Neue Rheinische Zeitung. Nr. 18. Köln, 18. Juni 1848.wir würden zu sehr von den Weltereignissen abhängen. Aber was sagen Sie zu Waffen?" ""Zu Säbeln und Dolchen?"" "Und zu Musketen und Kanonen?" ""Herr Preiß, wir haben große Konkurrenz in diesem Artikel; ich kann kaum dazu rathen. Da der Konsumo von Waffen außerordentlich groß ist, so werden auch sicher bald wieder Verbesserungen angebracht und wehe uns dann mit einem allmächtigen Vorrath! Wenn wir Waffen im Hause haben, da stürmen uns auch die Proletarier bei der nächsten Gelegenheit das Lager - -"" Den Herrn Preiß überlief ein kalter Schauder. "Sie haben recht Lenz. Waffen ist ein difficiler Artikel - aber es ist doch entsetzlich, daß man beim besten Willen nichts unternehmen kann! Alles ist verdorben, das ganze Geschäft ist ruinirt; es bleibt wirklich nichts anderes mehr übrig als den ganzen Kommerz an den Nagel zu hängen -" Eine Pause entstand. Zufällig blickte der ehrenwerthe Handelsherr in die zuletzt erschienene Zeitung. Er stutzte; er bog sich hinab; ein seliges Lächeln umflog seine Lippen - "Hier ist's! ich hab's!" rief er und die Arme auf den Rücken legend trat er keck vor den erschrockenen Buchhalter. "Wissen Sie was, Lenz?" ""Nun, Herr Preiß?"" "Wissen Sie was der Lieblingsartikel der Gegenwart ist?" ""Worin denn?"" "Wissen Sie worin wir spekuliren müssen?" ""Welcher denn?"" "Ich will es Ihnen sagen, Lenz! Merken Sie sich -" die Stimme des Herrn Preiß bekam einen mystischen, feierlichen Ton - "spekuliren in - - Shrapnell's!" ""- Shrapnell's - -" wiederholte der Buchhalter Lenz langsam und deutlich. Er erinnerte sich nicht, diesen Artikel schon früher einmal in einem Preiß-Kurant verzeichnet gesehen zu haben. [Deutschland] [Fortsetzung] diese Geldsendungen? Oder haben sie überhaupt nicht stattgehabt? Die Regierung schuldet den Steuerpflichtigen eine Antwort auf diese Fragen. * Berlin, 15. Juni. Durch das Feuer, das die Bürgerwehr gestern Abend am Zeughause gab, sind mehrere Menschen getödtet und mehrere verwundet worden. Nach einigen Einzelschüssen und einer Salve zog sich die Bürgerwehr zurück. Ein Hauptmann Bender (nicht Benda, den man zuerst nannte) soll das Kommando zum Abfeuern gegeben haben. Der Ruf nach Rache ward allenthalben vernehmbar, häufig auch der Ruf "Republik." Die Mitglieder der verschiedenen Sektionen der Nationalversammlung versammelten sich in ihren gewöhnlichen Versammlungslokalen und vielseitig ward der Wunsch geäußert, daß noch in der Nacht eine Sitzung der Nationalversammlung berufen werden möge, um für alle Fälle zusammen zu sein, was jedoch nicht zu Stande kam. Gegen Mitternacht ward das Zeughaus von den Arbeitern unter Austreibung des Militärs erstürmt und etwa 3000 Gewehre, womit sich die Anstürmenden bewaffneten, herausgenommen, von denen freilich ein Theil durch die Bürgerwehr sofort und im Laufe des heutigen Morgen wieder weggenommen ward. Bei der Nachläßigkeit, mit der übrigens die Bürgerwehr und die Arbeiter verfuhren, indem sie das Zeughaus beinahe gänzlich ohne Bewachung ließen, gelang es gegen 2 Uhr 1500 Mann des hier garnisonirenden 24. Regiments, sich ohne Widerstand wieder des Zeughauses zu bemächtigen und es auf's Neue zu besetzen. Der übrige Theil der Nacht ging ruhig vorüber, nur gegen 4 Uhr wird noch einmal Sturm geläutet, weil man behauptet die Garde sei von Potsdam aus in Anmarsch, ja stehe schon vor den Thoren. In der That ward behauptet, daß heute Morgen ein Theil der Garde in der Fasanerie in der Nähe des Thiergartens gestanden habe und noch stehe. Heute Morgen früh bewegten sich wieder viele Menschen auf den Straßen, namentlich in der Nähe des Zeughauses. Die Rechte hatte sich schon früh versammelt. Sie hatte beschlossen, entweder Vertagung oder Verlegung der National-Versammlung zu beantragen, oder sich 100,000 Bayonette auszubitten. Mit den verschiedenartigsten Gefühlen betraten die Mitglieder der Nationalversammlung um 12 Uhr den Sitzungssaal. Der Präsident Milde eröffnete der Versammlung, daß der Kommandant der Bürgerwehr, Major Blesson, schriftlich erklärt habe, für die Sicherheit der Versammlung nicht mehr einstehen zu können. Ein anderes Schreiben meldete, daß drei Bataillone sich demungeachtet dazu bereit erklärt hätten. Sie hatten auch wirklich die Cernirung des Lokals wie gestern vorgenommen. Die Versammlung beschloß, aber mit großer Majorität, daß sie einer solchen Bewegung von Seiten der Bürgerwehr nicht bedürfe und sich unter den Schutz des Volkes von Berlin stelle. Die Rechte erschrack über diesen Beschluß, die Rheinischen Advokaten waren außer sich, daß die Nationalversammlung einen solchen Beschluß fassen könne. Es half selbst Hrn. Esser I. nichts, daß er sich darauf stützte, seine Kommittenten hätten ihn hierhergeschickt in der Meinung, die freie Berathung würde nicht beeinträchtigt. Was mögen diese Kommittenten zu einer solchen Aeußerung sagen, da sie doch gewiß geglaubt hatten, daß keine äußern Einflüsse, welche sie auch immer sein möchten, die freie Meinung des Herrn Esser beeinträchtigen könnten. Allgemeiner Jubel rief dieser Beschluß in Berlin hervor und wenn es heute Abend ruhig bleibt, so ist es zum Theil demselben zuzuschreiben. Der Ministerpräsident versichert, daß zur Aufrechthaltung der Ordnung in Berlin die drei hiesigen Landwehrbataillone heute noch zusammenberufen würden. Mehrseitig war beantragt worden, sofort endlich eine Kommission zu ernennen, welche einen Verfassungsentwurf abfassen und vorlegen solle. Die Abgeordneten Waldeck und Wachsmuth hatten in etwas veränderter Form denselben Antrag gestellt. Die Rechte und die Minister bekämpften heftig diese Anträge, man bestritt die Kompetenz der Vereinbarungs-Versammlung zu einem solchen Schritt, hob die Gefahren hervor, wieß nach, wie man Zeit verliere, da ja rascher über den bereits fertigen Entwurf des Ministeriums berathen werden könne. Heftiges Toben der Rechten verursacht die Aeußerung D'Ester's der gegen den beantragten Schluß das Wort begehrt hatte, daß der Hauptgrund für Niedersetzung einer solchen Kommission nicht in der Beschleunigung der Angelegenheit, die übrigens auch dadurch erzielt werde, zu suchen sei, sondern darin, daß es zugleich eines der Hauptberuhigungsmittel für die in hohem Maaße aufgeregte Hauptstadt und Provinzen sei. Der Antragsteller Waldeck setzte vor dem Schlusse noch einmal die Nothwendigkeit auseinander, den Verfassungsentwurf von unten, d. h. mit der Konstituirung der Gemeinde, mit Aufhebung der Feudallasten u. s. w. zu beginnen. Der Antrag lautete ungefähr, daß eine Kommission von 24 Mitgliedern unter Zufertigung des Regierungsentwurfs und Mittheilung aller auf die Verfassung bezüglichen Petitionen und Anträge, dessen Umarbeitung resp. Ausarbeitung eines neuen Entwurfs zur baldmöglichsten Vorlage aufzutragen sei. Bei der namentlichen Abstimmung wurde dieser Antrag mit 188 gegen 142 Stimmen angenommen. Der Minister hatte sich schon vor Vollendung der Abstimmung, als das Resultat unzweifelhaft schien, entfernt. Eine große Umwandlung, wenn nicht der gänzliche Rücktritt des Ministeriums ist gewiß. Die Herren Schwerin und v. Arnim haben schon gestern und heute die Sitzung nicht mehr besucht. Bei dieser Abstimmung waren von den Rheinischen Abgeordneten für den Antrag. Abegg, Kreuznach. Arntz, Cleve. Joh. Nic. Baur, Adenau. Nicolaus Bauer, Merzig. Bloen, Düsseldorf. Boost, Cochem. Borchardt, Bernkastel. Broich, Grevenbroich. D'Ester, Mayen. Euler, Düsseldorf. Felthaus, Gummersbach. Gladbach, Mülheim. Grebel, St. Goar. Guittienne, Saarlouis. Hagen, Sieg. Hansen, Ottweiler. Hammer, Malmedy. Kaul, Saarbrücken. Körffgen, Bergheim. Klinghammer, Schleiden. Müller, Sieg. Schornbaur, Landkreis Aachen. Schwickerath, Prüm. Gegen den Antrag haben gestimmt: Bredt, Elberfeld. Camphausen, Köln. Lenzen, Geilenkirchen. Dahmen, Ahrweiler. v. Daniels, Erkelenz. Diesterweg, Wetzlar Esser I., Landkreis Köln. Forstmann, Duisburg. Flemming, Montjoie. Grauth, Zell. Hermann, Elberfeld. Hesse, Saarbrücken. Hesse, Solingen. Jungbluth, Aachen. Lessing, Rees. Müller, Solingen. Neuenburg, Neuwied. Pelzer, Lennep. Ploennis, Altenkirchen. Reichensperger II., Kempen. Ritz, Gladbach. Sames, Simmern. Schadt, Neuwied. Simons, Elberfeld. Schlinck, Koblenz. Westermann, Duisburg. Bei der Abstimmung waren nicht anwesend: Alff, Bittburg (verreist). Bauerband, Bonn. v. Berg, Jülich. Vinterim, Neuß. Eselmann, Waldbröl. Esser II., Wipperfürth. Frenken, Heinsberg. v. Geissel, Köln. Herbertz, Crefeld. Kehl, Duisburg. Kochs, Geldern. Krabbe, Kempen. v. Loe, Geldern. Luekhaus, Lennep. Pauls, Eupen. Pfahl, Euskirchen. Schruff, Daun. Stupp, Düren. Walter, Rheinbach. Wencelius, Trier. Zweiffel, Wittlich. - Die preußische könstituirende Versammlung. (16) Sitzung vom 15. Juni.) Das Protokoll der vorigen Sitzung wird ohne Aenderung genehmigt. Der Präsident läßt der Versammlung ein an das Kommando der Bürgerwehr gerichtetes Schreiben verlesen, welches die Anfrage enthält: welche Maßregeln zum Schutz der heutigen Sitzung getroffen seien? Der interimistische Kommandeur Blesson hat zwei Antwortschreiben erlassen. Das erste lautete: Nach den gestrigen Vorgängen bin ich nicht im Stande, für den Schutz der Versammlung zu garantiren. (Zeichen der Verwunderung und Entrüstung.) Zwar ist Mannschaft bestellt, ich kann jedoch nicht bestimmen, ob sie erscheinen wird (wiederholte Entrüstung); eben so wenig, ob sie ihrer Pflicht genügen wird. Das zweite Schreiben lautet: Es haben sich zum Schutz der Sitzungen das 4., 5. und 7. Bataillon freiwillig gemeldet, und glaube ich auf dieselben zählen zu können. - Min.-Präs. Camphausen: Nach den gestrigen Vorgängen habe sich allerdings die Unzulänglichkeit der bestehenden Schutzmaßregeln herausgestellt, und es sind deshalb von der Regierung folgende Maßregeln getroffen: 1) Die 3 Bataillone Berliner Landwehr werden sofort einberufen werden, um mit der Bürgerwehr gemeinschaftlich den Dienst zu verrichten. 2) Die Ereignisse haben die sofortige Organisation der Bürgerwehr nothwendig gemacht, und es wird dafür, wie für die Wahl eines Kommandeurs gesorgt werden. 3) Hat das Ministerium bereits dem Magistrat die Mittheilung zugehen lassen, eine Schutzwehr zu errichten. - Abg. Jung: Er glaube, daß das Schreiben des Präsidenten an den Kommandeur der Bürgerwehr den gestern verworfenen Anträgen widerstrebe. Die Versammlung habe mit den Vorfällen des gestrigen Tages durchaus nichts zu thun. Das Sydow'sche Ereigniß war die Folge einer Berathung gewesen, welche die Berliner Bevölkerung ganz besonders interessirt. Wolle man denn voraussehen, daß dergleichen alle Tage stattfinden würden? Man möge doch abwarten. Wenn nun das Schreiben des Präsidenten den Schutz der Bürgerwehr anruft, so glaube er, daß dies nicht in dem Willen der Versammlung liege, und trägt deshalb darauf an, zu erklären, daß man solche Maßregeln nicht für nöthig halte. - Abg. Uhlich: Die hohe Versammlung wolle antragen, daß die Bewachung des Sitzungshauses wieder aufgehoben werde. Er habe sich bewegt und beschämt gefühlt, durch eine so große Masse Bewaffneter passiren zu müssen, die doch am Ende keinen hinreichenden Schutz für die Abgeordneten gewähren, da man sich sonst von bewaffneter Mannschaft nach Hause geleiten lassen müßte. Nur im reinen Vertrauen liege der Schutz, und man kann sich nicht wundern, wenn das Volk die hier stattgefundenen Berathungen nicht vom Gesichtspunkte der Freiheit der Debatte erfaßt. Das Volk kann ja glauben, daß die Männer der Provinz hier dasjenige, wofür sie ihr Blut verspritzt, abstreiten wollten. Deshalb könne man sich die Aufregung schon erklären. Das Volk habe sich übereilt, und die gethanen Schritte, wie die ganze Führung des Volkes beweise, auch schon als Uebereilung erkannt. Er trägt deshalb darauf an: die hohe Versammlung wolle erklären, daß sie keines bewaffneten Schutzes bedarf, sondern sich unter den Schutz der Berliner Bevölkerung stelle. Abg. Müller unterstützt diesen Antrag. Man bedürfe nicht den Schutz der Bajonette, sondern der Freiheit. Wie hat es geschehen können, daß eine Stadt, die sich durch edles Vertrauen ausgezeichnet, so dem allgemeinen Mißtrauen verfallen ist? Die Schuld von dem was geschehen ist, tragen allerlei Menschen. (Große Heiterkeit.) Die verschiedenen Anträge hier haben das Mißverständniß dieser großen Stadt möglich gemacht; man weiß nicht, was sie eigentlich sind. (Mehrfache Unterbrechung und Ruf nach dem Schluß.) Meine Herren der Krone, ich gehöre zu den Bauern, die weder etwas wollen noch etwas dürfen (große Heiterkeit). Sie haben der Freiheit große Dienste geleistet, die nicht vergessen werden können (Toben); ich sehe unter ihnen Herren vom vorigen Vereinigten Landtag (ungeheures Toben). Der Präsident ersucht sich kurz zu fassen. Der Redner fragt: "Warum? (Gelächter). Meine Herren der Krone, ergreifen sie energische Maßregeln, wenn sie nicht Lust haben, ihre Plätze andern zu überlassen. (Lärmen). Abg. Sydow: Der Vorfall der sich mit ihm zugetragen, habe nicht allein für ihn etwas Betrübendes, er habe auch auf der andern Seite etwas Erfreuliches. Es galt der Unwille des Volkes nicht bloß der politischen Abstimmung, sondern er war nur gegen seine Person gerichtet, weil man der Meinung war und noch ist, daß er die Farbe gewechselt, daß er das Vertrauen, das in ihn gesetzt wurde, bitter getäuscht habe. Es sei ihm deshalb erfreulich gewesen, weil es der Rückschlag eines Vertrauens war, das ihm, wie er sich überzeugt halte, wieder geschenkt werden wird. Es habe demnach die Versammlung den Vorfall, der seine eigene Person getroffen, durchaus nicht weiter zu berücksichtigen. Abg. Elsner trägt auf Schluß der Debatte an. Abg. Esser ist gegen den Schluß. Der Antrag des Abg. Uhlich kommt zur Abstimmung und wird mit großer Majorität angenommen. Nachdem weiter zwei Anträge auf Bildung einer Kommission, um eine Bürgerwehrordnung mit freier Wahl der Führer zu entwerfen, unterstützt und in die Abtheilungen verwiesen sind, wird ein Antrag des Abgeordneten Wachsmuth auf Bildung einer Kommission zur Abfassung eines neuen Verfassungsentwurfes zur Verhandlung gebracht. Die Frage über sofortige Berathung des Antrags wird durch Zählung mit 166 gegen 165 Stimmen bejaht. (Beifall.) Wachsmuth. Die Ereignisse der letzten Tage haben das Verderbliche des gegenwärtigen Systems bewiesen, der Beschluß der Versammlung, sich alsbald mit einem neuen Verfassungsentwurf zu beschäftigen, wird zur Herstellung der Ruhe beitragen. Das Gesetz über die Unverletzlichkeit der Abgeordneten steht der Versammlung nicht so nahe, als dies Werk, zu welchem die Nation sie gesendet hat. Waldeck. Der Regierungsentwurf ist durch die öffentliche Meinung überall für ungenügend erklärt worden. Wollte man ihn der Berathung zu Grunde legen, so würde das Werk nur erschwert werden. Eine Kommission, welche einen neuen, die Volkswünsche berücksichtigenden Entwurf vorbereite, wird ein schnelleres Ergebniß herbeiführen. Camphausen, Minister-Präsident. "Ich wünsche, daß die Versammlung über den von uns vorgelegten Entwurf in pleno eine Ansicht äußere - doch nicht die des vorigen Redners!" - (Gelächter.) Nees von Esenbeck. Die Versammlung sei das "ganze Volk" Die Verfassung müsse dem Volk Sicherheit geben, und das sei im Regierungsentwurf nicht der Fall. Die Versammlung müsse daher durch ein neues Verfassungswerk Garantien schaffen, welche sonst das "ganze Volk" durch die Revolution suchen werde. Hansemann, Finanzminister. Die Regierung könne eine Beschleunigung des Werkes nur wünschen, allein er sehe in den Anträgen keine Beschleunigung! Schulze aus Wanzleben und Reichensperger, welcher den Antrag auf einen neuen Entwurf für "exorbitant" erklärt, sprechen gleichfalls im Sinne der Regierung. Nachdem die Versammlung sich für Schluß der Debatte ausgesprochen und der Antragsteller und zuletzt noch der Minister Camphausen das Wort ergriffen hatten, wird zur Abstimmung durch Namensaufruf geschritten. Die Versammlung erklärt sich mit 188 gegen 142 Stimmen, also mit einer Majorität von 46 Stimmen gegen den Entwurf des Ministeriums, und genehmigt den Antrag. Berlin, den 15. Juni. Der Finanz-Minister hat nachstehende Verfügung an die Königlichen Regierungen erlassen, um in Betreff der Domainen-Einsassen möglichst bald die Streitigkeiten zu beendigen, welche die jetzige Laudemial-Gesetzgebung hervorruft: Die Laudemien und sonstigen Besitzveränderungs-Abgaben sind in vielen Landestheilen eine Quelle zahlreicher Prozesse geworden. Die Spruchbehörden haben die verschiedenen Ansichten über diesen Gegenstand; in keiner Rechtsmaterie herrscht eine so große Unsicherheit und Ungleichheit in dem Erfolge der Prozesse und Ablösungen, wie bei den Laudemien. Das Gouvernement richtet bei der jetzigen Revision der Agrikultur- und Ablösungs-Gesetze seine Aufmerksamkeit vorzugsweise dahin, diesem Zustande ein Ende zu machen, die zweifelhaften Prozesse zu beseitigen und durch billige Ablösung den Grundbesitz von diesen lästigen Abgaben zu befreien. Ein Gesetz-Entwurf darüber wird vorbereitet. Bis dahin, daß dieser Entwurf Gesetzeskraft erlangen kann, muß die Domainen-Verwaltung in Rücksicht auf die dem Fiskus zustehenden Besitzveränderungs-Abgaben Bedacht nehmen, den Streitigkeiten vorzubeugen, welche aus der fortwährenden Anwendung der bisherigen Grundsätze auf die vorkommenden Besitzveränderungsfälle sich ergeben. Da nun die Provocation auf Ablösung nach richtiger Auslegung der Gesetze die Wirkung hat, daß von den Besitzveränderungen, welche nach Mittheilung des Ablösungs-Antrages an den Pflichtigen eintreten, keine Laudemien mehr erhoben werden, so wird die Königliche Regierung hiermit angewiesen, sofort gegen alle Grundbesitzer Ihres Bezirks, welche dem Fiskus zu Besitzveränderungs-Abgaben verpflichtet sind, auf Ablösung der Laudemien, Marktgroschen Verreichsgebühren, Annahmegelder, Auffahrtsgelder, Weinkäufe, Gewinngelder und aller sonstigen Besitzveränderungs-Abgaben bei der ordentlichen Auseinandersetzungs-Behörde zu provoziren. Dabei ist zu erklären, daß Fiskus die Provokation nur anbringt, um bei Wahrung seines Rechtes den mit Einziehung der Laudemien verbundenen fortwährenden Verwicklungen schon jetzt ein Ende zu machen, und daß Fiskus darin willigt, daß die Grundsätze des zu erwartenden milderen Gesetzes auf die anhängigen Ablösungen künftig angewendet werden. Dagegen entspricht es aber auch dem Rechte und der Billigkeit, daß bis zum Erscheinen des neuen Gesetzes, welches alle bisherigen Mißverhältnisse angemessen reguliren soll, dem in einzelnen Landestheilen bis zum Mißbrauche ausgedehnten, häufig von Spekulanten betriebenen Zurückfordern der im guten Glauben gezahlten Laudemien fortan ernstlich entgegengetreten wird. Die Königliche Regierung hat daher die Erstattung solcher vermeintlich ohne Rechtsgrund zur Staatskasse gezahlten Besitzveränderungs-Abgaben gänzlich abzulehnen und die Reklamanten in jedem Falle zum Rechtswege zu verweisen. Berlin, den 13. Juni 1848. Der Finanz-Minister Hansemann. An die Königlichen Regierungen, mit Ausnahme derer zu Stralsund, Köln, Aachen und Trier. (P. St.-A.)- Das Kriegsministerium macht bekannt, daß das erste und zweite Bataillon des 20. Landw.-Reg. und das Garde-Landw.-Bataillon in Berlin zusammen mit der Bürgerwehr die Ruhe und Ordnung der Stadt aufrecht erhalten werden. Thorn, 13. Juni. Gestern kam vom Generalkommando der Befehl an die Kommandantur, daß die Festung auf das allerschleunigste vollständig armirt und verproviantirt werde, und wahrscheinlich werden wir binnen einigen Tagen von den Russen, welche nur eine Meile von uns an der Grenze stehen, belagert sein. (B. Z.-H.)Aus Oberschlesien ging uns gestern folgende Mittheilung zu: "Am 5. d. M. hat der Landrath des Gränzkreises gegen Polen hin die Anzeige nach Oppeln gemacht, ihm sei die Nachricht zugegangen, daß die bei Czenstochau im Lager stehenden Russen am 12. d. M. die preußische Gränze überschreiten und direkt auf Breslau losmarschiren werden. Seitens der Militairbehörden sind daher Anordnungen wegen strengerer Beobachtung der russischen Gränzen getroffen; an wirkliche Anstalten zur Abwehr ist noch nicht zu denken." (Ostsee-Ztg.)* Posen, 13. Juni. Wir haben bereits gestern bei Erwähnung der liberalen Aufhebung des Martialgesetzes in Posen angedeutet, daß diese Liebesmaßregel des "Friedenskommissarius" Pfuel (von Höllenstein) ungefähr dieselbe Bedeutung habe, wie die verheißene Reorganisation Polens. Was will überhaupt die Aufhebung eines "Gesetzes" unter der Herrschaft absoluter Bureaukratie, brutaler Soldateska und profitwüthiger Juden bedeuten? Der Despotismus dieser Racen ist das Gesetz; wozu da noch gesetzliche Buchstaben? Trotz der von dem "Friedenskommissarius" Pfuel erklärten "Ruhe und Ordnung" des Großherzogthums sind neuerdings Bauern aus den Kreisen Obornik und Wongrowinc mit eisernen Ladstöcken dermaßen von den Soldaten geschlagen worden, daß die Strafinstrumente an den Knochen der gemißhandelten Unschuldigen zerbrachen! - - Die so oft verheißene Wiedereröffnung des Marien-Gymnasiums wird auch fernerhin aufgeschoben, um auf diese Weise der polnischen Jugend jede Gelegenheit zu ihrer Ausbildung zu entziehen, und so "das polnische Element" in Posen auszurotten, wenn man sich der deutsch-jüdisch-posener Aeußerung noch bedienen darf. Aus Petersburg wird geschrieben: Die Petersburger Garde hat Ordre erhalten, am 15. Juni auszurücken, um an die Polnische Grenze zu marschiren. - Aus Ostrowo wird uns berichtet, daß zwischen Koscielnawice uod Sczypi orno bei Kalisch 3000 Morgen Ackerlandes vom Getraide gesäubert worden sind, weil daselbst ein Russisches Lager aufgeschlagen werden soll. Frankfurt, 16. Juni. Der Demokratenkongreß hat gestern 9 Stunden lang Sitzung gehalten. Die Hauptbeschlüsse sind: 1) Einen Centralausschuß von fünf Mitgliedern nach Berlin zu setzen, zu dem 3 Personen hier, 2 in Berlin gewählt werden. Dieser Ausschuß soll die Verbindung unter allen demokratischen Vereinen herstellen und erhalten; 2) eine Eingabe ans Parlament, also lautend: "Hohe Versammlung! Der Kongreß deutscher Demokratenvereine zu Frankfurt a. M. fordert die Nationalversammlung auf, daß sie als eine Achtungsbezeugung gegen den Willen des Volkes und als einen Beweis ihres Zutrauens zu sich selber den Abgeordneten Friedrich Hecker einlade, in ihrer Mitte Platz zu nehmen;" 3) wurde beschlossen, ein Manifest an die deutsche Nation zu erlassen; dazu wurde eine Kommission von 7 Mitgliedern ernannt. Wien, 9. Juni. (Der Kaiser. Der Reichstag. Die Presse.) Die Rückkehr des Kaisers aus Innsbruck ist, wie man vernimmt, bis zum 20. D. M. zu gewärtigen, so daß derselbe an der feierlichen Frohnleichnamsprozession hier Theil nehmen wird. - Die auf den 26. anberaumte Eröffnung des konstituirenden Reichstages wird um 10-14 Tage verschoben werden, da die so spät ausgeschriebenen Wahlen in den entferntern Provinzen kaum früher beendet sein können. Die radikale Partei verlangt, daß selbst Tagelöhner zur Wahl und Wählbarkeit in den Reichstag berechtigt sein sollen. Der Redakteur des "Radikalen", Dr. Becher steht mit Tuvora, Messenhauser u. A. an der Spitze der radikalen Bewegung. - Der Magistrat und die Regierung beschäftigen nun schon über 20,000 Individuen bei öffentlichen Arbeiten. - Unsere Straßen gleichen einem bunten wandernden Trödelmarkt der Journalistik. Tagesblätter wie "Vorwärts", " G'rad aus", "Gassen-Zeitung" "Straßen-Zeitung", "Wahrheit" u. s. w. werden von Austrägern mit Fahnen oder tragbaren, buntgeschmückten Bureaux (womit zugleich ein Briefkasten verbunden) ausgeboten, und finden immer zahlreiche Leser. - Zeitgemäße Erleichterung für die Versendung von Zeitungen durch die Post, deren Gebühren sich auf 20 pr. C. von ihrem Pränumerationspreise jährlich beschränken, ist wir würden zu sehr von den Weltereignissen abhängen. Aber was sagen Sie zu Waffen?“ „„Zu Säbeln und Dolchen?““ „Und zu Musketen und Kanonen?“ „„Herr Preiß, wir haben große Konkurrenz in diesem Artikel; ich kann kaum dazu rathen. Da der Konsumo von Waffen außerordentlich groß ist, so werden auch sicher bald wieder Verbesserungen angebracht und wehe uns dann mit einem allmächtigen Vorrath! Wenn wir Waffen im Hause haben, da stürmen uns auch die Proletarier bei der nächsten Gelegenheit das Lager ‒ ‒““ Den Herrn Preiß überlief ein kalter Schauder. „Sie haben recht Lenz. Waffen ist ein difficiler Artikel ‒ aber es ist doch entsetzlich, daß man beim besten Willen nichts unternehmen kann! Alles ist verdorben, das ganze Geschäft ist ruinirt; es bleibt wirklich nichts anderes mehr übrig als den ganzen Kommerz an den Nagel zu hängen ‒“ Eine Pause entstand. Zufällig blickte der ehrenwerthe Handelsherr in die zuletzt erschienene Zeitung. Er stutzte; er bog sich hinab; ein seliges Lächeln umflog seine Lippen ‒ „Hier ist's! ich hab's!“ rief er und die Arme auf den Rücken legend trat er keck vor den erschrockenen Buchhalter. „Wissen Sie was, Lenz?“ „„Nun, Herr Preiß?““ „Wissen Sie was der Lieblingsartikel der Gegenwart ist?“ „„Worin denn?““ „Wissen Sie worin wir spekuliren müssen?“ „„Welcher denn?““ „Ich will es Ihnen sagen, Lenz! Merken Sie sich ‒“ die Stimme des Herrn Preiß bekam einen mystischen, feierlichen Ton ‒ „spekuliren in ‒ ‒ Shrapnell's!“ „„‒ Shrapnell's ‒ ‒“ wiederholte der Buchhalter Lenz langsam und deutlich. Er erinnerte sich nicht, diesen Artikel schon früher einmal in einem Preiß-Kurant verzeichnet gesehen zu haben. [Deutschland] [Fortsetzung] diese Geldsendungen? Oder haben sie überhaupt nicht stattgehabt? Die Regierung schuldet den Steuerpflichtigen eine Antwort auf diese Fragen. * Berlin, 15. Juni. Durch das Feuer, das die Bürgerwehr gestern Abend am Zeughause gab, sind mehrere Menschen getödtet und mehrere verwundet worden. Nach einigen Einzelschüssen und einer Salve zog sich die Bürgerwehr zurück. Ein Hauptmann Bender (nicht Benda, den man zuerst nannte) soll das Kommando zum Abfeuern gegeben haben. Der Ruf nach Rache ward allenthalben vernehmbar, häufig auch der Ruf „Republik.“ Die Mitglieder der verschiedenen Sektionen der Nationalversammlung versammelten sich in ihren gewöhnlichen Versammlungslokalen und vielseitig ward der Wunsch geäußert, daß noch in der Nacht eine Sitzung der Nationalversammlung berufen werden möge, um für alle Fälle zusammen zu sein, was jedoch nicht zu Stande kam. Gegen Mitternacht ward das Zeughaus von den Arbeitern unter Austreibung des Militärs erstürmt und etwa 3000 Gewehre, womit sich die Anstürmenden bewaffneten, herausgenommen, von denen freilich ein Theil durch die Bürgerwehr sofort und im Laufe des heutigen Morgen wieder weggenommen ward. Bei der Nachläßigkeit, mit der übrigens die Bürgerwehr und die Arbeiter verfuhren, indem sie das Zeughaus beinahe gänzlich ohne Bewachung ließen, gelang es gegen 2 Uhr 1500 Mann des hier garnisonirenden 24. Regiments, sich ohne Widerstand wieder des Zeughauses zu bemächtigen und es auf's Neue zu besetzen. Der übrige Theil der Nacht ging ruhig vorüber, nur gegen 4 Uhr wird noch einmal Sturm geläutet, weil man behauptet die Garde sei von Potsdam aus in Anmarsch, ja stehe schon vor den Thoren. In der That ward behauptet, daß heute Morgen ein Theil der Garde in der Fasanerie in der Nähe des Thiergartens gestanden habe und noch stehe. Heute Morgen früh bewegten sich wieder viele Menschen auf den Straßen, namentlich in der Nähe des Zeughauses. Die Rechte hatte sich schon früh versammelt. Sie hatte beschlossen, entweder Vertagung oder Verlegung der National-Versammlung zu beantragen, oder sich 100,000 Bayonette auszubitten. Mit den verschiedenartigsten Gefühlen betraten die Mitglieder der Nationalversammlung um 12 Uhr den Sitzungssaal. Der Präsident Milde eröffnete der Versammlung, daß der Kommandant der Bürgerwehr, Major Blesson, schriftlich erklärt habe, für die Sicherheit der Versammlung nicht mehr einstehen zu können. Ein anderes Schreiben meldete, daß drei Bataillone sich demungeachtet dazu bereit erklärt hätten. Sie hatten auch wirklich die Cernirung des Lokals wie gestern vorgenommen. Die Versammlung beschloß, aber mit großer Majorität, daß sie einer solchen Bewegung von Seiten der Bürgerwehr nicht bedürfe und sich unter den Schutz des Volkes von Berlin stelle. Die Rechte erschrack über diesen Beschluß, die Rheinischen Advokaten waren außer sich, daß die Nationalversammlung einen solchen Beschluß fassen könne. Es half selbst Hrn. Esser I. nichts, daß er sich darauf stützte, seine Kommittenten hätten ihn hierhergeschickt in der Meinung, die freie Berathung würde nicht beeinträchtigt. Was mögen diese Kommittenten zu einer solchen Aeußerung sagen, da sie doch gewiß geglaubt hatten, daß keine äußern Einflüsse, welche sie auch immer sein möchten, die freie Meinung des Herrn Esser beeinträchtigen könnten. Allgemeiner Jubel rief dieser Beschluß in Berlin hervor und wenn es heute Abend ruhig bleibt, so ist es zum Theil demselben zuzuschreiben. Der Ministerpräsident versichert, daß zur Aufrechthaltung der Ordnung in Berlin die drei hiesigen Landwehrbataillone heute noch zusammenberufen würden. Mehrseitig war beantragt worden, sofort endlich eine Kommission zu ernennen, welche einen Verfassungsentwurf abfassen und vorlegen solle. Die Abgeordneten Waldeck und Wachsmuth hatten in etwas veränderter Form denselben Antrag gestellt. Die Rechte und die Minister bekämpften heftig diese Anträge, man bestritt die Kompetenz der Vereinbarungs-Versammlung zu einem solchen Schritt, hob die Gefahren hervor, wieß nach, wie man Zeit verliere, da ja rascher über den bereits fertigen Entwurf des Ministeriums berathen werden könne. Heftiges Toben der Rechten verursacht die Aeußerung D'Ester's der gegen den beantragten Schluß das Wort begehrt hatte, daß der Hauptgrund für Niedersetzung einer solchen Kommission nicht in der Beschleunigung der Angelegenheit, die übrigens auch dadurch erzielt werde, zu suchen sei, sondern darin, daß es zugleich eines der Hauptberuhigungsmittel für die in hohem Maaße aufgeregte Hauptstadt und Provinzen sei. Der Antragsteller Waldeck setzte vor dem Schlusse noch einmal die Nothwendigkeit auseinander, den Verfassungsentwurf von unten, d. h. mit der Konstituirung der Gemeinde, mit Aufhebung der Feudallasten u. s. w. zu beginnen. Der Antrag lautete ungefähr, daß eine Kommission von 24 Mitgliedern unter Zufertigung des Regierungsentwurfs und Mittheilung aller auf die Verfassung bezüglichen Petitionen und Anträge, dessen Umarbeitung resp. Ausarbeitung eines neuen Entwurfs zur baldmöglichsten Vorlage aufzutragen sei. Bei der namentlichen Abstimmung wurde dieser Antrag mit 188 gegen 142 Stimmen angenommen. Der Minister hatte sich schon vor Vollendung der Abstimmung, als das Resultat unzweifelhaft schien, entfernt. Eine große Umwandlung, wenn nicht der gänzliche Rücktritt des Ministeriums ist gewiß. Die Herren Schwerin und v. Arnim haben schon gestern und heute die Sitzung nicht mehr besucht. Bei dieser Abstimmung waren von den Rheinischen Abgeordneten für den Antrag. Abegg, Kreuznach. Arntz, Cleve. Joh. Nic. Baur, Adenau. Nicolaus Bauer, Merzig. Bloen, Düsseldorf. Boost, Cochem. Borchardt, Bernkastel. Broich, Grevenbroich. D'Ester, Mayen. Euler, Düsseldorf. Felthaus, Gummersbach. Gladbach, Mülheim. Grebel, St. Goar. Guittienne, Saarlouis. Hagen, Sieg. Hansen, Ottweiler. Hammer, Malmedy. Kaul, Saarbrücken. Körffgen, Bergheim. Klinghammer, Schleiden. Müller, Sieg. Schornbaur, Landkreis Aachen. Schwickerath, Prüm. Gegen den Antrag haben gestimmt: Bredt, Elberfeld. Camphausen, Köln. Lenzen, Geilenkirchen. Dahmen, Ahrweiler. v. Daniels, Erkelenz. Diesterweg, Wetzlar Esser I., Landkreis Köln. Forstmann, Duisburg. Flemming, Montjoie. Grauth, Zell. Hermann, Elberfeld. Hesse, Saarbrücken. Hesse, Solingen. Jungbluth, Aachen. Lessing, Rees. Müller, Solingen. Neuenburg, Neuwied. Pelzer, Lennep. Ploennis, Altenkirchen. Reichensperger II., Kempen. Ritz, Gladbach. Sames, Simmern. Schadt, Neuwied. Simons, Elberfeld. Schlinck, Koblenz. Westermann, Duisburg. Bei der Abstimmung waren nicht anwesend: Alff, Bittburg (verreist). Bauerband, Bonn. v. Berg, Jülich. Vinterim, Neuß. Eselmann, Waldbröl. Esser II., Wipperfürth. Frenken, Heinsberg. v. Geissel, Köln. Herbertz, Crefeld. Kehl, Duisburg. Kochs, Geldern. Krabbe, Kempen. v. Loe, Geldern. Luekhaus, Lennep. Pauls, Eupen. Pfahl, Euskirchen. Schruff, Daun. Stupp, Düren. Walter, Rheinbach. Wencelius, Trier. Zweiffel, Wittlich. ‒ Die preußische könstituirende Versammlung. (16) Sitzung vom 15. Juni.) Das Protokoll der vorigen Sitzung wird ohne Aenderung genehmigt. Der Präsident läßt der Versammlung ein an das Kommando der Bürgerwehr gerichtetes Schreiben verlesen, welches die Anfrage enthält: welche Maßregeln zum Schutz der heutigen Sitzung getroffen seien? Der interimistische Kommandeur Blesson hat zwei Antwortschreiben erlassen. Das erste lautete: Nach den gestrigen Vorgängen bin ich nicht im Stande, für den Schutz der Versammlung zu garantiren. (Zeichen der Verwunderung und Entrüstung.) Zwar ist Mannschaft bestellt, ich kann jedoch nicht bestimmen, ob sie erscheinen wird (wiederholte Entrüstung); eben so wenig, ob sie ihrer Pflicht genügen wird. Das zweite Schreiben lautet: Es haben sich zum Schutz der Sitzungen das 4., 5. und 7. Bataillon freiwillig gemeldet, und glaube ich auf dieselben zählen zu können. ‒ Min.-Präs. Camphausen: Nach den gestrigen Vorgängen habe sich allerdings die Unzulänglichkeit der bestehenden Schutzmaßregeln herausgestellt, und es sind deshalb von der Regierung folgende Maßregeln getroffen: 1) Die 3 Bataillone Berliner Landwehr werden sofort einberufen werden, um mit der Bürgerwehr gemeinschaftlich den Dienst zu verrichten. 2) Die Ereignisse haben die sofortige Organisation der Bürgerwehr nothwendig gemacht, und es wird dafür, wie für die Wahl eines Kommandeurs gesorgt werden. 3) Hat das Ministerium bereits dem Magistrat die Mittheilung zugehen lassen, eine Schutzwehr zu errichten. ‒ Abg. Jung: Er glaube, daß das Schreiben des Präsidenten an den Kommandeur der Bürgerwehr den gestern verworfenen Anträgen widerstrebe. Die Versammlung habe mit den Vorfällen des gestrigen Tages durchaus nichts zu thun. Das Sydow'sche Ereigniß war die Folge einer Berathung gewesen, welche die Berliner Bevölkerung ganz besonders interessirt. Wolle man denn voraussehen, daß dergleichen alle Tage stattfinden würden? Man möge doch abwarten. Wenn nun das Schreiben des Präsidenten den Schutz der Bürgerwehr anruft, so glaube er, daß dies nicht in dem Willen der Versammlung liege, und trägt deshalb darauf an, zu erklären, daß man solche Maßregeln nicht für nöthig halte. ‒ Abg. Uhlich: Die hohe Versammlung wolle antragen, daß die Bewachung des Sitzungshauses wieder aufgehoben werde. Er habe sich bewegt und beschämt gefühlt, durch eine so große Masse Bewaffneter passiren zu müssen, die doch am Ende keinen hinreichenden Schutz für die Abgeordneten gewähren, da man sich sonst von bewaffneter Mannschaft nach Hause geleiten lassen müßte. Nur im reinen Vertrauen liege der Schutz, und man kann sich nicht wundern, wenn das Volk die hier stattgefundenen Berathungen nicht vom Gesichtspunkte der Freiheit der Debatte erfaßt. Das Volk kann ja glauben, daß die Männer der Provinz hier dasjenige, wofür sie ihr Blut verspritzt, abstreiten wollten. Deshalb könne man sich die Aufregung schon erklären. Das Volk habe sich übereilt, und die gethanen Schritte, wie die ganze Führung des Volkes beweise, auch schon als Uebereilung erkannt. Er trägt deshalb darauf an: die hohe Versammlung wolle erklären, daß sie keines bewaffneten Schutzes bedarf, sondern sich unter den Schutz der Berliner Bevölkerung stelle. Abg. Müller unterstützt diesen Antrag. Man bedürfe nicht den Schutz der Bajonette, sondern der Freiheit. Wie hat es geschehen können, daß eine Stadt, die sich durch edles Vertrauen ausgezeichnet, so dem allgemeinen Mißtrauen verfallen ist? Die Schuld von dem was geschehen ist, tragen allerlei Menschen. (Große Heiterkeit.) Die verschiedenen Anträge hier haben das Mißverständniß dieser großen Stadt möglich gemacht; man weiß nicht, was sie eigentlich sind. (Mehrfache Unterbrechung und Ruf nach dem Schluß.) Meine Herren der Krone, ich gehöre zu den Bauern, die weder etwas wollen noch etwas dürfen (große Heiterkeit). Sie haben der Freiheit große Dienste geleistet, die nicht vergessen werden können (Toben); ich sehe unter ihnen Herren vom vorigen Vereinigten Landtag (ungeheures Toben). Der Präsident ersucht sich kurz zu fassen. Der Redner fragt: „Warum? (Gelächter). Meine Herren der Krone, ergreifen sie energische Maßregeln, wenn sie nicht Lust haben, ihre Plätze andern zu überlassen. (Lärmen). Abg. Sydow: Der Vorfall der sich mit ihm zugetragen, habe nicht allein für ihn etwas Betrübendes, er habe auch auf der andern Seite etwas Erfreuliches. Es galt der Unwille des Volkes nicht bloß der politischen Abstimmung, sondern er war nur gegen seine Person gerichtet, weil man der Meinung war und noch ist, daß er die Farbe gewechselt, daß er das Vertrauen, das in ihn gesetzt wurde, bitter getäuscht habe. Es sei ihm deshalb erfreulich gewesen, weil es der Rückschlag eines Vertrauens war, das ihm, wie er sich überzeugt halte, wieder geschenkt werden wird. Es habe demnach die Versammlung den Vorfall, der seine eigene Person getroffen, durchaus nicht weiter zu berücksichtigen. Abg. Elsner trägt auf Schluß der Debatte an. Abg. Esser ist gegen den Schluß. Der Antrag des Abg. Uhlich kommt zur Abstimmung und wird mit großer Majorität angenommen. Nachdem weiter zwei Anträge auf Bildung einer Kommission, um eine Bürgerwehrordnung mit freier Wahl der Führer zu entwerfen, unterstützt und in die Abtheilungen verwiesen sind, wird ein Antrag des Abgeordneten Wachsmuth auf Bildung einer Kommission zur Abfassung eines neuen Verfassungsentwurfes zur Verhandlung gebracht. Die Frage über sofortige Berathung des Antrags wird durch Zählung mit 166 gegen 165 Stimmen bejaht. (Beifall.) Wachsmuth. Die Ereignisse der letzten Tage haben das Verderbliche des gegenwärtigen Systems bewiesen, der Beschluß der Versammlung, sich alsbald mit einem neuen Verfassungsentwurf zu beschäftigen, wird zur Herstellung der Ruhe beitragen. Das Gesetz über die Unverletzlichkeit der Abgeordneten steht der Versammlung nicht so nahe, als dies Werk, zu welchem die Nation sie gesendet hat. Waldeck. Der Regierungsentwurf ist durch die öffentliche Meinung überall für ungenügend erklärt worden. Wollte man ihn der Berathung zu Grunde legen, so würde das Werk nur erschwert werden. Eine Kommission, welche einen neuen, die Volkswünsche berücksichtigenden Entwurf vorbereite, wird ein schnelleres Ergebniß herbeiführen. Camphausen, Minister-Präsident. „Ich wünsche, daß die Versammlung über den von uns vorgelegten Entwurf in pleno eine Ansicht äußere ‒ doch nicht die des vorigen Redners!“ ‒ (Gelächter.) Nees von Esenbeck. Die Versammlung sei das „ganze Volk“ Die Verfassung müsse dem Volk Sicherheit geben, und das sei im Regierungsentwurf nicht der Fall. Die Versammlung müsse daher durch ein neues Verfassungswerk Garantien schaffen, welche sonst das „ganze Volk“ durch die Revolution suchen werde. Hansemann, Finanzminister. Die Regierung könne eine Beschleunigung des Werkes nur wünschen, allein er sehe in den Anträgen keine Beschleunigung! Schulze aus Wanzleben und Reichensperger, welcher den Antrag auf einen neuen Entwurf für „exorbitant“ erklärt, sprechen gleichfalls im Sinne der Regierung. Nachdem die Versammlung sich für Schluß der Debatte ausgesprochen und der Antragsteller und zuletzt noch der Minister Camphausen das Wort ergriffen hatten, wird zur Abstimmung durch Namensaufruf geschritten. Die Versammlung erklärt sich mit 188 gegen 142 Stimmen, also mit einer Majorität von 46 Stimmen gegen den Entwurf des Ministeriums, und genehmigt den Antrag. Berlin, den 15. Juni. Der Finanz-Minister hat nachstehende Verfügung an die Königlichen Regierungen erlassen, um in Betreff der Domainen-Einsassen möglichst bald die Streitigkeiten zu beendigen, welche die jetzige Laudemial-Gesetzgebung hervorruft: Die Laudemien und sonstigen Besitzveränderungs-Abgaben sind in vielen Landestheilen eine Quelle zahlreicher Prozesse geworden. Die Spruchbehörden haben die verschiedenen Ansichten über diesen Gegenstand; in keiner Rechtsmaterie herrscht eine so große Unsicherheit und Ungleichheit in dem Erfolge der Prozesse und Ablösungen, wie bei den Laudemien. Das Gouvernement richtet bei der jetzigen Revision der Agrikultur- und Ablösungs-Gesetze seine Aufmerksamkeit vorzugsweise dahin, diesem Zustande ein Ende zu machen, die zweifelhaften Prozesse zu beseitigen und durch billige Ablösung den Grundbesitz von diesen lästigen Abgaben zu befreien. Ein Gesetz-Entwurf darüber wird vorbereitet. Bis dahin, daß dieser Entwurf Gesetzeskraft erlangen kann, muß die Domainen-Verwaltung in Rücksicht auf die dem Fiskus zustehenden Besitzveränderungs-Abgaben Bedacht nehmen, den Streitigkeiten vorzubeugen, welche aus der fortwährenden Anwendung der bisherigen Grundsätze auf die vorkommenden Besitzveränderungsfälle sich ergeben. Da nun die Provocation auf Ablösung nach richtiger Auslegung der Gesetze die Wirkung hat, daß von den Besitzveränderungen, welche nach Mittheilung des Ablösungs-Antrages an den Pflichtigen eintreten, keine Laudemien mehr erhoben werden, so wird die Königliche Regierung hiermit angewiesen, sofort gegen alle Grundbesitzer Ihres Bezirks, welche dem Fiskus zu Besitzveränderungs-Abgaben verpflichtet sind, auf Ablösung der Laudemien, Marktgroschen Verreichsgebühren, Annahmegelder, Auffahrtsgelder, Weinkäufe, Gewinngelder und aller sonstigen Besitzveränderungs-Abgaben bei der ordentlichen Auseinandersetzungs-Behörde zu provoziren. Dabei ist zu erklären, daß Fiskus die Provokation nur anbringt, um bei Wahrung seines Rechtes den mit Einziehung der Laudemien verbundenen fortwährenden Verwicklungen schon jetzt ein Ende zu machen, und daß Fiskus darin willigt, daß die Grundsätze des zu erwartenden milderen Gesetzes auf die anhängigen Ablösungen künftig angewendet werden. Dagegen entspricht es aber auch dem Rechte und der Billigkeit, daß bis zum Erscheinen des neuen Gesetzes, welches alle bisherigen Mißverhältnisse angemessen reguliren soll, dem in einzelnen Landestheilen bis zum Mißbrauche ausgedehnten, häufig von Spekulanten betriebenen Zurückfordern der im guten Glauben gezahlten Laudemien fortan ernstlich entgegengetreten wird. Die Königliche Regierung hat daher die Erstattung solcher vermeintlich ohne Rechtsgrund zur Staatskasse gezahlten Besitzveränderungs-Abgaben gänzlich abzulehnen und die Reklamanten in jedem Falle zum Rechtswege zu verweisen. Berlin, den 13. Juni 1848. Der Finanz-Minister Hansemann. An die Königlichen Regierungen, mit Ausnahme derer zu Stralsund, Köln, Aachen und Trier. (P. St.-A.)‒ Das Kriegsministerium macht bekannt, daß das erste und zweite Bataillon des 20. Landw.-Reg. und das Garde-Landw.-Bataillon in Berlin zusammen mit der Bürgerwehr die Ruhe und Ordnung der Stadt aufrecht erhalten werden. Thorn, 13. Juni. Gestern kam vom Generalkommando der Befehl an die Kommandantur, daß die Festung auf das allerschleunigste vollständig armirt und verproviantirt werde, und wahrscheinlich werden wir binnen einigen Tagen von den Russen, welche nur eine Meile von uns an der Grenze stehen, belagert sein. (B. Z.-H.)Aus Oberschlesien ging uns gestern folgende Mittheilung zu: „Am 5. d. M. hat der Landrath des Gränzkreises gegen Polen hin die Anzeige nach Oppeln gemacht, ihm sei die Nachricht zugegangen, daß die bei Czenstochau im Lager stehenden Russen am 12. d. M. die preußische Gränze überschreiten und direkt auf Breslau losmarschiren werden. Seitens der Militairbehörden sind daher Anordnungen wegen strengerer Beobachtung der russischen Gränzen getroffen; an wirkliche Anstalten zur Abwehr ist noch nicht zu denken.“ (Ostsee-Ztg.)* Posen, 13. Juni. Wir haben bereits gestern bei Erwähnung der liberalen Aufhebung des Martialgesetzes in Posen angedeutet, daß diese Liebesmaßregel des „Friedenskommissarius“ Pfuel (von Höllenstein) ungefähr dieselbe Bedeutung habe, wie die verheißene Reorganisation Polens. Was will überhaupt die Aufhebung eines „Gesetzes“ unter der Herrschaft absoluter Bureaukratie, brutaler Soldateska und profitwüthiger Juden bedeuten? Der Despotismus dieser Raçen ist das Gesetz; wozu da noch gesetzliche Buchstaben? Trotz der von dem „Friedenskommissarius“ Pfuel erklärten „Ruhe und Ordnung“ des Großherzogthums sind neuerdings Bauern aus den Kreisen Obornik und Wongrowinc mit eisernen Ladstöcken dermaßen von den Soldaten geschlagen worden, daß die Strafinstrumente an den Knochen der gemißhandelten Unschuldigen zerbrachen! ‒ ‒ Die so oft verheißene Wiedereröffnung des Marien-Gymnasiums wird auch fernerhin aufgeschoben, um auf diese Weise der polnischen Jugend jede Gelegenheit zu ihrer Ausbildung zu entziehen, und so „das polnische Element“ in Posen auszurotten, wenn man sich der deutsch-jüdisch-posener Aeußerung noch bedienen darf. Aus Petersburg wird geschrieben: Die Petersburger Garde hat Ordre erhalten, am 15. Juni auszurücken, um an die Polnische Grenze zu marschiren. ‒ Aus Ostrowo wird uns berichtet, daß zwischen Koscielnawice uod Sczypi orno bei Kalisch 3000 Morgen Ackerlandes vom Getraide gesäubert worden sind, weil daselbst ein Russisches Lager aufgeschlagen werden soll. Frankfurt, 16. Juni. Der Demokratenkongreß hat gestern 9 Stunden lang Sitzung gehalten. Die Hauptbeschlüsse sind: 1) Einen Centralausschuß von fünf Mitgliedern nach Berlin zu setzen, zu dem 3 Personen hier, 2 in Berlin gewählt werden. Dieser Ausschuß soll die Verbindung unter allen demokratischen Vereinen herstellen und erhalten; 2) eine Eingabe ans Parlament, also lautend: „Hohe Versammlung! Der Kongreß deutscher Demokratenvereine zu Frankfurt a. M. fordert die Nationalversammlung auf, daß sie als eine Achtungsbezeugung gegen den Willen des Volkes und als einen Beweis ihres Zutrauens zu sich selber den Abgeordneten Friedrich Hecker einlade, in ihrer Mitte Platz zu nehmen;“ 3) wurde beschlossen, ein Manifest an die deutsche Nation zu erlassen; dazu wurde eine Kommission von 7 Mitgliedern ernannt. Wien, 9. Juni. (Der Kaiser. Der Reichstag. Die Presse.) Die Rückkehr des Kaisers aus Innsbruck ist, wie man vernimmt, bis zum 20. D. M. zu gewärtigen, so daß derselbe an der feierlichen Frohnleichnamsprozession hier Theil nehmen wird. ‒ Die auf den 26. anberaumte Eröffnung des konstituirenden Reichstages wird um 10-14 Tage verschoben werden, da die so spät ausgeschriebenen Wahlen in den entferntern Provinzen kaum früher beendet sein können. Die radikale Partei verlangt, daß selbst Tagelöhner zur Wahl und Wählbarkeit in den Reichstag berechtigt sein sollen. Der Redakteur des „Radikalen“, Dr. Becher steht mit Tuvora, Messenhauser u. A. an der Spitze der radikalen Bewegung. ‒ Der Magistrat und die Regierung beschäftigen nun schon über 20,000 Individuen bei öffentlichen Arbeiten. ‒ Unsere Straßen gleichen einem bunten wandernden Trödelmarkt der Journalistik. Tagesblätter wie „Vorwärts“, „ G'rad aus“, „Gassen-Zeitung“ „Straßen-Zeitung“, „Wahrheit“ u. s. w. werden von Austrägern mit Fahnen oder tragbaren, buntgeschmückten Bureaux (womit zugleich ein Briefkasten verbunden) ausgeboten, und finden immer zahlreiche Leser. ‒ Zeitgemäße Erleichterung für die Versendung von Zeitungen durch die Post, deren Gebühren sich auf 20 pr. C. von ihrem Pränumerationspreise jährlich beschränken, ist <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="0078"/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar018_008" prev="#ar018_006" type="jArticle"> <p>wir würden zu sehr von den Weltereignissen abhängen. Aber was sagen Sie zu Waffen?“</p> <p>„„Zu Säbeln und Dolchen?““</p> <p>„Und zu Musketen und Kanonen?“</p> <p>„„Herr Preiß, wir haben große Konkurrenz in diesem Artikel; ich kann kaum dazu rathen. Da der Konsumo von Waffen außerordentlich groß ist, so werden auch sicher bald wieder Verbesserungen angebracht und wehe uns dann mit einem allmächtigen Vorrath! Wenn wir Waffen im Hause haben, da stürmen uns auch die Proletarier bei der nächsten Gelegenheit das Lager ‒ ‒““</p> <p>Den Herrn Preiß überlief ein kalter Schauder. „Sie haben recht Lenz. Waffen ist ein difficiler Artikel ‒ aber es ist doch entsetzlich, daß man beim besten Willen nichts unternehmen kann! Alles ist verdorben, das ganze Geschäft ist ruinirt; es bleibt wirklich nichts anderes mehr übrig als den ganzen Kommerz an den Nagel zu hängen ‒“</p> <p>Eine Pause entstand. Zufällig blickte der ehrenwerthe Handelsherr in die zuletzt erschienene Zeitung. Er stutzte; er bog sich hinab; ein seliges Lächeln umflog seine Lippen ‒ „Hier ist's! ich hab's!“ rief er und die Arme auf den Rücken legend trat er keck vor den erschrockenen Buchhalter.</p> <p>„Wissen Sie was, Lenz?“</p> <p>„„Nun, Herr Preiß?““</p> <p>„Wissen Sie was der Lieblingsartikel der Gegenwart ist?“</p> <p>„„Worin denn?““</p> <p>„Wissen Sie worin wir spekuliren müssen?“</p> <p>„„Welcher denn?““</p> <p>„Ich will es Ihnen sagen, Lenz! Merken Sie sich ‒“ die Stimme des Herrn Preiß bekam einen mystischen, feierlichen Ton ‒ „spekuliren in ‒ ‒ <hi rendition="#g">Shrapnell's!</hi>“</p> <p>„„‒ Shrapnell's ‒ ‒“ wiederholte der Buchhalter Lenz langsam und deutlich.</p> <p>Er erinnerte sich nicht, diesen Artikel schon früher einmal in einem Preiß-Kurant verzeichnet gesehen zu haben.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar018_009" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> diese Geldsendungen? Oder haben sie überhaupt nicht stattgehabt? Die Regierung schuldet den Steuerpflichtigen eine Antwort auf diese Fragen.</p> </div> <div xml:id="ar018_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 15. Juni.</head> <p>Durch das Feuer, das die Bürgerwehr gestern Abend am Zeughause gab, sind mehrere Menschen getödtet und mehrere verwundet worden. Nach einigen Einzelschüssen und einer Salve zog sich die Bürgerwehr zurück. Ein Hauptmann Bender (nicht Benda, den man zuerst nannte) soll das Kommando zum Abfeuern gegeben haben. Der Ruf nach Rache ward allenthalben vernehmbar, häufig auch der Ruf „Republik.“ Die Mitglieder der verschiedenen Sektionen der Nationalversammlung versammelten sich in ihren gewöhnlichen Versammlungslokalen und vielseitig ward der Wunsch geäußert, daß noch in der Nacht eine Sitzung der Nationalversammlung berufen werden möge, um für alle Fälle zusammen zu sein, was jedoch nicht zu Stande kam. Gegen Mitternacht ward das Zeughaus von den Arbeitern unter Austreibung des Militärs erstürmt und etwa 3000 Gewehre, womit sich die Anstürmenden bewaffneten, herausgenommen, von denen freilich ein Theil durch die Bürgerwehr sofort und im Laufe des heutigen Morgen wieder weggenommen ward. Bei der Nachläßigkeit, mit der übrigens die Bürgerwehr und die Arbeiter verfuhren, indem sie das Zeughaus beinahe gänzlich ohne Bewachung ließen, gelang es gegen 2 Uhr 1500 Mann des hier garnisonirenden 24. Regiments, sich ohne Widerstand wieder des Zeughauses zu bemächtigen und es auf's Neue zu besetzen. Der übrige Theil der Nacht ging ruhig vorüber, nur gegen 4 Uhr wird noch einmal Sturm geläutet, weil man behauptet die Garde sei von Potsdam aus in Anmarsch, ja stehe schon vor den Thoren. In der That ward behauptet, daß heute Morgen ein Theil der Garde in der Fasanerie in der Nähe des Thiergartens gestanden habe und noch stehe. Heute Morgen früh bewegten sich wieder viele Menschen auf den Straßen, namentlich in der Nähe des Zeughauses. Die Rechte hatte sich schon früh versammelt. Sie hatte beschlossen, entweder Vertagung oder Verlegung der National-Versammlung zu beantragen, oder sich 100,000 Bayonette auszubitten. Mit den verschiedenartigsten Gefühlen betraten die Mitglieder der Nationalversammlung um 12 Uhr den Sitzungssaal. Der Präsident Milde eröffnete der Versammlung, daß der Kommandant der Bürgerwehr, Major Blesson, schriftlich erklärt habe, für die Sicherheit der Versammlung nicht mehr einstehen zu können. Ein anderes Schreiben meldete, daß drei Bataillone sich demungeachtet dazu bereit erklärt hätten. Sie hatten auch wirklich die Cernirung des Lokals wie gestern vorgenommen. Die Versammlung beschloß, aber mit großer Majorität, daß sie einer solchen Bewegung von Seiten der Bürgerwehr nicht bedürfe und sich unter den Schutz des Volkes von Berlin stelle. Die Rechte erschrack über diesen Beschluß, die Rheinischen Advokaten waren außer sich, daß die Nationalversammlung einen solchen Beschluß fassen könne. Es half selbst Hrn. Esser I. nichts, daß er sich darauf stützte, seine Kommittenten hätten ihn hierhergeschickt in der Meinung, die freie Berathung würde nicht beeinträchtigt. Was mögen diese Kommittenten zu einer solchen Aeußerung sagen, da sie doch gewiß geglaubt hatten, daß keine äußern Einflüsse, welche sie auch immer sein möchten, die freie Meinung des Herrn Esser beeinträchtigen könnten. Allgemeiner Jubel rief dieser Beschluß in Berlin hervor und wenn es heute Abend ruhig bleibt, so ist es zum Theil demselben zuzuschreiben. Der Ministerpräsident versichert, daß zur Aufrechthaltung der Ordnung in Berlin die drei hiesigen Landwehrbataillone heute noch zusammenberufen würden. Mehrseitig war beantragt worden, sofort endlich eine Kommission zu ernennen, welche einen Verfassungsentwurf abfassen und vorlegen solle. Die Abgeordneten Waldeck und Wachsmuth hatten in etwas veränderter Form denselben Antrag gestellt. Die Rechte und die Minister bekämpften heftig diese Anträge, man bestritt die Kompetenz der Vereinbarungs-Versammlung zu einem solchen Schritt, hob die Gefahren hervor, wieß nach, wie man Zeit verliere, da ja rascher über den bereits fertigen Entwurf des Ministeriums berathen werden könne. Heftiges Toben der Rechten verursacht die Aeußerung D'Ester's der gegen den beantragten Schluß das Wort begehrt hatte, daß der Hauptgrund für Niedersetzung einer solchen Kommission nicht in der Beschleunigung der Angelegenheit, die übrigens auch dadurch erzielt werde, zu suchen sei, sondern darin, daß es zugleich eines der Hauptberuhigungsmittel für die in hohem Maaße aufgeregte Hauptstadt und Provinzen sei. Der Antragsteller Waldeck setzte vor dem Schlusse noch einmal die Nothwendigkeit auseinander, den Verfassungsentwurf von unten, d. h. mit der Konstituirung der Gemeinde, mit Aufhebung der Feudallasten u. s. w. zu beginnen. Der Antrag lautete ungefähr, daß eine Kommission von 24 Mitgliedern unter Zufertigung des Regierungsentwurfs und Mittheilung aller auf die Verfassung bezüglichen Petitionen und Anträge, dessen Umarbeitung resp. Ausarbeitung eines neuen Entwurfs zur baldmöglichsten Vorlage aufzutragen sei. Bei der namentlichen Abstimmung wurde dieser Antrag mit 188 gegen 142 Stimmen angenommen.</p> <p>Der Minister hatte sich schon vor Vollendung der Abstimmung, als das Resultat unzweifelhaft schien, entfernt. Eine große Umwandlung, wenn nicht der gänzliche Rücktritt des Ministeriums ist gewiß. Die Herren Schwerin und v. Arnim haben schon gestern und heute die Sitzung nicht mehr besucht.</p> <p>Bei dieser Abstimmung waren von den Rheinischen Abgeordneten für den Antrag.</p> <p>Abegg, Kreuznach. Arntz, Cleve. Joh. Nic. Baur, Adenau. Nicolaus Bauer, Merzig. Bloen, Düsseldorf. Boost, Cochem. Borchardt, Bernkastel. Broich, Grevenbroich. D'Ester, Mayen. Euler, Düsseldorf. Felthaus, Gummersbach. Gladbach, Mülheim. Grebel, St. Goar. Guittienne, Saarlouis. Hagen, Sieg. Hansen, Ottweiler. Hammer, Malmedy. Kaul, Saarbrücken. Körffgen, Bergheim. Klinghammer, Schleiden. Müller, Sieg. Schornbaur, Landkreis Aachen. Schwickerath, Prüm.</p> <p>Gegen den Antrag haben gestimmt:</p> <p>Bredt, Elberfeld. Camphausen, Köln. Lenzen, Geilenkirchen. Dahmen, Ahrweiler. v. Daniels, Erkelenz. Diesterweg, Wetzlar Esser I., Landkreis Köln. Forstmann, Duisburg. Flemming, Montjoie. Grauth, Zell. Hermann, Elberfeld. Hesse, Saarbrücken. Hesse, Solingen. Jungbluth, Aachen. Lessing, Rees. Müller, Solingen. Neuenburg, Neuwied. Pelzer, Lennep. Ploennis, Altenkirchen. Reichensperger II., Kempen. Ritz, Gladbach. Sames, Simmern. Schadt, Neuwied. Simons, Elberfeld. Schlinck, Koblenz. Westermann, Duisburg.</p> <p>Bei der Abstimmung waren nicht anwesend:</p> <p>Alff, Bittburg (verreist). Bauerband, Bonn. v. Berg, Jülich. Vinterim, Neuß. Eselmann, Waldbröl. Esser II., Wipperfürth. Frenken, Heinsberg. v. Geissel, Köln. Herbertz, Crefeld. Kehl, Duisburg. Kochs, Geldern. Krabbe, Kempen. v. Loe, Geldern. Luekhaus, Lennep. Pauls, Eupen. Pfahl, Euskirchen. Schruff, Daun. Stupp, Düren. Walter, Rheinbach. Wencelius, Trier. Zweiffel, Wittlich.</p> <p>‒ <hi rendition="#g">Die preußische könstituirende Versammlung.</hi> (16) Sitzung vom 15. Juni.) Das Protokoll der vorigen Sitzung wird ohne Aenderung genehmigt. Der Präsident läßt der Versammlung ein an das Kommando der Bürgerwehr gerichtetes Schreiben verlesen, welches die Anfrage enthält: welche Maßregeln zum Schutz der heutigen Sitzung getroffen seien? Der interimistische Kommandeur Blesson hat zwei Antwortschreiben erlassen. Das erste lautete: Nach den gestrigen Vorgängen bin ich nicht im Stande, für den Schutz der Versammlung zu garantiren. (Zeichen der Verwunderung und Entrüstung.) Zwar ist Mannschaft bestellt, ich kann jedoch nicht bestimmen, ob sie erscheinen wird (wiederholte Entrüstung); eben so wenig, ob sie ihrer Pflicht genügen wird. Das zweite Schreiben lautet: Es haben sich zum Schutz der Sitzungen das 4., 5. und 7. Bataillon freiwillig gemeldet, und glaube ich auf dieselben zählen zu können. ‒ Min.-Präs. Camphausen: Nach den gestrigen Vorgängen habe sich allerdings die Unzulänglichkeit der bestehenden Schutzmaßregeln herausgestellt, und es sind deshalb von der Regierung folgende Maßregeln getroffen: 1) Die 3 Bataillone Berliner Landwehr werden sofort einberufen werden, um mit der Bürgerwehr gemeinschaftlich den Dienst zu verrichten. 2) Die Ereignisse haben die sofortige Organisation der Bürgerwehr nothwendig gemacht, und es wird dafür, wie für die Wahl eines Kommandeurs gesorgt werden. 3) Hat das Ministerium bereits dem Magistrat die Mittheilung zugehen lassen, eine Schutzwehr zu errichten. ‒ Abg. Jung: Er glaube, daß das Schreiben des Präsidenten an den Kommandeur der Bürgerwehr den gestern verworfenen Anträgen widerstrebe. Die Versammlung habe mit den Vorfällen des gestrigen Tages durchaus nichts zu thun. Das Sydow'sche Ereigniß war die Folge einer Berathung gewesen, welche die Berliner Bevölkerung ganz besonders interessirt. Wolle man denn voraussehen, daß dergleichen alle Tage stattfinden würden? Man möge doch abwarten. Wenn nun das Schreiben des Präsidenten den Schutz der Bürgerwehr anruft, so glaube er, daß dies nicht in dem Willen der Versammlung liege, und trägt deshalb darauf an, zu erklären, daß man solche Maßregeln nicht für nöthig halte. ‒ Abg. Uhlich: Die hohe Versammlung wolle antragen, daß die Bewachung des Sitzungshauses wieder aufgehoben werde. Er habe sich bewegt und beschämt gefühlt, durch eine so große Masse Bewaffneter passiren zu müssen, die doch am Ende keinen hinreichenden Schutz für die Abgeordneten gewähren, da man sich sonst von bewaffneter Mannschaft nach Hause geleiten lassen müßte. Nur im reinen Vertrauen liege der Schutz, und man kann sich nicht wundern, wenn das Volk die hier stattgefundenen Berathungen nicht vom Gesichtspunkte der Freiheit der Debatte erfaßt. Das Volk kann ja glauben, daß die Männer der Provinz hier dasjenige, wofür sie ihr Blut verspritzt, abstreiten wollten. Deshalb könne man sich die Aufregung schon erklären. Das Volk habe sich übereilt, und die gethanen Schritte, wie die ganze Führung des Volkes beweise, auch schon als Uebereilung erkannt. Er trägt deshalb darauf an: die hohe Versammlung wolle erklären, daß sie keines bewaffneten Schutzes bedarf, sondern sich unter den Schutz der Berliner Bevölkerung stelle.</p> <p>Abg. Müller unterstützt diesen Antrag. Man bedürfe nicht den Schutz der Bajonette, sondern der Freiheit. Wie hat es geschehen können, daß eine Stadt, die sich durch edles Vertrauen ausgezeichnet, so dem allgemeinen Mißtrauen verfallen ist? Die Schuld von dem was geschehen ist, tragen allerlei Menschen. (Große Heiterkeit.) Die verschiedenen Anträge hier haben das Mißverständniß dieser großen Stadt möglich gemacht; man weiß nicht, was sie eigentlich sind. (Mehrfache Unterbrechung und Ruf nach dem Schluß.) Meine Herren der Krone, ich gehöre zu den Bauern, die weder etwas wollen noch etwas dürfen (große Heiterkeit). Sie haben der Freiheit große Dienste geleistet, die nicht vergessen werden können (Toben); ich sehe unter ihnen Herren vom vorigen Vereinigten Landtag (ungeheures Toben). Der Präsident ersucht sich kurz zu fassen. Der Redner fragt: „Warum? (Gelächter). Meine Herren der Krone, ergreifen sie energische Maßregeln, wenn sie nicht Lust haben, ihre Plätze andern zu überlassen. (Lärmen). Abg. Sydow: Der Vorfall der sich mit ihm zugetragen, habe nicht allein für ihn etwas Betrübendes, er habe auch auf der andern Seite etwas Erfreuliches. Es galt der Unwille des Volkes nicht bloß der politischen Abstimmung, sondern er war nur gegen seine Person gerichtet, weil man der Meinung war und noch ist, daß er die Farbe gewechselt, daß er das Vertrauen, das in ihn gesetzt wurde, bitter getäuscht habe. Es sei ihm deshalb erfreulich gewesen, weil es der Rückschlag eines Vertrauens war, das ihm, wie er sich überzeugt halte, wieder geschenkt werden wird. Es habe demnach die Versammlung den Vorfall, der seine eigene Person getroffen, durchaus nicht weiter zu berücksichtigen. Abg. Elsner trägt auf Schluß der Debatte an. Abg. Esser ist gegen den Schluß.</p> <p>Der Antrag des Abg. Uhlich kommt zur Abstimmung und wird mit großer Majorität angenommen.</p> <p>Nachdem weiter zwei Anträge auf Bildung einer Kommission, um eine Bürgerwehrordnung mit freier Wahl der Führer zu entwerfen, unterstützt und in die Abtheilungen verwiesen sind, wird ein Antrag des Abgeordneten Wachsmuth auf Bildung einer Kommission zur Abfassung eines <hi rendition="#g">neuen Verfassungsentwurfes</hi> zur Verhandlung gebracht. Die Frage über sofortige Berathung des Antrags wird durch Zählung mit 166 gegen 165 Stimmen bejaht. (Beifall.)</p> <p><hi rendition="#g">Wachsmuth.</hi> Die Ereignisse der letzten Tage haben das Verderbliche des gegenwärtigen Systems bewiesen, der Beschluß der Versammlung, sich alsbald mit einem neuen Verfassungsentwurf zu beschäftigen, wird zur Herstellung der Ruhe beitragen. Das Gesetz über die Unverletzlichkeit der Abgeordneten steht der Versammlung nicht so nahe, als dies Werk, zu welchem die Nation sie gesendet hat.</p> <p><hi rendition="#g">Waldeck.</hi> Der Regierungsentwurf ist durch die öffentliche Meinung überall für ungenügend erklärt worden. Wollte man ihn der Berathung zu Grunde legen, so würde das Werk nur erschwert werden. Eine Kommission, welche einen neuen, die Volkswünsche berücksichtigenden Entwurf vorbereite, wird ein schnelleres Ergebniß herbeiführen.</p> <p><hi rendition="#g">Camphausen,</hi> Minister-Präsident. „Ich wünsche, daß die Versammlung über den von uns vorgelegten Entwurf in pleno eine Ansicht äußere ‒ doch nicht die des vorigen Redners!“ ‒ (Gelächter.)</p> <p><hi rendition="#g">Nees von Esenbeck.</hi> Die Versammlung sei das „ganze Volk“ Die Verfassung müsse dem Volk Sicherheit geben, und das sei im Regierungsentwurf nicht der Fall. Die Versammlung müsse daher durch ein neues Verfassungswerk Garantien schaffen, welche sonst das „ganze Volk“ durch die Revolution suchen werde.</p> <p><hi rendition="#g">Hansemann,</hi> Finanzminister. Die Regierung könne eine Beschleunigung des Werkes nur wünschen, allein er sehe in den Anträgen keine Beschleunigung!</p> <p><hi rendition="#g">Schulze</hi> aus Wanzleben und <hi rendition="#g">Reichensperger,</hi> welcher den Antrag auf einen neuen Entwurf für „exorbitant“ erklärt, sprechen gleichfalls im Sinne der Regierung.</p> <p>Nachdem die Versammlung sich für Schluß der Debatte ausgesprochen und der Antragsteller und zuletzt noch der Minister Camphausen das Wort ergriffen hatten, wird zur Abstimmung durch Namensaufruf geschritten. Die Versammlung erklärt sich mit 188 gegen 142 Stimmen, also mit einer Majorität von 46 Stimmen gegen den Entwurf des Ministeriums, und genehmigt den Antrag.</p> </div> <div xml:id="ar018_011" type="jArticle"> <head>Berlin, den 15. Juni.</head> <p>Der Finanz-Minister hat nachstehende Verfügung an die Königlichen Regierungen erlassen, um in Betreff der Domainen-Einsassen möglichst bald die Streitigkeiten zu beendigen, welche die jetzige Laudemial-Gesetzgebung hervorruft:</p> <p>Die Laudemien und sonstigen Besitzveränderungs-Abgaben sind in vielen Landestheilen eine Quelle zahlreicher Prozesse geworden. Die Spruchbehörden haben die verschiedenen Ansichten über diesen Gegenstand; in keiner Rechtsmaterie herrscht eine so große Unsicherheit und Ungleichheit in dem Erfolge der Prozesse und Ablösungen, wie bei den Laudemien.</p> <p>Das Gouvernement richtet bei der jetzigen Revision der Agrikultur- und Ablösungs-Gesetze seine Aufmerksamkeit vorzugsweise dahin, diesem Zustande ein Ende zu machen, die zweifelhaften Prozesse zu beseitigen und durch billige Ablösung den Grundbesitz von diesen lästigen Abgaben zu befreien. Ein Gesetz-Entwurf darüber wird vorbereitet.</p> <p>Bis dahin, daß dieser Entwurf Gesetzeskraft erlangen kann, muß die Domainen-Verwaltung in Rücksicht auf die dem Fiskus zustehenden Besitzveränderungs-Abgaben Bedacht nehmen, den Streitigkeiten vorzubeugen, welche aus der fortwährenden Anwendung der bisherigen Grundsätze auf die vorkommenden Besitzveränderungsfälle sich ergeben. Da nun die Provocation auf Ablösung nach richtiger Auslegung der Gesetze die Wirkung hat, daß von den Besitzveränderungen, welche nach Mittheilung des Ablösungs-Antrages an den Pflichtigen eintreten, keine Laudemien mehr erhoben werden, so wird die Königliche Regierung hiermit angewiesen,</p> <p rendition="#et">sofort gegen alle Grundbesitzer Ihres Bezirks, welche dem Fiskus zu Besitzveränderungs-Abgaben verpflichtet sind, auf Ablösung der Laudemien, Marktgroschen Verreichsgebühren, Annahmegelder, Auffahrtsgelder, Weinkäufe, Gewinngelder und aller sonstigen Besitzveränderungs-Abgaben bei der ordentlichen Auseinandersetzungs-Behörde zu provoziren.</p> <p>Dabei ist zu erklären, daß Fiskus die Provokation nur anbringt, um bei Wahrung seines Rechtes den mit Einziehung der Laudemien verbundenen fortwährenden Verwicklungen schon jetzt ein Ende zu machen, und daß Fiskus darin willigt, daß die Grundsätze des zu erwartenden milderen Gesetzes auf die anhängigen Ablösungen künftig angewendet werden.</p> <p>Dagegen entspricht es aber auch dem Rechte und der Billigkeit, daß bis zum Erscheinen des neuen Gesetzes, welches alle bisherigen Mißverhältnisse angemessen reguliren soll, dem in einzelnen Landestheilen bis zum Mißbrauche ausgedehnten, häufig von Spekulanten betriebenen Zurückfordern der im guten Glauben gezahlten Laudemien fortan ernstlich entgegengetreten wird. Die Königliche Regierung hat daher die Erstattung solcher vermeintlich ohne Rechtsgrund zur Staatskasse gezahlten Besitzveränderungs-Abgaben gänzlich abzulehnen und die Reklamanten in jedem Falle zum Rechtswege zu verweisen.</p> <p>Berlin, den 13. Juni 1848.</p> <p>Der Finanz-Minister</p> <p> <hi rendition="#g">Hansemann.</hi> </p> <p>An</p> <p>die Königlichen Regierungen,</p> <p>mit Ausnahme derer zu Stralsund, Köln,</p> <p>Aachen und Trier.</p> <bibl>(P. St.-A.)</bibl> <p>‒ Das Kriegsministerium macht bekannt, daß das erste und zweite Bataillon des 20. Landw.-Reg. und das Garde-Landw.-Bataillon in Berlin zusammen mit der Bürgerwehr die Ruhe und Ordnung der Stadt aufrecht erhalten werden.</p> </div> <div xml:id="ar018_013" type="jArticle"> <head>Thorn, 13. Juni.</head> <p>Gestern kam vom Generalkommando der Befehl an die Kommandantur, daß die Festung auf das allerschleunigste vollständig armirt und verproviantirt werde, und wahrscheinlich werden wir binnen einigen Tagen <hi rendition="#g">von den Russen, welche nur eine Meile von uns an der Grenze stehen, belagert sein.</hi></p> <bibl>(B. Z.-H.)</bibl> <p>Aus <hi rendition="#g">Oberschlesien</hi> ging uns gestern folgende Mittheilung zu: „Am 5. d. M. hat der Landrath des Gränzkreises gegen Polen hin die Anzeige nach <hi rendition="#g">Oppeln</hi> gemacht, ihm sei die Nachricht zugegangen, daß die bei Czenstochau im Lager stehenden Russen am 12. d. M. die preußische Gränze überschreiten und direkt auf Breslau losmarschiren werden. Seitens der Militairbehörden sind daher Anordnungen wegen strengerer Beobachtung der russischen Gränzen getroffen; an wirkliche Anstalten zur Abwehr ist noch nicht zu denken.“</p> <bibl>(Ostsee-Ztg.)</bibl> </div> <div xml:id="ar018_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Posen, 13. Juni.</head> <p>Wir haben bereits gestern bei Erwähnung der liberalen Aufhebung des Martialgesetzes in Posen angedeutet, daß diese Liebesmaßregel des „Friedenskommissarius“ Pfuel (von Höllenstein) ungefähr dieselbe Bedeutung habe, wie die verheißene Reorganisation Polens. Was will überhaupt die Aufhebung eines „Gesetzes“ unter der Herrschaft absoluter Bureaukratie, brutaler Soldateska und profitwüthiger Juden bedeuten? Der Despotismus dieser Raçen <hi rendition="#g">ist</hi> das Gesetz; wozu da noch gesetzliche Buchstaben? Trotz der von dem „Friedenskommissarius“ Pfuel erklärten „Ruhe und Ordnung“ des Großherzogthums sind neuerdings Bauern aus den Kreisen Obornik und Wongrowinc mit <hi rendition="#g">eisernen Ladstöcken</hi> dermaßen von den Soldaten geschlagen worden, daß die Strafinstrumente an den Knochen der gemißhandelten Unschuldigen zerbrachen! ‒</p> <p>‒ Die so oft verheißene Wiedereröffnung des Marien-Gymnasiums wird auch fernerhin aufgeschoben, um auf diese Weise der polnischen Jugend jede Gelegenheit zu ihrer Ausbildung zu entziehen, und so <hi rendition="#g">„das polnische Element“</hi> in Posen auszurotten, wenn man sich der deutsch-jüdisch-posener Aeußerung noch bedienen darf.</p> <p>Aus <hi rendition="#g">Petersburg</hi> wird geschrieben: Die Petersburger Garde hat Ordre erhalten, am 15. Juni auszurücken, um an die Polnische Grenze zu marschiren. ‒ Aus Ostrowo wird uns berichtet, daß zwischen Koscielnawice uod Sczypi orno bei Kalisch 3000 Morgen Ackerlandes vom Getraide gesäubert worden sind, weil daselbst ein Russisches Lager aufgeschlagen werden soll.</p> </div> <div xml:id="ar018_015" type="jArticle"> <head>Frankfurt, 16. Juni.</head> <p>Der Demokratenkongreß hat gestern 9 Stunden lang Sitzung gehalten. Die Hauptbeschlüsse sind:</p> <p>1) Einen Centralausschuß von fünf Mitgliedern nach Berlin zu setzen, zu dem 3 Personen hier, 2 in Berlin gewählt werden. Dieser Ausschuß soll die Verbindung unter allen demokratischen Vereinen herstellen und erhalten; 2) eine Eingabe ans Parlament, also lautend: „Hohe Versammlung! Der Kongreß deutscher Demokratenvereine zu Frankfurt a. M. fordert die Nationalversammlung auf, daß sie als eine Achtungsbezeugung gegen den Willen des Volkes und als einen Beweis ihres Zutrauens zu sich selber den Abgeordneten Friedrich Hecker einlade, in ihrer Mitte Platz zu nehmen;“ 3) wurde beschlossen, ein Manifest an die deutsche Nation zu erlassen; dazu wurde eine Kommission von 7 Mitgliedern ernannt.</p> </div> <div xml:id="ar018_016" type="jArticle"> <head>Wien, 9. Juni.</head> <p>(Der Kaiser. Der Reichstag. Die Presse.) Die Rückkehr des Kaisers aus Innsbruck ist, wie man vernimmt, bis zum 20. D. M. zu gewärtigen, so daß derselbe an der feierlichen Frohnleichnamsprozession hier Theil nehmen wird. ‒ Die auf den 26. anberaumte Eröffnung des konstituirenden Reichstages wird um 10-14 Tage verschoben werden, da die so spät ausgeschriebenen Wahlen in den entferntern Provinzen kaum früher beendet sein können. Die radikale Partei verlangt, daß selbst Tagelöhner zur Wahl und Wählbarkeit in den Reichstag berechtigt sein sollen. Der Redakteur des „Radikalen“, Dr. Becher steht mit Tuvora, Messenhauser u. A. an der Spitze der radikalen Bewegung. ‒ Der Magistrat und die Regierung beschäftigen nun schon über 20,000 Individuen bei öffentlichen Arbeiten. ‒ Unsere Straßen gleichen einem bunten wandernden Trödelmarkt der Journalistik. Tagesblätter wie „Vorwärts“, „ G'rad aus“, „Gassen-Zeitung“ „Straßen-Zeitung“, „Wahrheit“ u. s. w. werden von Austrägern mit Fahnen oder tragbaren, buntgeschmückten Bureaux (womit zugleich ein Briefkasten verbunden) ausgeboten, und finden immer zahlreiche Leser. ‒ Zeitgemäße Erleichterung für die Versendung von Zeitungen durch die Post, deren Gebühren sich auf 20 pr. C. von ihrem Pränumerationspreise jährlich beschränken, ist </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0078/0002]
wir würden zu sehr von den Weltereignissen abhängen. Aber was sagen Sie zu Waffen?“
„„Zu Säbeln und Dolchen?““
„Und zu Musketen und Kanonen?“
„„Herr Preiß, wir haben große Konkurrenz in diesem Artikel; ich kann kaum dazu rathen. Da der Konsumo von Waffen außerordentlich groß ist, so werden auch sicher bald wieder Verbesserungen angebracht und wehe uns dann mit einem allmächtigen Vorrath! Wenn wir Waffen im Hause haben, da stürmen uns auch die Proletarier bei der nächsten Gelegenheit das Lager ‒ ‒““
Den Herrn Preiß überlief ein kalter Schauder. „Sie haben recht Lenz. Waffen ist ein difficiler Artikel ‒ aber es ist doch entsetzlich, daß man beim besten Willen nichts unternehmen kann! Alles ist verdorben, das ganze Geschäft ist ruinirt; es bleibt wirklich nichts anderes mehr übrig als den ganzen Kommerz an den Nagel zu hängen ‒“
Eine Pause entstand. Zufällig blickte der ehrenwerthe Handelsherr in die zuletzt erschienene Zeitung. Er stutzte; er bog sich hinab; ein seliges Lächeln umflog seine Lippen ‒ „Hier ist's! ich hab's!“ rief er und die Arme auf den Rücken legend trat er keck vor den erschrockenen Buchhalter.
„Wissen Sie was, Lenz?“
„„Nun, Herr Preiß?““
„Wissen Sie was der Lieblingsartikel der Gegenwart ist?“
„„Worin denn?““
„Wissen Sie worin wir spekuliren müssen?“
„„Welcher denn?““
„Ich will es Ihnen sagen, Lenz! Merken Sie sich ‒“ die Stimme des Herrn Preiß bekam einen mystischen, feierlichen Ton ‒ „spekuliren in ‒ ‒ Shrapnell's!“
„„‒ Shrapnell's ‒ ‒“ wiederholte der Buchhalter Lenz langsam und deutlich.
Er erinnerte sich nicht, diesen Artikel schon früher einmal in einem Preiß-Kurant verzeichnet gesehen zu haben.
[Deutschland] [Fortsetzung] diese Geldsendungen? Oder haben sie überhaupt nicht stattgehabt? Die Regierung schuldet den Steuerpflichtigen eine Antwort auf diese Fragen.
* Berlin, 15. Juni. Durch das Feuer, das die Bürgerwehr gestern Abend am Zeughause gab, sind mehrere Menschen getödtet und mehrere verwundet worden. Nach einigen Einzelschüssen und einer Salve zog sich die Bürgerwehr zurück. Ein Hauptmann Bender (nicht Benda, den man zuerst nannte) soll das Kommando zum Abfeuern gegeben haben. Der Ruf nach Rache ward allenthalben vernehmbar, häufig auch der Ruf „Republik.“ Die Mitglieder der verschiedenen Sektionen der Nationalversammlung versammelten sich in ihren gewöhnlichen Versammlungslokalen und vielseitig ward der Wunsch geäußert, daß noch in der Nacht eine Sitzung der Nationalversammlung berufen werden möge, um für alle Fälle zusammen zu sein, was jedoch nicht zu Stande kam. Gegen Mitternacht ward das Zeughaus von den Arbeitern unter Austreibung des Militärs erstürmt und etwa 3000 Gewehre, womit sich die Anstürmenden bewaffneten, herausgenommen, von denen freilich ein Theil durch die Bürgerwehr sofort und im Laufe des heutigen Morgen wieder weggenommen ward. Bei der Nachläßigkeit, mit der übrigens die Bürgerwehr und die Arbeiter verfuhren, indem sie das Zeughaus beinahe gänzlich ohne Bewachung ließen, gelang es gegen 2 Uhr 1500 Mann des hier garnisonirenden 24. Regiments, sich ohne Widerstand wieder des Zeughauses zu bemächtigen und es auf's Neue zu besetzen. Der übrige Theil der Nacht ging ruhig vorüber, nur gegen 4 Uhr wird noch einmal Sturm geläutet, weil man behauptet die Garde sei von Potsdam aus in Anmarsch, ja stehe schon vor den Thoren. In der That ward behauptet, daß heute Morgen ein Theil der Garde in der Fasanerie in der Nähe des Thiergartens gestanden habe und noch stehe. Heute Morgen früh bewegten sich wieder viele Menschen auf den Straßen, namentlich in der Nähe des Zeughauses. Die Rechte hatte sich schon früh versammelt. Sie hatte beschlossen, entweder Vertagung oder Verlegung der National-Versammlung zu beantragen, oder sich 100,000 Bayonette auszubitten. Mit den verschiedenartigsten Gefühlen betraten die Mitglieder der Nationalversammlung um 12 Uhr den Sitzungssaal. Der Präsident Milde eröffnete der Versammlung, daß der Kommandant der Bürgerwehr, Major Blesson, schriftlich erklärt habe, für die Sicherheit der Versammlung nicht mehr einstehen zu können. Ein anderes Schreiben meldete, daß drei Bataillone sich demungeachtet dazu bereit erklärt hätten. Sie hatten auch wirklich die Cernirung des Lokals wie gestern vorgenommen. Die Versammlung beschloß, aber mit großer Majorität, daß sie einer solchen Bewegung von Seiten der Bürgerwehr nicht bedürfe und sich unter den Schutz des Volkes von Berlin stelle. Die Rechte erschrack über diesen Beschluß, die Rheinischen Advokaten waren außer sich, daß die Nationalversammlung einen solchen Beschluß fassen könne. Es half selbst Hrn. Esser I. nichts, daß er sich darauf stützte, seine Kommittenten hätten ihn hierhergeschickt in der Meinung, die freie Berathung würde nicht beeinträchtigt. Was mögen diese Kommittenten zu einer solchen Aeußerung sagen, da sie doch gewiß geglaubt hatten, daß keine äußern Einflüsse, welche sie auch immer sein möchten, die freie Meinung des Herrn Esser beeinträchtigen könnten. Allgemeiner Jubel rief dieser Beschluß in Berlin hervor und wenn es heute Abend ruhig bleibt, so ist es zum Theil demselben zuzuschreiben. Der Ministerpräsident versichert, daß zur Aufrechthaltung der Ordnung in Berlin die drei hiesigen Landwehrbataillone heute noch zusammenberufen würden. Mehrseitig war beantragt worden, sofort endlich eine Kommission zu ernennen, welche einen Verfassungsentwurf abfassen und vorlegen solle. Die Abgeordneten Waldeck und Wachsmuth hatten in etwas veränderter Form denselben Antrag gestellt. Die Rechte und die Minister bekämpften heftig diese Anträge, man bestritt die Kompetenz der Vereinbarungs-Versammlung zu einem solchen Schritt, hob die Gefahren hervor, wieß nach, wie man Zeit verliere, da ja rascher über den bereits fertigen Entwurf des Ministeriums berathen werden könne. Heftiges Toben der Rechten verursacht die Aeußerung D'Ester's der gegen den beantragten Schluß das Wort begehrt hatte, daß der Hauptgrund für Niedersetzung einer solchen Kommission nicht in der Beschleunigung der Angelegenheit, die übrigens auch dadurch erzielt werde, zu suchen sei, sondern darin, daß es zugleich eines der Hauptberuhigungsmittel für die in hohem Maaße aufgeregte Hauptstadt und Provinzen sei. Der Antragsteller Waldeck setzte vor dem Schlusse noch einmal die Nothwendigkeit auseinander, den Verfassungsentwurf von unten, d. h. mit der Konstituirung der Gemeinde, mit Aufhebung der Feudallasten u. s. w. zu beginnen. Der Antrag lautete ungefähr, daß eine Kommission von 24 Mitgliedern unter Zufertigung des Regierungsentwurfs und Mittheilung aller auf die Verfassung bezüglichen Petitionen und Anträge, dessen Umarbeitung resp. Ausarbeitung eines neuen Entwurfs zur baldmöglichsten Vorlage aufzutragen sei. Bei der namentlichen Abstimmung wurde dieser Antrag mit 188 gegen 142 Stimmen angenommen.
Der Minister hatte sich schon vor Vollendung der Abstimmung, als das Resultat unzweifelhaft schien, entfernt. Eine große Umwandlung, wenn nicht der gänzliche Rücktritt des Ministeriums ist gewiß. Die Herren Schwerin und v. Arnim haben schon gestern und heute die Sitzung nicht mehr besucht.
Bei dieser Abstimmung waren von den Rheinischen Abgeordneten für den Antrag.
Abegg, Kreuznach. Arntz, Cleve. Joh. Nic. Baur, Adenau. Nicolaus Bauer, Merzig. Bloen, Düsseldorf. Boost, Cochem. Borchardt, Bernkastel. Broich, Grevenbroich. D'Ester, Mayen. Euler, Düsseldorf. Felthaus, Gummersbach. Gladbach, Mülheim. Grebel, St. Goar. Guittienne, Saarlouis. Hagen, Sieg. Hansen, Ottweiler. Hammer, Malmedy. Kaul, Saarbrücken. Körffgen, Bergheim. Klinghammer, Schleiden. Müller, Sieg. Schornbaur, Landkreis Aachen. Schwickerath, Prüm.
Gegen den Antrag haben gestimmt:
Bredt, Elberfeld. Camphausen, Köln. Lenzen, Geilenkirchen. Dahmen, Ahrweiler. v. Daniels, Erkelenz. Diesterweg, Wetzlar Esser I., Landkreis Köln. Forstmann, Duisburg. Flemming, Montjoie. Grauth, Zell. Hermann, Elberfeld. Hesse, Saarbrücken. Hesse, Solingen. Jungbluth, Aachen. Lessing, Rees. Müller, Solingen. Neuenburg, Neuwied. Pelzer, Lennep. Ploennis, Altenkirchen. Reichensperger II., Kempen. Ritz, Gladbach. Sames, Simmern. Schadt, Neuwied. Simons, Elberfeld. Schlinck, Koblenz. Westermann, Duisburg.
Bei der Abstimmung waren nicht anwesend:
Alff, Bittburg (verreist). Bauerband, Bonn. v. Berg, Jülich. Vinterim, Neuß. Eselmann, Waldbröl. Esser II., Wipperfürth. Frenken, Heinsberg. v. Geissel, Köln. Herbertz, Crefeld. Kehl, Duisburg. Kochs, Geldern. Krabbe, Kempen. v. Loe, Geldern. Luekhaus, Lennep. Pauls, Eupen. Pfahl, Euskirchen. Schruff, Daun. Stupp, Düren. Walter, Rheinbach. Wencelius, Trier. Zweiffel, Wittlich.
‒ Die preußische könstituirende Versammlung. (16) Sitzung vom 15. Juni.) Das Protokoll der vorigen Sitzung wird ohne Aenderung genehmigt. Der Präsident läßt der Versammlung ein an das Kommando der Bürgerwehr gerichtetes Schreiben verlesen, welches die Anfrage enthält: welche Maßregeln zum Schutz der heutigen Sitzung getroffen seien? Der interimistische Kommandeur Blesson hat zwei Antwortschreiben erlassen. Das erste lautete: Nach den gestrigen Vorgängen bin ich nicht im Stande, für den Schutz der Versammlung zu garantiren. (Zeichen der Verwunderung und Entrüstung.) Zwar ist Mannschaft bestellt, ich kann jedoch nicht bestimmen, ob sie erscheinen wird (wiederholte Entrüstung); eben so wenig, ob sie ihrer Pflicht genügen wird. Das zweite Schreiben lautet: Es haben sich zum Schutz der Sitzungen das 4., 5. und 7. Bataillon freiwillig gemeldet, und glaube ich auf dieselben zählen zu können. ‒ Min.-Präs. Camphausen: Nach den gestrigen Vorgängen habe sich allerdings die Unzulänglichkeit der bestehenden Schutzmaßregeln herausgestellt, und es sind deshalb von der Regierung folgende Maßregeln getroffen: 1) Die 3 Bataillone Berliner Landwehr werden sofort einberufen werden, um mit der Bürgerwehr gemeinschaftlich den Dienst zu verrichten. 2) Die Ereignisse haben die sofortige Organisation der Bürgerwehr nothwendig gemacht, und es wird dafür, wie für die Wahl eines Kommandeurs gesorgt werden. 3) Hat das Ministerium bereits dem Magistrat die Mittheilung zugehen lassen, eine Schutzwehr zu errichten. ‒ Abg. Jung: Er glaube, daß das Schreiben des Präsidenten an den Kommandeur der Bürgerwehr den gestern verworfenen Anträgen widerstrebe. Die Versammlung habe mit den Vorfällen des gestrigen Tages durchaus nichts zu thun. Das Sydow'sche Ereigniß war die Folge einer Berathung gewesen, welche die Berliner Bevölkerung ganz besonders interessirt. Wolle man denn voraussehen, daß dergleichen alle Tage stattfinden würden? Man möge doch abwarten. Wenn nun das Schreiben des Präsidenten den Schutz der Bürgerwehr anruft, so glaube er, daß dies nicht in dem Willen der Versammlung liege, und trägt deshalb darauf an, zu erklären, daß man solche Maßregeln nicht für nöthig halte. ‒ Abg. Uhlich: Die hohe Versammlung wolle antragen, daß die Bewachung des Sitzungshauses wieder aufgehoben werde. Er habe sich bewegt und beschämt gefühlt, durch eine so große Masse Bewaffneter passiren zu müssen, die doch am Ende keinen hinreichenden Schutz für die Abgeordneten gewähren, da man sich sonst von bewaffneter Mannschaft nach Hause geleiten lassen müßte. Nur im reinen Vertrauen liege der Schutz, und man kann sich nicht wundern, wenn das Volk die hier stattgefundenen Berathungen nicht vom Gesichtspunkte der Freiheit der Debatte erfaßt. Das Volk kann ja glauben, daß die Männer der Provinz hier dasjenige, wofür sie ihr Blut verspritzt, abstreiten wollten. Deshalb könne man sich die Aufregung schon erklären. Das Volk habe sich übereilt, und die gethanen Schritte, wie die ganze Führung des Volkes beweise, auch schon als Uebereilung erkannt. Er trägt deshalb darauf an: die hohe Versammlung wolle erklären, daß sie keines bewaffneten Schutzes bedarf, sondern sich unter den Schutz der Berliner Bevölkerung stelle.
Abg. Müller unterstützt diesen Antrag. Man bedürfe nicht den Schutz der Bajonette, sondern der Freiheit. Wie hat es geschehen können, daß eine Stadt, die sich durch edles Vertrauen ausgezeichnet, so dem allgemeinen Mißtrauen verfallen ist? Die Schuld von dem was geschehen ist, tragen allerlei Menschen. (Große Heiterkeit.) Die verschiedenen Anträge hier haben das Mißverständniß dieser großen Stadt möglich gemacht; man weiß nicht, was sie eigentlich sind. (Mehrfache Unterbrechung und Ruf nach dem Schluß.) Meine Herren der Krone, ich gehöre zu den Bauern, die weder etwas wollen noch etwas dürfen (große Heiterkeit). Sie haben der Freiheit große Dienste geleistet, die nicht vergessen werden können (Toben); ich sehe unter ihnen Herren vom vorigen Vereinigten Landtag (ungeheures Toben). Der Präsident ersucht sich kurz zu fassen. Der Redner fragt: „Warum? (Gelächter). Meine Herren der Krone, ergreifen sie energische Maßregeln, wenn sie nicht Lust haben, ihre Plätze andern zu überlassen. (Lärmen). Abg. Sydow: Der Vorfall der sich mit ihm zugetragen, habe nicht allein für ihn etwas Betrübendes, er habe auch auf der andern Seite etwas Erfreuliches. Es galt der Unwille des Volkes nicht bloß der politischen Abstimmung, sondern er war nur gegen seine Person gerichtet, weil man der Meinung war und noch ist, daß er die Farbe gewechselt, daß er das Vertrauen, das in ihn gesetzt wurde, bitter getäuscht habe. Es sei ihm deshalb erfreulich gewesen, weil es der Rückschlag eines Vertrauens war, das ihm, wie er sich überzeugt halte, wieder geschenkt werden wird. Es habe demnach die Versammlung den Vorfall, der seine eigene Person getroffen, durchaus nicht weiter zu berücksichtigen. Abg. Elsner trägt auf Schluß der Debatte an. Abg. Esser ist gegen den Schluß.
Der Antrag des Abg. Uhlich kommt zur Abstimmung und wird mit großer Majorität angenommen.
Nachdem weiter zwei Anträge auf Bildung einer Kommission, um eine Bürgerwehrordnung mit freier Wahl der Führer zu entwerfen, unterstützt und in die Abtheilungen verwiesen sind, wird ein Antrag des Abgeordneten Wachsmuth auf Bildung einer Kommission zur Abfassung eines neuen Verfassungsentwurfes zur Verhandlung gebracht. Die Frage über sofortige Berathung des Antrags wird durch Zählung mit 166 gegen 165 Stimmen bejaht. (Beifall.)
Wachsmuth. Die Ereignisse der letzten Tage haben das Verderbliche des gegenwärtigen Systems bewiesen, der Beschluß der Versammlung, sich alsbald mit einem neuen Verfassungsentwurf zu beschäftigen, wird zur Herstellung der Ruhe beitragen. Das Gesetz über die Unverletzlichkeit der Abgeordneten steht der Versammlung nicht so nahe, als dies Werk, zu welchem die Nation sie gesendet hat.
Waldeck. Der Regierungsentwurf ist durch die öffentliche Meinung überall für ungenügend erklärt worden. Wollte man ihn der Berathung zu Grunde legen, so würde das Werk nur erschwert werden. Eine Kommission, welche einen neuen, die Volkswünsche berücksichtigenden Entwurf vorbereite, wird ein schnelleres Ergebniß herbeiführen.
Camphausen, Minister-Präsident. „Ich wünsche, daß die Versammlung über den von uns vorgelegten Entwurf in pleno eine Ansicht äußere ‒ doch nicht die des vorigen Redners!“ ‒ (Gelächter.)
Nees von Esenbeck. Die Versammlung sei das „ganze Volk“ Die Verfassung müsse dem Volk Sicherheit geben, und das sei im Regierungsentwurf nicht der Fall. Die Versammlung müsse daher durch ein neues Verfassungswerk Garantien schaffen, welche sonst das „ganze Volk“ durch die Revolution suchen werde.
Hansemann, Finanzminister. Die Regierung könne eine Beschleunigung des Werkes nur wünschen, allein er sehe in den Anträgen keine Beschleunigung!
Schulze aus Wanzleben und Reichensperger, welcher den Antrag auf einen neuen Entwurf für „exorbitant“ erklärt, sprechen gleichfalls im Sinne der Regierung.
Nachdem die Versammlung sich für Schluß der Debatte ausgesprochen und der Antragsteller und zuletzt noch der Minister Camphausen das Wort ergriffen hatten, wird zur Abstimmung durch Namensaufruf geschritten. Die Versammlung erklärt sich mit 188 gegen 142 Stimmen, also mit einer Majorität von 46 Stimmen gegen den Entwurf des Ministeriums, und genehmigt den Antrag.
Berlin, den 15. Juni. Der Finanz-Minister hat nachstehende Verfügung an die Königlichen Regierungen erlassen, um in Betreff der Domainen-Einsassen möglichst bald die Streitigkeiten zu beendigen, welche die jetzige Laudemial-Gesetzgebung hervorruft:
Die Laudemien und sonstigen Besitzveränderungs-Abgaben sind in vielen Landestheilen eine Quelle zahlreicher Prozesse geworden. Die Spruchbehörden haben die verschiedenen Ansichten über diesen Gegenstand; in keiner Rechtsmaterie herrscht eine so große Unsicherheit und Ungleichheit in dem Erfolge der Prozesse und Ablösungen, wie bei den Laudemien.
Das Gouvernement richtet bei der jetzigen Revision der Agrikultur- und Ablösungs-Gesetze seine Aufmerksamkeit vorzugsweise dahin, diesem Zustande ein Ende zu machen, die zweifelhaften Prozesse zu beseitigen und durch billige Ablösung den Grundbesitz von diesen lästigen Abgaben zu befreien. Ein Gesetz-Entwurf darüber wird vorbereitet.
Bis dahin, daß dieser Entwurf Gesetzeskraft erlangen kann, muß die Domainen-Verwaltung in Rücksicht auf die dem Fiskus zustehenden Besitzveränderungs-Abgaben Bedacht nehmen, den Streitigkeiten vorzubeugen, welche aus der fortwährenden Anwendung der bisherigen Grundsätze auf die vorkommenden Besitzveränderungsfälle sich ergeben. Da nun die Provocation auf Ablösung nach richtiger Auslegung der Gesetze die Wirkung hat, daß von den Besitzveränderungen, welche nach Mittheilung des Ablösungs-Antrages an den Pflichtigen eintreten, keine Laudemien mehr erhoben werden, so wird die Königliche Regierung hiermit angewiesen,
sofort gegen alle Grundbesitzer Ihres Bezirks, welche dem Fiskus zu Besitzveränderungs-Abgaben verpflichtet sind, auf Ablösung der Laudemien, Marktgroschen Verreichsgebühren, Annahmegelder, Auffahrtsgelder, Weinkäufe, Gewinngelder und aller sonstigen Besitzveränderungs-Abgaben bei der ordentlichen Auseinandersetzungs-Behörde zu provoziren.
Dabei ist zu erklären, daß Fiskus die Provokation nur anbringt, um bei Wahrung seines Rechtes den mit Einziehung der Laudemien verbundenen fortwährenden Verwicklungen schon jetzt ein Ende zu machen, und daß Fiskus darin willigt, daß die Grundsätze des zu erwartenden milderen Gesetzes auf die anhängigen Ablösungen künftig angewendet werden.
Dagegen entspricht es aber auch dem Rechte und der Billigkeit, daß bis zum Erscheinen des neuen Gesetzes, welches alle bisherigen Mißverhältnisse angemessen reguliren soll, dem in einzelnen Landestheilen bis zum Mißbrauche ausgedehnten, häufig von Spekulanten betriebenen Zurückfordern der im guten Glauben gezahlten Laudemien fortan ernstlich entgegengetreten wird. Die Königliche Regierung hat daher die Erstattung solcher vermeintlich ohne Rechtsgrund zur Staatskasse gezahlten Besitzveränderungs-Abgaben gänzlich abzulehnen und die Reklamanten in jedem Falle zum Rechtswege zu verweisen.
Berlin, den 13. Juni 1848.
Der Finanz-Minister
Hansemann.
An
die Königlichen Regierungen,
mit Ausnahme derer zu Stralsund, Köln,
Aachen und Trier.
(P. St.-A.) ‒ Das Kriegsministerium macht bekannt, daß das erste und zweite Bataillon des 20. Landw.-Reg. und das Garde-Landw.-Bataillon in Berlin zusammen mit der Bürgerwehr die Ruhe und Ordnung der Stadt aufrecht erhalten werden.
Thorn, 13. Juni. Gestern kam vom Generalkommando der Befehl an die Kommandantur, daß die Festung auf das allerschleunigste vollständig armirt und verproviantirt werde, und wahrscheinlich werden wir binnen einigen Tagen von den Russen, welche nur eine Meile von uns an der Grenze stehen, belagert sein.
(B. Z.-H.) Aus Oberschlesien ging uns gestern folgende Mittheilung zu: „Am 5. d. M. hat der Landrath des Gränzkreises gegen Polen hin die Anzeige nach Oppeln gemacht, ihm sei die Nachricht zugegangen, daß die bei Czenstochau im Lager stehenden Russen am 12. d. M. die preußische Gränze überschreiten und direkt auf Breslau losmarschiren werden. Seitens der Militairbehörden sind daher Anordnungen wegen strengerer Beobachtung der russischen Gränzen getroffen; an wirkliche Anstalten zur Abwehr ist noch nicht zu denken.“
(Ostsee-Ztg.) * Posen, 13. Juni. Wir haben bereits gestern bei Erwähnung der liberalen Aufhebung des Martialgesetzes in Posen angedeutet, daß diese Liebesmaßregel des „Friedenskommissarius“ Pfuel (von Höllenstein) ungefähr dieselbe Bedeutung habe, wie die verheißene Reorganisation Polens. Was will überhaupt die Aufhebung eines „Gesetzes“ unter der Herrschaft absoluter Bureaukratie, brutaler Soldateska und profitwüthiger Juden bedeuten? Der Despotismus dieser Raçen ist das Gesetz; wozu da noch gesetzliche Buchstaben? Trotz der von dem „Friedenskommissarius“ Pfuel erklärten „Ruhe und Ordnung“ des Großherzogthums sind neuerdings Bauern aus den Kreisen Obornik und Wongrowinc mit eisernen Ladstöcken dermaßen von den Soldaten geschlagen worden, daß die Strafinstrumente an den Knochen der gemißhandelten Unschuldigen zerbrachen! ‒
‒ Die so oft verheißene Wiedereröffnung des Marien-Gymnasiums wird auch fernerhin aufgeschoben, um auf diese Weise der polnischen Jugend jede Gelegenheit zu ihrer Ausbildung zu entziehen, und so „das polnische Element“ in Posen auszurotten, wenn man sich der deutsch-jüdisch-posener Aeußerung noch bedienen darf.
Aus Petersburg wird geschrieben: Die Petersburger Garde hat Ordre erhalten, am 15. Juni auszurücken, um an die Polnische Grenze zu marschiren. ‒ Aus Ostrowo wird uns berichtet, daß zwischen Koscielnawice uod Sczypi orno bei Kalisch 3000 Morgen Ackerlandes vom Getraide gesäubert worden sind, weil daselbst ein Russisches Lager aufgeschlagen werden soll.
Frankfurt, 16. Juni. Der Demokratenkongreß hat gestern 9 Stunden lang Sitzung gehalten. Die Hauptbeschlüsse sind:
1) Einen Centralausschuß von fünf Mitgliedern nach Berlin zu setzen, zu dem 3 Personen hier, 2 in Berlin gewählt werden. Dieser Ausschuß soll die Verbindung unter allen demokratischen Vereinen herstellen und erhalten; 2) eine Eingabe ans Parlament, also lautend: „Hohe Versammlung! Der Kongreß deutscher Demokratenvereine zu Frankfurt a. M. fordert die Nationalversammlung auf, daß sie als eine Achtungsbezeugung gegen den Willen des Volkes und als einen Beweis ihres Zutrauens zu sich selber den Abgeordneten Friedrich Hecker einlade, in ihrer Mitte Platz zu nehmen;“ 3) wurde beschlossen, ein Manifest an die deutsche Nation zu erlassen; dazu wurde eine Kommission von 7 Mitgliedern ernannt.
Wien, 9. Juni. (Der Kaiser. Der Reichstag. Die Presse.) Die Rückkehr des Kaisers aus Innsbruck ist, wie man vernimmt, bis zum 20. D. M. zu gewärtigen, so daß derselbe an der feierlichen Frohnleichnamsprozession hier Theil nehmen wird. ‒ Die auf den 26. anberaumte Eröffnung des konstituirenden Reichstages wird um 10-14 Tage verschoben werden, da die so spät ausgeschriebenen Wahlen in den entferntern Provinzen kaum früher beendet sein können. Die radikale Partei verlangt, daß selbst Tagelöhner zur Wahl und Wählbarkeit in den Reichstag berechtigt sein sollen. Der Redakteur des „Radikalen“, Dr. Becher steht mit Tuvora, Messenhauser u. A. an der Spitze der radikalen Bewegung. ‒ Der Magistrat und die Regierung beschäftigen nun schon über 20,000 Individuen bei öffentlichen Arbeiten. ‒ Unsere Straßen gleichen einem bunten wandernden Trödelmarkt der Journalistik. Tagesblätter wie „Vorwärts“, „ G'rad aus“, „Gassen-Zeitung“ „Straßen-Zeitung“, „Wahrheit“ u. s. w. werden von Austrägern mit Fahnen oder tragbaren, buntgeschmückten Bureaux (womit zugleich ein Briefkasten verbunden) ausgeboten, und finden immer zahlreiche Leser. ‒ Zeitgemäße Erleichterung für die Versendung von Zeitungen durch die Post, deren Gebühren sich auf 20 pr. C. von ihrem Pränumerationspreise jährlich beschränken, ist
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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