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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 7. Prag, 1836.

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Panorama des Universums. 55
[Beginn Spaltensatz] die Schiffsladungen unter dem Namen Elbezoll, und
als Weggeld von den Fahrzeugen unter dem Namen
Recognitionsgebühren. Der Elbezoll, welcher ohne
gemeinsame Uebereinkunft nie erhöht werden kann,
darf im Ganzen von Melnik bis Hamburg für
den Centner Bruttogewicht nicht mehr als 27 Grsch.
6 Pfennige betragen, ist aber auch zur Belebung
der innern Jndustrie, der Ausfuhr der Landespro-
dukte und des Verkehrs der ersten Lebensbedürfnisse
bei vielen Artikeln auf den 4. bis 40. Theil herab-
gesetzt. Die Recognitionsgebühren sind durch einen
unabänderlichen Tarif in 4 Klassen getheilt. Nur
die Mauthen, Krahnen = ( Lastheber ) , Weg = und
Niederlagsgebühren dauern als besondere Abgaben,
jedoch mit der Beschränkung fort, daß erstere nur
von den, in ein Landgebiet einzuführenden Waaren,
sobald sie den Fluß verlassen haben, gefordert, die
beiden letzten Gattungen aber nicht ohne gemeinsame
Uebereinkunft erhöht, und von Jn = und Ausländern
auf gleiche Weise nur dann erhoben werden dürfen,
wenn man sich der vorhandenen Anstalten bedient,
oder aber Brücken und Schleusen passirt. Durch
die Nachtragsakte vom 18. September 1824 wurden
neue Ermäßigungen des in der früheren Akte be-
stimmten Elbezolls bei mehreren Artikeln eingegan-
gen, und noch manches den Verkehr Befördernde
veranlaßt. Aus Böhmen wunden 1831 verschifft:
1,010,085 Ctr. 66 Pf. Der Werth dieser Waaren
betrug: 2,742,306 fl. Aus fremden Staaten kamen
in diesem Jahre zu Schiffe nach Böhmen: 68,752
Ctr. Der Werth dieser Waaren betrug 1,326,028
fl. Jm Jnlande zwischen Melnik und der Grenze
wurden 1831 verschifft: 322,495 Ctr., im Werthe
von 1,150,783 fl.



Die Kosaken.

Die Truppen, welche die Aufmerksamkeit eines
neu angekommenen Fremdlings zu St. Peters-
burg
zuerst auf sich ziehen, sind die Kosaken. Jhre
Gestalt, ihr Zuschnitt, ihre Kleidung und ihre Ma-
növer, Alles gewährt einen höchst sonderbaren Anblick.

Die Leute sind kräftig und haben ein martiali-
sches Aussehen. Bei ihren Pferden tritt aber das
Gegentheil ein. Diese sind klein und stätig, und
scheinen schwach und hinfällig; alle Augenblicke sollte
man glauben, daß sie unter ihrem Reiter zusammen-
stürzen. Doch Nichts ist trüglicher als dieser An-
schein: die Kosakenpferde halten die größten Be-
schwerlichkeiten aus. Sie können unglaubliche Märsche
machen, von der Kälte in die Hitze und von den
Ungemächlichkeiten des Tages zu jenen der Nacht
übergehen, ohne daß sie im geringsten dabei zu
leiden scheinen.

Dieses tapfere Militär stammt von einer Bande
unruhiger Flüchtlinge, die einst Astrakan, die Pro-
vinzen des russischen Pohlens, Podolien und Vol-
hynien beunruhigten. Ausgewandert aus ihrem Ge-
burtslande irrten die Kosaken an den Ufern des
Boristhenes umher; sie bemächtigten sich mehrerer
kleinerer Jnseln und lebten von Kaperei und Plün-
derung. Bald wurden sie den Türken am schwarzen
Meere furchtbar, urd ihre Streifereien zur See, so
wie ihre Einfälle zu Lande versetzten die benachbar-
ten Völker in die größte Bestürzung.

Stephan Bathory, König von Pohlen,
suchte dieses kühne Volk für sein Jnteresse zu ge-
winnen, und in Dienst bei seiner Armee zu ziehen.
[Spaltenumbruch] Er räumte den Kosaken Landstriche in der Ukraine
ein und gab ihnen große Privilegien, gestand ihnen
auch das Recht zu, von Oberhäuptern aus ihrem
Stamme beherrscht zu werden; ja er setzte sie in
den Besitz des festen Platzes Tretimirof am [unleserliches Material - 12 Zeichen fehlen]Bo-
risthenes.

Doch seine Nachfolger waren minder klug, sie
wollten diese Verbündeten, die sie für gefährlich hiel-
ten, unterjochen, und blutige Kämpfe gingen daraus
hervor.

Die Kosaken, die von der Ueberzahl bedrängt
wurden und sahen, daß sie es mit geübteren Trup-
pen zu thun hatten, wanderten nach einer unge-
heuern Wüste zwischen dem Don und der Wolga
aus. Andere gelangten an das Gestade des kaspischen
Meeres, bemächtigten sich der Stadt Asow, und
verschanzten sich daselbst. Als die Pohlen sie noch
immer verfolgten, riefen sie die Russen zu Hülfe,
für welche sie nun stets eine treue Anhänglichkeit
bewiesen.

Dem Namen nach unterscheidet man Donische
Kosaken, Kosaken der Ukraine, die Tschernomoviski-
schen Kosaken am schwarzen Meere und die Kosa-
ken vom Ural.

Peter der Große, über diese kostbare Acqui-
sition erfreut, ließ ihnen die Verfassung, für die sie
am meisten Vorliebe haben, und die eine Art mili-
tärischer Demokratie ist.

Jhr Oberhaupt wird Hetmann genannt, und
in einer allgemeinen Versammlung der Vornehmsten
der Stämme gewählt; muß aber vom dem Beherr-
scher Rußlands in seiner Würde bestätiget werden.
Diese Würde ist auf Lebenszeit.

Jede Stadt hat einen Gouverneur, der auch
Hetmann heißt, und dessen Amt ein Jahr lang
dauert.

Als der Czar die Kosaken in seinen Schutz
nahm, befreite er sie von allen Auflagen, unter der
Bedingung jedoch, daß sie jedes Mal, so oft er
ihre Dienste bedürfen würde, sich vollkommen auf
eigene Kosten gekleidet und gerüstet stellen sollen.

Man behauptet, daß durch sie dem Kaiser auf
den ersten Ruf eine Militärmacht von sechzehntau-
send Mann zu Gebote steht.

Hornvieh und Pferde sind ihr ganzer Reich-
thum; ihre Wohnungen sind reinlich. Sie leben von
Fischen, von Fleisch, das auf die einfachste Weise
zugerichtet wird, und von Früchten. Die Männer
sind groß und wohlgebildet, und ihre Körpergestalt
ist von jener ihrer Nachbarn ganz verschieden. Sie
sind abgehärtet für alle Beschwerlichkeiten, tapfer
und thätig. Jhre Sprache ist eine Mischung der
pohlnischen und russischen. Vormahls, unter pohl-
nischem Schutze, waren sie Götzendiener; dermal
aber bekennen sie sich zur christlichen Religion.

Jhre Kleidung ist ganz militärisch und sehr
bequem. Sie haben einen weiten Rock von grobem
blauen Tuche, weite Hosen und Stiefeln. Das
Haupt ist mit einer großen schwarzen Mütze aus
Hammelsellen bedeckt. Diese endet in einen Sack
von rothem Zeuge, der mit einer weißen Tresse be-
setzt ist. Ueber die Nähte der Hosen gehen breite
rothe Streifen, Mütze und Aermel des Rockes sind
mit gleicher Farbe verbrämt. An der Brust geht
nur eine Reihe von Knöpfen herab. Um die Mitte
läuft ein breiter, lederner Gürtel, der die Patronen
enthält, und an dem ein langer Säbel hängt.



[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums. 55
[Beginn Spaltensatz] die Schiffsladungen unter dem Namen Elbezoll, und
als Weggeld von den Fahrzeugen unter dem Namen
Recognitionsgebühren. Der Elbezoll, welcher ohne
gemeinsame Uebereinkunft nie erhöht werden kann,
darf im Ganzen von Melnik bis Hamburg für
den Centner Bruttogewicht nicht mehr als 27 Grsch.
6 Pfennige betragen, ist aber auch zur Belebung
der innern Jndustrie, der Ausfuhr der Landespro-
dukte und des Verkehrs der ersten Lebensbedürfnisse
bei vielen Artikeln auf den 4. bis 40. Theil herab-
gesetzt. Die Recognitionsgebühren sind durch einen
unabänderlichen Tarif in 4 Klassen getheilt. Nur
die Mauthen, Krahnen = ( Lastheber ) , Weg = und
Niederlagsgebühren dauern als besondere Abgaben,
jedoch mit der Beschränkung fort, daß erstere nur
von den, in ein Landgebiet einzuführenden Waaren,
sobald sie den Fluß verlassen haben, gefordert, die
beiden letzten Gattungen aber nicht ohne gemeinsame
Uebereinkunft erhöht, und von Jn = und Ausländern
auf gleiche Weise nur dann erhoben werden dürfen,
wenn man sich der vorhandenen Anstalten bedient,
oder aber Brücken und Schleusen passirt. Durch
die Nachtragsakte vom 18. September 1824 wurden
neue Ermäßigungen des in der früheren Akte be-
stimmten Elbezolls bei mehreren Artikeln eingegan-
gen, und noch manches den Verkehr Befördernde
veranlaßt. Aus Böhmen wunden 1831 verschifft:
1,010,085 Ctr. 66 Pf. Der Werth dieser Waaren
betrug: 2,742,306 fl. Aus fremden Staaten kamen
in diesem Jahre zu Schiffe nach Böhmen: 68,752
Ctr. Der Werth dieser Waaren betrug 1,326,028
fl. Jm Jnlande zwischen Melnik und der Grenze
wurden 1831 verschifft: 322,495 Ctr., im Werthe
von 1,150,783 fl.



Die Kosaken.

Die Truppen, welche die Aufmerksamkeit eines
neu angekommenen Fremdlings zu St. Peters-
burg
zuerst auf sich ziehen, sind die Kosaken. Jhre
Gestalt, ihr Zuschnitt, ihre Kleidung und ihre Ma-
növer, Alles gewährt einen höchst sonderbaren Anblick.

Die Leute sind kräftig und haben ein martiali-
sches Aussehen. Bei ihren Pferden tritt aber das
Gegentheil ein. Diese sind klein und stätig, und
scheinen schwach und hinfällig; alle Augenblicke sollte
man glauben, daß sie unter ihrem Reiter zusammen-
stürzen. Doch Nichts ist trüglicher als dieser An-
schein: die Kosakenpferde halten die größten Be-
schwerlichkeiten aus. Sie können unglaubliche Märsche
machen, von der Kälte in die Hitze und von den
Ungemächlichkeiten des Tages zu jenen der Nacht
übergehen, ohne daß sie im geringsten dabei zu
leiden scheinen.

Dieses tapfere Militär stammt von einer Bande
unruhiger Flüchtlinge, die einst Astrakan, die Pro-
vinzen des russischen Pohlens, Podolien und Vol-
hynien beunruhigten. Ausgewandert aus ihrem Ge-
burtslande irrten die Kosaken an den Ufern des
Boristhenes umher; sie bemächtigten sich mehrerer
kleinerer Jnseln und lebten von Kaperei und Plün-
derung. Bald wurden sie den Türken am schwarzen
Meere furchtbar, urd ihre Streifereien zur See, so
wie ihre Einfälle zu Lande versetzten die benachbar-
ten Völker in die größte Bestürzung.

Stephan Bathory, König von Pohlen,
suchte dieses kühne Volk für sein Jnteresse zu ge-
winnen, und in Dienst bei seiner Armee zu ziehen.
[Spaltenumbruch] Er räumte den Kosaken Landstriche in der Ukraine
ein und gab ihnen große Privilegien, gestand ihnen
auch das Recht zu, von Oberhäuptern aus ihrem
Stamme beherrscht zu werden; ja er setzte sie in
den Besitz des festen Platzes Tretimirof am [unleserliches Material – 12 Zeichen fehlen]Bo-
risthenes.

Doch seine Nachfolger waren minder klug, sie
wollten diese Verbündeten, die sie für gefährlich hiel-
ten, unterjochen, und blutige Kämpfe gingen daraus
hervor.

Die Kosaken, die von der Ueberzahl bedrängt
wurden und sahen, daß sie es mit geübteren Trup-
pen zu thun hatten, wanderten nach einer unge-
heuern Wüste zwischen dem Don und der Wolga
aus. Andere gelangten an das Gestade des kaspischen
Meeres, bemächtigten sich der Stadt Asow, und
verschanzten sich daselbst. Als die Pohlen sie noch
immer verfolgten, riefen sie die Russen zu Hülfe,
für welche sie nun stets eine treue Anhänglichkeit
bewiesen.

Dem Namen nach unterscheidet man Donische
Kosaken, Kosaken der Ukraine, die Tschernomoviski-
schen Kosaken am schwarzen Meere und die Kosa-
ken vom Ural.

Peter der Große, über diese kostbare Acqui-
sition erfreut, ließ ihnen die Verfassung, für die sie
am meisten Vorliebe haben, und die eine Art mili-
tärischer Demokratie ist.

Jhr Oberhaupt wird Hetmann genannt, und
in einer allgemeinen Versammlung der Vornehmsten
der Stämme gewählt; muß aber vom dem Beherr-
scher Rußlands in seiner Würde bestätiget werden.
Diese Würde ist auf Lebenszeit.

Jede Stadt hat einen Gouverneur, der auch
Hetmann heißt, und dessen Amt ein Jahr lang
dauert.

Als der Czar die Kosaken in seinen Schutz
nahm, befreite er sie von allen Auflagen, unter der
Bedingung jedoch, daß sie jedes Mal, so oft er
ihre Dienste bedürfen würde, sich vollkommen auf
eigene Kosten gekleidet und gerüstet stellen sollen.

Man behauptet, daß durch sie dem Kaiser auf
den ersten Ruf eine Militärmacht von sechzehntau-
send Mann zu Gebote steht.

Hornvieh und Pferde sind ihr ganzer Reich-
thum; ihre Wohnungen sind reinlich. Sie leben von
Fischen, von Fleisch, das auf die einfachste Weise
zugerichtet wird, und von Früchten. Die Männer
sind groß und wohlgebildet, und ihre Körpergestalt
ist von jener ihrer Nachbarn ganz verschieden. Sie
sind abgehärtet für alle Beschwerlichkeiten, tapfer
und thätig. Jhre Sprache ist eine Mischung der
pohlnischen und russischen. Vormahls, unter pohl-
nischem Schutze, waren sie Götzendiener; dermal
aber bekennen sie sich zur christlichen Religion.

Jhre Kleidung ist ganz militärisch und sehr
bequem. Sie haben einen weiten Rock von grobem
blauen Tuche, weite Hosen und Stiefeln. Das
Haupt ist mit einer großen schwarzen Mütze aus
Hammelsellen bedeckt. Diese endet in einen Sack
von rothem Zeuge, der mit einer weißen Tresse be-
setzt ist. Ueber die Nähte der Hosen gehen breite
rothe Streifen, Mütze und Aermel des Rockes sind
mit gleicher Farbe verbrämt. An der Brust geht
nur eine Reihe von Knöpfen herab. Um die Mitte
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enthält, und an dem ein langer Säbel hängt.



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Nur die Mauthen, Krahnen = ( Lastheber ) , Weg = und Niederlagsgebühren dauern als besondere Abgaben, jedoch mit der Beschränkung fort, daß erstere nur von den, in ein Landgebiet einzuführenden Waaren, sobald sie den Fluß verlassen haben, gefordert, die beiden letzten Gattungen aber nicht ohne gemeinsame Uebereinkunft erhöht, und von Jn = und Ausländern auf gleiche Weise nur dann erhoben werden dürfen, wenn man sich der vorhandenen Anstalten bedient, oder aber Brücken und Schleusen passirt. Durch die Nachtragsakte vom 18. September 1824 wurden neue Ermäßigungen des in der früheren Akte be- stimmten Elbezolls bei mehreren Artikeln eingegan- gen, und noch manches den Verkehr Befördernde veranlaßt. Aus Böhmen wunden 1831 verschifft: 1,010,085 Ctr. 66 Pf. Der Werth dieser Waaren betrug: 2,742,306 fl. Aus fremden Staaten kamen in diesem Jahre zu Schiffe nach Böhmen: 68,752 Ctr. Der Werth dieser Waaren betrug 1,326,028 fl. Jm Jnlande zwischen Melnik und der Grenze wurden 1831 verschifft: 322,495 Ctr., im Werthe von 1,150,783 fl. Die Kosaken. Die Truppen, welche die Aufmerksamkeit eines neu angekommenen Fremdlings zu St. Peters- burg zuerst auf sich ziehen, sind die Kosaken. Jhre Gestalt, ihr Zuschnitt, ihre Kleidung und ihre Ma- növer, Alles gewährt einen höchst sonderbaren Anblick. Die Leute sind kräftig und haben ein martiali- sches Aussehen. Bei ihren Pferden tritt aber das Gegentheil ein. Diese sind klein und stätig, und scheinen schwach und hinfällig; alle Augenblicke sollte man glauben, daß sie unter ihrem Reiter zusammen- stürzen. Doch Nichts ist trüglicher als dieser An- schein: die Kosakenpferde halten die größten Be- schwerlichkeiten aus. Sie können unglaubliche Märsche machen, von der Kälte in die Hitze und von den Ungemächlichkeiten des Tages zu jenen der Nacht übergehen, ohne daß sie im geringsten dabei zu leiden scheinen. 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Doch seine Nachfolger waren minder klug, sie wollten diese Verbündeten, die sie für gefährlich hiel- ten, unterjochen, und blutige Kämpfe gingen daraus hervor. Die Kosaken, die von der Ueberzahl bedrängt wurden und sahen, daß sie es mit geübteren Trup- pen zu thun hatten, wanderten nach einer unge- heuern Wüste zwischen dem Don und der Wolga aus. Andere gelangten an das Gestade des kaspischen Meeres, bemächtigten sich der Stadt Asow, und verschanzten sich daselbst. Als die Pohlen sie noch immer verfolgten, riefen sie die Russen zu Hülfe, für welche sie nun stets eine treue Anhänglichkeit bewiesen. Dem Namen nach unterscheidet man Donische Kosaken, Kosaken der Ukraine, die Tschernomoviski- schen Kosaken am schwarzen Meere und die Kosa- ken vom Ural. Peter der Große, über diese kostbare Acqui- sition erfreut, ließ ihnen die Verfassung, für die sie am meisten Vorliebe haben, und die eine Art mili- tärischer Demokratie ist. Jhr Oberhaupt wird Hetmann genannt, und in einer allgemeinen Versammlung der Vornehmsten der Stämme gewählt; muß aber vom dem Beherr- scher Rußlands in seiner Würde bestätiget werden. Diese Würde ist auf Lebenszeit. Jede Stadt hat einen Gouverneur, der auch Hetmann heißt, und dessen Amt ein Jahr lang dauert. Als der Czar die Kosaken in seinen Schutz nahm, befreite er sie von allen Auflagen, unter der Bedingung jedoch, daß sie jedes Mal, so oft er ihre Dienste bedürfen würde, sich vollkommen auf eigene Kosten gekleidet und gerüstet stellen sollen. Man behauptet, daß durch sie dem Kaiser auf den ersten Ruf eine Militärmacht von sechzehntau- send Mann zu Gebote steht. Hornvieh und Pferde sind ihr ganzer Reich- thum; ihre Wohnungen sind reinlich. Sie leben von Fischen, von Fleisch, das auf die einfachste Weise zugerichtet wird, und von Früchten. Die Männer sind groß und wohlgebildet, und ihre Körpergestalt ist von jener ihrer Nachbarn ganz verschieden. Sie sind abgehärtet für alle Beschwerlichkeiten, tapfer und thätig. Jhre Sprache ist eine Mischung der pohlnischen und russischen. Vormahls, unter pohl- nischem Schutze, waren sie Götzendiener; dermal aber bekennen sie sich zur christlichen Religion. Jhre Kleidung ist ganz militärisch und sehr bequem. Sie haben einen weiten Rock von grobem blauen Tuche, weite Hosen und Stiefeln. Das Haupt ist mit einer großen schwarzen Mütze aus Hammelsellen bedeckt. Diese endet in einen Sack von rothem Zeuge, der mit einer weißen Tresse be- setzt ist. Ueber die Nähte der Hosen gehen breite rothe Streifen, Mütze und Aermel des Rockes sind mit gleicher Farbe verbrämt. An der Brust geht nur eine Reihe von Knöpfen herab. Um die Mitte läuft ein breiter, lederner Gürtel, der die Patronen enthält, und an dem ein langer Säbel hängt.

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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 7. Prag, 1836, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama07_1836/7>, abgerufen am 13.06.2024.