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Marburger Zeitung. Nr. 19, Marburg, 11.02.1905.

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Marburger Zeitung Nr. 19, 11. Februar 1905.

[Spaltenumbruch]
Gaberjes "unsittliche Arbeiter."


Über die Handlungsweise des Führers der
Cillier Pevaken, des Dr. Decko, und des deutsch-
geborenen Pervakenführers v. Berks, welche der
Regierung die Verlegung der Cillier windischen
Gymnasialparallelen nach Gaberje vorschlugen, zu
welchem Zwecke Dr. Decko bereits seine Wiese in
Gaberje der Regierung verkaufte, sind, wie wir
bereits erwähnten, mehrere Pervakenblätter ganz
aus dem Häuschen geraten. Nur das Marburger
deutsch geschriebene windische Denunziantenblatt
schweigt, es schweigt sich über diese Vorkommnisse
so aus, wie z. B. über die russischen Niederlagen
zu Wasser und zu Lande. Der Fall Decko ist näm-
lich auch eine Niederlage und zwar eine furchtbare
Niederlage für das ganze Pervakentum, eine mora-
lische Hinrichtung jener politischen Klique, welche
vorgibt, "im Namen des slovenischen Bolkes" zu
sprechen und die "Forderungen des slovenischen
Volkes" zu vertreten. Ein solcher moralischer Bank-
bruch, eine solche politische Hinrichtung muß von
dem deutsch geschriebenen Pervakenorgan freilich
totgeschwiegen werden. Vielleicht denkt es, wie es
vom Vogel Strauß erzählt wird; wenn die "Südst.
Pr." schweigt, dann ist wahrscheinlich ein undurch-
sichtiges Netz über das Brodeln und Wallen im
Pervakenlager gebreitet ... Die windisch geschrie-
benen Pervakenblätter üben solche Rücksichten nicht;
sie, denen bisher Dr. Decko ein Heiliger war und
von dem sie stets mit dem größten Enthusiasmus
sprachen, wenden sich mit einem Schlage von ihrer
bisherigen Volksrettergröße, dem Dr. Decko ab
und in jeder Nummer begehen sie an dem einst
so gefeierten Pervakenhäuptling -- bildlich ge-
sprochen -- das Verbrechen der schweren körper-
lichen Beschädigung, welche wohl mit einer
dauernden "Berufsunfähigkeit" des gestürzten Per-
vakensohnes verbunden sein dürfte. So schreibt der
gestrige "Slov. Gosp.", welcher seinerzeit, als über
eine angeblich bevorstehende Internierung des
Dr. Decko in einer Irrenanstalt berichtet
wurde, seinen lieblichen Pervakenmund im Dienste
des Dr. Decko bedenklich strapazierte und den Dr.
Decko himmelhoch pries, über denselben Dr.
Decko nunmehr u. a. folgendes: "Durch die Hand-
lungsweise des Dr. Decko und des R. v. Berks
wurde das Cillier slovenische Gymnasium
in einen noch größeren Kot gezerrt
als
jener war, in welchem es sich ohnehin schon
befand." So lautet der Anfang des gegen Dr.
Decko und Berks gerichteten Vernichtungsartikels
des "Slov. Gosp." Nun folgt eine Beschreibung
der schlechten sanitären und sittlichen Ver-
hältnisse in Gaberje
-- also eines ganz
pervakischen Ortes, in welchem die pervakischen
Volksbeglücker ja schrankenlos und nicht gehindert
durch Deutsche, Proben ihres Könnens ablegen
können. Und von diesem pervakischen Orte sagt der
"Gosp.", daß dort trotz der unbedingten Herrschaft
der sittlich bekanntlich sehr -- feinfühligen windischen




wirft seine Schatten über mein Leben. Durch
Viktors Brief weht ein Ton -- ein Ton, der wie
Trennung klingt!"

"Klotilde!" Er kann und wird Dir sein Wort
nicht brechen, Viktor ist ein Ehrenmann."

"Und eben, weil er dies ist, scheint ihm, so
will es mich bedünken, eine Trennung geboten.
Da, da eben liegt das Geheimnis."

"Geheimnis und wieder Geheimnis", sagte
Edgar unmutig, "am Geheimnis gehen wir zu
Grunde."

Klotilde ergriff plötzlich krampfhaft seine beiden
Hände. "Nein, an der Schuld, Edgar, an der
Schuld, die wir auf uns geladen; wir sind falsche
Zeugen gegen Hellborn gewesen, unser Haß gegen
ihn hat uns verblendet. Viktor dachte edler; um
meiner Rachsucht willen hat er mich verworfen!"

Edgar fand nicht den Mut zu einem Trost-
worte; Klotilde kannte ja nicht den ganzen Umfang
der Schuld, den ihr und sein Großvater gegen
Hellborn auf sich geladen und deren Erbe er
geworden war.

"Klotilde, ich will zu Hellborn gehen", sagte
er nach einer kurzen Pause.

"Das wolltest Du!" rief sie lebhaft, "o Edgar,
das ist das Richtige, Du hast das erlösende Wort
gesprochen. Ich begleite Dich!"

Er schüttelte den Kopf. "Nein, Klotilde ich
muß allein gehen, was ich mit Hellborn zu sprechen
habe, darf außer ihm nur Gott hören[."]

(Fortsetzung folgt.)


[Spaltenumbruch]

Agitationshochwürdigen 30 Paare im Konkubinate
leben. Eine weitere sittliche Gefahr für die Keuschler-
buben und Knechtekinder, die mit Bettelgeldern ins
Gymnasium gesandt werden, seien die vielen --
Arbeiter, die in Gaberje wohnen. Besonders die
Arbeiter fürchtet der klerikale "Gospodar" außer-
ordentlich; es ist für diese zwar nicht sehr schmeichel-
haft, als eine hohe "sittliche Gefahr" für die
dem gleichen Milieu entsprossenen windischen "Bettel-
studenten" geschildert zu werden -- aber der
"Gospodar" braucht eben gegen die Wahl von
Gaberje Argumente und wenn er keine findet, so
wird er darum nicht verlegen. Es verschlägt ihm
auch nichts, daß die Arbeiter gewiß tausendmal
anständiger sind als so manche Hetz-Hochwürden,
welche durch Denunziationen und Ehrab-
schneidereien
und durch die Entfachung der
gewissenlosesten Hetze sowie durch andere,
genugsam bekannte Dinge zu einer wahren und
wirklichen sittlichen Gefahr geworden sind!
Noch ein Argument gegen Gaberje führt der
"Gosp." an: Die Entfernung Gaberjes von Cilli,
durch welche sich so manche slovenische Eltern ge-
zwungen sehen würden, ihre Kinder in das deutsche
Cillier Gymnasium zu schicken. Für die Kinder wäre
dies freilich ein hoher Gewinn -- aber der
"Gospodar" wütet, wenn er daran denkt, daß slove-
nische Kinder in den deutschen Kulturkreis eintreten
und dann vielleicht die gewissenlose Hetze hoch- und
nichtswürdiger Pervakenführer erkennen würden.
Zum Schlusse sagt der "Gospodar", alle nüchtern
denkenden Pervaken seien davon überzeugt, daß die
windische Anstalt im windischen Gaberje nicht ge-
deihen könne und daß ihr dort der Ruin gewiß sei.
Nun, ist denn der Pervakenführer Decko nicht auch
ein nüchterner Pervake? Hat er nicht gerade durch
den gewinnbringenden Verkauf seines Grundes an
die Regierung bewiesen, daß er sogar ein sehr
nüchterner Mann ist und daß er das Bestehen der
windischen Anstalt in einem windischen Orte gar
wohl für möglich hält? Wenn der gefeierte und
wirklich sehr "nüchterne" Pervakenhäuptling Dr.
Decko die Sache für ganz gut erklärt und ihr
sogar durch den Verkauf seines Grundes
seine Unterstützung leiht, wer will ihm
dann widersprechen? Dafür, daß die anderen, unter-
geordneten Pervakenhäupter bei Cilli keinen geeig-
neten Grund besitzen, den sie der Regierung zu
einem guten Preise zum Kaufe anbieten können,
dafür kann doch der Dr. Decko nicht! Aber sie
haben eben keine geeigneten Geschäftsobjekte bei Cilli
und daher konzentriert sich ihr Geschrei wie jenes
eigensinniger Fratzen darauf, daß die windische
Anstalt in einer deutschen Stadt sein müsse.
Kein Deutscher wird verlangen, daß man seine An-
stalten in das windische Gebiet verlege; die Per-
vaken aber, welche keine Gründe auf windischem
Boden zum Verkaufen haben und um jeden Preis
zu Hetzzwecken eine windische Organisation
in einer deutschen Stadt sehen wollen, schreien
im Chorus: Die windische Anstalt muß in der
deutschen Stadt bleiben -- auf windischem
Boden verdorrt sie! Enthält dieses Geschrei nicht
ein die Pervaken tief beschämendes Ge-
ständnis?

Ein weiterer Aufsatz des "Gosp." richtet sich
gegen sein bisheriges gesinnungsverwandtes Blatt,
die "Domovina", welche die Verteidigung des Dr.
Decko führt. Der "Gosp." wirft der "Domovina"
Lügen vor. (Dürfte das nicht gegenseitig bei den
Pervakenblättern der Fall sein?) Schließlich wendet
sich der "Gosp." gegen die Vorwürfe der "Domo-
vina", welche jammert, daß die Enthüllungen des
"Slovenec" von den deutschen Zeitungen zur Ver-
spottung der slovenischen Nation (das ist nicht wahr!
Es sollte heißen zur Brandmarkung der pervakischen
Volksverhetzer!) verwendet werden. Die Schuld daran,
meint der "Gosp.", trage der Dr. Decko, und
außerdem -- so schließt der "Gosp." -- weiß
es jeder Eingeweihte ganz gut, daß bis jetzt
noch nicht alles der Öffentlichkeit preis-
gegeben
wurde! -- Es sind also noch weitere
interessante Mitteilungen zu erwarten, wenn die
Pervakenpresse es nicht vorziehen sollte, die bei-
spiellose Fäulnis
im Pervakenlager zugedeckt
weiter wuchern zu lassen! N. J.




Tagesneuigkeiten.
Ein wunder Punkt im deutschen Volks-
schulwesen.

Die deutsche Volksschule ist nicht so
schlecht, wie sie oft gemacht wird; trotz mancher
Schattenseiten hält sie im großen und ganzen der
Volksschule aller anderen Kulturländer mindestens
[Spaltenumbruch] noch die Wage. Das kann aber freilich das deutsche
Volk nun und nimmermehr von der Pflicht ent-
binden, sein Augenmerk fort und fort auf die
Hebung und Weiterentwicklung der Anstalten zu
richten, in denen 95 v. H. der Bevölkerung das
geistige Rüstzeug für den geistigen und wirtschaft-
lichen Kampf erhalten, den wir mit den anderen
Kulturvölkern zu führen haben. Das deutsche Volk
wird den Wettbewerb unter den Völkern des Erd-
balls nur erfolgreich weiter führen können, wenn
seine Volksmassen für die geistige und technische
Arbeit immer mehr vervollkommnet werden, wenn
sie in unterrichtlicher und erziehlicher Hinsicht allen
anderen voranstehen. Auf keinen Fall darf ein Still-
stand in der Volksbildung eintreten, denn Stillstand
ist bekanntlich Rückschritt. Es ist daher ein gutes
Zeichen, daß sich die deutschen Parlamente, daß sich
die pädagogische und politische Presse fort und fort
ziemlich eingehend mit dem Volksschulwesen beschäf-
tigen, daß ohne Scheu offenbare Mängel bloßgelegt
werden, und daß auf deren Abstellung eifrig hin-
gearbeitet wird. Nun ist jüngst von maßgebender
Stelle mit treffenden Worten auf einen sehr wun-
den Punkt im Volksschulwesen hingewiesen worden,
nämlich auf die Überfüllung der Schulklassen, auf
die übermäßig hohe Zahl der Schulkinder, die einem
Lehrer zum Unterricht und zur Erziehung anver-
traut werden. Wie notwendig es ist, hier Wandel
zu schaffen, zeigt ein Artikel der "Gartenlaube", in
dem der bekannte Berliner Volksschullehrer H. Rosin
zahlenmäßig nachweist, wie schlecht es in dieser
Hinsicht noch in manchen Gegenden unseres Vater-
landes bestellt ist. Es würde zu weit führen, hier
alle die Beispiele anzuführen, die in dem "Garten-
laube"-Artikel zusammengestellt sind. Der Hinweis,
daß in sehr vielen Schulen auf einen Lehrer mehr
als 200 Kinder, in manchen Schulen sogar bis
über 200 Kinder kommen, mag genügen. Soll die
deutsche Volksschule die hohen Aufgaben erfüllen,
die sie notwendigerweise zu erfüllen hat, dann muß
die Staatsregierung ernstlich an die Beseitigung der
hier geschilderten Übelstände herangehen.

Eine Liebenswürdigkeit gegen den
Kaiser von Österreich

meldet folgende serbische
Nachricht: "Belgrad, 5. Februar. Der König über-
sandte dem Bischof Stroßmayer zu dessen neunzigstem
Geburtstage seine Glückwünsche." Bekanntlich ist
Stroßmayer trotz seines nicht weniger als slavischen
Namens der Führer der Kroaten, ihr anerkannter
Herr, dessen Macht die staatliche Gewalt überragt.
Bekanntlich erhielt er von dem Kaiser von Öster-
reich, dem König von Kroatien seinerzeit wegen
seiner antiösterreichischen russophilen K--ühnheit und
später wegen eines anderen Deliktes einen energischen
Rüffel. Und nun beglückwünscht ihn der durch
Mörder auf den Thron gelangte König, der
Fürst des verseuchten Schweinelandes, sozusagen in
Vertretung des heutigen Königs von Kroatien.

Von der Karawankenbahn.

Der Durch-
schlag des Karawankentunnels wird -- wie Wiener
Nachrichten melden -- wenn nicht Hindernisse ein-
treten, am 31. März d. J. erfolgen. Die Strecke
Klagenfurt--Rosenbach wird bis 1. Oktober d. J.
fertiggestellt. Die Eröffnung der Karawanken- und
Wocheinerbahn dürfte im Frühsommer des Jahres
1906 vollzogen werden können.

Wieder ein Liguorianer.

Das Ge-
geschwornengericht des Departements Loire hat den
Priester Maurice Alexander Jules Gouillon, ehe-
mals Seelsorger in Laas und Bouzonvillesous-Bois,
wegen Sittlichkeitsverbrechen, begangen an neun
Mädchen zwischen neun und dreizehn Jahren, zu
fünf Jahren Zuchthaus verurteilt.

Lustiges Allerlei.

Angenehme Per-
spektive.
Bewerber: "Mein Gehalt ist zwar
augenblicklich noch klein." ... -- Mutter der Braut:
"O, das schadet nichts; Sie werden sich das Bier-
trinken und Zigarrenrauchen abgewöhnen, nachher
wirds schon reichen!" -- -- Vertrauen gegen
Vertrauen.
Nachbar (Weinhändler): "Kann man
bei Ihnen nicht einmal zugegen sein, wenn Sie
Wurst machen, Meister?" -- Schlächtermeister:
"Das können Sie; zuerst müssen Sie mich aber
einmal zuschauen lassen, wenn Sie Wein machen."
-- Angewandte Redensart. Wirt: "Der
Gast will nicht glauben, daß das Hasenbraten ist?
Haben Sie es ihm denn nicht ordentlich plausibel
gemacht?" -- Kellner: "O ja, aber es war alles
für die Katz!" -- -- Genau. Herr: "Kommen
Sie in einer Stunde wieder!" -- Bettler: "Un-
möglich! Ich bettle nur bis 5 Uhr, Überstunden
mache ich nicht!" -- -- Gemeinsamer Wunsch.
A. (auf dem Heimwege vom Wirtshaus): "Was
hast Du Dir gewünscht, als eben die Sternschnuppe

Marburger Zeitung Nr. 19, 11. Februar 1905.

[Spaltenumbruch]
Gaberjes „unſittliche Arbeiter.“


Über die Handlungsweiſe des Führers der
Cillier Pevaken, des Dr. Decko, und des deutſch-
geborenen Pervakenführers v. Berks, welche der
Regierung die Verlegung der Cillier windiſchen
Gymnaſialparallelen nach Gaberje vorſchlugen, zu
welchem Zwecke Dr. Decko bereits ſeine Wieſe in
Gaberje der Regierung verkaufte, ſind, wie wir
bereits erwähnten, mehrere Pervakenblätter ganz
aus dem Häuschen geraten. Nur das Marburger
deutſch geſchriebene windiſche Denunziantenblatt
ſchweigt, es ſchweigt ſich über dieſe Vorkommniſſe
ſo aus, wie z. B. über die ruſſiſchen Niederlagen
zu Waſſer und zu Lande. Der Fall Decko iſt näm-
lich auch eine Niederlage und zwar eine furchtbare
Niederlage für das ganze Pervakentum, eine mora-
liſche Hinrichtung jener politiſchen Klique, welche
vorgibt, „im Namen des ſloveniſchen Bolkes“ zu
ſprechen und die „Forderungen des ſloveniſchen
Volkes“ zu vertreten. Ein ſolcher moraliſcher Bank-
bruch, eine ſolche politiſche Hinrichtung muß von
dem deutſch geſchriebenen Pervakenorgan freilich
totgeſchwiegen werden. Vielleicht denkt es, wie es
vom Vogel Strauß erzählt wird; wenn die „Südſt.
Pr.“ ſchweigt, dann iſt wahrſcheinlich ein undurch-
ſichtiges Netz über das Brodeln und Wallen im
Pervakenlager gebreitet ... Die windiſch geſchrie-
benen Pervakenblätter üben ſolche Rückſichten nicht;
ſie, denen bisher Dr. Decko ein Heiliger war und
von dem ſie ſtets mit dem größten Enthuſiasmus
ſprachen, wenden ſich mit einem Schlage von ihrer
bisherigen Volksrettergröße, dem Dr. Decko ab
und in jeder Nummer begehen ſie an dem einſt
ſo gefeierten Pervakenhäuptling — bildlich ge-
ſprochen — das Verbrechen der ſchweren körper-
lichen Beſchädigung, welche wohl mit einer
dauernden „Berufsunfähigkeit“ des geſtürzten Per-
vakenſohnes verbunden ſein dürfte. So ſchreibt der
geſtrige „Slov. Goſp.“, welcher ſeinerzeit, als über
eine angeblich bevorſtehende Internierung des
Dr. Decko in einer Irrenanſtalt berichtet
wurde, ſeinen lieblichen Pervakenmund im Dienſte
des Dr. Decko bedenklich ſtrapazierte und den Dr.
Decko himmelhoch pries, über denſelben Dr.
Decko nunmehr u. a. folgendes: „Durch die Hand-
lungsweiſe des Dr. Decko und des R. v. Berks
wurde das Cillier ſloveniſche Gymnaſium
in einen noch größeren Kot gezerrt
als
jener war, in welchem es ſich ohnehin ſchon
befand.“ So lautet der Anfang des gegen Dr.
Decko und Berks gerichteten Vernichtungsartikels
des „Slov. Goſp.“ Nun folgt eine Beſchreibung
der ſchlechten ſanitären und ſittlichen Ver-
hältniſſe in Gaberje
— alſo eines ganz
pervakiſchen Ortes, in welchem die pervakiſchen
Volksbeglücker ja ſchrankenlos und nicht gehindert
durch Deutſche, Proben ihres Könnens ablegen
können. Und von dieſem pervakiſchen Orte ſagt der
„Goſp.“, daß dort trotz der unbedingten Herrſchaft
der ſittlich bekanntlich ſehr — feinfühligen windiſchen




wirft ſeine Schatten über mein Leben. Durch
Viktors Brief weht ein Ton — ein Ton, der wie
Trennung klingt!“

„Klotilde!“ Er kann und wird Dir ſein Wort
nicht brechen, Viktor iſt ein Ehrenmann.“

„Und eben, weil er dies iſt, ſcheint ihm, ſo
will es mich bedünken, eine Trennung geboten.
Da, da eben liegt das Geheimnis.“

„Geheimnis und wieder Geheimnis“, ſagte
Edgar unmutig, „am Geheimnis gehen wir zu
Grunde.“

Klotilde ergriff plötzlich krampfhaft ſeine beiden
Hände. „Nein, an der Schuld, Edgar, an der
Schuld, die wir auf uns geladen; wir ſind falſche
Zeugen gegen Hellborn geweſen, unſer Haß gegen
ihn hat uns verblendet. Viktor dachte edler; um
meiner Rachſucht willen hat er mich verworfen!“

Edgar fand nicht den Mut zu einem Troſt-
worte; Klotilde kannte ja nicht den ganzen Umfang
der Schuld, den ihr und ſein Großvater gegen
Hellborn auf ſich geladen und deren Erbe er
geworden war.

„Klotilde, ich will zu Hellborn gehen“, ſagte
er nach einer kurzen Pauſe.

„Das wollteſt Du!“ rief ſie lebhaft, „o Edgar,
das iſt das Richtige, Du haſt das erlöſende Wort
geſprochen. Ich begleite Dich!“

Er ſchüttelte den Kopf. „Nein, Klotilde ich
muß allein gehen, was ich mit Hellborn zu ſprechen
habe, darf außer ihm nur Gott hören[.“]

(Fortſetzung folgt.)


[Spaltenumbruch]

Agitationshochwürdigen 30 Paare im Konkubinate
leben. Eine weitere ſittliche Gefahr für die Keuſchler-
buben und Knechtekinder, die mit Bettelgeldern ins
Gymnaſium geſandt werden, ſeien die vielen —
Arbeiter, die in Gaberje wohnen. Beſonders die
Arbeiter fürchtet der klerikale „Goſpodar“ außer-
ordentlich; es iſt für dieſe zwar nicht ſehr ſchmeichel-
haft, als eine hohe „ſittliche Gefahr“ für die
dem gleichen Milieu entſproſſenen windiſchen „Bettel-
ſtudenten“ geſchildert zu werden — aber der
„Goſpodar“ braucht eben gegen die Wahl von
Gaberje Argumente und wenn er keine findet, ſo
wird er darum nicht verlegen. Es verſchlägt ihm
auch nichts, daß die Arbeiter gewiß tauſendmal
anſtändiger ſind als ſo manche Hetz-Hochwürden,
welche durch Denunziationen und Ehrab-
ſchneidereien
und durch die Entfachung der
gewiſſenloſeſten Hetze ſowie durch andere,
genugſam bekannte Dinge zu einer wahren und
wirklichen ſittlichen Gefahr geworden ſind!
Noch ein Argument gegen Gaberje führt der
„Goſp.“ an: Die Entfernung Gaberjes von Cilli,
durch welche ſich ſo manche ſloveniſche Eltern ge-
zwungen ſehen würden, ihre Kinder in das deutſche
Cillier Gymnaſium zu ſchicken. Für die Kinder wäre
dies freilich ein hoher Gewinn — aber der
„Goſpodar“ wütet, wenn er daran denkt, daß ſlove-
niſche Kinder in den deutſchen Kulturkreis eintreten
und dann vielleicht die gewiſſenloſe Hetze hoch- und
nichtswürdiger Pervakenführer erkennen würden.
Zum Schluſſe ſagt der „Goſpodar“, alle nüchtern
denkenden Pervaken ſeien davon überzeugt, daß die
windiſche Anſtalt im windiſchen Gaberje nicht ge-
deihen könne und daß ihr dort der Ruin gewiß ſei.
Nun, iſt denn der Pervakenführer Decko nicht auch
ein nüchterner Pervake? Hat er nicht gerade durch
den gewinnbringenden Verkauf ſeines Grundes an
die Regierung bewieſen, daß er ſogar ein ſehr
nüchterner Mann iſt und daß er das Beſtehen der
windiſchen Anſtalt in einem windiſchen Orte gar
wohl für möglich hält? Wenn der gefeierte und
wirklich ſehr „nüchterne“ Pervakenhäuptling Dr.
Decko die Sache für ganz gut erklärt und ihr
ſogar durch den Verkauf ſeines Grundes
ſeine Unterſtützung leiht, wer will ihm
dann widerſprechen? Dafür, daß die anderen, unter-
geordneten Pervakenhäupter bei Cilli keinen geeig-
neten Grund beſitzen, den ſie der Regierung zu
einem guten Preiſe zum Kaufe anbieten können,
dafür kann doch der Dr. Decko nicht! Aber ſie
haben eben keine geeigneten Geſchäftsobjekte bei Cilli
und daher konzentriert ſich ihr Geſchrei wie jenes
eigenſinniger Fratzen darauf, daß die windiſche
Anſtalt in einer deutſchen Stadt ſein müſſe.
Kein Deutſcher wird verlangen, daß man ſeine An-
ſtalten in das windiſche Gebiet verlege; die Per-
vaken aber, welche keine Gründe auf windiſchem
Boden zum Verkaufen haben und um jeden Preis
zu Hetzzwecken eine windiſche Organiſation
in einer deutſchen Stadt ſehen wollen, ſchreien
im Chorus: Die windiſche Anſtalt muß in der
deutſchen Stadt bleiben — auf windiſchem
Boden verdorrt ſie! Enthält dieſes Geſchrei nicht
ein die Pervaken tief beſchämendes Ge-
ſtändnis?

Ein weiterer Aufſatz des „Goſp.“ richtet ſich
gegen ſein bisheriges geſinnungsverwandtes Blatt,
die „Domovina“, welche die Verteidigung des Dr.
Decko führt. Der „Goſp.“ wirft der „Domovina“
Lügen vor. (Dürfte das nicht gegenſeitig bei den
Pervakenblättern der Fall ſein?) Schließlich wendet
ſich der „Goſp.“ gegen die Vorwürfe der „Domo-
vina“, welche jammert, daß die Enthüllungen des
„Slovenec“ von den deutſchen Zeitungen zur Ver-
ſpottung der ſloveniſchen Nation (das iſt nicht wahr!
Es ſollte heißen zur Brandmarkung der pervakiſchen
Volksverhetzer!) verwendet werden. Die Schuld daran,
meint der „Goſp.“, trage der Dr. Decko, und
außerdem — ſo ſchließt der „Goſp.“ — weiß
es jeder Eingeweihte ganz gut, daß bis jetzt
noch nicht alles der Öffentlichkeit preis-
gegeben
wurde! — Es ſind alſo noch weitere
intereſſante Mitteilungen zu erwarten, wenn die
Pervakenpreſſe es nicht vorziehen ſollte, die bei-
ſpielloſe Fäulnis
im Pervakenlager zugedeckt
weiter wuchern zu laſſen! N. J.




Tagesneuigkeiten.
Ein wunder Punkt im deutſchen Volks-
ſchulweſen.

Die deutſche Volksſchule iſt nicht ſo
ſchlecht, wie ſie oft gemacht wird; trotz mancher
Schattenſeiten hält ſie im großen und ganzen der
Volksſchule aller anderen Kulturländer mindeſtens
[Spaltenumbruch] noch die Wage. Das kann aber freilich das deutſche
Volk nun und nimmermehr von der Pflicht ent-
binden, ſein Augenmerk fort und fort auf die
Hebung und Weiterentwicklung der Anſtalten zu
richten, in denen 95 v. H. der Bevölkerung das
geiſtige Rüſtzeug für den geiſtigen und wirtſchaft-
lichen Kampf erhalten, den wir mit den anderen
Kulturvölkern zu führen haben. Das deutſche Volk
wird den Wettbewerb unter den Völkern des Erd-
balls nur erfolgreich weiter führen können, wenn
ſeine Volksmaſſen für die geiſtige und techniſche
Arbeit immer mehr vervollkommnet werden, wenn
ſie in unterrichtlicher und erziehlicher Hinſicht allen
anderen voranſtehen. Auf keinen Fall darf ein Still-
ſtand in der Volksbildung eintreten, denn Stillſtand
iſt bekanntlich Rückſchritt. Es iſt daher ein gutes
Zeichen, daß ſich die deutſchen Parlamente, daß ſich
die pädagogiſche und politiſche Preſſe fort und fort
ziemlich eingehend mit dem Volksſchulweſen beſchäf-
tigen, daß ohne Scheu offenbare Mängel bloßgelegt
werden, und daß auf deren Abſtellung eifrig hin-
gearbeitet wird. Nun iſt jüngſt von maßgebender
Stelle mit treffenden Worten auf einen ſehr wun-
den Punkt im Volksſchulweſen hingewieſen worden,
nämlich auf die Überfüllung der Schulklaſſen, auf
die übermäßig hohe Zahl der Schulkinder, die einem
Lehrer zum Unterricht und zur Erziehung anver-
traut werden. Wie notwendig es iſt, hier Wandel
zu ſchaffen, zeigt ein Artikel der „Gartenlaube“, in
dem der bekannte Berliner Volksſchullehrer H. Roſin
zahlenmäßig nachweiſt, wie ſchlecht es in dieſer
Hinſicht noch in manchen Gegenden unſeres Vater-
landes beſtellt iſt. Es würde zu weit führen, hier
alle die Beiſpiele anzuführen, die in dem „Garten-
laube“-Artikel zuſammengeſtellt ſind. Der Hinweis,
daß in ſehr vielen Schulen auf einen Lehrer mehr
als 200 Kinder, in manchen Schulen ſogar bis
über 200 Kinder kommen, mag genügen. Soll die
deutſche Volksſchule die hohen Aufgaben erfüllen,
die ſie notwendigerweiſe zu erfüllen hat, dann muß
die Staatsregierung ernſtlich an die Beſeitigung der
hier geſchilderten Übelſtände herangehen.

Eine Liebenswürdigkeit gegen den
Kaiſer von Öſterreich

meldet folgende ſerbiſche
Nachricht: „Belgrad, 5. Februar. Der König über-
ſandte dem Biſchof Stroßmayer zu deſſen neunzigſtem
Geburtstage ſeine Glückwünſche.“ Bekanntlich iſt
Stroßmayer trotz ſeines nicht weniger als ſlaviſchen
Namens der Führer der Kroaten, ihr anerkannter
Herr, deſſen Macht die ſtaatliche Gewalt überragt.
Bekanntlich erhielt er von dem Kaiſer von Öſter-
reich, dem König von Kroatien ſeinerzeit wegen
ſeiner antiöſterreichiſchen ruſſophilen K—ühnheit und
ſpäter wegen eines anderen Deliktes einen energiſchen
Rüffel. Und nun beglückwünſcht ihn der durch
Mörder auf den Thron gelangte König, der
Fürſt des verſeuchten Schweinelandes, ſozuſagen in
Vertretung des heutigen Königs von Kroatien.

Von der Karawankenbahn.

Der Durch-
ſchlag des Karawankentunnels wird — wie Wiener
Nachrichten melden — wenn nicht Hinderniſſe ein-
treten, am 31. März d. J. erfolgen. Die Strecke
Klagenfurt—Roſenbach wird bis 1. Oktober d. J.
fertiggeſtellt. Die Eröffnung der Karawanken- und
Wocheinerbahn dürfte im Frühſommer des Jahres
1906 vollzogen werden können.

Wieder ein Liguorianer.

Das Ge-
geſchwornengericht des Departements Loire hat den
Prieſter Maurice Alexander Jules Gouillon, ehe-
mals Seelſorger in Laas und Bouzonvilleſous-Bois,
wegen Sittlichkeitsverbrechen, begangen an neun
Mädchen zwiſchen neun und dreizehn Jahren, zu
fünf Jahren Zuchthaus verurteilt.

Luſtiges Allerlei.

Angenehme Per-
ſpektive.
Bewerber: „Mein Gehalt iſt zwar
augenblicklich noch klein.“ ... — Mutter der Braut:
„O, das ſchadet nichts; Sie werden ſich das Bier-
trinken und Zigarrenrauchen abgewöhnen, nachher
wirds ſchon reichen!“ — — Vertrauen gegen
Vertrauen.
Nachbar (Weinhändler): „Kann man
bei Ihnen nicht einmal zugegen ſein, wenn Sie
Wurſt machen, Meiſter?“ — Schlächtermeiſter:
„Das können Sie; zuerſt müſſen Sie mich aber
einmal zuſchauen laſſen, wenn Sie Wein machen.“
Angewandte Redensart. Wirt: „Der
Gaſt will nicht glauben, daß das Haſenbraten iſt?
Haben Sie es ihm denn nicht ordentlich plauſibel
gemacht?“ — Kellner: „O ja, aber es war alles
für die Katz!“ — — Genau. Herr: „Kommen
Sie in einer Stunde wieder!“ — Bettler: „Un-
möglich! Ich bettle nur bis 5 Uhr, Überſtunden
mache ich nicht!“ — — Gemeinſamer Wunſch.
A. (auf dem Heimwege vom Wirtshaus): „Was
haſt Du Dir gewünſcht, als eben die Sternſchnuppe

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[2/0002] Marburger Zeitung Nr. 19, 11. Februar 1905. Gaberjes „unſittliche Arbeiter.“ Marburg, 11. Februar. Über die Handlungsweiſe des Führers der Cillier Pevaken, des Dr. Decko, und des deutſch- geborenen Pervakenführers v. Berks, welche der Regierung die Verlegung der Cillier windiſchen Gymnaſialparallelen nach Gaberje vorſchlugen, zu welchem Zwecke Dr. Decko bereits ſeine Wieſe in Gaberje der Regierung verkaufte, ſind, wie wir bereits erwähnten, mehrere Pervakenblätter ganz aus dem Häuschen geraten. Nur das Marburger deutſch geſchriebene windiſche Denunziantenblatt ſchweigt, es ſchweigt ſich über dieſe Vorkommniſſe ſo aus, wie z. B. über die ruſſiſchen Niederlagen zu Waſſer und zu Lande. Der Fall Decko iſt näm- lich auch eine Niederlage und zwar eine furchtbare Niederlage für das ganze Pervakentum, eine mora- liſche Hinrichtung jener politiſchen Klique, welche vorgibt, „im Namen des ſloveniſchen Bolkes“ zu ſprechen und die „Forderungen des ſloveniſchen Volkes“ zu vertreten. Ein ſolcher moraliſcher Bank- bruch, eine ſolche politiſche Hinrichtung muß von dem deutſch geſchriebenen Pervakenorgan freilich totgeſchwiegen werden. Vielleicht denkt es, wie es vom Vogel Strauß erzählt wird; wenn die „Südſt. Pr.“ ſchweigt, dann iſt wahrſcheinlich ein undurch- ſichtiges Netz über das Brodeln und Wallen im Pervakenlager gebreitet ... Die windiſch geſchrie- benen Pervakenblätter üben ſolche Rückſichten nicht; ſie, denen bisher Dr. Decko ein Heiliger war und von dem ſie ſtets mit dem größten Enthuſiasmus ſprachen, wenden ſich mit einem Schlage von ihrer bisherigen Volksrettergröße, dem Dr. Decko ab und in jeder Nummer begehen ſie an dem einſt ſo gefeierten Pervakenhäuptling — bildlich ge- ſprochen — das Verbrechen der ſchweren körper- lichen Beſchädigung, welche wohl mit einer dauernden „Berufsunfähigkeit“ des geſtürzten Per- vakenſohnes verbunden ſein dürfte. So ſchreibt der geſtrige „Slov. Goſp.“, welcher ſeinerzeit, als über eine angeblich bevorſtehende Internierung des Dr. Decko in einer Irrenanſtalt berichtet wurde, ſeinen lieblichen Pervakenmund im Dienſte des Dr. Decko bedenklich ſtrapazierte und den Dr. Decko himmelhoch pries, über denſelben Dr. Decko nunmehr u. a. folgendes: „Durch die Hand- lungsweiſe des Dr. Decko und des R. v. Berks wurde das Cillier ſloveniſche Gymnaſium in einen noch größeren Kot gezerrt als jener war, in welchem es ſich ohnehin ſchon befand.“ So lautet der Anfang des gegen Dr. Decko und Berks gerichteten Vernichtungsartikels des „Slov. Goſp.“ Nun folgt eine Beſchreibung der ſchlechten ſanitären und ſittlichen Ver- hältniſſe in Gaberje — alſo eines ganz pervakiſchen Ortes, in welchem die pervakiſchen Volksbeglücker ja ſchrankenlos und nicht gehindert durch Deutſche, Proben ihres Könnens ablegen können. Und von dieſem pervakiſchen Orte ſagt der „Goſp.“, daß dort trotz der unbedingten Herrſchaft der ſittlich bekanntlich ſehr — feinfühligen windiſchen wirft ſeine Schatten über mein Leben. Durch Viktors Brief weht ein Ton — ein Ton, der wie Trennung klingt!“ „Klotilde!“ Er kann und wird Dir ſein Wort nicht brechen, Viktor iſt ein Ehrenmann.“ „Und eben, weil er dies iſt, ſcheint ihm, ſo will es mich bedünken, eine Trennung geboten. Da, da eben liegt das Geheimnis.“ „Geheimnis und wieder Geheimnis“, ſagte Edgar unmutig, „am Geheimnis gehen wir zu Grunde.“ Klotilde ergriff plötzlich krampfhaft ſeine beiden Hände. „Nein, an der Schuld, Edgar, an der Schuld, die wir auf uns geladen; wir ſind falſche Zeugen gegen Hellborn geweſen, unſer Haß gegen ihn hat uns verblendet. Viktor dachte edler; um meiner Rachſucht willen hat er mich verworfen!“ Edgar fand nicht den Mut zu einem Troſt- worte; Klotilde kannte ja nicht den ganzen Umfang der Schuld, den ihr und ſein Großvater gegen Hellborn auf ſich geladen und deren Erbe er geworden war. „Klotilde, ich will zu Hellborn gehen“, ſagte er nach einer kurzen Pauſe. „Das wollteſt Du!“ rief ſie lebhaft, „o Edgar, das iſt das Richtige, Du haſt das erlöſende Wort geſprochen. Ich begleite Dich!“ Er ſchüttelte den Kopf. „Nein, Klotilde ich muß allein gehen, was ich mit Hellborn zu ſprechen habe, darf außer ihm nur Gott hören.“ (Fortſetzung folgt.) Agitationshochwürdigen 30 Paare im Konkubinate leben. Eine weitere ſittliche Gefahr für die Keuſchler- buben und Knechtekinder, die mit Bettelgeldern ins Gymnaſium geſandt werden, ſeien die vielen — Arbeiter, die in Gaberje wohnen. Beſonders die Arbeiter fürchtet der klerikale „Goſpodar“ außer- ordentlich; es iſt für dieſe zwar nicht ſehr ſchmeichel- haft, als eine hohe „ſittliche Gefahr“ für die dem gleichen Milieu entſproſſenen windiſchen „Bettel- ſtudenten“ geſchildert zu werden — aber der „Goſpodar“ braucht eben gegen die Wahl von Gaberje Argumente und wenn er keine findet, ſo wird er darum nicht verlegen. Es verſchlägt ihm auch nichts, daß die Arbeiter gewiß tauſendmal anſtändiger ſind als ſo manche Hetz-Hochwürden, welche durch Denunziationen und Ehrab- ſchneidereien und durch die Entfachung der gewiſſenloſeſten Hetze ſowie durch andere, genugſam bekannte Dinge zu einer wahren und wirklichen ſittlichen Gefahr geworden ſind! Noch ein Argument gegen Gaberje führt der „Goſp.“ an: Die Entfernung Gaberjes von Cilli, durch welche ſich ſo manche ſloveniſche Eltern ge- zwungen ſehen würden, ihre Kinder in das deutſche Cillier Gymnaſium zu ſchicken. Für die Kinder wäre dies freilich ein hoher Gewinn — aber der „Goſpodar“ wütet, wenn er daran denkt, daß ſlove- niſche Kinder in den deutſchen Kulturkreis eintreten und dann vielleicht die gewiſſenloſe Hetze hoch- und nichtswürdiger Pervakenführer erkennen würden. Zum Schluſſe ſagt der „Goſpodar“, alle nüchtern denkenden Pervaken ſeien davon überzeugt, daß die windiſche Anſtalt im windiſchen Gaberje nicht ge- deihen könne und daß ihr dort der Ruin gewiß ſei. Nun, iſt denn der Pervakenführer Decko nicht auch ein nüchterner Pervake? Hat er nicht gerade durch den gewinnbringenden Verkauf ſeines Grundes an die Regierung bewieſen, daß er ſogar ein ſehr nüchterner Mann iſt und daß er das Beſtehen der windiſchen Anſtalt in einem windiſchen Orte gar wohl für möglich hält? Wenn der gefeierte und wirklich ſehr „nüchterne“ Pervakenhäuptling Dr. Decko die Sache für ganz gut erklärt und ihr ſogar durch den Verkauf ſeines Grundes ſeine Unterſtützung leiht, wer will ihm dann widerſprechen? Dafür, daß die anderen, unter- geordneten Pervakenhäupter bei Cilli keinen geeig- neten Grund beſitzen, den ſie der Regierung zu einem guten Preiſe zum Kaufe anbieten können, dafür kann doch der Dr. Decko nicht! Aber ſie haben eben keine geeigneten Geſchäftsobjekte bei Cilli und daher konzentriert ſich ihr Geſchrei wie jenes eigenſinniger Fratzen darauf, daß die windiſche Anſtalt in einer deutſchen Stadt ſein müſſe. Kein Deutſcher wird verlangen, daß man ſeine An- ſtalten in das windiſche Gebiet verlege; die Per- vaken aber, welche keine Gründe auf windiſchem Boden zum Verkaufen haben und um jeden Preis zu Hetzzwecken eine windiſche Organiſation in einer deutſchen Stadt ſehen wollen, ſchreien im Chorus: Die windiſche Anſtalt muß in der deutſchen Stadt bleiben — auf windiſchem Boden verdorrt ſie! Enthält dieſes Geſchrei nicht ein die Pervaken tief beſchämendes Ge- ſtändnis? Ein weiterer Aufſatz des „Goſp.“ richtet ſich gegen ſein bisheriges geſinnungsverwandtes Blatt, die „Domovina“, welche die Verteidigung des Dr. Decko führt. Der „Goſp.“ wirft der „Domovina“ Lügen vor. (Dürfte das nicht gegenſeitig bei den Pervakenblättern der Fall ſein?) Schließlich wendet ſich der „Goſp.“ gegen die Vorwürfe der „Domo- vina“, welche jammert, daß die Enthüllungen des „Slovenec“ von den deutſchen Zeitungen zur Ver- ſpottung der ſloveniſchen Nation (das iſt nicht wahr! Es ſollte heißen zur Brandmarkung der pervakiſchen Volksverhetzer!) verwendet werden. Die Schuld daran, meint der „Goſp.“, trage der Dr. Decko, und außerdem — ſo ſchließt der „Goſp.“ — weiß es jeder Eingeweihte ganz gut, daß bis jetzt noch nicht alles der Öffentlichkeit preis- gegeben wurde! — Es ſind alſo noch weitere intereſſante Mitteilungen zu erwarten, wenn die Pervakenpreſſe es nicht vorziehen ſollte, die bei- ſpielloſe Fäulnis im Pervakenlager zugedeckt weiter wuchern zu laſſen! N. J. Tagesneuigkeiten. Ein wunder Punkt im deutſchen Volks- ſchulweſen. Die deutſche Volksſchule iſt nicht ſo ſchlecht, wie ſie oft gemacht wird; trotz mancher Schattenſeiten hält ſie im großen und ganzen der Volksſchule aller anderen Kulturländer mindeſtens noch die Wage. Das kann aber freilich das deutſche Volk nun und nimmermehr von der Pflicht ent- binden, ſein Augenmerk fort und fort auf die Hebung und Weiterentwicklung der Anſtalten zu richten, in denen 95 v. H. der Bevölkerung das geiſtige Rüſtzeug für den geiſtigen und wirtſchaft- lichen Kampf erhalten, den wir mit den anderen Kulturvölkern zu führen haben. Das deutſche Volk wird den Wettbewerb unter den Völkern des Erd- balls nur erfolgreich weiter führen können, wenn ſeine Volksmaſſen für die geiſtige und techniſche Arbeit immer mehr vervollkommnet werden, wenn ſie in unterrichtlicher und erziehlicher Hinſicht allen anderen voranſtehen. Auf keinen Fall darf ein Still- ſtand in der Volksbildung eintreten, denn Stillſtand iſt bekanntlich Rückſchritt. Es iſt daher ein gutes Zeichen, daß ſich die deutſchen Parlamente, daß ſich die pädagogiſche und politiſche Preſſe fort und fort ziemlich eingehend mit dem Volksſchulweſen beſchäf- tigen, daß ohne Scheu offenbare Mängel bloßgelegt werden, und daß auf deren Abſtellung eifrig hin- gearbeitet wird. Nun iſt jüngſt von maßgebender Stelle mit treffenden Worten auf einen ſehr wun- den Punkt im Volksſchulweſen hingewieſen worden, nämlich auf die Überfüllung der Schulklaſſen, auf die übermäßig hohe Zahl der Schulkinder, die einem Lehrer zum Unterricht und zur Erziehung anver- traut werden. Wie notwendig es iſt, hier Wandel zu ſchaffen, zeigt ein Artikel der „Gartenlaube“, in dem der bekannte Berliner Volksſchullehrer H. Roſin zahlenmäßig nachweiſt, wie ſchlecht es in dieſer Hinſicht noch in manchen Gegenden unſeres Vater- landes beſtellt iſt. Es würde zu weit führen, hier alle die Beiſpiele anzuführen, die in dem „Garten- laube“-Artikel zuſammengeſtellt ſind. Der Hinweis, daß in ſehr vielen Schulen auf einen Lehrer mehr als 200 Kinder, in manchen Schulen ſogar bis über 200 Kinder kommen, mag genügen. Soll die deutſche Volksſchule die hohen Aufgaben erfüllen, die ſie notwendigerweiſe zu erfüllen hat, dann muß die Staatsregierung ernſtlich an die Beſeitigung der hier geſchilderten Übelſtände herangehen. Eine Liebenswürdigkeit gegen den Kaiſer von Öſterreich meldet folgende ſerbiſche Nachricht: „Belgrad, 5. Februar. Der König über- ſandte dem Biſchof Stroßmayer zu deſſen neunzigſtem Geburtstage ſeine Glückwünſche.“ Bekanntlich iſt Stroßmayer trotz ſeines nicht weniger als ſlaviſchen Namens der Führer der Kroaten, ihr anerkannter Herr, deſſen Macht die ſtaatliche Gewalt überragt. Bekanntlich erhielt er von dem Kaiſer von Öſter- reich, dem König von Kroatien ſeinerzeit wegen ſeiner antiöſterreichiſchen ruſſophilen K—ühnheit und ſpäter wegen eines anderen Deliktes einen energiſchen Rüffel. Und nun beglückwünſcht ihn der durch Mörder auf den Thron gelangte König, der Fürſt des verſeuchten Schweinelandes, ſozuſagen in Vertretung des heutigen Königs von Kroatien. Von der Karawankenbahn. Der Durch- ſchlag des Karawankentunnels wird — wie Wiener Nachrichten melden — wenn nicht Hinderniſſe ein- treten, am 31. März d. J. erfolgen. Die Strecke Klagenfurt—Roſenbach wird bis 1. Oktober d. J. fertiggeſtellt. Die Eröffnung der Karawanken- und Wocheinerbahn dürfte im Frühſommer des Jahres 1906 vollzogen werden können. Wieder ein Liguorianer. Das Ge- geſchwornengericht des Departements Loire hat den Prieſter Maurice Alexander Jules Gouillon, ehe- mals Seelſorger in Laas und Bouzonvilleſous-Bois, wegen Sittlichkeitsverbrechen, begangen an neun Mädchen zwiſchen neun und dreizehn Jahren, zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Luſtiges Allerlei. Angenehme Per- ſpektive. Bewerber: „Mein Gehalt iſt zwar augenblicklich noch klein.“ ... — Mutter der Braut: „O, das ſchadet nichts; Sie werden ſich das Bier- trinken und Zigarrenrauchen abgewöhnen, nachher wirds ſchon reichen!“ — — Vertrauen gegen Vertrauen. Nachbar (Weinhändler): „Kann man bei Ihnen nicht einmal zugegen ſein, wenn Sie Wurſt machen, Meiſter?“ — Schlächtermeiſter: „Das können Sie; zuerſt müſſen Sie mich aber einmal zuſchauen laſſen, wenn Sie Wein machen.“ — Angewandte Redensart. Wirt: „Der Gaſt will nicht glauben, daß das Haſenbraten iſt? Haben Sie es ihm denn nicht ordentlich plauſibel gemacht?“ — Kellner: „O ja, aber es war alles für die Katz!“ — — Genau. Herr: „Kommen Sie in einer Stunde wieder!“ — Bettler: „Un- möglich! Ich bettle nur bis 5 Uhr, Überſtunden mache ich nicht!“ — — Gemeinſamer Wunſch. A. (auf dem Heimwege vom Wirtshaus): „Was haſt Du Dir gewünſcht, als eben die Sternſchnuppe

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 19, Marburg, 11.02.1905, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger19_1905/2>, abgerufen am 03.12.2024.