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Reichspost. Nr. 495, Wien, 20.10.1913.

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Wien, Montag Reichspost 20. Oktober 1913. Nr. 495

[Spaltenumbruch]

Hochschulen infolge dieser Verhältnisse in Zukunft ihre
beherrschende wissenschaftliche Stellung
behaupten oder ob die Gefahr einer erfolgreichen Konkurrenz
durch andere Nationen besteht.

Der heutige Zustand muß uns mit ernster Sorge erfüllen.
Auf einer Seite müssen wir mit allen Kräften für den Aus-
bau der Wissenschaft eintreten, auf der anderen Seite
tragen wir die Verantwortung, daß Aerzte und Richter,
Priester und Lehrer unserer Universität nicht ohne
genügende Vorbereitung für ihren Beruf
verlassen. Wir wollen fest halten an der Einheit
von Forschung und Lehre,
aber mit Nachdruck dafür
eintreten, daß aus dem gewaltigen Anwachsen beider Ver-
pflichtungen die nötigen Konsequenzen gezogen werden. Ich
würde nicht empfehlen, der Ueberfüllung der Universitäten
durch Neugründung von Hochschulen, durch das Fernhalten ge-
wisser Hörerkreise und durch Reduktion der Zahlen des studenti-
schen Nachwuchses zu steuern. Mit Gewaltmaßregeln werden
wir den Zudrang weiterer Kreise zur Universität für die Dauer
nicht hemmen können. Dagegen ist eine Reformunseres
Mittelschulwesens
nötig. Es soll ein geeigneterer
Nachwuchs für nicht akademische Be-
rufe
sichergestellt werden, als durch die Vermehrung
der Gymnasien und Realschulen. Viel wichtiger für unser
Universitätswesen ist die Ausgestaltung der be-
stehenden
Universitäten als die Gründung von neuen.
Diese Ausgestaltung betrifft die Erleichterung der Vereinigung
der Forschertätigkeit mit der Lehrtätigkeit. Hiezu sind vier
Möglichkeiten gegeben: Zunächst ist eine Vermehrung
der Zahl der Lehrkräfte
nötig. Die Teilung von
Lehrkanzeln, die Ausnützung der Institution der Extraordinariate
und Honorardozenturen ist ein Mittel zur teilweisen Behebung
der Uebelstände. Ein zweites Mittel ist die Entlastung der Vor-
stände größerer Institute durch ausreichende Hilfskräfte. besonders
für administrative und technische Angelegenheiten. Die dritte
Maßregel ist die größere Fürsorge für den wissenschaftlich
tüchtigen Nachwuchs. Endlich aber muß der Ausgestaltung
der deutschen Universitäten außerhalb
Wiens
eine erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet werden.

Der Rektor schloß mit einem Appell an die berufenen
Kreise, bei allen Maßnahmen, die die Universität be-
treffen, als wichtigste Aufgabe die Schonung der
wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit
ihrer Lehrer anzusehen,
damit die glänzende
Stellung der Universitäten auf wissenschaftlichem Gebiete
keine Schmälerung erfahre, im Interesse ihrer selbst, des
Staates und der ganzen Menschheit.

Lebhafter Beifall folgte den Ausführungen des Rektors.
Die Feier schloß mit der Absingung des Gaudeamus.




Schönerer im Sofiensaal.

Gestern war nach mehrjähriger Zurückgezogenheit erstes --
und widerruflich letztes -- Wiederauftreten Schönerers
als Redner in einer alldeutschen Versammlung im Sofiensaal.
Es sei nicht wahr, sagte er, daß er "verbittert" sei, wohl
aber sei er "verstimmt", weil er "soviel Un-
treue, Meuterei, Umfall, Wortbruch
und Verrat
erlebt habe. (Wir haben es Herrn Schönerer
ja schon vor zehn und zwanzig Jahren gesagt, daß er mit
seiner Anhängerschaft die schlimmsten Erfahrungen machen
werde, aber er hat es uns damals nicht glauben wollen; wer
nicht hören will, muß eben fühlen. D. R.) Dann wandte sich
Schönerer gegen den "Dunst der slavisierenden Regierungs-
politik" und gegen jene deutschen Parlamentarier, die diesem
Dunst erliegen, gegen "die korrupte Presse", wogegen er als
leuchtendes Beispiel hervorhob, daß "eben jetzt" der Schrift-
leiter des alldeutschen Organs die ihm von den Geschwerenen
im Wolf-Prozesse zuerkannte Gefängnisstrafe absitze,
wetterte gegen den deutschen Adel, der durch einen Thun,
Schwarzenberg und Stürgkh vertreten sei, prophezeite, daß die
Nationalverbändler Deutschböhmens, die jetzt zwar Opposition
gegen den Statthalter Fürsten Thun markieren, Hand in Hand
mit diesem "das deutsche Volk verraten werden"; dem alldeut-
schen Verband im Reiche sprach Schönerer seine Mißstimmung
aus und weissagte, daß Oesterreich in Kürze ein slavischer
Staat sein werde, weshalb das Bündnis des Deutschen Reiches
mit Oesterreich keinen Sinn habe. Zwischendurch ließ er dem
Kaiser Wilhelm als dem "Nuser und Verkünder des germanischen
Zukunftsgedankens" von der Versammlung ein Heil bringen.
Nach einigen weiteren Glossen über die innere und National-
verbandspolitik nannte es Schönerer "ein Unding, daß politische
Abgeordnete Obmänner nationaler Schutzvereine sind" (wie
Dr. Pollauf, Wastian, Dr. Groß!), ärgerte sich über die Er-
folge des Bürgermeisters Dr. Weiskirchner und rief schließlich
nach "einem zweiten Bismarck", dem "Gestalter des Deutsch-
tums der Zukunst." -- Ob er dabei an den Malik oder an den
Franko Stein gedacht hat, der in der Versammlung ebenfalls
eine Rede tat, ist unausgesprochen geblieben.

Die Katastrophe des deutschen
Reichsmarineluftschiffes "L II".
Aeußerungen Kaiser Wilhelms über die
Katastrophe.


Kaiser Wilhelm äußerte sich sicherem Ver-
nehmen nach gegenüber dem Erzherzog-Thronfolger
Franz Ferdinand über die Katastrophe des
"L II": "Es ist furchtbar! Ich bin irostlos! Es
dauern mich die zukunftsreichen
Menschen leben.
Nun werden alle Besserwisser
und die öffentliche Meinung gegen die gran-
diosen Luftschiffe
Front machen, als ob nicht
ein Dampfer oder ein Zug auch schon verunglückt
wäre!"

Freiherr v. Tirpitz an Graf Zeppelin.


Auf das Beileidstelegramm des Grafen Zeppelin
hat der Staatssekretär des Reichsmarineamtes folgende
Antwortdepesche abgesandt: "Herzlichen Dank für Ihr
warmes Beileid. Wir trauern beide gemeinsam um die
vielen wackeren Männer, die ihr Leben für Ihr großes
Werk gelassen haben. Unser nächster Zeppelin wird
hoffentlich unter einem günstigeren Stern fahren.
v. Tirpitz."

Der Eindruck der Katastrophe in Paris.


Die Pariser Ausgaben der englischen Blätter sehen
in der Katastrophe des "L II" den Beweis dafür, daß
die Zeppelinluftschiffe nicht das gehalten haben, was sie
versprochen. "Daily Mail" sagt: Wenn die
Zeppelinluftschiffe neben den Gefahren des Windes nun
auch nicht mehr den Gefahren von Explosionen entgehen
[Spaltenumbruch] können, so kann man nicht mehr an den Wert des
Systemes glauben. "Daily Chronicle" meint:
Deutschland habe für die Herrschaft in der Luft einen
höheren Preis bezahlt, als alle anderen Nationen.
Frankreich habe 100 seiner Söhne bei der Bezwingung
der Lüfte verloren, Deutschland aber ganz bedeutend
mehr. Die lange Liste der Zeppelinkatastrophen beweise
doch, daß der Glaube an die fehlerlose Vortrefflichkeit
der Zeppelinluftschiffe ein Irrtum sei. Nicht den Luft-
schiffen, sondern den Flugzeugen gehöre die Zukunft
der Luft.




Die Wiener Tonhalle.
Eröffnung in Anwesenheit des
Kaisers.

Eine Schar begeisterter Kunstfreunde hat sich zu
einem großen Beginnen zusammengeschlossen; sie wollte
in Wien eine Tonhalle schaffen. Und gestern haben sie
wohl mit Stolz und Ergriffenheit auf die so glorreich
vollendete Tat geblickt. Leicht wurde dem Werk
das Gelingen nicht. Es waren viele Schwierig-
keiten zu überwinden, die in dem Doppel-
zweck des Hauses begründet lagen, das zunächst
eine Stätte künstlerischer Betätigung und in
zweiter Linie auch gesellschaftlicher Veranstaltungen sein
sollte. So gab es also manches Problem zu lösen:
"Von Morgen bis Abend in Müh' und Angst -- Nicht
wonnig ward sie gewonnen!" Nun aber steht der Bau
da in hehrer, herrlicher Pracht und die Sorgen und
Mühen sind vergessen. Bekanntlich hatte seinerzeit der
Kaiser das Protektorat über die Konzerthaus-
gesellschaft
übernommen. Und der Monarch hat
es sich nicht nehmen lassen, in Würdigung der hohen
kulturellen Bestimmung des Hauses die Feier der
Schlußsteinlegung durch seine persönliche Anwesenheit
zu einem denkwürdigen Tag in der Geschichte des
Wiener Konzertlebens zu stempeln.

Der 19. Oktober wird in den Annalen der Musikstadt
Wien als besonders denkwürdiger Tag eingetragen
werden müssen. Möge in Erfüllung gehen, was im
Schluß der offiziellen Urlunde als Wunsch ausgesprochen
ist: "So sei denn der Bau geweiht zur Erfüllung seiner
Aufgabe: eine Stätte zu sein für die Pflege edler Musik
und froher Wiener Geselligkeit, ein Sammelpunkt musi-
kalischer künstlerischer Bestrebungen, ein Haus für die
Musik und ein Haus für Wien! In diesem Zeichen
möge es gedeihen und blühen, der erhabensten Kunst und
unserer Vaterstadt Wien zu Dank und Ehren!"

Die Festgäste.

Im Konzerthaus hatte sich eine illustre Gesellschaft auf
der Estrade versammelt: der italienische Botschafter Herzog von
Avarna, der französische Botschafter Mr. Dumaine, der
türkische Botschafter Hilmi Pascha, der japanische Botschafter
Sadsuo Akidzuki, der bulgarische Gesandte Salatbascheff, der
deutsche Geschäftsträger Botschaftsrat Prinz Stolberg-Wernige-
rode, Fürsterzbischof Exzellenz Dr. Piffl mit Zeremoniär
Wagner, Uditore Msgre. Rossi und der Sekretär der aposto-
lischen Nuntatur Msgre. Ogna, Ministerpräsident Graf Stürgkh,
die Minister Dr. Freiherr v. Heinold, Dr. v. Hochenburger,
Dr. Schuster v. Bonnot, Dr. Trnka und der Leiter des Finanz-
ministeriums Geheimer Rat Sektionschef Baron Engel von
Mainfelden, VB. Dr. Prozer in Vertretung des Gemeinderats-
präsidiums mit Magistratsrat Formanek und LA. Bielohlawek.
Im Festsaal befanden sich weiters: Ministerpräsident a. D.
Freiherr v. Beck, Minister a. D. Dr. Wittek, Statthalter Freiherr
v. Bienerth mit Gemahlin, Stadtkommandant G. d. J. Wikulil,
Polizeipräsident Ritter v. Brzesowski und Gemahlin, General-
direktor des Privat- und Familienfonds des Kaisers Geheimer
Rat Ritter v. Hawerda, Senatspräsident Dr. Josef Freiherr
v. Schenk, Geheimer Rat Sektionschef a. D. Ritter von
Roza, die Sektionschefs FML. Günzl, Dr. Freiherr von
Wetschl, Dr. Ritter v. Wimmer, Dr. Freiherr v. Weck-
becker, Dr. Edler v. Globocnik, Dr. Freiherr v. Slatin, die
Sektionschefs a. D. Dr. R. v. Hardt, Baron Odelga, Doktor
R. v. Berger, Herrenhausmitglied Lud. Lobmayr, Hofwirtschafts-
direktor Hofrat R. v. Prileszky, Hofrat R. v. Horsetzky, Statt-
haltereirat Brückmüller, die Ministerialräte Dr. Josef Braiten-
berg Edler v. Zenoburg mit Gemahlin, R. v. Pranter und
Gemahlin, Dr. Wilkens, Dr. Dlabac, Dr. Rudolf Maresch,
Universitätsprofessor Dr. Josef Freih. Scheg v. Koromla, Uni-
versitätsprofessor R. v. Fränkel mit Gemahlin, Direktor Hofrat
Dr. Leisching, Sektionsrat Graf Rudolf Attems. Die Stadträte
Schwer und Kleiner, Magistratsdirektor Appel, Oberlandesrat
Dr. Kostersitz, Magistratsrat Dr. Madjera, Magistratsober-
kommissär Dr. Wolf, Truchseß Dobner v. Dobenau, viele Groß-
industrielle, der Obmann der Künstlergenossenschaft Professor
Darnaut, Bildhauer Hegenbarth, die Maler Engelhard, Hochen-
burger und Falkenstein, Malerin Fräulein Loebell. Weiters sah
man Hofoperndirektor Hans Gregor, Leiter des Hofburgtheaters
Hugo Thimig, Direktor Oskar Fronz, Direktor der Akademie
für Musik und darstellende Kunst Wilhelm Bopp und Ge-
mahlin, die Komponisten Oskar Strauß, Oskar Nedbal, die
Hofkapellmeister Schalk, Reichenberger und Luze, Kammer-
sängerin Kurz, Hofburgschauspielerin Lily Marberg, Eugen
d'Albert, Professor Grünfeld, die Konzertsängerinnen Adrienne
v. Kraus-Osborn und Flora Volk, zahlreiche Lehrkräfte der
Akademie für Musik und darstellende Kunst usw. Von den zahl-
reichen anwesenden Damen seien genannt: Gräfin Nandine
Berchtold, Gräfin Johanna Hartenau, Gräfin Misa Wydenbruck-
Esterhazy, Gräfin Gabriele v. Rechberg und Rothenlöwen, Exz.
Baronin Auffenberg, Exz. Baronin Helene Beck, Exz. Baronin
Heinold, Exz. Baronin Banhans, Exz. Frau v. Georgi, Frau
v. Dittrich, Exz. Frau v. Hussarek, Exz. Frau Berta Weis-
kirchner, Stifsdame Baronin Dankelmann, Frau Präsident von
Eger, Frau Helene Artaria, Frau Marie Köcherl, Marta Beyer,
v. Wiener, Frau kaiserl. Rat Ehrbar, Frau Schenker-Angerer,
Frau Slezak, Frau v. Bielka u. a. Von Deputationen
waren zu der Festlichkeit erschienen: in Vertretung des
Präsidiums der Gesellschaft des Musikvereins Minister
a. D. Dr. Marchet, Sektionschef R. v. Haberer, Dr. Ernst
Kraus und Regierungsrat Dr. Steger, in Vertretung des
Wiener Männergesangvereins Vorstand Dr. Heinrich Prükl,
und Chormeister Viktor Kehldorfer, in Vertrekung des "Schubert-
bund" die Vorstände kaiserl. Rat Josef A. Jatsch und Ober-
inspekter Adolf Janisch, Ehrenchormeister Adolf Kirchl, für die
Wiener Philharmoniker Vorstand Hofmusiker Alois Markl uud Vor-
standstellvertreter Franz Mairecker, für den österreichischen
Musi[k]erverband Präsident Franz Frank und Vizepräsident Hof-
musiker Ignaz Hermann, in Vertretung des Mozarteums
Sekretär Fritz Gehmacher und Direktionsrat Dr. Franz
Mussoni, dann Vertreter der Musikervereine in der Provinz.


[Spaltenumbruch]
Die Ankunft des Kaisers.

Um 3/411 Uhr erschien Obersthofmeister Fürst Monte-
nuovo
und bald darauf Erzherzog Leopold Salvator
in Begleitung seines Kammervorstehers Prinzen August Lob-
kowitz.
Der Erzherzog wurde vom Präsidenten Artaria
empfangen und zog sodann die Architekten des Hauses in ein
längeres Gespräch. Punkt 11 Uhr fuhr der Kaiser in Be-
gleitung seines Generaladjutanten G. d. K. Grafen Paar im
offenen Leibwagen unter den Hochrufen der Menge beim Haupt-
eingang vor. In einem zweiten Wagen folgte Flügeladjutant
Major Walluschek. Beim Betreten des Hauses wurde der
Kaiser von Unterrichtsminister Dr. Ritter v. Hussarek
Präsidenten Artaria und dem Chefarchitekten Oberbaurat
Fellner begrüßt. Präsident Artaria dankte dem Kaiser, daß
er selbst die Schlußsteinlegung vornehme, worauf Se. Majestät
erwiderte, er freue sich der feierlichen Eröffnung des Hauses
beiwohnen zu können.

Nachdem der Kaiser den Erzherzog Leopold
Salvator
begrüßt hatte, schritt er an der Seite
des Präsidenten Artaria durch das Mädchenspalier, das
in stürmische Hochruse ausbrach und dabei weiße
Chrysanthemen schwang. Der Kaiser äußerte sich über
die Begrüßung durch die Jugend der Akademie sehr
erfreut.

Der Einzug in den großen Konzertsaal.

Bei seinem Reliefbildnis mit den Anfangsnoten der
Volkshymne im Stiegenhaus angekommen, sprach der
Kaiser dem Schöpfer des Denkmals Professor Ritter
v. Hellmer sein Lob in huldvollsten Worten aus.
Als der Kaiser den großen Konzertsaal betrat, in dem
sich das Publikum von den Sitzen erhoben hatte,
flammten in den bereits prunkvoll erleuchteten Saale noch
Tausende Glühlichter auf. Konzertdirektor Löwe, der auf
einem erhöhten Podium vor der Tribüne der aus der
Singakademie und dem Schubertbund
bestehenden Sängerschar
stand, hob die
Arme und mächtig durchbrausten die Klänge des Weihe-
liedes "Gott erhalte", von Professor Dittrich
auf der Orgel begleitet, den Saal. Der Kaiser war in
der Mitte des Saales stehen geblieben, und, den Blick
zur Höhe gerichtet, ließ er den mächtigen Eindruck des
Raumes auf sich wirken. Er rühmte sofort die Pracht
des Saales und den großartigen Klang der Orgel und
nahm mit Befriedigung zur Kenntnis, daß diese von
der österreichischen Firma Rieger in Jägerndorf gebaut
wurde. Während der Kaiser der Estrade zuschritt, ver-
klang die Volkshymne. Die Sängerschar bereitete nun
dem Kaiser eine begeisterte Ovation und begrüßte ihn
mit jubelden Zurufen. Der Monarch trat auf die
Gruppe der Diplomaten und Minister zu und zog den
italienischen Botschafter Herzog v. Avarna und
dann den Ministerpräsidenten Graf Stürgkh ins
Gespräch.

Der Präsident der Wiener Konzerthausgesellschaft
Karl August Artaria hielt hierauf eine Ansprache,
in der er sagte: In der Geschichte der Musik glänzen
die Namen vieler Mitglieder unseres erhabenen Herrscher-
hauses, die der Tonkunst ihre huldvolle Fürsorge zuteil
werden ließen, allen voran der Name jenes erlauchten
Vorfahren Euerer Majestät, der unserem größten
Meister, Beethoven, als mächtiger Förderer zur
Seite stand und sein begeisterter Schüler war.
Dieses traditionelle Interesse der habsbur-
gischen Dynastie
an der Tonkunst haben
Eure Majestät durch die huldvolle Anteilnahm au
unserem Werke neuerlich allergnädigst betätigt. Geruhen
Eure Majestät hiefür an dem heutigen Festtage unseren
ehrfurchtsvollen alleruntertänigsten Dank entgegenzu-
nehmen, den wir bewegten Herzens Euerer Majestät
darbringen. Unter den glückverheißenden Auspizien der
Gegenwart Euerer Majestät übergeben wir heute dieses
Haus seiner hehren Bestimmung. Möge es für unsere
Generation und für kommende Geschlechter eine Stätte
der Sammlung und Läuterung, eine Stätte weihevoller
künstlerischer Erhebung aus den Mühen und Sorgen des
Lebens sein. Möge in diesem Hause das Vermächtnis
unserer großen Meister
immer treu und
ehrfurchtsvoll bewahrt und das Schaffen zeitgenössischer
Künstler liebevoll gepflegt werden zum Ruhme und zur
Förderung der Kunst, zum Wohle und zur Erbauung
der Bewohner unserer Stadt. Das walte Gott!
Euere Majestät wollen nunmehr die untertänige Bitte
gestatten, daß die Urkunde unter dem Schlußstein ver-
senkt und das Haus seiner Bestimmung übergeben werden
dürfe, der Kunst zu Ehren und der Stadt Wien zur
Freude!

Die Antwort des Kaisers.

Der Kaiser erwiderte hierauf mit folgenden Worten:

"Es gereicht Mir zur aufrichtigen Freude, die unter
Meinem Protektorate stehende Wiener Konzerthaus-
Gesellschaft zur Ausführung dieses schönen Bauwerkes
beglückwünschen und allen, die sich um
dessen Zustandekommen verdient gemacht haben,
Meine Anerkennung aussprechen zu können.
Nicht einem Gebote der Zweckmäßigkeit allein, sondern
weit mehr noch dem lebhaften künstlerischen
Bedürfnisse der Bevölkerung
ist der
Gedanke entsprungen, Wien, diesen glänzenden Mittel-
punkt des Müsiklebens, um eine Pflegestätte der Ton-
kunst zu bereichern. Möge die gleiche Kunstbegeisterung
den, wenn auch neu erstandenen, so doch von den
stolzesten Traditionen umgebenen Bau jederzeit erfüllen
und die Musik ihre veredelnde, über die Sorgen des
Alltags hinweghebende Kraft in diesen Räumen bis in
die späte Zukunft ausüben. Mit diesem Wunsche und
dem Ausdrucke Meines herzlichen Dankes für die warmen
Worte der Begrüßung schreite ich nunmehr gerne zur
Legung des Schlußsteines und gestatte, daß das Haus
seiner Bestimmung übergeben werde."


Wien, Montag Reichspoſt 20. Oktober 1913. Nr. 495

[Spaltenumbruch]

Hochſchulen infolge dieſer Verhältniſſe in Zukunft ihre
beherrſchende wiſſenſchaftliche Stellung
behaupten oder ob die Gefahr einer erfolgreichen Konkurrenz
durch andere Nationen beſteht.

Der heutige Zuſtand muß uns mit ernſter Sorge erfüllen.
Auf einer Seite müſſen wir mit allen Kräften für den Aus-
bau der Wiſſenſchaft eintreten, auf der anderen Seite
tragen wir die Verantwortung, daß Aerzte und Richter,
Prieſter und Lehrer unſerer Univerſität nicht ohne
genügende Vorbereitung für ihren Beruf
verlaſſen. Wir wollen feſt halten an der Einheit
von Forſchung und Lehre,
aber mit Nachdruck dafür
eintreten, daß aus dem gewaltigen Anwachſen beider Ver-
pflichtungen die nötigen Konſequenzen gezogen werden. Ich
würde nicht empfehlen, der Ueberfüllung der Univerſitäten
durch Neugründung von Hochſchulen, durch das Fernhalten ge-
wiſſer Hörerkreiſe und durch Reduktion der Zahlen des ſtudenti-
ſchen Nachwuchſes zu ſteuern. Mit Gewaltmaßregeln werden
wir den Zudrang weiterer Kreiſe zur Univerſität für die Dauer
nicht hemmen können. Dagegen iſt eine Reformunſeres
Mittelſchulweſens
nötig. Es ſoll ein geeigneterer
Nachwuchs für nicht akademiſche Be-
rufe
ſichergeſtellt werden, als durch die Vermehrung
der Gymnaſien und Realſchulen. Viel wichtiger für unſer
Univerſitätsweſen iſt die Ausgeſtaltung der be-
ſtehenden
Univerſitäten als die Gründung von neuen.
Dieſe Ausgeſtaltung betrifft die Erleichterung der Vereinigung
der Forſchertätigkeit mit der Lehrtätigkeit. Hiezu ſind vier
Möglichkeiten gegeben: Zunächſt iſt eine Vermehrung
der Zahl der Lehrkräfte
nötig. Die Teilung von
Lehrkanzeln, die Ausnützung der Inſtitution der Extraordinariate
und Honorardozenturen iſt ein Mittel zur teilweiſen Behebung
der Uebelſtände. Ein zweites Mittel iſt die Entlaſtung der Vor-
ſtände größerer Inſtitute durch ausreichende Hilfskräfte. beſonders
für adminiſtrative und techniſche Angelegenheiten. Die dritte
Maßregel iſt die größere Fürſorge für den wiſſenſchaftlich
tüchtigen Nachwuchs. Endlich aber muß der Ausgeſtaltung
der deutſchen Univerſitäten außerhalb
Wiens
eine erhöhte Aufmerkſamkeit zugewendet werden.

Der Rektor ſchloß mit einem Appell an die berufenen
Kreiſe, bei allen Maßnahmen, die die Univerſität be-
treffen, als wichtigſte Aufgabe die Schonung der
wiſſenſchaftlichen Leiſtungsfähigkeit
ihrer Lehrer anzuſehen,
damit die glänzende
Stellung der Univerſitäten auf wiſſenſchaftlichem Gebiete
keine Schmälerung erfahre, im Intereſſe ihrer ſelbſt, des
Staates und der ganzen Menſchheit.

Lebhafter Beifall folgte den Ausführungen des Rektors.
Die Feier ſchloß mit der Abſingung des Gaudeamus.




Schönerer im Sofienſaal.

Geſtern war nach mehrjähriger Zurückgezogenheit erſtes —
und widerruflich letztes — Wiederauftreten Schönerers
als Redner in einer alldeutſchen Verſammlung im Sofienſaal.
Es ſei nicht wahr, ſagte er, daß er „verbittert“ ſei, wohl
aber ſei er „verſtimmt“, weil er „ſoviel Un-
treue, Meuterei, Umfall, Wortbruch
und Verrat
erlebt habe. (Wir haben es Herrn Schönerer
ja ſchon vor zehn und zwanzig Jahren geſagt, daß er mit
ſeiner Anhängerſchaft die ſchlimmſten Erfahrungen machen
werde, aber er hat es uns damals nicht glauben wollen; wer
nicht hören will, muß eben fühlen. D. R.) Dann wandte ſich
Schönerer gegen den „Dunſt der ſlaviſierenden Regierungs-
politik“ und gegen jene deutſchen Parlamentarier, die dieſem
Dunſt erliegen, gegen „die korrupte Preſſe“, wogegen er als
leuchtendes Beiſpiel hervorhob, daß „eben jetzt“ der Schrift-
leiter des alldeutſchen Organs die ihm von den Geſchwerenen
im Wolf-Prozeſſe zuerkannte Gefängnisſtrafe abſitze,
wetterte gegen den deutſchen Adel, der durch einen Thun,
Schwarzenberg und Stürgkh vertreten ſei, prophezeite, daß die
Nationalverbändler Deutſchböhmens, die jetzt zwar Oppoſition
gegen den Statthalter Fürſten Thun markieren, Hand in Hand
mit dieſem „das deutſche Volk verraten werden“; dem alldeut-
ſchen Verband im Reiche ſprach Schönerer ſeine Mißſtimmung
aus und weisſagte, daß Oeſterreich in Kürze ein ſlaviſcher
Staat ſein werde, weshalb das Bündnis des Deutſchen Reiches
mit Oeſterreich keinen Sinn habe. Zwiſchendurch ließ er dem
Kaiſer Wilhelm als dem „Nuſer und Verkünder des germaniſchen
Zukunftsgedankens“ von der Verſammlung ein Heil bringen.
Nach einigen weiteren Gloſſen über die innere und National-
verbandspolitik nannte es Schönerer „ein Unding, daß politiſche
Abgeordnete Obmänner nationaler Schutzvereine ſind“ (wie
Dr. Pollauf, Waſtian, Dr. Groß!), ärgerte ſich über die Er-
folge des Bürgermeiſters Dr. Weiskirchner und rief ſchließlich
nach „einem zweiten Bismarck“, dem „Geſtalter des Deutſch-
tums der Zukunſt.“ — Ob er dabei an den Malik oder an den
Franko Stein gedacht hat, der in der Verſammlung ebenfalls
eine Rede tat, iſt unausgeſprochen geblieben.

Die Kataſtrophe des deutſchen
Reichsmarineluftſchiffes „L II“.
Aeußerungen Kaiſer Wilhelms über die
Kataſtrophe.


Kaiſer Wilhelm äußerte ſich ſicherem Ver-
nehmen nach gegenüber dem Erzherzog-Thronfolger
Franz Ferdinand über die Kataſtrophe des
L II“: „Es iſt furchtbar! Ich bin iroſtlos! Es
dauern mich die zukunftsreichen
Menſchen leben.
Nun werden alle Beſſerwiſſer
und die öffentliche Meinung gegen die gran-
dioſen Luftſchiffe
Front machen, als ob nicht
ein Dampfer oder ein Zug auch ſchon verunglückt
wäre!“

Freiherr v. Tirpitz an Graf Zeppelin.


Auf das Beileidstelegramm des Grafen Zeppelin
hat der Staatsſekretär des Reichsmarineamtes folgende
Antwortdepeſche abgeſandt: „Herzlichen Dank für Ihr
warmes Beileid. Wir trauern beide gemeinſam um die
vielen wackeren Männer, die ihr Leben für Ihr großes
Werk gelaſſen haben. Unſer nächſter Zeppelin wird
hoffentlich unter einem günſtigeren Stern fahren.
v. Tirpitz.“

Der Eindruck der Kataſtrophe in Paris.


Die Pariſer Ausgaben der engliſchen Blätter ſehen
in der Kataſtrophe des „L II“ den Beweis dafür, daß
die Zeppelinluftſchiffe nicht das gehalten haben, was ſie
verſprochen. „Daily Mail“ ſagt: Wenn die
Zeppelinluftſchiffe neben den Gefahren des Windes nun
auch nicht mehr den Gefahren von Exploſionen entgehen
[Spaltenumbruch] können, ſo kann man nicht mehr an den Wert des
Syſtemes glauben. „Daily Chronicle“ meint:
Deutſchland habe für die Herrſchaft in der Luft einen
höheren Preis bezahlt, als alle anderen Nationen.
Frankreich habe 100 ſeiner Söhne bei der Bezwingung
der Lüfte verloren, Deutſchland aber ganz bedeutend
mehr. Die lange Liſte der Zeppelinkataſtrophen beweiſe
doch, daß der Glaube an die fehlerloſe Vortrefflichkeit
der Zeppelinluftſchiffe ein Irrtum ſei. Nicht den Luft-
ſchiffen, ſondern den Flugzeugen gehöre die Zukunft
der Luft.




Die Wiener Tonhalle.
Eröffnung in Anweſenheit des
Kaiſers.

Eine Schar begeiſterter Kunſtfreunde hat ſich zu
einem großen Beginnen zuſammengeſchloſſen; ſie wollte
in Wien eine Tonhalle ſchaffen. Und geſtern haben ſie
wohl mit Stolz und Ergriffenheit auf die ſo glorreich
vollendete Tat geblickt. Leicht wurde dem Werk
das Gelingen nicht. Es waren viele Schwierig-
keiten zu überwinden, die in dem Doppel-
zweck des Hauſes begründet lagen, das zunächſt
eine Stätte künſtleriſcher Betätigung und in
zweiter Linie auch geſellſchaftlicher Veranſtaltungen ſein
ſollte. So gab es alſo manches Problem zu löſen:
„Von Morgen bis Abend in Müh’ und Angſt — Nicht
wonnig ward ſie gewonnen!“ Nun aber ſteht der Bau
da in hehrer, herrlicher Pracht und die Sorgen und
Mühen ſind vergeſſen. Bekanntlich hatte ſeinerzeit der
Kaiſer das Protektorat über die Konzerthaus-
geſellſchaft
übernommen. Und der Monarch hat
es ſich nicht nehmen laſſen, in Würdigung der hohen
kulturellen Beſtimmung des Hauſes die Feier der
Schlußſteinlegung durch ſeine perſönliche Anweſenheit
zu einem denkwürdigen Tag in der Geſchichte des
Wiener Konzertlebens zu ſtempeln.

Der 19. Oktober wird in den Annalen der Muſikſtadt
Wien als beſonders denkwürdiger Tag eingetragen
werden müſſen. Möge in Erfüllung gehen, was im
Schluß der offiziellen Urlunde als Wunſch ausgeſprochen
iſt: „So ſei denn der Bau geweiht zur Erfüllung ſeiner
Aufgabe: eine Stätte zu ſein für die Pflege edler Muſik
und froher Wiener Geſelligkeit, ein Sammelpunkt muſi-
kaliſcher künſtleriſcher Beſtrebungen, ein Haus für die
Muſik und ein Haus für Wien! In dieſem Zeichen
möge es gedeihen und blühen, der erhabenſten Kunſt und
unſerer Vaterſtadt Wien zu Dank und Ehren!“

Die Feſtgäſte.

Im Konzerthaus hatte ſich eine illuſtre Geſellſchaft auf
der Eſtrade verſammelt: der italieniſche Botſchafter Herzog von
Avarna, der franzöſiſche Botſchafter Mr. Dumaine, der
türkiſche Botſchafter Hilmi Paſcha, der japaniſche Botſchafter
Sadſuo Akidzuki, der bulgariſche Geſandte Salatbaſcheff, der
deutſche Geſchäftsträger Botſchaftsrat Prinz Stolberg-Wernige-
rode, Fürſterzbiſchof Exzellenz Dr. Piffl mit Zeremoniär
Wagner, Uditore Mſgre. Roſſi und der Sekretär der apoſto-
liſchen Nuntatur Mſgre. Ogna, Miniſterpräſident Graf Stürgkh,
die Miniſter Dr. Freiherr v. Heinold, Dr. v. Hochenburger,
Dr. Schuſter v. Bonnot, Dr. Trnka und der Leiter des Finanz-
miniſteriums Geheimer Rat Sektionschef Baron Engel von
Mainfelden, VB. Dr. Prozer in Vertretung des Gemeinderats-
präſidiums mit Magiſtratsrat Formanek und LA. Bielohlawek.
Im Feſtſaal befanden ſich weiters: Miniſterpräſident a. D.
Freiherr v. Beck, Miniſter a. D. Dr. Wittek, Statthalter Freiherr
v. Bienerth mit Gemahlin, Stadtkommandant G. d. J. Wikulil,
Polizeipräſident Ritter v. Brzeſowski und Gemahlin, General-
direktor des Privat- und Familienfonds des Kaiſers Geheimer
Rat Ritter v. Hawerda, Senatspräſident Dr. Joſef Freiherr
v. Schenk, Geheimer Rat Sektionschef a. D. Ritter von
Roza, die Sektionschefs FML. Günzl, Dr. Freiherr von
Wetſchl, Dr. Ritter v. Wimmer, Dr. Freiherr v. Weck-
becker, Dr. Edler v. Globocnik, Dr. Freiherr v. Slatin, die
Sektionschefs a. D. Dr. R. v. Hardt, Baron Odelga, Doktor
R. v. Berger, Herrenhausmitglied Lud. Lobmayr, Hofwirtſchafts-
direktor Hofrat R. v. Prileszky, Hofrat R. v. Horſetzky, Statt-
haltereirat Brückmüller, die Miniſterialräte Dr. Joſef Braiten-
berg Edler v. Zenoburg mit Gemahlin, R. v. Pranter und
Gemahlin, Dr. Wilkens, Dr. Dlabac, Dr. Rudolf Mareſch,
Univerſitätsprofeſſor Dr. Joſef Freih. Scheg v. Koromla, Uni-
verſitätsprofeſſor R. v. Fränkel mit Gemahlin, Direktor Hofrat
Dr. Leiſching, Sektionsrat Graf Rudolf Attems. Die Stadträte
Schwer und Kleiner, Magiſtratsdirektor Appel, Oberlandesrat
Dr. Koſterſitz, Magiſtratsrat Dr. Madjera, Magiſtratsober-
kommiſſär Dr. Wolf, Truchſeß Dobner v. Dobenau, viele Groß-
induſtrielle, der Obmann der Künſtlergenoſſenſchaft Profeſſor
Darnaut, Bildhauer Hegenbarth, die Maler Engelhard, Hochen-
burger und Falkenſtein, Malerin Fräulein Loebell. Weiters ſah
man Hofoperndirektor Hans Gregor, Leiter des Hofburgtheaters
Hugo Thimig, Direktor Oskar Fronz, Direktor der Akademie
für Muſik und darſtellende Kunſt Wilhelm Bopp und Ge-
mahlin, die Komponiſten Oskar Strauß, Oskar Nedbal, die
Hofkapellmeiſter Schalk, Reichenberger und Luze, Kammer-
ſängerin Kurz, Hofburgſchauſpielerin Lily Marberg, Eugen
d’Albert, Profeſſor Grünfeld, die Konzertſängerinnen Adrienne
v. Kraus-Osborn und Flora Volk, zahlreiche Lehrkräfte der
Akademie für Muſik und darſtellende Kunſt uſw. Von den zahl-
reichen anweſenden Damen ſeien genannt: Gräfin Nandine
Berchtold, Gräfin Johanna Hartenau, Gräfin Miſa Wydenbruck-
Eſterhazy, Gräfin Gabriele v. Rechberg und Rothenlöwen, Exz.
Baronin Auffenberg, Exz. Baronin Helene Beck, Exz. Baronin
Heinold, Exz. Baronin Banhans, Exz. Frau v. Georgi, Frau
v. Dittrich, Exz. Frau v. Huſſarek, Exz. Frau Berta Weis-
kirchner, Stifsdame Baronin Dankelmann, Frau Präſident von
Eger, Frau Helene Artaria, Frau Marie Köcherl, Marta Beyer,
v. Wiener, Frau kaiſerl. Rat Ehrbar, Frau Schenker-Angerer,
Frau Slezak, Frau v. Bielka u. a. Von Deputationen
waren zu der Feſtlichkeit erſchienen: in Vertretung des
Präſidiums der Geſellſchaft des Muſikvereins Miniſter
a. D. Dr. Marchet, Sektionschef R. v. Haberer, Dr. Ernſt
Kraus und Regierungsrat Dr. Steger, in Vertretung des
Wiener Männergeſangvereins Vorſtand Dr. Heinrich Prükl,
und Chormeiſter Viktor Kehldorfer, in Vertrekung des „Schubert-
bund“ die Vorſtände kaiſerl. Rat Joſef A. Jatſch und Ober-
inſpekter Adolf Janiſch, Ehrenchormeiſter Adolf Kirchl, für die
Wiener Philharmoniker Vorſtand Hofmuſiker Alois Markl uud Vor-
ſtandſtellvertreter Franz Mairecker, für den öſterreichiſchen
Muſi[k]erverband Präſident Franz Frank und Vizepräſident Hof-
muſiker Ignaz Hermann, in Vertretung des Mozarteums
Sekretär Fritz Gehmacher und Direktionsrat Dr. Franz
Muſſoni, dann Vertreter der Muſikervereine in der Provinz.


[Spaltenumbruch]
Die Ankunft des Kaiſers.

Um ¾11 Uhr erſchien Oberſthofmeiſter Fürſt Monte-
nuovo
und bald darauf Erzherzog Leopold Salvator
in Begleitung ſeines Kammervorſtehers Prinzen Auguſt Lob-
kowitz.
Der Erzherzog wurde vom Präſidenten Artaria
empfangen und zog ſodann die Architekten des Hauſes in ein
längeres Geſpräch. Punkt 11 Uhr fuhr der Kaiſer in Be-
gleitung ſeines Generaladjutanten G. d. K. Grafen Paar im
offenen Leibwagen unter den Hochrufen der Menge beim Haupt-
eingang vor. In einem zweiten Wagen folgte Flügeladjutant
Major Walluſchek. Beim Betreten des Hauſes wurde der
Kaiſer von Unterrichtsminiſter Dr. Ritter v. Huſſarek
Präſidenten Artaria und dem Chefarchitekten Oberbaurat
Fellner begrüßt. Präſident Artaria dankte dem Kaiſer, daß
er ſelbſt die Schlußſteinlegung vornehme, worauf Se. Majeſtät
erwiderte, er freue ſich der feierlichen Eröffnung des Hauſes
beiwohnen zu können.

Nachdem der Kaiſer den Erzherzog Leopold
Salvator
begrüßt hatte, ſchritt er an der Seite
des Präſidenten Artaria durch das Mädchenſpalier, das
in ſtürmiſche Hochruſe ausbrach und dabei weiße
Chryſanthemen ſchwang. Der Kaiſer äußerte ſich über
die Begrüßung durch die Jugend der Akademie ſehr
erfreut.

Der Einzug in den großen Konzertſaal.

Bei ſeinem Reliefbildnis mit den Anfangsnoten der
Volkshymne im Stiegenhaus angekommen, ſprach der
Kaiſer dem Schöpfer des Denkmals Profeſſor Ritter
v. Hellmer ſein Lob in huldvollſten Worten aus.
Als der Kaiſer den großen Konzertſaal betrat, in dem
ſich das Publikum von den Sitzen erhoben hatte,
flammten in den bereits prunkvoll erleuchteten Saale noch
Tauſende Glühlichter auf. Konzertdirektor Löwe, der auf
einem erhöhten Podium vor der Tribüne der aus der
Singakademie und dem Schubertbund
beſtehenden Sängerſchar
ſtand, hob die
Arme und mächtig durchbrauſten die Klänge des Weihe-
liedes „Gott erhalte“, von Profeſſor Dittrich
auf der Orgel begleitet, den Saal. Der Kaiſer war in
der Mitte des Saales ſtehen geblieben, und, den Blick
zur Höhe gerichtet, ließ er den mächtigen Eindruck des
Raumes auf ſich wirken. Er rühmte ſofort die Pracht
des Saales und den großartigen Klang der Orgel und
nahm mit Befriedigung zur Kenntnis, daß dieſe von
der öſterreichiſchen Firma Rieger in Jägerndorf gebaut
wurde. Während der Kaiſer der Eſtrade zuſchritt, ver-
klang die Volkshymne. Die Sängerſchar bereitete nun
dem Kaiſer eine begeiſterte Ovation und begrüßte ihn
mit jubelden Zurufen. Der Monarch trat auf die
Gruppe der Diplomaten und Miniſter zu und zog den
italieniſchen Botſchafter Herzog v. Avarna und
dann den Miniſterpräſidenten Graf Stürgkh ins
Geſpräch.

Der Präſident der Wiener Konzerthausgeſellſchaft
Karl Auguſt Artaria hielt hierauf eine Anſprache,
in der er ſagte: In der Geſchichte der Muſik glänzen
die Namen vieler Mitglieder unſeres erhabenen Herrſcher-
hauſes, die der Tonkunſt ihre huldvolle Fürſorge zuteil
werden ließen, allen voran der Name jenes erlauchten
Vorfahren Euerer Majeſtät, der unſerem größten
Meiſter, Beethoven, als mächtiger Förderer zur
Seite ſtand und ſein begeiſterter Schüler war.
Dieſes traditionelle Intereſſe der habsbur-
giſchen Dynaſtie
an der Tonkunſt haben
Eure Majeſtät durch die huldvolle Anteilnahm au
unſerem Werke neuerlich allergnädigſt betätigt. Geruhen
Eure Majeſtät hiefür an dem heutigen Feſttage unſeren
ehrfurchtsvollen alleruntertänigſten Dank entgegenzu-
nehmen, den wir bewegten Herzens Euerer Majeſtät
darbringen. Unter den glückverheißenden Auſpizien der
Gegenwart Euerer Majeſtät übergeben wir heute dieſes
Haus ſeiner hehren Beſtimmung. Möge es für unſere
Generation und für kommende Geſchlechter eine Stätte
der Sammlung und Läuterung, eine Stätte weihevoller
künſtleriſcher Erhebung aus den Mühen und Sorgen des
Lebens ſein. Möge in dieſem Hauſe das Vermächtnis
unſerer großen Meiſter
immer treu und
ehrfurchtsvoll bewahrt und das Schaffen zeitgenöſſiſcher
Künſtler liebevoll gepflegt werden zum Ruhme und zur
Förderung der Kunſt, zum Wohle und zur Erbauung
der Bewohner unſerer Stadt. Das walte Gott!
Euere Majeſtät wollen nunmehr die untertänige Bitte
geſtatten, daß die Urkunde unter dem Schlußſtein ver-
ſenkt und das Haus ſeiner Beſtimmung übergeben werden
dürfe, der Kunſt zu Ehren und der Stadt Wien zur
Freude!

Die Antwort des Kaiſers.

Der Kaiſer erwiderte hierauf mit folgenden Worten:

„Es gereicht Mir zur aufrichtigen Freude, die unter
Meinem Protektorate ſtehende Wiener Konzerthaus-
Geſellſchaft zur Ausführung dieſes ſchönen Bauwerkes
beglückwünſchen und allen, die ſich um
deſſen Zuſtandekommen verdient gemacht haben,
Meine Anerkennung ausſprechen zu können.
Nicht einem Gebote der Zweckmäßigkeit allein, ſondern
weit mehr noch dem lebhaften künſtleriſchen
Bedürfniſſe der Bevölkerung
iſt der
Gedanke entſprungen, Wien, dieſen glänzenden Mittel-
punkt des Müſiklebens, um eine Pflegeſtätte der Ton-
kunſt zu bereichern. Möge die gleiche Kunſtbegeiſterung
den, wenn auch neu erſtandenen, ſo doch von den
ſtolzeſten Traditionen umgebenen Bau jederzeit erfüllen
und die Muſik ihre veredelnde, über die Sorgen des
Alltags hinweghebende Kraft in dieſen Räumen bis in
die ſpäte Zukunft ausüben. Mit dieſem Wunſche und
dem Ausdrucke Meines herzlichen Dankes für die warmen
Worte der Begrüßung ſchreite ich nunmehr gerne zur
Legung des Schlußſteines und geſtatte, daß das Haus
ſeiner Beſtimmung übergeben werde.“


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[4/0004] Wien, Montag Reichspoſt 20. Oktober 1913. Nr. 495 Hochſchulen infolge dieſer Verhältniſſe in Zukunft ihre beherrſchende wiſſenſchaftliche Stellung behaupten oder ob die Gefahr einer erfolgreichen Konkurrenz durch andere Nationen beſteht. Der heutige Zuſtand muß uns mit ernſter Sorge erfüllen. Auf einer Seite müſſen wir mit allen Kräften für den Aus- bau der Wiſſenſchaft eintreten, auf der anderen Seite tragen wir die Verantwortung, daß Aerzte und Richter, Prieſter und Lehrer unſerer Univerſität nicht ohne genügende Vorbereitung für ihren Beruf verlaſſen. Wir wollen feſt halten an der Einheit von Forſchung und Lehre, aber mit Nachdruck dafür eintreten, daß aus dem gewaltigen Anwachſen beider Ver- pflichtungen die nötigen Konſequenzen gezogen werden. Ich würde nicht empfehlen, der Ueberfüllung der Univerſitäten durch Neugründung von Hochſchulen, durch das Fernhalten ge- wiſſer Hörerkreiſe und durch Reduktion der Zahlen des ſtudenti- ſchen Nachwuchſes zu ſteuern. Mit Gewaltmaßregeln werden wir den Zudrang weiterer Kreiſe zur Univerſität für die Dauer nicht hemmen können. Dagegen iſt eine Reformunſeres Mittelſchulweſens nötig. Es ſoll ein geeigneterer Nachwuchs für nicht akademiſche Be- rufe ſichergeſtellt werden, als durch die Vermehrung der Gymnaſien und Realſchulen. Viel wichtiger für unſer Univerſitätsweſen iſt die Ausgeſtaltung der be- ſtehenden Univerſitäten als die Gründung von neuen. Dieſe Ausgeſtaltung betrifft die Erleichterung der Vereinigung der Forſchertätigkeit mit der Lehrtätigkeit. Hiezu ſind vier Möglichkeiten gegeben: Zunächſt iſt eine Vermehrung der Zahl der Lehrkräfte nötig. Die Teilung von Lehrkanzeln, die Ausnützung der Inſtitution der Extraordinariate und Honorardozenturen iſt ein Mittel zur teilweiſen Behebung der Uebelſtände. Ein zweites Mittel iſt die Entlaſtung der Vor- ſtände größerer Inſtitute durch ausreichende Hilfskräfte. beſonders für adminiſtrative und techniſche Angelegenheiten. Die dritte Maßregel iſt die größere Fürſorge für den wiſſenſchaftlich tüchtigen Nachwuchs. Endlich aber muß der Ausgeſtaltung der deutſchen Univerſitäten außerhalb Wiens eine erhöhte Aufmerkſamkeit zugewendet werden. Der Rektor ſchloß mit einem Appell an die berufenen Kreiſe, bei allen Maßnahmen, die die Univerſität be- treffen, als wichtigſte Aufgabe die Schonung der wiſſenſchaftlichen Leiſtungsfähigkeit ihrer Lehrer anzuſehen, damit die glänzende Stellung der Univerſitäten auf wiſſenſchaftlichem Gebiete keine Schmälerung erfahre, im Intereſſe ihrer ſelbſt, des Staates und der ganzen Menſchheit. Lebhafter Beifall folgte den Ausführungen des Rektors. Die Feier ſchloß mit der Abſingung des Gaudeamus. Schönerer im Sofienſaal. Geſtern war nach mehrjähriger Zurückgezogenheit erſtes — und widerruflich letztes — Wiederauftreten Schönerers als Redner in einer alldeutſchen Verſammlung im Sofienſaal. Es ſei nicht wahr, ſagte er, daß er „verbittert“ ſei, wohl aber ſei er „verſtimmt“, weil er „ſoviel Un- treue, Meuterei, Umfall, Wortbruch und Verrat erlebt habe. (Wir haben es Herrn Schönerer ja ſchon vor zehn und zwanzig Jahren geſagt, daß er mit ſeiner Anhängerſchaft die ſchlimmſten Erfahrungen machen werde, aber er hat es uns damals nicht glauben wollen; wer nicht hören will, muß eben fühlen. D. R.) Dann wandte ſich Schönerer gegen den „Dunſt der ſlaviſierenden Regierungs- politik“ und gegen jene deutſchen Parlamentarier, die dieſem Dunſt erliegen, gegen „die korrupte Preſſe“, wogegen er als leuchtendes Beiſpiel hervorhob, daß „eben jetzt“ der Schrift- leiter des alldeutſchen Organs die ihm von den Geſchwerenen im Wolf-Prozeſſe zuerkannte Gefängnisſtrafe abſitze, wetterte gegen den deutſchen Adel, der durch einen Thun, Schwarzenberg und Stürgkh vertreten ſei, prophezeite, daß die Nationalverbändler Deutſchböhmens, die jetzt zwar Oppoſition gegen den Statthalter Fürſten Thun markieren, Hand in Hand mit dieſem „das deutſche Volk verraten werden“; dem alldeut- ſchen Verband im Reiche ſprach Schönerer ſeine Mißſtimmung aus und weisſagte, daß Oeſterreich in Kürze ein ſlaviſcher Staat ſein werde, weshalb das Bündnis des Deutſchen Reiches mit Oeſterreich keinen Sinn habe. Zwiſchendurch ließ er dem Kaiſer Wilhelm als dem „Nuſer und Verkünder des germaniſchen Zukunftsgedankens“ von der Verſammlung ein Heil bringen. Nach einigen weiteren Gloſſen über die innere und National- verbandspolitik nannte es Schönerer „ein Unding, daß politiſche Abgeordnete Obmänner nationaler Schutzvereine ſind“ (wie Dr. Pollauf, Waſtian, Dr. Groß!), ärgerte ſich über die Er- folge des Bürgermeiſters Dr. Weiskirchner und rief ſchließlich nach „einem zweiten Bismarck“, dem „Geſtalter des Deutſch- tums der Zukunſt.“ — Ob er dabei an den Malik oder an den Franko Stein gedacht hat, der in der Verſammlung ebenfalls eine Rede tat, iſt unausgeſprochen geblieben. Die Kataſtrophe des deutſchen Reichsmarineluftſchiffes „L II“. Aeußerungen Kaiſer Wilhelms über die Kataſtrophe. Leipzig, 18. Oktober. Kaiſer Wilhelm äußerte ſich ſicherem Ver- nehmen nach gegenüber dem Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand über die Kataſtrophe des „L II“: „Es iſt furchtbar! Ich bin iroſtlos! Es dauern mich die zukunftsreichen Menſchen leben. Nun werden alle Beſſerwiſſer und die öffentliche Meinung gegen die gran- dioſen Luftſchiffe Front machen, als ob nicht ein Dampfer oder ein Zug auch ſchon verunglückt wäre!“ Freiherr v. Tirpitz an Graf Zeppelin. Berlin, 19. Oktober. Auf das Beileidstelegramm des Grafen Zeppelin hat der Staatsſekretär des Reichsmarineamtes folgende Antwortdepeſche abgeſandt: „Herzlichen Dank für Ihr warmes Beileid. Wir trauern beide gemeinſam um die vielen wackeren Männer, die ihr Leben für Ihr großes Werk gelaſſen haben. Unſer nächſter Zeppelin wird hoffentlich unter einem günſtigeren Stern fahren. v. Tirpitz.“ Der Eindruck der Kataſtrophe in Paris. Paris, 18. Oktober. Die Pariſer Ausgaben der engliſchen Blätter ſehen in der Kataſtrophe des „L II“ den Beweis dafür, daß die Zeppelinluftſchiffe nicht das gehalten haben, was ſie verſprochen. „Daily Mail“ ſagt: Wenn die Zeppelinluftſchiffe neben den Gefahren des Windes nun auch nicht mehr den Gefahren von Exploſionen entgehen können, ſo kann man nicht mehr an den Wert des Syſtemes glauben. „Daily Chronicle“ meint: Deutſchland habe für die Herrſchaft in der Luft einen höheren Preis bezahlt, als alle anderen Nationen. Frankreich habe 100 ſeiner Söhne bei der Bezwingung der Lüfte verloren, Deutſchland aber ganz bedeutend mehr. Die lange Liſte der Zeppelinkataſtrophen beweiſe doch, daß der Glaube an die fehlerloſe Vortrefflichkeit der Zeppelinluftſchiffe ein Irrtum ſei. Nicht den Luft- ſchiffen, ſondern den Flugzeugen gehöre die Zukunft der Luft. Die Wiener Tonhalle. Eröffnung in Anweſenheit des Kaiſers. Eine Schar begeiſterter Kunſtfreunde hat ſich zu einem großen Beginnen zuſammengeſchloſſen; ſie wollte in Wien eine Tonhalle ſchaffen. Und geſtern haben ſie wohl mit Stolz und Ergriffenheit auf die ſo glorreich vollendete Tat geblickt. Leicht wurde dem Werk das Gelingen nicht. Es waren viele Schwierig- keiten zu überwinden, die in dem Doppel- zweck des Hauſes begründet lagen, das zunächſt eine Stätte künſtleriſcher Betätigung und in zweiter Linie auch geſellſchaftlicher Veranſtaltungen ſein ſollte. So gab es alſo manches Problem zu löſen: „Von Morgen bis Abend in Müh’ und Angſt — Nicht wonnig ward ſie gewonnen!“ Nun aber ſteht der Bau da in hehrer, herrlicher Pracht und die Sorgen und Mühen ſind vergeſſen. Bekanntlich hatte ſeinerzeit der Kaiſer das Protektorat über die Konzerthaus- geſellſchaft übernommen. Und der Monarch hat es ſich nicht nehmen laſſen, in Würdigung der hohen kulturellen Beſtimmung des Hauſes die Feier der Schlußſteinlegung durch ſeine perſönliche Anweſenheit zu einem denkwürdigen Tag in der Geſchichte des Wiener Konzertlebens zu ſtempeln. Der 19. Oktober wird in den Annalen der Muſikſtadt Wien als beſonders denkwürdiger Tag eingetragen werden müſſen. Möge in Erfüllung gehen, was im Schluß der offiziellen Urlunde als Wunſch ausgeſprochen iſt: „So ſei denn der Bau geweiht zur Erfüllung ſeiner Aufgabe: eine Stätte zu ſein für die Pflege edler Muſik und froher Wiener Geſelligkeit, ein Sammelpunkt muſi- kaliſcher künſtleriſcher Beſtrebungen, ein Haus für die Muſik und ein Haus für Wien! In dieſem Zeichen möge es gedeihen und blühen, der erhabenſten Kunſt und unſerer Vaterſtadt Wien zu Dank und Ehren!“ Die Feſtgäſte. Im Konzerthaus hatte ſich eine illuſtre Geſellſchaft auf der Eſtrade verſammelt: der italieniſche Botſchafter Herzog von Avarna, der franzöſiſche Botſchafter Mr. Dumaine, der türkiſche Botſchafter Hilmi Paſcha, der japaniſche Botſchafter Sadſuo Akidzuki, der bulgariſche Geſandte Salatbaſcheff, der deutſche Geſchäftsträger Botſchaftsrat Prinz Stolberg-Wernige- rode, Fürſterzbiſchof Exzellenz Dr. Piffl mit Zeremoniär Wagner, Uditore Mſgre. Roſſi und der Sekretär der apoſto- liſchen Nuntatur Mſgre. Ogna, Miniſterpräſident Graf Stürgkh, die Miniſter Dr. Freiherr v. Heinold, Dr. v. Hochenburger, Dr. Schuſter v. Bonnot, Dr. Trnka und der Leiter des Finanz- miniſteriums Geheimer Rat Sektionschef Baron Engel von Mainfelden, VB. Dr. Prozer in Vertretung des Gemeinderats- präſidiums mit Magiſtratsrat Formanek und LA. Bielohlawek. Im Feſtſaal befanden ſich weiters: Miniſterpräſident a. D. Freiherr v. Beck, Miniſter a. D. Dr. Wittek, Statthalter Freiherr v. Bienerth mit Gemahlin, Stadtkommandant G. d. J. Wikulil, Polizeipräſident Ritter v. Brzeſowski und Gemahlin, General- direktor des Privat- und Familienfonds des Kaiſers Geheimer Rat Ritter v. Hawerda, Senatspräſident Dr. Joſef Freiherr v. Schenk, Geheimer Rat Sektionschef a. D. Ritter von Roza, die Sektionschefs FML. Günzl, Dr. Freiherr von Wetſchl, Dr. Ritter v. Wimmer, Dr. Freiherr v. Weck- becker, Dr. Edler v. Globocnik, Dr. Freiherr v. Slatin, die Sektionschefs a. D. Dr. R. v. Hardt, Baron Odelga, Doktor R. v. Berger, Herrenhausmitglied Lud. Lobmayr, Hofwirtſchafts- direktor Hofrat R. v. Prileszky, Hofrat R. v. Horſetzky, Statt- haltereirat Brückmüller, die Miniſterialräte Dr. Joſef Braiten- berg Edler v. Zenoburg mit Gemahlin, R. v. Pranter und Gemahlin, Dr. Wilkens, Dr. Dlabac, Dr. Rudolf Mareſch, Univerſitätsprofeſſor Dr. Joſef Freih. Scheg v. Koromla, Uni- verſitätsprofeſſor R. v. Fränkel mit Gemahlin, Direktor Hofrat Dr. Leiſching, Sektionsrat Graf Rudolf Attems. Die Stadträte Schwer und Kleiner, Magiſtratsdirektor Appel, Oberlandesrat Dr. Koſterſitz, Magiſtratsrat Dr. Madjera, Magiſtratsober- kommiſſär Dr. Wolf, Truchſeß Dobner v. Dobenau, viele Groß- induſtrielle, der Obmann der Künſtlergenoſſenſchaft Profeſſor Darnaut, Bildhauer Hegenbarth, die Maler Engelhard, Hochen- burger und Falkenſtein, Malerin Fräulein Loebell. Weiters ſah man Hofoperndirektor Hans Gregor, Leiter des Hofburgtheaters Hugo Thimig, Direktor Oskar Fronz, Direktor der Akademie für Muſik und darſtellende Kunſt Wilhelm Bopp und Ge- mahlin, die Komponiſten Oskar Strauß, Oskar Nedbal, die Hofkapellmeiſter Schalk, Reichenberger und Luze, Kammer- ſängerin Kurz, Hofburgſchauſpielerin Lily Marberg, Eugen d’Albert, Profeſſor Grünfeld, die Konzertſängerinnen Adrienne v. Kraus-Osborn und Flora Volk, zahlreiche Lehrkräfte der Akademie für Muſik und darſtellende Kunſt uſw. Von den zahl- reichen anweſenden Damen ſeien genannt: Gräfin Nandine Berchtold, Gräfin Johanna Hartenau, Gräfin Miſa Wydenbruck- Eſterhazy, Gräfin Gabriele v. Rechberg und Rothenlöwen, Exz. Baronin Auffenberg, Exz. Baronin Helene Beck, Exz. Baronin Heinold, Exz. Baronin Banhans, Exz. Frau v. Georgi, Frau v. Dittrich, Exz. Frau v. Huſſarek, Exz. Frau Berta Weis- kirchner, Stifsdame Baronin Dankelmann, Frau Präſident von Eger, Frau Helene Artaria, Frau Marie Köcherl, Marta Beyer, v. Wiener, Frau kaiſerl. Rat Ehrbar, Frau Schenker-Angerer, Frau Slezak, Frau v. Bielka u. a. Von Deputationen waren zu der Feſtlichkeit erſchienen: in Vertretung des Präſidiums der Geſellſchaft des Muſikvereins Miniſter a. D. Dr. Marchet, Sektionschef R. v. Haberer, Dr. Ernſt Kraus und Regierungsrat Dr. Steger, in Vertretung des Wiener Männergeſangvereins Vorſtand Dr. Heinrich Prükl, und Chormeiſter Viktor Kehldorfer, in Vertrekung des „Schubert- bund“ die Vorſtände kaiſerl. Rat Joſef A. Jatſch und Ober- inſpekter Adolf Janiſch, Ehrenchormeiſter Adolf Kirchl, für die Wiener Philharmoniker Vorſtand Hofmuſiker Alois Markl uud Vor- ſtandſtellvertreter Franz Mairecker, für den öſterreichiſchen Muſikerverband Präſident Franz Frank und Vizepräſident Hof- muſiker Ignaz Hermann, in Vertretung des Mozarteums Sekretär Fritz Gehmacher und Direktionsrat Dr. Franz Muſſoni, dann Vertreter der Muſikervereine in der Provinz. Die Ankunft des Kaiſers. Um ¾11 Uhr erſchien Oberſthofmeiſter Fürſt Monte- nuovo und bald darauf Erzherzog Leopold Salvator in Begleitung ſeines Kammervorſtehers Prinzen Auguſt Lob- kowitz. Der Erzherzog wurde vom Präſidenten Artaria empfangen und zog ſodann die Architekten des Hauſes in ein längeres Geſpräch. Punkt 11 Uhr fuhr der Kaiſer in Be- gleitung ſeines Generaladjutanten G. d. K. Grafen Paar im offenen Leibwagen unter den Hochrufen der Menge beim Haupt- eingang vor. In einem zweiten Wagen folgte Flügeladjutant Major Walluſchek. Beim Betreten des Hauſes wurde der Kaiſer von Unterrichtsminiſter Dr. Ritter v. Huſſarek Präſidenten Artaria und dem Chefarchitekten Oberbaurat Fellner begrüßt. Präſident Artaria dankte dem Kaiſer, daß er ſelbſt die Schlußſteinlegung vornehme, worauf Se. Majeſtät erwiderte, er freue ſich der feierlichen Eröffnung des Hauſes beiwohnen zu können. Nachdem der Kaiſer den Erzherzog Leopold Salvator begrüßt hatte, ſchritt er an der Seite des Präſidenten Artaria durch das Mädchenſpalier, das in ſtürmiſche Hochruſe ausbrach und dabei weiße Chryſanthemen ſchwang. Der Kaiſer äußerte ſich über die Begrüßung durch die Jugend der Akademie ſehr erfreut. Der Einzug in den großen Konzertſaal. Bei ſeinem Reliefbildnis mit den Anfangsnoten der Volkshymne im Stiegenhaus angekommen, ſprach der Kaiſer dem Schöpfer des Denkmals Profeſſor Ritter v. Hellmer ſein Lob in huldvollſten Worten aus. Als der Kaiſer den großen Konzertſaal betrat, in dem ſich das Publikum von den Sitzen erhoben hatte, flammten in den bereits prunkvoll erleuchteten Saale noch Tauſende Glühlichter auf. Konzertdirektor Löwe, der auf einem erhöhten Podium vor der Tribüne der aus der Singakademie und dem Schubertbund beſtehenden Sängerſchar ſtand, hob die Arme und mächtig durchbrauſten die Klänge des Weihe- liedes „Gott erhalte“, von Profeſſor Dittrich auf der Orgel begleitet, den Saal. Der Kaiſer war in der Mitte des Saales ſtehen geblieben, und, den Blick zur Höhe gerichtet, ließ er den mächtigen Eindruck des Raumes auf ſich wirken. Er rühmte ſofort die Pracht des Saales und den großartigen Klang der Orgel und nahm mit Befriedigung zur Kenntnis, daß dieſe von der öſterreichiſchen Firma Rieger in Jägerndorf gebaut wurde. Während der Kaiſer der Eſtrade zuſchritt, ver- klang die Volkshymne. Die Sängerſchar bereitete nun dem Kaiſer eine begeiſterte Ovation und begrüßte ihn mit jubelden Zurufen. Der Monarch trat auf die Gruppe der Diplomaten und Miniſter zu und zog den italieniſchen Botſchafter Herzog v. Avarna und dann den Miniſterpräſidenten Graf Stürgkh ins Geſpräch. Der Präſident der Wiener Konzerthausgeſellſchaft Karl Auguſt Artaria hielt hierauf eine Anſprache, in der er ſagte: In der Geſchichte der Muſik glänzen die Namen vieler Mitglieder unſeres erhabenen Herrſcher- hauſes, die der Tonkunſt ihre huldvolle Fürſorge zuteil werden ließen, allen voran der Name jenes erlauchten Vorfahren Euerer Majeſtät, der unſerem größten Meiſter, Beethoven, als mächtiger Förderer zur Seite ſtand und ſein begeiſterter Schüler war. Dieſes traditionelle Intereſſe der habsbur- giſchen Dynaſtie an der Tonkunſt haben Eure Majeſtät durch die huldvolle Anteilnahm au unſerem Werke neuerlich allergnädigſt betätigt. Geruhen Eure Majeſtät hiefür an dem heutigen Feſttage unſeren ehrfurchtsvollen alleruntertänigſten Dank entgegenzu- nehmen, den wir bewegten Herzens Euerer Majeſtät darbringen. Unter den glückverheißenden Auſpizien der Gegenwart Euerer Majeſtät übergeben wir heute dieſes Haus ſeiner hehren Beſtimmung. Möge es für unſere Generation und für kommende Geſchlechter eine Stätte der Sammlung und Läuterung, eine Stätte weihevoller künſtleriſcher Erhebung aus den Mühen und Sorgen des Lebens ſein. Möge in dieſem Hauſe das Vermächtnis unſerer großen Meiſter immer treu und ehrfurchtsvoll bewahrt und das Schaffen zeitgenöſſiſcher Künſtler liebevoll gepflegt werden zum Ruhme und zur Förderung der Kunſt, zum Wohle und zur Erbauung der Bewohner unſerer Stadt. Das walte Gott! Euere Majeſtät wollen nunmehr die untertänige Bitte geſtatten, daß die Urkunde unter dem Schlußſtein ver- ſenkt und das Haus ſeiner Beſtimmung übergeben werden dürfe, der Kunſt zu Ehren und der Stadt Wien zur Freude! Die Antwort des Kaiſers. Der Kaiſer erwiderte hierauf mit folgenden Worten: „Es gereicht Mir zur aufrichtigen Freude, die unter Meinem Protektorate ſtehende Wiener Konzerthaus- Geſellſchaft zur Ausführung dieſes ſchönen Bauwerkes beglückwünſchen und allen, die ſich um deſſen Zuſtandekommen verdient gemacht haben, Meine Anerkennung ausſprechen zu können. Nicht einem Gebote der Zweckmäßigkeit allein, ſondern weit mehr noch dem lebhaften künſtleriſchen Bedürfniſſe der Bevölkerung iſt der Gedanke entſprungen, Wien, dieſen glänzenden Mittel- punkt des Müſiklebens, um eine Pflegeſtätte der Ton- kunſt zu bereichern. Möge die gleiche Kunſtbegeiſterung den, wenn auch neu erſtandenen, ſo doch von den ſtolzeſten Traditionen umgebenen Bau jederzeit erfüllen und die Muſik ihre veredelnde, über die Sorgen des Alltags hinweghebende Kraft in dieſen Räumen bis in die ſpäte Zukunft ausüben. Mit dieſem Wunſche und dem Ausdrucke Meines herzlichen Dankes für die warmen Worte der Begrüßung ſchreite ich nunmehr gerne zur Legung des Schlußſteines und geſtatte, daß das Haus ſeiner Beſtimmung übergeben werde.“

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z)

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 495, Wien, 20.10.1913, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost495_1913/4>, abgerufen am 21.11.2024.