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Reichspost. Nr. 280, Wien, 06.12.1894.

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Wien, Donnerstag Reichspost 6. December 280

[Spaltenumbruch]

und, wenn das katholische Volk sich nicht selbst auf-
giebt, so werden sie besser werden. Die Reihen der
Besserung kann man schon sehen. Das Ministerium
Wekerle-Szilagyi mag noch einen Schlußtriumph feiern,
sein Schicksal ist besiegelt. Mene, Tekel, Phares.
Man braucht kein chaldäischer Zeichendenter zu sein
um die Inschrift an der Wand richtig zu deuten.




Der österreichische Drummont.

Aron vulgo Alexander Scharf ist unter die "Cor-
ruptionsriecher" gegangen. Das ist wohl das sensa-
tionellste Ereigniß des vorgestrigen Tages. Aron Scharf
will in Wien ein Panama entdeckt haben, Aron Scharf
kämpft, Feder sträube dich nicht, an der Seite eines
Drummont, gegen den Drachen Panama.

Aber während Drummont durch seinen Zug gegen
das echte und originale Panama sich den Zorn und
den Haß des, im Lager der Finanzmächte stehenden
Theiles von Frankreich zuzog, arbeitete Aron Scharf
unter lebhafter und keineswegs schmeichelhafter Heiter-
keit der "Alpinisten". Worum es sich handelt, was
wir meinen? Das ist schnell erklärt.

Vorgestern fand eine Generalversammlung der
Alpinen Montangesellschaftstatt, bei der es sich um "Be-
schlußfassung über die Emission
von neuen Actien
handelte. Nachdem der
Generaldirector die Nothwendigkeit der vom Verwal-
tungsrathe vorgeschlagenen Operation "gründlich" dar-
gelegt hatte, meldete sich bei der daran schli[e]ßenden
Discussion, Aron Scharf zum Worte. Wenn wir dem,
in allen Fragen der "Börsentechnik" erfahrenen Ge-
währsmann Szeps glauben dürfen, so wäre Aron
Scharf das, was man einen "jungen Actionär" nennen
könnte.

Er erklärte, "daß er gegen die Emission der neuen
Actien protestire, denn dieselbe erinnere ihn
unwillkürlich an die -- Panama-Affaire.
(Unruhe.) Er protestire, obwohl er wisse, daß der
Protest in dieser Versammlung zwecklos sei; allein er
müsse protestiren, in der Erwägung, daß die Ver-
größerung des Actiencapitals einer Gesellschaft, wie
der Alpinen Montan-Gesellschaft, von höchst verderb-
lichen Consequenzen sein müsse. Bei dem derzeitigen
Zinsfuße habe eine Gesellschaft ganz andere Mittel,
um sich Credit zu verschaffen, als durch eine Emission
neuer Actien. Dem Antrage des Verwaltungsrathes
könne nur eine Börsenspeculation zu
Grunde liegen (Oho!), und er erkläre hiermit feierlich,
daß er sich seine Regreßansprüche an die Verwaltung
der Oesterreichischen Alpinen Montan-Gesellschaft vor-
behalte", worauf er, wie Szeps und nach ihm Andere
berichten, unter lebhafter Heiterkeit schloß, jedoch später
noch Gelegenheit fand, auszusprechen, daß die seine
Ausführungen widerlegenden Behauptungen des Ge-
neraldirectors und eines zweiten Actionärs "Unwahr-
heiten" seien.

Aron Scharf hat eine feine Witterung, er hat
das Wort "Panama-Affaire" ausgesprochen. Der Bann
ist gebrochen, und wir müssen erwarten, diesem Worte in
Oesterreich noch häufiger und an anderer Stelle zu
begegnen. Das Wort wird sich bald das Bürgerrecht
in unserer Banken- und Actionärsprache erworben
haben. Aron Scharf brüstet sich bekanntlich damit,
[Spaltenumbruch] daß er gegenüber den Gerichten kugelsicher sei, weil
er nur Behauptungen aufstelle und Anwürfe erhebe
dort, wo er den Wahrheitsbeweis antreten kann. Er
hat die Alpine Montan-Gesellschaft geradezu heraus-
gefordert. Wird auch sie an die Richter in Oesterreich
appelliren? Wie Wetterleuchten fährt das Wort Aron
Scharf's in die Welt der Banken und Actionäre. Was
Fernestehende nur ahnen und ehrliche, weiter blickende
Leute schon längst befürchteten, es scheint plötzlich
immer näher zu rücken: die Entdeckung irgend eines
"Panamas" in Oesterreich.

Es sind jetzt fast 20 Jahre her seit der gewissen
etwas heißen und aufgeregten Bilanzirungs-Epoche. --
Damals fuhren noch heute lebende "Publicisten" gar
häufig beim frühen Morgengrauen bei den Verwaltungs-
räthen der bilanzirenden Gesellschaften vor, weckten die
Herren aus dem sanften Schlummer und bewiesen mit
den Bürstenabzügen von "Fachartikeln" in der
Hand, daß dem Herrn Oberbuchhalter ein Lapsus in
Form einer Verstellung der wichtigsten Ziffern passirt
sei. Dank den überzeugenden, gewöhnlich schwer ins Gewicht
fallenden Argumenten der Räthe der Verwaltungen
gelang es dann in der Regel aus Saulussen Paulusse
zu machen und die "Gefahr" abzuwenden.

Bei mancher Gesellschaft mag aus dieser Zeit der
Anfang eines Miniatur-Panamas datiren.

Wer könnte den Muth haben, aufzutreten wie
Aron Scharf, wer wollte Worten ohne Beweisen
glauben? Aron Scharf hat lange Zeit zur Entdeckung
eines angeblichen Panamas bei der "Alpinen" ge-
braucht, er, der von seinem Observatorium aus seit
einem Jahre, seit dem Cursstande von 57 die Alpi-
nisten bei ihrem Werke der Curstreiberei in den ihm
und der Polizeidirection nächstgelegenen Winkelbörsen
beobachten konnte. Seinem scharfen Auge wird wohl
keine Phase der Entwicklung des Curses auf 107 fl.
entgangen sein. Ihm war gewiß bekannt, daß man
noch vor einem Jahre die usancemäßig zulässige kleinste
Dividende -- wie sagen wir nur -- pro forma festsetzen
mußte, um die Alpinen überhaupt in dem Courszettel
zu erhalten. Damals schlief das Gewissen des Aron
Scharf, es erwachte erst, als der Curszettel 107 zeigte.
Wie wird Aron Scharf mit dem in ihm nagenden
"Gewissenswurm" fertig werden?

Zwei Momente in der Geschichte der Alpinen
Montangesellschaft wollen wir noch festhalten.

1797 wurde der damalige Abt von Admont durch
Verleihung eines hohen Ordens und des Adelstandes
ausgezeichnet, wegen seiner Verdienste um die im
Interesse der österreichischen Eisen- und Stahlindustrie
erfolgte Schaffung der Innerberger Hauptgewerkschaft,
einer freien Vereinigung bedeutender Gewerke.

1894 weckt in einer Generalversammlung der
alpinen Montangesellschaft, in derem Besitze sich jetzt fast
sämmtliche in der erwähnten freien Vereinigung ver-
treten gewesenen Werke befinden oder doch befanden,
der "junge Actionär" und "alte Volkswirth" die Er-
innerung an die "Panama-Affaire".




Zuland.


Das "N. Wr. Tagblatt" fällt in seiner gestrigen
Nummer über den Abg. Pernerstorfer mit
[Spaltenumbruch] wirklich "blinder" Wuth her. Pernerstorfer stellt im
Parlamente gewissermaßen den Socialdemokraten vor,
er liebäugelte früher stark mit den Liberalen, scheint
aber in der letzten Zeit, besonders seit der Haltung
der großen "Freiheitsmänner" in der Wahlreformfrage
auf seine früheren Freunde nicht am Besten zu sprechen
zu sein. In einer vorgestern abgehaltenen Arbeiter-
versammlung schlug Pernerstorfer dem Fasse den
Boden aus. Er erklärte nämlich den Grafen Hohen-
wart zu achten, weil dieser immer feudal und
clerical gewesen sei, für die Liberalen aber fände er
ein solches Gefühl nicht, denn sie suchten heute aus
egoistischen Gründen ein "Unterschlupf im feudalen
Raubneste".

Wir haben wirklich in sehr vieler Beziehung keine
Ursache, mit Herrn Pernerstorfer zu sympathisiren,
aber eigenthümlich bleibt es immerhin, daß dieser Ab-
geordnete deshalb mit seinen früheren Freunden
bricht, weil sich deren angebliche Freiheitsliebe
als bloßes Aushängeschild, oder um actuell
zu sprechen, als unreeller Wettbewerb herausgestellt
hat. Wir stimmen, wie gesagt, nicht oft mit Herrn
Pernerstorfer überein, aber das gewisse "andere Ge-
fühl", als Achtung, das er für die Liberalen hegt, das
theilen wir allerdings vollständig und wir stehen da-
mit durchaus nicht allein.

Bei den gestern stattgefundenen Wahlen aus dem
ersten Wahlkörper in den Grazer Gemeinderath
wurden vier liberale und zwei antiliberale Gemeinde-
räthe gewählt. Nach dem Verlaufe und Ergebnisse der
letzten Gemeindewahlen in Graz ist nicht zu verkennen,
daß auch in dieser Stadt der Liberalismus abge-
wirthschaftet hat und die christlich-sociale Idee sich
langsam aber sicher Bahn bricht




Ausland.


Bezüglich des Botschafterwechsels in Peters-
burg schreibt die "Pol. Corr.": Die Audienz, welche
der bisherige österreichisch-ungarische Botschafter am
russischen Hofe, Graf Wolkenstein-Trostburg,
vorgestern beim Kaiser Nicolaus II. hatte, trug den
Charakter eines Abschiedsbesuches. Zur Ueberreichung
eines Abberufungsschreibens war kein Anlaß vorhanden,
da Graf Wolkenstein bei dem gegenwärtigen Czaren
überhaupt noch nicht accreditirt war. Der neu er-
nannte österreichisch-ungarische Botschafter am russischen
Hofe, Fürst Liechtenstein, wird im Laufe des
December auf seinem Posten eintreffen.

Die gestrige Debatte im Sabranje brachte der
Regierung einen großen Erfolg. Es handelt sich um
die Wahl in Bela-Slatina. Am 11. (23.)
September soll daselbst, wie behauptet wird, Dragan
Zankow gewählt worden sein, doch wird im dies-
falls aufgenommenen Act erklärt, daß die Wahl wegen
vorgefallener Gewaltthätigkeiten gegen das Wahlbureau
gar nicht stattgefunden habe. Am 18. (30.) September
wurde in wiederholter Wahl der spätere Minister
Tontschew gewählt, welcher seither demissionirt
hat und als Deputirter niemals in der Kammer er-
schienen ist. Die Debatte über diese Wahl wurde seit
Eröffnung der Session mit Ungeduld erwartet, weil
man sie als einen Prüfstein für die Solidität der




[Spaltenumbruch]

gemeinsamen Arbeit und der Opferwilligkeit der diesem
heiligen Werke ergebenen Personen organisirt, erscheint
außerordentlich zeitgemäß, und wir können nur wün-
schen, daß das gute Beispiel der Odessaer Initiatoren
nicht ohne Widerhall und Nachahmung überall dort,
wo dieses sich als nothwendig erweisen wird, bleiben
möge."

Der Artikel schließt dann folgendermaßen: "Am
wichtigsten von dem oben mitgetheilten Programm des
Odessaer Vereins erscheint uns die Aufgabe desselben,
die Kinder armer Juden im Geiste des orthodoxen
Glaubens zu erziehen und zu bilden. Auf diese Weise
wird die jüdische Bevölkerung Rußlands am leichtesten
und am ehesten russificirt und mit der Stammbevöl-
kerung verschmolzen werden. Wir sind überzeugt, daß
zur Erreichung dieses Zweckes sich genügende Mittel
finden werden, die man am besten zur Errichtung
solcher Schulen verwenden kann, in welchen die der
russischen Sprache nicht besonders mächtigen Kinder
diese Sprache gründlich erlernen und hierauf ihre
Ausbildung in den allgemeinen Lehranstalten erhalten
würden Natürlich ist das eine Sache der Zukunft;
wir geben uns aber der Hoffnung hin, daß wir nicht
lange auf die guten Resultate dieser Vereine zu warten
haben werden und wünschen denselben herzlich die
raschesten und vollsten Erfolge."




Ist Heilserum ein Heilmittel gegen
Diphtheritis?
*)

Von Dr. Josef Hermann, pens. Primararzt am k. k. Kranken-
haus Wieden in Wien.

Mein alter Grundsatz "Alle Krankheiten, welche ohne
Medicamente heilen, heilen auch unter jedem Medicamente"
-- drängt die Frage in den Vordergrund: Wenn Alles --
Hydro -- Homöopathen, Naturärzte, Chirurgen, Heilungen
der Diphtheritis bekanntgeben: welche Methode enthält dann
[Spaltenumbruch] das Heilmittel, und welche Ingredienz ist denn das Heil-
mittel gegen Diphtheritis? Aus dem Chaos diesbezüglicher
Meinungen geht nur die eine Wahrheit hervor, daß die
Wissenschaft bisher ein Heilmittel gegen Diphtheritis nicht
kenne. Demgemäß kann also die Heilwirksamkeit des Serums
in der Diphtheritis, da hiezu der wissenschaftliche Nachweis
bisher vollständig fehlt, nur Sache des Glaubens, oder allen-
falls noch eines frommen Wunsches sein. Nun sind es zwei
Dinge, welche selbst der Glauben an das Heilserum als
Heilmittel vom Grunde aus erschüttern: erstens die Re-
serve, daß das Heilmittel nur in den ersten drei Tagen der
Krankheit wirke und von da ab wirkungslos sei und
zweitens die Berufung auf die durch das Heilserum be-
wirkte Abnahme des Sterblichkeitspercentes.

Ist es schon um die Heilwirksamkeit eines Mittels an
und für sich schlecht bestellt, wenn es an eine Zeit der An-
wendung gebunden ist, wo der Arzt oft noch kaum eine
exacte Diagnose stellen kann, oder wo die Indolenz der
Menschen diese Frist verstreichen läßt, -- so muß ich mit
aller Entschiedenheit erklären, daß die Statistik gerade in
der Diphtheriris absolut nicht geeignet sei, eine Abnahme
des Sterblichkeitspercentes mathematisch richtig zu stellen. --
In keiner Krankheit ist eine statistische Zusammenstellung
so wenig verläßlich, als in der Diphtheritis; -- unter den
statistisch angegebenen Diphtheritisfällen figuriren so viele
Erkrankungsformen, welche Alles, nur keine Diphtheritis
sind, oder entbehrt die Thatsache der Wahrheit, daß die
Aerzte so häufig Follicularentzündungen, katarrhalische,
mercurielle, tuberculose Geschwüre und andere Exsudate an
der Rachenschleimhaut für Diphtheritis ansehen, ja daß sie
in der Letztzeit sogar behördlich verhalten werden, auch
Bräune (Croup) und Diphtheritis, zwei doch so wesentlich
verschiedene Krankheitsformen, in eine Rubrik zu vereinigen?
Welchen Werth hat dann eine solche Statistik und wird
nicht der Percentsatz der Sterblichkeit derart alterirt, daß in
den einzelnen Berichten die widersprechendsten Zahlen ans
Tageslicht kommen?

Weiterhin schreibt man dem Heilserum die Eigenschaft
zu, durch Einimpfung desselben Immunität gegen Diphtheritis
herbeizuführen, und somit auf demselben Wege und an-
geblich mit demselben Erfolge, wie bei den Blattern die
Schutzimpfung mit der Kuhpocke. -- Also auf der Prämisse,
daß die Impfung gegen Blattern immun mache, baut man
die Immunitätslehre gegen Diphtheritis. Ist nun aber die
Immunität durch die Schafpockenimpfung eine allgemeine
wissenschaftliche Wahrheit? ist sie unbestritten ein Dogma?
oder ist dieselbe durch die Wissenschaft durchaus nicht er-
[Spaltenumbruch] wiesen, seit ihrem Bestehen von den geistreichsten Aerzten
und Laien aller Culturstaaten bekämpft und als hinfällig
erklärt -- auch nur wieder eine Sache des Glaubens? --
Und da will man auf diesem morschen Grunde einen Bau
aufführen, welcher die Menschheit von der Geißel der
Diphtheritis befreit?

In der That! auf die größte Lüge des Jahrhunderts,
Immunität durch Schafpockenimpfung, pfropft man ein
neues Reis, eine neue Lüge -- Immunität gegen
Diphth eritis.

Man möge doch hier Eines bedenken: Alle bisherigen
Versuche, auf dem Wege der Impfung Heilung und Im-
munität zu erzielen, nehmen ein klägliches Ende.

Die Lehre Jeltschinsky's, durch Blatternimpfung
Syphilis zu heilen, fand schon an der Wiege ihres Ent-
deckers in Rußland ein vorzeitiges Ende; -- die Syphili-
sation,
Impfung mit syphilitischen Secrets, von Sporino in
Italien inaugurirt, verschwand schon nach etwa zwei De-
cennien mit sehr zweifelhaftem Rufe vom Schauplatze; --
Ferrand's Choleraimpfung wagte sich kaum über die Grenze
Spaniens und endete ihre ephemere Existenz, nachdem sie
mehr Unheil anstiftete, als die Cholera selbst. -- Pasteur's
Impfung gegen die Wuth (Lyssa) liegt bereits an einem
unheilbaren Siechthum darnieder; sie fristet noch ihr
Dasein durch die vermeintliche Immunität gegen
eine Krankheit, welche kein Arzt und kein Thierarzt
weder klinisch noch anatomisch kennt, welche zweifelsohne
nicht Wuth, sondern Starrkrampf ist, abgesehen davon, daß
diese Art Impfung die Gefahr in sich schließt, schwere, selbst
lethale Krankheitsformen zu erzeugen; -- Kochs Theorie ist
vollständig im Absterben; sein Kommabazillus ist entschieden
nicht der Erreger, sondern das Product des Krankheitspro-
cesses; die Cholera bürgert sich allgemein in Europa ein
uud bedarf keines Heimatscheines aus Indien mehr; sie
wird überall eine ständige Krankheit, wo sie die Elemente
für ihre Entstehung und Entwicklung vorfindet; Koch's
Tuberkulin zählt bereits, nachdem es zahllose Hoffnungen
vernichtet und viele Opfer an Leben gefordert, zum Glücke
für die Menschheit unter die Todten, ohne jegliche Aussicht
auf eine Wiederaufftehung.

Und nach allen diesen Niederlagen der glorreichen Ent-
deckungen und Erfindungen des Jahrhunderts sollte das
Heilserum das Wunder der Immunität hervorbringen?
Nimmermehr und schon deshalb nicht, weil ja schon der
Begriff "Immunität" außerordentlich dehnbar und ohne
allen logischen Haltpunkt ist.


*) Wir entnehmen diesem zeitgemäßen und be-
achtenswerthen Artikel der in Jurik's Verlag in Feistritz-
Lembach, Steiermark, erscheinenden "Gesundheitswarte", Zeit-
schrift für naturgemäße Heil- und Lebensweise, redigirt von
Dr. Georg Simoni, jährlich 24 Hefte zu 16 Seiten sammt
Postzusendung fl. 2·40.
Wien, Donnerſtag Reichspoſt 6. December 280

[Spaltenumbruch]

und, wenn das katholiſche Volk ſich nicht ſelbſt auf-
giebt, ſo werden ſie beſſer werden. Die Reihen der
Beſſerung kann man ſchon ſehen. Das Miniſterium
Wekerle-Szilagyi mag noch einen Schlußtriumph feiern,
ſein Schickſal iſt beſiegelt. Mene, Tekel, Phares.
Man braucht kein chaldäiſcher Zeichendenter zu ſein
um die Inſchrift an der Wand richtig zu deuten.




Der öſterreichiſche Drummont.

Aron vulgo Alexander Scharf iſt unter die „Cor-
ruptionsriecher“ gegangen. Das iſt wohl das ſenſa-
tionellſte Ereigniß des vorgeſtrigen Tages. Aron Scharf
will in Wien ein Panama entdeckt haben, Aron Scharf
kämpft, Feder ſträube dich nicht, an der Seite eines
Drummont, gegen den Drachen Panama.

Aber während Drummont durch ſeinen Zug gegen
das echte und originale Panama ſich den Zorn und
den Haß des, im Lager der Finanzmächte ſtehenden
Theiles von Frankreich zuzog, arbeitete Aron Scharf
unter lebhafter und keineswegs ſchmeichelhafter Heiter-
keit der „Alpiniſten“. Worum es ſich handelt, was
wir meinen? Das iſt ſchnell erklärt.

Vorgeſtern fand eine Generalverſammlung der
Alpinen Montangeſellſchaftſtatt, bei der es ſich um „Be-
ſchlußfaſſung über die Emiſſion
von neuen Actien
handelte. Nachdem der
Generaldirector die Nothwendigkeit der vom Verwal-
tungsrathe vorgeſchlagenen Operation „gründlich“ dar-
gelegt hatte, meldete ſich bei der daran ſchli[e]ßenden
Discuſſion, Aron Scharf zum Worte. Wenn wir dem,
in allen Fragen der „Börſentechnik“ erfahrenen Ge-
währsmann Szeps glauben dürfen, ſo wäre Aron
Scharf das, was man einen „jungen Actionär“ nennen
könnte.

Er erklärte, „daß er gegen die Emiſſion der neuen
Actien proteſtire, denn dieſelbe erinnere ihn
unwillkürlich an die — Panama-Affaire.
(Unruhe.) Er proteſtire, obwohl er wiſſe, daß der
Proteſt in dieſer Verſammlung zwecklos ſei; allein er
müſſe proteſtiren, in der Erwägung, daß die Ver-
größerung des Actiencapitals einer Geſellſchaft, wie
der Alpinen Montan-Geſellſchaft, von höchſt verderb-
lichen Conſequenzen ſein müſſe. Bei dem derzeitigen
Zinsfuße habe eine Geſellſchaft ganz andere Mittel,
um ſich Credit zu verſchaffen, als durch eine Emiſſion
neuer Actien. Dem Antrage des Verwaltungsrathes
könne nur eine Börſenſpeculation zu
Grunde liegen (Oho!), und er erkläre hiermit feierlich,
daß er ſich ſeine Regreßanſprüche an die Verwaltung
der Oeſterreichiſchen Alpinen Montan-Geſellſchaft vor-
behalte“, worauf er, wie Szeps und nach ihm Andere
berichten, unter lebhafter Heiterkeit ſchloß, jedoch ſpäter
noch Gelegenheit fand, auszuſprechen, daß die ſeine
Ausführungen widerlegenden Behauptungen des Ge-
neraldirectors und eines zweiten Actionärs „Unwahr-
heiten“ ſeien.

Aron Scharf hat eine feine Witterung, er hat
das Wort „Panama-Affaire“ ausgeſprochen. Der Bann
iſt gebrochen, und wir müſſen erwarten, dieſem Worte in
Oeſterreich noch häufiger und an anderer Stelle zu
begegnen. Das Wort wird ſich bald das Bürgerrecht
in unſerer Banken- und Actionärſprache erworben
haben. Aron Scharf brüſtet ſich bekanntlich damit,
[Spaltenumbruch] daß er gegenüber den Gerichten kugelſicher ſei, weil
er nur Behauptungen aufſtelle und Anwürfe erhebe
dort, wo er den Wahrheitsbeweis antreten kann. Er
hat die Alpine Montan-Geſellſchaft geradezu heraus-
gefordert. Wird auch ſie an die Richter in Oeſterreich
appelliren? Wie Wetterleuchten fährt das Wort Aron
Scharf’s in die Welt der Banken und Actionäre. Was
Ferneſtehende nur ahnen und ehrliche, weiter blickende
Leute ſchon längſt befürchteten, es ſcheint plötzlich
immer näher zu rücken: die Entdeckung irgend eines
„Panamas“ in Oeſterreich.

Es ſind jetzt faſt 20 Jahre her ſeit der gewiſſen
etwas heißen und aufgeregten Bilanzirungs-Epoche. —
Damals fuhren noch heute lebende „Publiciſten“ gar
häufig beim frühen Morgengrauen bei den Verwaltungs-
räthen der bilanzirenden Geſellſchaften vor, weckten die
Herren aus dem ſanften Schlummer und bewieſen mit
den Bürſtenabzügen von „Fachartikeln“ in der
Hand, daß dem Herrn Oberbuchhalter ein Lapſus in
Form einer Verſtellung der wichtigſten Ziffern paſſirt
ſei. Dank den überzeugenden, gewöhnlich ſchwer ins Gewicht
fallenden Argumenten der Räthe der Verwaltungen
gelang es dann in der Regel aus Sauluſſen Pauluſſe
zu machen und die „Gefahr“ abzuwenden.

Bei mancher Geſellſchaft mag aus dieſer Zeit der
Anfang eines Miniatur-Panamas datiren.

Wer könnte den Muth haben, aufzutreten wie
Aron Scharf, wer wollte Worten ohne Beweiſen
glauben? Aron Scharf hat lange Zeit zur Entdeckung
eines angeblichen Panamas bei der „Alpinen“ ge-
braucht, er, der von ſeinem Obſervatorium aus ſeit
einem Jahre, ſeit dem Cursſtande von 57 die Alpi-
niſten bei ihrem Werke der Curstreiberei in den ihm
und der Polizeidirection nächſtgelegenen Winkelbörſen
beobachten konnte. Seinem ſcharfen Auge wird wohl
keine Phaſe der Entwicklung des Curſes auf 107 fl.
entgangen ſein. Ihm war gewiß bekannt, daß man
noch vor einem Jahre die uſancemäßig zuläſſige kleinſte
Dividende — wie ſagen wir nur — pro forma feſtſetzen
mußte, um die Alpinen überhaupt in dem Courszettel
zu erhalten. Damals ſchlief das Gewiſſen des Aron
Scharf, es erwachte erſt, als der Curszettel 107 zeigte.
Wie wird Aron Scharf mit dem in ihm nagenden
„Gewiſſenswurm“ fertig werden?

Zwei Momente in der Geſchichte der Alpinen
Montangeſellſchaft wollen wir noch feſthalten.

1797 wurde der damalige Abt von Admont durch
Verleihung eines hohen Ordens und des Adelſtandes
ausgezeichnet, wegen ſeiner Verdienſte um die im
Intereſſe der öſterreichiſchen Eiſen- und Stahlinduſtrie
erfolgte Schaffung der Innerberger Hauptgewerkſchaft,
einer freien Vereinigung bedeutender Gewerke.

1894 weckt in einer Generalverſammlung der
alpinen Montangeſellſchaft, in derem Beſitze ſich jetzt faſt
ſämmtliche in der erwähnten freien Vereinigung ver-
treten geweſenen Werke befinden oder doch befanden,
der „junge Actionär“ und „alte Volkswirth“ die Er-
innerung an die „Panama-Affaire“.




Zuland.


Das „N. Wr. Tagblatt“ fällt in ſeiner geſtrigen
Nummer über den Abg. Pernerſtorfer mit
[Spaltenumbruch] wirklich „blinder“ Wuth her. Pernerſtorfer ſtellt im
Parlamente gewiſſermaßen den Socialdemokraten vor,
er liebäugelte früher ſtark mit den Liberalen, ſcheint
aber in der letzten Zeit, beſonders ſeit der Haltung
der großen „Freiheitsmänner“ in der Wahlreformfrage
auf ſeine früheren Freunde nicht am Beſten zu ſprechen
zu ſein. In einer vorgeſtern abgehaltenen Arbeiter-
verſammlung ſchlug Pernerſtorfer dem Faſſe den
Boden aus. Er erklärte nämlich den Grafen Hohen-
wart zu achten, weil dieſer immer feudal und
clerical geweſen ſei, für die Liberalen aber fände er
ein ſolches Gefühl nicht, denn ſie ſuchten heute aus
egoiſtiſchen Gründen ein „Unterſchlupf im feudalen
Raubneſte“.

Wir haben wirklich in ſehr vieler Beziehung keine
Urſache, mit Herrn Pernerſtorfer zu ſympathiſiren,
aber eigenthümlich bleibt es immerhin, daß dieſer Ab-
geordnete deshalb mit ſeinen früheren Freunden
bricht, weil ſich deren angebliche Freiheitsliebe
als bloßes Aushängeſchild, oder um actuell
zu ſprechen, als unreeller Wettbewerb herausgeſtellt
hat. Wir ſtimmen, wie geſagt, nicht oft mit Herrn
Pernerſtorfer überein, aber das gewiſſe „andere Ge-
fühl“, als Achtung, das er für die Liberalen hegt, das
theilen wir allerdings vollſtändig und wir ſtehen da-
mit durchaus nicht allein.

Bei den geſtern ſtattgefundenen Wahlen aus dem
erſten Wahlkörper in den Grazer Gemeinderath
wurden vier liberale und zwei antiliberale Gemeinde-
räthe gewählt. Nach dem Verlaufe und Ergebniſſe der
letzten Gemeindewahlen in Graz iſt nicht zu verkennen,
daß auch in dieſer Stadt der Liberalismus abge-
wirthſchaftet hat und die chriſtlich-ſociale Idee ſich
langſam aber ſicher Bahn bricht




Ausland.


Bezüglich des Botſchafterwechſels in Peters-
burg ſchreibt die „Pol. Corr.“: Die Audienz, welche
der bisherige öſterreichiſch-ungariſche Botſchafter am
ruſſiſchen Hofe, Graf Wolkenſtein-Troſtburg,
vorgeſtern beim Kaiſer Nicolaus II. hatte, trug den
Charakter eines Abſchiedsbeſuches. Zur Ueberreichung
eines Abberufungsſchreibens war kein Anlaß vorhanden,
da Graf Wolkenſtein bei dem gegenwärtigen Czaren
überhaupt noch nicht accreditirt war. Der neu er-
nannte öſterreichiſch-ungariſche Botſchafter am ruſſiſchen
Hofe, Fürſt Liechtenſtein, wird im Laufe des
December auf ſeinem Poſten eintreffen.

Die geſtrige Debatte im Sabranje brachte der
Regierung einen großen Erfolg. Es handelt ſich um
die Wahl in Bela-Slatina. Am 11. (23.)
September ſoll daſelbſt, wie behauptet wird, Dragan
Zankow gewählt worden ſein, doch wird im dies-
falls aufgenommenen Act erklärt, daß die Wahl wegen
vorgefallener Gewaltthätigkeiten gegen das Wahlbureau
gar nicht ſtattgefunden habe. Am 18. (30.) September
wurde in wiederholter Wahl der ſpätere Miniſter
Tontſchew gewählt, welcher ſeither demiſſionirt
hat und als Deputirter niemals in der Kammer er-
ſchienen iſt. Die Debatte über dieſe Wahl wurde ſeit
Eröffnung der Seſſion mit Ungeduld erwartet, weil
man ſie als einen Prüfſtein für die Solidität der




[Spaltenumbruch]

gemeinſamen Arbeit und der Opferwilligkeit der dieſem
heiligen Werke ergebenen Perſonen organiſirt, erſcheint
außerordentlich zeitgemäß, und wir können nur wün-
ſchen, daß das gute Beiſpiel der Odeſſaer Initiatoren
nicht ohne Widerhall und Nachahmung überall dort,
wo dieſes ſich als nothwendig erweiſen wird, bleiben
möge.“

Der Artikel ſchließt dann folgendermaßen: „Am
wichtigſten von dem oben mitgetheilten Programm des
Odeſſaer Vereins erſcheint uns die Aufgabe desſelben,
die Kinder armer Juden im Geiſte des orthodoxen
Glaubens zu erziehen und zu bilden. Auf dieſe Weiſe
wird die jüdiſche Bevölkerung Rußlands am leichteſten
und am eheſten ruſſificirt und mit der Stammbevöl-
kerung verſchmolzen werden. Wir ſind überzeugt, daß
zur Erreichung dieſes Zweckes ſich genügende Mittel
finden werden, die man am beſten zur Errichtung
ſolcher Schulen verwenden kann, in welchen die der
ruſſiſchen Sprache nicht beſonders mächtigen Kinder
dieſe Sprache gründlich erlernen und hierauf ihre
Ausbildung in den allgemeinen Lehranſtalten erhalten
würden Natürlich iſt das eine Sache der Zukunft;
wir geben uns aber der Hoffnung hin, daß wir nicht
lange auf die guten Reſultate dieſer Vereine zu warten
haben werden und wünſchen denſelben herzlich die
raſcheſten und vollſten Erfolge.“




Iſt Heilſerum ein Heilmittel gegen
Diphtheritis?
*)

Von Dr. Joſef Hermann, penſ. Primararzt am k. k. Kranken-
haus Wieden in Wien.

Mein alter Grundſatz „Alle Krankheiten, welche ohne
Medicamente heilen, heilen auch unter jedem Medicamente“
— drängt die Frage in den Vordergrund: Wenn Alles —
Hydro — Homöopathen, Naturärzte, Chirurgen, Heilungen
der Diphtheritis bekanntgeben: welche Methode enthält dann
[Spaltenumbruch] das Heilmittel, und welche Ingredienz iſt denn das Heil-
mittel gegen Diphtheritis? Aus dem Chaos diesbezüglicher
Meinungen geht nur die eine Wahrheit hervor, daß die
Wiſſenſchaft bisher ein Heilmittel gegen Diphtheritis nicht
kenne. Demgemäß kann alſo die Heilwirkſamkeit des Serums
in der Diphtheritis, da hiezu der wiſſenſchaftliche Nachweis
bisher vollſtändig fehlt, nur Sache des Glaubens, oder allen-
falls noch eines frommen Wunſches ſein. Nun ſind es zwei
Dinge, welche ſelbſt der Glauben an das Heilſerum als
Heilmittel vom Grunde aus erſchüttern: erſtens die Re-
ſerve, daß das Heilmittel nur in den erſten drei Tagen der
Krankheit wirke und von da ab wirkungslos ſei und
zweitens die Berufung auf die durch das Heilſerum be-
wirkte Abnahme des Sterblichkeitspercentes.

Iſt es ſchon um die Heilwirkſamkeit eines Mittels an
und für ſich ſchlecht beſtellt, wenn es an eine Zeit der An-
wendung gebunden iſt, wo der Arzt oft noch kaum eine
exacte Diagnoſe ſtellen kann, oder wo die Indolenz der
Menſchen dieſe Friſt verſtreichen läßt, — ſo muß ich mit
aller Entſchiedenheit erklären, daß die Statiſtik gerade in
der Diphtheriris abſolut nicht geeignet ſei, eine Abnahme
des Sterblichkeitspercentes mathematiſch richtig zu ſtellen. —
In keiner Krankheit iſt eine ſtatiſtiſche Zuſammenſtellung
ſo wenig verläßlich, als in der Diphtheritis; — unter den
ſtatiſtiſch angegebenen Diphtheritisfällen figuriren ſo viele
Erkrankungsformen, welche Alles, nur keine Diphtheritis
ſind, oder entbehrt die Thatſache der Wahrheit, daß die
Aerzte ſo häufig Follicularentzündungen, katarrhaliſche,
mercurielle, tuberculoſe Geſchwüre und andere Exſudate an
der Rachenſchleimhaut für Diphtheritis anſehen, ja daß ſie
in der Letztzeit ſogar behördlich verhalten werden, auch
Bräune (Croup) und Diphtheritis, zwei doch ſo weſentlich
verſchiedene Krankheitsformen, in eine Rubrik zu vereinigen?
Welchen Werth hat dann eine ſolche Statiſtik und wird
nicht der Percentſatz der Sterblichkeit derart alterirt, daß in
den einzelnen Berichten die widerſprechendſten Zahlen ans
Tageslicht kommen?

Weiterhin ſchreibt man dem Heilſerum die Eigenſchaft
zu, durch Einimpfung desſelben Immunität gegen Diphtheritis
herbeizuführen, und ſomit auf demſelben Wege und an-
geblich mit demſelben Erfolge, wie bei den Blattern die
Schutzimpfung mit der Kuhpocke. — Alſo auf der Prämiſſe,
daß die Impfung gegen Blattern immun mache, baut man
die Immunitätslehre gegen Diphtheritis. Iſt nun aber die
Immunität durch die Schafpockenimpfung eine allgemeine
wiſſenſchaftliche Wahrheit? iſt ſie unbeſtritten ein Dogma?
oder iſt dieſelbe durch die Wiſſenſchaft durchaus nicht er-
[Spaltenumbruch] wieſen, ſeit ihrem Beſtehen von den geiſtreichſten Aerzten
und Laien aller Culturſtaaten bekämpft und als hinfällig
erklärt — auch nur wieder eine Sache des Glaubens? —
Und da will man auf dieſem morſchen Grunde einen Bau
aufführen, welcher die Menſchheit von der Geißel der
Diphtheritis befreit?

In der That! auf die größte Lüge des Jahrhunderts,
Immunität durch Schafpockenimpfung, pfropft man ein
neues Reis, eine neue Lüge — Immunität gegen
Diphth eritis.

Man möge doch hier Eines bedenken: Alle bisherigen
Verſuche, auf dem Wege der Impfung Heilung und Im-
munität zu erzielen, nehmen ein klägliches Ende.

Die Lehre Jeltſchinsky’s, durch Blatternimpfung
Syphilis zu heilen, fand ſchon an der Wiege ihres Ent-
deckers in Rußland ein vorzeitiges Ende; — die Syphili-
sation,
Impfung mit ſyphilitiſchen Secrets, von Sporino in
Italien inaugurirt, verſchwand ſchon nach etwa zwei De-
cennien mit ſehr zweifelhaftem Rufe vom Schauplatze; —
Ferrand’s Choleraimpfung wagte ſich kaum über die Grenze
Spaniens und endete ihre ephemere Exiſtenz, nachdem ſie
mehr Unheil anſtiftete, als die Cholera ſelbſt. — Paſteur’s
Impfung gegen die Wuth (Lyſſa) liegt bereits an einem
unheilbaren Siechthum darnieder; ſie friſtet noch ihr
Daſein durch die vermeintliche Immunität gegen
eine Krankheit, welche kein Arzt und kein Thierarzt
weder kliniſch noch anatomiſch kennt, welche zweifelsohne
nicht Wuth, ſondern Starrkrampf iſt, abgeſehen davon, daß
dieſe Art Impfung die Gefahr in ſich ſchließt, ſchwere, ſelbſt
lethale Krankheitsformen zu erzeugen; — Kochs Theorie iſt
vollſtändig im Abſterben; ſein Kommabazillus iſt entſchieden
nicht der Erreger, ſondern das Product des Krankheitspro-
ceſſes; die Cholera bürgert ſich allgemein in Europa ein
uud bedarf keines Heimatſcheines aus Indien mehr; ſie
wird überall eine ſtändige Krankheit, wo ſie die Elemente
für ihre Entſtehung und Entwicklung vorfindet; Koch’s
Tuberkulin zählt bereits, nachdem es zahlloſe Hoffnungen
vernichtet und viele Opfer an Leben gefordert, zum Glücke
für die Menſchheit unter die Todten, ohne jegliche Ausſicht
auf eine Wiederaufftehung.

Und nach allen dieſen Niederlagen der glorreichen Ent-
deckungen und Erfindungen des Jahrhunderts ſollte das
Heilſerum das Wunder der Immunität hervorbringen?
Nimmermehr und ſchon deshalb nicht, weil ja ſchon der
Begriff „Immunität“ außerordentlich dehnbar und ohne
allen logiſchen Haltpunkt iſt.


*) Wir entnehmen dieſem zeitgemäßen und be-
achtenswerthen Artikel der in Jurik’s Verlag in Feiſtritz-
Lembach, Steiermark, erſcheinenden „Geſundheitswarte“, Zeit-
ſchrift für naturgemäße Heil- und Lebensweiſe, redigirt von
Dr. Georg Simoni, jährlich 24 Hefte zu 16 Seiten ſammt
Poſtzuſendung fl. 2·40.
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[2/0002] Wien, Donnerſtag Reichspoſt 6. December 280 und, wenn das katholiſche Volk ſich nicht ſelbſt auf- giebt, ſo werden ſie beſſer werden. Die Reihen der Beſſerung kann man ſchon ſehen. Das Miniſterium Wekerle-Szilagyi mag noch einen Schlußtriumph feiern, ſein Schickſal iſt beſiegelt. Mene, Tekel, Phares. Man braucht kein chaldäiſcher Zeichendenter zu ſein um die Inſchrift an der Wand richtig zu deuten. Der öſterreichiſche Drummont. Aron vulgo Alexander Scharf iſt unter die „Cor- ruptionsriecher“ gegangen. Das iſt wohl das ſenſa- tionellſte Ereigniß des vorgeſtrigen Tages. Aron Scharf will in Wien ein Panama entdeckt haben, Aron Scharf kämpft, Feder ſträube dich nicht, an der Seite eines Drummont, gegen den Drachen Panama. Aber während Drummont durch ſeinen Zug gegen das echte und originale Panama ſich den Zorn und den Haß des, im Lager der Finanzmächte ſtehenden Theiles von Frankreich zuzog, arbeitete Aron Scharf unter lebhafter und keineswegs ſchmeichelhafter Heiter- keit der „Alpiniſten“. Worum es ſich handelt, was wir meinen? Das iſt ſchnell erklärt. Vorgeſtern fand eine Generalverſammlung der Alpinen Montangeſellſchaftſtatt, bei der es ſich um „Be- ſchlußfaſſung über die Emiſſion von neuen Actien handelte. Nachdem der Generaldirector die Nothwendigkeit der vom Verwal- tungsrathe vorgeſchlagenen Operation „gründlich“ dar- gelegt hatte, meldete ſich bei der daran ſchließenden Discuſſion, Aron Scharf zum Worte. Wenn wir dem, in allen Fragen der „Börſentechnik“ erfahrenen Ge- währsmann Szeps glauben dürfen, ſo wäre Aron Scharf das, was man einen „jungen Actionär“ nennen könnte. Er erklärte, „daß er gegen die Emiſſion der neuen Actien proteſtire, denn dieſelbe erinnere ihn unwillkürlich an die — Panama-Affaire. (Unruhe.) Er proteſtire, obwohl er wiſſe, daß der Proteſt in dieſer Verſammlung zwecklos ſei; allein er müſſe proteſtiren, in der Erwägung, daß die Ver- größerung des Actiencapitals einer Geſellſchaft, wie der Alpinen Montan-Geſellſchaft, von höchſt verderb- lichen Conſequenzen ſein müſſe. Bei dem derzeitigen Zinsfuße habe eine Geſellſchaft ganz andere Mittel, um ſich Credit zu verſchaffen, als durch eine Emiſſion neuer Actien. Dem Antrage des Verwaltungsrathes könne nur eine Börſenſpeculation zu Grunde liegen (Oho!), und er erkläre hiermit feierlich, daß er ſich ſeine Regreßanſprüche an die Verwaltung der Oeſterreichiſchen Alpinen Montan-Geſellſchaft vor- behalte“, worauf er, wie Szeps und nach ihm Andere berichten, unter lebhafter Heiterkeit ſchloß, jedoch ſpäter noch Gelegenheit fand, auszuſprechen, daß die ſeine Ausführungen widerlegenden Behauptungen des Ge- neraldirectors und eines zweiten Actionärs „Unwahr- heiten“ ſeien. Aron Scharf hat eine feine Witterung, er hat das Wort „Panama-Affaire“ ausgeſprochen. Der Bann iſt gebrochen, und wir müſſen erwarten, dieſem Worte in Oeſterreich noch häufiger und an anderer Stelle zu begegnen. Das Wort wird ſich bald das Bürgerrecht in unſerer Banken- und Actionärſprache erworben haben. Aron Scharf brüſtet ſich bekanntlich damit, daß er gegenüber den Gerichten kugelſicher ſei, weil er nur Behauptungen aufſtelle und Anwürfe erhebe dort, wo er den Wahrheitsbeweis antreten kann. Er hat die Alpine Montan-Geſellſchaft geradezu heraus- gefordert. Wird auch ſie an die Richter in Oeſterreich appelliren? Wie Wetterleuchten fährt das Wort Aron Scharf’s in die Welt der Banken und Actionäre. Was Ferneſtehende nur ahnen und ehrliche, weiter blickende Leute ſchon längſt befürchteten, es ſcheint plötzlich immer näher zu rücken: die Entdeckung irgend eines „Panamas“ in Oeſterreich. Es ſind jetzt faſt 20 Jahre her ſeit der gewiſſen etwas heißen und aufgeregten Bilanzirungs-Epoche. — Damals fuhren noch heute lebende „Publiciſten“ gar häufig beim frühen Morgengrauen bei den Verwaltungs- räthen der bilanzirenden Geſellſchaften vor, weckten die Herren aus dem ſanften Schlummer und bewieſen mit den Bürſtenabzügen von „Fachartikeln“ in der Hand, daß dem Herrn Oberbuchhalter ein Lapſus in Form einer Verſtellung der wichtigſten Ziffern paſſirt ſei. Dank den überzeugenden, gewöhnlich ſchwer ins Gewicht fallenden Argumenten der Räthe der Verwaltungen gelang es dann in der Regel aus Sauluſſen Pauluſſe zu machen und die „Gefahr“ abzuwenden. Bei mancher Geſellſchaft mag aus dieſer Zeit der Anfang eines Miniatur-Panamas datiren. Wer könnte den Muth haben, aufzutreten wie Aron Scharf, wer wollte Worten ohne Beweiſen glauben? Aron Scharf hat lange Zeit zur Entdeckung eines angeblichen Panamas bei der „Alpinen“ ge- braucht, er, der von ſeinem Obſervatorium aus ſeit einem Jahre, ſeit dem Cursſtande von 57 die Alpi- niſten bei ihrem Werke der Curstreiberei in den ihm und der Polizeidirection nächſtgelegenen Winkelbörſen beobachten konnte. Seinem ſcharfen Auge wird wohl keine Phaſe der Entwicklung des Curſes auf 107 fl. entgangen ſein. Ihm war gewiß bekannt, daß man noch vor einem Jahre die uſancemäßig zuläſſige kleinſte Dividende — wie ſagen wir nur — pro forma feſtſetzen mußte, um die Alpinen überhaupt in dem Courszettel zu erhalten. Damals ſchlief das Gewiſſen des Aron Scharf, es erwachte erſt, als der Curszettel 107 zeigte. Wie wird Aron Scharf mit dem in ihm nagenden „Gewiſſenswurm“ fertig werden? Zwei Momente in der Geſchichte der Alpinen Montangeſellſchaft wollen wir noch feſthalten. 1797 wurde der damalige Abt von Admont durch Verleihung eines hohen Ordens und des Adelſtandes ausgezeichnet, wegen ſeiner Verdienſte um die im Intereſſe der öſterreichiſchen Eiſen- und Stahlinduſtrie erfolgte Schaffung der Innerberger Hauptgewerkſchaft, einer freien Vereinigung bedeutender Gewerke. 1894 weckt in einer Generalverſammlung der alpinen Montangeſellſchaft, in derem Beſitze ſich jetzt faſt ſämmtliche in der erwähnten freien Vereinigung ver- treten geweſenen Werke befinden oder doch befanden, der „junge Actionär“ und „alte Volkswirth“ die Er- innerung an die „Panama-Affaire“. Zuland. Wien, 5. December. Das „N. Wr. Tagblatt“ fällt in ſeiner geſtrigen Nummer über den Abg. Pernerſtorfer mit wirklich „blinder“ Wuth her. Pernerſtorfer ſtellt im Parlamente gewiſſermaßen den Socialdemokraten vor, er liebäugelte früher ſtark mit den Liberalen, ſcheint aber in der letzten Zeit, beſonders ſeit der Haltung der großen „Freiheitsmänner“ in der Wahlreformfrage auf ſeine früheren Freunde nicht am Beſten zu ſprechen zu ſein. In einer vorgeſtern abgehaltenen Arbeiter- verſammlung ſchlug Pernerſtorfer dem Faſſe den Boden aus. Er erklärte nämlich den Grafen Hohen- wart zu achten, weil dieſer immer feudal und clerical geweſen ſei, für die Liberalen aber fände er ein ſolches Gefühl nicht, denn ſie ſuchten heute aus egoiſtiſchen Gründen ein „Unterſchlupf im feudalen Raubneſte“. Wir haben wirklich in ſehr vieler Beziehung keine Urſache, mit Herrn Pernerſtorfer zu ſympathiſiren, aber eigenthümlich bleibt es immerhin, daß dieſer Ab- geordnete deshalb mit ſeinen früheren Freunden bricht, weil ſich deren angebliche Freiheitsliebe als bloßes Aushängeſchild, oder um actuell zu ſprechen, als unreeller Wettbewerb herausgeſtellt hat. Wir ſtimmen, wie geſagt, nicht oft mit Herrn Pernerſtorfer überein, aber das gewiſſe „andere Ge- fühl“, als Achtung, das er für die Liberalen hegt, das theilen wir allerdings vollſtändig und wir ſtehen da- mit durchaus nicht allein. Bei den geſtern ſtattgefundenen Wahlen aus dem erſten Wahlkörper in den Grazer Gemeinderath wurden vier liberale und zwei antiliberale Gemeinde- räthe gewählt. Nach dem Verlaufe und Ergebniſſe der letzten Gemeindewahlen in Graz iſt nicht zu verkennen, daß auch in dieſer Stadt der Liberalismus abge- wirthſchaftet hat und die chriſtlich-ſociale Idee ſich langſam aber ſicher Bahn bricht Ausland. Wien, 5. December. Bezüglich des Botſchafterwechſels in Peters- burg ſchreibt die „Pol. Corr.“: Die Audienz, welche der bisherige öſterreichiſch-ungariſche Botſchafter am ruſſiſchen Hofe, Graf Wolkenſtein-Troſtburg, vorgeſtern beim Kaiſer Nicolaus II. hatte, trug den Charakter eines Abſchiedsbeſuches. Zur Ueberreichung eines Abberufungsſchreibens war kein Anlaß vorhanden, da Graf Wolkenſtein bei dem gegenwärtigen Czaren überhaupt noch nicht accreditirt war. Der neu er- nannte öſterreichiſch-ungariſche Botſchafter am ruſſiſchen Hofe, Fürſt Liechtenſtein, wird im Laufe des December auf ſeinem Poſten eintreffen. Die geſtrige Debatte im Sabranje brachte der Regierung einen großen Erfolg. Es handelt ſich um die Wahl in Bela-Slatina. Am 11. (23.) September ſoll daſelbſt, wie behauptet wird, Dragan Zankow gewählt worden ſein, doch wird im dies- falls aufgenommenen Act erklärt, daß die Wahl wegen vorgefallener Gewaltthätigkeiten gegen das Wahlbureau gar nicht ſtattgefunden habe. Am 18. (30.) September wurde in wiederholter Wahl der ſpätere Miniſter Tontſchew gewählt, welcher ſeither demiſſionirt hat und als Deputirter niemals in der Kammer er- ſchienen iſt. Die Debatte über dieſe Wahl wurde ſeit Eröffnung der Seſſion mit Ungeduld erwartet, weil man ſie als einen Prüfſtein für die Solidität der gemeinſamen Arbeit und der Opferwilligkeit der dieſem heiligen Werke ergebenen Perſonen organiſirt, erſcheint außerordentlich zeitgemäß, und wir können nur wün- ſchen, daß das gute Beiſpiel der Odeſſaer Initiatoren nicht ohne Widerhall und Nachahmung überall dort, wo dieſes ſich als nothwendig erweiſen wird, bleiben möge.“ Der Artikel ſchließt dann folgendermaßen: „Am wichtigſten von dem oben mitgetheilten Programm des Odeſſaer Vereins erſcheint uns die Aufgabe desſelben, die Kinder armer Juden im Geiſte des orthodoxen Glaubens zu erziehen und zu bilden. Auf dieſe Weiſe wird die jüdiſche Bevölkerung Rußlands am leichteſten und am eheſten ruſſificirt und mit der Stammbevöl- kerung verſchmolzen werden. Wir ſind überzeugt, daß zur Erreichung dieſes Zweckes ſich genügende Mittel finden werden, die man am beſten zur Errichtung ſolcher Schulen verwenden kann, in welchen die der ruſſiſchen Sprache nicht beſonders mächtigen Kinder dieſe Sprache gründlich erlernen und hierauf ihre Ausbildung in den allgemeinen Lehranſtalten erhalten würden Natürlich iſt das eine Sache der Zukunft; wir geben uns aber der Hoffnung hin, daß wir nicht lange auf die guten Reſultate dieſer Vereine zu warten haben werden und wünſchen denſelben herzlich die raſcheſten und vollſten Erfolge.“ Iſt Heilſerum ein Heilmittel gegen Diphtheritis? *) Von Dr. Joſef Hermann, penſ. Primararzt am k. k. Kranken- haus Wieden in Wien. Mein alter Grundſatz „Alle Krankheiten, welche ohne Medicamente heilen, heilen auch unter jedem Medicamente“ — drängt die Frage in den Vordergrund: Wenn Alles — Hydro — Homöopathen, Naturärzte, Chirurgen, Heilungen der Diphtheritis bekanntgeben: welche Methode enthält dann das Heilmittel, und welche Ingredienz iſt denn das Heil- mittel gegen Diphtheritis? Aus dem Chaos diesbezüglicher Meinungen geht nur die eine Wahrheit hervor, daß die Wiſſenſchaft bisher ein Heilmittel gegen Diphtheritis nicht kenne. Demgemäß kann alſo die Heilwirkſamkeit des Serums in der Diphtheritis, da hiezu der wiſſenſchaftliche Nachweis bisher vollſtändig fehlt, nur Sache des Glaubens, oder allen- falls noch eines frommen Wunſches ſein. Nun ſind es zwei Dinge, welche ſelbſt der Glauben an das Heilſerum als Heilmittel vom Grunde aus erſchüttern: erſtens die Re- ſerve, daß das Heilmittel nur in den erſten drei Tagen der Krankheit wirke und von da ab wirkungslos ſei und zweitens die Berufung auf die durch das Heilſerum be- wirkte Abnahme des Sterblichkeitspercentes. Iſt es ſchon um die Heilwirkſamkeit eines Mittels an und für ſich ſchlecht beſtellt, wenn es an eine Zeit der An- wendung gebunden iſt, wo der Arzt oft noch kaum eine exacte Diagnoſe ſtellen kann, oder wo die Indolenz der Menſchen dieſe Friſt verſtreichen läßt, — ſo muß ich mit aller Entſchiedenheit erklären, daß die Statiſtik gerade in der Diphtheriris abſolut nicht geeignet ſei, eine Abnahme des Sterblichkeitspercentes mathematiſch richtig zu ſtellen. — In keiner Krankheit iſt eine ſtatiſtiſche Zuſammenſtellung ſo wenig verläßlich, als in der Diphtheritis; — unter den ſtatiſtiſch angegebenen Diphtheritisfällen figuriren ſo viele Erkrankungsformen, welche Alles, nur keine Diphtheritis ſind, oder entbehrt die Thatſache der Wahrheit, daß die Aerzte ſo häufig Follicularentzündungen, katarrhaliſche, mercurielle, tuberculoſe Geſchwüre und andere Exſudate an der Rachenſchleimhaut für Diphtheritis anſehen, ja daß ſie in der Letztzeit ſogar behördlich verhalten werden, auch Bräune (Croup) und Diphtheritis, zwei doch ſo weſentlich verſchiedene Krankheitsformen, in eine Rubrik zu vereinigen? Welchen Werth hat dann eine ſolche Statiſtik und wird nicht der Percentſatz der Sterblichkeit derart alterirt, daß in den einzelnen Berichten die widerſprechendſten Zahlen ans Tageslicht kommen? Weiterhin ſchreibt man dem Heilſerum die Eigenſchaft zu, durch Einimpfung desſelben Immunität gegen Diphtheritis herbeizuführen, und ſomit auf demſelben Wege und an- geblich mit demſelben Erfolge, wie bei den Blattern die Schutzimpfung mit der Kuhpocke. — Alſo auf der Prämiſſe, daß die Impfung gegen Blattern immun mache, baut man die Immunitätslehre gegen Diphtheritis. Iſt nun aber die Immunität durch die Schafpockenimpfung eine allgemeine wiſſenſchaftliche Wahrheit? iſt ſie unbeſtritten ein Dogma? oder iſt dieſelbe durch die Wiſſenſchaft durchaus nicht er- wieſen, ſeit ihrem Beſtehen von den geiſtreichſten Aerzten und Laien aller Culturſtaaten bekämpft und als hinfällig erklärt — auch nur wieder eine Sache des Glaubens? — Und da will man auf dieſem morſchen Grunde einen Bau aufführen, welcher die Menſchheit von der Geißel der Diphtheritis befreit? In der That! auf die größte Lüge des Jahrhunderts, Immunität durch Schafpockenimpfung, pfropft man ein neues Reis, eine neue Lüge — Immunität gegen Diphth eritis. Man möge doch hier Eines bedenken: Alle bisherigen Verſuche, auf dem Wege der Impfung Heilung und Im- munität zu erzielen, nehmen ein klägliches Ende. Die Lehre Jeltſchinsky’s, durch Blatternimpfung Syphilis zu heilen, fand ſchon an der Wiege ihres Ent- deckers in Rußland ein vorzeitiges Ende; — die Syphili- sation, Impfung mit ſyphilitiſchen Secrets, von Sporino in Italien inaugurirt, verſchwand ſchon nach etwa zwei De- cennien mit ſehr zweifelhaftem Rufe vom Schauplatze; — Ferrand’s Choleraimpfung wagte ſich kaum über die Grenze Spaniens und endete ihre ephemere Exiſtenz, nachdem ſie mehr Unheil anſtiftete, als die Cholera ſelbſt. — Paſteur’s Impfung gegen die Wuth (Lyſſa) liegt bereits an einem unheilbaren Siechthum darnieder; ſie friſtet noch ihr Daſein durch die vermeintliche Immunität gegen eine Krankheit, welche kein Arzt und kein Thierarzt weder kliniſch noch anatomiſch kennt, welche zweifelsohne nicht Wuth, ſondern Starrkrampf iſt, abgeſehen davon, daß dieſe Art Impfung die Gefahr in ſich ſchließt, ſchwere, ſelbſt lethale Krankheitsformen zu erzeugen; — Kochs Theorie iſt vollſtändig im Abſterben; ſein Kommabazillus iſt entſchieden nicht der Erreger, ſondern das Product des Krankheitspro- ceſſes; die Cholera bürgert ſich allgemein in Europa ein uud bedarf keines Heimatſcheines aus Indien mehr; ſie wird überall eine ſtändige Krankheit, wo ſie die Elemente für ihre Entſtehung und Entwicklung vorfindet; Koch’s Tuberkulin zählt bereits, nachdem es zahlloſe Hoffnungen vernichtet und viele Opfer an Leben gefordert, zum Glücke für die Menſchheit unter die Todten, ohne jegliche Ausſicht auf eine Wiederaufftehung. Und nach allen dieſen Niederlagen der glorreichen Ent- deckungen und Erfindungen des Jahrhunderts ſollte das Heilſerum das Wunder der Immunität hervorbringen? Nimmermehr und ſchon deshalb nicht, weil ja ſchon der Begriff „Immunität“ außerordentlich dehnbar und ohne allen logiſchen Haltpunkt iſt. *) Wir entnehmen dieſem zeitgemäßen und be- achtenswerthen Artikel der in Jurik’s Verlag in Feiſtritz- Lembach, Steiermark, erſcheinenden „Geſundheitswarte“, Zeit- ſchrift für naturgemäße Heil- und Lebensweiſe, redigirt von Dr. Georg Simoni, jährlich 24 Hefte zu 16 Seiten ſammt Poſtzuſendung fl. 2·40.

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: keine Angabe; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;




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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 280, Wien, 06.12.1894, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost280_1894/2>, abgerufen am 29.04.2024.