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Reichspost. Nr. 117, Wien, 28.04.1908.

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117 Wien, Dienstag Reichspost 28. April 1908

[Spaltenumbruch] Füßen gestampft, bis sich Engländer in sein Arbeitszimmer
zurückzog. Die Demonstranten folgten ihm. Vor dem
Arbeitszimmer des Professors kam es zu neuerlichen lauten
Demonstrationen. Auch gegen den Assistenten Professor
Engländers, den Dozenten Furtmüller, dem zum Vor-
wurf gemacht wird, daß er den Studierenden
bei der Anfertigung von Zeichnungen in nicht
genügender Weise an die Hand gehe, richteten sich hier die
Demonstrationen der Studenten. Unter Lärmen zogen die
Studenten nach der Anla. Dort erschien Rektor Doktor
Vortmann und forderte die Hörer auf, eine Deputation
ins Rektorat zu entsenden, die ihm Bericht erstatten möge.
Nun begab sich eine Studentendeputation in die Rektorats-
kanzlei, wo Professor Vortmann den Studenten mitteilte,
daß er mit Professor Engländer und den übrigen Lehrern
an den Maschinenbaukursen eine Konferenz abhalten werde.
Gleichzeitig stelle er den Studenten für morgen einen Lehr-
saal für eine Vollversammlung aller Studierenden der
Hochschule zur Verfügung.




Die reichsdeutschen Katholiken für die Salz-
burger Universität.

Man schreibt uns aus München:
Die von Salzburg aus in großer Zahl nach den katholischen
Kreisen Süd- und Westdeutschlands versandte Einladungs-
schrift zur Unterstützung der geplanten katholischen Univer-
sität hat bei einigen Vereinen Deutschlands den Gedanken
gereift, Stipendien für die geplante Universität zu stiften,
und damit zugleich zu dem Universitätsfonds selbst einen
Beitrag zu leisten. Allerdings wären hiefür noch einige
Vorfragen zu lösen, besonders hinsichtlich amtlicher Rechte,
welche der Salzburger Universität verliehen werden sollen.
In dieser Hinsicht wäre es sehr gut, wenn die Vertreter
des Planes recht bald hierüber eine bestimmte Entscheidung
der österreichischen Regierung herbeiführen könnten. Dann
ließe sich vielleicht auch eine Erklärung der bayrischen Re-
gierung dafür erlangen, daß die an der Salzburger Uni-
versität absolvierten Studien auch den Bewerbern um Staats-
ämter in Bayern voll angerechnet werden könnten.




Aus dem Gerichtssaale.


Eine Wuchererkompagnie.

Der Prozeß gegen
August Kogerer, Arthur Robitschek und Eduard
Schibich wegen Betruges und Veruntreuung von
Wechseln, die sie zur Geldbeschaffung erhalten hatten, nahm,
wie berichtet, heute vor dem Schwurgerichte unter Vorsitz
des Hofrates Dr. Feigl, seinen Anfang. Die von StAS.
Dr. Langer vertretene Anklage schildert ausführlich das
Treiben der Kompagnie, in das auch zwei andere berüch-
igte Wucherer verwickelt sind: Anton Bodenstein und
ein gewisser Herrnfeld, welch letzterer wegen einer
damit zusammenhängenden "Transaktion" bereits abgestraft
wurde. Natürlich erklärten sich heute sämtliche Angeklagte
für nichtschuldig. Kogerer bezeichnet sich als Pferdehändler
und sagt, daß er ein gutes Einkommen habe. Robitschek
bezeichnet sich als Agenten und Schibich, ein gewesener
Offizier, sagt, daß er Schreiber in einem Handelshause sei
und monatlich 120 Kronen Gehalt beziehe. Die einzelnen
Geschäfte, die zur Erörterung gelangen, sind derart kompli-
ziert, daß ihre Wiedergabe zu umfangreich und für die
Oeffentlichkeit auch von geringem Interesse ist. Ueber den
Ausgang des für drei Tage anberaumten Prozesses werden
wir berichten.




Der Betrug an der Südbahn in Tüffer.

Der
Kassationshof unter Vorsitz des Staatspräsidenten Doktor
Freiherr von Prandau hat heute der Nichtigkeits-
beschwerde des vom Schwurgerichte Cilli zu drei
Jahren schweren
Kerkers verurteilten ehemaligen
Südbahnbeamten Josef Schönthoner stattgegeben,
Verdikt und Urteil aufgehoben und dem bezeichneten
Gerichte eine neue Verhandlung aufgetragen.
Es handelte sich um den Betrug durch Zusendung einer
gefälschten Anweisung auf 41.000 Kronen an die Station
Tüffer. Die Nichtigkeitsbeschwerde hatte Einschränkung des
[Spaltenumbruch] Verteidigungsrechtes geltend gemacht, welchen Mangel des
Verfahrens der Kassationshof auch darin erblickte, daß dem
Verteidiger zum Aktenstudium eine zu kurze Zeit zur Ver-
fügung stand.




Der Prozeß Polonyi-Lengyel.

Aus Ofen-Pest wird telegraphisch berichtet: Heute
begann vor dem Schwurgerichte die Verhandlung in dem
Verleumdungsprozesse, den der gewesene Justizminister
Polonyi gegen den Abg. Zoltan Lengyel wegen der be-
kannten gegen Polonyi erhobenen Beschuldigungen ange-
strengt hat. Polonyi vertritt selbst die Anklage; Zoltan
Lengyel wird vom Abg. Vaszonyi verteidigt.

Zu Beginn der Verhandlung ordnete der Präsident
die Verlesung des inkriminierten Artikels an, welcher unter
dem Titel "Ich klage an!" in dem Blatte "A Nap"
erschienen war. Sodann beginnt das Verhör des Ange-
klagten. Auf die Frage, ob er sich schuldig fühle, sagte
Lengyel: Ich habe den Artikel geschrieben, fühle mich aber
nicht schuldig. -- Präsident: Warum fühlen Sie sich nicht
schuldig? -- Lengyel: Weil mein Gewissen mich gedrängt
hat, den Kampf gegen Polonyi aufzunehmen. --
Präsident: Bestanden persönliche Gegensätze zwischen
Ihnen? Lengyel: Nein, ich habe keine privaten Feindschaften
gehabt und nur Gegner, weil ich gegen Mißbräuche ange-
kämpft habe. Präsident: Warum haben Sie den Kampf, den
Halmos begonnen hat, fortgesetzt? Lengyel: Weil ich be-
merkt habe, daß Polonyi den gegen ihn erhobenen Anklagen
auswich und hiebei ein schlaues Manöver anwandte, indem
er den kranken Halmos mit ärztlicher Hilfe zu Tode er-
schreckte, damit dieser seine Anklagen zurückziehe. Auf die
Frage, ob er im Gegensatze zur Unabhängigkeitspartei stand,
erwidert Lengyel: Ich wurde ausgeschlossen, weil ich gegen-
über der Unabhängigkeitspartei die Forderung erhoben habe,
daß diese ihre Prinzipien verwirkliche und daß an ihrer
Leitung nicht solche Personen teilnehmen dürfen, die nicht
vollkommen intakt seien. In der Affäre der Elisabeth
Beke wird der Nagy-Szent-Mikloser Advokat Geza
Jeszenski als erster Zeuge verhört. Der Prä-
sident fragt ihn, ob er wisse, daß die Elisabeth Beke
von dem alten Grafen Nako eine Endabfertigung erhalten
habe. Zeuge: Ich glaube, sie hat dieselbe bekommen.

Präsident: Hat man diese Endabfertigung end-
gültig geregelt?

Zeuge: Ja, und zwar der gegenwärtige Gouverneur
von Fiume Graf Alexander Nako. Das Dokument hierüber
wurde von Seite des Gouverneurs durch den Advokaten
Johann Löwengart und durch den Advokaten der Beke
verfaßt. Erst nach der definitiven Erledigung richtete Polonyi
im Auftrage der Beke vier Briefe an den Grafen Nako.
Im ersten ersuchte er den Grafen, er möge ihn in dieser
Angelegenheit besuchen. Dieser antwortete hierauf nicht,
sondern beauftragte mich, ich möge in dieser Angelegenheit
verhandeln. Die Beke hatte nämlich auf Grundlage eines
notariellen Dokumentes seitens des alten Grafen neue
Forderungen gestellt. Meiner Meinung nach war die Beke
nicht zu neuen Forderungen berechtigt. Um aber Skandalen
auszuweichen, vereinbarten wir die Abschließung eines
Vergleiches. Wir haben diesen Vergleich auch abgeschlossen
und stellten eine jährliche Rente von 6000 Kronen fest.

Präsident: Appellierte Polonyi nicht an die
Ritterlichkeit der gräflichen Familie und hat er angedeutet,
daß die Affäre eventuell in den Blättern zur Sprache ge-
bracht werden würde? Zeuge: Ja! Prasident: Können
Sie bezengen, daß Polonyi vor dem Grafen für sich ein
Honorar verlangt hat? Zeuge: Nein! Präsident:
Sagte etwa Polonyi, daß er dafür sorgen werde, daß die
Angelegenheit in den Blättern veröffentlicht wird? Zeuge:
Nein. -- Verteidiger: Hielten Sie es für möglich, daß aus
der Sache ein Standal werden wird, und zwar von der
Partei Polonyis ausgehend? Zeuge: Der Graf
fürchtete einen Skandal, warum, das weiß ich nicht.
Verteidiger: Haben Sie die Rente an die
Beke oder in die Kanzlei Polonyis gesandt? --
Zeuge: An die Beke, mit Ansnahme einer restlichen
[Spaltenumbruch] Summe, welche wir in die Kanzlei Polonyis sandten. --
Verteidiger: Wie viel betrug diese Summe? --
Zeuge: Beiläufig 1000 Kronen. -- Verteidiger:
Hat die Kanzlei diese Summe gefordert? -- Zeuge:
Ja, weil wir uns um einen Tag verspätet hatten.

Lengyel zum Zeugen: Wissen Sie etwas davon,
daß man der Beke den Polonyi empfohlen hat als den
einzigen, der aus dieser Affäre noch Geld herauspressen
könnte? -- Zeuge: Ich habe von der Beke gehört, daß
der öffentliche Notar Rupp ihr gesagt habe, daß in dieser
Sache nur Polonyi helfen könne.

Der Staatsanwalt beantragt, daß Geza Polonyi als
Zeuge verhört werden möge.

Desider Polonyi schließt sich diesem Antrage an
und ersucht für den Fall, daß der Gerichtshof nicht
in diesem Sinne beschließen sollte, daß auch er die Zeugen
befragen dürfe.

Der Präsident erklärt, dieser Bitte zu willfahren.

Nach dem Verhöre des Zeugen Jeßensky, des Advo-
katen der gräflichen Familie Nako, wird der Gouverneur
von Fiume, Graf Alexander Nako, der Erbe und Enkel des
Grafen Koloman Nako, vernommen. Er sagt aus, daß der
Elisabeth Beke laut Notariatsaktes am 21. Mai 1901
20.000 Kronen, für das nächste Jahr 6000 Kronen und
weiterhin 3000 Kronen zugesichert wurden. Im Jahre 1903
wandte sich die Beke brieflich an den Grafen Alexander
Nako. Sie schrieb ihm, sie habe gehört, der alte Graf habe
sie in seinem Testamente reichlich bedacht. Sie wünsche die
Mitteilung dieses Testamentes. Graf Alexander Nako
antwortete ihr, sie befinde sich bezüglich des Testamentes
in einem Irrtum. Hierauf erhielt Graf Nako von Polonyi
ein Schreiben, in welchem dieser den Grafen ersuchte, ihn
in seiner Kanzlei zu besuchen. Da Graf Nako dieser Ein-
ladung keine Folge leistete, wurde brieflich verhandelt
und in dieser Sache drei oder vier Briefe gewechselt.
Später suchte Polonyi den Grafen Alexander Nako auf
und teilte ihm mit, daß die Beke eine Erhöhung ihres
Jahrgeldes auf 12.000 Kronen fordere. Er werde aber
darauf hinwirken, daß sie sich mit 6000 Kronen begnüge.
Sodann befragt der Präsident den Zeugen über jene
Schritte, die Polonyi als Justizminister bei dem Gouverneur
behufs Erlangung seiner Ehrenerklärung getan hat. Graf
Nako erklärt, Polonyi habe ihn ersucht, zu erklären, daß die
in den Blättern erschienenen Anschuldigungen betreffs
seiner Intervention für Elisabeth Beke unwahr
seien. Er habe damals eine Erklärung abgegeben,
die jedoch von Polonyi als ungenügend betrachtet
worden sei. Dieser habe auch um die Anfügung eines Passus
ersucht, daß der Graf das Vorgehen Polonyis als Sach-
walter für korrekt anerkenne, welchem Ersuchen der Graf
auch hinterher Folge geleistet habe.

Graf Nako gibt auf Befragen weiter an, daß sein
Großvater auf die Elisabeth Beke eine halbe Million Kronen
verwendet habe. Der Staatsanwalt konstatiert, daß in den
Akten sich mehrere Anzeigen gegen die Beke wegen Er-
pressung und Betrug vorfinden, welche teils vom Grafen
Koloman Nako, teils von dessen Enkel Graf Alexander
Nako erstattet wurden. -- Angeklagter Lengyel zum
Zeugen: Haben Sie gehört, daß Polonyi im Ministerrate
bei Erörterung seiner Angelegenheit sich geäußert haben
soll, nicht die Beke habe erpreßt, sondern Sie (der Zeuge)
hätten an ihm eine Erpressung verübt.

Zeuge Graf Nako erwidert, im Nationalkasino habe
man erzählt, Polonyi habe sich geänßert, daß Nakos Groß-
vater sein Vermögen der Beke hinterlassen habe, daß jedoch
er (der Zeuge) der Beke dieses Vermögen vorenthalte.
Zeuge habe hierauf in Gegenwart des Ministerpräsidenten
den damaligen Instizminister zur Rede gestellt. Polonyi
habe erwidert, nicht er habe dies behauptet, sondern dies
sei die Information der Beke.

Im weiteren Verlaufe der Verhandlung wurde der
Minister des Innern Graf Julius Andrassy als Zeuge ver-
hörte. Der Vorsitzende richtete an ihn die Frage, ob Gou-
verneur Graf Nako sich je beklagt hätte, daß Polonyi in
der Angelegenheit Beke erpresserisch vorgegangen sei. Mi-
nister Graf Andrassy: Das hat er mir nicht mitgeteilt. Ich




[Spaltenumbruch]

25. Folge.

Nachdruck verboten.

Die Sierramühle.

Collinson war an diesem Nachmittag ganz besonders
zerstreut und in seine Träumereien versunken; am Holz-
haufen stand er auf die Axt gestützt so tief in Gedanken,
daß eine smaragdgrüne Eidechse keck auf den Holzklotz
schlüpfte und im Gefühl ihrer Sicherheit zu schlafen
begann.

Mit Einbruch der Nacht erhob sich der Wind wie
ein fernes am Berg entlang ziehendes Summen. Dann
schüttelte er die Gipfel der hohen Rotsandelholzbäume
hinter der Mühle, ohne indessen die Mühle selbst oder die
trockenen Blätter im Flußbett zu berühren. Später wurde
das Summen anhaltender, bis es dem ruhelosen Grollen
eines fernen Meeres glich, und endlich tobte der Wind
auch die Bergseite hinab. Er trieb den Rauch den kurzen
Schornstein der Mühle herunter, rumorte in den von der
Sonne verzogenen Schindeln des Daches, traf die
Sparren im Innern mit seinem kühlen Hauch und heulte
um die Vorsprünge der roh gezimmerten Dachtraufen.
Um neun Uhr wickelte sich Collinson, wie es seine Ge-
wohnheit war, vor dem Feuer in seine Decken und
schlief ein.

Mitternacht war vorüber, als ihn das bekannte
Poltern des Gerölls den Abhung herunter weckte. Es
klang, als ob ein ganzes Heer in ungestümem Lauf
rings gegen die Mühle anstürmte; dann folgte ein
schwerer Stoß gegen die Tür, wie er ihn schon einmal
gehört hatte. Er glaubte nichts Ungewöhnliches darin zu
erkennen und drehte sich auf die andere Seite, um weiter
zu schlafen. Diesmal aber fiel die Tür krachend aus den
Angeln; ein Mann trat zu ihm, die Gewehrmündung
nach seinem Kopf richtend.

Im Nu sprang Collinson seitwärts nach seiner
Waffe, welche am Herde lehnte. Diese Bewegung wäre
[Spaltenumbruch] vielleicht schon in der nächsten Sekunde seine letzte ge-
wesen und kein Sterblicher hätte je Seth Collinsons
Einsamkeit wieder unterbrochen, wäre nicht das Gewehr
des zuerst Eingetretenen von einem zweiten Mann schnell
in die Höhe geschlagen worden und der einzige Schuß,
welcher in dieser Nacht fiel, harmlos in das Dach ge-
gegangen. Gleichzeitig fühlte Collinson seine Arme gepackt
und fest nach hinten gezogen. Durch den Rauch sah er
undeutlich, daß maskierte und bewaffnete Leute das
Zimmer füllten. Im nächsten Augenblick wurde er ge-
knebelt und auf seinen Lehnstuhl geworfen. Auf ein
Zeichen verließen drei der Männer die Schenkstube und
Collinson hörte, wie sie die andern Räume und Neben-
gebäude durchsuchten. Dann traten die beiden Leute,
welche ihn geknebelt hatten und noch neben ihm standen,
mit einem gewissen soldatischen Respekt vor einem Mann
mit glattem Kinn zurück, der durch die offene Tür herein-
schritt. Er goß sich am Schenktisch ein Glas Whisky ein,
leerte es bedächtig und stellte sich dann Collinson gegen-
über. Nachlässig gegen den Herd gelehnt und die eine Hand
leicht auf seine Hüfte gestützt, räusperte er sich. Wäre
Collinson ein schärferer Beobachter gewesen, so würde er
bemerkt haben, wie die beiden Männer in seiner Nähe
plötzlich mit einer gewissen ergebungsvollen Miene die
Köpfe senkten und einen ungeduldigen Seufzer zu unter-
drücken schienen, und wäre er Zeuge des Postraubes ge-
wesen, so würde er in dem Glattrasierten den "Redner"
wiedererkannt haben. Er sah ihn aber nur mit seinem
Blick voll stumpfer, unerschütterlicher Geduld an.

Wir bedanern unendlich, daß wir gezwungen waren,
gegen einen Ehrenmann in seinem eigenen Hause Gewalt
zu brauchen, begann der Redner mild. Umsomehr halten
wir es für unsere Pflicht, der Wiederholung eines so be-
klagenswerten Vorfalls, wie er sich bei unserem Eintritt
zutrug, vorzubeugen. Sie können uns darin sehr unter-
stützen, indem Sie uns einige Fragen beantworten, und
wir empfinden die tiefste Dankbarkeit, daß Sie dazu noch
imstande sind -- was vor einigen Augenblicken außer-
ordentlich unwahrscheinlich schien. Er hielt inne, hustete
[Spaltenumbruch] und lehnte sich an den Herd zurück. Wieviele Männer
außer Ihnen befinden sich hier?

Nicht 'n einziger, sagte Collinson.

Der Fragende sah die drei Leute an, welche vor-
her hinausgegangen waren und eben zurückkamen. Sie
nickten zustimmend.

Gut! Sie haben die Wahrheit gesagt -- eine vor-
treffliche Gewohnheit, welches jedes Geschäft beschleu-
nigt. -- Nun, antworten Sie ebenso aufrichtig -- gibt
es ein Zimmer in diesem Hause mit einer verschließbaren
Tür?

Nein.

Auch keinen Keller oder sonstigen Raum?

Nein.

Das tut uns leid, denn wir werden nun, ganz
gegen unsere Absicht, gezwungen sein, Sie vorläufig ge-
bunden zu lassen. Die Sache ist nämlich die: Umstände
sehr dringender Natur nötigen uns, dieses Haus für
einige Tage in Besitz zu nehmen -- vielleicht auf unbe-
stimmte Zeit. Wir achten jedoch die heiligen Gesetze der
Gastfreundschaft zu hoch, um Sie hinauszuwerfen.
Nichts könnte unser Gefühl mehr verletzen, als wenn sich
dergleichen entehrende Gerüchte über uns in den ritter-
lichen Sierras verbreiteten. Wir müssen Sie daher in
strenger Gefangenschaft halten, wenn Sie es ablehnen,
uns Ihr Besitztum, wie es steht und liegt, für -- sagen
wir 500 Dollars -- zu verkaufen. Wir würden Sie in
dem Fall freundlichst ersuchen, sich einem Warentransport
anzuschließen, welcher morgen früh durch das untere Tal
nach dem Thompsonpaß aufbrechen wird. Doch müßten
wir zur Bedingung machen, daß Sie geloben, den Staat
auf drei Monate zu verlassen und diese Angelegenheit
geheim zu halten. Drei von diesen Herren werden mit
Ihnen gehen, um Ihre werte Person zu bewachen und
Sie -- wenn nötig -- mit ihren Gewehren an Ihr
Versprechen zu erinnern.

(Fortsetzung folgt.)


117 Wien, Dienstag Reichspoſt 28. April 1908

[Spaltenumbruch] Füßen geſtampft, bis ſich Engländer in ſein Arbeitszimmer
zurückzog. Die Demonſtranten folgten ihm. Vor dem
Arbeitszimmer des Profeſſors kam es zu neuerlichen lauten
Demonſtrationen. Auch gegen den Aſſiſtenten Profeſſor
Engländers, den Dozenten Furtmüller, dem zum Vor-
wurf gemacht wird, daß er den Studierenden
bei der Anfertigung von Zeichnungen in nicht
genügender Weiſe an die Hand gehe, richteten ſich hier die
Demonſtrationen der Studenten. Unter Lärmen zogen die
Studenten nach der Anla. Dort erſchien Rektor Doktor
Vortmann und forderte die Hörer auf, eine Deputation
ins Rektorat zu entſenden, die ihm Bericht erſtatten möge.
Nun begab ſich eine Studentendeputation in die Rektorats-
kanzlei, wo Profeſſor Vortmann den Studenten mitteilte,
daß er mit Profeſſor Engländer und den übrigen Lehrern
an den Maſchinenbaukurſen eine Konferenz abhalten werde.
Gleichzeitig ſtelle er den Studenten für morgen einen Lehr-
ſaal für eine Vollverſammlung aller Studierenden der
Hochſchule zur Verfügung.




Die reichsdeutſchen Katholiken für die Salz-
burger Univerſität.

Man ſchreibt uns aus München:
Die von Salzburg aus in großer Zahl nach den katholiſchen
Kreiſen Süd- und Weſtdeutſchlands verſandte Einladungs-
ſchrift zur Unterſtützung der geplanten katholiſchen Univer-
ſität hat bei einigen Vereinen Deutſchlands den Gedanken
gereift, Stipendien für die geplante Univerſität zu ſtiften,
und damit zugleich zu dem Univerſitätsfonds ſelbſt einen
Beitrag zu leiſten. Allerdings wären hiefür noch einige
Vorfragen zu löſen, beſonders hinſichtlich amtlicher Rechte,
welche der Salzburger Univerſität verliehen werden ſollen.
In dieſer Hinſicht wäre es ſehr gut, wenn die Vertreter
des Planes recht bald hierüber eine beſtimmte Entſcheidung
der öſterreichiſchen Regierung herbeiführen könnten. Dann
ließe ſich vielleicht auch eine Erklärung der bayriſchen Re-
gierung dafür erlangen, daß die an der Salzburger Uni-
verſität abſolvierten Studien auch den Bewerbern um Staats-
ämter in Bayern voll angerechnet werden könnten.




Aus dem Gerichtsſaale.


Eine Wuchererkompagnie.

Der Prozeß gegen
Auguſt Kogerer, Arthur Robitſchek und Eduard
Schibich wegen Betruges und Veruntreuung von
Wechſeln, die ſie zur Geldbeſchaffung erhalten hatten, nahm,
wie berichtet, heute vor dem Schwurgerichte unter Vorſitz
des Hofrates Dr. Feigl, ſeinen Anfang. Die von StAS.
Dr. Langer vertretene Anklage ſchildert ausführlich das
Treiben der Kompagnie, in das auch zwei andere berüch-
igte Wucherer verwickelt ſind: Anton Bodenſtein und
ein gewiſſer Herrnfeld, welch letzterer wegen einer
damit zuſammenhängenden „Transaktion“ bereits abgeſtraft
wurde. Natürlich erklärten ſich heute ſämtliche Angeklagte
für nichtſchuldig. Kogerer bezeichnet ſich als Pferdehändler
und ſagt, daß er ein gutes Einkommen habe. Robitſchek
bezeichnet ſich als Agenten und Schibich, ein geweſener
Offizier, ſagt, daß er Schreiber in einem Handelshauſe ſei
und monatlich 120 Kronen Gehalt beziehe. Die einzelnen
Geſchäfte, die zur Erörterung gelangen, ſind derart kompli-
ziert, daß ihre Wiedergabe zu umfangreich und für die
Oeffentlichkeit auch von geringem Intereſſe iſt. Ueber den
Ausgang des für drei Tage anberaumten Prozeſſes werden
wir berichten.




Der Betrug an der Südbahn in Tüffer.

Der
Kaſſationshof unter Vorſitz des Staatspräſidenten Doktor
Freiherr von Prandau hat heute der Nichtigkeits-
beſchwerde des vom Schwurgerichte Cilli zu drei
Jahren ſchweren
Kerkers verurteilten ehemaligen
Südbahnbeamten Joſef Schönthoner ſtattgegeben,
Verdikt und Urteil aufgehoben und dem bezeichneten
Gerichte eine neue Verhandlung aufgetragen.
Es handelte ſich um den Betrug durch Zuſendung einer
gefälſchten Anweiſung auf 41.000 Kronen an die Station
Tüffer. Die Nichtigkeitsbeſchwerde hatte Einſchränkung des
[Spaltenumbruch] Verteidigungsrechtes geltend gemacht, welchen Mangel des
Verfahrens der Kaſſationshof auch darin erblickte, daß dem
Verteidiger zum Aktenſtudium eine zu kurze Zeit zur Ver-
fügung ſtand.




Der Prozeß Polonyi-Lengyel.

Aus Ofen-Peſt wird telegraphiſch berichtet: Heute
begann vor dem Schwurgerichte die Verhandlung in dem
Verleumdungsprozeſſe, den der geweſene Juſtizminiſter
Polonyi gegen den Abg. Zoltan Lengyel wegen der be-
kannten gegen Polonyi erhobenen Beſchuldigungen ange-
ſtrengt hat. Polonyi vertritt ſelbſt die Anklage; Zoltan
Lengyel wird vom Abg. Vaszonyi verteidigt.

Zu Beginn der Verhandlung ordnete der Präſident
die Verleſung des inkriminierten Artikels an, welcher unter
dem Titel „Ich klage an!“ in dem Blatte „A Nap“
erſchienen war. Sodann beginnt das Verhör des Ange-
klagten. Auf die Frage, ob er ſich ſchuldig fühle, ſagte
Lengyel: Ich habe den Artikel geſchrieben, fühle mich aber
nicht ſchuldig. — Präſident: Warum fühlen Sie ſich nicht
ſchuldig? — Lengyel: Weil mein Gewiſſen mich gedrängt
hat, den Kampf gegen Polonyi aufzunehmen. —
Präſident: Beſtanden perſönliche Gegenſätze zwiſchen
Ihnen? Lengyel: Nein, ich habe keine privaten Feindſchaften
gehabt und nur Gegner, weil ich gegen Mißbräuche ange-
kämpft habe. Präſident: Warum haben Sie den Kampf, den
Halmos begonnen hat, fortgeſetzt? Lengyel: Weil ich be-
merkt habe, daß Polonyi den gegen ihn erhobenen Anklagen
auswich und hiebei ein ſchlaues Manöver anwandte, indem
er den kranken Halmos mit ärztlicher Hilfe zu Tode er-
ſchreckte, damit dieſer ſeine Anklagen zurückziehe. Auf die
Frage, ob er im Gegenſatze zur Unabhängigkeitspartei ſtand,
erwidert Lengyel: Ich wurde ausgeſchloſſen, weil ich gegen-
über der Unabhängigkeitspartei die Forderung erhoben habe,
daß dieſe ihre Prinzipien verwirkliche und daß an ihrer
Leitung nicht ſolche Perſonen teilnehmen dürfen, die nicht
vollkommen intakt ſeien. In der Affäre der Eliſabeth
Beke wird der Nagy-Szent-Mikloſer Advokat Geza
Jeszenski als erſter Zeuge verhört. Der Prä-
ſident fragt ihn, ob er wiſſe, daß die Eliſabeth Beke
von dem alten Grafen Nako eine Endabfertigung erhalten
habe. Zeuge: Ich glaube, ſie hat dieſelbe bekommen.

Präſident: Hat man dieſe Endabfertigung end-
gültig geregelt?

Zeuge: Ja, und zwar der gegenwärtige Gouverneur
von Fiume Graf Alexander Nako. Das Dokument hierüber
wurde von Seite des Gouverneurs durch den Advokaten
Johann Löwengart und durch den Advokaten der Beke
verfaßt. Erſt nach der definitiven Erledigung richtete Polonyi
im Auftrage der Beke vier Briefe an den Grafen Nako.
Im erſten erſuchte er den Grafen, er möge ihn in dieſer
Angelegenheit beſuchen. Dieſer antwortete hierauf nicht,
ſondern beauftragte mich, ich möge in dieſer Angelegenheit
verhandeln. Die Beke hatte nämlich auf Grundlage eines
notariellen Dokumentes ſeitens des alten Grafen neue
Forderungen geſtellt. Meiner Meinung nach war die Beke
nicht zu neuen Forderungen berechtigt. Um aber Skandalen
auszuweichen, vereinbarten wir die Abſchließung eines
Vergleiches. Wir haben dieſen Vergleich auch abgeſchloſſen
und ſtellten eine jährliche Rente von 6000 Kronen feſt.

Präſident: Appellierte Polonyi nicht an die
Ritterlichkeit der gräflichen Familie und hat er angedeutet,
daß die Affäre eventuell in den Blättern zur Sprache ge-
bracht werden würde? Zeuge: Ja! Praſident: Können
Sie bezengen, daß Polonyi vor dem Grafen für ſich ein
Honorar verlangt hat? Zeuge: Nein! Präſident:
Sagte etwa Polonyi, daß er dafür ſorgen werde, daß die
Angelegenheit in den Blättern veröffentlicht wird? Zeuge:
Nein. — Verteidiger: Hielten Sie es für möglich, daß aus
der Sache ein Standal werden wird, und zwar von der
Partei Polonyis ausgehend? Zeuge: Der Graf
fürchtete einen Skandal, warum, das weiß ich nicht.
Verteidiger: Haben Sie die Rente an die
Beke oder in die Kanzlei Polonyis geſandt? —
Zeuge: An die Beke, mit Ansnahme einer reſtlichen
[Spaltenumbruch] Summe, welche wir in die Kanzlei Polonyis ſandten. —
Verteidiger: Wie viel betrug dieſe Summe? —
Zeuge: Beiläufig 1000 Kronen. — Verteidiger:
Hat die Kanzlei dieſe Summe gefordert? — Zeuge:
Ja, weil wir uns um einen Tag verſpätet hatten.

Lengyel zum Zeugen: Wiſſen Sie etwas davon,
daß man der Beke den Polonyi empfohlen hat als den
einzigen, der aus dieſer Affäre noch Geld herauspreſſen
könnte? — Zeuge: Ich habe von der Beke gehört, daß
der öffentliche Notar Rupp ihr geſagt habe, daß in dieſer
Sache nur Polonyi helfen könne.

Der Staatsanwalt beantragt, daß Geza Polonyi als
Zeuge verhört werden möge.

Deſider Polonyi ſchließt ſich dieſem Antrage an
und erſucht für den Fall, daß der Gerichtshof nicht
in dieſem Sinne beſchließen ſollte, daß auch er die Zeugen
befragen dürfe.

Der Präſident erklärt, dieſer Bitte zu willfahren.

Nach dem Verhöre des Zeugen Jeſzensky, des Advo-
katen der gräflichen Familie Nako, wird der Gouverneur
von Fiume, Graf Alexander Nako, der Erbe und Enkel des
Grafen Koloman Nako, vernommen. Er ſagt aus, daß der
Eliſabeth Beke laut Notariatsaktes am 21. Mai 1901
20.000 Kronen, für das nächſte Jahr 6000 Kronen und
weiterhin 3000 Kronen zugeſichert wurden. Im Jahre 1903
wandte ſich die Beke brieflich an den Grafen Alexander
Nako. Sie ſchrieb ihm, ſie habe gehört, der alte Graf habe
ſie in ſeinem Teſtamente reichlich bedacht. Sie wünſche die
Mitteilung dieſes Teſtamentes. Graf Alexander Nako
antwortete ihr, ſie befinde ſich bezüglich des Teſtamentes
in einem Irrtum. Hierauf erhielt Graf Nako von Polonyi
ein Schreiben, in welchem dieſer den Grafen erſuchte, ihn
in ſeiner Kanzlei zu beſuchen. Da Graf Nako dieſer Ein-
ladung keine Folge leiſtete, wurde brieflich verhandelt
und in dieſer Sache drei oder vier Briefe gewechſelt.
Später ſuchte Polonyi den Grafen Alexander Nako auf
und teilte ihm mit, daß die Beke eine Erhöhung ihres
Jahrgeldes auf 12.000 Kronen fordere. Er werde aber
darauf hinwirken, daß ſie ſich mit 6000 Kronen begnüge.
Sodann befragt der Präſident den Zeugen über jene
Schritte, die Polonyi als Juſtizminiſter bei dem Gouverneur
behufs Erlangung ſeiner Ehrenerklärung getan hat. Graf
Nako erklärt, Polonyi habe ihn erſucht, zu erklären, daß die
in den Blättern erſchienenen Anſchuldigungen betreffs
ſeiner Intervention für Eliſabeth Beke unwahr
ſeien. Er habe damals eine Erklärung abgegeben,
die jedoch von Polonyi als ungenügend betrachtet
worden ſei. Dieſer habe auch um die Anfügung eines Paſſus
erſucht, daß der Graf das Vorgehen Polonyis als Sach-
walter für korrekt anerkenne, welchem Erſuchen der Graf
auch hinterher Folge geleiſtet habe.

Graf Nako gibt auf Befragen weiter an, daß ſein
Großvater auf die Eliſabeth Beke eine halbe Million Kronen
verwendet habe. Der Staatsanwalt konſtatiert, daß in den
Akten ſich mehrere Anzeigen gegen die Beke wegen Er-
preſſung und Betrug vorfinden, welche teils vom Grafen
Koloman Nako, teils von deſſen Enkel Graf Alexander
Nako erſtattet wurden. — Angeklagter Lengyel zum
Zeugen: Haben Sie gehört, daß Polonyi im Miniſterrate
bei Erörterung ſeiner Angelegenheit ſich geäußert haben
ſoll, nicht die Beke habe erpreßt, ſondern Sie (der Zeuge)
hätten an ihm eine Erpreſſung verübt.

Zeuge Graf Nako erwidert, im Nationalkaſino habe
man erzählt, Polonyi habe ſich geänßert, daß Nakos Groß-
vater ſein Vermögen der Beke hinterlaſſen habe, daß jedoch
er (der Zeuge) der Beke dieſes Vermögen vorenthalte.
Zeuge habe hierauf in Gegenwart des Miniſterpräſidenten
den damaligen Inſtizminiſter zur Rede geſtellt. Polonyi
habe erwidert, nicht er habe dies behauptet, ſondern dies
ſei die Information der Beke.

Im weiteren Verlaufe der Verhandlung wurde der
Miniſter des Innern Graf Julius Andraſſy als Zeuge ver-
hörte. Der Vorſitzende richtete an ihn die Frage, ob Gou-
verneur Graf Nako ſich je beklagt hätte, daß Polonyi in
der Angelegenheit Beke erpreſſeriſch vorgegangen ſei. Mi-
niſter Graf Andraſſy: Das hat er mir nicht mitgeteilt. Ich




[Spaltenumbruch]

25. Folge.

Nachdruck verboten.

Die Sierramühle.

Collinſon war an dieſem Nachmittag ganz beſonders
zerſtreut und in ſeine Träumereien verſunken; am Holz-
haufen ſtand er auf die Axt geſtützt ſo tief in Gedanken,
daß eine ſmaragdgrüne Eidechſe keck auf den Holzklotz
ſchlüpfte und im Gefühl ihrer Sicherheit zu ſchlafen
begann.

Mit Einbruch der Nacht erhob ſich der Wind wie
ein fernes am Berg entlang ziehendes Summen. Dann
ſchüttelte er die Gipfel der hohen Rotſandelholzbäume
hinter der Mühle, ohne indeſſen die Mühle ſelbſt oder die
trockenen Blätter im Flußbett zu berühren. Später wurde
das Summen anhaltender, bis es dem ruheloſen Grollen
eines fernen Meeres glich, und endlich tobte der Wind
auch die Bergſeite hinab. Er trieb den Rauch den kurzen
Schornſtein der Mühle herunter, rumorte in den von der
Sonne verzogenen Schindeln des Daches, traf die
Sparren im Innern mit ſeinem kühlen Hauch und heulte
um die Vorſprünge der roh gezimmerten Dachtraufen.
Um neun Uhr wickelte ſich Collinſon, wie es ſeine Ge-
wohnheit war, vor dem Feuer in ſeine Decken und
ſchlief ein.

Mitternacht war vorüber, als ihn das bekannte
Poltern des Gerölls den Abhung herunter weckte. Es
klang, als ob ein ganzes Heer in ungeſtümem Lauf
rings gegen die Mühle anſtürmte; dann folgte ein
ſchwerer Stoß gegen die Tür, wie er ihn ſchon einmal
gehört hatte. Er glaubte nichts Ungewöhnliches darin zu
erkennen und drehte ſich auf die andere Seite, um weiter
zu ſchlafen. Diesmal aber fiel die Tür krachend aus den
Angeln; ein Mann trat zu ihm, die Gewehrmündung
nach ſeinem Kopf richtend.

Im Nu ſprang Collinſon ſeitwärts nach ſeiner
Waffe, welche am Herde lehnte. Dieſe Bewegung wäre
[Spaltenumbruch] vielleicht ſchon in der nächſten Sekunde ſeine letzte ge-
weſen und kein Sterblicher hätte je Seth Collinſons
Einſamkeit wieder unterbrochen, wäre nicht das Gewehr
des zuerſt Eingetretenen von einem zweiten Mann ſchnell
in die Höhe geſchlagen worden und der einzige Schuß,
welcher in dieſer Nacht fiel, harmlos in das Dach ge-
gegangen. Gleichzeitig fühlte Collinſon ſeine Arme gepackt
und feſt nach hinten gezogen. Durch den Rauch ſah er
undeutlich, daß maskierte und bewaffnete Leute das
Zimmer füllten. Im nächſten Augenblick wurde er ge-
knebelt und auf ſeinen Lehnſtuhl geworfen. Auf ein
Zeichen verließen drei der Männer die Schenkſtube und
Collinſon hörte, wie ſie die andern Räume und Neben-
gebäude durchſuchten. Dann traten die beiden Leute,
welche ihn geknebelt hatten und noch neben ihm ſtanden,
mit einem gewiſſen ſoldatiſchen Reſpekt vor einem Mann
mit glattem Kinn zurück, der durch die offene Tür herein-
ſchritt. Er goß ſich am Schenktiſch ein Glas Whisky ein,
leerte es bedächtig und ſtellte ſich dann Collinſon gegen-
über. Nachläſſig gegen den Herd gelehnt und die eine Hand
leicht auf ſeine Hüfte geſtützt, räuſperte er ſich. Wäre
Collinſon ein ſchärferer Beobachter geweſen, ſo würde er
bemerkt haben, wie die beiden Männer in ſeiner Nähe
plötzlich mit einer gewiſſen ergebungsvollen Miene die
Köpfe ſenkten und einen ungeduldigen Seufzer zu unter-
drücken ſchienen, und wäre er Zeuge des Poſtraubes ge-
weſen, ſo würde er in dem Glattraſierten den „Redner“
wiedererkannt haben. Er ſah ihn aber nur mit ſeinem
Blick voll ſtumpfer, unerſchütterlicher Geduld an.

Wir bedanern unendlich, daß wir gezwungen waren,
gegen einen Ehrenmann in ſeinem eigenen Hauſe Gewalt
zu brauchen, begann der Redner mild. Umſomehr halten
wir es für unſere Pflicht, der Wiederholung eines ſo be-
klagenswerten Vorfalls, wie er ſich bei unſerem Eintritt
zutrug, vorzubeugen. Sie können uns darin ſehr unter-
ſtützen, indem Sie uns einige Fragen beantworten, und
wir empfinden die tiefſte Dankbarkeit, daß Sie dazu noch
imſtande ſind — was vor einigen Augenblicken außer-
ordentlich unwahrſcheinlich ſchien. Er hielt inne, huſtete
[Spaltenumbruch] und lehnte ſich an den Herd zurück. Wieviele Männer
außer Ihnen befinden ſich hier?

Nicht ’n einziger, ſagte Collinſon.

Der Fragende ſah die drei Leute an, welche vor-
her hinausgegangen waren und eben zurückkamen. Sie
nickten zuſtimmend.

Gut! Sie haben die Wahrheit geſagt — eine vor-
treffliche Gewohnheit, welches jedes Geſchäft beſchleu-
nigt. — Nun, antworten Sie ebenſo aufrichtig — gibt
es ein Zimmer in dieſem Hauſe mit einer verſchließbaren
Tür?

Nein.

Auch keinen Keller oder ſonſtigen Raum?

Nein.

Das tut uns leid, denn wir werden nun, ganz
gegen unſere Abſicht, gezwungen ſein, Sie vorläufig ge-
bunden zu laſſen. Die Sache iſt nämlich die: Umſtände
ſehr dringender Natur nötigen uns, dieſes Haus für
einige Tage in Beſitz zu nehmen — vielleicht auf unbe-
ſtimmte Zeit. Wir achten jedoch die heiligen Geſetze der
Gaſtfreundſchaft zu hoch, um Sie hinauszuwerfen.
Nichts könnte unſer Gefühl mehr verletzen, als wenn ſich
dergleichen entehrende Gerüchte über uns in den ritter-
lichen Sierras verbreiteten. Wir müſſen Sie daher in
ſtrenger Gefangenſchaft halten, wenn Sie es ablehnen,
uns Ihr Beſitztum, wie es ſteht und liegt, für — ſagen
wir 500 Dollars — zu verkaufen. Wir würden Sie in
dem Fall freundlichſt erſuchen, ſich einem Warentransport
anzuſchließen, welcher morgen früh durch das untere Tal
nach dem Thompſonpaß aufbrechen wird. Doch müßten
wir zur Bedingung machen, daß Sie geloben, den Staat
auf drei Monate zu verlaſſen und dieſe Angelegenheit
geheim zu halten. Drei von dieſen Herren werden mit
Ihnen gehen, um Ihre werte Perſon zu bewachen und
Sie — wenn nötig — mit ihren Gewehren an Ihr
Verſprechen zu erinnern.

(Fortſetzung folgt.)


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[7/0007] 117 Wien, Dienstag Reichspoſt 28. April 1908 Füßen geſtampft, bis ſich Engländer in ſein Arbeitszimmer zurückzog. Die Demonſtranten folgten ihm. Vor dem Arbeitszimmer des Profeſſors kam es zu neuerlichen lauten Demonſtrationen. Auch gegen den Aſſiſtenten Profeſſor Engländers, den Dozenten Furtmüller, dem zum Vor- wurf gemacht wird, daß er den Studierenden bei der Anfertigung von Zeichnungen in nicht genügender Weiſe an die Hand gehe, richteten ſich hier die Demonſtrationen der Studenten. Unter Lärmen zogen die Studenten nach der Anla. Dort erſchien Rektor Doktor Vortmann und forderte die Hörer auf, eine Deputation ins Rektorat zu entſenden, die ihm Bericht erſtatten möge. Nun begab ſich eine Studentendeputation in die Rektorats- kanzlei, wo Profeſſor Vortmann den Studenten mitteilte, daß er mit Profeſſor Engländer und den übrigen Lehrern an den Maſchinenbaukurſen eine Konferenz abhalten werde. Gleichzeitig ſtelle er den Studenten für morgen einen Lehr- ſaal für eine Vollverſammlung aller Studierenden der Hochſchule zur Verfügung. Die reichsdeutſchen Katholiken für die Salz- burger Univerſität. Man ſchreibt uns aus München: Die von Salzburg aus in großer Zahl nach den katholiſchen Kreiſen Süd- und Weſtdeutſchlands verſandte Einladungs- ſchrift zur Unterſtützung der geplanten katholiſchen Univer- ſität hat bei einigen Vereinen Deutſchlands den Gedanken gereift, Stipendien für die geplante Univerſität zu ſtiften, und damit zugleich zu dem Univerſitätsfonds ſelbſt einen Beitrag zu leiſten. Allerdings wären hiefür noch einige Vorfragen zu löſen, beſonders hinſichtlich amtlicher Rechte, welche der Salzburger Univerſität verliehen werden ſollen. In dieſer Hinſicht wäre es ſehr gut, wenn die Vertreter des Planes recht bald hierüber eine beſtimmte Entſcheidung der öſterreichiſchen Regierung herbeiführen könnten. Dann ließe ſich vielleicht auch eine Erklärung der bayriſchen Re- gierung dafür erlangen, daß die an der Salzburger Uni- verſität abſolvierten Studien auch den Bewerbern um Staats- ämter in Bayern voll angerechnet werden könnten. Aus dem Gerichtsſaale. Wien, 27. April. Eine Wuchererkompagnie. Der Prozeß gegen Auguſt Kogerer, Arthur Robitſchek und Eduard Schibich wegen Betruges und Veruntreuung von Wechſeln, die ſie zur Geldbeſchaffung erhalten hatten, nahm, wie berichtet, heute vor dem Schwurgerichte unter Vorſitz des Hofrates Dr. Feigl, ſeinen Anfang. Die von StAS. Dr. Langer vertretene Anklage ſchildert ausführlich das Treiben der Kompagnie, in das auch zwei andere berüch- igte Wucherer verwickelt ſind: Anton Bodenſtein und ein gewiſſer Herrnfeld, welch letzterer wegen einer damit zuſammenhängenden „Transaktion“ bereits abgeſtraft wurde. Natürlich erklärten ſich heute ſämtliche Angeklagte für nichtſchuldig. Kogerer bezeichnet ſich als Pferdehändler und ſagt, daß er ein gutes Einkommen habe. Robitſchek bezeichnet ſich als Agenten und Schibich, ein geweſener Offizier, ſagt, daß er Schreiber in einem Handelshauſe ſei und monatlich 120 Kronen Gehalt beziehe. Die einzelnen Geſchäfte, die zur Erörterung gelangen, ſind derart kompli- ziert, daß ihre Wiedergabe zu umfangreich und für die Oeffentlichkeit auch von geringem Intereſſe iſt. Ueber den Ausgang des für drei Tage anberaumten Prozeſſes werden wir berichten. Der Betrug an der Südbahn in Tüffer. Der Kaſſationshof unter Vorſitz des Staatspräſidenten Doktor Freiherr von Prandau hat heute der Nichtigkeits- beſchwerde des vom Schwurgerichte Cilli zu drei Jahren ſchweren Kerkers verurteilten ehemaligen Südbahnbeamten Joſef Schönthoner ſtattgegeben, Verdikt und Urteil aufgehoben und dem bezeichneten Gerichte eine neue Verhandlung aufgetragen. Es handelte ſich um den Betrug durch Zuſendung einer gefälſchten Anweiſung auf 41.000 Kronen an die Station Tüffer. Die Nichtigkeitsbeſchwerde hatte Einſchränkung des Verteidigungsrechtes geltend gemacht, welchen Mangel des Verfahrens der Kaſſationshof auch darin erblickte, daß dem Verteidiger zum Aktenſtudium eine zu kurze Zeit zur Ver- fügung ſtand. Der Prozeß Polonyi-Lengyel. Aus Ofen-Peſt wird telegraphiſch berichtet: Heute begann vor dem Schwurgerichte die Verhandlung in dem Verleumdungsprozeſſe, den der geweſene Juſtizminiſter Polonyi gegen den Abg. Zoltan Lengyel wegen der be- kannten gegen Polonyi erhobenen Beſchuldigungen ange- ſtrengt hat. Polonyi vertritt ſelbſt die Anklage; Zoltan Lengyel wird vom Abg. Vaszonyi verteidigt. Zu Beginn der Verhandlung ordnete der Präſident die Verleſung des inkriminierten Artikels an, welcher unter dem Titel „Ich klage an!“ in dem Blatte „A Nap“ erſchienen war. Sodann beginnt das Verhör des Ange- klagten. Auf die Frage, ob er ſich ſchuldig fühle, ſagte Lengyel: Ich habe den Artikel geſchrieben, fühle mich aber nicht ſchuldig. — Präſident: Warum fühlen Sie ſich nicht ſchuldig? — Lengyel: Weil mein Gewiſſen mich gedrängt hat, den Kampf gegen Polonyi aufzunehmen. — Präſident: Beſtanden perſönliche Gegenſätze zwiſchen Ihnen? Lengyel: Nein, ich habe keine privaten Feindſchaften gehabt und nur Gegner, weil ich gegen Mißbräuche ange- kämpft habe. Präſident: Warum haben Sie den Kampf, den Halmos begonnen hat, fortgeſetzt? Lengyel: Weil ich be- merkt habe, daß Polonyi den gegen ihn erhobenen Anklagen auswich und hiebei ein ſchlaues Manöver anwandte, indem er den kranken Halmos mit ärztlicher Hilfe zu Tode er- ſchreckte, damit dieſer ſeine Anklagen zurückziehe. Auf die Frage, ob er im Gegenſatze zur Unabhängigkeitspartei ſtand, erwidert Lengyel: Ich wurde ausgeſchloſſen, weil ich gegen- über der Unabhängigkeitspartei die Forderung erhoben habe, daß dieſe ihre Prinzipien verwirkliche und daß an ihrer Leitung nicht ſolche Perſonen teilnehmen dürfen, die nicht vollkommen intakt ſeien. In der Affäre der Eliſabeth Beke wird der Nagy-Szent-Mikloſer Advokat Geza Jeszenski als erſter Zeuge verhört. Der Prä- ſident fragt ihn, ob er wiſſe, daß die Eliſabeth Beke von dem alten Grafen Nako eine Endabfertigung erhalten habe. Zeuge: Ich glaube, ſie hat dieſelbe bekommen. Präſident: Hat man dieſe Endabfertigung end- gültig geregelt? Zeuge: Ja, und zwar der gegenwärtige Gouverneur von Fiume Graf Alexander Nako. Das Dokument hierüber wurde von Seite des Gouverneurs durch den Advokaten Johann Löwengart und durch den Advokaten der Beke verfaßt. Erſt nach der definitiven Erledigung richtete Polonyi im Auftrage der Beke vier Briefe an den Grafen Nako. Im erſten erſuchte er den Grafen, er möge ihn in dieſer Angelegenheit beſuchen. Dieſer antwortete hierauf nicht, ſondern beauftragte mich, ich möge in dieſer Angelegenheit verhandeln. Die Beke hatte nämlich auf Grundlage eines notariellen Dokumentes ſeitens des alten Grafen neue Forderungen geſtellt. Meiner Meinung nach war die Beke nicht zu neuen Forderungen berechtigt. Um aber Skandalen auszuweichen, vereinbarten wir die Abſchließung eines Vergleiches. Wir haben dieſen Vergleich auch abgeſchloſſen und ſtellten eine jährliche Rente von 6000 Kronen feſt. Präſident: Appellierte Polonyi nicht an die Ritterlichkeit der gräflichen Familie und hat er angedeutet, daß die Affäre eventuell in den Blättern zur Sprache ge- bracht werden würde? Zeuge: Ja! Praſident: Können Sie bezengen, daß Polonyi vor dem Grafen für ſich ein Honorar verlangt hat? Zeuge: Nein! Präſident: Sagte etwa Polonyi, daß er dafür ſorgen werde, daß die Angelegenheit in den Blättern veröffentlicht wird? Zeuge: Nein. — Verteidiger: Hielten Sie es für möglich, daß aus der Sache ein Standal werden wird, und zwar von der Partei Polonyis ausgehend? Zeuge: Der Graf fürchtete einen Skandal, warum, das weiß ich nicht. Verteidiger: Haben Sie die Rente an die Beke oder in die Kanzlei Polonyis geſandt? — Zeuge: An die Beke, mit Ansnahme einer reſtlichen Summe, welche wir in die Kanzlei Polonyis ſandten. — Verteidiger: Wie viel betrug dieſe Summe? — Zeuge: Beiläufig 1000 Kronen. — Verteidiger: Hat die Kanzlei dieſe Summe gefordert? — Zeuge: Ja, weil wir uns um einen Tag verſpätet hatten. Lengyel zum Zeugen: Wiſſen Sie etwas davon, daß man der Beke den Polonyi empfohlen hat als den einzigen, der aus dieſer Affäre noch Geld herauspreſſen könnte? — Zeuge: Ich habe von der Beke gehört, daß der öffentliche Notar Rupp ihr geſagt habe, daß in dieſer Sache nur Polonyi helfen könne. Der Staatsanwalt beantragt, daß Geza Polonyi als Zeuge verhört werden möge. Deſider Polonyi ſchließt ſich dieſem Antrage an und erſucht für den Fall, daß der Gerichtshof nicht in dieſem Sinne beſchließen ſollte, daß auch er die Zeugen befragen dürfe. Der Präſident erklärt, dieſer Bitte zu willfahren. Nach dem Verhöre des Zeugen Jeſzensky, des Advo- katen der gräflichen Familie Nako, wird der Gouverneur von Fiume, Graf Alexander Nako, der Erbe und Enkel des Grafen Koloman Nako, vernommen. Er ſagt aus, daß der Eliſabeth Beke laut Notariatsaktes am 21. Mai 1901 20.000 Kronen, für das nächſte Jahr 6000 Kronen und weiterhin 3000 Kronen zugeſichert wurden. Im Jahre 1903 wandte ſich die Beke brieflich an den Grafen Alexander Nako. Sie ſchrieb ihm, ſie habe gehört, der alte Graf habe ſie in ſeinem Teſtamente reichlich bedacht. Sie wünſche die Mitteilung dieſes Teſtamentes. Graf Alexander Nako antwortete ihr, ſie befinde ſich bezüglich des Teſtamentes in einem Irrtum. Hierauf erhielt Graf Nako von Polonyi ein Schreiben, in welchem dieſer den Grafen erſuchte, ihn in ſeiner Kanzlei zu beſuchen. Da Graf Nako dieſer Ein- ladung keine Folge leiſtete, wurde brieflich verhandelt und in dieſer Sache drei oder vier Briefe gewechſelt. Später ſuchte Polonyi den Grafen Alexander Nako auf und teilte ihm mit, daß die Beke eine Erhöhung ihres Jahrgeldes auf 12.000 Kronen fordere. Er werde aber darauf hinwirken, daß ſie ſich mit 6000 Kronen begnüge. Sodann befragt der Präſident den Zeugen über jene Schritte, die Polonyi als Juſtizminiſter bei dem Gouverneur behufs Erlangung ſeiner Ehrenerklärung getan hat. Graf Nako erklärt, Polonyi habe ihn erſucht, zu erklären, daß die in den Blättern erſchienenen Anſchuldigungen betreffs ſeiner Intervention für Eliſabeth Beke unwahr ſeien. Er habe damals eine Erklärung abgegeben, die jedoch von Polonyi als ungenügend betrachtet worden ſei. 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Zeuge habe hierauf in Gegenwart des Miniſterpräſidenten den damaligen Inſtizminiſter zur Rede geſtellt. Polonyi habe erwidert, nicht er habe dies behauptet, ſondern dies ſei die Information der Beke. Im weiteren Verlaufe der Verhandlung wurde der Miniſter des Innern Graf Julius Andraſſy als Zeuge ver- hörte. Der Vorſitzende richtete an ihn die Frage, ob Gou- verneur Graf Nako ſich je beklagt hätte, daß Polonyi in der Angelegenheit Beke erpreſſeriſch vorgegangen ſei. Mi- niſter Graf Andraſſy: Das hat er mir nicht mitgeteilt. Ich 25. Folge. Nachdruck verboten. Die Sierramühle. Von Bret Harte. Collinſon war an dieſem Nachmittag ganz beſonders zerſtreut und in ſeine Träumereien verſunken; am Holz- haufen ſtand er auf die Axt geſtützt ſo tief in Gedanken, daß eine ſmaragdgrüne Eidechſe keck auf den Holzklotz ſchlüpfte und im Gefühl ihrer Sicherheit zu ſchlafen begann. Mit Einbruch der Nacht erhob ſich der Wind wie ein fernes am Berg entlang ziehendes Summen. Dann ſchüttelte er die Gipfel der hohen Rotſandelholzbäume hinter der Mühle, ohne indeſſen die Mühle ſelbſt oder die trockenen Blätter im Flußbett zu berühren. Später wurde das Summen anhaltender, bis es dem ruheloſen Grollen eines fernen Meeres glich, und endlich tobte der Wind auch die Bergſeite hinab. Er trieb den Rauch den kurzen Schornſtein der Mühle herunter, rumorte in den von der Sonne verzogenen Schindeln des Daches, traf die Sparren im Innern mit ſeinem kühlen Hauch und heulte um die Vorſprünge der roh gezimmerten Dachtraufen. Um neun Uhr wickelte ſich Collinſon, wie es ſeine Ge- wohnheit war, vor dem Feuer in ſeine Decken und ſchlief ein. Mitternacht war vorüber, als ihn das bekannte Poltern des Gerölls den Abhung herunter weckte. Es klang, als ob ein ganzes Heer in ungeſtümem Lauf rings gegen die Mühle anſtürmte; dann folgte ein ſchwerer Stoß gegen die Tür, wie er ihn ſchon einmal gehört hatte. Er glaubte nichts Ungewöhnliches darin zu erkennen und drehte ſich auf die andere Seite, um weiter zu ſchlafen. Diesmal aber fiel die Tür krachend aus den Angeln; ein Mann trat zu ihm, die Gewehrmündung nach ſeinem Kopf richtend. Im Nu ſprang Collinſon ſeitwärts nach ſeiner Waffe, welche am Herde lehnte. Dieſe Bewegung wäre vielleicht ſchon in der nächſten Sekunde ſeine letzte ge- weſen und kein Sterblicher hätte je Seth Collinſons Einſamkeit wieder unterbrochen, wäre nicht das Gewehr des zuerſt Eingetretenen von einem zweiten Mann ſchnell in die Höhe geſchlagen worden und der einzige Schuß, welcher in dieſer Nacht fiel, harmlos in das Dach ge- gegangen. Gleichzeitig fühlte Collinſon ſeine Arme gepackt und feſt nach hinten gezogen. Durch den Rauch ſah er undeutlich, daß maskierte und bewaffnete Leute das Zimmer füllten. Im nächſten Augenblick wurde er ge- knebelt und auf ſeinen Lehnſtuhl geworfen. Auf ein Zeichen verließen drei der Männer die Schenkſtube und Collinſon hörte, wie ſie die andern Räume und Neben- gebäude durchſuchten. Dann traten die beiden Leute, welche ihn geknebelt hatten und noch neben ihm ſtanden, mit einem gewiſſen ſoldatiſchen Reſpekt vor einem Mann mit glattem Kinn zurück, der durch die offene Tür herein- ſchritt. Er goß ſich am Schenktiſch ein Glas Whisky ein, leerte es bedächtig und ſtellte ſich dann Collinſon gegen- über. Nachläſſig gegen den Herd gelehnt und die eine Hand leicht auf ſeine Hüfte geſtützt, räuſperte er ſich. Wäre Collinſon ein ſchärferer Beobachter geweſen, ſo würde er bemerkt haben, wie die beiden Männer in ſeiner Nähe plötzlich mit einer gewiſſen ergebungsvollen Miene die Köpfe ſenkten und einen ungeduldigen Seufzer zu unter- drücken ſchienen, und wäre er Zeuge des Poſtraubes ge- weſen, ſo würde er in dem Glattraſierten den „Redner“ wiedererkannt haben. Er ſah ihn aber nur mit ſeinem Blick voll ſtumpfer, unerſchütterlicher Geduld an. Wir bedanern unendlich, daß wir gezwungen waren, gegen einen Ehrenmann in ſeinem eigenen Hauſe Gewalt zu brauchen, begann der Redner mild. Umſomehr halten wir es für unſere Pflicht, der Wiederholung eines ſo be- klagenswerten Vorfalls, wie er ſich bei unſerem Eintritt zutrug, vorzubeugen. Sie können uns darin ſehr unter- ſtützen, indem Sie uns einige Fragen beantworten, und wir empfinden die tiefſte Dankbarkeit, daß Sie dazu noch imſtande ſind — was vor einigen Augenblicken außer- ordentlich unwahrſcheinlich ſchien. Er hielt inne, huſtete und lehnte ſich an den Herd zurück. Wieviele Männer außer Ihnen befinden ſich hier? Nicht ’n einziger, ſagte Collinſon. Der Fragende ſah die drei Leute an, welche vor- her hinausgegangen waren und eben zurückkamen. Sie nickten zuſtimmend. Gut! Sie haben die Wahrheit geſagt — eine vor- treffliche Gewohnheit, welches jedes Geſchäft beſchleu- nigt. — Nun, antworten Sie ebenſo aufrichtig — gibt es ein Zimmer in dieſem Hauſe mit einer verſchließbaren Tür? Nein. Auch keinen Keller oder ſonſtigen Raum? Nein. Das tut uns leid, denn wir werden nun, ganz gegen unſere Abſicht, gezwungen ſein, Sie vorläufig ge- bunden zu laſſen. Die Sache iſt nämlich die: Umſtände ſehr dringender Natur nötigen uns, dieſes Haus für einige Tage in Beſitz zu nehmen — vielleicht auf unbe- ſtimmte Zeit. Wir achten jedoch die heiligen Geſetze der Gaſtfreundſchaft zu hoch, um Sie hinauszuwerfen. Nichts könnte unſer Gefühl mehr verletzen, als wenn ſich dergleichen entehrende Gerüchte über uns in den ritter- lichen Sierras verbreiteten. Wir müſſen Sie daher in ſtrenger Gefangenſchaft halten, wenn Sie es ablehnen, uns Ihr Beſitztum, wie es ſteht und liegt, für — ſagen wir 500 Dollars — zu verkaufen. Wir würden Sie in dem Fall freundlichſt erſuchen, ſich einem Warentransport anzuſchließen, welcher morgen früh durch das untere Tal nach dem Thompſonpaß aufbrechen wird. Doch müßten wir zur Bedingung machen, daß Sie geloben, den Staat auf drei Monate zu verlaſſen und dieſe Angelegenheit geheim zu halten. Drei von dieſen Herren werden mit Ihnen gehen, um Ihre werte Perſon zu bewachen und Sie — wenn nötig — mit ihren Gewehren an Ihr Verſprechen zu erinnern. (Fortſetzung folgt.)

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z)

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 117, Wien, 28.04.1908, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost117_1908/7>, abgerufen am 21.11.2024.