
und fern gekommenen Festgästen den deutschen Will-
kommgruß zu. Am Bahnhofe wurden die mit dem
Frühzuge aus Unterdrauburg Gekommenen durch
den Windischgrazer Männergesangverein durch ein
kräftig gesungenes, vom Marburger Männergesang-
vereine sofort erwidertes "Grüß Gott" empfangen.
Nun folgten Begrüßungen und Gegengrüße. Bürger-
meister Goll sprach im Namen der Stadt seinen
Dank für das zahlreiche Erscheinen der Festgäste
aus, worauf Reichsrathsabgeordneter Dr. Wolff-
hardt,
im Namen der Erschienenen dankend, auf
den unwandelbaren deutschen Charakter der
Stadt Windischgraz hinwies. "Ich grüße dich,
Deutschland, aus Herzensgrund" -- brauste es
hierauf aus den Reihen des Marburger Männer-
gesangvereines, dessen Obmann, Herr Dr. Rei-
dinger,
namens des Vereines sprach. Nun folgte
unter Vorantritt der Marburger Südbahnwerk-
stätten-Kapelle der Einzug in die Stadt. Die Fest-
gäste besichtigten, im Schulhause angelangt, das-
selbe eingehend, ebenso den im Schulhause befind-
lichen Kindergarten. Im zweiten Stocke fand später
die Festfeier statt.

Leider würde die Wiedergabe aller Reden
und Begrüßungen zu viel Raum beanspruchen; es
sei daher nur erwähnt, dass Dr. Kiesewetter
die Erschienenen begrüßte, worauf der Leiter der
Bezirkshauptmannschaft in Windischgraz, Bezirks-
Obercommissär Anton Capek und Ingenieur Heinrich
Pototschnigg sprachen, welch letzterer mit
herzlichen Worten all jenen Factoren dankte, durch
welche der Schulbau ermöglicht wurde. Zum Schlusse
überreichte der Redner die Schlüssel des Schulhauses
dem Oberlehrer Herrn Waldhans. Herr Abg.
Dr. Wolffhardt hielt hierauf eine Ansprache, in
welcher er besonders das nationale Moment betonte,
vor Halbheiten warnte und die Lehrerschaft zur
Pflege des Nationalgefühles bei den Kindern mahnte.
In der Gemeindekanzlei des Amtsgebäudes fand
darauf in Gegenwart der gesammten Gemeindever-
tretung und vieler Ehrengäste die Ueberreichung der
Ehrenbürger-Diplome statt, und zwar an die Herren
[Spaltenumbruch] Notar Dr. Tomscheg, Landesausschuss Dr. Gustav
Kokoschinegg und Reichsraths-Abgeordneter
Dr. Wolffhardt. Nachmittags 1 Uhr fand ein
Festmahl statt, und um 4 Uhr nachmittags eine
Liedertafel, die der wackere Marburger Männer-
gesangverein veranstaltete. Die Leitung hatte Herr
Karl Gassarek inne. Die verschiedenen Lieder,
unter denen sich auch manch prächtiger nationaler
Chor befand, trugen den Marburgern reichen Bei-
fall und Anerkennung ein. Zum Schlusse wurde die
"Wacht am Rhein" gesungen. Viel zu früh ent-
führte der Zug die meisten Festgäste, die sich unter
hundertfältigen Heilrufen von den Windischgrazern
verabschiedeten. Möge nun die neue deutsche Schule
an der Sprachgrenze sich als das bewähren, als
was sie gebaut wurde: Als Hort deutscher Cultur,
als Jungbrunnen deutschen Fühlens und Denkens,
aus welchem der Nachwuchs noch Jahrzehnte lange
schöpfen möge!




Zur Gründung einer Kellerei-
genossenschaft in Marburg.

Sonntag vormittags fand die von uns bereits
wiederholt angekündigte Versammlung von Inter-
essenten statt, welche sich mit der Frage der Errich-
tung einer Kellereigenossenschaft befassen, bezw. die
Arbeiten des vorbereitenden Ausschusses zu einem
gewissen Abschlusse bringen sollte. Die Versammlung,
welche im 1. Stocke des Casinos stattfand, wurde
vom Obmanne des vorbereitenden Ausschusses,
Herrn R. v. Roßmanit, eröffnet, welcher in
seiner an die Anwesenden gerichteten Begrüßung
seinem Bedauern darüber Ausdruck verlieh, dass sich
trotz der äußerst wichtigen Angelegenheit so wenige
Interessenten eingefunden haben. Mit dem heutigen
Tage -- sagte der Redner -- sei die Thätigkeit
des vorbereitenden Ausschusses beendet; er ersuchte
nun, zur Wahl eines Vorsitzenden der heutigen
Versammlung zu schreiten. Als solcher wurde
R. v. Roßmanit selbst gewählt.

Hierauf ergriff Herr Girstmayr, der An-
reger der ganzen Angelegenheit, das Wort. Redner
schildert die traurige Lage der Wein bauenden
Bauern und erinnert daran, welche Schundpreise
heuer den Weinproducenten von den Händlern
gezahlt wurden, welche für 12grädigen Wein 12 kr.
per Liter, für andere Weinsorten sogar nur 8 bis
9 kr. boten! Eine einzige Grazer Weinhandlung
machte eine Ausnahme. Dadurch, dass dieselbe
bessere Preise gab, konnten sich die Preise im all-
gemeinen einigermaßen heben. Unter solchen Um-
ständen bleibt nichts anderes übrig, als dass sich
die Weinproducenten zur Selbsthilfe entschließen,
welche durch die Errichtung einer genossenschaftlichen
Weinkellerei gefördert werden kann. Eine der
größten Schwierigkeiten, welche diesem Plane ent-
gegenstehen, erblickt der Redner in der Beschaffung
des nothwendigen Fondes. Zum Schlusse seiner
Ausführungen gedachte Herr Girstmayr noch mit
warmen Worten der Anerkennung der Thätigkeit
des Herrn R. v. Roßmanit, welcher trotz mancher
Unannehmlichkeiten im vorbereitenden Ausschusse
vieles leistete. Redner drückt ihm hiefür den herz-
lichsten Dank aus und begrüßt ferners auch den
anwesenden Anwalt des "Verbandes landwirtschaft-
licher Genossenschaften in Steiermark", Herrn Baron
Störk.

Herr R. v. Roßmanit regt an, sofort
an die Erledigung der vom vorbereitenden Aus-
schusse fertiggestellten Satzungen zu schreiten. Herr
Baron Störk wendet sich der Besprechung der
einen Hauptfrage: Geldbeschaffung, zu. Redner be-
spricht landwirtschaftliche Genossenschaften im allge-
meinen. Bei dem Capitel "Weingenossenschaft"
weist Baron Störk auf die Nothwendigkeit hin,
in allen größeren Bezirken solche Kellereigenossen-
schaften zu gründen; es sei nicht gut, wenn viele
Bezirke zusammen eine Kellerei, beziehungsweise
eine Weingenossenschaft haben. Solche Kellerei-
Genossenschaften wären zu gründen für die Bezirke
Marburg, Luttenberg und Pettau je eine; Rad-
kersburg besitzt schon eine. Als hauptsächlichste Ge-
sichtspunkte hätten zu dienen: 1. Beschaffung eines
großen Kellers; 2. Soll der Wein den Bauern
von der Genossenschaft abgekauft, oder soll der
Wein blos eingelagert und belehnt werden? In
der Regel, sagte der Redner, werde der erste Weg
einzuschlagen sein, doch steht auch der Anwendung
der zweiten Methode in gewissen Fällen nichts im
Wege. Nicht gänzlich ausgeschlossen soll es auch
sein, Wein vertrauenswürdiger Producenten im
Keller derselben zu belehnen. Natürlich müsste hie-
[Spaltenumbruch] bei große Vorsicht angewendet werden. Baron
Störck glaubt, dass die Bauern durch die Ge-
nossenschaft bessere Preise erzielen werden, während
es den Wirten erspart wird, von Ort zu Ort und
von Haus zu Haus zu gehen und zu feilschen.
Redner weist zum Schlusse auf die Wirtsgenossen-
schaft in Wien hin, welche sehr große Erfolge er-
zielte; allerdings erhält dieselbe vom Lande Nieder-
österreich Geld zu sehr niedrigem Zinsfuße, näm-
lich zu 2 bis 3 Procent.

Herr Girstmayr, an diese Ausführungen
anknüpfend, fordert von der Steierm. Sparcasse,
sie möge für Untersteier ähnliches thun, was Nieder-
österreich für Wien thut. Die Reserven der steierm.
Sparcasse betragen Millionen, welche sie nur durch
die bäuerlichen Besitzer erhielt. Es handele sich in
Marburg um die Erwerbung eines Kellers mit
einem Fassungsraume von 400 bis 500 Startin
und um ein Anfangscapital von 20.000 fl., um
den Ring der Weinhändler zu sprengen. Auf die
Herren in Graz kann man sich ja nicht verlassen;
eines aber kann und muss beansprucht werden,
nämlich, dass das Landhaus einen Keller hergibt,
welcher der Centralkeller sein soll, den die Wirte
aus Obersteier etc. besuchen können, um dort ihre
Auswahl zu treffen.

Die Frage des Herrn Baron Twickl, wa-
rum der Wirkungskreis der Marburger Kellerei-
genossenschaft sich blos auf den Marburger Bezirk
beschränken soll, beantwortet Herr Baron Störk
mit dem Hinweise darauf, dass die Arbeiten für
eineu einzigen Bezirk schon große sein werden.

Herr R. v. Roßmanit beantragt, nun
einen Ausschuss zu wählen, um die Sache in
Gang zu bringen. Diesem Ausschusse sei die Auf-
gabe zuzuweisen, die bereits entworfenen Satzungen
zu prüfen, sodann eine Generalversammlung einzu-
berufen, welche den Bericht anzuhören, über die
Gründung entgiltig zu beschließen und die Aemter-
wahl vorzunehmen hat. Die hierauf vorgenommene
Wahl des Ausschusses hatte folgendes Ergebnis:
Gewählt wurden: 1. Die Mitglieder des ehema-
ligen vorbereitenden Ausschusses und zwar die
Herren Director Zweifler, Director Schmid, In-
spector Binder, Arnold Damian, Dr. Rodler, Karl
Flucher, Franz Girstmayr, Ritter von Roßmanit.
2. folgende Herren: Baron Twickl, Dr. Rak, Guts-
verwalter Baumann, L.-G.-R. i. R. Dr. Got-
scheber und Kaufmann Johann Grubitsch.

Die hauptsächlichsten Punkte, von denen sich
der Ausschuss bei seinen Berathungen leiten lassen
wird, sind folgende: 1. Jedesmalige nachträgliche
Ausbezahlung des Reingewinnes an jene Producenten,
welche der Genossenschaft Wein lieferten. 2. Es sind
Geschäftsantheile per Stück zu 20 K auszugeben.
Jedes Mitglied hat für jeden Hektar 1 Antheilschein
zu erwerben, damit die kleineren Bauern nicht be-
nachtheiligt werden. 3. Keine Genossenschaft mit un-
beschränkter Haftung, sondern mit beschränkter Haftung.
-- Von den Anwesenden zeichneten sofort 27 Mit-
glieder 129 Antheilscheine. Herr Girstmayr macht
hierauf die Anwesenden auf die italienische Wein-
zollclausel und auf die Möglichkeit der größeren
Einfuhr französischer Weine vermöge des billigen
Preises derselben, aufmerksam. Hierauf wird eine
Entschließung und eine an die Regierung gerichtete
Petition angenommen, welche sich mit der vor einigen
Tagen in Pettau angenommenen deckt.

Herr Girstmayr dankte nun allen Anwesen-
den für ihr Erscheinen, worauf Baron Störk die Ver-
sicherung abgab, der Verband landwirtschaftlicher Ge-
nossenschaften Steiermarks werde der Marburger
Kellereigenossenschaft jederzeit mit Rath und That zur
Seite stehen. -- Die Versammlung fand nach 12 Uhr
ihr Ende.




Marburger Nachrichten.
(Todesfälle.)

Am 10. d. ist hier die
Oberconducteurs-Witwe Frau Marie Pratter, geb.
Hönigschnabel, im 74. Lebensjahre gestorben. --
Im Allgem. Krankenhause zu Graz starb gestern
der Maschinführer Herr Josef Markwart im 44.
Lebensjahre. Das Leichenbegängnis findet morgen
in Graz statt. Der Verblichene war verheiratet,
jedoch kinderlos.

(Deutscher Sprachverein.)

Morgen,
Mittwoch, den 13. d. findet um 8 Uhr abends, wie
schon erwähnt, die erste Versammlung des Sprach-
vereines in diesem Winter-Zeitabschnitte statt, und
zwar ausnahmsweise im kleinen Speisesaale des
Casinos (I. Stock, links vom Tanzsaale), da im großen
Speisesaale ein physikalischer Vortrag abgehalten

Marburger Zeitung Nr. 135, 12. November 1901

[Spaltenumbruch] irgendwie den Hefen und dieſer fiel ſammt dem
ſiedenden Waſſer auf den Knaben, welcher hiedurch
ſolche Brandwunden erlitt, daſs er bald darauf ſtarb.

Gonobitz, 10. November. (Ein unduldſamer
Prieſter.)
Der Allerheiligentag brachte die Gonobitzer
deutſche Bevölkerung in nicht geringe Aufregung.
Der Grabhügel der Familie Weſenſcheg war mit
den vielen Kränzen geſchmückt, welche man dem un-
erſetzlichen deutſchen Mitbürger ſeinerzeit auf den
Sarg legte, und nicht wenige darunter waren mit
deutſchen Kranzſchleifen verſehen. Doch die trauernden
Angehörigen ſollten ſich nicht zu lange ihrem ſtillen
Schmerze hingeben. Plötzlich erſchien der Todten-
gräber Jakob Kramer mit dem vom Hauptpfarrer
gegebenen Auftrage, daſs die deutſchen Bänder zu
entfernen ſeien. Schließlich erklärte der Haupt-
pfarrer, verſchiedene Ausflüchte gebrauchend, für
diesmal nachzugeben. Wenn man in Erwägung
zieht, daſs ſeit Jahren an den Gräbern einiger
ſloveniſchnationaler Größen und Nichtgrößen Kranz-
ſchleifen in den ſloveniſchen Farben von den Deutſchen
unbeanſtändet blieben, ſo kann man ſich den
Terrorismus des Hauptpfarrers wohl kaum erklären,
dem die deutſchen Farben ſchon das erſtemal ſo in
die Augen ſtechen, daſs er an einem ſolchen Tage
die heiligſten Gefühle einer Familie ſich zu verletzen
unterſteht. — Wie man allgemein vernimmt, wird
dieſer von Deutſchenhaſs erfüllte Prieſter Gonobitz
nicht mehr lange mit ſeiner Gegenwart beglücken,
was aber gerade zur Jetztzeit ſehr zu bedauern iſt,
ebnet er doch gerade durch ſolches Handeln am
beſten den Boden für die „Los von Rom“-Be-
wegung.




Eröffnung der deutſchen Schule in
Windiſchgraz.


Das war geſtern ein Feſttag für Windiſch-
graz. Von allen Seiten waren Feſtgäſte eingelangt,
darunter allein 40 Mitglieder des Marburger
Männergeſangvereines mit dem Banner, Mitglieder
der Marburger Südmark- und Schulvereinsorts-
gruppen, des Vereines deutſches Studentenheim,
die Südbahnwerkſtätten-Muſikkapelle, ferners Gäſte
aus einer großen Anzahl von Orten des Unter-
landes. Windiſchgraz hatte auch ein prächtig Feſt-
kleid angelegt, ſowohl zur Feier des Tages, der
uns eine eigene, rein deutſche Schule brachte, als
auch der lieben Feſtgäſte wegen. Fröhlich flatterten
die ſchwarz-roth-goldenen Fahnen den von nah
und fern gekommenen Feſtgäſten den deutſchen Will-
kommgruß zu. Am Bahnhofe wurden die mit dem
Frühzuge aus Unterdrauburg Gekommenen durch
den Windiſchgrazer Männergeſangverein durch ein
kräftig geſungenes, vom Marburger Männergeſang-
vereine ſofort erwidertes „Grüß Gott“ empfangen.
Nun folgten Begrüßungen und Gegengrüße. Bürger-
meiſter Goll ſprach im Namen der Stadt ſeinen
Dank für das zahlreiche Erſcheinen der Feſtgäſte
aus, worauf Reichsrathsabgeordneter Dr. Wolff-
hardt,
im Namen der Erſchienenen dankend, auf
den unwandelbaren deutſchen Charakter der
Stadt Windiſchgraz hinwies. „Ich grüße dich,
Deutſchland, aus Herzensgrund“ — brauste es
hierauf aus den Reihen des Marburger Männer-
geſangvereines, deſſen Obmann, Herr Dr. Rei-
dinger,
namens des Vereines ſprach. Nun folgte
unter Vorantritt der Marburger Südbahnwerk-
ſtätten-Kapelle der Einzug in die Stadt. Die Feſt-
gäſte beſichtigten, im Schulhauſe angelangt, das-
ſelbe eingehend, ebenſo den im Schulhauſe befind-
lichen Kindergarten. Im zweiten Stocke fand ſpäter
die Feſtfeier ſtatt.

Leider würde die Wiedergabe aller Reden
und Begrüßungen zu viel Raum beanſpruchen; es
ſei daher nur erwähnt, daſs Dr. Kieſewetter
die Erſchienenen begrüßte, worauf der Leiter der
Bezirkshauptmannſchaft in Windiſchgraz, Bezirks-
Obercommiſſär Anton Capek und Ingenieur Heinrich
Pototſchnigg ſprachen, welch letzterer mit
herzlichen Worten all jenen Factoren dankte, durch
welche der Schulbau ermöglicht wurde. Zum Schluſſe
überreichte der Redner die Schlüſſel des Schulhauſes
dem Oberlehrer Herrn Waldhans. Herr Abg.
Dr. Wolffhardt hielt hierauf eine Anſprache, in
welcher er beſonders das nationale Moment betonte,
vor Halbheiten warnte und die Lehrerſchaft zur
Pflege des Nationalgefühles bei den Kindern mahnte.
In der Gemeindekanzlei des Amtsgebäudes fand
darauf in Gegenwart der geſammten Gemeindever-
tretung und vieler Ehrengäſte die Ueberreichung der
Ehrenbürger-Diplome ſtatt, und zwar an die Herren
[Spaltenumbruch] Notar Dr. Tomſcheg, Landesausſchuſs Dr. Guſtav
Kokoſchinegg und Reichsraths-Abgeordneter
Dr. Wolffhardt. Nachmittags 1 Uhr fand ein
Feſtmahl ſtatt, und um 4 Uhr nachmittags eine
Liedertafel, die der wackere Marburger Männer-
geſangverein veranſtaltete. Die Leitung hatte Herr
Karl Gaſſarek inne. Die verſchiedenen Lieder,
unter denen ſich auch manch prächtiger nationaler
Chor befand, trugen den Marburgern reichen Bei-
fall und Anerkennung ein. Zum Schluſſe wurde die
„Wacht am Rhein“ geſungen. Viel zu früh ent-
führte der Zug die meiſten Feſtgäſte, die ſich unter
hundertfältigen Heilrufen von den Windiſchgrazern
verabſchiedeten. Möge nun die neue deutſche Schule
an der Sprachgrenze ſich als das bewähren, als
was ſie gebaut wurde: Als Hort deutſcher Cultur,
als Jungbrunnen deutſchen Fühlens und Denkens,
aus welchem der Nachwuchs noch Jahrzehnte lange
ſchöpfen möge!




Zur Gründung einer Kellerei-
genoſſenſchaft in Marburg.

Sonntag vormittags fand die von uns bereits
wiederholt angekündigte Verſammlung von Inter-
eſſenten ſtatt, welche ſich mit der Frage der Errich-
tung einer Kellereigenoſſenſchaft befaſſen, bezw. die
Arbeiten des vorbereitenden Ausſchuſſes zu einem
gewiſſen Abſchluſſe bringen ſollte. Die Verſammlung,
welche im 1. Stocke des Caſinos ſtattfand, wurde
vom Obmanne des vorbereitenden Ausſchuſſes,
Herrn R. v. Roßmanit, eröffnet, welcher in
ſeiner an die Anweſenden gerichteten Begrüßung
ſeinem Bedauern darüber Ausdruck verlieh, daſs ſich
trotz der äußerſt wichtigen Angelegenheit ſo wenige
Intereſſenten eingefunden haben. Mit dem heutigen
Tage — ſagte der Redner — ſei die Thätigkeit
des vorbereitenden Ausſchuſſes beendet; er erſuchte
nun, zur Wahl eines Vorſitzenden der heutigen
Verſammlung zu ſchreiten. Als ſolcher wurde
R. v. Roßmanit ſelbſt gewählt.

Hierauf ergriff Herr Girſtmayr, der An-
reger der ganzen Angelegenheit, das Wort. Redner
ſchildert die traurige Lage der Wein bauenden
Bauern und erinnert daran, welche Schundpreiſe
heuer den Weinproducenten von den Händlern
gezahlt wurden, welche für 12grädigen Wein 12 kr.
per Liter, für andere Weinſorten ſogar nur 8 bis
9 kr. boten! Eine einzige Grazer Weinhandlung
machte eine Ausnahme. Dadurch, daſs dieſelbe
beſſere Preiſe gab, konnten ſich die Preiſe im all-
gemeinen einigermaßen heben. Unter ſolchen Um-
ſtänden bleibt nichts anderes übrig, als daſs ſich
die Weinproducenten zur Selbſthilfe entſchließen,
welche durch die Errichtung einer genoſſenſchaftlichen
Weinkellerei gefördert werden kann. Eine der
größten Schwierigkeiten, welche dieſem Plane ent-
gegenſtehen, erblickt der Redner in der Beſchaffung
des nothwendigen Fondes. Zum Schluſſe ſeiner
Ausführungen gedachte Herr Girſtmayr noch mit
warmen Worten der Anerkennung der Thätigkeit
des Herrn R. v. Roßmanit, welcher trotz mancher
Unannehmlichkeiten im vorbereitenden Ausſchuſſe
vieles leiſtete. Redner drückt ihm hiefür den herz-
lichſten Dank aus und begrüßt ferners auch den
anweſenden Anwalt des „Verbandes landwirtſchaft-
licher Genoſſenſchaften in Steiermark“, Herrn Baron
Störk.

Herr R. v. Roßmanit regt an, ſofort
an die Erledigung der vom vorbereitenden Aus-
ſchuſſe fertiggeſtellten Satzungen zu ſchreiten. Herr
Baron Störk wendet ſich der Beſprechung der
einen Hauptfrage: Geldbeſchaffung, zu. Redner be-
ſpricht landwirtſchaftliche Genoſſenſchaften im allge-
meinen. Bei dem Capitel „Weingenoſſenſchaft“
weist Baron Störk auf die Nothwendigkeit hin,
in allen größeren Bezirken ſolche Kellereigenoſſen-
ſchaften zu gründen; es ſei nicht gut, wenn viele
Bezirke zuſammen eine Kellerei, beziehungsweiſe
eine Weingenoſſenſchaft haben. Solche Kellerei-
Genoſſenſchaften wären zu gründen für die Bezirke
Marburg, Luttenberg und Pettau je eine; Rad-
kersburg beſitzt ſchon eine. Als hauptſächlichſte Ge-
ſichtspunkte hätten zu dienen: 1. Beſchaffung eines
großen Kellers; 2. Soll der Wein den Bauern
von der Genoſſenſchaft abgekauft, oder ſoll der
Wein blos eingelagert und belehnt werden? In
der Regel, ſagte der Redner, werde der erſte Weg
einzuſchlagen ſein, doch ſteht auch der Anwendung
der zweiten Methode in gewiſſen Fällen nichts im
Wege. Nicht gänzlich ausgeſchloſſen ſoll es auch
ſein, Wein vertrauenswürdiger Producenten im
Keller derſelben zu belehnen. Natürlich müſste hie-
[Spaltenumbruch] bei große Vorſicht angewendet werden. Baron
Störck glaubt, daſs die Bauern durch die Ge-
noſſenſchaft beſſere Preiſe erzielen werden, während
es den Wirten erſpart wird, von Ort zu Ort und
von Haus zu Haus zu gehen und zu feilſchen.
Redner weist zum Schluſſe auf die Wirtsgenoſſen-
ſchaft in Wien hin, welche ſehr große Erfolge er-
zielte; allerdings erhält dieſelbe vom Lande Nieder-
öſterreich Geld zu ſehr niedrigem Zinsfuße, näm-
lich zu 2 bis 3 Procent.

Herr Girſtmayr, an dieſe Ausführungen
anknüpfend, fordert von der Steierm. Sparcaſſe,
ſie möge für Unterſteier ähnliches thun, was Nieder-
öſterreich für Wien thut. Die Reſerven der ſteierm.
Sparcaſſe betragen Millionen, welche ſie nur durch
die bäuerlichen Beſitzer erhielt. Es handele ſich in
Marburg um die Erwerbung eines Kellers mit
einem Faſſungsraume von 400 bis 500 Startin
und um ein Anfangscapital von 20.000 fl., um
den Ring der Weinhändler zu ſprengen. Auf die
Herren in Graz kann man ſich ja nicht verlaſſen;
eines aber kann und muſs beanſprucht werden,
nämlich, daſs das Landhaus einen Keller hergibt,
welcher der Centralkeller ſein ſoll, den die Wirte
aus Oberſteier ꝛc. beſuchen können, um dort ihre
Auswahl zu treffen.

Die Frage des Herrn Baron Twickl, wa-
rum der Wirkungskreis der Marburger Kellerei-
genoſſenſchaft ſich blos auf den Marburger Bezirk
beſchränken ſoll, beantwortet Herr Baron Störk
mit dem Hinweiſe darauf, daſs die Arbeiten für
eineu einzigen Bezirk ſchon große ſein werden.

Herr R. v. Roßmanit beantragt, nun
einen Ausſchuſs zu wählen, um die Sache in
Gang zu bringen. Dieſem Ausſchuſſe ſei die Auf-
gabe zuzuweiſen, die bereits entworfenen Satzungen
zu prüfen, ſodann eine Generalverſammlung einzu-
berufen, welche den Bericht anzuhören, über die
Gründung entgiltig zu beſchließen und die Aemter-
wahl vorzunehmen hat. Die hierauf vorgenommene
Wahl des Ausſchuſſes hatte folgendes Ergebnis:
Gewählt wurden: 1. Die Mitglieder des ehema-
ligen vorbereitenden Ausſchuſſes und zwar die
Herren Director Zweifler, Director Schmid, In-
ſpector Binder, Arnold Damian, Dr. Rodler, Karl
Flucher, Franz Girſtmayr, Ritter von Roßmanit.
2. folgende Herren: Baron Twickl, Dr. Rak, Guts-
verwalter Baumann, L.-G.-R. i. R. Dr. Got-
ſcheber und Kaufmann Johann Grubitſch.

Die hauptſächlichſten Punkte, von denen ſich
der Ausſchuſs bei ſeinen Berathungen leiten laſſen
wird, ſind folgende: 1. Jedesmalige nachträgliche
Ausbezahlung des Reingewinnes an jene Producenten,
welche der Genoſſenſchaft Wein lieferten. 2. Es ſind
Geſchäftsantheile per Stück zu 20 K auszugeben.
Jedes Mitglied hat für jeden Hektar 1 Antheilſchein
zu erwerben, damit die kleineren Bauern nicht be-
nachtheiligt werden. 3. Keine Genoſſenſchaft mit un-
beſchränkter Haftung, ſondern mit beſchränkter Haftung.
— Von den Anweſenden zeichneten ſofort 27 Mit-
glieder 129 Antheilſcheine. Herr Girſtmayr macht
hierauf die Anweſenden auf die italieniſche Wein-
zollclauſel und auf die Möglichkeit der größeren
Einfuhr franzöſiſcher Weine vermöge des billigen
Preiſes derſelben, aufmerkſam. Hierauf wird eine
Entſchließung und eine an die Regierung gerichtete
Petition angenommen, welche ſich mit der vor einigen
Tagen in Pettau angenommenen deckt.

Herr Girſtmayr dankte nun allen Anweſen-
den für ihr Erſcheinen, worauf Baron Störk die Ver-
ſicherung abgab, der Verband landwirtſchaftlicher Ge-
noſſenſchaften Steiermarks werde der Marburger
Kellereigenoſſenſchaft jederzeit mit Rath und That zur
Seite ſtehen. — Die Verſammlung fand nach 12 Uhr
ihr Ende.




Marburger Nachrichten.
(Todesfälle.)

Am 10. d. iſt hier die
Oberconducteurs-Witwe Frau Marie Pratter, geb.
Hönigſchnabel, im 74. Lebensjahre geſtorben. —
Im Allgem. Krankenhauſe zu Graz ſtarb geſtern
der Maſchinführer Herr Joſef Markwart im 44.
Lebensjahre. Das Leichenbegängnis findet morgen
in Graz ſtatt. Der Verblichene war verheiratet,
jedoch kinderlos.

(Deutſcher Sprachverein.)

Morgen,
Mittwoch, den 13. d. findet um 8 Uhr abends, wie
ſchon erwähnt, die erſte Verſammlung des Sprach-
vereines in dieſem Winter-Zeitabſchnitte ſtatt, und
zwar ausnahmsweiſe im kleinen Speiſeſaale des
Caſinos (I. Stock, links vom Tanzſaale), da im großen
Speiſeſaale ein phyſikaliſcher Vortrag abgehalten

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[4/0004] Marburger Zeitung Nr. 135, 12. November 1901 irgendwie den Hefen und dieſer fiel ſammt dem ſiedenden Waſſer auf den Knaben, welcher hiedurch ſolche Brandwunden erlitt, daſs er bald darauf ſtarb. Gonobitz, 10. November. (Ein unduldſamer Prieſter.) Der Allerheiligentag brachte die Gonobitzer deutſche Bevölkerung in nicht geringe Aufregung. Der Grabhügel der Familie Weſenſcheg war mit den vielen Kränzen geſchmückt, welche man dem un- erſetzlichen deutſchen Mitbürger ſeinerzeit auf den Sarg legte, und nicht wenige darunter waren mit deutſchen Kranzſchleifen verſehen. Doch die trauernden Angehörigen ſollten ſich nicht zu lange ihrem ſtillen Schmerze hingeben. Plötzlich erſchien der Todten- gräber Jakob Kramer mit dem vom Hauptpfarrer gegebenen Auftrage, daſs die deutſchen Bänder zu entfernen ſeien. Schließlich erklärte der Haupt- pfarrer, verſchiedene Ausflüchte gebrauchend, für diesmal nachzugeben. Wenn man in Erwägung zieht, daſs ſeit Jahren an den Gräbern einiger ſloveniſchnationaler Größen und Nichtgrößen Kranz- ſchleifen in den ſloveniſchen Farben von den Deutſchen unbeanſtändet blieben, ſo kann man ſich den Terrorismus des Hauptpfarrers wohl kaum erklären, dem die deutſchen Farben ſchon das erſtemal ſo in die Augen ſtechen, daſs er an einem ſolchen Tage die heiligſten Gefühle einer Familie ſich zu verletzen unterſteht. — Wie man allgemein vernimmt, wird dieſer von Deutſchenhaſs erfüllte Prieſter Gonobitz nicht mehr lange mit ſeiner Gegenwart beglücken, was aber gerade zur Jetztzeit ſehr zu bedauern iſt, ebnet er doch gerade durch ſolches Handeln am beſten den Boden für die „Los von Rom“-Be- wegung. Eröffnung der deutſchen Schule in Windiſchgraz. Windiſchgraz, 11. November. Das war geſtern ein Feſttag für Windiſch- graz. Von allen Seiten waren Feſtgäſte eingelangt, darunter allein 40 Mitglieder des Marburger Männergeſangvereines mit dem Banner, Mitglieder der Marburger Südmark- und Schulvereinsorts- gruppen, des Vereines deutſches Studentenheim, die Südbahnwerkſtätten-Muſikkapelle, ferners Gäſte aus einer großen Anzahl von Orten des Unter- landes. Windiſchgraz hatte auch ein prächtig Feſt- kleid angelegt, ſowohl zur Feier des Tages, der uns eine eigene, rein deutſche Schule brachte, als auch der lieben Feſtgäſte wegen. Fröhlich flatterten die ſchwarz-roth-goldenen Fahnen den von nah und fern gekommenen Feſtgäſten den deutſchen Will- kommgruß zu. Am Bahnhofe wurden die mit dem Frühzuge aus Unterdrauburg Gekommenen durch den Windiſchgrazer Männergeſangverein durch ein kräftig geſungenes, vom Marburger Männergeſang- vereine ſofort erwidertes „Grüß Gott“ empfangen. Nun folgten Begrüßungen und Gegengrüße. Bürger- meiſter Goll ſprach im Namen der Stadt ſeinen Dank für das zahlreiche Erſcheinen der Feſtgäſte aus, worauf Reichsrathsabgeordneter Dr. Wolff- hardt, im Namen der Erſchienenen dankend, auf den unwandelbaren deutſchen Charakter der Stadt Windiſchgraz hinwies. „Ich grüße dich, Deutſchland, aus Herzensgrund“ — brauste es hierauf aus den Reihen des Marburger Männer- geſangvereines, deſſen Obmann, Herr Dr. Rei- dinger, namens des Vereines ſprach. Nun folgte unter Vorantritt der Marburger Südbahnwerk- ſtätten-Kapelle der Einzug in die Stadt. Die Feſt- gäſte beſichtigten, im Schulhauſe angelangt, das- ſelbe eingehend, ebenſo den im Schulhauſe befind- lichen Kindergarten. Im zweiten Stocke fand ſpäter die Feſtfeier ſtatt. Leider würde die Wiedergabe aller Reden und Begrüßungen zu viel Raum beanſpruchen; es ſei daher nur erwähnt, daſs Dr. Kieſewetter die Erſchienenen begrüßte, worauf der Leiter der Bezirkshauptmannſchaft in Windiſchgraz, Bezirks- Obercommiſſär Anton Capek und Ingenieur Heinrich Pototſchnigg ſprachen, welch letzterer mit herzlichen Worten all jenen Factoren dankte, durch welche der Schulbau ermöglicht wurde. Zum Schluſſe überreichte der Redner die Schlüſſel des Schulhauſes dem Oberlehrer Herrn Waldhans. Herr Abg. Dr. Wolffhardt hielt hierauf eine Anſprache, in welcher er beſonders das nationale Moment betonte, vor Halbheiten warnte und die Lehrerſchaft zur Pflege des Nationalgefühles bei den Kindern mahnte. In der Gemeindekanzlei des Amtsgebäudes fand darauf in Gegenwart der geſammten Gemeindever- tretung und vieler Ehrengäſte die Ueberreichung der Ehrenbürger-Diplome ſtatt, und zwar an die Herren Notar Dr. Tomſcheg, Landesausſchuſs Dr. Guſtav Kokoſchinegg und Reichsraths-Abgeordneter Dr. Wolffhardt. Nachmittags 1 Uhr fand ein Feſtmahl ſtatt, und um 4 Uhr nachmittags eine Liedertafel, die der wackere Marburger Männer- geſangverein veranſtaltete. Die Leitung hatte Herr Karl Gaſſarek inne. Die verſchiedenen Lieder, unter denen ſich auch manch prächtiger nationaler Chor befand, trugen den Marburgern reichen Bei- fall und Anerkennung ein. Zum Schluſſe wurde die „Wacht am Rhein“ geſungen. Viel zu früh ent- führte der Zug die meiſten Feſtgäſte, die ſich unter hundertfältigen Heilrufen von den Windiſchgrazern verabſchiedeten. Möge nun die neue deutſche Schule an der Sprachgrenze ſich als das bewähren, als was ſie gebaut wurde: Als Hort deutſcher Cultur, als Jungbrunnen deutſchen Fühlens und Denkens, aus welchem der Nachwuchs noch Jahrzehnte lange ſchöpfen möge! Zur Gründung einer Kellerei- genoſſenſchaft in Marburg. Sonntag vormittags fand die von uns bereits wiederholt angekündigte Verſammlung von Inter- eſſenten ſtatt, welche ſich mit der Frage der Errich- tung einer Kellereigenoſſenſchaft befaſſen, bezw. die Arbeiten des vorbereitenden Ausſchuſſes zu einem gewiſſen Abſchluſſe bringen ſollte. Die Verſammlung, welche im 1. Stocke des Caſinos ſtattfand, wurde vom Obmanne des vorbereitenden Ausſchuſſes, Herrn R. v. Roßmanit, eröffnet, welcher in ſeiner an die Anweſenden gerichteten Begrüßung ſeinem Bedauern darüber Ausdruck verlieh, daſs ſich trotz der äußerſt wichtigen Angelegenheit ſo wenige Intereſſenten eingefunden haben. Mit dem heutigen Tage — ſagte der Redner — ſei die Thätigkeit des vorbereitenden Ausſchuſſes beendet; er erſuchte nun, zur Wahl eines Vorſitzenden der heutigen Verſammlung zu ſchreiten. Als ſolcher wurde R. v. Roßmanit ſelbſt gewählt. Hierauf ergriff Herr Girſtmayr, der An- reger der ganzen Angelegenheit, das Wort. Redner ſchildert die traurige Lage der Wein bauenden Bauern und erinnert daran, welche Schundpreiſe heuer den Weinproducenten von den Händlern gezahlt wurden, welche für 12grädigen Wein 12 kr. per Liter, für andere Weinſorten ſogar nur 8 bis 9 kr. boten! Eine einzige Grazer Weinhandlung machte eine Ausnahme. Dadurch, daſs dieſelbe beſſere Preiſe gab, konnten ſich die Preiſe im all- gemeinen einigermaßen heben. Unter ſolchen Um- ſtänden bleibt nichts anderes übrig, als daſs ſich die Weinproducenten zur Selbſthilfe entſchließen, welche durch die Errichtung einer genoſſenſchaftlichen Weinkellerei gefördert werden kann. Eine der größten Schwierigkeiten, welche dieſem Plane ent- gegenſtehen, erblickt der Redner in der Beſchaffung des nothwendigen Fondes. Zum Schluſſe ſeiner Ausführungen gedachte Herr Girſtmayr noch mit warmen Worten der Anerkennung der Thätigkeit des Herrn R. v. Roßmanit, welcher trotz mancher Unannehmlichkeiten im vorbereitenden Ausſchuſſe vieles leiſtete. Redner drückt ihm hiefür den herz- lichſten Dank aus und begrüßt ferners auch den anweſenden Anwalt des „Verbandes landwirtſchaft- licher Genoſſenſchaften in Steiermark“, Herrn Baron Störk. Herr R. v. Roßmanit regt an, ſofort an die Erledigung der vom vorbereitenden Aus- ſchuſſe fertiggeſtellten Satzungen zu ſchreiten. Herr Baron Störk wendet ſich der Beſprechung der einen Hauptfrage: Geldbeſchaffung, zu. Redner be- ſpricht landwirtſchaftliche Genoſſenſchaften im allge- meinen. Bei dem Capitel „Weingenoſſenſchaft“ weist Baron Störk auf die Nothwendigkeit hin, in allen größeren Bezirken ſolche Kellereigenoſſen- ſchaften zu gründen; es ſei nicht gut, wenn viele Bezirke zuſammen eine Kellerei, beziehungsweiſe eine Weingenoſſenſchaft haben. Solche Kellerei- Genoſſenſchaften wären zu gründen für die Bezirke Marburg, Luttenberg und Pettau je eine; Rad- kersburg beſitzt ſchon eine. Als hauptſächlichſte Ge- ſichtspunkte hätten zu dienen: 1. Beſchaffung eines großen Kellers; 2. Soll der Wein den Bauern von der Genoſſenſchaft abgekauft, oder ſoll der Wein blos eingelagert und belehnt werden? In der Regel, ſagte der Redner, werde der erſte Weg einzuſchlagen ſein, doch ſteht auch der Anwendung der zweiten Methode in gewiſſen Fällen nichts im Wege. Nicht gänzlich ausgeſchloſſen ſoll es auch ſein, Wein vertrauenswürdiger Producenten im Keller derſelben zu belehnen. Natürlich müſste hie- bei große Vorſicht angewendet werden. Baron Störck glaubt, daſs die Bauern durch die Ge- noſſenſchaft beſſere Preiſe erzielen werden, während es den Wirten erſpart wird, von Ort zu Ort und von Haus zu Haus zu gehen und zu feilſchen. Redner weist zum Schluſſe auf die Wirtsgenoſſen- ſchaft in Wien hin, welche ſehr große Erfolge er- zielte; allerdings erhält dieſelbe vom Lande Nieder- öſterreich Geld zu ſehr niedrigem Zinsfuße, näm- lich zu 2 bis 3 Procent. Herr Girſtmayr, an dieſe Ausführungen anknüpfend, fordert von der Steierm. Sparcaſſe, ſie möge für Unterſteier ähnliches thun, was Nieder- öſterreich für Wien thut. Die Reſerven der ſteierm. Sparcaſſe betragen Millionen, welche ſie nur durch die bäuerlichen Beſitzer erhielt. Es handele ſich in Marburg um die Erwerbung eines Kellers mit einem Faſſungsraume von 400 bis 500 Startin und um ein Anfangscapital von 20.000 fl., um den Ring der Weinhändler zu ſprengen. Auf die Herren in Graz kann man ſich ja nicht verlaſſen; eines aber kann und muſs beanſprucht werden, nämlich, daſs das Landhaus einen Keller hergibt, welcher der Centralkeller ſein ſoll, den die Wirte aus Oberſteier ꝛc. beſuchen können, um dort ihre Auswahl zu treffen. Die Frage des Herrn Baron Twickl, wa- rum der Wirkungskreis der Marburger Kellerei- genoſſenſchaft ſich blos auf den Marburger Bezirk beſchränken ſoll, beantwortet Herr Baron Störk mit dem Hinweiſe darauf, daſs die Arbeiten für eineu einzigen Bezirk ſchon große ſein werden. Herr R. v. Roßmanit beantragt, nun einen Ausſchuſs zu wählen, um die Sache in Gang zu bringen. Dieſem Ausſchuſſe ſei die Auf- gabe zuzuweiſen, die bereits entworfenen Satzungen zu prüfen, ſodann eine Generalverſammlung einzu- berufen, welche den Bericht anzuhören, über die Gründung entgiltig zu beſchließen und die Aemter- wahl vorzunehmen hat. Die hierauf vorgenommene Wahl des Ausſchuſſes hatte folgendes Ergebnis: Gewählt wurden: 1. Die Mitglieder des ehema- ligen vorbereitenden Ausſchuſſes und zwar die Herren Director Zweifler, Director Schmid, In- ſpector Binder, Arnold Damian, Dr. Rodler, Karl Flucher, Franz Girſtmayr, Ritter von Roßmanit. 2. folgende Herren: Baron Twickl, Dr. Rak, Guts- verwalter Baumann, L.-G.-R. i. R. Dr. Got- ſcheber und Kaufmann Johann Grubitſch. Die hauptſächlichſten Punkte, von denen ſich der Ausſchuſs bei ſeinen Berathungen leiten laſſen wird, ſind folgende: 1. Jedesmalige nachträgliche Ausbezahlung des Reingewinnes an jene Producenten, welche der Genoſſenſchaft Wein lieferten. 2. Es ſind Geſchäftsantheile per Stück zu 20 K auszugeben. Jedes Mitglied hat für jeden Hektar 1 Antheilſchein zu erwerben, damit die kleineren Bauern nicht be- nachtheiligt werden. 3. Keine Genoſſenſchaft mit un- beſchränkter Haftung, ſondern mit beſchränkter Haftung. — Von den Anweſenden zeichneten ſofort 27 Mit- glieder 129 Antheilſcheine. Herr Girſtmayr macht hierauf die Anweſenden auf die italieniſche Wein- zollclauſel und auf die Möglichkeit der größeren Einfuhr franzöſiſcher Weine vermöge des billigen Preiſes derſelben, aufmerkſam. Hierauf wird eine Entſchließung und eine an die Regierung gerichtete Petition angenommen, welche ſich mit der vor einigen Tagen in Pettau angenommenen deckt. Herr Girſtmayr dankte nun allen Anweſen- den für ihr Erſcheinen, worauf Baron Störk die Ver- ſicherung abgab, der Verband landwirtſchaftlicher Ge- noſſenſchaften Steiermarks werde der Marburger Kellereigenoſſenſchaft jederzeit mit Rath und That zur Seite ſtehen. — Die Verſammlung fand nach 12 Uhr ihr Ende. Marburger Nachrichten. (Todesfälle.) Am 10. d. iſt hier die Oberconducteurs-Witwe Frau Marie Pratter, geb. Hönigſchnabel, im 74. Lebensjahre geſtorben. — Im Allgem. Krankenhauſe zu Graz ſtarb geſtern der Maſchinführer Herr Joſef Markwart im 44. Lebensjahre. Das Leichenbegängnis findet morgen in Graz ſtatt. Der Verblichene war verheiratet, jedoch kinderlos. (Deutſcher Sprachverein.) Morgen, Mittwoch, den 13. d. findet um 8 Uhr abends, wie ſchon erwähnt, die erſte Verſammlung des Sprach- vereines in dieſem Winter-Zeitabſchnitte ſtatt, und zwar ausnahmsweiſe im kleinen Speiſeſaale des Caſinos (I. Stock, links vom Tanzſaale), da im großen Speiſeſaale ein phyſikaliſcher Vortrag abgehalten

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 135, Marburg, 12.11.1901, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger135_1901/4>, abgerufen am 23.11.2024.