Reichspost. Nr. 78, Wien, 06.04.1897.Wien, Dienstag, Reichspost 6. April 1897 78 [Spaltenumbruch] zwar gewiß dem Monarchen das Recht nicht ver- Was den An- und Absichten der Stumm Ein etwas eigenthümliches Verhalten zeigten Die Weisen aus dem Margenlande. Eine ständige Behauptung der judenliberalen Die Christlichsocialen dagegen konnten, abge- Schönerianer und Christlich-Sociale. An den verantwortlichen Redacteur der "Reichspost", Hiemit fordere ich Sie unter Berufung auf § 19 des 1. Es ist unwahr, daß im Landgemeindenwahlbezirk 2. Es ist unwahr, daß ich irgend jemandem "glatte Wien, am 2. April 1897. So viel Anstand kann man auch von einem ehe- Politische Rundschan. Wien, 5. April. Deutsches Reich. Der Reichstag nahm heute in dritter Lesung Portugal. Eine Niederlage in den Colonien. Wie aus Türkei. Aus Konstantinopel wird geschrieben: Gestern Die französische Botschaft sandte für die Hinter- Die von der Pforte dem armenischen Patriarchate In der französischen Kammer gab in Beant- Parlamentarisches. Zur Wahl des Abtes Treuinfels. Wir Kirche, Staat und Schule. Mission bei St. Rochus auf der Land- Wien, Dienſtag, Reichspoſt 6. April 1897 78 [Spaltenumbruch] zwar gewiß dem Monarchen das Recht nicht ver- Was den An- und Abſichten der Stumm Ein etwas eigenthümliches Verhalten zeigten Die Weiſen aus dem Margenlande. Eine ſtändige Behauptung der judenliberalen Die Chriſtlichſocialen dagegen konnten, abge- Schönerianer und Chriſtlich-Sociale. An den verantwortlichen Redacteur der „Reichspoſt“, Hiemit fordere ich Sie unter Berufung auf § 19 des 1. Es iſt unwahr, daß im Landgemeindenwahlbezirk 2. Es iſt unwahr, daß ich irgend jemandem „glatte Wien, am 2. April 1897. So viel Anſtand kann man auch von einem ehe- Politiſche Rundſchan. Wien, 5. April. Deutſches Reich. Der Reichstag nahm heute in dritter Leſung Portugal. Eine Niederlage in den Colonien. Wie aus Türkei. Aus Konſtantinopel wird geſchrieben: Geſtern Die franzöſiſche Botſchaft ſandte für die Hinter- Die von der Pforte dem armeniſchen Patriarchate In der franzöſiſchen Kammer gab in Beant- Parlamentariſches. Zur Wahl des Abtes Treuinfels. Wir Kirche, Staat und Schule. Miſſion bei St. Rochus auf der Land- <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Wien, Dienſtag, Reichspoſt 6. April 1897 78</hi> </fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="marinedebatten2" prev="#marinedebatten1" type="jArticle" n="2"> <p>zwar gewiß dem Monarchen das Recht nicht ver-<lb/> ſagen, ſich auch außerhalb der profeſſionellen<lb/> Rathgeber, der Miniſter, Raths zu erholen. Aber<lb/> einerſeits erforderte es dann der elementarſte<lb/> Takt von dieſen Rathgebern, ſich damit nicht in<lb/> der Oeffentlichkeit zu brüſten, andererſeits aber<lb/> auch, wenn dieſe Hinwirkungen doch gar zu oft<lb/> und einſchneidend ſich bemerkbar machen, dann iſt<lb/> es ſchwer, noch <hi rendition="#g">verantwortlicher</hi> Rath-<lb/> geber zu ſein. Man kann es da ſehr begreiflich<lb/> finden, daß Viceadmiral <hi rendition="#g">Holmann</hi> endlich<lb/> auch einmal in recht ſcharfen Worten Herrn von<lb/> Stumm zu Leibe ging. Allerdings wird er ſich<lb/> dabei wohl ſelbſt die <hi rendition="#g">Leichenrede</hi> gehalten<lb/> haben, denn inzwiſchen hat er ja bereits einen<lb/><hi rendition="#g">„Erholungs“-Urlaub</hi> bekommen.<lb/> Warum wird Herr v. Stumm nicht einmal <hi rendition="#g">ver-<lb/> antwortlicher</hi> Rathgeber?</p><lb/> <p>Was den An- und Abſichten der Stumm<lb/> und Conſorten auf Staatsſtreiche und Aehnliches<lb/> aber am Wirkſamſten entgegengetreten iſt, das<lb/> war die wahrhaft imponirend wirkende Geſchloſſen-<lb/> heit des <hi rendition="#g">Centrums</hi> in dieſer Frage. Von der<lb/> großen, 100 Mann zählenden Partei, fehlte ohne<lb/> Entſchuldigung nicht ein einziger, mit Entſchuldi-<lb/> gung nur 5, und die anweſenden 95 Mitglieder<lb/> ſtimmten ohne <hi rendition="#g">eine einzige</hi> Ausnahme gegen<lb/> die Kreuzer. Als ſeinerzeit Dr. Lieber als Mit-<lb/> glied der Marinecommiſſion mit Viceadmiral<lb/> Hollmann und noch einem Mitglied derſelben<lb/> Commiſſion nach Kiel reiſte, um die Flotten-<lb/> einrichtungen durch den Augenſchein aufs Genaueſte<lb/> kennen zu lernen, da hegte man wohl bei den<lb/> Flottenſchwärmern die Hoffnung — vielleicht auch<lb/> in Centrumskreiſen die Furcht — jetzt werde das<lb/> Centrum bei den nächſten Forderungen ſich etwas<lb/> gefügiger zeigen. Indeß hat dieſe Reiſe nur die<lb/> Wirkung gehabt, daß in Folge des dort<lb/> reichlich geſammelten Materials Commiſſions-<lb/> berathungen aufs Gründlichſte geführt worden<lb/> konnten. Uebrigens würde auch ein Eintreten<lb/> Lieber’s für die Forderung die Bewilligung des-<lb/> ſelben von Seiten des ganzen Centrums noch<lb/> längſt nicht ohne Weiteres zur Folge gehabt haben;<lb/> es war ſchon einmal der Fall, daß, obwohl Lieber<lb/> eine Marineforderung der Regierung vertrat, doch<lb/> die überwältigende Mehrheit der Partei dagegen-<lb/> ſtimmte. Indeß jetzt war die Einigkeit lückenlos.<lb/> Bei der Thatſache einer ſolchen Geſchloſſenheit einer<lb/> ſo ſtarken Partei, bei der weiteren Thatſache ihres<lb/> Anſehens bei den Wählern, die ſelbſt v. Bennigſen<lb/> anerkennend hervorhob, da erſcheint der Verſuch<lb/> eines Staatsſtreiches nicht ſehr verlockend. Das<lb/> Centrum aber hat ſich hier wieder als echte<lb/> Volkspartei erwieſen. Die Commercienräthe,<lb/> Handelsherren und Schiffsbeſitzer der National-<lb/> liberalen und Freiconſervativen haben gut für<lb/> Marineforderungen ſtimmen, es liegt ja auf der<lb/> Hand, welchen Nutzen ſie davon haben; die con-<lb/> ſervativen Grafen und Barone brauchen ſich eben-<lb/> falls nicht zu bedenken, jede Vermehrung der<lb/> Land- und Seemacht ſchafft neue Officierſtellen<lb/> für ihre neugebornen Söhne. Aber das Volk hat<lb/> ſo ſchon übergenug zu tragen an Geld und Blut-<lb/> ſteuer, es hat wahrlich keine Urſache, ſelbſt ſich<lb/> neue Laſten dazu aufzulegen.</p><lb/> <p>Ein etwas eigenthümliches Verhalten zeigten<lb/> in den Debatten die Antiſemiten. Obwohl ihre<lb/> Zahl wahrhaftig nicht allzu groß iſt, vermochten<lb/> ſie doch nicht, noch dazu in einer Sache von ſolcher<lb/> Bedeutung, eine einheitliche Abſtimmung zu Stande<lb/> zu bringen: zwei ſtimmten mit dem Centrum gegen<lb/> die Kreuzer, die Uebrigen ſtimmten für einen,<lb/> Liebermann v. Sonnenberg und Förſter ſchienen<lb/> nicht übel Luſt zu haben, noch ein Mehreres zu<lb/> thun. Alſo wieder der alte Erbfehler der Uneinig-<lb/> keit! Oder ſollten da vielleicht andere Gründe ge-<lb/> wirkt haben? Die theilweiſe Ablehnung, um es<lb/> bei den Wählern nicht zu verderben, die theilweiſe<lb/> Zuſtimmung, um ſich „nach Oben“ einzuſchmeicheln?<lb/> Man empfindet allerdings einige Verſuchung zu<lb/> dieſer Annahme, wenn man in einem Wiener anti-<lb/> ſemitiſchen Blatte lieſt, wie anläßlich der ja wahr-<lb/> haft glänzenden Wahlſiege der Chriſtlich-Socialeu<lb/> in Niederöſterreich über die Socialdemokraten<lb/> der Verſuch gemacht wird, auch in Deutſchland<lb/> die Antiſemiten als am beſten geeignet zum „Zer-<lb/> ſchmettern“ der Socialdemokratie nach oben hin<lb/> in empfehlende Erinnerung zu bringen. Wir<lb/> möchten indes doch lieber den Artikel nicht der<lb/> Partei, ſondern nur eifrigen, aber ungeſchickten<lb/> Freunden zuſchreiben. Denn es wäre doch ſehr<lb/> ſchlecht beſtellt um eine Partei, welche die Ver-<lb/> doppelung und Verdreifachung ihrer Kraft und<lb/> Thätigkeit (ſo d. Artikel) nicht ſo ſehr an ihren<lb/> Principien und ihrer Thätigkeit, als vielmehr erſt<lb/><cb/> von einem „Strahl kaiſerlicher Hnld“ erwartete.<lb/> Möchte doch die Reformpartei lieber mit kräftiger,<lb/> feſter Stimme nach oben hin rufen: „Was nicht<lb/> widerſteht, das ſtützt auch nicht!“ Und dann, wenn<lb/> ſie ſich noch einmal mit den Chriſtlich-Socialen<lb/> Oeſterreichs in Vergleich bringen wollen, ſo,<lb/> ſcheint es uns, müßten ſie ſich merken:<lb/> Die Chriſtlich-Socialen ſind loyal und kaiſertreu<lb/> bis ins Werk hinein, ſie revidiren ihre monar-<lb/> chiſche Geſinnung niemals, wie die Liberalen das<lb/> zu Zeiten androhen, ſie ſtimmen niemals für die<lb/> Socialdemokraten, wie die Liberalen das zu Zeiten<lb/> wirklich thun, aber gerade wegen ihrer Kaiſertreue<lb/> treten ſie mit Kraft und Entſchiedenheit Regierungs-<lb/> forderungen entgegen, die das Wohl des Volkes<lb/> ſchädigen und niemals würden ſie dieſes irgend-<lb/> wie verkürzen, um „Oben“ gut angeſchrieben zu<lb/> ſein. Es iſt lebhaft zu wünſchen, daß auch in<lb/><hi rendition="#g">Deutſchland</hi> entſprechend den <hi rendition="#g">deutſchen<lb/> Verhältniſſen der Antiſemitis-<lb/> mus größere Fortſchritte</hi> mache; es<lb/> iſt zu bedauern, daß durch dieſe Halbheiten die<lb/> Zahl der Hinderniſſe unnöthigerweiſe noch ver-<lb/> mehrt wird. Doch davon ein anderes Mal.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Weiſen aus dem Margenlande.</hi> </head><lb/> <p>Eine ſtändige Behauptung der judenliberalen<lb/> Blätter während der Cabinetskriſe war die, daß<lb/> Graf Badeni den Eintritt der katholiſchen Volks-<lb/> partei in die Regierungsmehrheit nicht wünſche,<lb/> weiters, daß die Chriſtlich-Socialen den Eintritt<lb/> in die gouvermentale Coalition ambitionirten.<lb/> Das Eine iſt ſo wenig wahr wie das Andere.<lb/> Ohne katholiſche Volkspartei gibt es unter den<lb/> gegebenen Verhältniſſen keine ausreichende<lb/> Majorität, da auf Grund der Sprachen-<lb/> verordnung die Deutſchböhmen nicht mit<lb/> den Jungezechen gehen können und werden,<lb/> andererſeits, wie bereits erwähnt, die ganze Rechte,<lb/> Jungczechen und katholiſche Volkspartei einge-<lb/> ſchloſſen, ſolidariſch vorzugehen entſchloſſen iſt.<lb/> Dies wird auch bei der morgen ſtattfindenden<lb/> Präſidiumswahl bereits offen zu Tage treten.</p><lb/> <p>Die Chriſtlichſocialen dagegen konnten, abge-<lb/> ſehen von den nationalen, gewichtigen Bedenken,<lb/> an einen Eintritt in die Regierungspartei gar<lb/> nicht denken, weil ſie hinſichtlich der wichtigſten<lb/> Regierungsvorlage, hinſichtlich des Ausgleiches, im<lb/> entſchiedenen Gegenſatze zu den Vereinbarungen<lb/> beider Regierungen, ſoweit ſie bekannt ſind, ſtehen,<lb/> weil ſie unter einem gerechten Ausgleiche ganz<lb/> etwas anderes meinen, als jene Vereinbarungen<lb/> enthalten. Die Herren Schmöcke haben ſich da<lb/> wieder einmal in den eigenen Sack gelogen; ein<lb/> judenliberales Montagsblatt ſchießt alſo <hi rendition="#aq">post<lb/> festum</hi> den Vogel ab, indem es, entgegen den<lb/> feſtſtehenden Thatſachen heute mit durchſchoſſenen<lb/> Lettern meldet, „es darf als vollkommen<lb/> ausgeſchloſſen gelten, daß die katholiſche Volks-<lb/> partei einen Beſtandtheil der Regierungs-<lb/> partei bilden werde“. Ohne dieſe Partei<lb/> würde die Regierungs „mehrheit“, die liberalen<lb/> Großgrundbeſitzer eingeſchloſſen, nur 210 Mann<lb/> betragen, alſo eine Minderheit ſein. Addiren iſt<lb/> die erſte und einfachſte der vier Spezies, wer das<lb/> nicht kann, ſoll ſich nicht einmal mit dem Einmaleins<lb/> der Politik befaſſen. Die katholiſche Volkspartei<lb/> iſt alſo in der Regierungspartei, wie es ihr darin<lb/> gefällt, das iſt allerdings ihre Sache, ebenſo wie ſie ſich<lb/> als deutſche Katholiken mit den huſſitiſchen Jung-<lb/> czechen zuſammenfinden.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jReadersLetters" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Schönerianer und Chriſtlich-Sociale.</hi> </head><lb/> <div type="letter" n="2"> <p>An den verantwortlichen Redacteur der „Reichspoſt“,<lb/> Hermann Hikiſch in Wien, 8. Bez., Strozzigaſſe 41.</p><lb/> <p>Hiemit fordere ich Sie unter Berufung auf § 19 des<lb/> Preßgeſetzes auf, genau nach den Beſtimmungen desſelben,<lb/> an derſelben Stelle, unter derſelben Ueberſchrift nachfolgende<lb/> Berichtigung des in Nr. 74 der „Reichspoſt“ vom 1. April<lb/> 1897 enthaltenen Artikels „Schönerianer und Chriſtlich-<lb/> Sociale“ zu veröffentlichen:</p><lb/> <p>1. Es iſt unwahr, daß im Landgemeindenwahlbezirk<lb/> Plan-Tachau-Luditz von Seite der chriſtlich-ſocialen Wahl-<lb/> männer ein privates Wahlcompromiß „für die Durchbringung<lb/> des Schönerianers Iro“ abgeſchloſſen wurde. Wahr iſt viel-<lb/> mehr, daß zu Gunſten meiner Wahl überhaupt kein Com-<lb/> promiß abgeſchloſſen wurde.</p><lb/> <p>2. Es iſt unwahr, daß ich irgend jemandem „glatte<lb/> brombeerbillige Verſprechungen in kirchenpolitiſcher und<lb/> religiösſittlicher Hinſicht“ gemacht habe. Wahr iſt vielmehr,<lb/> daß ich in dieſer Beziehung gar keine Verſprechungen gemacht<lb/> habe, ſondern auf das Verlangen nach ſolchen erklärte, daß<lb/> ich meine und meiner Partei Grundſätze werletzen würde,<lb/> wenn ich irgendwie gegen die Religion auftreten würde.</p><lb/> <p>Wien, am 2. April 1897.</p><lb/> <byline>Carl Iro,<lb/> Reichsraths- und Landtags-Abgeordneter,<lb/> Wien, 12. Bez., Ruckergaſſe 20, 2/10.</byline> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>So viel <hi rendition="#g">Anſtand</hi> kann man auch von einem ehe-<lb/> maligen <hi rendition="#g">Zuckerbäcker</hi> verlangen, daß er in ſeiner<lb/> Correſpondenz und auf dem Couvert dem Namen des<lb/><cb/> Adreſſaten das Wort „Herr“ beifügt. Uebrigens wiederholt<lb/><hi rendition="#g">Iro</hi> dasſelbe, was er bereits in der Nummer vom 30. März<lb/> vorgebracht hat.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Politiſche Rundſchan.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Wien,</hi> 5. April.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Deutſches Reich.</hi> </head><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Reichstag</hi> nahm heute in dritter Leſung<lb/> den Antrag des Centrums auf <hi rendition="#b">Aufhebung</hi> des<lb/><hi rendition="#b">Jeſuitengeſetzes</hi> in Verbindung mit den Anträgen<lb/> der Conſervativen und der Freiſinnigen Vereinigung<lb/> ohne Debatte <hi rendition="#g">an.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Portugal.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#b">Eine Niederlage in den Colonien.</hi> Wie aus<lb/> Liſſabon berichtet wird, melden officielle Depeſchen aus<lb/> Bulama, eine <hi rendition="#g">Niederlage portugieſiſcher<lb/> Truppen</hi> durch Eingeborene von Guinea. Die<lb/> Portugieſen leiſteten durch acht Stunden Widerſtand.<lb/> Drei Officiere und mehrere Soldaten wurden getödtet,<lb/> die portugieſiſche Fahne gerettet. Vom Grünen Vor-<lb/> gebirge und von Angola werden Verſtärkungen erwartet.<lb/> Der Gouverneur von Senegal erhielt aus Bulama ein<lb/> Telegramm mit der Meldung, daß die Aufſtändiſchen<lb/> um Frieden baten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Türkei.</hi> </head><lb/> <p>Aus <hi rendition="#b">Konſtantinopel</hi> wird geſchrieben: Geſtern<lb/> unternahmen die Botſchafter einen Collectivſchritt, damit<lb/> der Poſten des Vali von Siwas nicht, wie verlautet,<lb/> dem compromittirten Haſſan Paſcha, ſondern einem<lb/> tadelloſen Functionär übertragen werde; ferner, damit<lb/> der auf die Intervention der Botſchafter für den Kreis<lb/> Hadſchin im Vilajet Adana ernannte chriſtliche Kaima-<lb/> kam Ferid Bey ſeitens der Oberbehörden und Local-<lb/> behörden die entſprechende Unterſtützung erlange. Trotz<lb/> dieſes Schrittes der Botſchafter iſt der zum Vali von<lb/> Siwas ernannte Haſſan Paſcha auf ſeinen Poſten ab-<lb/> gereiſt. Die Botſchafter erwarten die Annullirung ſeiner<lb/> Ernennung.</p><lb/> <p>Die franzöſiſche Botſchaft ſandte für die Hinter-<lb/> bliebenen der Opfer von Tokat 3000 Francs. Eine<lb/> größere engliſche Hilfeleiſtung wird vorbereitet. Der<lb/> Miniſter des Aeußeren theilte dem franzöſiſchen Bot-<lb/> ſchafter mit, daß die nach Tokat entſandte außerordent-<lb/> liche Unterſuchungscommiſſion ſich conſtituirt habe und<lb/> unverzüglich 140 Muſelmanen und 4 Armenier ver-<lb/> haften ließ.</p><lb/> <p>Die von der Pforte dem armeniſchen Patriarchate<lb/> gemachten modificirten Zugeſtändniſſe haben das erſtere<lb/> nicht vollkommen befriedigt. Der gemiſchte Rath beſchloß<lb/> geſtern, der Patriarch möge neue Schritte zur Er-<lb/> langung eines klareren Erlaſſes unternehmen, welche<lb/> heute erfolgen ſollen.</p><lb/> <p>In der <hi rendition="#b">franzöſiſchen Kammer</hi> gab in Beant-<lb/> wortung einer Interpellation der Miniſter des Aeußern,<lb/><hi rendition="#g">Hanotaux,</hi> die Erklärung ab, er habe ſofort nach<lb/> dem Bekanntwerden der Ereigniſſe in Tokat Inſtruc-<lb/> tionen ertheilt, in Folge deren der Sultan nach <hi rendition="#g">Tokat</hi><lb/> eine Unterſuchungscommiſſion entſendete. Da dieſe<lb/> Maßregel für unzureichend gehalten wurde, wurden der<lb/> Gouverneur und andere Functionäre abgeſetzt. Dieſe<lb/> Maßnahmen haben einen wohlthätigen Einfluß auf die<lb/> Bevölkerung ausgeübt. Bezüglich der Vorgänge in<lb/><hi rendition="#g">Scutarid’Albania</hi> bemerkt der Miniſter, daß<lb/> ſich dortſelbſt bedauerliche Vorfälle ereigneten, daß aber<lb/> dank der Intervention der Botſchafter in Conſtantin-<lb/> opel dieſe Ereigniſſe bisher nicht jene traurigen Wir-<lb/> kungen hatten, die man befürchten konnte.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Parlamentariſches.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Zur Wahl des Abtes Treuinfels.</hi> </head> <p>Wir<lb/> brachten vor einigen Tagen die Notiz, daß die Wahl des<lb/> Abgeordneten Prälaten Treuinfels Gefahr läuft, anullirt<lb/> zu werden. In der betreffenden Verificirungsabtheilung<lb/> wurde nunmehr klargeſtellt, daß der Abt von Gries,<lb/> auf deſſen Stimme es ankam, erſt <hi rendition="#g">nach</hi> dem Termin<lb/> für die <hi rendition="#g">Einſendung</hi> der Stimmen, jedoch vor<lb/> dem <hi rendition="#g">Publications</hi>termin geſtorben iſt; da aber<lb/> die Eröffnung der Stimmzettel und die juriſtiſche Feſt-<lb/> ſtellung des Wahlergebniſſes bereits an erſterem Termin<lb/> ſtattfand und die Publication nunmehr eine irrelevante<lb/> Form war, wurde von der Abtheilung die Wahl des<lb/> Prälaten Treuinfels als rechtmäßig anerkannt. Wäre<lb/> die Prüfung der Simmzettel erſt am Publicationstermin,<lb/> wie von den Eingebern des Wahlproteſtes angenommen<lb/> wurde, erfolgt, ſo würde dieſelbe ausſchlaggebende<lb/> Thatſache gegen die Richtigkeit dieſer Wahl geſprochen<lb/> haben.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Kirche, Staat und Schule.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p><hi rendition="#g">Miſſion bei St. Rochus auf der Land-<lb/> ſtraße.</hi> Unter rieſiger Betheiligung der katholiſchen Be-<lb/> völkerung des 3. Bezirkes fand geſtern Nachmittags die<lb/> feierliche Sacraments-Proceſſion ſtatt. An der Proceſſion<lb/> betheiligten ſich der Maria Eiſenſtädter Wallfahrtsverein,<lb/> der Katholiſche Geſellenverein (Abtheilung Landſtraße), der<lb/> Katholiſche Arbeiterverein Landſtraße, der Katholiſche Jüng-<lb/> lingsverein Simmering, der Katholiſche Schulverein mit den<lb/> Pfarrgruppen St. Rochus und Sebaſtian, St. Peter und<lb/> Paul in Erdberg, St. Othmar, Maria Geburt am Renn-<lb/> weg. Sämmtliche genannten Vereine mit ihren Fahnen.<lb/> Ferner waren der Chriſtlich-ſociale Arbeiterverein, der Ar-<lb/> beiterverein „Auſtria“, der St. Vincenzverein, der St. Al-<lb/> binusverein, das Katholiſch ſociale Caſino Landſtraße, der<lb/> Verein „Urbanitas“, die Marianiſche Gewerbe-Congregation,<lb/> die Marianiſche Jünglings-Congregation, die Marianiſche<lb/> Jungfrauen-Congregation und der Kathol. Frauenwohlthätig-<lb/> keits-Verein landſtraße durch zahlreiche Mitglieder vertreten,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Wien, Dienſtag, Reichspoſt 6. April 1897 78
zwar gewiß dem Monarchen das Recht nicht ver-
ſagen, ſich auch außerhalb der profeſſionellen
Rathgeber, der Miniſter, Raths zu erholen. Aber
einerſeits erforderte es dann der elementarſte
Takt von dieſen Rathgebern, ſich damit nicht in
der Oeffentlichkeit zu brüſten, andererſeits aber
auch, wenn dieſe Hinwirkungen doch gar zu oft
und einſchneidend ſich bemerkbar machen, dann iſt
es ſchwer, noch verantwortlicher Rath-
geber zu ſein. Man kann es da ſehr begreiflich
finden, daß Viceadmiral Holmann endlich
auch einmal in recht ſcharfen Worten Herrn von
Stumm zu Leibe ging. Allerdings wird er ſich
dabei wohl ſelbſt die Leichenrede gehalten
haben, denn inzwiſchen hat er ja bereits einen
„Erholungs“-Urlaub bekommen.
Warum wird Herr v. Stumm nicht einmal ver-
antwortlicher Rathgeber?
Was den An- und Abſichten der Stumm
und Conſorten auf Staatsſtreiche und Aehnliches
aber am Wirkſamſten entgegengetreten iſt, das
war die wahrhaft imponirend wirkende Geſchloſſen-
heit des Centrums in dieſer Frage. Von der
großen, 100 Mann zählenden Partei, fehlte ohne
Entſchuldigung nicht ein einziger, mit Entſchuldi-
gung nur 5, und die anweſenden 95 Mitglieder
ſtimmten ohne eine einzige Ausnahme gegen
die Kreuzer. Als ſeinerzeit Dr. Lieber als Mit-
glied der Marinecommiſſion mit Viceadmiral
Hollmann und noch einem Mitglied derſelben
Commiſſion nach Kiel reiſte, um die Flotten-
einrichtungen durch den Augenſchein aufs Genaueſte
kennen zu lernen, da hegte man wohl bei den
Flottenſchwärmern die Hoffnung — vielleicht auch
in Centrumskreiſen die Furcht — jetzt werde das
Centrum bei den nächſten Forderungen ſich etwas
gefügiger zeigen. Indeß hat dieſe Reiſe nur die
Wirkung gehabt, daß in Folge des dort
reichlich geſammelten Materials Commiſſions-
berathungen aufs Gründlichſte geführt worden
konnten. Uebrigens würde auch ein Eintreten
Lieber’s für die Forderung die Bewilligung des-
ſelben von Seiten des ganzen Centrums noch
längſt nicht ohne Weiteres zur Folge gehabt haben;
es war ſchon einmal der Fall, daß, obwohl Lieber
eine Marineforderung der Regierung vertrat, doch
die überwältigende Mehrheit der Partei dagegen-
ſtimmte. Indeß jetzt war die Einigkeit lückenlos.
Bei der Thatſache einer ſolchen Geſchloſſenheit einer
ſo ſtarken Partei, bei der weiteren Thatſache ihres
Anſehens bei den Wählern, die ſelbſt v. Bennigſen
anerkennend hervorhob, da erſcheint der Verſuch
eines Staatsſtreiches nicht ſehr verlockend. Das
Centrum aber hat ſich hier wieder als echte
Volkspartei erwieſen. Die Commercienräthe,
Handelsherren und Schiffsbeſitzer der National-
liberalen und Freiconſervativen haben gut für
Marineforderungen ſtimmen, es liegt ja auf der
Hand, welchen Nutzen ſie davon haben; die con-
ſervativen Grafen und Barone brauchen ſich eben-
falls nicht zu bedenken, jede Vermehrung der
Land- und Seemacht ſchafft neue Officierſtellen
für ihre neugebornen Söhne. Aber das Volk hat
ſo ſchon übergenug zu tragen an Geld und Blut-
ſteuer, es hat wahrlich keine Urſache, ſelbſt ſich
neue Laſten dazu aufzulegen.
Ein etwas eigenthümliches Verhalten zeigten
in den Debatten die Antiſemiten. Obwohl ihre
Zahl wahrhaftig nicht allzu groß iſt, vermochten
ſie doch nicht, noch dazu in einer Sache von ſolcher
Bedeutung, eine einheitliche Abſtimmung zu Stande
zu bringen: zwei ſtimmten mit dem Centrum gegen
die Kreuzer, die Uebrigen ſtimmten für einen,
Liebermann v. Sonnenberg und Förſter ſchienen
nicht übel Luſt zu haben, noch ein Mehreres zu
thun. Alſo wieder der alte Erbfehler der Uneinig-
keit! Oder ſollten da vielleicht andere Gründe ge-
wirkt haben? Die theilweiſe Ablehnung, um es
bei den Wählern nicht zu verderben, die theilweiſe
Zuſtimmung, um ſich „nach Oben“ einzuſchmeicheln?
Man empfindet allerdings einige Verſuchung zu
dieſer Annahme, wenn man in einem Wiener anti-
ſemitiſchen Blatte lieſt, wie anläßlich der ja wahr-
haft glänzenden Wahlſiege der Chriſtlich-Socialeu
in Niederöſterreich über die Socialdemokraten
der Verſuch gemacht wird, auch in Deutſchland
die Antiſemiten als am beſten geeignet zum „Zer-
ſchmettern“ der Socialdemokratie nach oben hin
in empfehlende Erinnerung zu bringen. Wir
möchten indes doch lieber den Artikel nicht der
Partei, ſondern nur eifrigen, aber ungeſchickten
Freunden zuſchreiben. Denn es wäre doch ſehr
ſchlecht beſtellt um eine Partei, welche die Ver-
doppelung und Verdreifachung ihrer Kraft und
Thätigkeit (ſo d. Artikel) nicht ſo ſehr an ihren
Principien und ihrer Thätigkeit, als vielmehr erſt
von einem „Strahl kaiſerlicher Hnld“ erwartete.
Möchte doch die Reformpartei lieber mit kräftiger,
feſter Stimme nach oben hin rufen: „Was nicht
widerſteht, das ſtützt auch nicht!“ Und dann, wenn
ſie ſich noch einmal mit den Chriſtlich-Socialen
Oeſterreichs in Vergleich bringen wollen, ſo,
ſcheint es uns, müßten ſie ſich merken:
Die Chriſtlich-Socialen ſind loyal und kaiſertreu
bis ins Werk hinein, ſie revidiren ihre monar-
chiſche Geſinnung niemals, wie die Liberalen das
zu Zeiten androhen, ſie ſtimmen niemals für die
Socialdemokraten, wie die Liberalen das zu Zeiten
wirklich thun, aber gerade wegen ihrer Kaiſertreue
treten ſie mit Kraft und Entſchiedenheit Regierungs-
forderungen entgegen, die das Wohl des Volkes
ſchädigen und niemals würden ſie dieſes irgend-
wie verkürzen, um „Oben“ gut angeſchrieben zu
ſein. Es iſt lebhaft zu wünſchen, daß auch in
Deutſchland entſprechend den deutſchen
Verhältniſſen der Antiſemitis-
mus größere Fortſchritte mache; es
iſt zu bedauern, daß durch dieſe Halbheiten die
Zahl der Hinderniſſe unnöthigerweiſe noch ver-
mehrt wird. Doch davon ein anderes Mal.
Die Weiſen aus dem Margenlande.
Eine ſtändige Behauptung der judenliberalen
Blätter während der Cabinetskriſe war die, daß
Graf Badeni den Eintritt der katholiſchen Volks-
partei in die Regierungsmehrheit nicht wünſche,
weiters, daß die Chriſtlich-Socialen den Eintritt
in die gouvermentale Coalition ambitionirten.
Das Eine iſt ſo wenig wahr wie das Andere.
Ohne katholiſche Volkspartei gibt es unter den
gegebenen Verhältniſſen keine ausreichende
Majorität, da auf Grund der Sprachen-
verordnung die Deutſchböhmen nicht mit
den Jungezechen gehen können und werden,
andererſeits, wie bereits erwähnt, die ganze Rechte,
Jungczechen und katholiſche Volkspartei einge-
ſchloſſen, ſolidariſch vorzugehen entſchloſſen iſt.
Dies wird auch bei der morgen ſtattfindenden
Präſidiumswahl bereits offen zu Tage treten.
Die Chriſtlichſocialen dagegen konnten, abge-
ſehen von den nationalen, gewichtigen Bedenken,
an einen Eintritt in die Regierungspartei gar
nicht denken, weil ſie hinſichtlich der wichtigſten
Regierungsvorlage, hinſichtlich des Ausgleiches, im
entſchiedenen Gegenſatze zu den Vereinbarungen
beider Regierungen, ſoweit ſie bekannt ſind, ſtehen,
weil ſie unter einem gerechten Ausgleiche ganz
etwas anderes meinen, als jene Vereinbarungen
enthalten. Die Herren Schmöcke haben ſich da
wieder einmal in den eigenen Sack gelogen; ein
judenliberales Montagsblatt ſchießt alſo post
festum den Vogel ab, indem es, entgegen den
feſtſtehenden Thatſachen heute mit durchſchoſſenen
Lettern meldet, „es darf als vollkommen
ausgeſchloſſen gelten, daß die katholiſche Volks-
partei einen Beſtandtheil der Regierungs-
partei bilden werde“. Ohne dieſe Partei
würde die Regierungs „mehrheit“, die liberalen
Großgrundbeſitzer eingeſchloſſen, nur 210 Mann
betragen, alſo eine Minderheit ſein. Addiren iſt
die erſte und einfachſte der vier Spezies, wer das
nicht kann, ſoll ſich nicht einmal mit dem Einmaleins
der Politik befaſſen. Die katholiſche Volkspartei
iſt alſo in der Regierungspartei, wie es ihr darin
gefällt, das iſt allerdings ihre Sache, ebenſo wie ſie ſich
als deutſche Katholiken mit den huſſitiſchen Jung-
czechen zuſammenfinden.
Schönerianer und Chriſtlich-Sociale.
An den verantwortlichen Redacteur der „Reichspoſt“,
Hermann Hikiſch in Wien, 8. Bez., Strozzigaſſe 41.
Hiemit fordere ich Sie unter Berufung auf § 19 des
Preßgeſetzes auf, genau nach den Beſtimmungen desſelben,
an derſelben Stelle, unter derſelben Ueberſchrift nachfolgende
Berichtigung des in Nr. 74 der „Reichspoſt“ vom 1. April
1897 enthaltenen Artikels „Schönerianer und Chriſtlich-
Sociale“ zu veröffentlichen:
1. Es iſt unwahr, daß im Landgemeindenwahlbezirk
Plan-Tachau-Luditz von Seite der chriſtlich-ſocialen Wahl-
männer ein privates Wahlcompromiß „für die Durchbringung
des Schönerianers Iro“ abgeſchloſſen wurde. Wahr iſt viel-
mehr, daß zu Gunſten meiner Wahl überhaupt kein Com-
promiß abgeſchloſſen wurde.
2. Es iſt unwahr, daß ich irgend jemandem „glatte
brombeerbillige Verſprechungen in kirchenpolitiſcher und
religiösſittlicher Hinſicht“ gemacht habe. Wahr iſt vielmehr,
daß ich in dieſer Beziehung gar keine Verſprechungen gemacht
habe, ſondern auf das Verlangen nach ſolchen erklärte, daß
ich meine und meiner Partei Grundſätze werletzen würde,
wenn ich irgendwie gegen die Religion auftreten würde.
Wien, am 2. April 1897.
Carl Iro,
Reichsraths- und Landtags-Abgeordneter,
Wien, 12. Bez., Ruckergaſſe 20, 2/10.
So viel Anſtand kann man auch von einem ehe-
maligen Zuckerbäcker verlangen, daß er in ſeiner
Correſpondenz und auf dem Couvert dem Namen des
Adreſſaten das Wort „Herr“ beifügt. Uebrigens wiederholt
Iro dasſelbe, was er bereits in der Nummer vom 30. März
vorgebracht hat.
Politiſche Rundſchan.
Wien, 5. April.
Deutſches Reich.
Der Reichstag nahm heute in dritter Leſung
den Antrag des Centrums auf Aufhebung des
Jeſuitengeſetzes in Verbindung mit den Anträgen
der Conſervativen und der Freiſinnigen Vereinigung
ohne Debatte an.
Portugal.
Eine Niederlage in den Colonien. Wie aus
Liſſabon berichtet wird, melden officielle Depeſchen aus
Bulama, eine Niederlage portugieſiſcher
Truppen durch Eingeborene von Guinea. Die
Portugieſen leiſteten durch acht Stunden Widerſtand.
Drei Officiere und mehrere Soldaten wurden getödtet,
die portugieſiſche Fahne gerettet. Vom Grünen Vor-
gebirge und von Angola werden Verſtärkungen erwartet.
Der Gouverneur von Senegal erhielt aus Bulama ein
Telegramm mit der Meldung, daß die Aufſtändiſchen
um Frieden baten.
Türkei.
Aus Konſtantinopel wird geſchrieben: Geſtern
unternahmen die Botſchafter einen Collectivſchritt, damit
der Poſten des Vali von Siwas nicht, wie verlautet,
dem compromittirten Haſſan Paſcha, ſondern einem
tadelloſen Functionär übertragen werde; ferner, damit
der auf die Intervention der Botſchafter für den Kreis
Hadſchin im Vilajet Adana ernannte chriſtliche Kaima-
kam Ferid Bey ſeitens der Oberbehörden und Local-
behörden die entſprechende Unterſtützung erlange. Trotz
dieſes Schrittes der Botſchafter iſt der zum Vali von
Siwas ernannte Haſſan Paſcha auf ſeinen Poſten ab-
gereiſt. Die Botſchafter erwarten die Annullirung ſeiner
Ernennung.
Die franzöſiſche Botſchaft ſandte für die Hinter-
bliebenen der Opfer von Tokat 3000 Francs. Eine
größere engliſche Hilfeleiſtung wird vorbereitet. Der
Miniſter des Aeußeren theilte dem franzöſiſchen Bot-
ſchafter mit, daß die nach Tokat entſandte außerordent-
liche Unterſuchungscommiſſion ſich conſtituirt habe und
unverzüglich 140 Muſelmanen und 4 Armenier ver-
haften ließ.
Die von der Pforte dem armeniſchen Patriarchate
gemachten modificirten Zugeſtändniſſe haben das erſtere
nicht vollkommen befriedigt. Der gemiſchte Rath beſchloß
geſtern, der Patriarch möge neue Schritte zur Er-
langung eines klareren Erlaſſes unternehmen, welche
heute erfolgen ſollen.
In der franzöſiſchen Kammer gab in Beant-
wortung einer Interpellation der Miniſter des Aeußern,
Hanotaux, die Erklärung ab, er habe ſofort nach
dem Bekanntwerden der Ereigniſſe in Tokat Inſtruc-
tionen ertheilt, in Folge deren der Sultan nach Tokat
eine Unterſuchungscommiſſion entſendete. Da dieſe
Maßregel für unzureichend gehalten wurde, wurden der
Gouverneur und andere Functionäre abgeſetzt. Dieſe
Maßnahmen haben einen wohlthätigen Einfluß auf die
Bevölkerung ausgeübt. Bezüglich der Vorgänge in
Scutarid’Albania bemerkt der Miniſter, daß
ſich dortſelbſt bedauerliche Vorfälle ereigneten, daß aber
dank der Intervention der Botſchafter in Conſtantin-
opel dieſe Ereigniſſe bisher nicht jene traurigen Wir-
kungen hatten, die man befürchten konnte.
Parlamentariſches.
Zur Wahl des Abtes Treuinfels. Wir
brachten vor einigen Tagen die Notiz, daß die Wahl des
Abgeordneten Prälaten Treuinfels Gefahr läuft, anullirt
zu werden. In der betreffenden Verificirungsabtheilung
wurde nunmehr klargeſtellt, daß der Abt von Gries,
auf deſſen Stimme es ankam, erſt nach dem Termin
für die Einſendung der Stimmen, jedoch vor
dem Publicationstermin geſtorben iſt; da aber
die Eröffnung der Stimmzettel und die juriſtiſche Feſt-
ſtellung des Wahlergebniſſes bereits an erſterem Termin
ſtattfand und die Publication nunmehr eine irrelevante
Form war, wurde von der Abtheilung die Wahl des
Prälaten Treuinfels als rechtmäßig anerkannt. Wäre
die Prüfung der Simmzettel erſt am Publicationstermin,
wie von den Eingebern des Wahlproteſtes angenommen
wurde, erfolgt, ſo würde dieſelbe ausſchlaggebende
Thatſache gegen die Richtigkeit dieſer Wahl geſprochen
haben.
Kirche, Staat und Schule.
Miſſion bei St. Rochus auf der Land-
ſtraße. Unter rieſiger Betheiligung der katholiſchen Be-
völkerung des 3. Bezirkes fand geſtern Nachmittags die
feierliche Sacraments-Proceſſion ſtatt. An der Proceſſion
betheiligten ſich der Maria Eiſenſtädter Wallfahrtsverein,
der Katholiſche Geſellenverein (Abtheilung Landſtraße), der
Katholiſche Arbeiterverein Landſtraße, der Katholiſche Jüng-
lingsverein Simmering, der Katholiſche Schulverein mit den
Pfarrgruppen St. Rochus und Sebaſtian, St. Peter und
Paul in Erdberg, St. Othmar, Maria Geburt am Renn-
weg. Sämmtliche genannten Vereine mit ihren Fahnen.
Ferner waren der Chriſtlich-ſociale Arbeiterverein, der Ar-
beiterverein „Auſtria“, der St. Vincenzverein, der St. Al-
binusverein, das Katholiſch ſociale Caſino Landſtraße, der
Verein „Urbanitas“, die Marianiſche Gewerbe-Congregation,
die Marianiſche Jünglings-Congregation, die Marianiſche
Jungfrauen-Congregation und der Kathol. Frauenwohlthätig-
keits-Verein landſtraße durch zahlreiche Mitglieder vertreten,
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