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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 20. Prag, 1836.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]

Der Kaiser von Marokko, der wohlgebildet ist,
und dessen Bart ihm bis an den Gürtel reicht,
empfing uns im Hofe seines Divans. Er allein war
zu Pferde, seine Garden waren abgestiegen. Jm
raschen Trabe kam er durch ein kleines Thor, hin-
ter welchem er verweilt hatte, auf Hern von Mor-
nay
zugeritten; ihm zur Seite oder dicht hinter ihm
ward ein Sonnenschirm getragen, der ihn vor den
Sonnenstrahlen schützte. Der ihm folgende Parade-
wagen hatte die Form eines Cabriolets, jedoch ganz
im altfränkischen Geschmack, und war nur mit einem
einzigen Maulthiere bespannt.



Technische Fortschritte unserer Zeit.

Ein Blick auf das jetzige Europa, wie 20 Jahre
des Friedens es gestaltet haben, zeigt unermeßliche
Fortschritte in dieser verhältnißmäßig kurzen Zeit;
Fortschritte, von denen man während der frühern
kriegerischen Jahre keine Jdee hatte.

Schon ein oberflächlicher Blick auf die Länder
bietet in jeder Stadt und fast in jedem Dorfe neu-
entstandene Häuser dar, und andere im Bau begrif-
fen. Besonders auffallend ist dieß in Deutschland,
weniger in Frankreich, das durch das Prohibitiv-
system in den Grundlagen seiner Wohlfahrt ange-
griffen ist.

Eben so sieht man überall Ländereien urbar ge-
macht, oder ältere besser benutzt, und eine vermehrte
Zahl von Gewerbtreibenden. Nur wenige Länder
machen hier eine Ausnahme und stehen fast still.
Merkwürdig ist es aber, daß alle Regierungen ge-
genwärtig für technischen Unterricht sorgen, und
überall Gewerbschulen entstehen, so daß es also in
zehn oder zwanzig Jahren an unterrichteten Techni-
kern nicht fehlen wird.

Der Dampf, die Seele der jetzigen Gewerbs-
thätigkeit, verbreitet sich immer weiter. Wenn auch
auf dem festen Lande bis jetzt mehr bei Dampf-
schiffen als in Fabriken benutzt, da fast überall noch
Wasserkräfte wohlfeil zu haben sind, wird er doch
auch zu letzterm Zweck bald mehr Eingang finden.

Die Eisenbahnen, an die man vor zwanzig
Jahren nicht einmal dachte, übertreffen in ihren
Wirkungen alle Erwartungen. Man wird sie in
Kurzem mit der Hälfte der bisherigen Kosten dar-
stellen können.

Die Eisenfabrikation ist so vervollkommnet, daß
die Erzeugungskosten auf die Hälfte herabgebracht
und durch die warmen Gebläse sich noch um 1 / 5 ge-
mindert sehen. Zwar gilt dieß vornämlich nur für
England, aber auch die andern Länder, namentlich
Deutschland und Schweden, müssen in Kurzem bei
diesem Gewerbszweig die neuen Verbesserungen
beachten.

Die baumwollgarnenen Zeuge werden um 40,
60, theilweise selbst um 70 Proz. billiger als frü-
her erzeugt, und ihr Verkauf ist aufs Dreifache
gestiegen. Eben so ist die Färberei, theils durch
das Herabgehen der Preise der Urstoffe, theils durch
neue Farbmateriale und Verfahrungsarten, beträcht-
lich wohlfeiler geworden.

Jn der Flachsspinnerei ist der Preis von einer
Million, welchen Napoleon dafür aussetzte, in
Belgien und England so viel als gewonnen. Bald
wird man Flachsgarn, das eben so vollkommen als
das Baumwollen = Maschinengarn ist, in Handel
[Spaltenumbruch] kommen sehen, und die an Dauer und Schönheit
den Vorzug verdienenden Leinen = Gewebe wieder
den Vorrang vor den Baumwollenzeugen einnehmen
sehen, was überaus günstig auf den vaterländischen
Ackerbau wirken muß.

Die Gasbeleuchtung wird sich in Kurzem, da
man das Gas aus Oel und Harz noch besser, als
das aus Steinkohlen gefunden hat, auch auf dem
festen Lande mehr verbreiten und den armen, an
Nadelwäldern reichen Gegenden, eine neue Ein-
nahmsquelle verschaffen.

Bei der Runkelrübenzucker = Fabrikation sind die
Fabrikationskosten um 9 / 10 gemindert. Sie wird
mit großem Vortheil in Frankreich betrieben, wo
ein hoher Zoll den fremden Zucker vertheuert, und
wenn das neue einfache Verfahren, den Saft durch
Mazeration auszuziehen und mit heißer Luft zu ver-
dunsten, sich bewährt, auch in Deutschland Vortheil
bringen.

Die Benutzung der Kartoffeln, bereits so groß
und doch noch weit zurück, geht einer großen Ent-
wickelung entgegen; die Verwendung des Stärkmehls
derselben unter Mehl, Brod, Bier, zu Syrup, Sago,
Gummi, wird die Ernährung des Volks um ein
Bedeutendes wohlfeiler machen, oder was dasselbe
ist, die Menge Menschen, die von einer bestimmten
Ackerfläche leben können, sehr vermehren.

Die bessere Benutzung des Düngers, durch
welche jeder Landwirth sich eine Goldgrube ganz in
seiner Nähe schaffen kann, findet allmählig Eingang,
sehr viel ist aber in dieser Hinsicht noch zu thun,
und Millionen gehen noch in diesem, von dem ge-
meinen Verstande so wenig geachteten Gegenstande
verloren, der erst seine rechte Entwickelung erhal-
ten wird, wenn in jeder Stadt Düngfabriken errich-
tet sind, wie deren jetzt zu Paris und Lyon be-
stehen. Die geruchlosen nach der Natur der Lände-
reien, für die er bestimmt ist, mit Zusätzen versehe-
nen Düngpulver, welche diese liefern, sind bereits
Gegenstand eines bedeutenden Handels. China, das,
um seine ungeheuere Bevölkerung zu ernähren, nichts
verloren gehen lassen darf, ist uns in dieser Hin-
sicht weit voraus.

Die Mechanik fängt an mehr auf die Baukunst
angewandt zu werden. Man beginnt die Steine
mit Maschinen zu behauen und zu sägen, und so
den Menschen einer anstrengenden und ungesunden
Arbeit zu entheben.

Alle Produkte der Fabriken ohne Ausnahme
sind wohlfeiler als früher, was theils der verbes-
serten Fabrikation, theils den erleichterten Zufuhren
zuzuschreiben ist. Wohl ist auch die Klage allge-
mein, daß bei dem wohlfeilen Preisen wenig gewon-
nen wird, aber theils hebt sich dieß durch den ver-
mehrten und schnellen Umsatz, theils ist eine Zeit
an sich zu preisen, wo man nur wenig Gewinn zu
nehmen braucht, um bestehen zu können.

Der Friede ist der Schöpfer aller dieser Fort-
schritte.



Ein neuer Bergsturz in der Schweiz.

Jn dem Canton Wallis hat sich ein bedeuten-
der Bergsturz ereignet. Am 26. August 1835 Morgens
fiel, durch langen Regen abgelöst, von der nörd-
lichen Seite des Dent du Midi eine ungeheure
Felsmasse auf den Ausgang des Salanfe = Glet-
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]

Der Kaiser von Marokko, der wohlgebildet ist,
und dessen Bart ihm bis an den Gürtel reicht,
empfing uns im Hofe seines Divans. Er allein war
zu Pferde, seine Garden waren abgestiegen. Jm
raschen Trabe kam er durch ein kleines Thor, hin-
ter welchem er verweilt hatte, auf Hern von Mor-
nay
zugeritten; ihm zur Seite oder dicht hinter ihm
ward ein Sonnenschirm getragen, der ihn vor den
Sonnenstrahlen schützte. Der ihm folgende Parade-
wagen hatte die Form eines Cabriolets, jedoch ganz
im altfränkischen Geschmack, und war nur mit einem
einzigen Maulthiere bespannt.



Technische Fortschritte unserer Zeit.

Ein Blick auf das jetzige Europa, wie 20 Jahre
des Friedens es gestaltet haben, zeigt unermeßliche
Fortschritte in dieser verhältnißmäßig kurzen Zeit;
Fortschritte, von denen man während der frühern
kriegerischen Jahre keine Jdee hatte.

Schon ein oberflächlicher Blick auf die Länder
bietet in jeder Stadt und fast in jedem Dorfe neu-
entstandene Häuser dar, und andere im Bau begrif-
fen. Besonders auffallend ist dieß in Deutschland,
weniger in Frankreich, das durch das Prohibitiv-
system in den Grundlagen seiner Wohlfahrt ange-
griffen ist.

Eben so sieht man überall Ländereien urbar ge-
macht, oder ältere besser benutzt, und eine vermehrte
Zahl von Gewerbtreibenden. Nur wenige Länder
machen hier eine Ausnahme und stehen fast still.
Merkwürdig ist es aber, daß alle Regierungen ge-
genwärtig für technischen Unterricht sorgen, und
überall Gewerbschulen entstehen, so daß es also in
zehn oder zwanzig Jahren an unterrichteten Techni-
kern nicht fehlen wird.

Der Dampf, die Seele der jetzigen Gewerbs-
thätigkeit, verbreitet sich immer weiter. Wenn auch
auf dem festen Lande bis jetzt mehr bei Dampf-
schiffen als in Fabriken benutzt, da fast überall noch
Wasserkräfte wohlfeil zu haben sind, wird er doch
auch zu letzterm Zweck bald mehr Eingang finden.

Die Eisenbahnen, an die man vor zwanzig
Jahren nicht einmal dachte, übertreffen in ihren
Wirkungen alle Erwartungen. Man wird sie in
Kurzem mit der Hälfte der bisherigen Kosten dar-
stellen können.

Die Eisenfabrikation ist so vervollkommnet, daß
die Erzeugungskosten auf die Hälfte herabgebracht
und durch die warmen Gebläse sich noch um 1 / 5 ge-
mindert sehen. Zwar gilt dieß vornämlich nur für
England, aber auch die andern Länder, namentlich
Deutschland und Schweden, müssen in Kurzem bei
diesem Gewerbszweig die neuen Verbesserungen
beachten.

Die baumwollgarnenen Zeuge werden um 40,
60, theilweise selbst um 70 Proz. billiger als frü-
her erzeugt, und ihr Verkauf ist aufs Dreifache
gestiegen. Eben so ist die Färberei, theils durch
das Herabgehen der Preise der Urstoffe, theils durch
neue Farbmateriale und Verfahrungsarten, beträcht-
lich wohlfeiler geworden.

Jn der Flachsspinnerei ist der Preis von einer
Million, welchen Napoleon dafür aussetzte, in
Belgien und England so viel als gewonnen. Bald
wird man Flachsgarn, das eben so vollkommen als
das Baumwollen = Maschinengarn ist, in Handel
[Spaltenumbruch] kommen sehen, und die an Dauer und Schönheit
den Vorzug verdienenden Leinen = Gewebe wieder
den Vorrang vor den Baumwollenzeugen einnehmen
sehen, was überaus günstig auf den vaterländischen
Ackerbau wirken muß.

Die Gasbeleuchtung wird sich in Kurzem, da
man das Gas aus Oel und Harz noch besser, als
das aus Steinkohlen gefunden hat, auch auf dem
festen Lande mehr verbreiten und den armen, an
Nadelwäldern reichen Gegenden, eine neue Ein-
nahmsquelle verschaffen.

Bei der Runkelrübenzucker = Fabrikation sind die
Fabrikationskosten um 9 / 10 gemindert. Sie wird
mit großem Vortheil in Frankreich betrieben, wo
ein hoher Zoll den fremden Zucker vertheuert, und
wenn das neue einfache Verfahren, den Saft durch
Mazeration auszuziehen und mit heißer Luft zu ver-
dunsten, sich bewährt, auch in Deutschland Vortheil
bringen.

Die Benutzung der Kartoffeln, bereits so groß
und doch noch weit zurück, geht einer großen Ent-
wickelung entgegen; die Verwendung des Stärkmehls
derselben unter Mehl, Brod, Bier, zu Syrup, Sago,
Gummi, wird die Ernährung des Volks um ein
Bedeutendes wohlfeiler machen, oder was dasselbe
ist, die Menge Menschen, die von einer bestimmten
Ackerfläche leben können, sehr vermehren.

Die bessere Benutzung des Düngers, durch
welche jeder Landwirth sich eine Goldgrube ganz in
seiner Nähe schaffen kann, findet allmählig Eingang,
sehr viel ist aber in dieser Hinsicht noch zu thun,
und Millionen gehen noch in diesem, von dem ge-
meinen Verstande so wenig geachteten Gegenstande
verloren, der erst seine rechte Entwickelung erhal-
ten wird, wenn in jeder Stadt Düngfabriken errich-
tet sind, wie deren jetzt zu Paris und Lyon be-
stehen. Die geruchlosen nach der Natur der Lände-
reien, für die er bestimmt ist, mit Zusätzen versehe-
nen Düngpulver, welche diese liefern, sind bereits
Gegenstand eines bedeutenden Handels. China, das,
um seine ungeheuere Bevölkerung zu ernähren, nichts
verloren gehen lassen darf, ist uns in dieser Hin-
sicht weit voraus.

Die Mechanik fängt an mehr auf die Baukunst
angewandt zu werden. Man beginnt die Steine
mit Maschinen zu behauen und zu sägen, und so
den Menschen einer anstrengenden und ungesunden
Arbeit zu entheben.

Alle Produkte der Fabriken ohne Ausnahme
sind wohlfeiler als früher, was theils der verbes-
serten Fabrikation, theils den erleichterten Zufuhren
zuzuschreiben ist. Wohl ist auch die Klage allge-
mein, daß bei dem wohlfeilen Preisen wenig gewon-
nen wird, aber theils hebt sich dieß durch den ver-
mehrten und schnellen Umsatz, theils ist eine Zeit
an sich zu preisen, wo man nur wenig Gewinn zu
nehmen braucht, um bestehen zu können.

Der Friede ist der Schöpfer aller dieser Fort-
schritte.



Ein neuer Bergsturz in der Schweiz.

Jn dem Canton Wallis hat sich ein bedeuten-
der Bergsturz ereignet. Am 26. August 1835 Morgens
fiel, durch langen Regen abgelöst, von der nörd-
lichen Seite des Dent du Midi eine ungeheure
Felsmasse auf den Ausgang des Salanfé = Glet-
[Ende Spaltensatz]

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[155/0003] Panorama des Universums. Der Kaiser von Marokko, der wohlgebildet ist, und dessen Bart ihm bis an den Gürtel reicht, empfing uns im Hofe seines Divans. Er allein war zu Pferde, seine Garden waren abgestiegen. Jm raschen Trabe kam er durch ein kleines Thor, hin- ter welchem er verweilt hatte, auf Hern von Mor- nay zugeritten; ihm zur Seite oder dicht hinter ihm ward ein Sonnenschirm getragen, der ihn vor den Sonnenstrahlen schützte. Der ihm folgende Parade- wagen hatte die Form eines Cabriolets, jedoch ganz im altfränkischen Geschmack, und war nur mit einem einzigen Maulthiere bespannt. Technische Fortschritte unserer Zeit. Ein Blick auf das jetzige Europa, wie 20 Jahre des Friedens es gestaltet haben, zeigt unermeßliche Fortschritte in dieser verhältnißmäßig kurzen Zeit; Fortschritte, von denen man während der frühern kriegerischen Jahre keine Jdee hatte. 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Wenn auch auf dem festen Lande bis jetzt mehr bei Dampf- schiffen als in Fabriken benutzt, da fast überall noch Wasserkräfte wohlfeil zu haben sind, wird er doch auch zu letzterm Zweck bald mehr Eingang finden. Die Eisenbahnen, an die man vor zwanzig Jahren nicht einmal dachte, übertreffen in ihren Wirkungen alle Erwartungen. Man wird sie in Kurzem mit der Hälfte der bisherigen Kosten dar- stellen können. Die Eisenfabrikation ist so vervollkommnet, daß die Erzeugungskosten auf die Hälfte herabgebracht und durch die warmen Gebläse sich noch um 1 / 5 ge- mindert sehen. Zwar gilt dieß vornämlich nur für England, aber auch die andern Länder, namentlich Deutschland und Schweden, müssen in Kurzem bei diesem Gewerbszweig die neuen Verbesserungen beachten. Die baumwollgarnenen Zeuge werden um 40, 60, theilweise selbst um 70 Proz. billiger als frü- her erzeugt, und ihr Verkauf ist aufs Dreifache gestiegen. Eben so ist die Färberei, theils durch das Herabgehen der Preise der Urstoffe, theils durch neue Farbmateriale und Verfahrungsarten, beträcht- lich wohlfeiler geworden. Jn der Flachsspinnerei ist der Preis von einer Million, welchen Napoleon dafür aussetzte, in Belgien und England so viel als gewonnen. Bald wird man Flachsgarn, das eben so vollkommen als das Baumwollen = Maschinengarn ist, in Handel kommen sehen, und die an Dauer und Schönheit den Vorzug verdienenden Leinen = Gewebe wieder den Vorrang vor den Baumwollenzeugen einnehmen sehen, was überaus günstig auf den vaterländischen Ackerbau wirken muß. Die Gasbeleuchtung wird sich in Kurzem, da man das Gas aus Oel und Harz noch besser, als das aus Steinkohlen gefunden hat, auch auf dem festen Lande mehr verbreiten und den armen, an Nadelwäldern reichen Gegenden, eine neue Ein- nahmsquelle verschaffen. Bei der Runkelrübenzucker = Fabrikation sind die Fabrikationskosten um 9 / 10 gemindert. 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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 20. Prag, 1836, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama20_1836/3>, abgerufen am 14.06.2024.