Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das Pfennig-Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 11. Leipzig, 18. März 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] sogar kleine Citadellen in der Nähe dieser Residenzen er-
richtet haben. Die holländischen Besitzungen auf Java
zerfallen in 17 Provinzen oder Residenzen. Jm We-
sten liegen die Sundaländer Bantam, Batavia, Bui-
tenzorg, Preanger und Tscheribon, von denen Preanger
eingeborene, aber den Holländern tributaire Erbfürsten
hat; den Osten bilden die übrigen Provinzen.

Beide Theile sind durch den an der Grenze von
Tscheribon beginnenden ungeheuren Gebirgswald Dsche-
gehur oder Dayuluhur, der mit Affen, Tigern, Unzen,
wilden Schweinen, Hirschen und Hirschebern angefüllt
ist, voneinander getrennt. Der Westen ist ebener und
für den Anbau geeigneter; er ist dem europäischen Ein-
flusse fast gänzlich unterworfen und durch neue Cultur-
verbesserungen der durchgreifendsten Art ausgezeichnet.
Der Osten ist gebirgig und stark bewaldet und hat wild-
romantische Gegenden, die mit fruchtbaren, anmuthigen,
von den Eingeborenen sorgfältig angebauten Thälern ab-
wechseln.

Die Provinz Bantam ist die westlichste und zieht
sich von der Sundastraße im Norden bis zum indischen
Ocean im Süden. Die ehemalige Hauptstadt gleiches
Namens ist besonders dadurch merkwürdig, daß hier
( 1594 ) die erste holländische Factorei errichtet wurde.
Bantam hat eine ungesunde Lage, einen verschlammten
Hafen, in welchem eine große Menge Krokodile leben.
Ein Fort, Speelwyk genannt, und ein alter Sultans-
palast erzählen dem Reisenden von andern Zeiten. Der
jetzige Hauptort Sirang ( Ceram ) liegt tiefer im Lande
und ist bedeutend gesünder als Bantam, daher er der
gewöhnliche Aufenthalt des Residenten und des Sultans
ist. Die Provinz Bantam hat in dem Hafen Anjer,
welcher auf der umstehenden Abbildung dargestellt ist,
einen Hauptplatz für den Land= und Seehandel, beson-
ders nach China, sowie eine Menge anderer Baien, z. B.
die Pfefferbai, die Welcomebai, längs der Sunda-
straße hin.

Östlich davon liegt die Provinz Batavia, das ehe-
malige Reich Dschakatra, mit der 1610 gegründeten
Hauptstadt Batavia, welches sich bis zu der großen Na-
turumwälzung, die ein großes Erdbeben am Ende des
17. Jahrhunderts herbeiführte, eines sehr gesunden Kli-
mas erfreute und bald zu einer solchen Blüte gelangte,
daß es nur die Perle des Orients genannt wurde. Es
blieb auch nach der traurigen Naturkatastrophe und ist
noch heute die Hauptstadt aller niederländischen Besitzun-
gen in Ostindien, zählt aber nur noch 50--60,000
Einwohner, welche aus 24,000 Javanern, 15,000 Chi-
nesen, 600 Arabern, 3000 Europäern und 14,000
Sklaven bestehen, während früher die Einwohnerzahl
auf 200,000 stieg. Der Grund dieser Verminderung
ist in der Sterblichkeit zu suchen, die seit der genann-
ten Katastrophe in dieser Stadt eintrat und die so groß
war, daß Schiffe, die des Handels oder der Erfrischun-
gen wegen im Hafen von Batavia einliefen, den Ha-
fen oft mit dem Verluste von mehr als der Hälfte ih-
rer Mannschaft verließen. Jn der Zeit von 1730--52
starben bei einer Bevölkerung von 270,000 Seelen weit
über eine Million Menschen, und allein im J. 1751
auf 60,000. Dennoch behielten die Holländer hier ih-
ren Wohnsitz. Vergebens versuchte der General Daendels
das Gouvernement nach Surabaya zu versetzen; die Vor-
liebe der Holländer für Batavia siegte über die Liebe
zum Leben. Doch hatte das Mislingen dieses Plans
das Gute, daß der General nun desto mehr darauf be-
dacht war, für die Gesundheit der Bewohner Batavias
etwas zu thun. Er ließ einen großen Theil der Fe-
stungswerke niederreißen und die amtliche Residenz nach
[Spaltenumbruch] den Höhen von Weltevrede verlegen. Als später die
Engländer mit andern niederländischen Colonien auch
Java eroberten, verödete Batavia immer mehr, da die
Engländer, ihrer Nationalsitte gemäß, das Land auch da
der Stadt vorziehen, wo es nicht Gesundheitsrücksichten
nöthig machen. Nach der Rückgabe der Colonie an die
Niederländer sorgte der neue Gouverneur van der Ca-
pellen zunächst für die Entfernung aller Quellen der un-
gesunden Luft: er ließ die schlammigen Kanäle theils
reinigen, theils verschütten, die Bäume an den Seiten
lichten, die Straßen erweitern und andere Einrichtungen
treffen, welche zur allgemeinen Gesundheit beitragen konn-
ten. Seitdem ist es in Batavia ebenso gesund wie an
irgend einem andern Orte auf Java. Nichtsdestoweni-
ger blieb die Stadt unbewohnt. Nur die Chinesenvor-
stadt ist voll, die übrigen Stadtviertel verfallen immer
mehr, da sich die Europäer nur einige Stunden des
Tages in der Stadt aufzuhalten, die übrige Zeit aber
auf ihren Landhäusern in der Nähe der Stadt zuzubrin-
gen pflegen.

Südlich von Batavia dehnt sich die Provinz Buiten-
zorg bis in die blauen Berge hinein. Der Hauptort
gleiches Namens, mit reizenden Landhäusern umgeben,
liegt 3000 Fuß hoch am Fuße des Vulkans Pange-
rango in der Nähe der uralten Stadt Padschadscharan,
von welcher noch viele merkwürdige Trümmer zu sehen
sind. Unweit dieses reizenden Handelsorts, der durch
einen schiffbaren Kanal mit Batavia verbunden ist, liegt
das Dorf Sampia mit mehr als 10,000 Einwohnern.

Die preanger Regentschaften ziehen sich im Osten
der drei genannten Provinzen von N. nach S. und um-
fassen ein reiches Land mit hohen Vulkanen in der Mitte.
Tschandschur an der Südwestküste ist der Hauptort.

Noch östlicher liegt die Provinz Tscheribon mit der
Handels= und Manufacturstadt gleiches Namens, von
welcher mehre Straßen in die Westprovinzen gehen. Die
Stadt ist durch einen sehr besuchten Hafen, eine große
Moschee, ein Fort, und die Umgegend durch den Vul-
kan Tschermai und viele Alterthümer ausgezeichnet. Öst-
lich an Tscheribon grenzt Tegal, die fruchtbarste Pro-
vinz der Jnsel, daran weiter nach Osten Pakalongan,
ein gebirgiges, reiches, aber an der Küste ungesundes
Land, daran Semarang oder Samarang mit dem Vul-
kan Ungarang und vielen bedeutenden Städten, worun-
ter Samarang als Hauptplatz des Binnenhandels mit
30,000 Einwohnern besonders zu nennen ist.

Jm Süden von Samarang liegt die fruchtbare
Bergprovinz Kedu oder Kadu mit der Hauptstadt Sra-
pag, mit hohen Vulkanen und den zwei Meilen weit
ausgedehnten Tempelruinen von Pranbanam, welche alle
aus sauber bearbeitetem Granit bestehen und viele Bas-
reliefs und Statuen enthalten. Am besten erhalten ist
der Tempel von Boro=Budor. Es ist ein viereckiges,
aus behauenen Steinen aufgeführtes Gebäude von 116
Fuß Höhe und 520 Fuß Weite, das pyramidenförmig
emporsteigt und in einer Kuppel endigt. Das gegen-
wärtige Geschlecht vermag kaum die Paläste seiner Für-
sten aus Backsteinen aufzuführen.

Jm Nordosten von Samarang liegt die Halbinsel
Dschapara mit dem großen Dschaparaberge, der seine
Zweige bis ans Gestade wirft, und im Osten davon
Grabogan und Dschitan mit vielen waldreichen Gebirgen
und Vulkanen, unter denen sich auch ein Schlammvul-
kan befindet.

Von Dschapara nach Osten hin liegt die fruchtbare
Küste Rembang mit der Hauptstadt Rembang, welche
ein Fort und große Schiffswerfte hat, noch weiter nach
Osten Gresik mit dem Delta des Solo; von hier nach
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] sogar kleine Citadellen in der Nähe dieser Residenzen er-
richtet haben. Die holländischen Besitzungen auf Java
zerfallen in 17 Provinzen oder Residenzen. Jm We-
sten liegen die Sundaländer Bantam, Batavia, Bui-
tenzorg, Preanger und Tscheribon, von denen Preanger
eingeborene, aber den Holländern tributaire Erbfürsten
hat; den Osten bilden die übrigen Provinzen.

Beide Theile sind durch den an der Grenze von
Tscheribon beginnenden ungeheuren Gebirgswald Dsche-
gehur oder Dayuluhur, der mit Affen, Tigern, Unzen,
wilden Schweinen, Hirschen und Hirschebern angefüllt
ist, voneinander getrennt. Der Westen ist ebener und
für den Anbau geeigneter; er ist dem europäischen Ein-
flusse fast gänzlich unterworfen und durch neue Cultur-
verbesserungen der durchgreifendsten Art ausgezeichnet.
Der Osten ist gebirgig und stark bewaldet und hat wild-
romantische Gegenden, die mit fruchtbaren, anmuthigen,
von den Eingeborenen sorgfältig angebauten Thälern ab-
wechseln.

Die Provinz Bantam ist die westlichste und zieht
sich von der Sundastraße im Norden bis zum indischen
Ocean im Süden. Die ehemalige Hauptstadt gleiches
Namens ist besonders dadurch merkwürdig, daß hier
( 1594 ) die erste holländische Factorei errichtet wurde.
Bantam hat eine ungesunde Lage, einen verschlammten
Hafen, in welchem eine große Menge Krokodile leben.
Ein Fort, Speelwyk genannt, und ein alter Sultans-
palast erzählen dem Reisenden von andern Zeiten. Der
jetzige Hauptort Sirang ( Ceram ) liegt tiefer im Lande
und ist bedeutend gesünder als Bantam, daher er der
gewöhnliche Aufenthalt des Residenten und des Sultans
ist. Die Provinz Bantam hat in dem Hafen Anjer,
welcher auf der umstehenden Abbildung dargestellt ist,
einen Hauptplatz für den Land= und Seehandel, beson-
ders nach China, sowie eine Menge anderer Baien, z. B.
die Pfefferbai, die Welcomebai, längs der Sunda-
straße hin.

Östlich davon liegt die Provinz Batavia, das ehe-
malige Reich Dschakatra, mit der 1610 gegründeten
Hauptstadt Batavia, welches sich bis zu der großen Na-
turumwälzung, die ein großes Erdbeben am Ende des
17. Jahrhunderts herbeiführte, eines sehr gesunden Kli-
mas erfreute und bald zu einer solchen Blüte gelangte,
daß es nur die Perle des Orients genannt wurde. Es
blieb auch nach der traurigen Naturkatastrophe und ist
noch heute die Hauptstadt aller niederländischen Besitzun-
gen in Ostindien, zählt aber nur noch 50—60,000
Einwohner, welche aus 24,000 Javanern, 15,000 Chi-
nesen, 600 Arabern, 3000 Europäern und 14,000
Sklaven bestehen, während früher die Einwohnerzahl
auf 200,000 stieg. Der Grund dieser Verminderung
ist in der Sterblichkeit zu suchen, die seit der genann-
ten Katastrophe in dieser Stadt eintrat und die so groß
war, daß Schiffe, die des Handels oder der Erfrischun-
gen wegen im Hafen von Batavia einliefen, den Ha-
fen oft mit dem Verluste von mehr als der Hälfte ih-
rer Mannschaft verließen. Jn der Zeit von 1730—52
starben bei einer Bevölkerung von 270,000 Seelen weit
über eine Million Menschen, und allein im J. 1751
auf 60,000. Dennoch behielten die Holländer hier ih-
ren Wohnsitz. Vergebens versuchte der General Daendels
das Gouvernement nach Surabaya zu versetzen; die Vor-
liebe der Holländer für Batavia siegte über die Liebe
zum Leben. Doch hatte das Mislingen dieses Plans
das Gute, daß der General nun desto mehr darauf be-
dacht war, für die Gesundheit der Bewohner Batavias
etwas zu thun. Er ließ einen großen Theil der Fe-
stungswerke niederreißen und die amtliche Residenz nach
[Spaltenumbruch] den Höhen von Weltevrede verlegen. Als später die
Engländer mit andern niederländischen Colonien auch
Java eroberten, verödete Batavia immer mehr, da die
Engländer, ihrer Nationalsitte gemäß, das Land auch da
der Stadt vorziehen, wo es nicht Gesundheitsrücksichten
nöthig machen. Nach der Rückgabe der Colonie an die
Niederländer sorgte der neue Gouverneur van der Ca-
pellen zunächst für die Entfernung aller Quellen der un-
gesunden Luft: er ließ die schlammigen Kanäle theils
reinigen, theils verschütten, die Bäume an den Seiten
lichten, die Straßen erweitern und andere Einrichtungen
treffen, welche zur allgemeinen Gesundheit beitragen konn-
ten. Seitdem ist es in Batavia ebenso gesund wie an
irgend einem andern Orte auf Java. Nichtsdestoweni-
ger blieb die Stadt unbewohnt. Nur die Chinesenvor-
stadt ist voll, die übrigen Stadtviertel verfallen immer
mehr, da sich die Europäer nur einige Stunden des
Tages in der Stadt aufzuhalten, die übrige Zeit aber
auf ihren Landhäusern in der Nähe der Stadt zuzubrin-
gen pflegen.

Südlich von Batavia dehnt sich die Provinz Buiten-
zorg bis in die blauen Berge hinein. Der Hauptort
gleiches Namens, mit reizenden Landhäusern umgeben,
liegt 3000 Fuß hoch am Fuße des Vulkans Pange-
rango in der Nähe der uralten Stadt Padschadscharan,
von welcher noch viele merkwürdige Trümmer zu sehen
sind. Unweit dieses reizenden Handelsorts, der durch
einen schiffbaren Kanal mit Batavia verbunden ist, liegt
das Dorf Sampia mit mehr als 10,000 Einwohnern.

Die preanger Regentschaften ziehen sich im Osten
der drei genannten Provinzen von N. nach S. und um-
fassen ein reiches Land mit hohen Vulkanen in der Mitte.
Tschandschur an der Südwestküste ist der Hauptort.

Noch östlicher liegt die Provinz Tscheribon mit der
Handels= und Manufacturstadt gleiches Namens, von
welcher mehre Straßen in die Westprovinzen gehen. Die
Stadt ist durch einen sehr besuchten Hafen, eine große
Moschee, ein Fort, und die Umgegend durch den Vul-
kan Tschermai und viele Alterthümer ausgezeichnet. Öst-
lich an Tscheribon grenzt Tegal, die fruchtbarste Pro-
vinz der Jnsel, daran weiter nach Osten Pakalongan,
ein gebirgiges, reiches, aber an der Küste ungesundes
Land, daran Semarang oder Samarang mit dem Vul-
kan Ungarang und vielen bedeutenden Städten, worun-
ter Samarang als Hauptplatz des Binnenhandels mit
30,000 Einwohnern besonders zu nennen ist.

Jm Süden von Samarang liegt die fruchtbare
Bergprovinz Kedu oder Kadu mit der Hauptstadt Sra-
pag, mit hohen Vulkanen und den zwei Meilen weit
ausgedehnten Tempelruinen von Pranbanam, welche alle
aus sauber bearbeitetem Granit bestehen und viele Bas-
reliefs und Statuen enthalten. Am besten erhalten ist
der Tempel von Boro=Budor. Es ist ein viereckiges,
aus behauenen Steinen aufgeführtes Gebäude von 116
Fuß Höhe und 520 Fuß Weite, das pyramidenförmig
emporsteigt und in einer Kuppel endigt. Das gegen-
wärtige Geschlecht vermag kaum die Paläste seiner Für-
sten aus Backsteinen aufzuführen.

Jm Nordosten von Samarang liegt die Halbinsel
Dschapara mit dem großen Dschaparaberge, der seine
Zweige bis ans Gestade wirft, und im Osten davon
Grabogan und Dschitan mit vielen waldreichen Gebirgen
und Vulkanen, unter denen sich auch ein Schlammvul-
kan befindet.

Von Dschapara nach Osten hin liegt die fruchtbare
Küste Rembang mit der Hauptstadt Rembang, welche
ein Fort und große Schiffswerfte hat, noch weiter nach
Osten Gresik mit dem Delta des Solo; von hier nach
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0002" n="82"/><fw type="pageNum" place="top">82</fw><cb type="start"/>
sogar kleine Citadellen in der Nähe dieser Residenzen er-<lb/>
richtet haben. Die holländischen Besitzungen auf Java<lb/>
zerfallen in 17 Provinzen oder Residenzen. Jm We-<lb/>
sten liegen die Sundaländer Bantam, Batavia, Bui-<lb/>
tenzorg, Preanger und Tscheribon, von denen Preanger<lb/>
eingeborene, aber den Holländern tributaire Erbfürsten<lb/>
hat; den Osten bilden die übrigen Provinzen.</p><lb/>
        <p>Beide Theile sind durch den an der Grenze von<lb/>
Tscheribon beginnenden ungeheuren Gebirgswald Dsche-<lb/>
gehur oder Dayuluhur, der mit Affen, Tigern, Unzen,<lb/>
wilden Schweinen, Hirschen und Hirschebern angefüllt<lb/>
ist, voneinander getrennt. Der Westen ist ebener und<lb/>
für den Anbau geeigneter; er ist dem europäischen Ein-<lb/>
flusse fast gänzlich unterworfen und durch neue Cultur-<lb/>
verbesserungen der durchgreifendsten Art ausgezeichnet.<lb/>
Der Osten ist gebirgig und stark bewaldet und hat wild-<lb/>
romantische Gegenden, die mit fruchtbaren, anmuthigen,<lb/>
von den Eingeborenen sorgfältig angebauten Thälern ab-<lb/>
wechseln.</p><lb/>
        <p>Die Provinz Bantam ist die westlichste und zieht<lb/>
sich von der Sundastraße im Norden bis zum indischen<lb/>
Ocean im Süden. Die ehemalige Hauptstadt gleiches<lb/>
Namens ist besonders dadurch merkwürdig, daß hier<lb/>
( 1594 ) die erste holländische Factorei errichtet wurde.<lb/>
Bantam hat eine ungesunde Lage, einen verschlammten<lb/>
Hafen, in welchem eine große Menge Krokodile leben.<lb/>
Ein Fort, Speelwyk genannt, und ein alter Sultans-<lb/>
palast erzählen dem Reisenden von andern Zeiten. Der<lb/>
jetzige Hauptort Sirang ( Ceram ) liegt tiefer im Lande<lb/>
und ist bedeutend gesünder als Bantam, daher er der<lb/>
gewöhnliche Aufenthalt des Residenten und des Sultans<lb/>
ist. Die Provinz Bantam hat in dem Hafen Anjer,<lb/>
welcher auf der umstehenden Abbildung dargestellt ist,<lb/>
einen Hauptplatz für den Land= und Seehandel, beson-<lb/>
ders nach China, sowie eine Menge anderer Baien, z. B.<lb/>
die Pfefferbai, die Welcomebai, längs der Sunda-<lb/>
straße hin.</p><lb/>
        <p>Östlich davon liegt die Provinz Batavia, das ehe-<lb/>
malige Reich Dschakatra, mit der 1610 gegründeten<lb/>
Hauptstadt Batavia, welches sich bis zu der großen Na-<lb/>
turumwälzung, die ein großes Erdbeben am Ende des<lb/>
17. Jahrhunderts herbeiführte, eines sehr gesunden Kli-<lb/>
mas erfreute und bald zu einer solchen Blüte gelangte,<lb/>
daß es nur die Perle des Orients genannt wurde. Es<lb/>
blieb auch nach der traurigen Naturkatastrophe und ist<lb/>
noch heute die Hauptstadt aller niederländischen Besitzun-<lb/>
gen in Ostindien, zählt aber nur noch 50&#x2014;60,000<lb/>
Einwohner, welche aus 24,000 Javanern, 15,000 Chi-<lb/>
nesen, 600 Arabern, 3000 Europäern und 14,000<lb/>
Sklaven bestehen, während früher die Einwohnerzahl<lb/>
auf 200,000 stieg. Der Grund dieser Verminderung<lb/>
ist in der Sterblichkeit zu suchen, die seit der genann-<lb/>
ten Katastrophe in dieser Stadt eintrat und die so groß<lb/>
war, daß Schiffe, die des Handels oder der Erfrischun-<lb/>
gen wegen im Hafen von Batavia einliefen, den Ha-<lb/>
fen oft mit dem Verluste von mehr als der Hälfte ih-<lb/>
rer Mannschaft verließen. Jn der Zeit von 1730&#x2014;52<lb/>
starben bei einer Bevölkerung von 270,000 Seelen weit<lb/>
über eine Million Menschen, und allein im J. 1751<lb/>
auf 60,000. Dennoch behielten die Holländer hier ih-<lb/>
ren Wohnsitz. Vergebens versuchte der General Daendels<lb/>
das Gouvernement nach Surabaya zu versetzen; die Vor-<lb/>
liebe der Holländer für Batavia siegte über die Liebe<lb/>
zum Leben. Doch hatte das Mislingen dieses Plans<lb/>
das Gute, daß der General nun desto mehr darauf be-<lb/>
dacht war, für die Gesundheit der Bewohner Batavias<lb/>
etwas zu thun. Er ließ einen großen Theil der Fe-<lb/>
stungswerke niederreißen und die amtliche Residenz nach<lb/><cb n="2"/>
den Höhen von Weltevrede verlegen. Als später die<lb/>
Engländer mit andern niederländischen Colonien auch<lb/>
Java eroberten, verödete Batavia immer mehr, da die<lb/>
Engländer, ihrer Nationalsitte gemäß, das Land auch da<lb/>
der Stadt vorziehen, wo es nicht Gesundheitsrücksichten<lb/>
nöthig machen. Nach der Rückgabe der Colonie an die<lb/>
Niederländer sorgte der neue Gouverneur van der Ca-<lb/>
pellen zunächst für die Entfernung aller Quellen der un-<lb/>
gesunden Luft: er ließ die schlammigen Kanäle theils<lb/>
reinigen, theils verschütten, die Bäume an den Seiten<lb/>
lichten, die Straßen erweitern und andere Einrichtungen<lb/>
treffen, welche zur allgemeinen Gesundheit beitragen konn-<lb/>
ten. Seitdem ist es in Batavia ebenso gesund wie an<lb/>
irgend einem andern Orte auf Java. Nichtsdestoweni-<lb/>
ger blieb die Stadt unbewohnt. Nur die Chinesenvor-<lb/>
stadt ist voll, die übrigen Stadtviertel verfallen immer<lb/>
mehr, da sich die Europäer nur einige Stunden des<lb/>
Tages in der Stadt aufzuhalten, die übrige Zeit aber<lb/>
auf ihren Landhäusern in der Nähe der Stadt zuzubrin-<lb/>
gen pflegen.</p><lb/>
        <p>Südlich von Batavia dehnt sich die Provinz Buiten-<lb/>
zorg bis in die blauen Berge hinein. Der Hauptort<lb/>
gleiches Namens, mit reizenden Landhäusern umgeben,<lb/>
liegt 3000 Fuß hoch am Fuße des Vulkans Pange-<lb/>
rango in der Nähe der uralten Stadt Padschadscharan,<lb/>
von welcher noch viele merkwürdige Trümmer zu sehen<lb/>
sind. Unweit dieses reizenden Handelsorts, der durch<lb/>
einen schiffbaren Kanal mit Batavia verbunden ist, liegt<lb/>
das Dorf Sampia mit mehr als 10,000 Einwohnern.</p><lb/>
        <p>Die preanger Regentschaften ziehen sich im Osten<lb/>
der drei genannten Provinzen von N. nach S. und um-<lb/>
fassen ein reiches Land mit hohen Vulkanen in der Mitte.<lb/>
Tschandschur an der Südwestküste ist der Hauptort.</p><lb/>
        <p>Noch östlicher liegt die Provinz Tscheribon mit der<lb/>
Handels= und Manufacturstadt gleiches Namens, von<lb/>
welcher mehre Straßen in die Westprovinzen gehen. Die<lb/>
Stadt ist durch einen sehr besuchten Hafen, eine große<lb/>
Moschee, ein Fort, und die Umgegend durch den Vul-<lb/>
kan Tschermai und viele Alterthümer ausgezeichnet. Öst-<lb/>
lich an Tscheribon grenzt Tegal, die fruchtbarste Pro-<lb/>
vinz der Jnsel, daran weiter nach Osten Pakalongan,<lb/>
ein gebirgiges, reiches, aber an der Küste ungesundes<lb/>
Land, daran Semarang oder Samarang mit dem Vul-<lb/>
kan Ungarang und vielen bedeutenden Städten, worun-<lb/>
ter Samarang als Hauptplatz des Binnenhandels mit<lb/>
30,000 Einwohnern besonders zu nennen ist.</p><lb/>
        <p>Jm Süden von Samarang liegt die fruchtbare<lb/>
Bergprovinz Kedu oder Kadu mit der Hauptstadt Sra-<lb/>
pag, mit hohen Vulkanen und den zwei Meilen weit<lb/>
ausgedehnten Tempelruinen von Pranbanam, welche alle<lb/>
aus sauber bearbeitetem Granit bestehen und viele Bas-<lb/>
reliefs und Statuen enthalten. Am besten erhalten ist<lb/>
der Tempel von Boro=Budor. Es ist ein viereckiges,<lb/>
aus behauenen Steinen aufgeführtes Gebäude von 116<lb/>
Fuß Höhe und 520 Fuß Weite, das pyramidenförmig<lb/>
emporsteigt und in einer Kuppel endigt. Das gegen-<lb/>
wärtige Geschlecht vermag kaum die Paläste seiner Für-<lb/>
sten aus Backsteinen aufzuführen.</p><lb/>
        <p>Jm Nordosten von Samarang liegt die Halbinsel<lb/>
Dschapara mit dem großen Dschaparaberge, der seine<lb/>
Zweige bis ans Gestade wirft, und im Osten davon<lb/>
Grabogan und Dschitan mit vielen waldreichen Gebirgen<lb/>
und Vulkanen, unter denen sich auch ein Schlammvul-<lb/>
kan befindet.</p><lb/>
        <p>Von Dschapara nach Osten hin liegt die fruchtbare<lb/>
Küste Rembang mit der Hauptstadt Rembang, welche<lb/>
ein Fort und große Schiffswerfte hat, noch weiter nach<lb/>
Osten Gresik mit dem Delta des Solo; von hier nach<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0002] 82 sogar kleine Citadellen in der Nähe dieser Residenzen er- richtet haben. Die holländischen Besitzungen auf Java zerfallen in 17 Provinzen oder Residenzen. Jm We- sten liegen die Sundaländer Bantam, Batavia, Bui- tenzorg, Preanger und Tscheribon, von denen Preanger eingeborene, aber den Holländern tributaire Erbfürsten hat; den Osten bilden die übrigen Provinzen. Beide Theile sind durch den an der Grenze von Tscheribon beginnenden ungeheuren Gebirgswald Dsche- gehur oder Dayuluhur, der mit Affen, Tigern, Unzen, wilden Schweinen, Hirschen und Hirschebern angefüllt ist, voneinander getrennt. Der Westen ist ebener und für den Anbau geeigneter; er ist dem europäischen Ein- flusse fast gänzlich unterworfen und durch neue Cultur- verbesserungen der durchgreifendsten Art ausgezeichnet. Der Osten ist gebirgig und stark bewaldet und hat wild- romantische Gegenden, die mit fruchtbaren, anmuthigen, von den Eingeborenen sorgfältig angebauten Thälern ab- wechseln. Die Provinz Bantam ist die westlichste und zieht sich von der Sundastraße im Norden bis zum indischen Ocean im Süden. Die ehemalige Hauptstadt gleiches Namens ist besonders dadurch merkwürdig, daß hier ( 1594 ) die erste holländische Factorei errichtet wurde. Bantam hat eine ungesunde Lage, einen verschlammten Hafen, in welchem eine große Menge Krokodile leben. Ein Fort, Speelwyk genannt, und ein alter Sultans- palast erzählen dem Reisenden von andern Zeiten. Der jetzige Hauptort Sirang ( Ceram ) liegt tiefer im Lande und ist bedeutend gesünder als Bantam, daher er der gewöhnliche Aufenthalt des Residenten und des Sultans ist. Die Provinz Bantam hat in dem Hafen Anjer, welcher auf der umstehenden Abbildung dargestellt ist, einen Hauptplatz für den Land= und Seehandel, beson- ders nach China, sowie eine Menge anderer Baien, z. B. die Pfefferbai, die Welcomebai, längs der Sunda- straße hin. Östlich davon liegt die Provinz Batavia, das ehe- malige Reich Dschakatra, mit der 1610 gegründeten Hauptstadt Batavia, welches sich bis zu der großen Na- turumwälzung, die ein großes Erdbeben am Ende des 17. Jahrhunderts herbeiführte, eines sehr gesunden Kli- mas erfreute und bald zu einer solchen Blüte gelangte, daß es nur die Perle des Orients genannt wurde. Es blieb auch nach der traurigen Naturkatastrophe und ist noch heute die Hauptstadt aller niederländischen Besitzun- gen in Ostindien, zählt aber nur noch 50—60,000 Einwohner, welche aus 24,000 Javanern, 15,000 Chi- nesen, 600 Arabern, 3000 Europäern und 14,000 Sklaven bestehen, während früher die Einwohnerzahl auf 200,000 stieg. Der Grund dieser Verminderung ist in der Sterblichkeit zu suchen, die seit der genann- ten Katastrophe in dieser Stadt eintrat und die so groß war, daß Schiffe, die des Handels oder der Erfrischun- gen wegen im Hafen von Batavia einliefen, den Ha- fen oft mit dem Verluste von mehr als der Hälfte ih- rer Mannschaft verließen. Jn der Zeit von 1730—52 starben bei einer Bevölkerung von 270,000 Seelen weit über eine Million Menschen, und allein im J. 1751 auf 60,000. Dennoch behielten die Holländer hier ih- ren Wohnsitz. Vergebens versuchte der General Daendels das Gouvernement nach Surabaya zu versetzen; die Vor- liebe der Holländer für Batavia siegte über die Liebe zum Leben. Doch hatte das Mislingen dieses Plans das Gute, daß der General nun desto mehr darauf be- dacht war, für die Gesundheit der Bewohner Batavias etwas zu thun. Er ließ einen großen Theil der Fe- stungswerke niederreißen und die amtliche Residenz nach den Höhen von Weltevrede verlegen. Als später die Engländer mit andern niederländischen Colonien auch Java eroberten, verödete Batavia immer mehr, da die Engländer, ihrer Nationalsitte gemäß, das Land auch da der Stadt vorziehen, wo es nicht Gesundheitsrücksichten nöthig machen. Nach der Rückgabe der Colonie an die Niederländer sorgte der neue Gouverneur van der Ca- pellen zunächst für die Entfernung aller Quellen der un- gesunden Luft: er ließ die schlammigen Kanäle theils reinigen, theils verschütten, die Bäume an den Seiten lichten, die Straßen erweitern und andere Einrichtungen treffen, welche zur allgemeinen Gesundheit beitragen konn- ten. Seitdem ist es in Batavia ebenso gesund wie an irgend einem andern Orte auf Java. Nichtsdestoweni- ger blieb die Stadt unbewohnt. Nur die Chinesenvor- stadt ist voll, die übrigen Stadtviertel verfallen immer mehr, da sich die Europäer nur einige Stunden des Tages in der Stadt aufzuhalten, die übrige Zeit aber auf ihren Landhäusern in der Nähe der Stadt zuzubrin- gen pflegen. Südlich von Batavia dehnt sich die Provinz Buiten- zorg bis in die blauen Berge hinein. Der Hauptort gleiches Namens, mit reizenden Landhäusern umgeben, liegt 3000 Fuß hoch am Fuße des Vulkans Pange- rango in der Nähe der uralten Stadt Padschadscharan, von welcher noch viele merkwürdige Trümmer zu sehen sind. Unweit dieses reizenden Handelsorts, der durch einen schiffbaren Kanal mit Batavia verbunden ist, liegt das Dorf Sampia mit mehr als 10,000 Einwohnern. Die preanger Regentschaften ziehen sich im Osten der drei genannten Provinzen von N. nach S. und um- fassen ein reiches Land mit hohen Vulkanen in der Mitte. Tschandschur an der Südwestküste ist der Hauptort. Noch östlicher liegt die Provinz Tscheribon mit der Handels= und Manufacturstadt gleiches Namens, von welcher mehre Straßen in die Westprovinzen gehen. Die Stadt ist durch einen sehr besuchten Hafen, eine große Moschee, ein Fort, und die Umgegend durch den Vul- kan Tschermai und viele Alterthümer ausgezeichnet. Öst- lich an Tscheribon grenzt Tegal, die fruchtbarste Pro- vinz der Jnsel, daran weiter nach Osten Pakalongan, ein gebirgiges, reiches, aber an der Küste ungesundes Land, daran Semarang oder Samarang mit dem Vul- kan Ungarang und vielen bedeutenden Städten, worun- ter Samarang als Hauptplatz des Binnenhandels mit 30,000 Einwohnern besonders zu nennen ist. Jm Süden von Samarang liegt die fruchtbare Bergprovinz Kedu oder Kadu mit der Hauptstadt Sra- pag, mit hohen Vulkanen und den zwei Meilen weit ausgedehnten Tempelruinen von Pranbanam, welche alle aus sauber bearbeitetem Granit bestehen und viele Bas- reliefs und Statuen enthalten. Am besten erhalten ist der Tempel von Boro=Budor. Es ist ein viereckiges, aus behauenen Steinen aufgeführtes Gebäude von 116 Fuß Höhe und 520 Fuß Weite, das pyramidenförmig emporsteigt und in einer Kuppel endigt. Das gegen- wärtige Geschlecht vermag kaum die Paläste seiner Für- sten aus Backsteinen aufzuführen. Jm Nordosten von Samarang liegt die Halbinsel Dschapara mit dem großen Dschaparaberge, der seine Zweige bis ans Gestade wirft, und im Osten davon Grabogan und Dschitan mit vielen waldreichen Gebirgen und Vulkanen, unter denen sich auch ein Schlammvul- kan befindet. Von Dschapara nach Osten hin liegt die fruchtbare Küste Rembang mit der Hauptstadt Rembang, welche ein Fort und große Schiffswerfte hat, noch weiter nach Osten Gresik mit dem Delta des Solo; von hier nach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig011_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig011_1843/2
Zitationshilfe: Das Pfennig-Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 11. Leipzig, 18. März 1843, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig011_1843/2>, abgerufen am 13.06.2024.