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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Dritter Jahrgang, Nr. 111. Leipzig (Sachsen), 16. Februar 1855.

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[Beginn Spaltensatz] wie schon erwähnt nicht zu den edelsten Erzeugnissen,
sondern mehre Weine der andern Ortschaften, als der
Mader, der Kereszturer, Talyaer u. s. w. laufen ihm
den Rang ab.

Wenn auch die Weinlese für die Bewohner der
Weinländer etwas sehr Gewöhnliches und im Allge-
meinen etwas Bekanntes ist, so ist doch die Gewin-
nung des Weins im Tokayer Weingebirge mit einem
eigenthümlichen von allen übrigen Weinländern abwei-
chenden Verfahren begleitet. Wenn die Zeit der Wein-
lese in der Hegyalja herangekommen ist, so strömen
die Menschen aus den nördlichern Gegenden Ungarns
sowie aus dem benachbarten Galizien scharenweise her-
bei, um hier während der Lesezeit Beschäftigung zu
finden, nachdem die Arbeit in den Getreidegegenden
bereits vollendet ist. Letzteres ist schon deshalb der Fall,
weil in Ungarn das Getreide nicht den Herbst und den
Winter hindurch in den Scheunen ausgedroschen, son-
dern auf weit kürzerm Proceß bald nach der Ernte
auf den frei liegenden Tennen durch Pferde ausgetrie-
ben wird, ein Verfahren, wobei allerdings viel Ge-
treide verloren geht, aber wodurch die in jenen Ge-
genden verhältnißmäßig theuern Arbeitskräfte wieder
erspart werden. Wie überall, so ist auch in der
Hegyalja das weibliche Geschlecht sehr zahlreich während
der Weinlese vertreten, und die Leserinnen sind dort
in dem bunten Gemisch der verschiedenen in jener Ge-
gend lebenden Nationalitäten vertreten. Das sonst so
stille Leben in der Hegyalja ist nun um diese Zeit
sehr lebhaft. Alle größern Weinbergbesitzer, welche
das Jahr über in Wien, Pesth oder Presburg woh-
nen, kommen zur Zeit der Lese mit ihren Familien
und mit Gästen in ihre Weinberge, wo sie zum Theil
sehr ansehnliche Schlösser besitzen. Auch viele fremde
Käufer finden sich ein und so entsteht eine Weinlese-
Saison, bei welcher auch Bälle und Spielbanken nicht
fehlen. Auch der gemeine Tagarbeiter, obgleich er nur
Speck, Brot und Wein zu verzehren hat, lebt in die-
ser Zeit vergnügt und wird von seiner Herrschaft selbst
dazu ermuntert, damit er mehr Lust zur Arbeit be-
komme. Gesänge und Tänze sind daher vor und nach
der Arbeit an der Ordnung, und besonders die Zigeu-
ner sind es, welche bei solchen Gelegenheiten die be-
liebtesten Nationalweisen aufspielen, wobei sonst wenig-
stens bei den Magyaren der Rakoczymarsch nie fehlen
durfte. Die Weinlese beginnt in der Hegyalja erst
Ende October und ist eigentlich Anfangs November
allgemein. Es ist dies in Anbetracht anderer Wein-
länder ein sehr später Termin der Weinlese, und doch
lassen viele Besitzer viel später, ja oft bis Mitte De-
cember lesen, wenn dieselben nicht etwa von dem früh
eintretenden Froste gezwungen werden, dies eher zu
thun. Der Grund hiervon ist, um wo möglich viel
Trockenbeeren zu gewinnen. Es ist aber die Trocken-
beere ein Product, welches nur den Tokayertrauben
eigenthümlich ist, und diese Eigenthümlichkeit ist die
Ursache, daß die Bearbeitung der Trauben in der Lese
und die Gewinnung des Tokayer=Weins sich so sehr
von dem in andern Weinländern üblichen Verfahren
unterscheidet. Die Entstehung der Trockenbeeren aber
ist folgende:

Das Klima des Tokayer=Gebirgs ist, wie dies aus
seiner erwähnten nördlichen Lage und noch dazu im
Osten Europas hervorgeht, nur ein gemäßigtes und es
reift deshalb dort der Wein langsamer als im südli-
chern Ungarn und in den meisten andern Weinlän-
dern, der Boden aber ist warm, denn nur äußerst sel-
ten bleibt der Schnee auf den Weinbergen liegen, wäh-
[Spaltenumbruch] rend er in der Ebene häufig zu finden ist; es ist dies
leicht erklärlich, wenn man bedenkt, daß der Boden
vulkanischen Ursprungs ist, in dem sich viel Gerölle
von Bimsstein und Kreide vorfindet. Die Nähe der
kaum 15 Meilen entfernten Karpaten und überhaupt
die hohe Lage der Hegyalja bringt es mit sich, daß
das Ende des September und der Monat October beson-
ders die Nächte hindurch und am Morgen schon ziem-
lich kalt sind. Diese Temperatur verursacht ein allmä-
liges Stocken der Säfte im Weinstocke, während die
heiße Sonne am Tage die Trauben wieder kocht. Die
Trauben erhalten nun wenig Nahrung mehr, die
Stengel fangen an nach und nach zu vertrocknen und
zwar in zunehmendem Grade, je mehr und je früher
die nächtlichen Reifen eintreten, welche zur Erzeugung
der Trockenbeeren unumgänglich nothwendig sind. Die
Hülsen oder, wie man sie dort nennt, die Bälge der
Beeren springen endlich auf und um so leichter ver-
dünsten dann die wässerigen Theile ihres Jnhalts, mit
der Verminderung des Wassergehalts verdicken sich die
edlern Theile des Gehalts der Beere und der Zucker-
stoff, durch dessen künftige Zersetzung der Alkoholge-
halt und folglich die Stärke und der Adel des Weins
bedingt wird, concentrirt sich immer mehr und mehr.
Mit dem Entweichen der wässerigen Theile verliert na-
türlich die Beere auch einen Theil ihres Umfangs und
es schrumpft daher die nunmehr zu große Hülse immer
mehr zusammen und bekommt endlich das Ansehen gro-
ßer spanischer Rosinen. Es ist also das Ganze hier
ein Werk der großen Chemikerin Natur, welche bei
der eigenthümlichen Beschaffenheit der Lage und des
Klimas ein Product schafft, das man in andern Wein-
ländern durch Kunst vergeblich zu erreichen gesucht hat,
z. B. am Rhein, wo man bei der Erzeugung des
Strohweins die reifen Trauben auf Stroh trocknet,
oder in Spanien, wo ein Theil des Mostes zu Syrup
eingesotten und dann dem übrigen gepreßten Weine zu-
gesetzt wird. Aber alle diese Künsteleien entfernen die
der Traube in einem gewissen Grade eigenthümliche
Säure nicht gänzlich. Da nun aber nie die ganze
Traube zu solchen Trockenbeeren einschrumpft, sondern
nach der Vorzüglichkeit des Jahrgangs nur mehr oder
weniger einzelne Beeren, so werden diese, ehe die
Traube gekeltert wird, herausgepflückt und in großen
Bottichen besonders aufbewahrt. Von diesem Heraus-
pflücken der Trockenbeeren aus der Traube, welches
man auch Ausbrechen nennt, erhält künftig der Wein
der Trockenbeere den Namen Ausbruch.

Wenn nun die in der erwähnten Weise gesammel-
ten Trockenbeeren sofort der Presse übergeben würden,
so würde man wenig oder gar keinen Saft erhalten;
man hat daher ein Mittel ersonnen, sie in einen Brei
zu verwandeln, und dies geschieht durch das Treten
mit den bloßen Füßen, und so viele Versuche schon
gemacht worden sind, diese Arbeit durch Maschinen
verrichten zu lassen, so sind doch alle diese Versuche
bisjetzt gescheitert; nur der menschliche Fuß kann diese
Masse so verarbeiten, daß man fast gar keine Hülse
mehr in dem Brei vorfindet. So wenig appetitlich
nun auch diese Arbeit, welche durch Tagarbeiter ver-
richtet wird, anzuschauen ist, so kann man sich mit
der Ueberzeugung trösten, daß die später eintretende
Gährung jeden etwa hinzugekommenen fremden Stoff
entfernt. Durch Zusatz dieser Trockenbeermasse zu dem
übrigen von den gewöhnlichen Trauben gewonnenen
Wein, welcher wie in allen andern Weinländern ge-
preßt wird, entstehen nun die verschiedenen Sorten des
Tokayer=Weins, welche Ordinari ( ordinärer Wein ) ,
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] wie schon erwähnt nicht zu den edelsten Erzeugnissen,
sondern mehre Weine der andern Ortschaften, als der
Máder, der Kereszturer, Tályaer u. s. w. laufen ihm
den Rang ab.

Wenn auch die Weinlese für die Bewohner der
Weinländer etwas sehr Gewöhnliches und im Allge-
meinen etwas Bekanntes ist, so ist doch die Gewin-
nung des Weins im Tokayer Weingebirge mit einem
eigenthümlichen von allen übrigen Weinländern abwei-
chenden Verfahren begleitet. Wenn die Zeit der Wein-
lese in der Hegyalja herangekommen ist, so strömen
die Menschen aus den nördlichern Gegenden Ungarns
sowie aus dem benachbarten Galizien scharenweise her-
bei, um hier während der Lesezeit Beschäftigung zu
finden, nachdem die Arbeit in den Getreidegegenden
bereits vollendet ist. Letzteres ist schon deshalb der Fall,
weil in Ungarn das Getreide nicht den Herbst und den
Winter hindurch in den Scheunen ausgedroschen, son-
dern auf weit kürzerm Proceß bald nach der Ernte
auf den frei liegenden Tennen durch Pferde ausgetrie-
ben wird, ein Verfahren, wobei allerdings viel Ge-
treide verloren geht, aber wodurch die in jenen Ge-
genden verhältnißmäßig theuern Arbeitskräfte wieder
erspart werden. Wie überall, so ist auch in der
Hegyalja das weibliche Geschlecht sehr zahlreich während
der Weinlese vertreten, und die Leserinnen sind dort
in dem bunten Gemisch der verschiedenen in jener Ge-
gend lebenden Nationalitäten vertreten. Das sonst so
stille Leben in der Hegyalja ist nun um diese Zeit
sehr lebhaft. Alle größern Weinbergbesitzer, welche
das Jahr über in Wien, Pesth oder Presburg woh-
nen, kommen zur Zeit der Lese mit ihren Familien
und mit Gästen in ihre Weinberge, wo sie zum Theil
sehr ansehnliche Schlösser besitzen. Auch viele fremde
Käufer finden sich ein und so entsteht eine Weinlese-
Saison, bei welcher auch Bälle und Spielbanken nicht
fehlen. Auch der gemeine Tagarbeiter, obgleich er nur
Speck, Brot und Wein zu verzehren hat, lebt in die-
ser Zeit vergnügt und wird von seiner Herrschaft selbst
dazu ermuntert, damit er mehr Lust zur Arbeit be-
komme. Gesänge und Tänze sind daher vor und nach
der Arbeit an der Ordnung, und besonders die Zigeu-
ner sind es, welche bei solchen Gelegenheiten die be-
liebtesten Nationalweisen aufspielen, wobei sonst wenig-
stens bei den Magyaren der Rákóczymarsch nie fehlen
durfte. Die Weinlese beginnt in der Hegyalja erst
Ende October und ist eigentlich Anfangs November
allgemein. Es ist dies in Anbetracht anderer Wein-
länder ein sehr später Termin der Weinlese, und doch
lassen viele Besitzer viel später, ja oft bis Mitte De-
cember lesen, wenn dieselben nicht etwa von dem früh
eintretenden Froste gezwungen werden, dies eher zu
thun. Der Grund hiervon ist, um wo möglich viel
Trockenbeeren zu gewinnen. Es ist aber die Trocken-
beere ein Product, welches nur den Tokayertrauben
eigenthümlich ist, und diese Eigenthümlichkeit ist die
Ursache, daß die Bearbeitung der Trauben in der Lese
und die Gewinnung des Tokayer=Weins sich so sehr
von dem in andern Weinländern üblichen Verfahren
unterscheidet. Die Entstehung der Trockenbeeren aber
ist folgende:

Das Klima des Tokayer=Gebirgs ist, wie dies aus
seiner erwähnten nördlichen Lage und noch dazu im
Osten Europas hervorgeht, nur ein gemäßigtes und es
reift deshalb dort der Wein langsamer als im südli-
chern Ungarn und in den meisten andern Weinlän-
dern, der Boden aber ist warm, denn nur äußerst sel-
ten bleibt der Schnee auf den Weinbergen liegen, wäh-
[Spaltenumbruch] rend er in der Ebene häufig zu finden ist; es ist dies
leicht erklärlich, wenn man bedenkt, daß der Boden
vulkanischen Ursprungs ist, in dem sich viel Gerölle
von Bimsstein und Kreide vorfindet. Die Nähe der
kaum 15 Meilen entfernten Karpaten und überhaupt
die hohe Lage der Hegyalja bringt es mit sich, daß
das Ende des September und der Monat October beson-
ders die Nächte hindurch und am Morgen schon ziem-
lich kalt sind. Diese Temperatur verursacht ein allmä-
liges Stocken der Säfte im Weinstocke, während die
heiße Sonne am Tage die Trauben wieder kocht. Die
Trauben erhalten nun wenig Nahrung mehr, die
Stengel fangen an nach und nach zu vertrocknen und
zwar in zunehmendem Grade, je mehr und je früher
die nächtlichen Reifen eintreten, welche zur Erzeugung
der Trockenbeeren unumgänglich nothwendig sind. Die
Hülsen oder, wie man sie dort nennt, die Bälge der
Beeren springen endlich auf und um so leichter ver-
dünsten dann die wässerigen Theile ihres Jnhalts, mit
der Verminderung des Wassergehalts verdicken sich die
edlern Theile des Gehalts der Beere und der Zucker-
stoff, durch dessen künftige Zersetzung der Alkoholge-
halt und folglich die Stärke und der Adel des Weins
bedingt wird, concentrirt sich immer mehr und mehr.
Mit dem Entweichen der wässerigen Theile verliert na-
türlich die Beere auch einen Theil ihres Umfangs und
es schrumpft daher die nunmehr zu große Hülse immer
mehr zusammen und bekommt endlich das Ansehen gro-
ßer spanischer Rosinen. Es ist also das Ganze hier
ein Werk der großen Chemikerin Natur, welche bei
der eigenthümlichen Beschaffenheit der Lage und des
Klimas ein Product schafft, das man in andern Wein-
ländern durch Kunst vergeblich zu erreichen gesucht hat,
z. B. am Rhein, wo man bei der Erzeugung des
Strohweins die reifen Trauben auf Stroh trocknet,
oder in Spanien, wo ein Theil des Mostes zu Syrup
eingesotten und dann dem übrigen gepreßten Weine zu-
gesetzt wird. Aber alle diese Künsteleien entfernen die
der Traube in einem gewissen Grade eigenthümliche
Säure nicht gänzlich. Da nun aber nie die ganze
Traube zu solchen Trockenbeeren einschrumpft, sondern
nach der Vorzüglichkeit des Jahrgangs nur mehr oder
weniger einzelne Beeren, so werden diese, ehe die
Traube gekeltert wird, herausgepflückt und in großen
Bottichen besonders aufbewahrt. Von diesem Heraus-
pflücken der Trockenbeeren aus der Traube, welches
man auch Ausbrechen nennt, erhält künftig der Wein
der Trockenbeere den Namen Ausbruch.

Wenn nun die in der erwähnten Weise gesammel-
ten Trockenbeeren sofort der Presse übergeben würden,
so würde man wenig oder gar keinen Saft erhalten;
man hat daher ein Mittel ersonnen, sie in einen Brei
zu verwandeln, und dies geschieht durch das Treten
mit den bloßen Füßen, und so viele Versuche schon
gemacht worden sind, diese Arbeit durch Maschinen
verrichten zu lassen, so sind doch alle diese Versuche
bisjetzt gescheitert; nur der menschliche Fuß kann diese
Masse so verarbeiten, daß man fast gar keine Hülse
mehr in dem Brei vorfindet. So wenig appetitlich
nun auch diese Arbeit, welche durch Tagarbeiter ver-
richtet wird, anzuschauen ist, so kann man sich mit
der Ueberzeugung trösten, daß die später eintretende
Gährung jeden etwa hinzugekommenen fremden Stoff
entfernt. Durch Zusatz dieser Trockenbeermasse zu dem
übrigen von den gewöhnlichen Trauben gewonnenen
Wein, welcher wie in allen andern Weinländern ge-
preßt wird, entstehen nun die verschiedenen Sorten des
Tokayer=Weins, welche Ordinari ( ordinärer Wein ) ,
[Ende Spaltensatz]

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[54/0006] 54 wie schon erwähnt nicht zu den edelsten Erzeugnissen, sondern mehre Weine der andern Ortschaften, als der Máder, der Kereszturer, Tályaer u. s. w. laufen ihm den Rang ab. Wenn auch die Weinlese für die Bewohner der Weinländer etwas sehr Gewöhnliches und im Allge- meinen etwas Bekanntes ist, so ist doch die Gewin- nung des Weins im Tokayer Weingebirge mit einem eigenthümlichen von allen übrigen Weinländern abwei- chenden Verfahren begleitet. Wenn die Zeit der Wein- lese in der Hegyalja herangekommen ist, so strömen die Menschen aus den nördlichern Gegenden Ungarns sowie aus dem benachbarten Galizien scharenweise her- bei, um hier während der Lesezeit Beschäftigung zu finden, nachdem die Arbeit in den Getreidegegenden bereits vollendet ist. 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Der Grund hiervon ist, um wo möglich viel Trockenbeeren zu gewinnen. Es ist aber die Trocken- beere ein Product, welches nur den Tokayertrauben eigenthümlich ist, und diese Eigenthümlichkeit ist die Ursache, daß die Bearbeitung der Trauben in der Lese und die Gewinnung des Tokayer=Weins sich so sehr von dem in andern Weinländern üblichen Verfahren unterscheidet. Die Entstehung der Trockenbeeren aber ist folgende: Das Klima des Tokayer=Gebirgs ist, wie dies aus seiner erwähnten nördlichen Lage und noch dazu im Osten Europas hervorgeht, nur ein gemäßigtes und es reift deshalb dort der Wein langsamer als im südli- chern Ungarn und in den meisten andern Weinlän- dern, der Boden aber ist warm, denn nur äußerst sel- ten bleibt der Schnee auf den Weinbergen liegen, wäh- rend er in der Ebene häufig zu finden ist; es ist dies leicht erklärlich, wenn man bedenkt, daß der Boden vulkanischen Ursprungs ist, in dem sich viel Gerölle von Bimsstein und Kreide vorfindet. 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Die Hülsen oder, wie man sie dort nennt, die Bälge der Beeren springen endlich auf und um so leichter ver- dünsten dann die wässerigen Theile ihres Jnhalts, mit der Verminderung des Wassergehalts verdicken sich die edlern Theile des Gehalts der Beere und der Zucker- stoff, durch dessen künftige Zersetzung der Alkoholge- halt und folglich die Stärke und der Adel des Weins bedingt wird, concentrirt sich immer mehr und mehr. Mit dem Entweichen der wässerigen Theile verliert na- türlich die Beere auch einen Theil ihres Umfangs und es schrumpft daher die nunmehr zu große Hülse immer mehr zusammen und bekommt endlich das Ansehen gro- ßer spanischer Rosinen. Es ist also das Ganze hier ein Werk der großen Chemikerin Natur, welche bei der eigenthümlichen Beschaffenheit der Lage und des Klimas ein Product schafft, das man in andern Wein- ländern durch Kunst vergeblich zu erreichen gesucht hat, z. B. am Rhein, wo man bei der Erzeugung des Strohweins die reifen Trauben auf Stroh trocknet, oder in Spanien, wo ein Theil des Mostes zu Syrup eingesotten und dann dem übrigen gepreßten Weine zu- gesetzt wird. Aber alle diese Künsteleien entfernen die der Traube in einem gewissen Grade eigenthümliche Säure nicht gänzlich. Da nun aber nie die ganze Traube zu solchen Trockenbeeren einschrumpft, sondern nach der Vorzüglichkeit des Jahrgangs nur mehr oder weniger einzelne Beeren, so werden diese, ehe die Traube gekeltert wird, herausgepflückt und in großen Bottichen besonders aufbewahrt. Von diesem Heraus- pflücken der Trockenbeeren aus der Traube, welches man auch Ausbrechen nennt, erhält künftig der Wein der Trockenbeere den Namen Ausbruch. Wenn nun die in der erwähnten Weise gesammel- ten Trockenbeeren sofort der Presse übergeben würden, so würde man wenig oder gar keinen Saft erhalten; man hat daher ein Mittel ersonnen, sie in einen Brei zu verwandeln, und dies geschieht durch das Treten mit den bloßen Füßen, und so viele Versuche schon gemacht worden sind, diese Arbeit durch Maschinen verrichten zu lassen, so sind doch alle diese Versuche bisjetzt gescheitert; nur der menschliche Fuß kann diese Masse so verarbeiten, daß man fast gar keine Hülse mehr in dem Brei vorfindet. So wenig appetitlich nun auch diese Arbeit, welche durch Tagarbeiter ver- richtet wird, anzuschauen ist, so kann man sich mit der Ueberzeugung trösten, daß die später eintretende Gährung jeden etwa hinzugekommenen fremden Stoff entfernt. Durch Zusatz dieser Trockenbeermasse zu dem übrigen von den gewöhnlichen Trauben gewonnenen Wein, welcher wie in allen andern Weinländern ge- preßt wird, entstehen nun die verschiedenen Sorten des Tokayer=Weins, welche Ordinari ( ordinärer Wein ) ,

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Dritter Jahrgang, Nr. 111. Leipzig (Sachsen), 16. Februar 1855, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig111_1855/6>, abgerufen am 21.11.2024.