Reichspost. Nr. 19, Wien, 24.01.1899.19 Wien, Dienstag Reichspost 24. Jänner 1899 [Spaltenumbruch] und auch dem deutschen katholischen Priester in ihren Die Verständigung und das Parlament. Nach den neuesten Verschiebungen in der Lage scheint Der unschuldige Polenclub. Wenn es irgend- Der "Czas" gesteht auf diese Weise ziemlich un- Die Compromißverhandlungen in Ungarn werden fortgeführt. Am Samstag erschienen die rufen und das Gegentheil annehmen, schreiben und predigen. [Spaltenumbruch] aufgestellt; solange er am Ruder ist, will die Opposi- Der croatische Landtag setzte am Samstag die Deutsches Reich. Ein Protest der Münchener Amerikaner. Wie Italien. Ein Handschreiben Kaiser Franz Josefs. Wie das "Fremdenblatt" meldet, hat unser Kaiser bei Serbien. Die Skupschtina beschloß ein neues Steuer- Afrika. Die Lage in der Erythräa. Aus Massana Australien. Die Samoafrage. Wie aus Washington gemel- Gemeindezeitung. Hintanhaltung des Besuches der Kinder in Versammlungen. Der Wiener Bezirksschulrath hat Schulleiterstellen. Im Wiener Schulbezirk kommt je Der Gemeinderath hält am Freitag den 27. d. M., Ein Vortrag über die niederösterreichische Laudes-Brandschaden-Versicherungsanstalt wird am Die Ausgestaltung des Carlskirchenplatzes. Die Die Regulirung des Donaucanales. Die Tagesbericht. Wien, 23. Jänner. * Kalender für Dienstag, den 24. Jänner Katholiken: Timoth. -- Griechen (12. Jänner.) * Hof- und Personalnachrichten. Die Erz- * Auszeichnungen und Ernennungen. Der Kaiser 19 Wien, Dienſtag Reichspoſt 24. Jänner 1899 [Spaltenumbruch] und auch dem deutſchen katholiſchen Prieſter in ihren Die Verſtändigung und das Parlament. Nach den neueſten Verſchiebungen in der Lage ſcheint Der unſchuldige Polenclub. Wenn es irgend- Der „Czas“ geſteht auf dieſe Weiſe ziemlich un- Die Compromißverhandlungen in Ungarn werden fortgeführt. Am Samſtag erſchienen die rufen und das Gegentheil annehmen, ſchreiben und predigen. [Spaltenumbruch] aufgeſtellt; ſolange er am Ruder iſt, will die Oppoſi- Der croatiſche Landtag ſetzte am Samſtag die Deutſches Reich. Ein Proteſt der Münchener Amerikaner. Wie Italien. Ein Handſchreiben Kaiſer Franz Joſefs. Wie das „Fremdenblatt“ meldet, hat unſer Kaiſer bei Serbien. Die Skupſchtina beſchloß ein neues Steuer- Afrika. Die Lage in der Erythräa. Aus Maſſana Auſtralien. Die Samoafrage. Wie aus Waſhington gemel- Gemeindezeitung. Hintanhaltung des Beſuches der Kinder in Verſammlungen. Der Wiener Bezirksſchulrath hat Schulleiterſtellen. Im Wiener Schulbezirk kommt je Der Gemeinderath hält am Freitag den 27. d. M., Ein Vortrag über die niederöſterreichiſche Laudes-Brandſchaden-Verſicherungsanſtalt wird am Die Ausgeſtaltung des Carlskirchenplatzes. Die Die Regulirung des Donaucanales. Die Tagesbericht. Wien, 23. Jänner. * Kalender für Dienſtag, den 24. Jänner Katholiken: Timoth. — Griechen (12. Jänner.) * Hof- und Perſonalnachrichten. Die Erz- * Auszeichnungen und Ernennungen. Der Kaiſer <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0003" n="3"/> <fw place="top" type="header">19 Wien, Dienſtag Reichspoſt 24. Jänner 1899</fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div xml:id="schlesien2" prev="#schlesien1" type="jArticle" n="3"> <p>und auch dem deutſchen katholiſchen Prieſter in ihren<lb/> Reihen Platz finden laſſen, er wird ſie zu der Er-<lb/> kenntniß bringen, daß ein Volk nur dann groß und<lb/> ſtark werden kann, wenn Religion und Tugend ſeine<lb/> Grundlage bilden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Verſtändigung und das Parlament.</hi> </head><lb/> <p>Nach den neueſten Verſchiebungen in der Lage ſcheint<lb/> eine nicht gerade günſtige Conſtellation eintreten zu<lb/> wollen. Wie die „Wr. Neueſten Nachrichten“ ver-<lb/> ſichern, iſt Graf Thun der Anſchauung, daß die<lb/> Friedensaction <hi rendition="#g">ohne</hi> Parlament viel beſſere Aus-<lb/> ſichten habe. Das Haus ſoll alſo vertagt werden.<lb/> Aehnliche Stimmen werden — wer wüßte nicht<lb/> warum? — auf czechiſcher Seite laut. Es herrſcht<lb/> auf dieſer Seite eine ſchlecht verhohlene geheime Freude<lb/> über die Vertagungsabſichten, weniger über die Ver-<lb/> ſtändigung ſelbſt. Der <hi rendition="#aq">«Hlas Naroda»</hi> verſichert, daß<lb/> auch die Regierung nicht viel von einer Verſtändigung<lb/> halte. Als Majoritätstaktik ſchlägt das<lb/> Blatt vor, noch einige Zeit abzuwarten, wie<lb/> ſich die Obſtructioniſten weiter verhalten werden. Würde<lb/> alle parlamentariſche Arbeit unmöglich gemacht werden,<lb/> dann würde der Reichsrath auf einige Zeit vertagt<lb/> werden und innerhalb dieſer Zeit ein <hi rendition="#g">entſcheiden-<lb/> der</hi> Schritt geſchehen. Würde es nöthig werden, den<lb/> Reichsrath längere Zeit geſchloſſen zu halten, ſo würde<lb/> während dieſer Zeit im Geiſte der <hi rendition="#g">Rechten</hi> regiert<lb/> werden. — Die allgemeine Stimmung ſcheint ſich alſo<lb/> auf eine Vertagung vorzubereiten. Daß eine Verſtän-<lb/> digungsaction nach der Vertagung lahmgelegt und, ſo-<lb/> weit ſie bisher zu Ergebniſſen geführt, ſogar zerſtört<lb/> werden würde, iſt eine ſo ſichere Vorausſicht, daß wir<lb/> kaum glauben möchten, daß man ſich oben derſelben<lb/> entziehen könnte.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der unſchuldige Polenclub.</hi> </head> <p>Wenn es irgend-<lb/> wo in einer Partei nicht ganz ſtimmt, wiederholt es<lb/> ſich ſtets mit mathematiſcher Regelmäßigkeit, daß die<lb/> entſprechende Preſſe verſichert, daß Alles ſtimme.<lb/> Ebenſo ergeht es jetzt dem Polenclub, der in dem<lb/> „Czas“ ſeinen Vertheidiger findet. Dieſer glaubt be-<lb/> tonen zu müſſen, es ſei <hi rendition="#g">Heuchelei,</hi> die weitere<lb/><hi rendition="#g">Tagung</hi> des Parlamentes zu fordern und ſich<lb/> dabei als <hi rendition="#g">Gegner</hi> abſolutiſtiſcher Experimente<lb/> auszuſpielen. Auf der anderen Seite ſei es ganz<lb/> falſch, als ob Diejenigen, welche auf der<lb/><hi rendition="#g">weiteren</hi> Tagung des Parlamentes beharren,<lb/> dabei in erſter Linie die Herbeiführung einer wirk-<lb/> lichen <hi rendition="#g">Pacification</hi> in Böhmen in Augen<lb/> hätten. In Wirklichkeit handelt es ſich hier um ganz<lb/> andere Abſichten, nämlich um die Lockerung des<lb/><hi rendition="#g">Majoritätsverbandes.</hi> Es ſei aber gar<lb/> gar keine Gefahr vorhanden, daß der Polenclub dieſe<lb/> Tendenzen fördern werde. In der Zeit könne der<lb/> Polenclub umſo ruhiger einer Vertagung des Hauſes<lb/> zuſtimmen, als er zu der Regierung ein volles Ver-<lb/> trauen habe.</p><lb/> <p>Der „Czas“ geſteht auf dieſe Weiſe ziemlich un-<lb/> verhohlen ein, warum man ſich neueſtens für die Ver-<lb/> ragung einſetzt — man will die <hi rendition="#g">Majorität</hi><lb/> tetten und nicht den — <hi rendition="#g">Frieden!</hi> </p> </div><lb/> <div xml:id="ungarn1" next="#ungarn2" type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Compromißverhandlungen in Ungarn<lb/> werden fortgeführt.</hi> </head> <p>Am Samſtag erſchienen die<lb/> Führer der Diſſidenten beim Miniſterpräſidenten, um<lb/> ihm die Antwort der Oppoſition auf die Friedens-<lb/> bedingungen mitzutheilen. Das Elaborat der Oppo-<lb/> ſition enthält noch weitergehendere Forderungen und<lb/> kann als neues Friedensprogramm angeſehen werden.<lb/> Als erſte Forderung wird die Demiſſion <hi rendition="#g">Banffy’s</hi> </p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="huß3" prev="#huß2" type="jArticle" n="2"> <p>rufen und das Gegentheil annehmen, ſchreiben und predigen.<lb/> Huß erklärte ſtolz, dies nur dann thun zu können, wenn<lb/> er eines Beſſeren belehrt ſei. Nun wurde zunächſt die<lb/> Austheilung des Laienkelches für unerlaubt erklärt und<lb/> die Schriften des Huß zum Feuer verdammt. Huß ließ<lb/> man Zeit zur Einkehr. Allein er blieb unerſchütterlich.<lb/> Er wußte, daß das Concil ihn als Ketzer verurtheilen<lb/> müſſe, und machte ſein Teſtament. Das geſchah denn<lb/> auch am 6. Juli in Gegenwart des Königs Sigismund.<lb/> Er wurde als wahrer und offener Häretiker und als<lb/> „Verführer des Volkes“ zur Depoſition, Degradation,<lb/> und <hi rendition="#g">Ueberlieferung an den weltlichen<lb/> Arm</hi> verurtheilt. Ueberall ſtand im Strafrecht des<lb/> Mittelalters Todesſtrafe auf Häreſie. Der Schwaben-<lb/> ſpiegel, der hier in Betracht kam, beſtimmte im § 313<lb/> den Feuertod für Ketzer. Huß ſelbſt hatte dieſe Strafe<lb/> immer vorausgeſagt, wenn ſeine Lehre als irrig befun-<lb/> den wurde, die er natürlich für wahr hielt und als<lb/> ſolche verkündete. Nachdem das Urtheil er-<lb/> floſſen, ſagte König Sigismund zum Pflalzgrafen:<lb/> „Weil wir das weltliche Schwert führen, ſo nehmet<lb/> hin dieſen Johannes Huß und thut ihm als einem<lb/> Ketzer!“ Die Uebergabe an den weltlichen Arm ge-<lb/> ſchah mit der Bitte von Seite des Concils, man möge<lb/> den Verurtheilten nicht tödten, ſondern ihm dauernden<lb/> Kerker geben. Das war die übliche Formel. Die<lb/> Strafe des Feuertodes war aber nach der ſtrengen<lb/> Handhabung des Rechtes unausbleiblich. Huß erlitt<lb/> auf dem „kleinen Brühl“, einem Hügel bei Conſtanz,<lb/> den Feuertod, ohne daß er widerrufen oder auch nur<lb/> die Abſolution empfangen hätte, da er ohne Widerruf<lb/> ſeiner Irrlehren dieſelbe nicht erhalten konnte. Er<lb/> ſtarb mit der Erklärung, er fühle ſich unſchuldig und<lb/> ſterbe gern für die erkannte und verkündigte Wahr-<lb/> heit. Er wollte als „Martyrer“ ſterben, und die<lb/> Huſſiten unter den Czechen verehren ihn auch als<lb/><supplied>ſ</supplied>olchen. Welche Saat aus den Thaten des Huß auf-<lb/><supplied>g</supplied>ing, beweiſen die folgenden <hi rendition="#g">Huſſitenkriege.</hi> </p> </div> </div><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div xml:id="ungarn2" prev="#ungarn1" type="jArticle" n="3"> <p>aufgeſtellt; ſolange er am Ruder iſt, will die Oppoſi-<lb/> tion die vier Proviſoriumsvorlagen nicht erledigen. Die<lb/> Regierung will aber, daß die Erledigung der Provi-<lb/> ſoriumsvorlagen dem Rücktritt Banffy’s vorangehe.<lb/> Dieſes perſönliche Moment und die Reviſion der<lb/> Hausordnung erſchweren das Zuſtandeknmmen eines<lb/> Compromiſſes. Obwohl man Banffy nachſagt, daß er<lb/> die Friedensaction zu vereiteln beabſichtige, ſo hat er<lb/> doch erklärt, daß die Regierung die Compromißver-<lb/> handlungen fortzuführen gedenke. Zu dieſem<lb/> Entſchluſſe wird ihn hauptſächlich die Friedens-<lb/> ſtimmung in der <hi rendition="#g">liberalen</hi> Partei bewogen<lb/> haben. Die Zahl der Friedensfreunde in der liberalen<lb/> Partei ſoll täglich zunehmen und mit ungefähr achtzig<lb/> beziffert werden. Zum Lager der Friedensfreunde ge-<lb/> hören auch ſolche Abgeordnete, die Baron <hi rendition="#g">Banffy</hi><lb/> bisher zu ſeinen intimſten Freunden und Anhängern<lb/> gezählt hat, und die entſchloſſen ſind, wenn von der<lb/> Regierung die Friedensaction vereitelt wird, aus der<lb/> Regierungspartei auszutreten. Der nächſte Donnerſtag,<lb/> an welchem Tage die Conferenz der Regierungspartei<lb/> ſtattfinden ſoll, wird endlich eine Entſcheidung bringen.<lb/> Koloman <hi rendition="#g">Szell,</hi> der geſtern vom Kaiſer hier in<lb/> Audienz empfangen wurde, und der als der kommende<lb/> Mann in Ungarn angeſehen wird, hat erklärt, daß er<lb/> bei der Donnerſtag-Sitzung von der Regierung Auf-<lb/> klärungen verlangen werde. Man ſieht daher dieſer<lb/> Conferenz mit der größten Spannung entgegen. Die<lb/> Audienz, die geſtern <hi rendition="#g">Szell</hi> beim Kaiſer hatte, gilt<lb/> als ein Ereigniß, welches in der ungariſchen Kriſe<lb/> eine baldige Wendung herbeiführen wird.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der croatiſche Landtag</hi> </head> <p>ſetzte am Samſtag die<lb/> Budgetdebatte fort. Abg. <hi rendition="#g">Zorics</hi> beſprach den Ausgleich<lb/> mit Ungarn und nahm den Clerus gegen den Abgeordneten<lb/> Sekulics in Schutz und ſagte, daß der Clerns ſeinen prieſter-<lb/> lichen und patriotiſchen Pflichten ſtets nachkommen werde,<lb/> ohne gegen das Geſetz zu verſtoßen. Aber die Regierung<lb/> möge ſich vor Denen in Acht nehmen, die ihr ſchmeicheln,<lb/> denn dieſe wollen ſie ausnützen. Sie möge mehr auf Jene<lb/> hören, welche die Wahrheit ſagen. Unſer Budget wird nie<lb/> zur rechten Zeit verhandelt, und dies iſt eine Folge<lb/> davon, daß unſer Budget vom gemeinſamen Budget ab-<lb/> hängig iſt, und darum hat Dr. Brestyensky Recht mit dem,<lb/> was er geſtern ſagte. Die außergeſetzlichen Zuſtände<lb/> im Lande ſind eine Folge des ungerechten dualiſtiſchen<lb/> Syſtems, weil dieſes zu einer Aenderung drängt, nicht bloß<lb/> diesſeits, ſondern auch jenſeits der Leitha. Im weiteren<lb/> Verlaufe ſeiner Rede kritiſirt Redner die Verwaltung und<lb/> fordert die Beſchleunigung der Urbarialſegregationen, ſowie<lb/> eine billige Geldquelle für den Bauernſtand und wendet ſich<lb/> ſchließlich gegen die Wahlpraxis, welche indirect zur Ver-<lb/> breitung ſocialiſtiſcher Ideen führe. Es ſolgen hierauf<lb/> mehrere Interpellationen, darunter eine des Abgeordneten<lb/> David <hi rendition="#g">Starcsevics</hi> betreffend die Errichtung einer<lb/> croatiſchen Militär-Erziehungsanſtalt für croatiſche Landwehr-<lb/> Offiziere.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Deutſches Reich.</hi> </head><lb/> <head> <hi rendition="#b">Ein Proteſt der Münchener Amerikaner.</hi> </head> <p>Wie<lb/> die „Münchener Neueſten Nachrichten“ melden, haben die im<lb/> Repräſentantenhauſe in Waſhington gefallenen provociren-<lb/> den Aeußerungen gegen Deutſchland die Veranlaſſung ge-<lb/> geben, daß einige maßgebende amerikaniſche Perſönlichkeiten<lb/> in München den Beſchluß gefaßt haben, der amerikaniſchen<lb/> Regierung eine Proteſtkundgebung aller in München weilen-<lb/> den Amerikaner zu übermitteln, worin die von einem Mit-<lb/> gliede des Senates in Waſhington geführte Sprache auf<lb/> das Schärfſte mißbilligt wird. Die Vorbeſprechungen werden<lb/> in den nächſten Tagen ſtattfinden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Italien.</hi> </head><lb/> <head> <hi rendition="#b">Ein Handſchreiben Kaiſer Franz Joſefs.</hi> </head><lb/> <p>Wie das „Fremdenblatt“ meldet, hat unſer Kaiſer bei<lb/> Verleihung des Goldenen Vließes an den Herzog Aoſta<lb/> ein Handſchreiben gerichtet, worin er die Befriedigung<lb/> über die denkbar herzlichſten Beziehungen zu Italien<lb/> ausdrückt. Gleichzeitig ladet Kaiſer Franz Joſef den<lb/> Herzog zu den Frühjahrsmanövern ein. Die Annahme<lb/> ſeitens des Herzogs wird gleich nach erklärtem Ein-<lb/> verſtändniß der Regierung erfolgen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Serbien.</hi> </head><lb/> <head> <hi rendition="#b">Die Skupſchtina</hi> </head> <p>beſchloß ein <hi rendition="#g">neues Steuer-<lb/> geſetz</hi> mit genaueren und ſtrengen Beſtimmungen<lb/> über die Eintreibung der Steuern. Nach Votirung der<lb/> geringen Anzahl der noch ausſtehenden Geſetzentwürfe<lb/> dürfte der <hi rendition="#g">Schluß</hi> des <hi rendition="#g">Parlamentes</hi> am<lb/> 27. <hi rendition="#g">Jänner</hi> erfolgen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Afrika.</hi> </head><lb/> <head> <hi rendition="#b">Die Lage in der Erythräa.</hi> </head> <p>Aus Maſſana<lb/> wird berichtet, daß am Mittwoch in der Kirche von<lb/> Edanariam der Friede beſchworen wurde, vorbehaltlich<lb/> der Genehmigung ſeitens des Neugs, an den man<lb/> Boten entſendet hat. Es ſcheint, daß Ras <hi rendition="#g">Man-<lb/> gaſcha</hi> um Frieden gebeten habe, als ihm die Be-<lb/> ſetzung des Paſſes von Alequa durch Ras Makonnen<lb/> die Vertheidigung von Adagamus als gewagt erſcheinen<lb/> ließ. Die Truppen Ras <hi rendition="#g">Makonnen</hi>’s fangen an<lb/> gegen Süden zu marſchiren, ſcheinen alſo ihre Abſicht,<lb/> in Agame zu bleiben, aufgegeben zu haben. Die<lb/><hi rendition="#g">Häuptlinge von Tigre</hi> kehren in ihre Ge-<lb/> biete zurück.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Auſtralien.</hi> </head><lb/> <head> <hi rendition="#b">Die Samoafrage.</hi> </head> <p>Wie aus Waſhington gemel-<lb/> det wird, hat der deutſche Botſchafter Dr. v. Holleben<lb/> dem Staatsſecretär Hay zwei wichtige aus Berlin ein-<lb/> gegangene Depeſchen überreicht und <hi rendition="#g">mit ihm</hi> im<lb/> Anſchluſſe daran eine lange Unterredung gehabt. Die<lb/> Depeſchen enthalten eine ausführliche Darſtellung der<lb/> letzten Vorgänge in Samoa, die ſich in vielen weſent-<lb/> lichen Einzelheiten von den bisher veröffentlichten Dar-<lb/> ſtellungen unterſcheidet. Nach der Conferenz zwiſchen<lb/><cb/> dem Botſchafter und dem Staatsſecretär äußerte ſich<lb/> eine Perſönlichkeit von hoher diplomatiſcher Stellung,<lb/> das Ausſehen, welches die Angelegenheit<lb/> neuerdings angenommen habe, laſſe eine<lb/><hi rendition="#g">friedliche Beilegung</hi> desſelben als möglich,<lb/> ja ſogar als <hi rendition="#g">wahrſcheinlich</hi> erſcheinen. In<lb/> maßgebenden Kreiſen wird poſitiv erklärt, daß bis<lb/> heute Mittags weder von den Vereinigten Staaten<lb/> allein noch in Verbindung mit England Proteſt er-<lb/> hoben worden ſei. Es könne als ſicher behauptet<lb/> werden daß, wenn die über die Vorkommniſſe ver-<lb/> öffentlichten Berichte den Thatſachen entſprechen,<lb/> die Handlungen Doctor Raffel’s und des<lb/> deutſchen Generalconſuls Roſe nicht das Ereigniß<lb/> von Inſtructionen aus Berlin waren. Man iſt der<lb/> Anſicht, daß dieſe Handlungen, ſoweit ſie eine Vertrags-<lb/> verletzung in ſich ſchließen, nicht die Billigung der<lb/> deutſchen Regierung finden werden. — Eine Meldung<lb/> aus <hi rendition="#g">Wellington</hi> in Neuſeeland beſagt, es ſei das<lb/> Kriegsſchiff „Royaliſt“ nach <hi rendition="#g">Samoa</hi> abgeſendet<lb/> worden</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jLocal" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Gemeindezeitung.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Hintanhaltung des Beſuches der Kinder in<lb/> Verſammlungen.</hi> </head> <p>Der Wiener Bezirksſchulrath hat<lb/> anläßlich der wiederholt gemachten Wahrnehmung, daß<lb/> ſchulpflichtige Kinder von ihren Eltern oder Angehörigen<lb/> zur Theilnahme an Verſammlungen aller Art heran-<lb/> gezogen werden, an jene Organe, welche bei derlei Ver-<lb/> ſammlungen als Vertreter der Behörde zu interveniren<lb/> haben, die Weiſung ergehen laſſen, die Theilnahme<lb/> ſchulpflichtiger Kinder mit allen geſetzlichen Mitteln<lb/> hintanzuhalten. Die „Arbeiter-Zeitung“ iſt ſo gnädig,<lb/> daran die Bemerkung zu knüpfen: „Wir ſind ſehr ein-<lb/> verſtanden, wenn man die Schüler von den Verſamm-<lb/> lungen, auch den ſocialdemokratiſchen fernhält; denn<lb/> die Politik iſt nicht für Kinder.“ Wir dürſen alſo er-<lb/> warten, daß die Socialdemokraten nicht wieder den<lb/> Chriſtlich-Socialen Waſſer predigen und ſelbſt Wein<lb/> trinken.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Schulleiterſtellen.</hi> </head> <p>Im Wiener Schulbezirk kommt je<lb/> eine Directorſtelle an der Knaben-Bürgerſchule, Leopoldſtadt,<lb/> Wasnergaſſe 33 und an der Knaben- und Mädchen-B<supplied>ü</supplied>rger-<lb/> ſchule Meidling, Hetzendorferſtraße 66, ferner eine Oberlehrer-<lb/> ſtelle in der Mädchen-Volksſchule Leopoldſtadt, Wintergaſſe<lb/> 14 zur Beſetzung. Geſuche ſind bis längſtens 15. Februar l. J.<lb/> an den Stadtrath zu richten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Gemeinderath</hi> </head> <p>hält am Freitag den 27. d. M.,<lb/> der Stadtrath am Mitwoch, Donnerſtag und Freitag<lb/> Sitznngen ab.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ein Vortrag über die niederöſterreichiſche<lb/> Laudes-Brandſchaden-Verſicherungsanſtalt</hi> </head> <p>wird am<lb/> Mittwoch, den 25. d. M., um 8 Uhr Abends, in Dreher’s<lb/> großem Saale, 3. Bez., Landſtraße, Hauptſtraße 97, ab-<lb/> gehalten. Auskünfte über Verſicherungsabſchlüſſe werden<lb/> täglich in der Bezirksausſchußkanzlei, 3. Bez., Gemeinde-<lb/> haus, 1. Stock, während der Amtsſtunden von 8 bis<lb/> 2 Uhr ertheilt, woſelbſt auch Beitrittserklärungen entgegen-<lb/> genommen werden. Auskunftsſtellen befinden ſich in der<lb/> Bezirkausſchußkanzlei aller Bezirke.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Ausgeſtaltung des Carlskirchenplatzes.</hi> </head> <p>Die<lb/> Projecte für die Ausgeſtaltung des Carlskirchenlpatzes<lb/> werden von Mittwoch, den 24. d. M., an durch vierzehn<lb/> Tage im nördlichen Rauchſalon nächſt der ſtädtiſchen<lb/> Bibliothek im Rathhauſe zur Beſichtigung öffentlich aus-<lb/> geſtellt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Regulirung des Donaucanales.</hi> </head> <p>Die<lb/> Schleußenbauten am Donaucanal ſind nunmehr unter der<lb/> Leitung des Oberbaurathes <hi rendition="#g">Tauſſig</hi> fertiggeſtellt. Die<lb/> neue Hafenabſperrvorrichtung wird heute zum erſten Male<lb/> in Function geſetzt werden und probeweiſe mehrere Tage in<lb/> Action bleiben.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Tagesbericht.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Wien,</hi> 23. Jänner.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Kalender für Dienſtag, den 24. Jänner</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#g">Katholiken:</hi> Timoth. — <hi rendition="#g">Griechen</hi> (12. Jänner.)<lb/> Tatiana. — Sonnenaufgang 7 Uhr 40 Minuten Morgens.<lb/> — Sonnenuntergang 4 Uhr 46 Minuten Abends. —<lb/> Mondesaufgang 2 Uhr 37 Minuten Abends. — Mondes-<lb/> untergang 6 Uhr 09 Minuten Morgens.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Hof- und Perſonalnachrichten.</hi> </head> <p>Die Erz-<lb/> herzoge <hi rendition="#g">Heinrich Ferdinand</hi> und <hi rendition="#g">Franz<lb/> Salvator</hi> ſind aus Enns hier eingetroffen. — Ge-<lb/> heimer Rath Hermann Freiherr von <hi rendition="#g">Löbl</hi> iſt nach Lem-<lb/> berg abgereiſt. — Der Präſident der Handelskammer in<lb/> Reichenberg Alois <hi rendition="#g">Neumann,</hi> welcher vorgeſtern hier<lb/> eingetroffen iſt, kehrte geſtern wieder nach Reichenberg<lb/> zurück. — Der königlich ungariſche Miniſterpräſident Baron<lb/><hi rendition="#g">Banffy</hi> iſt heute Früh aus Budapeſt hier eingetroffen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Auszeichnungen und Ernennungen.</hi> </head> <p>Der Kaiſer<lb/> hat dem Oberrechnungsrathe der Forſt- und Domänen-<lb/> direction in Lemberg Joſef <hi rendition="#g">Hirſchberg</hi> das Ritterkreuz<lb/> des Franz Joſeph-Ordens, dem Rechnungsrathe derſelben<lb/> Direction Cyprian <hi rendition="#g">Wagrzynovicz</hi> den Titel und<lb/> Charakter eines Oberrechnungsrathes, dem mit dem Titel<lb/> eines Rechnungsrathes bekleideten Rechnungsrevidenten der-<lb/> ſelben Direction Michael <hi rendition="#g">Pawulski</hi> das goldene Ver-<lb/> dienſtkreuz mit der Krone, dem Landesgerichtsrathe in Wien<lb/> Dr. Carl <hi rendition="#g">Frühwald</hi> den Titel und Charakter eines<lb/> Oberlandesgerichtsrathes, dem Director der Lehrerinnen-<lb/> Bildungsanſtalt in Trient, Franz <hi rendition="#g">Holzer,</hi> den Titel<lb/> eines Schulrathes, dem Zolloberamts-Controlor Johann<lb/><hi rendition="#g">Breitfel der</hi> in Wien und dem Director der Filiale<lb/> der galiziſchen Hypothekenbank in Czernowitz, Ferdinand<lb/><hi rendition="#g">Mayer</hi> den Titel eines kaiſerlichen Rathes, dem Zoll-<lb/> Oberamtsverwalter Johann <hi rendition="#g">Detoni</hi> in Raguſa das<lb/> goldene Verdienſtkreuz mit der Krone verliehen, den Privat-<lb/> docenten an der Wiener Univerſität Dr. Ant. <hi rendition="#g">Pelikan</hi><lb/> zum außerordentlichen Profeſſor der Mineralogie an der<lb/> deutſchen Univerſität in Prag und den Bezirkshauptmann<lb/> Benjamin <hi rendition="#g">Dorna</hi> in Cles zum Statthaltereirathe bei der<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [3/0003]
19 Wien, Dienſtag Reichspoſt 24. Jänner 1899
und auch dem deutſchen katholiſchen Prieſter in ihren
Reihen Platz finden laſſen, er wird ſie zu der Er-
kenntniß bringen, daß ein Volk nur dann groß und
ſtark werden kann, wenn Religion und Tugend ſeine
Grundlage bilden.
Die Verſtändigung und das Parlament.
Nach den neueſten Verſchiebungen in der Lage ſcheint
eine nicht gerade günſtige Conſtellation eintreten zu
wollen. Wie die „Wr. Neueſten Nachrichten“ ver-
ſichern, iſt Graf Thun der Anſchauung, daß die
Friedensaction ohne Parlament viel beſſere Aus-
ſichten habe. Das Haus ſoll alſo vertagt werden.
Aehnliche Stimmen werden — wer wüßte nicht
warum? — auf czechiſcher Seite laut. Es herrſcht
auf dieſer Seite eine ſchlecht verhohlene geheime Freude
über die Vertagungsabſichten, weniger über die Ver-
ſtändigung ſelbſt. Der «Hlas Naroda» verſichert, daß
auch die Regierung nicht viel von einer Verſtändigung
halte. Als Majoritätstaktik ſchlägt das
Blatt vor, noch einige Zeit abzuwarten, wie
ſich die Obſtructioniſten weiter verhalten werden. Würde
alle parlamentariſche Arbeit unmöglich gemacht werden,
dann würde der Reichsrath auf einige Zeit vertagt
werden und innerhalb dieſer Zeit ein entſcheiden-
der Schritt geſchehen. Würde es nöthig werden, den
Reichsrath längere Zeit geſchloſſen zu halten, ſo würde
während dieſer Zeit im Geiſte der Rechten regiert
werden. — Die allgemeine Stimmung ſcheint ſich alſo
auf eine Vertagung vorzubereiten. Daß eine Verſtän-
digungsaction nach der Vertagung lahmgelegt und, ſo-
weit ſie bisher zu Ergebniſſen geführt, ſogar zerſtört
werden würde, iſt eine ſo ſichere Vorausſicht, daß wir
kaum glauben möchten, daß man ſich oben derſelben
entziehen könnte.
Der unſchuldige Polenclub. Wenn es irgend-
wo in einer Partei nicht ganz ſtimmt, wiederholt es
ſich ſtets mit mathematiſcher Regelmäßigkeit, daß die
entſprechende Preſſe verſichert, daß Alles ſtimme.
Ebenſo ergeht es jetzt dem Polenclub, der in dem
„Czas“ ſeinen Vertheidiger findet. Dieſer glaubt be-
tonen zu müſſen, es ſei Heuchelei, die weitere
Tagung des Parlamentes zu fordern und ſich
dabei als Gegner abſolutiſtiſcher Experimente
auszuſpielen. Auf der anderen Seite ſei es ganz
falſch, als ob Diejenigen, welche auf der
weiteren Tagung des Parlamentes beharren,
dabei in erſter Linie die Herbeiführung einer wirk-
lichen Pacification in Böhmen in Augen
hätten. In Wirklichkeit handelt es ſich hier um ganz
andere Abſichten, nämlich um die Lockerung des
Majoritätsverbandes. Es ſei aber gar
gar keine Gefahr vorhanden, daß der Polenclub dieſe
Tendenzen fördern werde. In der Zeit könne der
Polenclub umſo ruhiger einer Vertagung des Hauſes
zuſtimmen, als er zu der Regierung ein volles Ver-
trauen habe.
Der „Czas“ geſteht auf dieſe Weiſe ziemlich un-
verhohlen ein, warum man ſich neueſtens für die Ver-
ragung einſetzt — man will die Majorität
tetten und nicht den — Frieden!
Die Compromißverhandlungen in Ungarn
werden fortgeführt. Am Samſtag erſchienen die
Führer der Diſſidenten beim Miniſterpräſidenten, um
ihm die Antwort der Oppoſition auf die Friedens-
bedingungen mitzutheilen. Das Elaborat der Oppo-
ſition enthält noch weitergehendere Forderungen und
kann als neues Friedensprogramm angeſehen werden.
Als erſte Forderung wird die Demiſſion Banffy’s
rufen und das Gegentheil annehmen, ſchreiben und predigen.
Huß erklärte ſtolz, dies nur dann thun zu können, wenn
er eines Beſſeren belehrt ſei. Nun wurde zunächſt die
Austheilung des Laienkelches für unerlaubt erklärt und
die Schriften des Huß zum Feuer verdammt. Huß ließ
man Zeit zur Einkehr. Allein er blieb unerſchütterlich.
Er wußte, daß das Concil ihn als Ketzer verurtheilen
müſſe, und machte ſein Teſtament. Das geſchah denn
auch am 6. Juli in Gegenwart des Königs Sigismund.
Er wurde als wahrer und offener Häretiker und als
„Verführer des Volkes“ zur Depoſition, Degradation,
und Ueberlieferung an den weltlichen
Arm verurtheilt. Ueberall ſtand im Strafrecht des
Mittelalters Todesſtrafe auf Häreſie. Der Schwaben-
ſpiegel, der hier in Betracht kam, beſtimmte im § 313
den Feuertod für Ketzer. Huß ſelbſt hatte dieſe Strafe
immer vorausgeſagt, wenn ſeine Lehre als irrig befun-
den wurde, die er natürlich für wahr hielt und als
ſolche verkündete. Nachdem das Urtheil er-
floſſen, ſagte König Sigismund zum Pflalzgrafen:
„Weil wir das weltliche Schwert führen, ſo nehmet
hin dieſen Johannes Huß und thut ihm als einem
Ketzer!“ Die Uebergabe an den weltlichen Arm ge-
ſchah mit der Bitte von Seite des Concils, man möge
den Verurtheilten nicht tödten, ſondern ihm dauernden
Kerker geben. Das war die übliche Formel. Die
Strafe des Feuertodes war aber nach der ſtrengen
Handhabung des Rechtes unausbleiblich. Huß erlitt
auf dem „kleinen Brühl“, einem Hügel bei Conſtanz,
den Feuertod, ohne daß er widerrufen oder auch nur
die Abſolution empfangen hätte, da er ohne Widerruf
ſeiner Irrlehren dieſelbe nicht erhalten konnte. Er
ſtarb mit der Erklärung, er fühle ſich unſchuldig und
ſterbe gern für die erkannte und verkündigte Wahr-
heit. Er wollte als „Martyrer“ ſterben, und die
Huſſiten unter den Czechen verehren ihn auch als
ſolchen. Welche Saat aus den Thaten des Huß auf-
ging, beweiſen die folgenden Huſſitenkriege.
aufgeſtellt; ſolange er am Ruder iſt, will die Oppoſi-
tion die vier Proviſoriumsvorlagen nicht erledigen. Die
Regierung will aber, daß die Erledigung der Provi-
ſoriumsvorlagen dem Rücktritt Banffy’s vorangehe.
Dieſes perſönliche Moment und die Reviſion der
Hausordnung erſchweren das Zuſtandeknmmen eines
Compromiſſes. Obwohl man Banffy nachſagt, daß er
die Friedensaction zu vereiteln beabſichtige, ſo hat er
doch erklärt, daß die Regierung die Compromißver-
handlungen fortzuführen gedenke. Zu dieſem
Entſchluſſe wird ihn hauptſächlich die Friedens-
ſtimmung in der liberalen Partei bewogen
haben. Die Zahl der Friedensfreunde in der liberalen
Partei ſoll täglich zunehmen und mit ungefähr achtzig
beziffert werden. Zum Lager der Friedensfreunde ge-
hören auch ſolche Abgeordnete, die Baron Banffy
bisher zu ſeinen intimſten Freunden und Anhängern
gezählt hat, und die entſchloſſen ſind, wenn von der
Regierung die Friedensaction vereitelt wird, aus der
Regierungspartei auszutreten. Der nächſte Donnerſtag,
an welchem Tage die Conferenz der Regierungspartei
ſtattfinden ſoll, wird endlich eine Entſcheidung bringen.
Koloman Szell, der geſtern vom Kaiſer hier in
Audienz empfangen wurde, und der als der kommende
Mann in Ungarn angeſehen wird, hat erklärt, daß er
bei der Donnerſtag-Sitzung von der Regierung Auf-
klärungen verlangen werde. Man ſieht daher dieſer
Conferenz mit der größten Spannung entgegen. Die
Audienz, die geſtern Szell beim Kaiſer hatte, gilt
als ein Ereigniß, welches in der ungariſchen Kriſe
eine baldige Wendung herbeiführen wird.
Der croatiſche Landtag ſetzte am Samſtag die
Budgetdebatte fort. Abg. Zorics beſprach den Ausgleich
mit Ungarn und nahm den Clerus gegen den Abgeordneten
Sekulics in Schutz und ſagte, daß der Clerns ſeinen prieſter-
lichen und patriotiſchen Pflichten ſtets nachkommen werde,
ohne gegen das Geſetz zu verſtoßen. Aber die Regierung
möge ſich vor Denen in Acht nehmen, die ihr ſchmeicheln,
denn dieſe wollen ſie ausnützen. Sie möge mehr auf Jene
hören, welche die Wahrheit ſagen. Unſer Budget wird nie
zur rechten Zeit verhandelt, und dies iſt eine Folge
davon, daß unſer Budget vom gemeinſamen Budget ab-
hängig iſt, und darum hat Dr. Brestyensky Recht mit dem,
was er geſtern ſagte. Die außergeſetzlichen Zuſtände
im Lande ſind eine Folge des ungerechten dualiſtiſchen
Syſtems, weil dieſes zu einer Aenderung drängt, nicht bloß
diesſeits, ſondern auch jenſeits der Leitha. Im weiteren
Verlaufe ſeiner Rede kritiſirt Redner die Verwaltung und
fordert die Beſchleunigung der Urbarialſegregationen, ſowie
eine billige Geldquelle für den Bauernſtand und wendet ſich
ſchließlich gegen die Wahlpraxis, welche indirect zur Ver-
breitung ſocialiſtiſcher Ideen führe. Es ſolgen hierauf
mehrere Interpellationen, darunter eine des Abgeordneten
David Starcsevics betreffend die Errichtung einer
croatiſchen Militär-Erziehungsanſtalt für croatiſche Landwehr-
Offiziere.
Deutſches Reich.
Ein Proteſt der Münchener Amerikaner. Wie
die „Münchener Neueſten Nachrichten“ melden, haben die im
Repräſentantenhauſe in Waſhington gefallenen provociren-
den Aeußerungen gegen Deutſchland die Veranlaſſung ge-
geben, daß einige maßgebende amerikaniſche Perſönlichkeiten
in München den Beſchluß gefaßt haben, der amerikaniſchen
Regierung eine Proteſtkundgebung aller in München weilen-
den Amerikaner zu übermitteln, worin die von einem Mit-
gliede des Senates in Waſhington geführte Sprache auf
das Schärfſte mißbilligt wird. Die Vorbeſprechungen werden
in den nächſten Tagen ſtattfinden.
Italien.
Ein Handſchreiben Kaiſer Franz Joſefs.
Wie das „Fremdenblatt“ meldet, hat unſer Kaiſer bei
Verleihung des Goldenen Vließes an den Herzog Aoſta
ein Handſchreiben gerichtet, worin er die Befriedigung
über die denkbar herzlichſten Beziehungen zu Italien
ausdrückt. Gleichzeitig ladet Kaiſer Franz Joſef den
Herzog zu den Frühjahrsmanövern ein. Die Annahme
ſeitens des Herzogs wird gleich nach erklärtem Ein-
verſtändniß der Regierung erfolgen.
Serbien.
Die Skupſchtina beſchloß ein neues Steuer-
geſetz mit genaueren und ſtrengen Beſtimmungen
über die Eintreibung der Steuern. Nach Votirung der
geringen Anzahl der noch ausſtehenden Geſetzentwürfe
dürfte der Schluß des Parlamentes am
27. Jänner erfolgen.
Afrika.
Die Lage in der Erythräa. Aus Maſſana
wird berichtet, daß am Mittwoch in der Kirche von
Edanariam der Friede beſchworen wurde, vorbehaltlich
der Genehmigung ſeitens des Neugs, an den man
Boten entſendet hat. Es ſcheint, daß Ras Man-
gaſcha um Frieden gebeten habe, als ihm die Be-
ſetzung des Paſſes von Alequa durch Ras Makonnen
die Vertheidigung von Adagamus als gewagt erſcheinen
ließ. Die Truppen Ras Makonnen’s fangen an
gegen Süden zu marſchiren, ſcheinen alſo ihre Abſicht,
in Agame zu bleiben, aufgegeben zu haben. Die
Häuptlinge von Tigre kehren in ihre Ge-
biete zurück.
Auſtralien.
Die Samoafrage. Wie aus Waſhington gemel-
det wird, hat der deutſche Botſchafter Dr. v. Holleben
dem Staatsſecretär Hay zwei wichtige aus Berlin ein-
gegangene Depeſchen überreicht und mit ihm im
Anſchluſſe daran eine lange Unterredung gehabt. Die
Depeſchen enthalten eine ausführliche Darſtellung der
letzten Vorgänge in Samoa, die ſich in vielen weſent-
lichen Einzelheiten von den bisher veröffentlichten Dar-
ſtellungen unterſcheidet. Nach der Conferenz zwiſchen
dem Botſchafter und dem Staatsſecretär äußerte ſich
eine Perſönlichkeit von hoher diplomatiſcher Stellung,
das Ausſehen, welches die Angelegenheit
neuerdings angenommen habe, laſſe eine
friedliche Beilegung desſelben als möglich,
ja ſogar als wahrſcheinlich erſcheinen. In
maßgebenden Kreiſen wird poſitiv erklärt, daß bis
heute Mittags weder von den Vereinigten Staaten
allein noch in Verbindung mit England Proteſt er-
hoben worden ſei. Es könne als ſicher behauptet
werden daß, wenn die über die Vorkommniſſe ver-
öffentlichten Berichte den Thatſachen entſprechen,
die Handlungen Doctor Raffel’s und des
deutſchen Generalconſuls Roſe nicht das Ereigniß
von Inſtructionen aus Berlin waren. Man iſt der
Anſicht, daß dieſe Handlungen, ſoweit ſie eine Vertrags-
verletzung in ſich ſchließen, nicht die Billigung der
deutſchen Regierung finden werden. — Eine Meldung
aus Wellington in Neuſeeland beſagt, es ſei das
Kriegsſchiff „Royaliſt“ nach Samoa abgeſendet
worden
Gemeindezeitung.
Hintanhaltung des Beſuches der Kinder in
Verſammlungen. Der Wiener Bezirksſchulrath hat
anläßlich der wiederholt gemachten Wahrnehmung, daß
ſchulpflichtige Kinder von ihren Eltern oder Angehörigen
zur Theilnahme an Verſammlungen aller Art heran-
gezogen werden, an jene Organe, welche bei derlei Ver-
ſammlungen als Vertreter der Behörde zu interveniren
haben, die Weiſung ergehen laſſen, die Theilnahme
ſchulpflichtiger Kinder mit allen geſetzlichen Mitteln
hintanzuhalten. Die „Arbeiter-Zeitung“ iſt ſo gnädig,
daran die Bemerkung zu knüpfen: „Wir ſind ſehr ein-
verſtanden, wenn man die Schüler von den Verſamm-
lungen, auch den ſocialdemokratiſchen fernhält; denn
die Politik iſt nicht für Kinder.“ Wir dürſen alſo er-
warten, daß die Socialdemokraten nicht wieder den
Chriſtlich-Socialen Waſſer predigen und ſelbſt Wein
trinken.
Schulleiterſtellen. Im Wiener Schulbezirk kommt je
eine Directorſtelle an der Knaben-Bürgerſchule, Leopoldſtadt,
Wasnergaſſe 33 und an der Knaben- und Mädchen-Bürger-
ſchule Meidling, Hetzendorferſtraße 66, ferner eine Oberlehrer-
ſtelle in der Mädchen-Volksſchule Leopoldſtadt, Wintergaſſe
14 zur Beſetzung. Geſuche ſind bis längſtens 15. Februar l. J.
an den Stadtrath zu richten.
Der Gemeinderath hält am Freitag den 27. d. M.,
der Stadtrath am Mitwoch, Donnerſtag und Freitag
Sitznngen ab.
Ein Vortrag über die niederöſterreichiſche
Laudes-Brandſchaden-Verſicherungsanſtalt wird am
Mittwoch, den 25. d. M., um 8 Uhr Abends, in Dreher’s
großem Saale, 3. Bez., Landſtraße, Hauptſtraße 97, ab-
gehalten. Auskünfte über Verſicherungsabſchlüſſe werden
täglich in der Bezirksausſchußkanzlei, 3. Bez., Gemeinde-
haus, 1. Stock, während der Amtsſtunden von 8 bis
2 Uhr ertheilt, woſelbſt auch Beitrittserklärungen entgegen-
genommen werden. Auskunftsſtellen befinden ſich in der
Bezirkausſchußkanzlei aller Bezirke.
Die Ausgeſtaltung des Carlskirchenplatzes. Die
Projecte für die Ausgeſtaltung des Carlskirchenlpatzes
werden von Mittwoch, den 24. d. M., an durch vierzehn
Tage im nördlichen Rauchſalon nächſt der ſtädtiſchen
Bibliothek im Rathhauſe zur Beſichtigung öffentlich aus-
geſtellt.
Die Regulirung des Donaucanales. Die
Schleußenbauten am Donaucanal ſind nunmehr unter der
Leitung des Oberbaurathes Tauſſig fertiggeſtellt. Die
neue Hafenabſperrvorrichtung wird heute zum erſten Male
in Function geſetzt werden und probeweiſe mehrere Tage in
Action bleiben.
Tagesbericht.
Wien, 23. Jänner.
* Kalender für Dienſtag, den 24. Jänner
Katholiken: Timoth. — Griechen (12. Jänner.)
Tatiana. — Sonnenaufgang 7 Uhr 40 Minuten Morgens.
— Sonnenuntergang 4 Uhr 46 Minuten Abends. —
Mondesaufgang 2 Uhr 37 Minuten Abends. — Mondes-
untergang 6 Uhr 09 Minuten Morgens.
* Hof- und Perſonalnachrichten. Die Erz-
herzoge Heinrich Ferdinand und Franz
Salvator ſind aus Enns hier eingetroffen. — Ge-
heimer Rath Hermann Freiherr von Löbl iſt nach Lem-
berg abgereiſt. — Der Präſident der Handelskammer in
Reichenberg Alois Neumann, welcher vorgeſtern hier
eingetroffen iſt, kehrte geſtern wieder nach Reichenberg
zurück. — Der königlich ungariſche Miniſterpräſident Baron
Banffy iſt heute Früh aus Budapeſt hier eingetroffen.
* Auszeichnungen und Ernennungen. Der Kaiſer
hat dem Oberrechnungsrathe der Forſt- und Domänen-
direction in Lemberg Joſef Hirſchberg das Ritterkreuz
des Franz Joſeph-Ordens, dem Rechnungsrathe derſelben
Direction Cyprian Wagrzynovicz den Titel und
Charakter eines Oberrechnungsrathes, dem mit dem Titel
eines Rechnungsrathes bekleideten Rechnungsrevidenten der-
ſelben Direction Michael Pawulski das goldene Ver-
dienſtkreuz mit der Krone, dem Landesgerichtsrathe in Wien
Dr. Carl Frühwald den Titel und Charakter eines
Oberlandesgerichtsrathes, dem Director der Lehrerinnen-
Bildungsanſtalt in Trient, Franz Holzer, den Titel
eines Schulrathes, dem Zolloberamts-Controlor Johann
Breitfel der in Wien und dem Director der Filiale
der galiziſchen Hypothekenbank in Czernowitz, Ferdinand
Mayer den Titel eines kaiſerlichen Rathes, dem Zoll-
Oberamtsverwalter Johann Detoni in Raguſa das
goldene Verdienſtkreuz mit der Krone verliehen, den Privat-
docenten an der Wiener Univerſität Dr. Ant. Pelikan
zum außerordentlichen Profeſſor der Mineralogie an der
deutſchen Univerſität in Prag und den Bezirkshauptmann
Benjamin Dorna in Cles zum Statthaltereirathe bei der
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grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
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