[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.der unersättlichen Afra in Creta / und Eutropia ihren Leib um des Geldes willen männiglichen darboth? Sie alle hatten die schätzbarsten Leiber/ und den vortrefflichsten Verstand/ gleichwohl aber kunten sie ihre Begierden in denen viehischen Wohllüsten nicht zähmen. Was aber ist es anders/ als daß man solche/ die ihre Zeit mit dergleichen schnöden Lastern zubringen/ denen Verurtheileten/ die man auf einer anmuthigen Wiese von der Justiz zum Tode führet/ vergleichet? Bey aller solcher Welt-Freude ist der Anfang dem Ansehen nach/ das beste/ das Mittel die sündliche Beharrung/ und das Ende so dann das bitterste/ woran sich gemeiniglich die Menschen/ wenn sie bey Zeiten nicht darvon abstehen/ als an einem vergiffteten Zucker den Tod zu fressen pflegen. Der Dianae geheiligte Oerter. Der Dianä heiligte man zu Ehren unterschiedene Oerther: schlachtete Opfer/ und hielte gewisse Gebräuche. Ihre geheiligten Oerther waren der Fluß Parthenius in Paphlagonien/ Valerius Flaccus lib. 5. Argon. der in der Insul Delos herfürragende Berg Cynthus/ in welcher Insel sie mit dem Apollo gebohren; die Stadt Ephesus in Jonien/ oder Lydien/ in welcher man ihr zu Ehren einen Tempel erbauet/ und den man hernach unter die sieben Wunderwercke der Welt gerechnet. Mit diesem bracht Asien 220. Jahre zu/ und setzte denselben/ damit ihm in Zukunfft kein Erdbeben schaden möchte/ an einen pfüligten oder morastigen Orth: Seine Länge war 425. Schritte/ und die Breite 220. der Seulen 127. so unterschiedliche Könige verfertiget/ von denen ihrer 36. in die Höhe erhoben / und künstlich ausgehauen gewesen. Uber dieses verehrete man sie in der Stadt Baveon in Attica/ auf dem Berge Aventino/ und Algide/ in Italien/ und auf dem Scythischen Gebürge Tauro. Alle Abgötterey hat einen gewissen Anstrich. Es ist mit dem gemeinen Pösel meistentheils also beschaffen/ daß es dasjenige / was er nicht verstehet/ für heilsam achtet. Denn wann bey diesen der Schein der Religion darzu kömmt/ so ist ihre Abgötterey und Aberglaube gleich einer Fluht / die alles überschwemmet/ und mit der Gewalt nicht aufzuhalten ist. Die Heyden vergnügten sich nicht an dem Jove, Apolline, Saturno, Plutone, Sole, Baccho, Mercurio, Marte, Hercule, Neptuno, Vulcano, und an der Göttin Cybele, Venere, Junone, Cerere, Themide, Minerva, Diana, Proserpina und Vesta, sondern sie geriethen auch in diese Thorheit/ daß sie nebenst solchen die allervergifftigsten Thiere/ Schlangen und Drachen für Götter verehreten. Ihre schlacht-Opfer. Der Dianä pflegte man eine Hindin oder Rehe zu opfern/ weswegen der Poete saget: Ovid. lib. I. Fastorum. Quae semel est triplici pro virgine caesa Dianae, nunc quoq; pro nulla virgine Cerva cadit. Manhat Dianen sonst ein munters Reh geschlachtet / Weil sie für andern ward dreymahl so hoch geachtet / Jetzt aber will ein Reh man opffern auch der Jenen / Die sich zum Jungfer-Stand nicht länger will bequemen. Virgilius lib. 3. AEneid. Es ist bekannt/ daß des Königs Agamemnons/ und der Clytemnestra Sohn/ wegen seiner Mutter so er umgebracht/ rasend/ und hernach bey der Diana Altare in Taurica wieder ausgesöhnt worden sey/ wie ferner hiervon der Poete meldet. Et Scelerum Furiis agitatus Orestes: Woraus man der Heyden vermeinte Andacht/ und zugleich auch verübte Danckbarkeit siehet: Es hat die abergläubische Andacht ein Gleichnis mit den der unersättlichen Afra in Creta / und Eutropia ihren Leib um des Geldes willen männiglichen darboth? Sie alle hatten die schätzbarsten Leiber/ und den vortrefflichsten Verstand/ gleichwohl aber kunten sie ihre Begierden in denen viehischen Wohllüsten nicht zähmen. Was aber ist es anders/ als daß man solche/ die ihre Zeit mit dergleichẽ schnöden Lastern zubringen/ denẽ Verurtheileten/ die man auf einer anmuthigen Wiese von der Justiz zum Tode führet/ vergleichet? Bey aller solcher Welt-Freude ist der Anfang dem Ansehen nach/ das beste/ das Mittel die sündliche Beharrung/ und das Ende so dann das bitterste/ woran sich gemeiniglich die Menschen/ wenn sie bey Zeiten nicht darvon abstehen/ als an einem vergiffteten Zucker den Tod zu fressen pflegen. Der Dianae geheiligte Oerter. Der Dianä heiligte man zu Ehren unterschiedene Oerther: schlachtete Opfer/ und hielte gewisse Gebräuche. Ihre geheiligten Oerther waren der Fluß Parthenius in Paphlagonien/ Valerius Flaccus lib. 5. Argon. der in der Insul Delos herfürragende Berg Cynthus/ in welcher Insel sie mit dem Apollo gebohren; die Stadt Ephesus in Jonien/ oder Lydien/ in welcher man ihr zu Ehren einen Tempel erbauet/ und den man hernach unter die sieben Wunderwercke der Welt gerechnet. Mit diesem bracht Asien 220. Jahre zu/ und setzte denselben/ damit ihm in Zukunfft kein Erdbeben schaden möchte/ an einen pfüligten oder morastigen Orth: Seine Länge war 425. Schritte/ und die Breite 220. der Seulen 127. so unterschiedliche Könige verfertiget/ von denen ihrer 36. in die Höhe erhoben / und künstlich ausgehauen gewesen. Uber dieses verehrete man sie in der Stadt Baveon in Attica/ auf dem Berge Aventino/ und Algide/ in Italien/ und auf dem Scythischen Gebürge Tauro. Alle Abgötterey hat einen gewissen Anstrich. Es ist mit dem gemeinen Pösel meistentheils also beschaffen/ daß es dasjenige / was er nicht verstehet/ für heilsam achtet. Denn wann bey diesen der Schein der Religion darzu kömmt/ so ist ihre Abgötterey und Aberglaube gleich einer Fluht / die alles überschwemmet/ und mit der Gewalt nicht aufzuhalten ist. Die Heyden vergnügten sich nicht an dem Jove, Apolline, Saturno, Plutone, Sole, Baccho, Mercurio, Marte, Hercule, Neptuno, Vulcano, und an der Göttin Cybele, Venere, Junone, Cerere, Themide, Minerva, Diana, Proserpina und Vesta, sondern sie geriethen auch in diese Thorheit/ daß sie nebenst solchen die allervergifftigsten Thiere/ Schlangen und Drachen für Götter verehreten. Ihre schlacht-Opfer. Der Dianä pflegte man eine Hindin oder Rehe zu opfern/ weswegen der Poete saget: Ovid. lib. I. Fastorum. Quae semel est triplici pro virgine caesa Dianae, nunc quoq; pro nullâ virgine Cerva cadit. Manhat Dianen sonst ein munters Reh geschlachtet / Weil sie für andern ward dreymahl so hoch geachtet / Jetzt aber will ein Reh man opffern auch der Jenen / Die sich zum Jungfer-Stand nicht länger will bequemen. Virgilius lib. 3. AEneid. Es ist bekannt/ daß des Königs Agamemnons/ und der Clytemnestra Sohn/ wegen seiner Mutter so er umgebracht/ rasend/ und hernach bey der Diana Altare in Taurica wieder ausgesöhnt worden sey/ wie ferner hiervon der Poete meldet. Et Scelerum Furiis agitatus Orestes: Woraus man der Heyden vermeinte Andacht/ und zugleich auch verübte Danckbarkeit siehet: Es hat die abergläubische Andacht ein Gleichnis mit den <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0235" n="207"/> der unersättlichen Afra in Creta / und Eutropia ihren Leib um des Geldes willen männiglichen darboth? Sie alle hatten die schätzbarsten Leiber/ und den vortrefflichsten Verstand/ gleichwohl aber kunten sie ihre Begierden in denen viehischen Wohllüsten nicht zähmen. Was aber ist es anders/ als daß man solche/ die ihre Zeit mit dergleichẽ schnöden Lastern zubringen/ denẽ Verurtheileten/ die man auf einer anmuthigen Wiese von der Justiz zum Tode führet/ vergleichet? Bey aller solcher Welt-Freude ist der Anfang dem Ansehen nach/ das beste/ das Mittel die sündliche Beharrung/ und das Ende so dann das bitterste/ woran sich gemeiniglich die Menschen/ wenn sie bey Zeiten nicht darvon abstehen/ als an einem vergiffteten Zucker den Tod zu fressen pflegen.</p> <p><note place="right">Der Dianae geheiligte Oerter.</note> Der Dianä heiligte man zu Ehren unterschiedene Oerther: schlachtete Opfer/ und hielte gewisse Gebräuche.</p> <p>Ihre geheiligten Oerther waren der Fluß Parthenius in Paphlagonien/ <note place="right">Valerius Flaccus lib. 5. Argon.</note> der in der Insul Delos herfürragende Berg Cynthus/ in welcher Insel sie mit dem Apollo gebohren; die Stadt Ephesus in Jonien/ oder Lydien/ in welcher man ihr zu Ehren einen Tempel erbauet/ und den man hernach unter die sieben Wunderwercke der Welt gerechnet. Mit diesem bracht Asien 220. Jahre zu/ und setzte denselben/ damit ihm in Zukunfft kein Erdbeben schaden möchte/ an einen pfüligten oder morastigen Orth: Seine Länge war 425. Schritte/ und die Breite 220. der Seulen 127. so unterschiedliche Könige verfertiget/ von denen ihrer 36. in die Höhe erhoben / und künstlich ausgehauen gewesen. Uber dieses verehrete man sie in der Stadt Baveon in Attica/ auf dem Berge Aventino/ und Algide/ in Italien/ und auf dem Scythischen Gebürge Tauro. Alle Abgötterey hat einen gewissen Anstrich. Es ist mit dem gemeinen Pösel meistentheils also beschaffen/ daß es dasjenige / was er nicht verstehet/ für heilsam achtet. Denn wann bey diesen der Schein der Religion darzu kömmt/ so ist ihre Abgötterey und Aberglaube gleich einer Fluht / die alles überschwemmet/ und mit der Gewalt nicht aufzuhalten ist. Die Heyden vergnügten sich nicht an dem Jove, Apolline, Saturno, Plutone, Sole, Baccho, Mercurio, Marte, Hercule, Neptuno, Vulcano, und an der Göttin Cybele, Venere, Junone, Cerere, Themide, Minerva, Diana, Proserpina und Vesta, sondern sie geriethen auch in diese Thorheit/ daß sie nebenst solchen die allervergifftigsten Thiere/ Schlangen und Drachen für Götter verehreten.</p> <p><note place="right">Ihre schlacht-Opfer.</note> Der Dianä pflegte man eine Hindin oder Rehe zu opfern/ weswegen der Poete saget:</p> <p><note place="right">Ovid. lib. I. Fastorum.</note> Quae semel est triplici pro virgine caesa Dianae, nunc quoq; pro nullâ virgine Cerva cadit.</p> <p>Manhat Dianen sonst ein munters Reh geschlachtet /</p> <p>Weil sie für andern ward dreymahl so hoch geachtet /</p> <p>Jetzt aber will ein Reh man opffern auch der Jenen /</p> <p>Die sich zum Jungfer-Stand nicht länger will bequemen.</p> <p><note place="right">Virgilius lib. 3. AEneid.</note> Es ist bekannt/ daß des Königs Agamemnons/ und der Clytemnestra Sohn/ wegen seiner Mutter so er umgebracht/ rasend/ und hernach bey der Diana Altare in Taurica wieder ausgesöhnt worden sey/ wie ferner hiervon der Poete meldet.</p> <p>Et Scelerum Furiis agitatus Orestes:</p> <p>Woraus man der Heyden vermeinte Andacht/ und zugleich auch verübte Danckbarkeit siehet: Es hat die abergläubische Andacht ein Gleichnis mit den </p> </div> </body> </text> </TEI> [207/0235]
der unersättlichen Afra in Creta / und Eutropia ihren Leib um des Geldes willen männiglichen darboth? Sie alle hatten die schätzbarsten Leiber/ und den vortrefflichsten Verstand/ gleichwohl aber kunten sie ihre Begierden in denen viehischen Wohllüsten nicht zähmen. Was aber ist es anders/ als daß man solche/ die ihre Zeit mit dergleichẽ schnöden Lastern zubringen/ denẽ Verurtheileten/ die man auf einer anmuthigen Wiese von der Justiz zum Tode führet/ vergleichet? Bey aller solcher Welt-Freude ist der Anfang dem Ansehen nach/ das beste/ das Mittel die sündliche Beharrung/ und das Ende so dann das bitterste/ woran sich gemeiniglich die Menschen/ wenn sie bey Zeiten nicht darvon abstehen/ als an einem vergiffteten Zucker den Tod zu fressen pflegen.
Der Dianä heiligte man zu Ehren unterschiedene Oerther: schlachtete Opfer/ und hielte gewisse Gebräuche.
Der Dianae geheiligte Oerter. Ihre geheiligten Oerther waren der Fluß Parthenius in Paphlagonien/ der in der Insul Delos herfürragende Berg Cynthus/ in welcher Insel sie mit dem Apollo gebohren; die Stadt Ephesus in Jonien/ oder Lydien/ in welcher man ihr zu Ehren einen Tempel erbauet/ und den man hernach unter die sieben Wunderwercke der Welt gerechnet. Mit diesem bracht Asien 220. Jahre zu/ und setzte denselben/ damit ihm in Zukunfft kein Erdbeben schaden möchte/ an einen pfüligten oder morastigen Orth: Seine Länge war 425. Schritte/ und die Breite 220. der Seulen 127. so unterschiedliche Könige verfertiget/ von denen ihrer 36. in die Höhe erhoben / und künstlich ausgehauen gewesen. Uber dieses verehrete man sie in der Stadt Baveon in Attica/ auf dem Berge Aventino/ und Algide/ in Italien/ und auf dem Scythischen Gebürge Tauro. Alle Abgötterey hat einen gewissen Anstrich. Es ist mit dem gemeinen Pösel meistentheils also beschaffen/ daß es dasjenige / was er nicht verstehet/ für heilsam achtet. Denn wann bey diesen der Schein der Religion darzu kömmt/ so ist ihre Abgötterey und Aberglaube gleich einer Fluht / die alles überschwemmet/ und mit der Gewalt nicht aufzuhalten ist. Die Heyden vergnügten sich nicht an dem Jove, Apolline, Saturno, Plutone, Sole, Baccho, Mercurio, Marte, Hercule, Neptuno, Vulcano, und an der Göttin Cybele, Venere, Junone, Cerere, Themide, Minerva, Diana, Proserpina und Vesta, sondern sie geriethen auch in diese Thorheit/ daß sie nebenst solchen die allervergifftigsten Thiere/ Schlangen und Drachen für Götter verehreten.
Valerius Flaccus lib. 5. Argon. Der Dianä pflegte man eine Hindin oder Rehe zu opfern/ weswegen der Poete saget:
Ihre schlacht-Opfer. Quae semel est triplici pro virgine caesa Dianae, nunc quoq; pro nullâ virgine Cerva cadit.
Ovid. lib. I. Fastorum. Manhat Dianen sonst ein munters Reh geschlachtet /
Weil sie für andern ward dreymahl so hoch geachtet /
Jetzt aber will ein Reh man opffern auch der Jenen /
Die sich zum Jungfer-Stand nicht länger will bequemen.
Es ist bekannt/ daß des Königs Agamemnons/ und der Clytemnestra Sohn/ wegen seiner Mutter so er umgebracht/ rasend/ und hernach bey der Diana Altare in Taurica wieder ausgesöhnt worden sey/ wie ferner hiervon der Poete meldet.
Virgilius lib. 3. AEneid. Et Scelerum Furiis agitatus Orestes:
Woraus man der Heyden vermeinte Andacht/ und zugleich auch verübte Danckbarkeit siehet: Es hat die abergläubische Andacht ein Gleichnis mit den
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