Reichspost. Nr. 7, Wien, 10.01.1905.Wien, Dienstag Reichspost 10. Jänner 1905 7 [Spaltenumbruch] Geschichte vom Sturze Koerbers, führte Doktor Die Neuwahlen in Ungarn. Minister- Deutsches Reich. Große Verluste in Deutsch-Westafrika haben die deutschen Truppen in dem letzten Frankreich. Syvetons Nachfolger. Gestern ist an Ein Bischof vor Gericht. Msgr. Ricard, [Spaltenumbruch] Luther und erhielt dafür vom Papste den Titel Königin Elisabeth gab den politischen und In die Regierungszeit der Stuarts bezw. [Spaltenumbruch] Der Whig-Partei und den englischen Prote- Noch ein paar Worte seien mir verstattet, Wien, Dienstag Reichspoſt 10. Jänner 1905 7 [Spaltenumbruch] Geſchichte vom Sturze Koerbers, führte Doktor Die Neuwahlen in Ungarn. Miniſter- Deutſches Reich. Große Verluſte in Deutſch-Weſtafrika haben die deutſchen Truppen in dem letzten Frankreich. Syvetons Nachfolger. Geſtern iſt an Ein Biſchof vor Gericht. Mſgr. Ricard, [Spaltenumbruch] Luther und erhielt dafür vom Papſte den Titel Königin Eliſabeth gab den politiſchen und In die Regierungszeit der Stuarts bezw. [Spaltenumbruch] Der Whig-Partei und den engliſchen Prote- Noch ein paar Worte ſeien mir verſtattet, <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header">Wien, Dienstag Reichspoſt 10. Jänner 1905 7</fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div xml:id="koerbers2" prev="#koerbers1" type="jArticle" n="3"> <p>Geſchichte vom Sturze Koerbers, führte Doktor<lb/><hi rendition="#g">Groß</hi> aus, wird erſt geſchrieben werden.<lb/><hi rendition="#g">Koerber</hi> iſt nicht gegangen infolge der Ab-<lb/> ſtimmung im Budgetausſchuſſe über die 69 Mil-<lb/> lionen oder weil die Tſchechen ſeinen Sturz<lb/> verlangt haben. <hi rendition="#g">Koerber iſt einfach fallen<lb/> gelaſſen worden,</hi> wie ſo viele andere vor<lb/> ihm und wahrſcheinlich auch nach ihm. Warum?<lb/> Die Antwort auf dieſe Frage iſt um ſo ſchwerer<lb/> zu geben, als man dabei gezwungen iſt, ſich eine<lb/> hochgradige Reſerve aufzuerlegen. Mag ſein, daß<lb/> die Ungeduld mächtiger militäriſcher Faktoren,<lb/> welchen die Mitteln für die Neubewaffnung der<lb/> Artillerie uſw. nicht ſchnell genug zur Verfügung<lb/> geſtellt wurden, den Ausſchlag gegeben hat. Mag<lb/> ſein, daß die Entrüſtung der frommen Kreiſe,<lb/> über ſeine Haltung gegen die Gottesläſterer ein<lb/> Opfer forderte. Herr v. <hi rendition="#g">Koerber</hi> und ſelbſt<lb/> ſein Nachfolger <hi rendition="#g">wiſſen es nicht.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Neuwahlen in Ungarn.</hi> </head> <p>Miniſter-<lb/> präſident Graf Stephan <hi rendition="#g">Tisza</hi> hat mit zwei<lb/> ſehr inhaltsreichen Enunziationen in den bisher<lb/> noch recht akademiſch ſich gebenden Wahlkampf<lb/> eingegriffen. 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Geſtern ſprach der Miniſterpräſident zu<lb/> den Wählern des vierten Ofen-Peſter Bezirkes in<lb/> zweiſtündiger Programmrede über ſeine ſtaats-<lb/> wirtſchaftlichen Abſichten, vor allem über das<lb/> ſelbſtändige Zollgebiet und die Handelsverträge.<lb/> Doch habe der Gedanke des ſelbſtändigen Zoll-<lb/> gebietes in der letzten Zeit in der öffentlichen<lb/> Meinung viel Anhänger gewonnen. „Ich bin,“<lb/> ſagte Graf <hi rendition="#g">Tisza,</hi> „davon überzeugt, daß man<lb/> die Inſtitution des <hi rendition="#g">gemeinſamen Zoll-<lb/> gebietes</hi> für die Zukunft <hi rendition="#g">nicht retten</hi><lb/> kann, wenn ſich dieſelbe zu einer langen Kette<lb/> von ununterbrochenen Proviſorien geſtalten wird.“<lb/> Andererſeits konnten aus „ſchweren patriotiſchen<lb/> Skrupeln“ die Argumente gegen die der Zoll-<lb/><cb/> gemeinſamkeit feindliche Agitation ſchwer<lb/> ins Treffen geführt werden, denn ſie<lb/> hätten den Abſchluß des Zollbündniſſes<lb/> ungünſtig beeinfluſſen können. Was das anlange,<lb/> ſei der Standpunkt jetzt weit leichter, weil zwiſchen<lb/> den beiden Regierungen in dieſer Frage <hi rendition="#g">bereits<lb/> ein Uebereinkommen getroffen wurde</hi><lb/> und auch die öſterreichiſche Regierung bereits heute<lb/> an einen Standpunkt gebunden ſei und jedermann<lb/> in Oeſterreich darüber im Reinen ſein könne, daß<lb/> die Periode des Feilſchens zu Ende ſei und daß<lb/> der vom <hi rendition="#g">Kabinett Szell</hi> vereinbarte Aus-<lb/> gleich auf der <hi rendition="#g">einzig möglichen Baſis</hi> be-<lb/> ruhe, auf der ein Ausgleich zwiſchen Oeſterreich<lb/> und Ungarn überhaupt zuſtandekommen könne.<lb/><hi rendition="#g">Weitere Konzeſſionen gebe es</hi> in dieſer<lb/> Frage <hi rendition="#g">nicht mehr.</hi> Die Schaffung eines ſelb-<lb/> ſtändigen Zollgebietes würde im gegenwärtigen<lb/> Augenblicke eine wahre Revolution in volkswirt-<lb/> ſchaftlicher Beziehung hervorrufen, die ungariſche<lb/> Landwirtſchaft würde ſie zugrunde richten, die Mög-<lb/> lichkeit eines Exportes ungariſcher Rohprodukte<lb/> auf ein Minimum beſchränken und den größten<lb/> Teil der beſitzenden Klaſſe Ungarns direkt ſeinem<lb/> Ruin entgegenführen. 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Diejenigen,<lb/> welche in Ungarn von <hi rendition="#g">einem allgemeinen<lb/> Wahlrecht</hi> ſprechen, ſeien entweder <hi rendition="#g">Utopiſten</hi><lb/> oder Agitatoren, welche ſich um die Intereſſen der<lb/> ungariſchen Nation nicht kümmern, oder aber —<lb/> und deren Zahl iſt die größte — es ſeien Leute,<lb/> die mit dem Feuer ſpielen im Vertrauen auf die<lb/> Feuerwehr. — Die Wahlbewegung geht im<lb/> übrigen ihren normalen Gang. Graf Albert<lb/><hi rendition="#g">Apponyi</hi> wurde heute als Kandidat für das<lb/> Reichstagsmandat von Jaszber<hi rendition="#aq">é</hi>ny, der geweſene<lb/> Ackerbauminiſter Doktor v. <hi rendition="#g">Daranyi</hi> für das<lb/> in Tapolcza aufgeſtellt. Der Raaber Biſchof Graf<lb/> Nikolaus <hi rendition="#g">Szechenyi</hi> hat an ſeinen Diözeſan-<lb/> klerus ein Rundſchreiben gerichtet, indem er be-<lb/> züglich der Wahlen anordnet: 1. Die Geiſtlichen<lb/> mögen die Wahlen nicht in ihre kirchlichen Reden<lb/> und Handlungen einbeziehen. 2. Auf dem Pfarr-<lb/> gebäude dürfen keine Wahlfahnen angebracht<lb/> werden. 3. Die Geiſtlichen dürfen weder auf den<lb/><cb/> Hüten, noch an den Kleidungsſtücken Wahl-<lb/> abzeichen tragen. 4. Die Geiſtlichen mögen die<lb/> Wahlagitationslokale nicht aufſuchen und keine<lb/> Tätigkeit im Dienſte der Wahlen entfalten.<lb/> 5. Die Geiſtlichen ſollen die auf der Rundreiſe<lb/> befindlichen Abgeordneten-Kandidaten nicht be-<lb/> ſuchen. Doch ſchließe dies nicht aus, daß die Geiſt-<lb/> lichen all jenen, die ſich an ſie vertrauensvoll<lb/> wenden, mit Ratſchlägen und Aufklärungen zur<lb/> Seite ſtehen. 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Bienaim<hi rendition="#aq">é</hi> iſt<lb/> Nationaliſt und war ein Freund Syvetons. Als<lb/> Hafenpräfekt von Toulon hatte er mit ſeinem Vor-<lb/> geſetzten wiederholt Konflikte. Vor ſechs Monaten<lb/> hatte er ſein Entlaſſungsgeſuch eingereicht, das<lb/> Marineminiſter Pelletan ſofort annahm. Sein<lb/> Gegenkandidat war Bellan, der Stadtſyndikus<lb/> von Paris. Bei der Verkündigung des Wahl-<lb/> reſultates auf der Mairie des zweiten Arrondiſſe-<lb/> ments kam es zu einer argen Schlägerei. Admiral<lb/> Bienaim<hi rendition="#aq">é</hi> war bei ſeinem Erſcheinen Gegenſtand ver-<lb/> ſchiedener Kundgebungen. Die Manifeſtanten zer-<lb/> ſtreuten ſich, ohne daß die Polizei eingeſchritten wäre.<lb/> Nach der Wahl Bienaim<hi rendition="#aq">é</hi>s veranſtalteten geſtern<lb/> etwa 200 Nationaliſten Kundgebungen gegen die<lb/> Regierung und gegen die Freimaurer. Während<lb/> dieſer kam es wiederholt zwiſchen Nationaliſten<lb/> und Sozialiſten zu Raufereien. Die Polizei nahm<lb/> 15 Verhaftungen vor. Die offiziöſen Blätter er-<lb/> klären, die Wahl Bienaim<hi rendition="#aq">é</hi>s ſei eine <hi rendition="#g">ſchwere<lb/> Niederlage für die Regierung.</hi> Syveton<lb/> habe durch ſeine Ohrfeige den Rücktritt Andr<hi rendition="#aq">é</hi>s<lb/> herbeigeführt, <hi rendition="#g">Bienaim<hi rendition="#aq">é</hi> werde den Marine-<lb/> miniſter zur Demiſſion zwingen.</hi> Die<lb/> radikalen Blätter brüſten ſich damit, daß die<lb/> Zahl der nationaliſtiſchen Wähler abgenommen<lb/> habe, fügen jedoch hinzu, dieſe Wahl ſei eine<lb/> Mahnung für die Republikaner und für die<lb/> Regierung, im Hinblicke auf die allgemeinen<lb/> Wahlen für die Deputiertenkammer im Jahre<lb/> 1906, ihre Anſtrengungen zu verdoppeln.</p> </div><lb/> <div xml:id="gericht1" next="#gericht2" type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Ein Biſchof vor Gericht.</hi> </head> <p>Mſgr. Ricard,<lb/> Biſchof von Augoul<hi rendition="#aq">ê</hi>me, ſtand am 2. 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Wenn ihm<lb/> dieſes nicht gelang, ſo fällt das Verſchulden<lb/> indeſſen weniger auf ihn als vielmehr auf Hans<lb/> Holbein, der Anna, die ausnehmend häßlich war,<lb/> in dem für den königlichen Brautwerber be-<lb/> ſtimmten Gemälde ſehr geſchmeichelt hatte.<lb/> Dieſe Heirat, aus der ſich die deutſchen Prote-<lb/> ſtanten anfänglich viel für ihre Sache ver-<lb/> ſprachen, blieb auf die Geſtaltung der religiöſen<lb/> Beziehungen der beiden Völker ohne Einfluß.</p><lb/> <p>Königin Eliſabeth gab den politiſchen und<lb/> kommerziellen Beziehungen zwiſchen England und<lb/> Deutſchland eine Wendung, die zwar dem briti-<lb/> ſchen Reiche zu einer nie geahnten Höhe verhalf,<lb/> gleichzeitig jedoch dem Hanſabunde den Todes-<lb/> ſtoß verſetzte und ein gefährliches politiſches In-<lb/> trigenſpiel auf dem Feſtlande anbahnte.</p><lb/> <p>In die Regierungszeit der Stuarts bezw.<lb/> die Jakobs <hi rendition="#aq">I.</hi> fällt der 30jährige Krieg, an dem<lb/> das engliſche Volk mittelbar, der engliſche Hof<lb/> unmittelbar intereſſiert war, da es die Tochter<lb/> des Königs geweſen, die dem Pfalzgrafen Friedrich<lb/> ſich vermält hatte. Einige Geſchichtsſchreiber be-<lb/><supplied>h</supplied>aupten, daß <supplied>ſie</supplied> es geweſen, die den „Winter-<lb/><cb/> könig“ zur Annahme der böhmiſchen Krone zu<lb/> überreden wußte und dadurch die unheilvollen<lb/> Religionswirren heraufbeſchwor. Auf der andern<lb/> Hand war es Sohn Jakobs, der die Schweſter<lb/> Ludwigs <hi rendition="#aq">XIII.</hi> von Frankreich ehelichte und damit<lb/> eine ausgeſprochen deutſchfeindliche Politik ſeiner Nach-<lb/> kommen einleitete. Karl <hi rendition="#aq">I.</hi> ſtand im Solde Frankreichs.<lb/> Cromwells republikaniſche Regierung war zu viel<lb/> mit der Herſtellung geordneter Verhältniſſe in<lb/> England und Schottland und mit der Nieder-<lb/> werfung des iriſchen Aufſtandes beſchäftigt, um<lb/> ſich um die Geſtaltung der Dinge auf dem Feſt-<lb/> lande bekümmern zu können, Karl <hi rendition="#aq">II.</hi> lebte ſeinen<lb/> Maitreſſen und da auch er, wie ſein Vater,<lb/> franzöſiſches Schweiggeld empfing, rührte er nicht<lb/> einen Finger als Ludwig <hi rendition="#aq">XIV.</hi> in Lothringen<lb/> einfiel, dieſes als billige Beute nahm und ſodann<lb/> ſeine Aufmerkſamkeit auf die Unterjochung der<lb/> Niederlande richtete. Unter Jakob <hi rendition="#aq">II.</hi> ſchien Eng-<lb/> land auf dem beſten Wege, ein franzöſiſcher<lb/> Vaſallenſtaat zu werden, als Wilhelm von<lb/> Oranien, ein edler Krieger deutſcher Herkunft, zur<lb/> rechten Zeit auftauchte, um England zu retten<lb/> und ſeine alten freundſchaftlichen Beziehungen zu<lb/> dem ſtammverwandten Deutſchland wieder herzu-<lb/> ſtellen. Wilhelm <hi rendition="#aq">III.</hi> gab dem engliſchen Staatsſchiff<lb/> eine andere Wendung, daß dieſe jedoch nicht wirk-<lb/> ſam genug war, um den räuberiſchen Einfällen<lb/> Ludwigs in Deutſchland Schranken zu ſetzen, war<lb/> weniger das Verſchulden des Oraniers als viel-<lb/> mehr des engliſchen Parlaments, deſſen fortgeſetzter<lb/> Widerſtand den König ſehr erbitterte. Erſt Königin<lb/> Anna gewann freiere Hand, und ihr erſtes Werk<lb/> war es, dem Bunde gegen Frankreich beizutreten.<lb/> Es ſpricht nicht viel für ſie, daß ſie ſpäter ge-<lb/> heime Verhandlungen mit Ludwig einleitete, einen<lb/> Waffenſtillſtand ſchloß — und ihre Verbündeten<lb/> ſchmählich im Stiche ließ.</p><lb/> <cb/> <p>Der Whig-Partei und den engliſchen Prote-<lb/> ſtanten iſt es zu danken, daß bereits zwei Wochen<lb/> nach dem Tode der Königin Georg von Hannover<lb/> zum engliſchen König ausgerufen wurde, und die<lb/> Liberalen ſind es auch noch heute, die auf die<lb/> Beſſerung der in den letzten Jahren ziemlich ge-<lb/> ſpannten engliſch-deutſchen Beziehungen hinzuwirken<lb/> ſich bemühen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Noch ein paar Worte ſeien mir verſtattet,<lb/> die weil ſie die Einwanderungsfrage berühren,<lb/> von aktuellem Intereſſe ſein dürften. Kein Gerin-<lb/> gerer als Lord Roſebery hat wiederholt Stellung<lb/> gegen die unſinnige Strömung im engliſchen Volk<lb/> gegen das Ausländertum genommen, nichtsdeſto-<lb/> weniger hört die Agitation in der chauviniſtiſchen<lb/> engliſchen Preſſe nicht auf. Mit Recht führte der<lb/> Lord einmal im Oberhauſe aus, daß England<lb/> den Einwanderern vieles, wenn nicht alles, ver-<lb/> danke, daß es deutſche Hanſeaten waren, die den<lb/> Grundſtein zu Englands Stellung als Handels-<lb/> und Seevolk legten, daß die Engländer des<lb/> Mittelalters ein Bauernvolk waren und daß der<lb/> einzige Ausfuhrartikel Rohwolle war. England<lb/> brauchte Kapitaliſten, Bankiers und fremde Geld-<lb/> wechſler, die es in Kaufleuten aus der Lombardei,<lb/> nach denen die Londoner Lombard Street noch<lb/> heute ihren Namen führt, fand. Mit wenig Worten:<lb/> Ausländer waren es, die teils auf die Einladung<lb/> kluger engliſcher Monarchen, teils auf ihre eigene<lb/> Initiative hin, nach England kamen und nicht nur<lb/> den engliſchen Handel ſchufen, ſondern ihn auch<lb/> finanzierten, die Bodenſchätze des Landes hoben<lb/> und aus dem Ackerbauſtaate ein Handelsreich<lb/> ſchufen, das weiter zu entwickeln der Königin<lb/> Eliſabeth und ihren Nachfolgern verhältnismäßig<lb/> leicht war.</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Wien, Dienstag Reichspoſt 10. Jänner 1905 7
Geſchichte vom Sturze Koerbers, führte Doktor
Groß aus, wird erſt geſchrieben werden.
Koerber iſt nicht gegangen infolge der Ab-
ſtimmung im Budgetausſchuſſe über die 69 Mil-
lionen oder weil die Tſchechen ſeinen Sturz
verlangt haben. Koerber iſt einfach fallen
gelaſſen worden, wie ſo viele andere vor
ihm und wahrſcheinlich auch nach ihm. Warum?
Die Antwort auf dieſe Frage iſt um ſo ſchwerer
zu geben, als man dabei gezwungen iſt, ſich eine
hochgradige Reſerve aufzuerlegen. Mag ſein, daß
die Ungeduld mächtiger militäriſcher Faktoren,
welchen die Mitteln für die Neubewaffnung der
Artillerie uſw. nicht ſchnell genug zur Verfügung
geſtellt wurden, den Ausſchlag gegeben hat. Mag
ſein, daß die Entrüſtung der frommen Kreiſe,
über ſeine Haltung gegen die Gottesläſterer ein
Opfer forderte. Herr v. Koerber und ſelbſt
ſein Nachfolger wiſſen es nicht.
Die Neuwahlen in Ungarn. Miniſter-
präſident Graf Stephan Tisza hat mit zwei
ſehr inhaltsreichen Enunziationen in den bisher
noch recht akademiſch ſich gebenden Wahlkampf
eingegriffen. Er erließ an die liberale Partet
ſeines bisherigen Wahlkreiſes Ugra ein offenes
Abſchiedsſchreiben, in dem er namentlich auf das
militäriſche Programm ſeines bisherigen Regimes
hinweiſt, auf deſſen erfolgreiche Durchführung
er ſich beruft. Dieſes Programm habe
über die Möglichkeit beruhigt, die gemein-
ſame Armee auf der Baſis des 1867 er
Ausgleiches dem Herzen der Nation näher-
zubringen. In den von ungariſchen
Offizieren angeführten ungariſchen Truppenteilen
werde die ungariſche Armee zur Wahrheit werden,
Die zweijährige Dienſtzeit und die Reorganiſation
der Artillerie mit ihrer Zuteilung zur Honvéd
habe die Regierung in kurzer Zeit bewerkſtelligt.
Graf Tisza berührt ſchließlich in ſeinem Schreiben
die von der Oppoſition begangenen Unzukömmlich-
keiten, denen gegenüber das Präſidium des Parla-
mentes hätte Waffengewalt anwenden können,
und nimmt von ſeinen bisherigen Mandanten
Abſchied. Geſtern ſprach der Miniſterpräſident zu
den Wählern des vierten Ofen-Peſter Bezirkes in
zweiſtündiger Programmrede über ſeine ſtaats-
wirtſchaftlichen Abſichten, vor allem über das
ſelbſtändige Zollgebiet und die Handelsverträge.
Doch habe der Gedanke des ſelbſtändigen Zoll-
gebietes in der letzten Zeit in der öffentlichen
Meinung viel Anhänger gewonnen. „Ich bin,“
ſagte Graf Tisza, „davon überzeugt, daß man
die Inſtitution des gemeinſamen Zoll-
gebietes für die Zukunft nicht retten
kann, wenn ſich dieſelbe zu einer langen Kette
von ununterbrochenen Proviſorien geſtalten wird.“
Andererſeits konnten aus „ſchweren patriotiſchen
Skrupeln“ die Argumente gegen die der Zoll-
gemeinſamkeit feindliche Agitation ſchwer
ins Treffen geführt werden, denn ſie
hätten den Abſchluß des Zollbündniſſes
ungünſtig beeinfluſſen können. Was das anlange,
ſei der Standpunkt jetzt weit leichter, weil zwiſchen
den beiden Regierungen in dieſer Frage bereits
ein Uebereinkommen getroffen wurde
und auch die öſterreichiſche Regierung bereits heute
an einen Standpunkt gebunden ſei und jedermann
in Oeſterreich darüber im Reinen ſein könne, daß
die Periode des Feilſchens zu Ende ſei und daß
der vom Kabinett Szell vereinbarte Aus-
gleich auf der einzig möglichen Baſis be-
ruhe, auf der ein Ausgleich zwiſchen Oeſterreich
und Ungarn überhaupt zuſtandekommen könne.
Weitere Konzeſſionen gebe es in dieſer
Frage nicht mehr. Die Schaffung eines ſelb-
ſtändigen Zollgebietes würde im gegenwärtigen
Augenblicke eine wahre Revolution in volkswirt-
ſchaftlicher Beziehung hervorrufen, die ungariſche
Landwirtſchaft würde ſie zugrunde richten, die Mög-
lichkeit eines Exportes ungariſcher Rohprodukte
auf ein Minimum beſchränken und den größten
Teil der beſitzenden Klaſſe Ungarns direkt ſeinem
Ruin entgegenführen. Ueber die Regelung der
Handelsbeziehungen zum Auslande ſagte Graf
Tisza, es ſeien Verhandlungen mit Deutſchland
im Zuge, die vorausſichtlich in allernächſter Zu-
kunft zu einer befriedigenden Löſung führen dürften.
Dieſer Handelsvertrag wird vermutlich zur Richt-
ſchnur für die Verträge mit anderen Staaten dienen.
Schließlich beſprach Tisza die der Löſung harrenden
ſozialen Fragen, deren Löſung weder mit Gendarmen,
noch im Umſturz der geſellſchaftlichen Ordnung
und in unſinnigen Angriffen gegen das Kapital,
ſondern darin zu finden ſei, daß jeder in der Ge-
ſellſchaft ſeinen Platz ausfülle, daß jeder ſich eine
menſchenwürdige Exiſtenz ſchaffen könne mit der
rechtſchaffenen Arbeit ſeiner Hände. Diejenigen,
welche in Ungarn von einem allgemeinen
Wahlrecht ſprechen, ſeien entweder Utopiſten
oder Agitatoren, welche ſich um die Intereſſen der
ungariſchen Nation nicht kümmern, oder aber —
und deren Zahl iſt die größte — es ſeien Leute,
die mit dem Feuer ſpielen im Vertrauen auf die
Feuerwehr. — Die Wahlbewegung geht im
übrigen ihren normalen Gang. Graf Albert
Apponyi wurde heute als Kandidat für das
Reichstagsmandat von Jaszberény, der geweſene
Ackerbauminiſter Doktor v. Daranyi für das
in Tapolcza aufgeſtellt. Der Raaber Biſchof Graf
Nikolaus Szechenyi hat an ſeinen Diözeſan-
klerus ein Rundſchreiben gerichtet, indem er be-
züglich der Wahlen anordnet: 1. Die Geiſtlichen
mögen die Wahlen nicht in ihre kirchlichen Reden
und Handlungen einbeziehen. 2. Auf dem Pfarr-
gebäude dürfen keine Wahlfahnen angebracht
werden. 3. Die Geiſtlichen dürfen weder auf den
Hüten, noch an den Kleidungsſtücken Wahl-
abzeichen tragen. 4. Die Geiſtlichen mögen die
Wahlagitationslokale nicht aufſuchen und keine
Tätigkeit im Dienſte der Wahlen entfalten.
5. Die Geiſtlichen ſollen die auf der Rundreiſe
befindlichen Abgeordneten-Kandidaten nicht be-
ſuchen. Doch ſchließe dies nicht aus, daß die Geiſt-
lichen all jenen, die ſich an ſie vertrauensvoll
wenden, mit Ratſchlägen und Aufklärungen zur
Seite ſtehen. Maßgebend ſei, daß ſich die Gläu-
bigen nur an ſolche Männer anſchließen, die die
Gewähr dafür bieten, daß ſie die Intereſſen der
Kirche wahren werden.
Deutſches Reich.
Große Verluſte in Deutſch-Weſtafrika
haben die deutſchen Truppen in dem letzten
fünfzigſtündigem Gefechte bei Groß-Nabas in
Deutſch-Südweſtafrika erlitten. Fünf Offiziere
und fünfzig Mann ſollen auf deutſcher Seite
gefallen ſein. Der Feind war tauſend Mann ſtark:
Hottentotten und Hereros.
Frankreich.
Syvetons Nachfolger. Geſtern iſt an
Stelle Syvetons im zweiten Pariſer Arrondiſſement
Admiral Bienaimé gewählt worden. Bienaimé iſt
Nationaliſt und war ein Freund Syvetons. Als
Hafenpräfekt von Toulon hatte er mit ſeinem Vor-
geſetzten wiederholt Konflikte. Vor ſechs Monaten
hatte er ſein Entlaſſungsgeſuch eingereicht, das
Marineminiſter Pelletan ſofort annahm. Sein
Gegenkandidat war Bellan, der Stadtſyndikus
von Paris. Bei der Verkündigung des Wahl-
reſultates auf der Mairie des zweiten Arrondiſſe-
ments kam es zu einer argen Schlägerei. Admiral
Bienaimé war bei ſeinem Erſcheinen Gegenſtand ver-
ſchiedener Kundgebungen. Die Manifeſtanten zer-
ſtreuten ſich, ohne daß die Polizei eingeſchritten wäre.
Nach der Wahl Bienaimés veranſtalteten geſtern
etwa 200 Nationaliſten Kundgebungen gegen die
Regierung und gegen die Freimaurer. Während
dieſer kam es wiederholt zwiſchen Nationaliſten
und Sozialiſten zu Raufereien. Die Polizei nahm
15 Verhaftungen vor. Die offiziöſen Blätter er-
klären, die Wahl Bienaimés ſei eine ſchwere
Niederlage für die Regierung. Syveton
habe durch ſeine Ohrfeige den Rücktritt Andrés
herbeigeführt, Bienaimé werde den Marine-
miniſter zur Demiſſion zwingen. Die
radikalen Blätter brüſten ſich damit, daß die
Zahl der nationaliſtiſchen Wähler abgenommen
habe, fügen jedoch hinzu, dieſe Wahl ſei eine
Mahnung für die Republikaner und für die
Regierung, im Hinblicke auf die allgemeinen
Wahlen für die Deputiertenkammer im Jahre
1906, ihre Anſtrengungen zu verdoppeln.
Ein Biſchof vor Gericht. Mſgr. Ricard,
Biſchof von Augoulême, ſtand am 2. Jänner vor
Luther und erhielt dafür vom Papſte den Titel
des „Verteidigers des Glaubes“, den engliſche
Monarchen noch heute führen, ſagte ſich ſpäter
vom Papſttum los und ſonnte ſich nun in dem
Glanze eines „Oberhauptes der anglikaniſchen
Staatskirche“. Er war ſehr eitel. Den
venetianiſchen Geſandten fragte er einmal,
indem er ſich befriedigt auf die Schenkel
klopfte, ob der König von Frankreich gleich
prächtige Hüften, Schenkel und Waden habe. Er
war auch ſittenlos und grauſam, ließ mehrere
ſeiner Frauen hinrichten und ging ſchließlich mit
einer Proteſtantin, Anna von Cleve, eine Ver-
nunftehe ein, um ſeine politiſchen Beziehungen zu
dem deutſchen Kaiſer zu verbeſſern. Wenn ihm
dieſes nicht gelang, ſo fällt das Verſchulden
indeſſen weniger auf ihn als vielmehr auf Hans
Holbein, der Anna, die ausnehmend häßlich war,
in dem für den königlichen Brautwerber be-
ſtimmten Gemälde ſehr geſchmeichelt hatte.
Dieſe Heirat, aus der ſich die deutſchen Prote-
ſtanten anfänglich viel für ihre Sache ver-
ſprachen, blieb auf die Geſtaltung der religiöſen
Beziehungen der beiden Völker ohne Einfluß.
Königin Eliſabeth gab den politiſchen und
kommerziellen Beziehungen zwiſchen England und
Deutſchland eine Wendung, die zwar dem briti-
ſchen Reiche zu einer nie geahnten Höhe verhalf,
gleichzeitig jedoch dem Hanſabunde den Todes-
ſtoß verſetzte und ein gefährliches politiſches In-
trigenſpiel auf dem Feſtlande anbahnte.
In die Regierungszeit der Stuarts bezw.
die Jakobs I. fällt der 30jährige Krieg, an dem
das engliſche Volk mittelbar, der engliſche Hof
unmittelbar intereſſiert war, da es die Tochter
des Königs geweſen, die dem Pfalzgrafen Friedrich
ſich vermält hatte. Einige Geſchichtsſchreiber be-
haupten, daß ſie es geweſen, die den „Winter-
könig“ zur Annahme der böhmiſchen Krone zu
überreden wußte und dadurch die unheilvollen
Religionswirren heraufbeſchwor. Auf der andern
Hand war es Sohn Jakobs, der die Schweſter
Ludwigs XIII. von Frankreich ehelichte und damit
eine ausgeſprochen deutſchfeindliche Politik ſeiner Nach-
kommen einleitete. Karl I. ſtand im Solde Frankreichs.
Cromwells republikaniſche Regierung war zu viel
mit der Herſtellung geordneter Verhältniſſe in
England und Schottland und mit der Nieder-
werfung des iriſchen Aufſtandes beſchäftigt, um
ſich um die Geſtaltung der Dinge auf dem Feſt-
lande bekümmern zu können, Karl II. lebte ſeinen
Maitreſſen und da auch er, wie ſein Vater,
franzöſiſches Schweiggeld empfing, rührte er nicht
einen Finger als Ludwig XIV. in Lothringen
einfiel, dieſes als billige Beute nahm und ſodann
ſeine Aufmerkſamkeit auf die Unterjochung der
Niederlande richtete. Unter Jakob II. ſchien Eng-
land auf dem beſten Wege, ein franzöſiſcher
Vaſallenſtaat zu werden, als Wilhelm von
Oranien, ein edler Krieger deutſcher Herkunft, zur
rechten Zeit auftauchte, um England zu retten
und ſeine alten freundſchaftlichen Beziehungen zu
dem ſtammverwandten Deutſchland wieder herzu-
ſtellen. Wilhelm III. gab dem engliſchen Staatsſchiff
eine andere Wendung, daß dieſe jedoch nicht wirk-
ſam genug war, um den räuberiſchen Einfällen
Ludwigs in Deutſchland Schranken zu ſetzen, war
weniger das Verſchulden des Oraniers als viel-
mehr des engliſchen Parlaments, deſſen fortgeſetzter
Widerſtand den König ſehr erbitterte. Erſt Königin
Anna gewann freiere Hand, und ihr erſtes Werk
war es, dem Bunde gegen Frankreich beizutreten.
Es ſpricht nicht viel für ſie, daß ſie ſpäter ge-
heime Verhandlungen mit Ludwig einleitete, einen
Waffenſtillſtand ſchloß — und ihre Verbündeten
ſchmählich im Stiche ließ.
Der Whig-Partei und den engliſchen Prote-
ſtanten iſt es zu danken, daß bereits zwei Wochen
nach dem Tode der Königin Georg von Hannover
zum engliſchen König ausgerufen wurde, und die
Liberalen ſind es auch noch heute, die auf die
Beſſerung der in den letzten Jahren ziemlich ge-
ſpannten engliſch-deutſchen Beziehungen hinzuwirken
ſich bemühen.
Noch ein paar Worte ſeien mir verſtattet,
die weil ſie die Einwanderungsfrage berühren,
von aktuellem Intereſſe ſein dürften. Kein Gerin-
gerer als Lord Roſebery hat wiederholt Stellung
gegen die unſinnige Strömung im engliſchen Volk
gegen das Ausländertum genommen, nichtsdeſto-
weniger hört die Agitation in der chauviniſtiſchen
engliſchen Preſſe nicht auf. Mit Recht führte der
Lord einmal im Oberhauſe aus, daß England
den Einwanderern vieles, wenn nicht alles, ver-
danke, daß es deutſche Hanſeaten waren, die den
Grundſtein zu Englands Stellung als Handels-
und Seevolk legten, daß die Engländer des
Mittelalters ein Bauernvolk waren und daß der
einzige Ausfuhrartikel Rohwolle war. England
brauchte Kapitaliſten, Bankiers und fremde Geld-
wechſler, die es in Kaufleuten aus der Lombardei,
nach denen die Londoner Lombard Street noch
heute ihren Namen führt, fand. Mit wenig Worten:
Ausländer waren es, die teils auf die Einladung
kluger engliſcher Monarchen, teils auf ihre eigene
Initiative hin, nach England kamen und nicht nur
den engliſchen Handel ſchufen, ſondern ihn auch
finanzierten, die Bodenſchätze des Landes hoben
und aus dem Ackerbauſtaate ein Handelsreich
ſchufen, das weiter zu entwickeln der Königin
Eliſabeth und ihren Nachfolgern verhältnismäßig
leicht war.
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