Reichspost. Nr. 117, Wien, 28.04.1908.117 Wien, Dienstag Reichspost 28. April 1908 [Spaltenumbruch] Füßen gestampft, bis sich Engländer in sein Arbeitszimmer zurückzog. Die Demonstranten folgten ihm. Vor dem Arbeitszimmer des Professors kam es zu neuerlichen lauten Demonstrationen. Auch gegen den Assistenten Professor Engländers, den Dozenten Furtmüller, dem zum Vor- wurf gemacht wird, daß er den Studierenden bei der Anfertigung von Zeichnungen in nicht genügender Weise an die Hand gehe, richteten sich hier die Demonstrationen der Studenten. Unter Lärmen zogen die Studenten nach der Anla. Dort erschien Rektor Doktor Vortmann und forderte die Hörer auf, eine Deputation ins Rektorat zu entsenden, die ihm Bericht erstatten möge. Nun begab sich eine Studentendeputation in die Rektorats- kanzlei, wo Professor Vortmann den Studenten mitteilte, daß er mit Professor Engländer und den übrigen Lehrern an den Maschinenbaukursen eine Konferenz abhalten werde. Gleichzeitig stelle er den Studenten für morgen einen Lehr- saal für eine Vollversammlung aller Studierenden der Hochschule zur Verfügung. Die reichsdeutschen Katholiken für die Salz- burger Universität. Man schreibt uns aus München: Aus dem Gerichtssaale. Wien, 27. April. Eine Wuchererkompagnie. Der Prozeß gegen Der Betrug an der Südbahn in Tüffer. Der Der Prozeß Polonyi-Lengyel. Aus Ofen-Pest wird telegraphisch berichtet: Heute Zu Beginn der Verhandlung ordnete der Präsident Präsident: Hat man diese Endabfertigung end- Zeuge: Ja, und zwar der gegenwärtige Gouverneur Präsident: Appellierte Polonyi nicht an die Lengyel zum Zeugen: Wissen Sie etwas davon, Der Staatsanwalt beantragt, daß Geza Polonyi als Desider Polonyi schließt sich diesem Antrage an Der Präsident erklärt, dieser Bitte zu willfahren. Nach dem Verhöre des Zeugen Jeßensky, des Advo- Graf Nako gibt auf Befragen weiter an, daß sein Zeuge Graf Nako erwidert, im Nationalkasino habe Im weiteren Verlaufe der Verhandlung wurde der [Spaltenumbruch] 25. Folge. Nachdruck verboten. Die Sierramühle. Collinson war an diesem Nachmittag ganz besonders Mit Einbruch der Nacht erhob sich der Wind wie Mitternacht war vorüber, als ihn das bekannte Im Nu sprang Collinson seitwärts nach seiner Wir bedanern unendlich, daß wir gezwungen waren, Nicht 'n einziger, sagte Collinson. Der Fragende sah die drei Leute an, welche vor- Gut! Sie haben die Wahrheit gesagt -- eine vor- Nein. Auch keinen Keller oder sonstigen Raum? Nein. Das tut uns leid, denn wir werden nun, ganz (Fortsetzung folgt.) 117 Wien, Dienstag Reichspoſt 28. April 1908 [Spaltenumbruch] Füßen geſtampft, bis ſich Engländer in ſein Arbeitszimmer zurückzog. Die Demonſtranten folgten ihm. Vor dem Arbeitszimmer des Profeſſors kam es zu neuerlichen lauten Demonſtrationen. Auch gegen den Aſſiſtenten Profeſſor Engländers, den Dozenten Furtmüller, dem zum Vor- wurf gemacht wird, daß er den Studierenden bei der Anfertigung von Zeichnungen in nicht genügender Weiſe an die Hand gehe, richteten ſich hier die Demonſtrationen der Studenten. Unter Lärmen zogen die Studenten nach der Anla. Dort erſchien Rektor Doktor Vortmann und forderte die Hörer auf, eine Deputation ins Rektorat zu entſenden, die ihm Bericht erſtatten möge. Nun begab ſich eine Studentendeputation in die Rektorats- kanzlei, wo Profeſſor Vortmann den Studenten mitteilte, daß er mit Profeſſor Engländer und den übrigen Lehrern an den Maſchinenbaukurſen eine Konferenz abhalten werde. Gleichzeitig ſtelle er den Studenten für morgen einen Lehr- ſaal für eine Vollverſammlung aller Studierenden der Hochſchule zur Verfügung. Die reichsdeutſchen Katholiken für die Salz- burger Univerſität. Man ſchreibt uns aus München: Aus dem Gerichtsſaale. Wien, 27. April. Eine Wuchererkompagnie. Der Prozeß gegen Der Betrug an der Südbahn in Tüffer. Der Der Prozeß Polonyi-Lengyel. Aus Ofen-Peſt wird telegraphiſch berichtet: Heute Zu Beginn der Verhandlung ordnete der Präſident Präſident: Hat man dieſe Endabfertigung end- Zeuge: Ja, und zwar der gegenwärtige Gouverneur Präſident: Appellierte Polonyi nicht an die Lengyel zum Zeugen: Wiſſen Sie etwas davon, Der Staatsanwalt beantragt, daß Geza Polonyi als Deſider Polonyi ſchließt ſich dieſem Antrage an Der Präſident erklärt, dieſer Bitte zu willfahren. Nach dem Verhöre des Zeugen Jeſzensky, des Advo- Graf Nako gibt auf Befragen weiter an, daß ſein Zeuge Graf Nako erwidert, im Nationalkaſino habe Im weiteren Verlaufe der Verhandlung wurde der [Spaltenumbruch] 25. Folge. Nachdruck verboten. Die Sierramühle. Collinſon war an dieſem Nachmittag ganz beſonders Mit Einbruch der Nacht erhob ſich der Wind wie Mitternacht war vorüber, als ihn das bekannte Im Nu ſprang Collinſon ſeitwärts nach ſeiner Wir bedanern unendlich, daß wir gezwungen waren, Nicht ’n einziger, ſagte Collinſon. Der Fragende ſah die drei Leute an, welche vor- Gut! Sie haben die Wahrheit geſagt — eine vor- Nein. Auch keinen Keller oder ſonſtigen Raum? Nein. Das tut uns leid, denn wir werden nun, ganz (Fortſetzung folgt.) <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0007" n="7"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">117 Wien, Dienstag <hi rendition="#g">Reichspoſt</hi> 28. April 1908</hi></fw><lb/><cb/> Füßen geſtampft, bis ſich Engländer in ſein Arbeitszimmer<lb/> zurückzog. Die Demonſtranten folgten ihm. Vor dem<lb/> Arbeitszimmer des Profeſſors kam es zu neuerlichen lauten<lb/> Demonſtrationen. Auch gegen den Aſſiſtenten Profeſſor<lb/> Engländers, den Dozenten Furtmüller, dem zum Vor-<lb/> wurf gemacht wird, daß er den Studierenden<lb/> bei der Anfertigung von Zeichnungen in nicht<lb/> genügender Weiſe an die Hand gehe, richteten ſich hier die<lb/> Demonſtrationen der Studenten. Unter Lärmen zogen die<lb/> Studenten nach der Anla. Dort erſchien Rektor Doktor<lb/><hi rendition="#g">Vortmann</hi> und forderte die Hörer auf, eine Deputation<lb/> ins Rektorat zu entſenden, die ihm Bericht erſtatten möge.<lb/> Nun begab ſich eine Studentendeputation in die Rektorats-<lb/> kanzlei, wo Profeſſor Vortmann den Studenten mitteilte,<lb/> daß er mit Profeſſor Engländer und den übrigen Lehrern<lb/> an den Maſchinenbaukurſen eine Konferenz abhalten werde.<lb/> Gleichzeitig ſtelle er den Studenten für morgen einen Lehr-<lb/> ſaal für eine Vollverſammlung aller Studierenden der<lb/> Hochſchule zur Verfügung.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die reichsdeutſchen Katholiken für die Salz-<lb/> burger Univerſität.</hi> </head> <p>Man ſchreibt uns aus München:<lb/> Die von Salzburg aus in großer Zahl nach den katholiſchen<lb/> Kreiſen Süd- und Weſtdeutſchlands verſandte Einladungs-<lb/> ſchrift zur Unterſtützung der geplanten katholiſchen Univer-<lb/> ſität hat bei einigen Vereinen Deutſchlands den Gedanken<lb/> gereift, Stipendien für die geplante Univerſität zu ſtiften,<lb/> und damit zugleich zu dem Univerſitätsfonds ſelbſt einen<lb/> Beitrag zu leiſten. Allerdings wären hiefür noch einige<lb/> Vorfragen zu löſen, beſonders hinſichtlich amtlicher Rechte,<lb/> welche der Salzburger Univerſität verliehen werden ſollen.<lb/> In dieſer Hinſicht wäre es ſehr gut, wenn die Vertreter<lb/> des Planes recht bald hierüber eine beſtimmte Entſcheidung<lb/> der öſterreichiſchen Regierung herbeiführen könnten. Dann<lb/> ließe ſich vielleicht auch eine Erklärung der bayriſchen Re-<lb/> gierung dafür erlangen, daß die an der Salzburger Uni-<lb/> verſität abſolvierten Studien auch den Bewerbern um Staats-<lb/> ämter in Bayern voll angerechnet werden könnten.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Aus dem Gerichtsſaale.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Wien,</hi> 27. 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Kogerer bezeichnet ſich als Pferdehändler<lb/> und ſagt, daß er ein gutes Einkommen habe. Robitſchek<lb/> bezeichnet ſich als Agenten und Schibich, ein geweſener<lb/> Offizier, ſagt, daß er Schreiber in einem Handelshauſe ſei<lb/> und monatlich 120 Kronen Gehalt beziehe. Die einzelnen<lb/> Geſchäfte, die zur Erörterung gelangen, ſind derart kompli-<lb/> ziert, daß ihre Wiedergabe zu umfangreich und für die<lb/> Oeffentlichkeit auch von geringem Intereſſe iſt. Ueber den<lb/> Ausgang des für drei Tage anberaumten Prozeſſes werden<lb/> wir berichten.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Betrug an der Südbahn in Tüffer.</hi> </head> <p>Der<lb/> Kaſſationshof unter Vorſitz des Staatspräſidenten Doktor<lb/> Freiherr von <hi rendition="#g">Prandau</hi> hat heute der Nichtigkeits-<lb/> beſchwerde des vom Schwurgerichte Cilli zu <hi rendition="#g">drei<lb/> Jahren ſchweren</hi> Kerkers verurteilten ehemaligen<lb/> Südbahnbeamten Joſef <hi rendition="#g">Schönthoner</hi> ſtattgegeben,<lb/> Verdikt und Urteil <hi rendition="#g">aufgehoben</hi> und dem bezeichneten<lb/> Gerichte eine <hi rendition="#g">neue Verhandlung</hi> aufgetragen.<lb/> Es handelte ſich um den Betrug durch Zuſendung einer<lb/> gefälſchten Anweiſung auf 41.000 Kronen an die Station<lb/> Tüffer. Die Nichtigkeitsbeſchwerde hatte Einſchränkung des<lb/><cb/> Verteidigungsrechtes geltend gemacht, welchen Mangel des<lb/> Verfahrens der Kaſſationshof auch darin erblickte, daß dem<lb/> Verteidiger zum Aktenſtudium eine zu kurze Zeit zur Ver-<lb/> fügung ſtand.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div xml:id="a3a" next="#a3b" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Prozeß Polonyi-Lengyel.</hi> </head><lb/> <p>Aus <hi rendition="#g">Ofen-Peſt</hi> wird telegraphiſch berichtet: Heute<lb/> begann vor dem Schwurgerichte die Verhandlung in dem<lb/> Verleumdungsprozeſſe, den der geweſene Juſtizminiſter<lb/> Polonyi gegen den Abg. Zoltan Lengyel wegen der be-<lb/> kannten gegen Polonyi erhobenen Beſchuldigungen ange-<lb/> ſtrengt hat. Polonyi vertritt ſelbſt die Anklage; Zoltan<lb/> Lengyel wird vom Abg. Vaszonyi verteidigt.</p><lb/> <p>Zu Beginn der Verhandlung ordnete der Präſident<lb/> die Verleſung des inkriminierten Artikels an, welcher unter<lb/> dem Titel <hi rendition="#g">„Ich klage an!“</hi> in dem Blatte „A Nap“<lb/> erſchienen war. Sodann beginnt das Verhör des Ange-<lb/> klagten. Auf die Frage, ob er ſich ſchuldig fühle, ſagte<lb/> Lengyel: Ich habe den Artikel geſchrieben, fühle mich aber<lb/> nicht ſchuldig. — Präſident: Warum fühlen Sie ſich nicht<lb/> ſchuldig? — Lengyel: Weil mein Gewiſſen mich gedrängt<lb/> hat, den Kampf gegen Polonyi aufzunehmen. —<lb/> Präſident: Beſtanden perſönliche Gegenſätze zwiſchen<lb/> Ihnen? Lengyel: Nein, ich habe keine privaten Feindſchaften<lb/> gehabt und nur Gegner, weil ich gegen Mißbräuche ange-<lb/> kämpft habe. Präſident: Warum haben Sie den Kampf, den<lb/> Halmos begonnen hat, fortgeſetzt? Lengyel: Weil ich be-<lb/> merkt habe, daß Polonyi den gegen ihn erhobenen Anklagen<lb/> auswich und hiebei ein ſchlaues Manöver anwandte, indem<lb/> er den kranken Halmos mit ärztlicher Hilfe zu Tode er-<lb/> ſchreckte, damit dieſer ſeine Anklagen zurückziehe. Auf die<lb/> Frage, ob er im Gegenſatze zur Unabhängigkeitspartei ſtand,<lb/> erwidert Lengyel: Ich wurde ausgeſchloſſen, weil ich gegen-<lb/> über der Unabhängigkeitspartei die Forderung erhoben habe,<lb/> daß dieſe ihre Prinzipien verwirkliche und daß an ihrer<lb/> Leitung nicht ſolche Perſonen teilnehmen dürfen, die nicht<lb/> vollkommen intakt ſeien. In der Affäre der Eliſabeth<lb/><hi rendition="#g">Beke</hi> wird der Nagy-Szent-Mikloſer Advokat Geza<lb/><hi rendition="#g">Jeszenski</hi> als erſter Zeuge verhört. Der Prä-<lb/> ſident fragt ihn, ob er wiſſe, daß die Eliſabeth Beke<lb/> von dem alten Grafen <hi rendition="#g">Nako</hi> eine Endabfertigung erhalten<lb/> habe. <hi rendition="#g">Zeuge:</hi> Ich glaube, ſie hat dieſelbe bekommen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Präſident:</hi> Hat man dieſe Endabfertigung end-<lb/> gültig geregelt?</p><lb/> <p>Zeuge: Ja, und zwar der gegenwärtige Gouverneur<lb/> von Fiume Graf Alexander Nako. Das Dokument hierüber<lb/> wurde von Seite des Gouverneurs durch den Advokaten<lb/> Johann Löwengart und durch den Advokaten der Beke<lb/> verfaßt. Erſt nach der definitiven Erledigung richtete Polonyi<lb/> im Auftrage der Beke vier Briefe an den Grafen Nako.<lb/> Im erſten erſuchte er den Grafen, er möge ihn in dieſer<lb/> Angelegenheit beſuchen. Dieſer antwortete hierauf nicht,<lb/> ſondern beauftragte mich, ich möge in dieſer Angelegenheit<lb/> verhandeln. Die Beke hatte nämlich auf Grundlage eines<lb/> notariellen Dokumentes ſeitens des alten Grafen neue<lb/> Forderungen geſtellt. Meiner Meinung nach war die Beke<lb/> nicht zu neuen Forderungen berechtigt. Um aber Skandalen<lb/> auszuweichen, vereinbarten wir die Abſchließung eines<lb/> Vergleiches. Wir haben dieſen Vergleich auch abgeſchloſſen<lb/> und ſtellten eine jährliche Rente von 6000 Kronen feſt.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Präſident:</hi> Appellierte Polonyi nicht an die<lb/> Ritterlichkeit der gräflichen Familie und hat er angedeutet,<lb/> daß die Affäre eventuell in den Blättern zur Sprache ge-<lb/> bracht werden würde? Zeuge: Ja! Praſident: Können<lb/> Sie bezengen, daß Polonyi vor dem Grafen für ſich ein<lb/> Honorar verlangt hat? Zeuge: Nein! <hi rendition="#g">Präſident:</hi><lb/> Sagte etwa Polonyi, daß er dafür ſorgen werde, daß die<lb/> Angelegenheit in den Blättern veröffentlicht wird? <hi rendition="#g">Zeuge:</hi><lb/> Nein. — Verteidiger: Hielten Sie es für möglich, daß aus<lb/> der Sache ein Standal werden wird, und zwar von der<lb/> Partei Polonyis ausgehend? <hi rendition="#g">Zeuge:</hi> Der Graf<lb/> fürchtete einen Skandal, warum, das weiß ich nicht.<lb/><hi rendition="#g">Verteidiger:</hi> Haben Sie die Rente an die<lb/> Beke oder in die Kanzlei Polonyis geſandt? —<lb/><hi rendition="#g">Zeuge:</hi> An die Beke, mit Ansnahme einer reſtlichen<lb/><cb/> Summe, welche wir in die Kanzlei Polonyis ſandten. —<lb/><hi rendition="#g">Verteidiger:</hi> Wie viel betrug dieſe Summe? —<lb/><hi rendition="#g">Zeuge:</hi> Beiläufig 1000 Kronen. — <hi rendition="#g">Verteidiger:</hi><lb/> Hat die Kanzlei dieſe Summe gefordert? — <hi rendition="#g">Zeuge:</hi><lb/> Ja, weil wir uns um einen Tag verſpätet hatten.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Lengyel</hi> zum Zeugen: Wiſſen Sie etwas davon,<lb/> daß man der Beke den Polonyi empfohlen hat als den<lb/> einzigen, der aus dieſer Affäre noch Geld herauspreſſen<lb/> könnte? — <hi rendition="#g">Zeuge:</hi> Ich habe von der Beke gehört, daß<lb/> der öffentliche Notar Rupp ihr geſagt habe, daß in dieſer<lb/> Sache nur Polonyi helfen könne.</p><lb/> <p>Der Staatsanwalt beantragt, daß Geza Polonyi als<lb/> Zeuge verhört werden möge.</p><lb/> <p>Deſider <hi rendition="#g">Polonyi</hi> ſchließt ſich dieſem Antrage an<lb/> und erſucht für den Fall, daß der Gerichtshof nicht<lb/> in dieſem Sinne beſchließen ſollte, daß auch er die Zeugen<lb/> befragen dürfe.</p><lb/> <p>Der Präſident erklärt, dieſer Bitte zu willfahren.</p><lb/> <p>Nach dem Verhöre des Zeugen Jeſzensky, des Advo-<lb/> katen der gräflichen Familie Nako, wird der Gouverneur<lb/> von Fiume, Graf Alexander Nako, der Erbe und Enkel des<lb/> Grafen Koloman Nako, vernommen. Er ſagt aus, daß der<lb/> Eliſabeth Beke laut Notariatsaktes am 21. Mai 1901<lb/> 20.000 Kronen, für das nächſte Jahr 6000 Kronen und<lb/> weiterhin 3000 Kronen zugeſichert wurden. Im Jahre 1903<lb/> wandte ſich die Beke brieflich an den Grafen Alexander<lb/> Nako. Sie ſchrieb ihm, ſie habe gehört, der alte Graf habe<lb/> ſie in ſeinem Teſtamente reichlich bedacht. Sie wünſche die<lb/> Mitteilung dieſes Teſtamentes. Graf Alexander Nako<lb/> antwortete ihr, ſie befinde ſich bezüglich des Teſtamentes<lb/> in einem Irrtum. Hierauf erhielt Graf Nako von Polonyi<lb/> ein Schreiben, in welchem dieſer den Grafen erſuchte, ihn<lb/> in ſeiner Kanzlei zu beſuchen. Da Graf Nako dieſer Ein-<lb/> ladung <hi rendition="#g">keine</hi> Folge leiſtete, wurde brieflich verhandelt<lb/> und in dieſer Sache drei oder vier Briefe gewechſelt.<lb/> Später ſuchte Polonyi den Grafen Alexander Nako auf<lb/> und teilte ihm mit, daß die Beke eine Erhöhung ihres<lb/> Jahrgeldes auf 12.000 Kronen fordere. Er werde aber<lb/> darauf hinwirken, daß ſie ſich mit 6000 Kronen begnüge.<lb/> Sodann befragt der Präſident den Zeugen über jene<lb/> Schritte, die Polonyi als Juſtizminiſter bei dem Gouverneur<lb/> behufs Erlangung ſeiner Ehrenerklärung getan hat. Graf<lb/> Nako erklärt, Polonyi habe ihn erſucht, zu erklären, daß die<lb/> in den Blättern erſchienenen Anſchuldigungen betreffs<lb/> ſeiner Intervention für Eliſabeth Beke unwahr<lb/> ſeien. Er habe damals eine Erklärung abgegeben,<lb/> die jedoch von Polonyi als <hi rendition="#g">ungenügend betrachtet</hi><lb/> worden ſei. Dieſer habe auch um die Anfügung eines Paſſus<lb/> erſucht, daß der Graf das Vorgehen Polonyis als Sach-<lb/> walter für korrekt anerkenne, welchem Erſuchen der Graf<lb/> auch hinterher Folge geleiſtet habe.</p><lb/> <p>Graf Nako gibt auf Befragen weiter an, daß ſein<lb/> Großvater auf die Eliſabeth Beke eine halbe Million Kronen<lb/> verwendet habe. Der Staatsanwalt konſtatiert, daß in den<lb/> Akten ſich mehrere Anzeigen gegen die Beke wegen Er-<lb/> preſſung und Betrug vorfinden, welche teils vom Grafen<lb/> Koloman Nako, teils von deſſen Enkel Graf Alexander<lb/> Nako erſtattet wurden. — Angeklagter Lengyel zum<lb/> Zeugen: Haben Sie gehört, daß Polonyi im Miniſterrate<lb/> bei Erörterung ſeiner Angelegenheit ſich geäußert haben<lb/> ſoll, nicht die Beke habe erpreßt, ſondern Sie (der Zeuge)<lb/> hätten an ihm eine Erpreſſung verübt.</p><lb/> <p>Zeuge Graf Nako erwidert, im Nationalkaſino habe<lb/> man erzählt, Polonyi habe ſich geänßert, daß Nakos Groß-<lb/> vater ſein Vermögen der Beke hinterlaſſen habe, daß jedoch<lb/> er (der Zeuge) der Beke dieſes Vermögen vorenthalte.<lb/> Zeuge habe hierauf in Gegenwart des Miniſterpräſidenten<lb/> den damaligen Inſtizminiſter zur Rede geſtellt. Polonyi<lb/> habe erwidert, nicht er habe dies behauptet, ſondern dies<lb/> ſei die Information der Beke.</p><lb/> <p>Im weiteren Verlaufe der Verhandlung wurde der<lb/> Miniſter des Innern Graf Julius Andraſſy als Zeuge ver-<lb/> hörte. Der Vorſitzende richtete an ihn die Frage, ob Gou-<lb/> verneur Graf Nako ſich je beklagt hätte, daß Polonyi in<lb/> der Angelegenheit Beke erpreſſeriſch vorgegangen ſei. Mi-<lb/> niſter Graf Andraſſy: Das hat er mir nicht mitgeteilt. Ich</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <p> <ref>25. Folge.</ref> </p> <p>Nachdruck verboten.</p><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Sierramühle.</hi> </head><lb/> <byline>Von <hi rendition="#b">Bret Harte.</hi> </byline><lb/> <p>Collinſon war an dieſem Nachmittag ganz beſonders<lb/> zerſtreut und in ſeine Träumereien verſunken; am Holz-<lb/> haufen ſtand er auf die Axt geſtützt ſo tief in Gedanken,<lb/> daß eine ſmaragdgrüne Eidechſe keck auf den Holzklotz<lb/> ſchlüpfte und im Gefühl ihrer Sicherheit zu ſchlafen<lb/> begann.</p><lb/> <p>Mit Einbruch der Nacht erhob ſich der Wind wie<lb/> ein fernes am Berg entlang ziehendes Summen. Dann<lb/> ſchüttelte er die Gipfel der hohen Rotſandelholzbäume<lb/> hinter der Mühle, ohne indeſſen die Mühle ſelbſt oder die<lb/> trockenen Blätter im Flußbett zu berühren. Später wurde<lb/> das Summen anhaltender, bis es dem ruheloſen Grollen<lb/> eines fernen Meeres glich, und endlich tobte der Wind<lb/> auch die Bergſeite hinab. Er trieb den Rauch den kurzen<lb/> Schornſtein der Mühle herunter, rumorte in den von der<lb/> Sonne verzogenen Schindeln des Daches, traf die<lb/> Sparren im Innern mit ſeinem kühlen Hauch und heulte<lb/> um die Vorſprünge der roh gezimmerten Dachtraufen.<lb/> Um neun Uhr wickelte ſich Collinſon, wie es ſeine Ge-<lb/> wohnheit war, vor dem Feuer in ſeine Decken und<lb/> ſchlief ein.</p><lb/> <p>Mitternacht war vorüber, als ihn das bekannte<lb/> Poltern des Gerölls den Abhung herunter weckte. Es<lb/> klang, als ob ein ganzes Heer in ungeſtümem Lauf<lb/> rings gegen die Mühle anſtürmte; dann folgte ein<lb/> ſchwerer Stoß gegen die Tür, wie er ihn ſchon einmal<lb/> gehört hatte. Er glaubte nichts Ungewöhnliches darin zu<lb/> erkennen und drehte ſich auf die andere Seite, um weiter<lb/> zu ſchlafen. Diesmal aber fiel die Tür krachend aus den<lb/> Angeln; ein Mann trat zu ihm, die Gewehrmündung<lb/> nach ſeinem Kopf richtend.</p><lb/> <p>Im Nu ſprang Collinſon ſeitwärts nach ſeiner<lb/> Waffe, welche am Herde lehnte. Dieſe Bewegung wäre<lb/><cb/> vielleicht ſchon in der nächſten Sekunde ſeine letzte ge-<lb/> weſen und kein Sterblicher hätte je Seth Collinſons<lb/> Einſamkeit wieder unterbrochen, wäre nicht das Gewehr<lb/> des zuerſt Eingetretenen von einem zweiten Mann ſchnell<lb/> in die Höhe geſchlagen worden und der einzige Schuß,<lb/> welcher in dieſer Nacht fiel, harmlos in das Dach ge-<lb/> gegangen. Gleichzeitig fühlte Collinſon ſeine Arme gepackt<lb/> und feſt nach hinten gezogen. Durch den Rauch ſah er<lb/> undeutlich, daß maskierte und bewaffnete Leute das<lb/> Zimmer füllten. Im nächſten Augenblick wurde er ge-<lb/> knebelt und auf ſeinen Lehnſtuhl geworfen. Auf ein<lb/> Zeichen verließen drei der Männer die Schenkſtube und<lb/> Collinſon hörte, wie ſie die andern Räume und Neben-<lb/> gebäude durchſuchten. Dann traten die beiden Leute,<lb/> welche ihn geknebelt hatten und noch neben ihm ſtanden,<lb/> mit einem gewiſſen ſoldatiſchen Reſpekt vor einem Mann<lb/> mit glattem Kinn zurück, der durch die offene Tür herein-<lb/> ſchritt. Er goß ſich am Schenktiſch ein Glas Whisky ein,<lb/> leerte es bedächtig und ſtellte ſich dann Collinſon gegen-<lb/> über. Nachläſſig gegen den Herd gelehnt und die eine Hand<lb/> leicht auf ſeine Hüfte geſtützt, räuſperte er ſich. Wäre<lb/> Collinſon ein ſchärferer Beobachter geweſen, ſo würde er<lb/> bemerkt haben, wie die beiden Männer in ſeiner Nähe<lb/> plötzlich mit einer gewiſſen ergebungsvollen Miene die<lb/> Köpfe ſenkten und einen ungeduldigen Seufzer zu unter-<lb/> drücken ſchienen, und wäre er Zeuge des Poſtraubes ge-<lb/> weſen, ſo würde er in dem Glattraſierten den „Redner“<lb/> wiedererkannt haben. Er ſah ihn aber nur mit ſeinem<lb/> Blick voll ſtumpfer, unerſchütterlicher Geduld an.</p><lb/> <p>Wir bedanern unendlich, daß wir gezwungen waren,<lb/> gegen einen Ehrenmann in ſeinem eigenen Hauſe Gewalt<lb/> zu brauchen, begann der Redner mild. Umſomehr halten<lb/> wir es für unſere Pflicht, der Wiederholung eines ſo be-<lb/> klagenswerten Vorfalls, wie er ſich bei unſerem Eintritt<lb/> zutrug, vorzubeugen. Sie können uns darin ſehr unter-<lb/> ſtützen, indem Sie uns einige Fragen beantworten, und<lb/> wir empfinden die tiefſte Dankbarkeit, daß Sie dazu noch<lb/> imſtande ſind — was vor einigen Augenblicken außer-<lb/> ordentlich unwahrſcheinlich ſchien. Er hielt inne, huſtete<lb/><cb/> und lehnte ſich an den Herd zurück. Wieviele Männer<lb/> außer Ihnen befinden ſich hier?</p><lb/> <p>Nicht ’n einziger, ſagte Collinſon.</p><lb/> <p>Der Fragende ſah die drei Leute an, welche vor-<lb/> her hinausgegangen waren und eben zurückkamen. Sie<lb/> nickten zuſtimmend.</p><lb/> <p>Gut! Sie haben die Wahrheit geſagt — eine vor-<lb/> treffliche Gewohnheit, welches jedes Geſchäft beſchleu-<lb/> nigt. — Nun, antworten Sie ebenſo aufrichtig — gibt<lb/> es ein Zimmer in dieſem Hauſe mit einer verſchließbaren<lb/> Tür?</p><lb/> <p>Nein.</p><lb/> <p>Auch keinen Keller oder ſonſtigen Raum?</p><lb/> <p>Nein.</p><lb/> <p>Das tut uns leid, denn wir werden nun, ganz<lb/> gegen unſere Abſicht, gezwungen ſein, Sie vorläufig ge-<lb/> bunden zu laſſen. Die Sache iſt nämlich die: Umſtände<lb/> ſehr dringender Natur nötigen uns, dieſes Haus für<lb/> einige Tage in Beſitz zu nehmen — vielleicht auf unbe-<lb/> ſtimmte Zeit. Wir achten jedoch die heiligen Geſetze der<lb/> Gaſtfreundſchaft zu hoch, um Sie hinauszuwerfen.<lb/> Nichts könnte unſer Gefühl mehr verletzen, als wenn ſich<lb/> dergleichen entehrende Gerüchte über uns in den ritter-<lb/> lichen Sierras verbreiteten. Wir müſſen Sie daher in<lb/> ſtrenger Gefangenſchaft halten, wenn Sie es ablehnen,<lb/> uns Ihr Beſitztum, wie es ſteht und liegt, für — ſagen<lb/> wir 500 Dollars — zu verkaufen. Wir würden Sie in<lb/> dem Fall freundlichſt erſuchen, ſich einem Warentransport<lb/> anzuſchließen, welcher morgen früh durch das untere Tal<lb/> nach dem Thompſonpaß aufbrechen wird. Doch müßten<lb/> wir zur Bedingung machen, daß Sie geloben, den Staat<lb/> auf drei Monate zu verlaſſen und dieſe Angelegenheit<lb/> geheim zu halten. Drei von dieſen Herren werden mit<lb/> Ihnen gehen, um Ihre werte Perſon zu bewachen und<lb/> Sie — wenn nötig — mit ihren Gewehren an Ihr<lb/> Verſprechen zu erinnern.</p><lb/> <p> <ref>(Fortſetzung folgt.)</ref> </p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [7/0007]
117 Wien, Dienstag Reichspoſt 28. April 1908
Füßen geſtampft, bis ſich Engländer in ſein Arbeitszimmer
zurückzog. Die Demonſtranten folgten ihm. Vor dem
Arbeitszimmer des Profeſſors kam es zu neuerlichen lauten
Demonſtrationen. Auch gegen den Aſſiſtenten Profeſſor
Engländers, den Dozenten Furtmüller, dem zum Vor-
wurf gemacht wird, daß er den Studierenden
bei der Anfertigung von Zeichnungen in nicht
genügender Weiſe an die Hand gehe, richteten ſich hier die
Demonſtrationen der Studenten. Unter Lärmen zogen die
Studenten nach der Anla. Dort erſchien Rektor Doktor
Vortmann und forderte die Hörer auf, eine Deputation
ins Rektorat zu entſenden, die ihm Bericht erſtatten möge.
Nun begab ſich eine Studentendeputation in die Rektorats-
kanzlei, wo Profeſſor Vortmann den Studenten mitteilte,
daß er mit Profeſſor Engländer und den übrigen Lehrern
an den Maſchinenbaukurſen eine Konferenz abhalten werde.
Gleichzeitig ſtelle er den Studenten für morgen einen Lehr-
ſaal für eine Vollverſammlung aller Studierenden der
Hochſchule zur Verfügung.
Die reichsdeutſchen Katholiken für die Salz-
burger Univerſität. Man ſchreibt uns aus München:
Die von Salzburg aus in großer Zahl nach den katholiſchen
Kreiſen Süd- und Weſtdeutſchlands verſandte Einladungs-
ſchrift zur Unterſtützung der geplanten katholiſchen Univer-
ſität hat bei einigen Vereinen Deutſchlands den Gedanken
gereift, Stipendien für die geplante Univerſität zu ſtiften,
und damit zugleich zu dem Univerſitätsfonds ſelbſt einen
Beitrag zu leiſten. Allerdings wären hiefür noch einige
Vorfragen zu löſen, beſonders hinſichtlich amtlicher Rechte,
welche der Salzburger Univerſität verliehen werden ſollen.
In dieſer Hinſicht wäre es ſehr gut, wenn die Vertreter
des Planes recht bald hierüber eine beſtimmte Entſcheidung
der öſterreichiſchen Regierung herbeiführen könnten. Dann
ließe ſich vielleicht auch eine Erklärung der bayriſchen Re-
gierung dafür erlangen, daß die an der Salzburger Uni-
verſität abſolvierten Studien auch den Bewerbern um Staats-
ämter in Bayern voll angerechnet werden könnten.
Aus dem Gerichtsſaale.
Wien, 27. April.
Eine Wuchererkompagnie. Der Prozeß gegen
Auguſt Kogerer, Arthur Robitſchek und Eduard
Schibich wegen Betruges und Veruntreuung von
Wechſeln, die ſie zur Geldbeſchaffung erhalten hatten, nahm,
wie berichtet, heute vor dem Schwurgerichte unter Vorſitz
des Hofrates Dr. Feigl, ſeinen Anfang. Die von StAS.
Dr. Langer vertretene Anklage ſchildert ausführlich das
Treiben der Kompagnie, in das auch zwei andere berüch-
igte Wucherer verwickelt ſind: Anton Bodenſtein und
ein gewiſſer Herrnfeld, welch letzterer wegen einer
damit zuſammenhängenden „Transaktion“ bereits abgeſtraft
wurde. Natürlich erklärten ſich heute ſämtliche Angeklagte
für nichtſchuldig. Kogerer bezeichnet ſich als Pferdehändler
und ſagt, daß er ein gutes Einkommen habe. Robitſchek
bezeichnet ſich als Agenten und Schibich, ein geweſener
Offizier, ſagt, daß er Schreiber in einem Handelshauſe ſei
und monatlich 120 Kronen Gehalt beziehe. Die einzelnen
Geſchäfte, die zur Erörterung gelangen, ſind derart kompli-
ziert, daß ihre Wiedergabe zu umfangreich und für die
Oeffentlichkeit auch von geringem Intereſſe iſt. Ueber den
Ausgang des für drei Tage anberaumten Prozeſſes werden
wir berichten.
Der Betrug an der Südbahn in Tüffer. Der
Kaſſationshof unter Vorſitz des Staatspräſidenten Doktor
Freiherr von Prandau hat heute der Nichtigkeits-
beſchwerde des vom Schwurgerichte Cilli zu drei
Jahren ſchweren Kerkers verurteilten ehemaligen
Südbahnbeamten Joſef Schönthoner ſtattgegeben,
Verdikt und Urteil aufgehoben und dem bezeichneten
Gerichte eine neue Verhandlung aufgetragen.
Es handelte ſich um den Betrug durch Zuſendung einer
gefälſchten Anweiſung auf 41.000 Kronen an die Station
Tüffer. Die Nichtigkeitsbeſchwerde hatte Einſchränkung des
Verteidigungsrechtes geltend gemacht, welchen Mangel des
Verfahrens der Kaſſationshof auch darin erblickte, daß dem
Verteidiger zum Aktenſtudium eine zu kurze Zeit zur Ver-
fügung ſtand.
Der Prozeß Polonyi-Lengyel.
Aus Ofen-Peſt wird telegraphiſch berichtet: Heute
begann vor dem Schwurgerichte die Verhandlung in dem
Verleumdungsprozeſſe, den der geweſene Juſtizminiſter
Polonyi gegen den Abg. Zoltan Lengyel wegen der be-
kannten gegen Polonyi erhobenen Beſchuldigungen ange-
ſtrengt hat. Polonyi vertritt ſelbſt die Anklage; Zoltan
Lengyel wird vom Abg. Vaszonyi verteidigt.
Zu Beginn der Verhandlung ordnete der Präſident
die Verleſung des inkriminierten Artikels an, welcher unter
dem Titel „Ich klage an!“ in dem Blatte „A Nap“
erſchienen war. Sodann beginnt das Verhör des Ange-
klagten. Auf die Frage, ob er ſich ſchuldig fühle, ſagte
Lengyel: Ich habe den Artikel geſchrieben, fühle mich aber
nicht ſchuldig. — Präſident: Warum fühlen Sie ſich nicht
ſchuldig? — Lengyel: Weil mein Gewiſſen mich gedrängt
hat, den Kampf gegen Polonyi aufzunehmen. —
Präſident: Beſtanden perſönliche Gegenſätze zwiſchen
Ihnen? Lengyel: Nein, ich habe keine privaten Feindſchaften
gehabt und nur Gegner, weil ich gegen Mißbräuche ange-
kämpft habe. Präſident: Warum haben Sie den Kampf, den
Halmos begonnen hat, fortgeſetzt? Lengyel: Weil ich be-
merkt habe, daß Polonyi den gegen ihn erhobenen Anklagen
auswich und hiebei ein ſchlaues Manöver anwandte, indem
er den kranken Halmos mit ärztlicher Hilfe zu Tode er-
ſchreckte, damit dieſer ſeine Anklagen zurückziehe. Auf die
Frage, ob er im Gegenſatze zur Unabhängigkeitspartei ſtand,
erwidert Lengyel: Ich wurde ausgeſchloſſen, weil ich gegen-
über der Unabhängigkeitspartei die Forderung erhoben habe,
daß dieſe ihre Prinzipien verwirkliche und daß an ihrer
Leitung nicht ſolche Perſonen teilnehmen dürfen, die nicht
vollkommen intakt ſeien. In der Affäre der Eliſabeth
Beke wird der Nagy-Szent-Mikloſer Advokat Geza
Jeszenski als erſter Zeuge verhört. Der Prä-
ſident fragt ihn, ob er wiſſe, daß die Eliſabeth Beke
von dem alten Grafen Nako eine Endabfertigung erhalten
habe. Zeuge: Ich glaube, ſie hat dieſelbe bekommen.
Präſident: Hat man dieſe Endabfertigung end-
gültig geregelt?
Zeuge: Ja, und zwar der gegenwärtige Gouverneur
von Fiume Graf Alexander Nako. Das Dokument hierüber
wurde von Seite des Gouverneurs durch den Advokaten
Johann Löwengart und durch den Advokaten der Beke
verfaßt. Erſt nach der definitiven Erledigung richtete Polonyi
im Auftrage der Beke vier Briefe an den Grafen Nako.
Im erſten erſuchte er den Grafen, er möge ihn in dieſer
Angelegenheit beſuchen. Dieſer antwortete hierauf nicht,
ſondern beauftragte mich, ich möge in dieſer Angelegenheit
verhandeln. Die Beke hatte nämlich auf Grundlage eines
notariellen Dokumentes ſeitens des alten Grafen neue
Forderungen geſtellt. Meiner Meinung nach war die Beke
nicht zu neuen Forderungen berechtigt. Um aber Skandalen
auszuweichen, vereinbarten wir die Abſchließung eines
Vergleiches. Wir haben dieſen Vergleich auch abgeſchloſſen
und ſtellten eine jährliche Rente von 6000 Kronen feſt.
Präſident: Appellierte Polonyi nicht an die
Ritterlichkeit der gräflichen Familie und hat er angedeutet,
daß die Affäre eventuell in den Blättern zur Sprache ge-
bracht werden würde? Zeuge: Ja! Praſident: Können
Sie bezengen, daß Polonyi vor dem Grafen für ſich ein
Honorar verlangt hat? Zeuge: Nein! Präſident:
Sagte etwa Polonyi, daß er dafür ſorgen werde, daß die
Angelegenheit in den Blättern veröffentlicht wird? Zeuge:
Nein. — Verteidiger: Hielten Sie es für möglich, daß aus
der Sache ein Standal werden wird, und zwar von der
Partei Polonyis ausgehend? Zeuge: Der Graf
fürchtete einen Skandal, warum, das weiß ich nicht.
Verteidiger: Haben Sie die Rente an die
Beke oder in die Kanzlei Polonyis geſandt? —
Zeuge: An die Beke, mit Ansnahme einer reſtlichen
Summe, welche wir in die Kanzlei Polonyis ſandten. —
Verteidiger: Wie viel betrug dieſe Summe? —
Zeuge: Beiläufig 1000 Kronen. — Verteidiger:
Hat die Kanzlei dieſe Summe gefordert? — Zeuge:
Ja, weil wir uns um einen Tag verſpätet hatten.
Lengyel zum Zeugen: Wiſſen Sie etwas davon,
daß man der Beke den Polonyi empfohlen hat als den
einzigen, der aus dieſer Affäre noch Geld herauspreſſen
könnte? — Zeuge: Ich habe von der Beke gehört, daß
der öffentliche Notar Rupp ihr geſagt habe, daß in dieſer
Sache nur Polonyi helfen könne.
Der Staatsanwalt beantragt, daß Geza Polonyi als
Zeuge verhört werden möge.
Deſider Polonyi ſchließt ſich dieſem Antrage an
und erſucht für den Fall, daß der Gerichtshof nicht
in dieſem Sinne beſchließen ſollte, daß auch er die Zeugen
befragen dürfe.
Der Präſident erklärt, dieſer Bitte zu willfahren.
Nach dem Verhöre des Zeugen Jeſzensky, des Advo-
katen der gräflichen Familie Nako, wird der Gouverneur
von Fiume, Graf Alexander Nako, der Erbe und Enkel des
Grafen Koloman Nako, vernommen. Er ſagt aus, daß der
Eliſabeth Beke laut Notariatsaktes am 21. Mai 1901
20.000 Kronen, für das nächſte Jahr 6000 Kronen und
weiterhin 3000 Kronen zugeſichert wurden. Im Jahre 1903
wandte ſich die Beke brieflich an den Grafen Alexander
Nako. Sie ſchrieb ihm, ſie habe gehört, der alte Graf habe
ſie in ſeinem Teſtamente reichlich bedacht. Sie wünſche die
Mitteilung dieſes Teſtamentes. Graf Alexander Nako
antwortete ihr, ſie befinde ſich bezüglich des Teſtamentes
in einem Irrtum. Hierauf erhielt Graf Nako von Polonyi
ein Schreiben, in welchem dieſer den Grafen erſuchte, ihn
in ſeiner Kanzlei zu beſuchen. Da Graf Nako dieſer Ein-
ladung keine Folge leiſtete, wurde brieflich verhandelt
und in dieſer Sache drei oder vier Briefe gewechſelt.
Später ſuchte Polonyi den Grafen Alexander Nako auf
und teilte ihm mit, daß die Beke eine Erhöhung ihres
Jahrgeldes auf 12.000 Kronen fordere. Er werde aber
darauf hinwirken, daß ſie ſich mit 6000 Kronen begnüge.
Sodann befragt der Präſident den Zeugen über jene
Schritte, die Polonyi als Juſtizminiſter bei dem Gouverneur
behufs Erlangung ſeiner Ehrenerklärung getan hat. Graf
Nako erklärt, Polonyi habe ihn erſucht, zu erklären, daß die
in den Blättern erſchienenen Anſchuldigungen betreffs
ſeiner Intervention für Eliſabeth Beke unwahr
ſeien. Er habe damals eine Erklärung abgegeben,
die jedoch von Polonyi als ungenügend betrachtet
worden ſei. Dieſer habe auch um die Anfügung eines Paſſus
erſucht, daß der Graf das Vorgehen Polonyis als Sach-
walter für korrekt anerkenne, welchem Erſuchen der Graf
auch hinterher Folge geleiſtet habe.
Graf Nako gibt auf Befragen weiter an, daß ſein
Großvater auf die Eliſabeth Beke eine halbe Million Kronen
verwendet habe. Der Staatsanwalt konſtatiert, daß in den
Akten ſich mehrere Anzeigen gegen die Beke wegen Er-
preſſung und Betrug vorfinden, welche teils vom Grafen
Koloman Nako, teils von deſſen Enkel Graf Alexander
Nako erſtattet wurden. — Angeklagter Lengyel zum
Zeugen: Haben Sie gehört, daß Polonyi im Miniſterrate
bei Erörterung ſeiner Angelegenheit ſich geäußert haben
ſoll, nicht die Beke habe erpreßt, ſondern Sie (der Zeuge)
hätten an ihm eine Erpreſſung verübt.
Zeuge Graf Nako erwidert, im Nationalkaſino habe
man erzählt, Polonyi habe ſich geänßert, daß Nakos Groß-
vater ſein Vermögen der Beke hinterlaſſen habe, daß jedoch
er (der Zeuge) der Beke dieſes Vermögen vorenthalte.
Zeuge habe hierauf in Gegenwart des Miniſterpräſidenten
den damaligen Inſtizminiſter zur Rede geſtellt. Polonyi
habe erwidert, nicht er habe dies behauptet, ſondern dies
ſei die Information der Beke.
Im weiteren Verlaufe der Verhandlung wurde der
Miniſter des Innern Graf Julius Andraſſy als Zeuge ver-
hörte. Der Vorſitzende richtete an ihn die Frage, ob Gou-
verneur Graf Nako ſich je beklagt hätte, daß Polonyi in
der Angelegenheit Beke erpreſſeriſch vorgegangen ſei. Mi-
niſter Graf Andraſſy: Das hat er mir nicht mitgeteilt. Ich
25. Folge.
Nachdruck verboten.
Die Sierramühle.
Von Bret Harte.
Collinſon war an dieſem Nachmittag ganz beſonders
zerſtreut und in ſeine Träumereien verſunken; am Holz-
haufen ſtand er auf die Axt geſtützt ſo tief in Gedanken,
daß eine ſmaragdgrüne Eidechſe keck auf den Holzklotz
ſchlüpfte und im Gefühl ihrer Sicherheit zu ſchlafen
begann.
Mit Einbruch der Nacht erhob ſich der Wind wie
ein fernes am Berg entlang ziehendes Summen. Dann
ſchüttelte er die Gipfel der hohen Rotſandelholzbäume
hinter der Mühle, ohne indeſſen die Mühle ſelbſt oder die
trockenen Blätter im Flußbett zu berühren. Später wurde
das Summen anhaltender, bis es dem ruheloſen Grollen
eines fernen Meeres glich, und endlich tobte der Wind
auch die Bergſeite hinab. Er trieb den Rauch den kurzen
Schornſtein der Mühle herunter, rumorte in den von der
Sonne verzogenen Schindeln des Daches, traf die
Sparren im Innern mit ſeinem kühlen Hauch und heulte
um die Vorſprünge der roh gezimmerten Dachtraufen.
Um neun Uhr wickelte ſich Collinſon, wie es ſeine Ge-
wohnheit war, vor dem Feuer in ſeine Decken und
ſchlief ein.
Mitternacht war vorüber, als ihn das bekannte
Poltern des Gerölls den Abhung herunter weckte. Es
klang, als ob ein ganzes Heer in ungeſtümem Lauf
rings gegen die Mühle anſtürmte; dann folgte ein
ſchwerer Stoß gegen die Tür, wie er ihn ſchon einmal
gehört hatte. Er glaubte nichts Ungewöhnliches darin zu
erkennen und drehte ſich auf die andere Seite, um weiter
zu ſchlafen. Diesmal aber fiel die Tür krachend aus den
Angeln; ein Mann trat zu ihm, die Gewehrmündung
nach ſeinem Kopf richtend.
Im Nu ſprang Collinſon ſeitwärts nach ſeiner
Waffe, welche am Herde lehnte. Dieſe Bewegung wäre
vielleicht ſchon in der nächſten Sekunde ſeine letzte ge-
weſen und kein Sterblicher hätte je Seth Collinſons
Einſamkeit wieder unterbrochen, wäre nicht das Gewehr
des zuerſt Eingetretenen von einem zweiten Mann ſchnell
in die Höhe geſchlagen worden und der einzige Schuß,
welcher in dieſer Nacht fiel, harmlos in das Dach ge-
gegangen. Gleichzeitig fühlte Collinſon ſeine Arme gepackt
und feſt nach hinten gezogen. Durch den Rauch ſah er
undeutlich, daß maskierte und bewaffnete Leute das
Zimmer füllten. Im nächſten Augenblick wurde er ge-
knebelt und auf ſeinen Lehnſtuhl geworfen. Auf ein
Zeichen verließen drei der Männer die Schenkſtube und
Collinſon hörte, wie ſie die andern Räume und Neben-
gebäude durchſuchten. Dann traten die beiden Leute,
welche ihn geknebelt hatten und noch neben ihm ſtanden,
mit einem gewiſſen ſoldatiſchen Reſpekt vor einem Mann
mit glattem Kinn zurück, der durch die offene Tür herein-
ſchritt. Er goß ſich am Schenktiſch ein Glas Whisky ein,
leerte es bedächtig und ſtellte ſich dann Collinſon gegen-
über. Nachläſſig gegen den Herd gelehnt und die eine Hand
leicht auf ſeine Hüfte geſtützt, räuſperte er ſich. Wäre
Collinſon ein ſchärferer Beobachter geweſen, ſo würde er
bemerkt haben, wie die beiden Männer in ſeiner Nähe
plötzlich mit einer gewiſſen ergebungsvollen Miene die
Köpfe ſenkten und einen ungeduldigen Seufzer zu unter-
drücken ſchienen, und wäre er Zeuge des Poſtraubes ge-
weſen, ſo würde er in dem Glattraſierten den „Redner“
wiedererkannt haben. Er ſah ihn aber nur mit ſeinem
Blick voll ſtumpfer, unerſchütterlicher Geduld an.
Wir bedanern unendlich, daß wir gezwungen waren,
gegen einen Ehrenmann in ſeinem eigenen Hauſe Gewalt
zu brauchen, begann der Redner mild. Umſomehr halten
wir es für unſere Pflicht, der Wiederholung eines ſo be-
klagenswerten Vorfalls, wie er ſich bei unſerem Eintritt
zutrug, vorzubeugen. Sie können uns darin ſehr unter-
ſtützen, indem Sie uns einige Fragen beantworten, und
wir empfinden die tiefſte Dankbarkeit, daß Sie dazu noch
imſtande ſind — was vor einigen Augenblicken außer-
ordentlich unwahrſcheinlich ſchien. Er hielt inne, huſtete
und lehnte ſich an den Herd zurück. Wieviele Männer
außer Ihnen befinden ſich hier?
Nicht ’n einziger, ſagte Collinſon.
Der Fragende ſah die drei Leute an, welche vor-
her hinausgegangen waren und eben zurückkamen. Sie
nickten zuſtimmend.
Gut! Sie haben die Wahrheit geſagt — eine vor-
treffliche Gewohnheit, welches jedes Geſchäft beſchleu-
nigt. — Nun, antworten Sie ebenſo aufrichtig — gibt
es ein Zimmer in dieſem Hauſe mit einer verſchließbaren
Tür?
Nein.
Auch keinen Keller oder ſonſtigen Raum?
Nein.
Das tut uns leid, denn wir werden nun, ganz
gegen unſere Abſicht, gezwungen ſein, Sie vorläufig ge-
bunden zu laſſen. Die Sache iſt nämlich die: Umſtände
ſehr dringender Natur nötigen uns, dieſes Haus für
einige Tage in Beſitz zu nehmen — vielleicht auf unbe-
ſtimmte Zeit. Wir achten jedoch die heiligen Geſetze der
Gaſtfreundſchaft zu hoch, um Sie hinauszuwerfen.
Nichts könnte unſer Gefühl mehr verletzen, als wenn ſich
dergleichen entehrende Gerüchte über uns in den ritter-
lichen Sierras verbreiteten. Wir müſſen Sie daher in
ſtrenger Gefangenſchaft halten, wenn Sie es ablehnen,
uns Ihr Beſitztum, wie es ſteht und liegt, für — ſagen
wir 500 Dollars — zu verkaufen. Wir würden Sie in
dem Fall freundlichſt erſuchen, ſich einem Warentransport
anzuſchließen, welcher morgen früh durch das untere Tal
nach dem Thompſonpaß aufbrechen wird. Doch müßten
wir zur Bedingung machen, daß Sie geloben, den Staat
auf drei Monate zu verlaſſen und dieſe Angelegenheit
geheim zu halten. Drei von dieſen Herren werden mit
Ihnen gehen, um Ihre werte Perſon zu bewachen und
Sie — wenn nötig — mit ihren Gewehren an Ihr
Verſprechen zu erinnern.
(Fortſetzung folgt.)
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