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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 13. Leipzig (Sachsen), 1. April 1843

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[Beginn Spaltensatz] den. Die Betrüger fodern nun von den Assecuranz-
kammern den Ersatz einer Ladung, die gar nicht exi-
stirte. Die Eigenthümer der Waaren leiden in der Re-
gel nichts, denn sie haben ihre Prämie bezahlt und
müssen Ersatz erhalten; aller Schaden fällt also auf die
Versicherungsanstalten, welche nur dann Entschädigung
hoffen dürfen, wenn der Capitain beim Verkauf der
Waaren ertappt wird, und auch dann können sie ihr
Recht nicht geltend machen, da man von Unterthanen
fremder Staaten keine Rechenschaft über deren Handels-
operationen verlangen kann.



Aus der Chronik des Monats Februar.

Am 1. Februar erfuhren die Bewohner von Luxemburg
ein schändliches Verbrechen, das sich unnatürliche Kinder
gegen ihren alten Vater hatten zu Schulden kommen
lassen. Zu Dalheim im Canton Remich entdeckte man
einen seit 15 Monaten in einem kellerartigen dunkeln
Verschlage von 6 Fuß im Gevierte eingesperrten Mann,
auf Stroh liegend, blos mit einem Hemde und einer
Jacke bedeckt und mit Ketten an den Boden befestigt.
Der Greis war wahnsinnig und von seinen eigenen
Töchtern so barbarisch behandelt worden.

Am 2. Abends 11 Uhr fand man in einer Vor-
stadt von Baden=Baden den Wagnermeister Rheinbold,
in der Nähe seines Hauses, durch 14 theils Stich=,
theils Schlagwunden verletzt, entseelt in seinem Blute
liegen. Der Verdacht der schrecklichen That fiel auf des-
sen 20jährigen Sohn, welcher daher eingezogen und ver-
hört wurde. Er gestand unter Thränen der Reue sein
Verbrechen sogleich ein. Rheinbold, ein roher, sitten-
loser, händelsüchtiger und dem Trunke ergebener Mann,
der durch seine verschwenderische Lebensweise die Familie
zu Grunde richtete und obendrein täglich mishandelte,
hatte an dem Tage, wo er Nachts todt gefunden wurde,
durch die Mishandlungen seiner Frau und Kinder der-
maßen den Unwillen seines Sohnes erregt, daß dieser be-
schloß, ihm Abends, wenn er von seinen Schwelgereien
zurückkehren würde, aufzupassen, um ihn für die em-
pfangenen Mishandlungen durchzuprügeln. Er that es,
als es aber zu Thätlichkeiten gekommen war, stach der
Vater nach dem Sohne, worauf dieser ebenfalls das
Messer ergriff und den Vater so übel zurichtete.

Am 3. zwischen 3 und 4 Uhr Nachmittags löste sich
an der Südwestseite des Donatibergs bei Rohitsch in
Steiermark in einer Höhe von mehr als 100 Klaftern
eine Felsmasse los, welche in 50--60 Klumpen, in eine
Staubwolke gehüllt, mit schrecklichem Getöse herabstürzte.
Die zerschmetternde Kraft des Sturzes bezeugen die zer-
splitterten Bäume und die Erdvertiefungen, in welche die
empörten Riesen ihre Fersen stemmten. Ein sechsjähri-
ges Kind entging dabei wie durch ein Wunder dem
Tode. Der dasselbe verfolgende Felsblock liegt am Fahr-
wege, dem Wanderer laut verkündend, wie die Vorse-
hung das Leben eines unschuldigen Kindes gerettet hat.

Am 7. feierte der König von Schweden das 25jäh-
rige Jubiläum seiner Regierung. Er wohnte nebst tau-
send der angesehensten Personen der Hauptstadt einem
von der Bürgerschaft ihm zu Ehren veranstalteten Balle
und Souper bei.

Am 7. bemerkte in der Robin=Hood=Bai die Küsten-
wache eine Brigg, die auf eine Sandbank gestoßen war
und deren Mannschaft sich an die Maste gebunden hatte,
um nicht von den Wellen fortgespült zu werden. Der
Lieutenant der Wache fuhr mit fünf seiner Leute auf
[Spaltenumbruch] einem Rettungsboote nach dem Schiffe und nahm die
Mannschaft auf, aber auf dem Rückwege schlug das
Boot um und Alles, was darin war, wurde die Beute
des Meers.

Jn der Nacht vom 7. auf den 8. scheiterte das Pa-
ketschiff der Phoceen an den Klippen unweit Marseille,
weil ein starker Schneefall die Küsten unkenntlich gemacht
hatte. Jn der ganzen Provence, wo bereits alle Man-
delbäume in der Blüte standen, war der Boden zwei
Fuß hoch mit Schnee bedeckt.

Am 10. begab sich der Präsident des münchner Anti-
Thierquäler=Vereins im Gefolge verschiedener Policei-
und Magistratsbeamten und vieler Zuschauer auf den
Viehmarkt, wo zum ersten Male ein Transport unge-
bundener Kälber angekommen war. Jedermann über-
zeugte sich, daß die ungebundenen Kälber auffallend frisch
und gesund aussahen, während die gebundenen zitternd
und elend auf dem Boden lagen und mit ihren von
Stricken und Riemen zusammengeschnürten Füßen einen
sehr betrübenden Anblick gewährten.

An demselben Tage wurde auf dem Territorium des
Ritterguts Naucke im Kreise Öls beim Planiren eines
Gartens ein irdener Topf mit 2000 Stück silbernen
Münzen aus den ersten Zeiten des dreißigjährigen Kriegs
ausgegraben.

Am 12. ging eine Barke mit 30 Menschen auf dem
Wege von Puzzuoli nach Jschia spurlos unter.

Am 14. Abends brach in Troppau während eines
Maskenballs in der Nähe des Ballgebäudes ein gefahr-
drohendes Feuer aus. Unter den Hülfeleistenden bemerkte
man Harlekins und Fra Diavolos, Spanier und Tür-
ken, Pierrots und Eremiten in buntem Gewirr.

Am 16. fand in Algier die erste Execution mit der
Guillotine statt. Bisher hatte man sich in ganz Algerien
des Yatagans bedient.

Am 17. feierte man zu Freiberg in Sachsen
den Tag, an welchem vor 200 Jahren diese Stadt
von der mehr als siebenwöchentlichen Belagerung durch
die schwedischen Truppen unter Torstenson entsetzt wurde.

An demselben Tage zählte der Cassirer der Verwech-
selungskasse an der Nationalbank in Wien einer Person
aus Versehen statt 19 Stück Banknoten zu 100 Fl.
ebenso viele zu 1000 Fl. aus. Die Person, welcher auf
diese Weise 17,100 Fl. zu viel gegeben wurde, ist noch
nicht ausgemittelt.

Am 18. Abends in der zehnten Stunde wurde in
der Umgebung von Leipzig ein Erdstoß und in der dar-
auf folgenden Nacht um 3 Uhr ein zweiter gespürt.
Beide Stöße waren von einem Getöse begleitet, als
wenn ein Wagen über eine hölzerne Brücke fährt, und
beide geschahen bei ganz klarem Himmel.

An demselben Tage Mittags wurde in Paris die
Kaiserkrone, der Hut, der Degen von Austerlitz und der
als Leichentuch dienende Mantel, die zeither auf dem in
der Jnvalidenkirche aufgestellten Sarge Napoleon's lagen,
feierlich weggenommen und in eine eigens dazu vorgerich-
tete Kapelle niedergelegt. Der Grund dieser Veränderung
ist der, daß die Arbeiten zum Grabdenkmal Napoleon's
unverzüglich beginnen sollen.

Am 22. drang die Policei in ein geheimes Spiel-
haus in der St.=Jamesstraße zu London, um die Spie-
ler zu verhaften. Der Sohn des Hauseigenthümers
wollte sich über das Dach flüchten, stürzte aber und fiel
60 Fuß hoch in den Hof herab. Er blieb auf der
Stelle todt liegen.

Jn der Nacht vom 26. zum 27. wurde im Dome
zu Aachen ein Diebstahl von großer Bedeutung began-
gen. Es wurden zwei goldene Kronen, reich mit Per-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] den. Die Betrüger fodern nun von den Assecuranz-
kammern den Ersatz einer Ladung, die gar nicht exi-
stirte. Die Eigenthümer der Waaren leiden in der Re-
gel nichts, denn sie haben ihre Prämie bezahlt und
müssen Ersatz erhalten; aller Schaden fällt also auf die
Versicherungsanstalten, welche nur dann Entschädigung
hoffen dürfen, wenn der Capitain beim Verkauf der
Waaren ertappt wird, und auch dann können sie ihr
Recht nicht geltend machen, da man von Unterthanen
fremder Staaten keine Rechenschaft über deren Handels-
operationen verlangen kann.



Aus der Chronik des Monats Februar.

Am 1. Februar erfuhren die Bewohner von Luxemburg
ein schändliches Verbrechen, das sich unnatürliche Kinder
gegen ihren alten Vater hatten zu Schulden kommen
lassen. Zu Dalheim im Canton Remich entdeckte man
einen seit 15 Monaten in einem kellerartigen dunkeln
Verschlage von 6 Fuß im Gevierte eingesperrten Mann,
auf Stroh liegend, blos mit einem Hemde und einer
Jacke bedeckt und mit Ketten an den Boden befestigt.
Der Greis war wahnsinnig und von seinen eigenen
Töchtern so barbarisch behandelt worden.

Am 2. Abends 11 Uhr fand man in einer Vor-
stadt von Baden=Baden den Wagnermeister Rheinbold,
in der Nähe seines Hauses, durch 14 theils Stich=,
theils Schlagwunden verletzt, entseelt in seinem Blute
liegen. Der Verdacht der schrecklichen That fiel auf des-
sen 20jährigen Sohn, welcher daher eingezogen und ver-
hört wurde. Er gestand unter Thränen der Reue sein
Verbrechen sogleich ein. Rheinbold, ein roher, sitten-
loser, händelsüchtiger und dem Trunke ergebener Mann,
der durch seine verschwenderische Lebensweise die Familie
zu Grunde richtete und obendrein täglich mishandelte,
hatte an dem Tage, wo er Nachts todt gefunden wurde,
durch die Mishandlungen seiner Frau und Kinder der-
maßen den Unwillen seines Sohnes erregt, daß dieser be-
schloß, ihm Abends, wenn er von seinen Schwelgereien
zurückkehren würde, aufzupassen, um ihn für die em-
pfangenen Mishandlungen durchzuprügeln. Er that es,
als es aber zu Thätlichkeiten gekommen war, stach der
Vater nach dem Sohne, worauf dieser ebenfalls das
Messer ergriff und den Vater so übel zurichtete.

Am 3. zwischen 3 und 4 Uhr Nachmittags löste sich
an der Südwestseite des Donatibergs bei Rohitsch in
Steiermark in einer Höhe von mehr als 100 Klaftern
eine Felsmasse los, welche in 50—60 Klumpen, in eine
Staubwolke gehüllt, mit schrecklichem Getöse herabstürzte.
Die zerschmetternde Kraft des Sturzes bezeugen die zer-
splitterten Bäume und die Erdvertiefungen, in welche die
empörten Riesen ihre Fersen stemmten. Ein sechsjähri-
ges Kind entging dabei wie durch ein Wunder dem
Tode. Der dasselbe verfolgende Felsblock liegt am Fahr-
wege, dem Wanderer laut verkündend, wie die Vorse-
hung das Leben eines unschuldigen Kindes gerettet hat.

Am 7. feierte der König von Schweden das 25jäh-
rige Jubiläum seiner Regierung. Er wohnte nebst tau-
send der angesehensten Personen der Hauptstadt einem
von der Bürgerschaft ihm zu Ehren veranstalteten Balle
und Souper bei.

Am 7. bemerkte in der Robin=Hood=Bai die Küsten-
wache eine Brigg, die auf eine Sandbank gestoßen war
und deren Mannschaft sich an die Maste gebunden hatte,
um nicht von den Wellen fortgespült zu werden. Der
Lieutenant der Wache fuhr mit fünf seiner Leute auf
[Spaltenumbruch] einem Rettungsboote nach dem Schiffe und nahm die
Mannschaft auf, aber auf dem Rückwege schlug das
Boot um und Alles, was darin war, wurde die Beute
des Meers.

Jn der Nacht vom 7. auf den 8. scheiterte das Pa-
ketschiff der Phocéen an den Klippen unweit Marseille,
weil ein starker Schneefall die Küsten unkenntlich gemacht
hatte. Jn der ganzen Provence, wo bereits alle Man-
delbäume in der Blüte standen, war der Boden zwei
Fuß hoch mit Schnee bedeckt.

Am 10. begab sich der Präsident des münchner Anti-
Thierquäler=Vereins im Gefolge verschiedener Policei-
und Magistratsbeamten und vieler Zuschauer auf den
Viehmarkt, wo zum ersten Male ein Transport unge-
bundener Kälber angekommen war. Jedermann über-
zeugte sich, daß die ungebundenen Kälber auffallend frisch
und gesund aussahen, während die gebundenen zitternd
und elend auf dem Boden lagen und mit ihren von
Stricken und Riemen zusammengeschnürten Füßen einen
sehr betrübenden Anblick gewährten.

An demselben Tage wurde auf dem Territorium des
Ritterguts Naucke im Kreise Öls beim Planiren eines
Gartens ein irdener Topf mit 2000 Stück silbernen
Münzen aus den ersten Zeiten des dreißigjährigen Kriegs
ausgegraben.

Am 12. ging eine Barke mit 30 Menschen auf dem
Wege von Puzzuoli nach Jschia spurlos unter.

Am 14. Abends brach in Troppau während eines
Maskenballs in der Nähe des Ballgebäudes ein gefahr-
drohendes Feuer aus. Unter den Hülfeleistenden bemerkte
man Harlekins und Fra Diavolos, Spanier und Tür-
ken, Pierrots und Eremiten in buntem Gewirr.

Am 16. fand in Algier die erste Execution mit der
Guillotine statt. Bisher hatte man sich in ganz Algerien
des Yatagans bedient.

Am 17. feierte man zu Freiberg in Sachsen
den Tag, an welchem vor 200 Jahren diese Stadt
von der mehr als siebenwöchentlichen Belagerung durch
die schwedischen Truppen unter Torstenson entsetzt wurde.

An demselben Tage zählte der Cassirer der Verwech-
selungskasse an der Nationalbank in Wien einer Person
aus Versehen statt 19 Stück Banknoten zu 100 Fl.
ebenso viele zu 1000 Fl. aus. Die Person, welcher auf
diese Weise 17,100 Fl. zu viel gegeben wurde, ist noch
nicht ausgemittelt.

Am 18. Abends in der zehnten Stunde wurde in
der Umgebung von Leipzig ein Erdstoß und in der dar-
auf folgenden Nacht um 3 Uhr ein zweiter gespürt.
Beide Stöße waren von einem Getöse begleitet, als
wenn ein Wagen über eine hölzerne Brücke fährt, und
beide geschahen bei ganz klarem Himmel.

An demselben Tage Mittags wurde in Paris die
Kaiserkrone, der Hut, der Degen von Austerlitz und der
als Leichentuch dienende Mantel, die zeither auf dem in
der Jnvalidenkirche aufgestellten Sarge Napoleon's lagen,
feierlich weggenommen und in eine eigens dazu vorgerich-
tete Kapelle niedergelegt. Der Grund dieser Veränderung
ist der, daß die Arbeiten zum Grabdenkmal Napoleon's
unverzüglich beginnen sollen.

Am 22. drang die Policei in ein geheimes Spiel-
haus in der St.=Jamesstraße zu London, um die Spie-
ler zu verhaften. Der Sohn des Hauseigenthümers
wollte sich über das Dach flüchten, stürzte aber und fiel
60 Fuß hoch in den Hof herab. Er blieb auf der
Stelle todt liegen.

Jn der Nacht vom 26. zum 27. wurde im Dome
zu Aachen ein Diebstahl von großer Bedeutung began-
gen. Es wurden zwei goldene Kronen, reich mit Per-
[Ende Spaltensatz]

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Die zerschmetternde Kraft des Sturzes bezeugen die zer- splitterten Bäume und die Erdvertiefungen, in welche die empörten Riesen ihre Fersen stemmten. Ein sechsjähri- ges Kind entging dabei wie durch ein Wunder dem Tode. Der dasselbe verfolgende Felsblock liegt am Fahr- wege, dem Wanderer laut verkündend, wie die Vorse- hung das Leben eines unschuldigen Kindes gerettet hat. Am 7. feierte der König von Schweden das 25jäh- rige Jubiläum seiner Regierung. Er wohnte nebst tau- send der angesehensten Personen der Hauptstadt einem von der Bürgerschaft ihm zu Ehren veranstalteten Balle und Souper bei. Am 7. bemerkte in der Robin=Hood=Bai die Küsten- wache eine Brigg, die auf eine Sandbank gestoßen war und deren Mannschaft sich an die Maste gebunden hatte, um nicht von den Wellen fortgespült zu werden. Der Lieutenant der Wache fuhr mit fünf seiner Leute auf einem Rettungsboote nach dem Schiffe und nahm die Mannschaft auf, aber auf dem Rückwege schlug das Boot um und Alles, was darin war, wurde die Beute des Meers. Jn der Nacht vom 7. auf den 8. scheiterte das Pa- ketschiff der Phocéen an den Klippen unweit Marseille, weil ein starker Schneefall die Küsten unkenntlich gemacht hatte. Jn der ganzen Provence, wo bereits alle Man- delbäume in der Blüte standen, war der Boden zwei Fuß hoch mit Schnee bedeckt. Am 10. begab sich der Präsident des münchner Anti- Thierquäler=Vereins im Gefolge verschiedener Policei- und Magistratsbeamten und vieler Zuschauer auf den Viehmarkt, wo zum ersten Male ein Transport unge- bundener Kälber angekommen war. Jedermann über- zeugte sich, daß die ungebundenen Kälber auffallend frisch und gesund aussahen, während die gebundenen zitternd und elend auf dem Boden lagen und mit ihren von Stricken und Riemen zusammengeschnürten Füßen einen sehr betrübenden Anblick gewährten. An demselben Tage wurde auf dem Territorium des Ritterguts Naucke im Kreise Öls beim Planiren eines Gartens ein irdener Topf mit 2000 Stück silbernen Münzen aus den ersten Zeiten des dreißigjährigen Kriegs ausgegraben. Am 12. ging eine Barke mit 30 Menschen auf dem Wege von Puzzuoli nach Jschia spurlos unter. Am 14. Abends brach in Troppau während eines Maskenballs in der Nähe des Ballgebäudes ein gefahr- drohendes Feuer aus. Unter den Hülfeleistenden bemerkte man Harlekins und Fra Diavolos, Spanier und Tür- ken, Pierrots und Eremiten in buntem Gewirr. Am 16. fand in Algier die erste Execution mit der Guillotine statt. Bisher hatte man sich in ganz Algerien des Yatagans bedient. Am 17. feierte man zu Freiberg in Sachsen den Tag, an welchem vor 200 Jahren diese Stadt von der mehr als siebenwöchentlichen Belagerung durch die schwedischen Truppen unter Torstenson entsetzt wurde. An demselben Tage zählte der Cassirer der Verwech- selungskasse an der Nationalbank in Wien einer Person aus Versehen statt 19 Stück Banknoten zu 100 Fl. ebenso viele zu 1000 Fl. aus. Die Person, welcher auf diese Weise 17,100 Fl. zu viel gegeben wurde, ist noch nicht ausgemittelt. Am 18. Abends in der zehnten Stunde wurde in der Umgebung von Leipzig ein Erdstoß und in der dar- auf folgenden Nacht um 3 Uhr ein zweiter gespürt. Beide Stöße waren von einem Getöse begleitet, als wenn ein Wagen über eine hölzerne Brücke fährt, und beide geschahen bei ganz klarem Himmel. An demselben Tage Mittags wurde in Paris die Kaiserkrone, der Hut, der Degen von Austerlitz und der als Leichentuch dienende Mantel, die zeither auf dem in der Jnvalidenkirche aufgestellten Sarge Napoleon's lagen, feierlich weggenommen und in eine eigens dazu vorgerich- tete Kapelle niedergelegt. Der Grund dieser Veränderung ist der, daß die Arbeiten zum Grabdenkmal Napoleon's unverzüglich beginnen sollen. Am 22. drang die Policei in ein geheimes Spiel- haus in der St.=Jamesstraße zu London, um die Spie- ler zu verhaften. Der Sohn des Hauseigenthümers wollte sich über das Dach flüchten, stürzte aber und fiel 60 Fuß hoch in den Hof herab. Er blieb auf der Stelle todt liegen. Jn der Nacht vom 26. zum 27. wurde im Dome zu Aachen ein Diebstahl von großer Bedeutung began- gen. Es wurden zwei goldene Kronen, reich mit Per-

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 13. Leipzig (Sachsen), 1. April 1843, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig013_1843/7>, abgerufen am 18.06.2024.