Reichspost. Nr. 6, Wien, 08.01.1895.Wien, Dienstag Reichspost. 8 Jänner 1895 6 [Spaltenumbruch] * Erzherzog Albrecht ist bekanntlich seit einigen * Christlich-socialer Wählerverein für den 10 Bezirk Favoriten. Vollversammlung * Versammlung von Weinbauinteressenten in Krems. In der städtischen Turnhalle in Krems fand * Wahlrechts-Demonstrationen in Budapest. Sonntag wurden sowohl in Budapest als in mehreren * Selbstmord und Mordversuch. Freitag Abends * Unter dem Schnellzuge. Wie aus Turin ge- * Russische Polizeiwillkür. Aus Warschau wird * Die Degradation Dreyfus. Capitän Dreyfus ist * Eine Mutter, die ihr Kind mit Messerstichen bedroht. Samstag Mittags wurde bei der Tramway- * Schneesälle und Verwehungen. Wie aus * Ueber einen Handschriftendiebstahl im Vatican, der am 27. December von den italienischen Be- * Jüdischer Unternehmungsgeist in der Vri gittenau. In der Wallensteinstraße 16 ist ein jüdischer * Der Hund als Verräther. Im October 1894 Telegramme. Troppau, 7. Jänner. Heute Nachts wurde in Podiebrad, 7. Jänner. Die vom (jungczechischen) Budapest, 7. Jänner. Der Kaiser empfing Budapest, 7. Jänner. Laut Mittheilung der Di- Berlin, 7. Jänner. Der Kaiser empfing die Arco, 6. Jänner. Das gestern über das Be- Stockholm, 6. Jänner. Die Regierung beschloß, Paris, 7. Jänner. Ernest Carnot wurde in Beaune Paris, 6. Jänner. Im 13. Arrondissement wurde Sofia. 6. Jänner. In den hiesigen Kreisen wird all- Madrid, 7. Jänner. Der Ministerrath setzte das Toronto, 6. Jänner. Heute Vormittags brach im London, 7. Jänner. Die "Times" melden aus Washington, 6 Jänner. Dem Vernehmen nach Washington, 6. Jänner. Man glaubt, Präsident Wiener Borse. Originalbericht der "Reichsvost". 7. Jänner 18[9]5. Wenn der Wohlstand mit den Cursen gleichen Schritt Um 2 Uhr 30 Min. notirten: Credit 410 50 Ung Wien, Dienſtag Reichspoſt. 8 Jänner 1895 6 [Spaltenumbruch] * Erzherzog Albrecht iſt bekanntlich ſeit einigen * Chriſtlich-ſocialer Wählerverein für den 10 Bezirk Favoriten. Vollverſammlung * Verſammlung von Weinbauintereſſenten in Krems. In der ſtädtiſchen Turnhalle in Krems fand * Wahlrechts-Demonſtrationen in Budapeſt. Sonntag wurden ſowohl in Budapeſt als in mehreren * Selbſtmord und Mordverſuch. Freitag Abends * Unter dem Schnellzuge. Wie aus Turin ge- * Ruſſiſche Polizeiwillkür. Aus Warſchau wird * Die Degradation Dreyfus. Capitän Dreyfus iſt * Eine Mutter, die ihr Kind mit Meſſerſtichen bedroht. Samſtag Mittags wurde bei der Tramway- * Schneeſälle und Verwehungen. Wie aus * Ueber einen Handſchriftendiebſtahl im Vatican, der am 27. December von den italieniſchen Be- * Jüdiſcher Unternehmungsgeiſt in der Vri gittenau. In der Wallenſteinſtraße 16 iſt ein jüdiſcher * Der Hund als Verräther. Im October 1894 Telegramme. Troppau, 7. Jänner. Heute Nachts wurde in Podiebrad, 7. Jänner. Die vom (jungczechiſchen) Budapeſt, 7. Jänner. Der Kaiſer empfing Budapeſt, 7. Jänner. Laut Mittheilung der Di- Berlin, 7. Jänner. Der Kaiſer empfing die Arco, 6. Jänner. Das geſtern über das Be- Stockholm, 6. Jänner. Die Regierung beſchloß, Paris, 7. Jänner. Erneſt Carnot wurde in Beaune Paris, 6. Jänner. Im 13. Arrondiſſement wurde Sofia. 6. Jänner. In den hieſigen Kreiſen wird all- Madrid, 7. Jänner. Der Miniſterrath ſetzte das Toronto, 6. Jänner. Heute Vormittags brach im London, 7. Jänner. Die „Times“ melden aus Waſhington, 6 Jänner. Dem Vernehmen nach Waſhington, 6. Jänner. Man glaubt, Präſident Wiener Borſe. Originalbericht der „Reichsvoſt“. 7. Jänner 18[9]5. Wenn der Wohlſtand mit den Curſen gleichen Schritt Um 2 Uhr 30 Min. notirten: Credit 410 50 Ung <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <pb facs="#f0006" n="6"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Wien, Dienſtag Reichspoſt. 8 Jänner 1895 6</hi> </fw><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Erzherzog Albrecht</hi> </head> <p>iſt bekanntlich ſeit einigen<lb/> Tagen unwohl. Aus Arco wird Folgendes gemeldet: Der<lb/> Erzherzog hatte ſich gelegentlich der Ueberführung der Leiche<lb/> des Königs von Neapel heftig erkältet und war in Folge<lb/> deſſen am 31. v. M. an Angina und Bronchialkatarrh<lb/> erkrankt. Die anſänglichen Fiebererſcheinungen ſchwanden<lb/> am zweiten Tage; geſtern konnte der Erzherzog bereits den<lb/> g<supplied>r</supplied>ößten Theil des Tages außer Bett zubringen. Angina<lb/> ſowie Bronchialkatarth zeigen gegenwärtig eine erfreuliche<lb/> Abnahme.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Chriſtlich-ſocialer Wählerverein für den<lb/> 10 Bezirk Favoriten.</hi> </head> <p><hi rendition="#g">Vollverſammlung</hi><lb/> Dienſtag, den 8. Jänner, Abends halb 8 Uhr, in Kraut-<lb/> ſtoffl’s „Favoriten Saal“, 10 B<supplied>e</supplied>z., Himberge<supplied>r</supplied>ſtraße 55. —<lb/> Tagesordnung: 1 Herr GR. Joſef <hi rendition="#g">Strobach:</hi> Be-<lb/> laſtung des Realbeſitzes; 2. Herr Dr. Albert <hi rendition="#g">Geßmann:</hi><lb/> Die volkswirthſchaftlichen Forderungen der arbeitenden<lb/> Stände und das Parlament; 3. Alois Prinz <hi rendition="#g">Liechten-<lb/> ſtein:</hi> Die allgemeine politiſche Lage; 4. Eventuelle An-<lb/> träge und Int<supplied>e</supplied>rpellationen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Verſammlung von Weinbauintereſſenten in<lb/> Krems.</hi> </head> <p>In der ſtädtiſchen Turnhalle in Krems fand<lb/> Sonntag Nachmittags die vom landwirthſchaftlichen Bezirks-<lb/> vereine in Krems einberufene Verſammlung von Weinbau-<lb/> intereſſenten ſtatt. In derſelben wurde gegen die geplante<lb/> Herabſetzung der Zölle auf franzöſiſche Weine in entſchiedener<lb/> Weiſe Stellung genommen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Wahlrechts-Demonſtrationen in Budapeſt.</hi> </head><lb/> <p>Sonntag wurden ſowohl in Budapeſt als in mehreren<lb/> Provinzſtädten Volksverſammlungen zu Gunſten des all-<lb/> gemeinen Wahlrechtes und der Ve<supplied>r</supplied>eins- und Verſamm-<lb/> lungsfreiheit abgehalten. Von den in Budapeſt abgehaltenen<lb/> zehn Verſammlungen nahm bloß eine in der National-<lb/> Turnhalle abgehaltene, welche vom anweſenden Vertreter<lb/> der Polizei aufgelöſt wurde, einen ſtürmiſchen Verlauf. Die<lb/> Theilnehmer, mehrere Tauſend an der Zahl, proteſtirten<lb/> gegen die Auflöſung, beſchloſſen, an das Miniſterium<lb/> zu recurriren, und entfernten ſich unter Abſingung eines<lb/> Arbeiterliedes. Auf der Straße kam es zu großen Tumulten,<lb/> bei welchen einundfünfzig Perſonen verhaftet wurden.<lb/> Größere Ausſchreitungen wurden durch ein rieſiges Aufgebot<lb/> von Polizei verhindert.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Selbſtmord und Mordverſuch.</hi> </head> <p>Freitag Abends<lb/> war ein junges Paar in Budapeſt eingetroffen, hatte ſich<lb/> in einem Hotel einlogirt und nahm auch daſelbſt das<lb/> Abendeſſen. Samſtag Vormittags vernahm das Hotel-<lb/> perſonale zwei Schüſſe, und als der Portier in das von<lb/> dem jungen Paare bewohnte Zimmer eintrat, fand er den<lb/> jungen Mann leblos am Boden liegen, während das<lb/> Mädchen, das öffnen wollte, am Boden zuſammengeſunken<lb/> war. Wie es ſich herausſtellte heißt der Mann <hi rendition="#g">Popper</hi><lb/> und iſt der Sohn eines Paprikahändlers, ſeine Geliebte iſt<lb/> die Kaffeehaus-Caſſierin Julie Spalag. Popper war ſofort<lb/> todt, während Julie Spalag nicht lebensgeſährlich ver-<lb/> wundet iſt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Unter dem Schnellzuge.</hi> </head> <p>Wie aus Turin ge-<lb/> meldet wird, ſtürzte ſich Samſtag bei der Station Sarana<lb/> ein anſcheinend den beſſeren Ständen angehörendes junges<lb/> Paar unter die Räder des Schnellzuges und war ſofort<lb/> todt. Man glaubt, es ſeien zwei Fremde, die in Monte<lb/> Carlo ihr Vermögen verſpielt haben..</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Ruſſiſche Polizeiwillkür.</hi> </head> <p>Aus Warſchau wird<lb/> der „Köln. Volksztg.“ berichtet: Der öſterreichiſche Staats-<lb/> angehörige Stanislaus Stobiecki, ein Zahnt chniker, wurde<lb/> vor zwei Wochen beim Ueberſchreiten der Grenze von den<lb/> ruſſiſchen Behörden verhaftet und in das G<supplied>e</supplied>fägniß zu<lb/> Miechowo gebracht. Die in Galizien lebende Mutter des<lb/> Stobiecki ſandte darauf ihre beiden andern Söhne über die<lb/> Grenze, um in Erſahrung zu bringen, weshalb Stanislaus<lb/> Stobiecki verhaftet worden ſei. Auch dieſe beiden Brüder<lb/> wurden als verdächtig ins Gefängniß gebracht. Aus welchen<lb/> Gründen die Brüder Stobiecki feſtgehalten werden, hat bis<lb/> jetzt nicht ermittelt werden können.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Die Degradation Dreyfus.</hi> </head> <p>Capitän Dreyfus iſt<lb/> nicht mehr. Seit vorgeſtern wird dieſe ehemalige Zierde des<lb/> franzöſiſchen Officiercorps nur mehr im Stande der zur<lb/> Deportation beſtimmten Verbrecher geführt. Unter Ent-<lb/> faltung großen militäriſchen Ceremoniells hat man den<lb/> ehrvergeſſenen Schänder des Officierskleides, den Verräther<lb/> an dem Lande, das ihm und ſeinen Stammesgenoſſen als<lb/> zweites Vaterland theuer ſein ſollte, vorgeſtern ſeiner Würde<lb/> entkleidet. Die Scenen, welche die Degradation begleiteten<lb/> und ihr folgten, zeigen, daß das franzöſiſche Volk von der<lb/> Berechtigung des Antiſemitismus bereits überzeugt iſt Im<lb/> Nachtrage zu unſerer telegraphiſchen Meldung in der letzten<lb/> Nummer wird noch berichtet: Die Truppen waren unter<lb/> dem Commando des General Daras in der Stärke von<lb/> 3000 Mann ausgerückt. Nach der vorgenommenen De-<lb/> gradation mußte Dreyfus die Front der Truppen ab-<lb/> ſchreiten und wurde ſodann von zwei Gendarmen in<lb/> Empfang genommen, welche ihm Handſchellen anlegten<lb/> und ihn in einen Zellenwagen einſteigen ließen. Als der<lb/> Verurtheilte durch die Menſchenmenge fuhr, welche ſelbſt<lb/> die Dächer der Häuſer beſ<supplied>e</supplied>tzt hielt, ertönten Rufe: „Tod<lb/> Dreyfus“, Tod dem Verräther“! Dreyſus wäre gelyncht<lb/> worden, wenn das Volk ſeiner habhaft geworden wäre.<lb/> Bedeutſam iſt ein Pariſer Telegramm, wonach der Miniſter-<lb/> rath beſchloſſen hätte, beim Wiederzuſammentritt der<lb/> Kammern einen Geſetzentwurf einzubringen, nach welchem<lb/> die Heilsinſeln (Guyana), gleichwie die Halbinſel Ducos<lb/> (Caledonien) als Deportationsorte gelten ſollen. Es ſei<lb/> wahrſcheinlich, daß Dreyſus nach den Heilsinſeln gebracht<lb/> werden wird. Nach derſelben Quelle ſoll der Antrag,<lb/> Cayenne wieder zum Deportationsort zu machen, eine<lb/> Folge der Journalar<supplied>t</supplied>ikel ſein, welche einerſeits für Dreyfus<lb/> die Todesſtrafe verlangten, andererſeits darauf hinwieſen,<lb/> daß es leicht ſei, aus Caledonien zu entfliehen. Die Ver-<lb/> bannung nach Cayenne wäre die langſame Todesſtrafe für<lb/> Dreyfus, da das Klima von Franzöſiſch-Guyana für die<lb/> Conſtitution der Europäer das verderblichſte iſt. Es heriſcht<lb/> dort eine geradezu tropiſche Temperatur. In der ſoge-<lb/> nannten trockenen Zeit ſteigt das Thermometer bis zu<lb/> 54 Grad Celſius, und die Hitze iſt faſt unerträglich. Es<lb/> iſt bezeichnend, daß des Verräthers Dreyfus wegen, ſogar<lb/> Geſetze abgeändert werden ſollen, wehl nicht aus dem<lb/> Grunde, um die Strafe zu verſchärfen, als vielmehr um<lb/> ſie zu erleichtern. Als eine Erleichterung der Strafe wäre<lb/> es auch aufzufaſſen, wenn man das Gnadengeſuch der<lb/> Gattin Dreyfus bewilligen würde, die den Präſidenten<lb/><cb/> bittet, ihren Gemal nach den Verbannungsort begleiten zu<lb/> dürſen. Gewöhnlich wird Deportirten, welche keine <hi rendition="#g">Drei-<lb/> fus</hi> ſind, die geſetzlich zuläſſige Begünſtigung, ihre Ange-<lb/> hö<supplied>r</supplied>igen und Verwandten nachkommen zu laſſen, erſt nach<lb/> Ablauf von 5 Jahren bewilligt. Bei Dreyfus wird man<lb/> leider eine Ausnahme machen, denn „hervorragende Pe<supplied>r</supplied>ſön-<lb/> lichkeiten“ (??) befürworten das Geſuch.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Eine Mutter, die ihr Kind mit Meſſerſtichen<lb/> bedroht.</hi> </head> <p>Samſtag Mittags wurde bei der Tramway-<lb/> remiſe in Simmering ein Knabe angehalten, der, dürftig<lb/> bekleidet vor Kälte zitterte. Der Knabe wurde auf das<lb/> Polizeicommiſſariat gebracht, wo er angab, daß er 13 Jahre<lb/> alt ſei, Albert Mozena heiße und am Morgen ſeiner<lb/> Mutter, der in der Geiſelbergſtraße wohnenden Bedienerin<lb/> Anna Jerike, entlaufen ſei, weil ſie ihn furchtbar miß-<lb/> bandle. Der Polizeibezirksarzt nahm die Unterſuchung des<lb/> Knaben vor und fand am ganzen Körper Spuren von<lb/> Mißhandlungen, darunter am Rücken neben der Wirbel-<lb/> ſäule einen leichten Meſſerſtich. Am rechten Arme hatte er<lb/> Abſchü<supplied>r</supplied>fungen. Das Hemd war mit Blut beſudelt. Mozena<lb/> behauptet, den Meſſerſtich und die übrigen Verletzungen<lb/> von ſeiner Mutter erhalten zu haben. Er wurde in das<lb/> Rudolfsſpital gebracht. Gegen die Mutter wurde die Straf-<lb/> anzeige erſtattet.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Schneeſälle und Verwehungen.</hi> </head> <p>Wie aus<lb/> Trieſt gemeldet wird, wüthete Samſtag bis Mittag eine<lb/> heftige Bora. An einzelnen Stellen der Stadt mußten<lb/> Stricke geſpannt werden. Das Meer iſt bewegt, die Schiff-<lb/> fahrt hat jedoch keine Unterbrechung erfahren. Aus Pola<lb/> wird gemeldet, daß dort ebenfalls ein heftiger Schneefall<lb/> ſtattgefunden hat. — In Budapeſt trat in den Morgen-<lb/> ſtunden ein intenſi<supplied>v</supplied>er Schneefall ein, welcher die Commu-<lb/> nication ſehr beſchränkte. — Wie die Direction der unga-<lb/> riſchen Staatsbahnen mittheilt, mußte der Eiſenbahnverkehr<lb/> auf den Strecken Verſecz-Kubin, Totmegyer, Nagy-Belicz<lb/> und Negy-Surany Aranyos-Maroth in Folge der Schnee-<lb/> hinderniſſe eingeſtellt werden, ebenſo auf den Linien Hideg-<lb/> kut Gyönk-Tamaſi, Budapeſt Lajos-Mizſe und Oravicza-<lb/> Anin. Auf der Linie Nyiregyhaza-Mateszalka und der<lb/> Strecke Tot-Megyer-Neutra der Neutrathal Bahn wurde<lb/> der Verkehr wieder aufgenommen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Ueber einen Handſchriftendiebſtahl im<lb/> Vatican,</hi> </head> <p>der am 27. December von den italieniſchen Be-<lb/> hörden entdeckt worden iſt, berichtet ein Abtheilungschef des<lb/> Unterrichtsminiſteriums zu Rom Folgendes: Am 21 De-<lb/> cember erſchien auf dem Miniſterium ein Mann, der ſich<lb/> Profeſſor Sardi nannte und einige mit ausgezeichneten<lb/> Miniaturen gezierte Pergamentblätter, aus einem griechi-<lb/> ſchen Codex ſtammend, zum Verkauf anbot. Da der Mann<lb/> noch 18 andere Blätter zu beſitzen angab, die er aber erſt<lb/> gegen einen Vorſchuß von 200 Lire von einem Antiquar<lb/> Cherici, der ſie als Pfand hielt, freimachen könne, und da<lb/> die italieniſchen Beamten an dem rechtmäßigen Beſitz der<lb/> werthvollen Blätter zweifelten, gingen ſie ſcheinbar auf den<lb/> Handel ein, gaben den gewünſchten Vorſchuß und erhielten<lb/> ſo im Ganzen 21 Pergamentblätter. Von dieſen wurde<lb/> raſch feſtgeſtellt, daß ſie aus dem vaticaniſchen Codex<lb/> „Homilien des Mönches Jacob“ ausgeſchnitten waren, der<lb/> nur noch in einem zweiten Exemplar in der National-<lb/> bibliothek zu Paris erhalten iſt. Man ſchritt hierauf zur<lb/> Verhaftung des Cher<supplied>i</supplied>ci und des Sardi (deſſen wahr<supplied>e</supplied>r<lb/> Name Giovanni Rapiſardi iſt) und kam dahinter, daß durch<lb/> Letztern ſchon mehrere Blätter des genannten Codex und<lb/> eines zweiten vaticaniſchen Codex „Triumphe des Franz<lb/> Petrarca“ an verſchiedene Perſonen verkauft worden<lb/> waren. Es gelang jedoch, das geſtohlene werthvolle Gut<lb/> wieder zuſammenzubringen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Jüdiſcher Unternehmungsgeiſt in der Vri<lb/> gittenau.</hi> </head> <p>In der Wallenſteinſtraße 16 iſt ein jüdiſcher<lb/> Kaufmann Namens Feld, in deſſen Familie ſich vor Kurzem<lb/> ein Todesfall ereignete. Kurz darauf wurden am Geſchäfts-<lb/> locale große Affichen aufgeklebt: „Wegen Todesfall, Aus-<lb/> verkauf, 60 Perc. unter dem Einkaufspreiſe.“ Sein Nachbar<lb/> und Cohncument, auf Nummer 18 Namens Schenk, eben-<lb/> folls unartenlos, war ihm um dieſen Todesfall wahr<lb/> ſcheinlich <hi rendition="#g">„neidig“,</hi> hatte er doch nicht die gleiche Ge-<lb/> legenheit einen „Ausverkauf“ zu veranſtalten Um aber<lb/> doch auch ſeinen „Geiſt“ zeigen zu können, ließ er ſich große<lb/> Plakate drucken: „Kein Todesfall, kein Ausverkauf — und<lb/> doch billiger wie überall“. Das iſt wohl die höchſte Blüthe<lb/> des freien Spieles der wirthſchaftlichen Kräfte dieſer Con-<lb/> currenz bis auf den — Todesfall. Hat der wackere Schenck<lb/> die Befähigung zur Ausübung ſeiner Praxis bei Wrabetz<lb/> erworben?</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Der Hund als Verräther.</hi> </head> <p>Im October 1894<lb/> knüpſte in München ein angeblich im ſtaatlichen Finanz-<lb/> dienſt ſtehender „Officiant“ mit einem Mädchen ein Ver-<lb/> hältniß an und wußte ſie durch Heirathsverſprechen zur<lb/> Hergabe eines bedeutenden Darlehens zu veranlaſſen. Als<lb/> er längere Zeit ſich nicht mehr ſehen ließ, erfuhr das<lb/> Mädchen durch Nachforſchungen, daß Name, Stand und<lb/> Adreſſe ihres Bräutigams falſch waren. Am Mittwoch<lb/> Nachmittag begegnete das Mädchen dem Pſeudo-Officianten<lb/> auf dem Marienplatz, hielt deſſen großen Bernhardinerhund<lb/> an und ging mit dem Hund auf einen Gendarmen zu. In<lb/> dieſem Moment ergriff der Herr des Hundes ſchleunigſt die<lb/> Flucht und verſchwand. Das Mädchen übergab nun den<lb/> Hund, der ohne Zeichen war, einem Sicherheitsbeamten.<lb/> Dieſer überließ ſich der Führung des Thieres und kam auf<lb/> dieſe Weiſe in ein elegantes Haus, woſelbſt der Beſitzer des<lb/> Hundes in Perſon eines verheiratheten, im Beſitze zahl-<lb/> reicher Kinder befindlichen Kaufmannes ermittelt.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Telegramme.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Troppau,</hi> 7. Jänner.</dateline> <p>Heute Nachts wurde in<lb/> der hieſigen Bezirkskrankencaſſe eingebrochen und eine<lb/> Handcaſſe mit circa 280 fl.. ſowie ein auf 1650 fl.<lb/> lautendes Sparcaſſabuch entwendet.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Podiebrad,</hi> 7. Jänner.</dateline> <p>Die vom (jungczechiſchen)<lb/> „Politiſchen Club“ für geſtern hierher einberufene <hi rendition="#g">Wähler-<lb/> verſammlung,</hi> bei welcher Abg. <hi rendition="#g">Raſchin</hi> ſeinen<lb/> Rechenſchaftsbericht erſtattete, wurde wegen Redeausſchrei-<lb/> tungen des genannten Abgeordneten behördlich aufgelöſt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Budapeſt,</hi> 7. Jänner.</dateline> <p>Der <hi rendition="#g">Kaiſer</hi> empfing<lb/> um 11 Uhr Vormittags Koloman v. Tisza und um<lb/> 12 Uhr den Grafen Julius <hi rendition="#g">Szapary</hi> in Privat-<lb/> audienz. — Um halb 1 Uhr Nachmittags begibt ſich<lb/><cb/> der Kaiſer nach dem Bahnhofe, um Erzherzog Franz<lb/> Salvator und die Erzherzogin Marie Valerie zu er-<lb/> warten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Budapeſt,</hi> 7. Jänner.</dateline> <p>Laut Mittheilung der Di-<lb/> rection der kön. ung Staatsbahnen wurden auf den Linien<lb/> Budapeſt — Lajos —Mizſe, Hidegkut—Gyönk—Tamaci und<lb/> Neutra—Nagy Belicz die Schneehinderniſſe beſeitigt und<lb/> der Verkehr wieder aufgenommen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 7. Jänner.</dateline> <p>Der Kaiſer empfing die<lb/> Gemeindevertreter der Inſel <hi rendition="#g">Helgoland,</hi> welche<lb/> die Bitte um Gewährung von Mitteln zur Wieder-<lb/> herſtellung der durch die letzten Sturmfluthen be-<lb/> ſchädigten Düne unterbreiteten. Der Kaiſer ſagte zu,<lb/> daß das Nöthige zum Schutze der Inſel und der Düne<lb/> geſchehen werde.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Arco,</hi> 6. Jänner.</dateline> <p>Das geſtern über das Be-<lb/> finden des <hi rendition="#g">Erzherzogs Albrecht</hi> ausgegebene<lb/> Bulletin lautet: Die Nacht gut verbracht. Angina und<lb/> Bronchialcatarrh in erfreulicher Abnahme begriffen.<lb/> Seine k. Hoheit iſt fieberfrei.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Stockholm,</hi> 6. Jänner.</dateline> <p>Die Regierung beſchloß,<lb/> vom 7. Jänner angefangen den <hi rendition="#g">Zoll auf unge-<lb/> mahlenes Getreide</hi> auf 315, jenen auf ge-<lb/> mahlenes auf 650 Oere per 100 Kilogramm zu er-<lb/> höhen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 7. Jänner.</dateline> <p>Erneſt <hi rendition="#g">Carnot</hi> wurde in Beaune<lb/> zum Deputirten gewählt. Es war kein Gegencandidat aufge-<lb/> ſtellt worden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 6. Jänner.</dateline> <p>Im 13. Arrondiſſement wurde<lb/> bei der Wahl in die Legislative, Girault <hi rendition="#g">Richard</hi> mit<lb/> 2742 Stimmen gewählt, Der Republikaner Albert Felix<lb/> erhielt 988 Stimmen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Sofia.</hi> 6. Jänner.</dateline> <p>In den hieſigen Kreiſen wird all-<lb/> gemein hervorgehoben, daß die geſtrige Demonſtration beim<lb/> Empfange <hi rendition="#g">Zankow</hi>’s eine durchaus künftliche und<lb/> theatraliſche war, wie ſie dem Charakter Zankow’s entſprach.<lb/> Desgleichen wurde die Freilaſſung <hi rendition="#g">Karawelow</hi>’s mit<lb/> Gleichailtigkeit aufgenommen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Madrid,</hi> 7. Jänner.</dateline> <p>Der Miniſterrath ſetzte das<lb/> Budget der verſchiedenen Miniſterien endgiltig feſt. Nach<lb/> demſelben werden, ungeachtet einiger beim Kriegsbudget<lb/> vorgenommenen Erhöhungen, Erſparungen in der <hi rendition="#g">Höhe<lb/> von drei Millionen</hi> erzielt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Toronto,</hi> 6. Jänner.</dateline> <p>Heute Vormittags brach im<lb/> Geſchäftsviertel eine <hi rendition="#g">große Feuersbrunſt</hi> aus, durch<lb/> welche eine ganze Abtheilung der Hauptſtraße, darunter die<lb/> Bureaux der Zeitung „Globe“, zerſtört wurden. Zwei<lb/> Feuerwehrleute wurden verſchüttet. Der Schaden wird auf<lb/> eine Million Dollars geſchätzt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 7. Jänner.</dateline> <p>Die „Times“ melden aus<lb/><hi rendition="#g">Peking</hi> vom 6. Jänner: Der Kaiſer empfing geſtern<lb/> die nach Japan gehenden chineſiſchen Unterhändler in<lb/> Abſchiedsaudienz. <hi rendition="#g">Japan lehnt den Waffen-<lb/> ſtillſtand</hi> ab. Der amerikaniſche Geſandte glaubt,<lb/> daß die jetzigen Unterhandlungen ohne Ergebniß ver-<lb/> laufen und die Japaner erſt dann Frieden ſchließen<lb/> werden, wenn ſie Peking beſetzt haben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Waſhington,</hi> 6 Jänner.</dateline> <p>Dem Vernehmen nach<lb/> proteſtirte Frankreich gegen die im vorigen Sommer<lb/> ſtattgehabte Anweſenheit von ärztlichen amerikaniſchen<lb/> Inſpectoren in mehreren Häfen Europas, die ohne<lb/> vorheriges Uebereinkommen damit beauftragt waren,<lb/> die für die Vereinigten Staaten beſtimmten Schiffe<lb/> zu unterſuchen. Die deutſche Regierung, die Anfangs<lb/> nicht ſo weit ging, proteſtirt gegenwärtig entſchieden<lb/> und droht, den amerikaniſchen Inſpectoren die Aus-<lb/> führung ihrer Miſſion zu unterſagen, wenn der Con-<lb/> greß das Syſtem der ärztlichen Unterſuchungen in<lb/> deutſchen Häfen noch weiter ausdehnen wollte.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Waſhington,</hi> 6. Jänner.</dateline> <p>Man glaubt, Präſident<lb/> Cleveland werde eine Botſchaft an den Congreß ſenden,<lb/> um die Schritte der Anhänger des Congreſſes für die Ge-<lb/> nehmigung des Zucker-Geſetzentwurfes zu unterſtützen. In<lb/> gewiſſen Kreiſen herrſcht die Anſicht vor, daß man beab-<lb/> ſichtige, eine europäiſche Combination herbeizuführen, um<lb/> die freie Zuckereinfuhr für die Vereinigten Staaten dagegen<lb/> zu erhalten, daß die amerikaniſchen Producte frei in Europa<lb/> zugelaſſen werden.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFinancialNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Wiener Borſe.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#g">Originalbericht</hi> der <hi rendition="#g">„Reichsvoſt“.</hi> </head><lb/> <dateline>7. Jänner 18<supplied>9</supplied>5.</dateline><lb/> <p>Wenn der Wohlſtand mit den Curſen gleichen Schritt<lb/> halten ſollte, dann wäre der erſtere ſehr groß. Leider ſind<lb/> die Curſe ſeit langem kein Werthmeſſer des Wohlſtandes.<lb/> Die heutigen Börſen huldigen dem Börſeſpiel; die Curſe<lb/> werden muthwillig und eigenmächtig in die Höhe getrieben<lb/> und wenn nicht bald die Staatsgewalt dieſem gemeinge-<lb/> fährlichen Börſentreiben ein Ende machen wird, ſo erleben<lb/> wir in nicht ferner Zukunft einen Krach, der ſowohl den<lb/> Börſen als auch manchen Staatsfunctionären und Würden-<lb/> trägern einen tödlichen Stoß bringen wird. Das was ſich<lb/> jetzt auf den Börſen vollzieht, iſt geradezu demoraliſirend.<lb/> Alles iſt werthlos bis auf — Papierwerth. Papierner<lb/> Credit iſt mächtiger als Alles. Leider, nichts iſt aber auch<lb/> ſchwächer wie — Papier und Credit auf denſelben. Vor-<lb/> läufig machen wir eine Hauſſeepoche durch. 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Kohle 134.—, Rubel 133.50, Marknoten 60.78<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0006]
Wien, Dienſtag Reichspoſt. 8 Jänner 1895 6
* Erzherzog Albrecht iſt bekanntlich ſeit einigen
Tagen unwohl. Aus Arco wird Folgendes gemeldet: Der
Erzherzog hatte ſich gelegentlich der Ueberführung der Leiche
des Königs von Neapel heftig erkältet und war in Folge
deſſen am 31. v. M. an Angina und Bronchialkatarrh
erkrankt. Die anſänglichen Fiebererſcheinungen ſchwanden
am zweiten Tage; geſtern konnte der Erzherzog bereits den
größten Theil des Tages außer Bett zubringen. Angina
ſowie Bronchialkatarth zeigen gegenwärtig eine erfreuliche
Abnahme.
* Chriſtlich-ſocialer Wählerverein für den
10 Bezirk Favoriten. Vollverſammlung
Dienſtag, den 8. Jänner, Abends halb 8 Uhr, in Kraut-
ſtoffl’s „Favoriten Saal“, 10 Bez., Himbergerſtraße 55. —
Tagesordnung: 1 Herr GR. Joſef Strobach: Be-
laſtung des Realbeſitzes; 2. Herr Dr. Albert Geßmann:
Die volkswirthſchaftlichen Forderungen der arbeitenden
Stände und das Parlament; 3. Alois Prinz Liechten-
ſtein: Die allgemeine politiſche Lage; 4. Eventuelle An-
träge und Interpellationen.
* Verſammlung von Weinbauintereſſenten in
Krems. In der ſtädtiſchen Turnhalle in Krems fand
Sonntag Nachmittags die vom landwirthſchaftlichen Bezirks-
vereine in Krems einberufene Verſammlung von Weinbau-
intereſſenten ſtatt. In derſelben wurde gegen die geplante
Herabſetzung der Zölle auf franzöſiſche Weine in entſchiedener
Weiſe Stellung genommen.
* Wahlrechts-Demonſtrationen in Budapeſt.
Sonntag wurden ſowohl in Budapeſt als in mehreren
Provinzſtädten Volksverſammlungen zu Gunſten des all-
gemeinen Wahlrechtes und der Vereins- und Verſamm-
lungsfreiheit abgehalten. Von den in Budapeſt abgehaltenen
zehn Verſammlungen nahm bloß eine in der National-
Turnhalle abgehaltene, welche vom anweſenden Vertreter
der Polizei aufgelöſt wurde, einen ſtürmiſchen Verlauf. Die
Theilnehmer, mehrere Tauſend an der Zahl, proteſtirten
gegen die Auflöſung, beſchloſſen, an das Miniſterium
zu recurriren, und entfernten ſich unter Abſingung eines
Arbeiterliedes. Auf der Straße kam es zu großen Tumulten,
bei welchen einundfünfzig Perſonen verhaftet wurden.
Größere Ausſchreitungen wurden durch ein rieſiges Aufgebot
von Polizei verhindert.
* Selbſtmord und Mordverſuch. Freitag Abends
war ein junges Paar in Budapeſt eingetroffen, hatte ſich
in einem Hotel einlogirt und nahm auch daſelbſt das
Abendeſſen. Samſtag Vormittags vernahm das Hotel-
perſonale zwei Schüſſe, und als der Portier in das von
dem jungen Paare bewohnte Zimmer eintrat, fand er den
jungen Mann leblos am Boden liegen, während das
Mädchen, das öffnen wollte, am Boden zuſammengeſunken
war. Wie es ſich herausſtellte heißt der Mann Popper
und iſt der Sohn eines Paprikahändlers, ſeine Geliebte iſt
die Kaffeehaus-Caſſierin Julie Spalag. Popper war ſofort
todt, während Julie Spalag nicht lebensgeſährlich ver-
wundet iſt.
* Unter dem Schnellzuge. Wie aus Turin ge-
meldet wird, ſtürzte ſich Samſtag bei der Station Sarana
ein anſcheinend den beſſeren Ständen angehörendes junges
Paar unter die Räder des Schnellzuges und war ſofort
todt. Man glaubt, es ſeien zwei Fremde, die in Monte
Carlo ihr Vermögen verſpielt haben..
* Ruſſiſche Polizeiwillkür. Aus Warſchau wird
der „Köln. Volksztg.“ berichtet: Der öſterreichiſche Staats-
angehörige Stanislaus Stobiecki, ein Zahnt chniker, wurde
vor zwei Wochen beim Ueberſchreiten der Grenze von den
ruſſiſchen Behörden verhaftet und in das Gefägniß zu
Miechowo gebracht. Die in Galizien lebende Mutter des
Stobiecki ſandte darauf ihre beiden andern Söhne über die
Grenze, um in Erſahrung zu bringen, weshalb Stanislaus
Stobiecki verhaftet worden ſei. Auch dieſe beiden Brüder
wurden als verdächtig ins Gefängniß gebracht. Aus welchen
Gründen die Brüder Stobiecki feſtgehalten werden, hat bis
jetzt nicht ermittelt werden können.
* Die Degradation Dreyfus. Capitän Dreyfus iſt
nicht mehr. Seit vorgeſtern wird dieſe ehemalige Zierde des
franzöſiſchen Officiercorps nur mehr im Stande der zur
Deportation beſtimmten Verbrecher geführt. Unter Ent-
faltung großen militäriſchen Ceremoniells hat man den
ehrvergeſſenen Schänder des Officierskleides, den Verräther
an dem Lande, das ihm und ſeinen Stammesgenoſſen als
zweites Vaterland theuer ſein ſollte, vorgeſtern ſeiner Würde
entkleidet. Die Scenen, welche die Degradation begleiteten
und ihr folgten, zeigen, daß das franzöſiſche Volk von der
Berechtigung des Antiſemitismus bereits überzeugt iſt Im
Nachtrage zu unſerer telegraphiſchen Meldung in der letzten
Nummer wird noch berichtet: Die Truppen waren unter
dem Commando des General Daras in der Stärke von
3000 Mann ausgerückt. Nach der vorgenommenen De-
gradation mußte Dreyfus die Front der Truppen ab-
ſchreiten und wurde ſodann von zwei Gendarmen in
Empfang genommen, welche ihm Handſchellen anlegten
und ihn in einen Zellenwagen einſteigen ließen. Als der
Verurtheilte durch die Menſchenmenge fuhr, welche ſelbſt
die Dächer der Häuſer beſetzt hielt, ertönten Rufe: „Tod
Dreyfus“, Tod dem Verräther“! Dreyſus wäre gelyncht
worden, wenn das Volk ſeiner habhaft geworden wäre.
Bedeutſam iſt ein Pariſer Telegramm, wonach der Miniſter-
rath beſchloſſen hätte, beim Wiederzuſammentritt der
Kammern einen Geſetzentwurf einzubringen, nach welchem
die Heilsinſeln (Guyana), gleichwie die Halbinſel Ducos
(Caledonien) als Deportationsorte gelten ſollen. Es ſei
wahrſcheinlich, daß Dreyſus nach den Heilsinſeln gebracht
werden wird. Nach derſelben Quelle ſoll der Antrag,
Cayenne wieder zum Deportationsort zu machen, eine
Folge der Journalartikel ſein, welche einerſeits für Dreyfus
die Todesſtrafe verlangten, andererſeits darauf hinwieſen,
daß es leicht ſei, aus Caledonien zu entfliehen. Die Ver-
bannung nach Cayenne wäre die langſame Todesſtrafe für
Dreyfus, da das Klima von Franzöſiſch-Guyana für die
Conſtitution der Europäer das verderblichſte iſt. Es heriſcht
dort eine geradezu tropiſche Temperatur. In der ſoge-
nannten trockenen Zeit ſteigt das Thermometer bis zu
54 Grad Celſius, und die Hitze iſt faſt unerträglich. Es
iſt bezeichnend, daß des Verräthers Dreyfus wegen, ſogar
Geſetze abgeändert werden ſollen, wehl nicht aus dem
Grunde, um die Strafe zu verſchärfen, als vielmehr um
ſie zu erleichtern. Als eine Erleichterung der Strafe wäre
es auch aufzufaſſen, wenn man das Gnadengeſuch der
Gattin Dreyfus bewilligen würde, die den Präſidenten
bittet, ihren Gemal nach den Verbannungsort begleiten zu
dürſen. Gewöhnlich wird Deportirten, welche keine Drei-
fus ſind, die geſetzlich zuläſſige Begünſtigung, ihre Ange-
hörigen und Verwandten nachkommen zu laſſen, erſt nach
Ablauf von 5 Jahren bewilligt. Bei Dreyfus wird man
leider eine Ausnahme machen, denn „hervorragende Perſön-
lichkeiten“ (??) befürworten das Geſuch.
* Eine Mutter, die ihr Kind mit Meſſerſtichen
bedroht. Samſtag Mittags wurde bei der Tramway-
remiſe in Simmering ein Knabe angehalten, der, dürftig
bekleidet vor Kälte zitterte. Der Knabe wurde auf das
Polizeicommiſſariat gebracht, wo er angab, daß er 13 Jahre
alt ſei, Albert Mozena heiße und am Morgen ſeiner
Mutter, der in der Geiſelbergſtraße wohnenden Bedienerin
Anna Jerike, entlaufen ſei, weil ſie ihn furchtbar miß-
bandle. Der Polizeibezirksarzt nahm die Unterſuchung des
Knaben vor und fand am ganzen Körper Spuren von
Mißhandlungen, darunter am Rücken neben der Wirbel-
ſäule einen leichten Meſſerſtich. Am rechten Arme hatte er
Abſchürfungen. Das Hemd war mit Blut beſudelt. Mozena
behauptet, den Meſſerſtich und die übrigen Verletzungen
von ſeiner Mutter erhalten zu haben. Er wurde in das
Rudolfsſpital gebracht. Gegen die Mutter wurde die Straf-
anzeige erſtattet.
* Schneeſälle und Verwehungen. Wie aus
Trieſt gemeldet wird, wüthete Samſtag bis Mittag eine
heftige Bora. An einzelnen Stellen der Stadt mußten
Stricke geſpannt werden. Das Meer iſt bewegt, die Schiff-
fahrt hat jedoch keine Unterbrechung erfahren. Aus Pola
wird gemeldet, daß dort ebenfalls ein heftiger Schneefall
ſtattgefunden hat. — In Budapeſt trat in den Morgen-
ſtunden ein intenſiver Schneefall ein, welcher die Commu-
nication ſehr beſchränkte. — Wie die Direction der unga-
riſchen Staatsbahnen mittheilt, mußte der Eiſenbahnverkehr
auf den Strecken Verſecz-Kubin, Totmegyer, Nagy-Belicz
und Negy-Surany Aranyos-Maroth in Folge der Schnee-
hinderniſſe eingeſtellt werden, ebenſo auf den Linien Hideg-
kut Gyönk-Tamaſi, Budapeſt Lajos-Mizſe und Oravicza-
Anin. Auf der Linie Nyiregyhaza-Mateszalka und der
Strecke Tot-Megyer-Neutra der Neutrathal Bahn wurde
der Verkehr wieder aufgenommen.
* Ueber einen Handſchriftendiebſtahl im
Vatican, der am 27. December von den italieniſchen Be-
hörden entdeckt worden iſt, berichtet ein Abtheilungschef des
Unterrichtsminiſteriums zu Rom Folgendes: Am 21 De-
cember erſchien auf dem Miniſterium ein Mann, der ſich
Profeſſor Sardi nannte und einige mit ausgezeichneten
Miniaturen gezierte Pergamentblätter, aus einem griechi-
ſchen Codex ſtammend, zum Verkauf anbot. Da der Mann
noch 18 andere Blätter zu beſitzen angab, die er aber erſt
gegen einen Vorſchuß von 200 Lire von einem Antiquar
Cherici, der ſie als Pfand hielt, freimachen könne, und da
die italieniſchen Beamten an dem rechtmäßigen Beſitz der
werthvollen Blätter zweifelten, gingen ſie ſcheinbar auf den
Handel ein, gaben den gewünſchten Vorſchuß und erhielten
ſo im Ganzen 21 Pergamentblätter. Von dieſen wurde
raſch feſtgeſtellt, daß ſie aus dem vaticaniſchen Codex
„Homilien des Mönches Jacob“ ausgeſchnitten waren, der
nur noch in einem zweiten Exemplar in der National-
bibliothek zu Paris erhalten iſt. Man ſchritt hierauf zur
Verhaftung des Cherici und des Sardi (deſſen wahrer
Name Giovanni Rapiſardi iſt) und kam dahinter, daß durch
Letztern ſchon mehrere Blätter des genannten Codex und
eines zweiten vaticaniſchen Codex „Triumphe des Franz
Petrarca“ an verſchiedene Perſonen verkauft worden
waren. Es gelang jedoch, das geſtohlene werthvolle Gut
wieder zuſammenzubringen.
* Jüdiſcher Unternehmungsgeiſt in der Vri
gittenau. In der Wallenſteinſtraße 16 iſt ein jüdiſcher
Kaufmann Namens Feld, in deſſen Familie ſich vor Kurzem
ein Todesfall ereignete. Kurz darauf wurden am Geſchäfts-
locale große Affichen aufgeklebt: „Wegen Todesfall, Aus-
verkauf, 60 Perc. unter dem Einkaufspreiſe.“ Sein Nachbar
und Cohncument, auf Nummer 18 Namens Schenk, eben-
folls unartenlos, war ihm um dieſen Todesfall wahr
ſcheinlich „neidig“, hatte er doch nicht die gleiche Ge-
legenheit einen „Ausverkauf“ zu veranſtalten Um aber
doch auch ſeinen „Geiſt“ zeigen zu können, ließ er ſich große
Plakate drucken: „Kein Todesfall, kein Ausverkauf — und
doch billiger wie überall“. Das iſt wohl die höchſte Blüthe
des freien Spieles der wirthſchaftlichen Kräfte dieſer Con-
currenz bis auf den — Todesfall. Hat der wackere Schenck
die Befähigung zur Ausübung ſeiner Praxis bei Wrabetz
erworben?
* Der Hund als Verräther. Im October 1894
knüpſte in München ein angeblich im ſtaatlichen Finanz-
dienſt ſtehender „Officiant“ mit einem Mädchen ein Ver-
hältniß an und wußte ſie durch Heirathsverſprechen zur
Hergabe eines bedeutenden Darlehens zu veranlaſſen. Als
er längere Zeit ſich nicht mehr ſehen ließ, erfuhr das
Mädchen durch Nachforſchungen, daß Name, Stand und
Adreſſe ihres Bräutigams falſch waren. Am Mittwoch
Nachmittag begegnete das Mädchen dem Pſeudo-Officianten
auf dem Marienplatz, hielt deſſen großen Bernhardinerhund
an und ging mit dem Hund auf einen Gendarmen zu. In
dieſem Moment ergriff der Herr des Hundes ſchleunigſt die
Flucht und verſchwand. Das Mädchen übergab nun den
Hund, der ohne Zeichen war, einem Sicherheitsbeamten.
Dieſer überließ ſich der Führung des Thieres und kam auf
dieſe Weiſe in ein elegantes Haus, woſelbſt der Beſitzer des
Hundes in Perſon eines verheiratheten, im Beſitze zahl-
reicher Kinder befindlichen Kaufmannes ermittelt.
Telegramme.
Troppau, 7. Jänner. Heute Nachts wurde in
der hieſigen Bezirkskrankencaſſe eingebrochen und eine
Handcaſſe mit circa 280 fl.. ſowie ein auf 1650 fl.
lautendes Sparcaſſabuch entwendet.
Podiebrad, 7. Jänner. Die vom (jungczechiſchen)
„Politiſchen Club“ für geſtern hierher einberufene Wähler-
verſammlung, bei welcher Abg. Raſchin ſeinen
Rechenſchaftsbericht erſtattete, wurde wegen Redeausſchrei-
tungen des genannten Abgeordneten behördlich aufgelöſt.
Budapeſt, 7. Jänner. Der Kaiſer empfing
um 11 Uhr Vormittags Koloman v. Tisza und um
12 Uhr den Grafen Julius Szapary in Privat-
audienz. — Um halb 1 Uhr Nachmittags begibt ſich
der Kaiſer nach dem Bahnhofe, um Erzherzog Franz
Salvator und die Erzherzogin Marie Valerie zu er-
warten.
Budapeſt, 7. Jänner. Laut Mittheilung der Di-
rection der kön. ung Staatsbahnen wurden auf den Linien
Budapeſt — Lajos —Mizſe, Hidegkut—Gyönk—Tamaci und
Neutra—Nagy Belicz die Schneehinderniſſe beſeitigt und
der Verkehr wieder aufgenommen.
Berlin, 7. Jänner. Der Kaiſer empfing die
Gemeindevertreter der Inſel Helgoland, welche
die Bitte um Gewährung von Mitteln zur Wieder-
herſtellung der durch die letzten Sturmfluthen be-
ſchädigten Düne unterbreiteten. Der Kaiſer ſagte zu,
daß das Nöthige zum Schutze der Inſel und der Düne
geſchehen werde.
Arco, 6. Jänner. Das geſtern über das Be-
finden des Erzherzogs Albrecht ausgegebene
Bulletin lautet: Die Nacht gut verbracht. Angina und
Bronchialcatarrh in erfreulicher Abnahme begriffen.
Seine k. Hoheit iſt fieberfrei.
Stockholm, 6. Jänner. Die Regierung beſchloß,
vom 7. Jänner angefangen den Zoll auf unge-
mahlenes Getreide auf 315, jenen auf ge-
mahlenes auf 650 Oere per 100 Kilogramm zu er-
höhen.
Paris, 7. Jänner. Erneſt Carnot wurde in Beaune
zum Deputirten gewählt. Es war kein Gegencandidat aufge-
ſtellt worden.
Paris, 6. Jänner. Im 13. Arrondiſſement wurde
bei der Wahl in die Legislative, Girault Richard mit
2742 Stimmen gewählt, Der Republikaner Albert Felix
erhielt 988 Stimmen.
Sofia. 6. Jänner. In den hieſigen Kreiſen wird all-
gemein hervorgehoben, daß die geſtrige Demonſtration beim
Empfange Zankow’s eine durchaus künftliche und
theatraliſche war, wie ſie dem Charakter Zankow’s entſprach.
Desgleichen wurde die Freilaſſung Karawelow’s mit
Gleichailtigkeit aufgenommen.
Madrid, 7. Jänner. Der Miniſterrath ſetzte das
Budget der verſchiedenen Miniſterien endgiltig feſt. Nach
demſelben werden, ungeachtet einiger beim Kriegsbudget
vorgenommenen Erhöhungen, Erſparungen in der Höhe
von drei Millionen erzielt.
Toronto, 6. Jänner. Heute Vormittags brach im
Geſchäftsviertel eine große Feuersbrunſt aus, durch
welche eine ganze Abtheilung der Hauptſtraße, darunter die
Bureaux der Zeitung „Globe“, zerſtört wurden. Zwei
Feuerwehrleute wurden verſchüttet. Der Schaden wird auf
eine Million Dollars geſchätzt.
London, 7. Jänner. Die „Times“ melden aus
Peking vom 6. Jänner: Der Kaiſer empfing geſtern
die nach Japan gehenden chineſiſchen Unterhändler in
Abſchiedsaudienz. Japan lehnt den Waffen-
ſtillſtand ab. Der amerikaniſche Geſandte glaubt,
daß die jetzigen Unterhandlungen ohne Ergebniß ver-
laufen und die Japaner erſt dann Frieden ſchließen
werden, wenn ſie Peking beſetzt haben.
Waſhington, 6 Jänner. Dem Vernehmen nach
proteſtirte Frankreich gegen die im vorigen Sommer
ſtattgehabte Anweſenheit von ärztlichen amerikaniſchen
Inſpectoren in mehreren Häfen Europas, die ohne
vorheriges Uebereinkommen damit beauftragt waren,
die für die Vereinigten Staaten beſtimmten Schiffe
zu unterſuchen. Die deutſche Regierung, die Anfangs
nicht ſo weit ging, proteſtirt gegenwärtig entſchieden
und droht, den amerikaniſchen Inſpectoren die Aus-
führung ihrer Miſſion zu unterſagen, wenn der Con-
greß das Syſtem der ärztlichen Unterſuchungen in
deutſchen Häfen noch weiter ausdehnen wollte.
Waſhington, 6. Jänner. Man glaubt, Präſident
Cleveland werde eine Botſchaft an den Congreß ſenden,
um die Schritte der Anhänger des Congreſſes für die Ge-
nehmigung des Zucker-Geſetzentwurfes zu unterſtützen. In
gewiſſen Kreiſen herrſcht die Anſicht vor, daß man beab-
ſichtige, eine europäiſche Combination herbeizuführen, um
die freie Zuckereinfuhr für die Vereinigten Staaten dagegen
zu erhalten, daß die amerikaniſchen Producte frei in Europa
zugelaſſen werden.
Wiener Borſe.
Originalbericht der „Reichsvoſt“.
7. Jänner 1895.
Wenn der Wohlſtand mit den Curſen gleichen Schritt
halten ſollte, dann wäre der erſtere ſehr groß. Leider ſind
die Curſe ſeit langem kein Werthmeſſer des Wohlſtandes.
Die heutigen Börſen huldigen dem Börſeſpiel; die Curſe
werden muthwillig und eigenmächtig in die Höhe getrieben
und wenn nicht bald die Staatsgewalt dieſem gemeinge-
fährlichen Börſentreiben ein Ende machen wird, ſo erleben
wir in nicht ferner Zukunft einen Krach, der ſowohl den
Börſen als auch manchen Staatsfunctionären und Würden-
trägern einen tödlichen Stoß bringen wird. Das was ſich
jetzt auf den Börſen vollzieht, iſt geradezu demoraliſirend.
Alles iſt werthlos bis auf — Papierwerth. Papierner
Credit iſt mächtiger als Alles. Leider, nichts iſt aber auch
ſchwächer wie — Papier und Credit auf denſelben. Vor-
läufig machen wir eine Hauſſeepoche durch. Die geſtrigen
winkelbörslichen Curſe blieben behauptet und erhöht.
Um 2 Uhr 30 Min. notirten: Credit 410 50 Ung
Creditactien 498.75, Anglo 183.60, Union 315 75, Bank-
verein 157.50, Länderbank 280 80, Boden 548 50, Tabak
233 50, Mairente 100.62, Silberrente 100.65, Oeft. Krenenr.
100.20, Ung. Kronenr. 99.05, Oeſt. Goldrente 125 10, Ung
Goldrente 123 90, Staatsbahn 397.12, Lombarden 106 —,
Galizier —.—, Elbethal 274.—, Nordweſtb. 246.50,
Czernow. 295.—, Kaſchauer 197.—, Buſchtiehrader A.,
1400.—, Buſchtehrader B 545.—, Böhmiſch. Nordb. 910.—,
Böhmiſche Weſtb. 411.50, Köflacher 276.—, Nordbahn
3485.—, Localb. 212.—, Werndl 343.—, Tramway 448.—,
Neue Tramway —.—, Dampfſchiff 534.—, Lloyd 528.—,
Communal 173.50, Ungarl. 157 50, Theißl. 143.25, Türken
73 25, Waggonl. —.—, Alpine 97.60, Prager Eiſen 679.—,
Draſche 342.—, Rima 276.—, Trifailer 178.50, Brüxer
419.—. Weſtb. Kohle 134.—, Rubel 133.50, Marknoten 60.78
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