Reichspost. Nr. 179, Wien, 08.08.1905.Wien, Dienstag Reichspost 8. August 1905 179 [Spaltenumbruch] zu demolieren oder in Nevy-sur-Seille eine Lieb- In Paris haben die Freidenker noch ein anderes Köstlich ist es, daß der Aufruf zur Feier mit den Worten Die Regierung hat sich inzwischen bei be- Jedoch der Klerus ist leider nicht immer tadel- Doch um bei den Ordensverleihungen zu bleiben: Trotzdem können die heftigsten Kirchenfeinde Politische Kundschau. Oesterreich-Ungarn. Wien, 7. August. Zwei bemerkeuswerte Besuche in Ischl. Ministerpräsident Dr. Baron Gautsch Minenleger Dr. Stransky. Der jüdische [Spaltenumbruch] Napoleon am 21. Mai unterhalb Wiens den Da also Napoleon bei Aspern nicht vernichtet Erzherzog Karl wollte also den Gegner auf Mit Erstaunen hörten die Korpskommandanten Wien, Dienstag Reichspoſt 8. Auguſt 1905 179 [Spaltenumbruch] zu demolieren oder in Nevy-sur-Seille eine Lieb- In Paris haben die Freidenker noch ein anderes Köſtlich iſt es, daß der Aufruf zur Feier mit den Worten Die Regierung hat ſich inzwiſchen bei be- Jedoch der Klerus iſt leider nicht immer tadel- Doch um bei den Ordensverleihungen zu bleiben: Trotzdem können die heftigſten Kirchenfeinde Politiſche Kundſchau. Oeſterreich-Ungarn. Wien, 7. Auguſt. Zwei bemerkeuswerte Beſuche in Iſchl. Miniſterpräſident Dr. Baron Gautſch Minenleger Dr. Stransky. Der jüdiſche [Spaltenumbruch] Napoleon am 21. Mai unterhalb Wiens den Da alſo Napoleon bei Aſpern nicht vernichtet Erzherzog Karl wollte alſo den Gegner auf Mit Erſtaunen hörten die Korpskommandanten <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Wien, Dienstag Reichspoſt 8. 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Beſagter Herr Dolet wurde im Jahre<lb/> 1509 zu Orleans geboren und im Jahre 1546 von<lb/> der Sorbonne und dem Pariſer Parlament wegen<lb/> häretiſcher Schriften, in welchen er den Atheismus<lb/> und Materialismus verteidigte, zum Tode verurteilt.<lb/> In Vollſtreckung des Urteiles wurde er am 5. Auguſt<lb/> aufgehängt und ſein Leichnam verbrannt. Für<lb/> dieſes Verdienſt errichtete ihm die Gemeinde Paris<lb/> auf dem Platz Maubert 1889 ein Monument, und<lb/> die Freidenker, verbunden mit den Sozialiſten,<lb/> führen nun um dasſelbe ihre Tänze auf.</p><lb/> <p>Köſtlich iſt es, daß der Aufruf zur Feier mit den Worten<lb/> ſchließt: <hi rendition="#aq">Vive la séparation des églises de l’état!</hi> „Es<lb/> lebe die Trennung der Kirchen vom Staate!“ Sollte<lb/> das vielleicht eine Aenderung des Programmes be-<lb/> deuten? 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Juli, am Tage des Nationalfeſtes,<lb/> pflegt jährlich ein ausgiebiger Ordensregen die<lb/> Männer der Republik zu beglücken. Wie man<lb/> erſt jetzt der offiziellen Liſte entnehmen kann, wurden<lb/> zu Rittern der Ehrenlegion ernannt: ein Pfarrer,<lb/> ein Paſtor — und ein Rabbiner. Abgeſehen davon,<lb/> daß die Proportionalität etwas wackelt, da Frankreich<lb/> mehr als 35 Millionen Katholiken und eine ver-<lb/><cb/> ſchwindend kleine Zahl von Proteſtanten und Juden<lb/> zählt, wäre noch die Frage zu erwägen, ob ein<lb/> katholiſcher Pfarrer vom gegenwärtigen Regime<lb/> überhaupt eine Dekoration annehmen darf. Jeden-<lb/> falls wäre es ehrenhafter dieſe Gnade zurückzu-<lb/> weiſen.</p><lb/> <p>Jedoch der Klerus iſt leider nicht immer tadel-<lb/> los. So veröffentlicht die „Libre parole“ kürzlich<lb/> eine Reihe von Zuſchriften verſchiedener Landpfarrer,<lb/> in welchen, ſtatt daß ſie in Hinblick auf die gegen-<lb/> wärtige Lage die Katholiken zu mutiger Verteidigung<lb/> und Einigung aufforderten, nichts als troſtloſe ver-<lb/> zweifelte Klagen zu hören waren: „Wenn kein<lb/> Wunder geſchieht,“ ſchreibt einer, „ſo iſt<lb/> die Religion in Frankreich fertig.“ Ein<lb/> anderer geht noch weiter: „Eine Reaktion<lb/> iſt unmöglich! Bevor ein Vierteljahrhundert ver-<lb/> gangen iſt, wird die Kirche in Frankreich vorbei ſein,<lb/> vernichtet von einem ſklaviſchen Klerus, der ſich nur<lb/> um ſeinen Vorteil kümmert!“ Derartige Verzagtheit<lb/> im Klerus entmutigt die Katholiken, die gerade jetzt<lb/> eifrig arbeiten und — leider — vielfach bei den<lb/> Berufenen nicht die nötige Unterſtützung finden.</p><lb/> <p>Doch um bei den Ordensverleihungen zu bleiben:<lb/> Es wurde auch der frühere Generalgouverneur von<lb/> Algier, Revoil, zum Kommandeur der Ehrenlegion<lb/> ernannt auf Grund eines nun ſchon zweieinhalb Jahre<lb/> alten Dekretes vom 2. März 1903. Monſieur Combes<lb/> hatte ſich nämlich geweigert, dieſe Ernennung zu be-<lb/> ſtätigen, weil Herr Revoil der Neffe des Redakteurs<lb/> Baragnon iſt, der zuerſt die famoſe Kartäuſer-<lb/> Millionenaffäre des Herrn Combes vor der Oeffent-<lb/> lichkeit zur Sprache brachte. Einem Offizier, Vater<lb/> von acht Kindern, der das Kreuz der Ehrenlegion<lb/> vor drei Jahren hätte erhalten ſollen, wurde es erſt<lb/> heuer verliehen, weil er — in die Kirche ging und<lb/> deshalb von den Freimaurern denunziert worden war.</p><lb/> <p>Trotzdem können die heftigſten Kirchenfeinde<lb/> mitunter die Kirche nicht ganz entbehren. Einer von<lb/> dieſer Sorte, der Quäſtor des Senats Bonnefoy<lb/> Sibour, hat für ſeine Tochter ausdrücklich<lb/> die kirchliche Trauung gewünſcht und ſogar<lb/><hi rendition="#aq">horribile dictu!</hi> — derſelben beigewohnt. Wenn ihn<lb/> nur nicht der hohe Rat des Freimaurerordens in<lb/> Acht und Bann erklärt? Ein Gleiches könnte übrigens<lb/> dem König von Spanien paſſieren. Denn daß er im<lb/> Automobil fährt, iſt ja ganz recht, daß er über die<lb/> Grenze nach Frankreich kommt, iſt noch netter, daß<lb/> er nach Lourdes kam, das iſt ſchon ein bischen<lb/> heikler, daß er dort einer Meſſe beiwohnte, iſt ent-<lb/> ſchieden „klerikal“ (an einem Wochentage auch noch!),<lb/> daß er von der Menge ſtürmiſch akklamiert und vom<lb/> Biſchof begrüßt wurde, läßt auf ein royaliſtiſch-<lb/><cb/> klerikales Komplott ſchließen, daß er aber gar eine<lb/> Flaſche Waſſer von der Lourdes-Quelle mitnahm,<lb/> das iſt einfach unerhört! Es war ein Glück für ihn,<lb/> daß er noch am ſelben Tage nach Spanien zurück-<lb/> kehrte.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Politiſche Kundſchau.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Oeſterreich-Ungarn.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Wien,</hi> 7. 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Gautſch,<lb/> welcher in Begleitung des Miniſterialkonzipiſten<lb/> Grafen Attems hier eingetroffen iſt, wurde um<lb/> 11 Uhr vormittags von Sr. Majeſtät in Audienz<lb/> empfangen und wird nachmittags am Allerhöchſten<lb/> Familiendiner teilnehmen.</p> </div><lb/> <div xml:id="minenleger1" next="#minenleger2" type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Minenleger Dr. Stransky.</hi> </head> <p>Der jüdiſche<lb/> Jungtſchechenführer in Mähren, Abgeordneter<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Stransky,</hi> benützt die Erledigung der<lb/> ſchleſiſchen Parallelklaſſenfrage, mit der ſich die<lb/> übrigen tſchechiſchen Politiker zufriedengeben —<lb/> ſie haben alle Urſache dazu — zu einem heftigen<lb/> Ausfall auf die dermalige Taktik des Jung-<lb/> tſchechenklubs. Dr. Stransky erklärt in ſeiner<lb/> „Lidove Noviny“, daß Abg. Hruby nicht bevoll-<lb/> mächtigt war, namens der Tſchechen dem Baron<lb/> Gautſch irgend eine Erklärung abzugeben. Dem<lb/> Baron Gautſch werde ein ſolches Vergnügen nicht<lb/> mehr zuteil werden, weil ihm nicht mehr werde<lb/> Gelegenheit geboten werden, die tſchechiſchen Ab-<lb/> geordneten „anzuſchmieren“. Schon heute könne<lb/> erklärt werden, daß der Tſchechenklub noch heuer<lb/><hi rendition="#g">geſprengt</hi> werde, da ein Teil der Abgeord-<lb/> neten der mähriſchen Wahlbezirke, von den<lb/> Reizen des Barons Gautſch nicht geblendet, ſeine<lb/> eigenen Wege gehen werde. — Man ſieht, Abg.<lb/> Dr. Stransky arbeitet mit Händen und Füßen,<lb/> um aus der Kaltſtellung, in die er geraten iſt,<lb/> wieder herauszukommen. Ob ihm die mähriſchen<lb/> Jungtſchechen auf dem Wege der Scharfmacherei<lb/> folgen werden? Was ſoll man ſich übrigens über<lb/> den plötzlichen radikalen Anfall Dr. Stranskys<lb/> denken, wenn in Prag, wie eine Prager Depeſche<lb/> beſagt, das Gerücht verbreitet iſt, daß Doktor<lb/> Stransky ſein Organ, das Brünner Blatt<lb/> „Lidove Noviny“, verkaufen wolle und zum<lb/> Leiter des neuen jungtſchechiſchen großen Tag-<lb/> blattes berufen werden ſoll! Die Finanzierung<lb/> des neuen Blattes ſoll von der <hi rendition="#aq">»Zivnostenska<lb/> banka«</hi> durchgeführt werden. Will man Doktor<lb/> Stransky ſaturieren, damit er endlich ſeinen<lb/> Mund hält, oder ſchreit Dr. Stransky ſo laut,</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div next="#weltgeschichte3" xml:id="weltgeschichte2" prev="#weltgeschichte1" type="jArticle" n="2"> <p>Napoleon am 21. Mai unterhalb Wiens den<lb/> breiten Strom überſchritt, ohne die Nähe des ihm<lb/><hi rendition="#g">weit überlegenen feindlichen Heeres<lb/> zu ahnen,</hi> und die nördlich der Inſel Lobau<lb/> liegenden Dörfer Aſpern und Eßling beſetzte. Erſt<lb/> am Nachmittag begann Karl mit dem Angriff<lb/> auf die Dörſer, welche die Franzoſen unter<lb/> Maſſena und Lanne mit ungeheurer Zähigkeit<lb/> verteidigten, während die tapferen Oeſterreicher<lb/> Sturm auf Sturm unternahmen ... Der Ober-<lb/> befehlshaber ſetzte das in Reſerve ſtehende<lb/> Grenadierkorps nicht ein. So erreichte er nicht,<lb/> was er mit ſeiner Uebermacht, 87.000 Mann und<lb/> 258 Geſchütze gegen etwa 32.000 Mann und<lb/> 48 Geſchütze bei größerer Planmäßigkeit und<lb/> Kraft der Leitung <hi rendition="#g">unbedingt hätte er-<lb/> reichen müſſen,</hi> daß der Gegner, nachdem er<lb/> ungehindert über den Strom gekommen war,<lb/> in dieſen zurückgeworfen und vernichtet wurde.<lb/> In der Nacht ſtellten die Franzoſen die von den<lb/> Wogen zerſtörte Brücke wieder her, nahmen in<lb/> der Frühe des 22. Mai das verlorene Aſpern<lb/> wieder und ſchritten nun in der Stärke von<lb/> 63.000 Mann ihrerſeits ſo kräftig zum Angriff,<lb/> daß Erzherzog Karl an Rückzug dachte und nur auf<lb/> das Drängen anderer Generale die tags zuvor nicht<lb/> verwandten Grenadierbataillone zur Wieder-<lb/> herſtellung des Gleichgewichtes eingreifen ließ.<lb/> Tapfer warf er ſich im Augenblicke der Gefahr<lb/> ſelbſt in den wogenden Kampf, brach ihn aber,<lb/> ohne ihn zum wirklichen Sieg fortzuführen, vor-<lb/> zeitig ab, obgleich er noch Truppen zur letzten<lb/> Entſcheidung verfügbar hatte, während dem<lb/> Gegner die abermalige Zerſtörung der Brücke<lb/> jede Ausſicht auf Nachſchub abſchnitt. Es war,<lb/> als ob der zum Siegen Auserſehene nicht hätte<lb/> ſiegen <hi rendition="#g">wollen. Tatſächlich betrachtete<lb/> Karl die ganze Schlacht nur als<lb/><cb/> Verteidigungskampf</hi> und ließ ſich ſo die<lb/><hi rendition="#g">beſte</hi> Gelegenheit entgehen, welche die Umſtände<lb/> je einem Gegner Napoleons in die Hände gaben,<lb/> einen entſcheidenden Sieg, ja den Vernichtungs-<lb/> ſieg zu erringen. Für die <hi rendition="#g">bloße Abwehr</hi><lb/> waren die Opfer zu koſtbar, 24.000 Mann,<lb/> während Napoleon wohl gegen 18.000 Mann<lb/> verlor“.</p><lb/> <p>Da alſo Napoleon bei Aſpern nicht vernichtet<lb/> worden, hat der Herr königliche Gymnaſialdirektor<lb/> wenigſtens den Erzherzog Karl vernichtet. Wie ver-<lb/> halten ſich zu ſeiner Darſtellung die Tatſachen?<lb/> Berichtigen wir zuerſt die Stärkeverhältniſſe, da<lb/> Widmann behauptet, dem Heere Napoleons<lb/> ſei auf dem linken Ufer der Donau ein weit<lb/> überlegenes Heer gegenüber geſtanden. Die Mitte<lb/> Mai bei Wien verſammelte Armee Napoleons<lb/> zählte, beſtehend aus kaiſerlichen Garden, dem 6.<lb/> Kavalleriekorps und dem 2., 3. und 4. Armee-<lb/> korps 105.900 Mann, 14.000 Reiter und 181<lb/> Geſchütze, die öſterreichiſche Armee 105.500<lb/> Mann, 16,200 Reiter und 447 Geſchütze;<lb/> Napoleon hatte am 22. Mai morgens nach<lb/> dem erſten Schlachttage 73.430 Mann und<lb/> 10.230 Reiter mit 126 Geſchützen über die<lb/> Donau gebracht, nachdem die Oeſterreicher<lb/> 80.000 Mann und 15.020 Reiter und 300 Ge-<lb/> ſchütze in Aktion gebracht hatten. Die Schlacht<lb/> war von Anfang an nicht eine Defenſiv- ſondern<lb/> eine <hi rendition="#g">Angriffsſchlacht</hi> der Oeſterreicher nach dem<lb/> Plane Erzherzog Karls, der in ſeiner Angriffs-<lb/> diſpoſition ausdrücklich es als die Hauptabſicht<lb/> erklärt, „den Feind ganz über die erſten Arme<lb/> der Donau zurückzuſchlagen, ſeine Brücken über<lb/> ſolche zu zerſtören und das Ufer der Lobau mit<lb/> einer zahlreichen Artillerie, beſonders Haubitzen,<lb/> zu beſetzen“.</p><lb/> <p>Erzherzog Karl wollte alſo den Gegner auf<lb/><cb/> der Lobau einſperren, nachdem er ihn zuerſt über<lb/> den Strom gelaſſen, und ihn dann auf der Inſel<lb/> durch ein ſtarkes Artilleriefeuer vernichten.</p><lb/> <p>Mit Erſtaunen hörten die Korpskommandanten<lb/> am Morgen des 21. Mai, als ſie ſich um 10 Uhr<lb/> in Gerasdorf vor dem Erzherzog verſammelten,<lb/> daß aus der von ihnen erwarteten Verteidigungs-<lb/> ſchlacht nach der Abſicht des Armeeführers ein<lb/> Angriff werden ſollte. Zwei Stunden ſpäter ſetzte<lb/> ſich das ganze öſterreichiſche Heer gegen den<lb/> Feind, deſſen Uebergang man bis kurz zuvor von<lb/> Nußdorf aus erwartet hatte, in Bewegung. Die<lb/> geſamte Reſerve Erzherzog Karls, die Grenadier-<lb/> regimenter, deren Eingreifen Widmann als ent-<lb/> ſcheidend erachtet hätte, betrug 17 Bataillone, alſo<lb/> nur 8800 Mann, das Minimum einer Reſerve,<lb/> die ſehr begreiflicherweiſe für den zweiten Schlachttag<lb/> aufgeſpart wurde. Auch am zweiten Tage, gegenüber<lb/> dem dritten Durchbruchsverſuche Napoleons, bleibt<lb/> es Befehl des Erzherzog Karl, Aſpern zu nehmen,<lb/> „es koſte, was es wolle“. Von einem Zögern<lb/> keine Spur, obwohl Napoleon ſchon frohlockt und<lb/> den Sieg ſchon in ſeiner Hand wähnt. Um 9 Uhr am<lb/> Pfingſtmontag entſchließt Napoleon ſich zum Rückzug,<lb/> um 10 Uhr läßt Erzherzog Karl gegen ihn die<lb/> Armeereſerve eingreifen, die jedoch unter ſchweres<lb/> Feuer, von Eßlingen hervor, gerät und durch den<lb/> Sturz ihres Führers FML. d’Aſpre in Verwirrung<lb/> kommt, von Erzherzog Karl aber wieder geſammelt<lb/> wird, um vorerſt Eßlingen zu nehmen. Mittags<lb/> ordnete Napoleon den Rückzug über die Lobau an,<lb/> eine Bewegung, die von dem öſterreichiſchen<lb/> Heere nur <hi rendition="#g">deshalb</hi> nicht ausgenützt werden<lb/> konnte, weil ſchon ſeit vormittags empfindlicher<lb/><hi rendition="#g">Munitionsmangel</hi> eingetreten war — es waren<lb/> pro Geſchütz 170 Schuß abgegeben worden! —<lb/> und ein plötzliches Steigen der Donau und die<lb/> Ueberſchwemmung der waldigen Uferauen die Ver-</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Wien, Dienstag Reichspoſt 8. Auguſt 1905 179
zu demolieren oder in Nevy-sur-Seille eine Lieb-
frauenſtatue von der Brücke in den Fluß zu werfen.
In Paris haben die Freidenker noch ein anderes
Vergnügen entdeckt. Für September iſt von ihnen
die Enthüllung des Denkmals für den Chevalier
de la Barre, einen gänzlich unbekannten Herrn, der
vor 150 Jahren die Todesſtrafe wegen Gottesleugnung
nach damaligen Geſetzen erlitt, in Ausſicht genommen.
Doch was würde man bis dorthin anfangen? Große
Plakate luden deshalb in den letzten Tagen alle Mit-
bürger ein zur „großen antireligiöſen Manifeſtation“,
welche Sonntag den 6. d. M., 2 Uhr nachmittags,
auf dem Platz Maubert zu Ehren „Etienne Dolets“
ſtattfindet. Beſagter Herr Dolet wurde im Jahre
1509 zu Orleans geboren und im Jahre 1546 von
der Sorbonne und dem Pariſer Parlament wegen
häretiſcher Schriften, in welchen er den Atheismus
und Materialismus verteidigte, zum Tode verurteilt.
In Vollſtreckung des Urteiles wurde er am 5. Auguſt
aufgehängt und ſein Leichnam verbrannt. Für
dieſes Verdienſt errichtete ihm die Gemeinde Paris
auf dem Platz Maubert 1889 ein Monument, und
die Freidenker, verbunden mit den Sozialiſten,
führen nun um dasſelbe ihre Tänze auf.
Köſtlich iſt es, daß der Aufruf zur Feier mit den Worten
ſchließt: Vive la séparation des églises de l’état! „Es
lebe die Trennung der Kirchen vom Staate!“ Sollte
das vielleicht eine Aenderung des Programmes be-
deuten? Denn bis jetzt richtete ſich der Kampf einzig
und allein gegen eine Kirche, gegen die katholiſche,
während man die proteſtantiſche ruhig Proſelyten
machen ließ und die Juden offen begünſtigte. Wie
wäre es ſonſt möglich, daß in einer kommunalen
Schule täglich die Rabbiner aus- und eingehen? Im
vierten Arrondiſſement, rue des Hospitalières,
St. Gervais, befindet ſich eine Schule, deren Lehr-
kräfte und Schüler faſt durchwegs Juden ſind. Das
iſt erlaubt. Unerlaubt iſt, daß regelmäßig die Rabbiner
dieſe Schule aufſuchen und die Schüler ermahnen,
dem Gottesdienſt in der Synagoge beizuwohnen.
Welches Geſchrei würden ſämtliche Blätter des Block
erheben, wenn ein katholiſcher Prieſter dergleichen
wagte!
Die Regierung hat ſich inzwiſchen bei be-
ſtimmten Anläſſen eine ſchöne Symmetrie zurecht-
gelegt: Am 14. Juli, am Tage des Nationalfeſtes,
pflegt jährlich ein ausgiebiger Ordensregen die
Männer der Republik zu beglücken. Wie man
erſt jetzt der offiziellen Liſte entnehmen kann, wurden
zu Rittern der Ehrenlegion ernannt: ein Pfarrer,
ein Paſtor — und ein Rabbiner. Abgeſehen davon,
daß die Proportionalität etwas wackelt, da Frankreich
mehr als 35 Millionen Katholiken und eine ver-
ſchwindend kleine Zahl von Proteſtanten und Juden
zählt, wäre noch die Frage zu erwägen, ob ein
katholiſcher Pfarrer vom gegenwärtigen Regime
überhaupt eine Dekoration annehmen darf. Jeden-
falls wäre es ehrenhafter dieſe Gnade zurückzu-
weiſen.
Jedoch der Klerus iſt leider nicht immer tadel-
los. So veröffentlicht die „Libre parole“ kürzlich
eine Reihe von Zuſchriften verſchiedener Landpfarrer,
in welchen, ſtatt daß ſie in Hinblick auf die gegen-
wärtige Lage die Katholiken zu mutiger Verteidigung
und Einigung aufforderten, nichts als troſtloſe ver-
zweifelte Klagen zu hören waren: „Wenn kein
Wunder geſchieht,“ ſchreibt einer, „ſo iſt
die Religion in Frankreich fertig.“ Ein
anderer geht noch weiter: „Eine Reaktion
iſt unmöglich! Bevor ein Vierteljahrhundert ver-
gangen iſt, wird die Kirche in Frankreich vorbei ſein,
vernichtet von einem ſklaviſchen Klerus, der ſich nur
um ſeinen Vorteil kümmert!“ Derartige Verzagtheit
im Klerus entmutigt die Katholiken, die gerade jetzt
eifrig arbeiten und — leider — vielfach bei den
Berufenen nicht die nötige Unterſtützung finden.
Doch um bei den Ordensverleihungen zu bleiben:
Es wurde auch der frühere Generalgouverneur von
Algier, Revoil, zum Kommandeur der Ehrenlegion
ernannt auf Grund eines nun ſchon zweieinhalb Jahre
alten Dekretes vom 2. März 1903. Monſieur Combes
hatte ſich nämlich geweigert, dieſe Ernennung zu be-
ſtätigen, weil Herr Revoil der Neffe des Redakteurs
Baragnon iſt, der zuerſt die famoſe Kartäuſer-
Millionenaffäre des Herrn Combes vor der Oeffent-
lichkeit zur Sprache brachte. Einem Offizier, Vater
von acht Kindern, der das Kreuz der Ehrenlegion
vor drei Jahren hätte erhalten ſollen, wurde es erſt
heuer verliehen, weil er — in die Kirche ging und
deshalb von den Freimaurern denunziert worden war.
Trotzdem können die heftigſten Kirchenfeinde
mitunter die Kirche nicht ganz entbehren. Einer von
dieſer Sorte, der Quäſtor des Senats Bonnefoy
Sibour, hat für ſeine Tochter ausdrücklich
die kirchliche Trauung gewünſcht und ſogar
horribile dictu! — derſelben beigewohnt. Wenn ihn
nur nicht der hohe Rat des Freimaurerordens in
Acht und Bann erklärt? Ein Gleiches könnte übrigens
dem König von Spanien paſſieren. Denn daß er im
Automobil fährt, iſt ja ganz recht, daß er über die
Grenze nach Frankreich kommt, iſt noch netter, daß
er nach Lourdes kam, das iſt ſchon ein bischen
heikler, daß er dort einer Meſſe beiwohnte, iſt ent-
ſchieden „klerikal“ (an einem Wochentage auch noch!),
daß er von der Menge ſtürmiſch akklamiert und vom
Biſchof begrüßt wurde, läßt auf ein royaliſtiſch-
klerikales Komplott ſchließen, daß er aber gar eine
Flaſche Waſſer von der Lourdes-Quelle mitnahm,
das iſt einfach unerhört! Es war ein Glück für ihn,
daß er noch am ſelben Tage nach Spanien zurück-
kehrte.
Politiſche Kundſchau.
Oeſterreich-Ungarn.
Wien, 7. Auguſt.
Zwei bemerkeuswerte Beſuche in
Iſchl. Miniſterpräſident Dr. Baron Gautſch
und der Chef des Generalſtabs Baron Beck ſind
im Verlaufe des geſtrigen Nachmittags in Iſchl
eingetroffen. — Aus Iſchl, 7. Auguſt, wird tele-
graphiert: Miniſterpräſident Dr. Freiherr v. Gautſch,
welcher in Begleitung des Miniſterialkonzipiſten
Grafen Attems hier eingetroffen iſt, wurde um
11 Uhr vormittags von Sr. Majeſtät in Audienz
empfangen und wird nachmittags am Allerhöchſten
Familiendiner teilnehmen.
Minenleger Dr. Stransky. Der jüdiſche
Jungtſchechenführer in Mähren, Abgeordneter
Dr. Stransky, benützt die Erledigung der
ſchleſiſchen Parallelklaſſenfrage, mit der ſich die
übrigen tſchechiſchen Politiker zufriedengeben —
ſie haben alle Urſache dazu — zu einem heftigen
Ausfall auf die dermalige Taktik des Jung-
tſchechenklubs. Dr. Stransky erklärt in ſeiner
„Lidove Noviny“, daß Abg. Hruby nicht bevoll-
mächtigt war, namens der Tſchechen dem Baron
Gautſch irgend eine Erklärung abzugeben. Dem
Baron Gautſch werde ein ſolches Vergnügen nicht
mehr zuteil werden, weil ihm nicht mehr werde
Gelegenheit geboten werden, die tſchechiſchen Ab-
geordneten „anzuſchmieren“. Schon heute könne
erklärt werden, daß der Tſchechenklub noch heuer
geſprengt werde, da ein Teil der Abgeord-
neten der mähriſchen Wahlbezirke, von den
Reizen des Barons Gautſch nicht geblendet, ſeine
eigenen Wege gehen werde. — Man ſieht, Abg.
Dr. Stransky arbeitet mit Händen und Füßen,
um aus der Kaltſtellung, in die er geraten iſt,
wieder herauszukommen. Ob ihm die mähriſchen
Jungtſchechen auf dem Wege der Scharfmacherei
folgen werden? Was ſoll man ſich übrigens über
den plötzlichen radikalen Anfall Dr. Stranskys
denken, wenn in Prag, wie eine Prager Depeſche
beſagt, das Gerücht verbreitet iſt, daß Doktor
Stransky ſein Organ, das Brünner Blatt
„Lidove Noviny“, verkaufen wolle und zum
Leiter des neuen jungtſchechiſchen großen Tag-
blattes berufen werden ſoll! Die Finanzierung
des neuen Blattes ſoll von der »Zivnostenska
banka« durchgeführt werden. Will man Doktor
Stransky ſaturieren, damit er endlich ſeinen
Mund hält, oder ſchreit Dr. Stransky ſo laut,
Napoleon am 21. Mai unterhalb Wiens den
breiten Strom überſchritt, ohne die Nähe des ihm
weit überlegenen feindlichen Heeres
zu ahnen, und die nördlich der Inſel Lobau
liegenden Dörfer Aſpern und Eßling beſetzte. Erſt
am Nachmittag begann Karl mit dem Angriff
auf die Dörſer, welche die Franzoſen unter
Maſſena und Lanne mit ungeheurer Zähigkeit
verteidigten, während die tapferen Oeſterreicher
Sturm auf Sturm unternahmen ... Der Ober-
befehlshaber ſetzte das in Reſerve ſtehende
Grenadierkorps nicht ein. So erreichte er nicht,
was er mit ſeiner Uebermacht, 87.000 Mann und
258 Geſchütze gegen etwa 32.000 Mann und
48 Geſchütze bei größerer Planmäßigkeit und
Kraft der Leitung unbedingt hätte er-
reichen müſſen, daß der Gegner, nachdem er
ungehindert über den Strom gekommen war,
in dieſen zurückgeworfen und vernichtet wurde.
In der Nacht ſtellten die Franzoſen die von den
Wogen zerſtörte Brücke wieder her, nahmen in
der Frühe des 22. Mai das verlorene Aſpern
wieder und ſchritten nun in der Stärke von
63.000 Mann ihrerſeits ſo kräftig zum Angriff,
daß Erzherzog Karl an Rückzug dachte und nur auf
das Drängen anderer Generale die tags zuvor nicht
verwandten Grenadierbataillone zur Wieder-
herſtellung des Gleichgewichtes eingreifen ließ.
Tapfer warf er ſich im Augenblicke der Gefahr
ſelbſt in den wogenden Kampf, brach ihn aber,
ohne ihn zum wirklichen Sieg fortzuführen, vor-
zeitig ab, obgleich er noch Truppen zur letzten
Entſcheidung verfügbar hatte, während dem
Gegner die abermalige Zerſtörung der Brücke
jede Ausſicht auf Nachſchub abſchnitt. Es war,
als ob der zum Siegen Auserſehene nicht hätte
ſiegen wollen. Tatſächlich betrachtete
Karl die ganze Schlacht nur als
Verteidigungskampf und ließ ſich ſo die
beſte Gelegenheit entgehen, welche die Umſtände
je einem Gegner Napoleons in die Hände gaben,
einen entſcheidenden Sieg, ja den Vernichtungs-
ſieg zu erringen. Für die bloße Abwehr
waren die Opfer zu koſtbar, 24.000 Mann,
während Napoleon wohl gegen 18.000 Mann
verlor“.
Da alſo Napoleon bei Aſpern nicht vernichtet
worden, hat der Herr königliche Gymnaſialdirektor
wenigſtens den Erzherzog Karl vernichtet. Wie ver-
halten ſich zu ſeiner Darſtellung die Tatſachen?
Berichtigen wir zuerſt die Stärkeverhältniſſe, da
Widmann behauptet, dem Heere Napoleons
ſei auf dem linken Ufer der Donau ein weit
überlegenes Heer gegenüber geſtanden. Die Mitte
Mai bei Wien verſammelte Armee Napoleons
zählte, beſtehend aus kaiſerlichen Garden, dem 6.
Kavalleriekorps und dem 2., 3. und 4. Armee-
korps 105.900 Mann, 14.000 Reiter und 181
Geſchütze, die öſterreichiſche Armee 105.500
Mann, 16,200 Reiter und 447 Geſchütze;
Napoleon hatte am 22. Mai morgens nach
dem erſten Schlachttage 73.430 Mann und
10.230 Reiter mit 126 Geſchützen über die
Donau gebracht, nachdem die Oeſterreicher
80.000 Mann und 15.020 Reiter und 300 Ge-
ſchütze in Aktion gebracht hatten. Die Schlacht
war von Anfang an nicht eine Defenſiv- ſondern
eine Angriffsſchlacht der Oeſterreicher nach dem
Plane Erzherzog Karls, der in ſeiner Angriffs-
diſpoſition ausdrücklich es als die Hauptabſicht
erklärt, „den Feind ganz über die erſten Arme
der Donau zurückzuſchlagen, ſeine Brücken über
ſolche zu zerſtören und das Ufer der Lobau mit
einer zahlreichen Artillerie, beſonders Haubitzen,
zu beſetzen“.
Erzherzog Karl wollte alſo den Gegner auf
der Lobau einſperren, nachdem er ihn zuerſt über
den Strom gelaſſen, und ihn dann auf der Inſel
durch ein ſtarkes Artilleriefeuer vernichten.
Mit Erſtaunen hörten die Korpskommandanten
am Morgen des 21. Mai, als ſie ſich um 10 Uhr
in Gerasdorf vor dem Erzherzog verſammelten,
daß aus der von ihnen erwarteten Verteidigungs-
ſchlacht nach der Abſicht des Armeeführers ein
Angriff werden ſollte. Zwei Stunden ſpäter ſetzte
ſich das ganze öſterreichiſche Heer gegen den
Feind, deſſen Uebergang man bis kurz zuvor von
Nußdorf aus erwartet hatte, in Bewegung. Die
geſamte Reſerve Erzherzog Karls, die Grenadier-
regimenter, deren Eingreifen Widmann als ent-
ſcheidend erachtet hätte, betrug 17 Bataillone, alſo
nur 8800 Mann, das Minimum einer Reſerve,
die ſehr begreiflicherweiſe für den zweiten Schlachttag
aufgeſpart wurde. Auch am zweiten Tage, gegenüber
dem dritten Durchbruchsverſuche Napoleons, bleibt
es Befehl des Erzherzog Karl, Aſpern zu nehmen,
„es koſte, was es wolle“. Von einem Zögern
keine Spur, obwohl Napoleon ſchon frohlockt und
den Sieg ſchon in ſeiner Hand wähnt. Um 9 Uhr am
Pfingſtmontag entſchließt Napoleon ſich zum Rückzug,
um 10 Uhr läßt Erzherzog Karl gegen ihn die
Armeereſerve eingreifen, die jedoch unter ſchweres
Feuer, von Eßlingen hervor, gerät und durch den
Sturz ihres Führers FML. d’Aſpre in Verwirrung
kommt, von Erzherzog Karl aber wieder geſammelt
wird, um vorerſt Eßlingen zu nehmen. Mittags
ordnete Napoleon den Rückzug über die Lobau an,
eine Bewegung, die von dem öſterreichiſchen
Heere nur deshalb nicht ausgenützt werden
konnte, weil ſchon ſeit vormittags empfindlicher
Munitionsmangel eingetreten war — es waren
pro Geſchütz 170 Schuß abgegeben worden! —
und ein plötzliches Steigen der Donau und die
Ueberſchwemmung der waldigen Uferauen die Ver-
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