[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.Cassiodorus. lib. I. Epist. 12. p. 14. König Theodorich in Italien sagte/ daß der Jenige/ der sich in der Welt wolle einen unsterblichen Nahmen machen/ ein Tempel der Unschuld/ ein Altar der Gerechtigkeit und eine Capelle der Mässigkeit seyn sollte. Es ist der Regenten-Stand nicht ein geringes/ wenn Er die reine Lehre und Kirche Gottes fortpflantzet/ zu dem wahren Gottesdienst allen Vorschub thun/ und keinen Flucher noch Gotteslästerer/ noch Verachtung GOttes und seines Wortes/ keinen Ungehorsam/ keinen Mord noch Todschlag / keine Hererey noch Ehebruch/ verstatten lässet: Wann Er Städte/ Flekken und Dörffer in Friede und Ruhe erhält/ Land und Leute erbauet/ Mas/ Ellen und Gewichte handhabet/ und die Seinigen wider Recht und Billigkeit AElian[unleserliches Material]9 lib. 2. Histor. Variar. c. 20. p. 319. nicht beschwehret. König Antigonus in Macedonien nennete die Regierung eine Adeliche Dienstbarkeit; und als Ihm einer als einen König glückseelig preisete/ zeigete er mit seiner Hand auf die Crone/ und sagte: Wenn du wüstest/ was für Mühe und Arbeit hinter dieser Cron stecke/ du würdest Sie gewiß nicht auf dem Wege aufheben. Wie der Atheniensische Krieges-Fürst Themistocles vermerkte/ daß ihm sein Sohn nach dem Regiment stund/ nahm Er Ihn mit sich an das Uferdes Meeres/ wiese Ihm daselbst etliche zerfallene Schiffe/ und gab Ihm diese Lehre darbey: Es hätten diese Schiffe vormals die allertapfersten Menschen/ und deroselben Nahrung und Unterhalt getragen / deßwegen man sie auch lieb und werth gehalten/ sie auf das herrlichste ausgeputzet/ und ihrer zum besten gewartet; nachdem sie aber alt und zerfallen / achte man nunmehro derer am wenigsten. Also ergienge es auch denen Regenten; so lange sie dem gemeinen Wesen wohl fürstehen könten/ da wären Sie hoch geschätzt; wenn Sie aber alt und unvermögend/ da fiele allgemach ihre Hoheit und Respect wieder dahin. Es sitzet mancher oben an; ein Anderer aber weis nicht/ wie schwehr Ihm das Sitzen ankomme/ und was vor eine starke Last er auf sich habe. Menschen regieren/ ist eines von den grösten Künsten. Ehe der Rath zu Rom/ welcher in 320. Personen bestunde/ zu ihren Berathschlagungen giengen/ kamen Sie erstlich in dem Tempel der Concordiae zusammen/ und rufften die Götter um glücklichen Fortgang ihrer vorhabenden Rathschläge an. Da König Heinrich der Vierte in Engeland auf seinem Todtbette sahe/ wie sein Sohn Heinrich/ hernach der Fünffte genannt/ die Crone mit den Händen hin und wieder begrieff/ sagte Er: O wenn du/ mein Sohn! wüstest/ wie schwehr mir diese Crone auf meinem Gewissen läge/ du würdest Sie nimmermehr aufzusetzen begehren. Welchem der Sohn mit Lachen geantwortet: Das sey ferne/ o König! daß Ich das Jenige/ was dich so viel gekostet/ sollte fahren lassen! Der jenige so nach einer Regierung trachtet/ stehet nach nichts als Mühe/ Arbeit/ Sorge/ Gefahr und Kümmernis; Wer aber verständig ist/ der bemühet sich vielmehr davon/ als darbey zu seyn. Wie einesmals Damocles den König in Sicilien/ den Dionysium/ wegen seines Reichs glückselig priese/ forderte Er Ihn zur Tafel/ ließ die Zimmer mit güldenen Tapezereyen behengen/ die köstlichsten Speisen und Getränke auftragen/ und die anmuthigste Music herfürbringen. Damocles war lustig und guter Dinge/ aß und trank/ und ließ sich darbey nichts böses ahnen. Indem Er nun bey so grosser Pracht und Herrlichkeet unverhofft über sich sahe/ wurde Er gewahr/ wie über seinem Haupte ein blosses Schwerdt an einem Pferde-Haare hienge: und als Er sich darüber entsetzete/ sagte der König zu Ihm: Nun siehestu/ daß die Könige zwar in steter Pracht und Herrligkeit sitzen/ allein sie leben darbey in steter Furcht und Lebens-Gefahr. Cassiodorus. lib. I. Epist. 12. p. 14. König Theodorich in Italien sagte/ daß der Jenige/ der sich in der Welt wolle einen unsterblichen Nahmen machen/ ein Tempel der Unschuld/ ein Altar der Gerechtigkeit und eine Capelle der Mässigkeit seyn sollte. Es ist der Regenten-Stand nicht ein geringes/ wenn Er die reine Lehre und Kirche Gottes fortpflantzet/ zu dem wahren Gottesdienst allen Vorschub thun/ und keinen Flucher noch Gotteslästerer/ noch Verachtung GOttes und seines Wortes/ keinen Ungehorsam/ keinen Mord noch Todschlag / keine Hererey noch Ehebruch/ verstatten lässet: Wann Er Städte/ Flekken und Dörffer in Friede und Ruhe erhält/ Land uñ Leute erbauet/ Mas/ Ellen und Gewichte handhabet/ und die Seinigen wider Recht uñ Billigkeit AElian[unleserliches Material]9 lib. 2. Histor. Variar. c. 20. p. 319. nicht beschwehret. König Antigonus in Macedonien neñete die Regierung eine Adeliche Dienstbarkeit; uñ als Ihm einer als einen König glückseelig preisete/ zeigete er mit seiner Hand auf die Crone/ und sagte: Wenn du wüstest/ was für Mühe und Arbeit hinter dieser Cron stecke/ du würdest Sie gewiß nicht auf dem Wege aufheben. Wie der Atheniensische Krieges-Fürst Themistocles vermerkte/ daß ihm sein Sohn nach dem Regimẽt stund/ nahm Er Ihn mit sich an das Uferdes Meeres/ wiese Ihm daselbst etliche zerfallene Schiffe/ und gab Ihm diese Lehre darbey: Es hätten diese Schiffe vormals die allertapfersten Menschen/ und deroselben Nahrung und Unterhalt getragen / deßwegen man sie auch lieb und werth gehalten/ sie auf das herrlichste ausgeputzet/ und ihrer zum besten gewartet; nachdem sie aber alt und zerfallen / achte man nunmehro derer am wenigsten. Also ergienge es auch denen Regenten; so lange sie dem gemeinen Wesen wohl fürstehen könten/ da wären Sie hoch geschätzt; wenn Sie aber alt uñ unvermögend/ da fiele allgemach ihre Hoheit und Respect wieder dahin. Es sitzet mancher oben an; ein Anderer aber weis nicht/ wie schwehr Ihm das Sitzen ankom̃e/ und was vor eine starke Last er auf sich habe. Menschẽ regieren/ ist eines von den grösten Künsten. Ehe der Rath zu Rom/ welcher in 320. Personen bestunde/ zu ihren Berathschlagungen giengen/ kamen Sie erstlich in dem Tempel der Concordiae zusam̃en/ und rufften die Götter um glücklichen Fortgang ihrer vorhabenden Rathschläge an. Da König Heinrich der Vierte in Engeland auf seinem Todtbette sahe/ wie sein Sohn Heinrich/ hernach der Fünffte genannt/ die Crone mit den Händen hin und wieder begrieff/ sagte Er: O wenn du/ mein Sohn! wüstest/ wie schwehr mir diese Crone auf meinem Gewissen läge/ du würdest Sie nim̃ermehr aufzusetzen begehren. Welchem der Sohn mit Lachen geantwortet: Das sey ferne/ ô König! daß Ich das Jenige/ was dich so viel gekostet/ sollte fahren lassen! Der jenige so nach einer Regierung trachtet/ stehet nach nichts als Mühe/ Arbeit/ Sorge/ Gefahr uñ Küm̃ernis; Wer aber verständig ist/ der bemühet sich vielmehr davon/ als darbey zu seyn. Wie einesmals Damocles den König in Sicilien/ den Dionysium/ wegen seines Reichs glückselig priese/ forderte Er Ihn zur Tafel/ ließ die Zimmer mit güldenen Tapezereyen behengen/ die köstlichsten Speisen und Getränke auftragen/ und die anmuthigste Music herfürbringen. Damocles war lustig und guter Dinge/ aß und trank/ und ließ sich darbey nichts böses ahnen. Indem Er nun bey so grosser Pracht und Herrlichkeet unverhofft über sich sahe/ wurde Er gewahr/ wie über seinem Haupte ein blosses Schwerdt an einem Pferde-Haare hienge: und als Er sich darüber entsetzete/ sagte der König zu Ihm: Nun siehestu/ daß die Könige zwar in steter Pracht und Herrligkeit sitzen/ allein sie leben darbey in steter Furcht und Lebens-Gefahr. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0455" n="421"/><note place="right">Cassiodorus. lib. I. 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König Antigonus in Macedonien neñete die Regierung eine Adeliche Dienstbarkeit; uñ als Ihm einer als einen König glückseelig preisete/ zeigete er mit seiner Hand auf die Crone/ und sagte: Wenn du wüstest/ was für Mühe und Arbeit hinter dieser Cron stecke/ du würdest Sie gewiß nicht auf dem Wege aufheben. Wie der Atheniensische Krieges-Fürst Themistocles vermerkte/ daß ihm sein Sohn nach dem Regimẽt stund/ nahm Er Ihn mit sich an das Uferdes Meeres/ wiese Ihm daselbst etliche zerfallene Schiffe/ und gab Ihm diese Lehre darbey: Es hätten diese Schiffe vormals die allertapfersten Menschen/ und deroselben Nahrung und Unterhalt getragen / deßwegen man sie auch lieb und werth gehalten/ sie auf das herrlichste ausgeputzet/ und ihrer zum besten gewartet; nachdem sie aber alt und zerfallen / achte man nunmehro derer am wenigsten. Also ergienge es auch denen Regenten; so lange sie dem gemeinen Wesen wohl fürstehen könten/ da wären Sie hoch geschätzt; wenn Sie aber alt uñ unvermögend/ da fiele allgemach ihre Hoheit und Respect wieder dahin. Es sitzet mancher oben an; ein Anderer aber weis nicht/ wie schwehr Ihm das Sitzen ankom̃e/ und was vor eine starke Last er auf sich habe. Menschẽ regieren/ ist eines von den grösten Künsten. Ehe der Rath zu Rom/ welcher in 320. Personen bestunde/ zu ihren Berathschlagungen giengen/ kamen Sie erstlich in dem Tempel der Concordiae zusam̃en/ und rufften die Götter um glücklichen Fortgang ihrer vorhabenden Rathschläge an. Da König Heinrich der Vierte in Engeland auf seinem Todtbette sahe/ wie sein Sohn Heinrich/ hernach der Fünffte genannt/ die Crone mit den Händen hin und wieder begrieff/ sagte Er: O wenn du/ mein Sohn! wüstest/ wie schwehr mir diese Crone auf meinem Gewissen läge/ du würdest Sie nim̃ermehr aufzusetzen begehren. Welchem der Sohn mit Lachen geantwortet: Das sey ferne/ ô König! daß Ich das Jenige/ was dich so viel gekostet/ sollte fahren lassen! Der jenige so nach einer Regierung trachtet/ stehet nach nichts als Mühe/ Arbeit/ Sorge/ Gefahr uñ Küm̃ernis; Wer aber verständig ist/ der bemühet sich vielmehr davon/ als darbey zu seyn. Wie einesmals Damocles den König in Sicilien/ den Dionysium/ wegen seines Reichs glückselig priese/ forderte Er Ihn zur Tafel/ ließ die Zimmer mit güldenen Tapezereyen behengen/ die köstlichsten Speisen und Getränke auftragen/ und die anmuthigste Music herfürbringen. Damocles war lustig und guter Dinge/ aß und trank/ und ließ sich darbey nichts böses ahnen. Indem Er nun bey so grosser Pracht und Herrlichkeet unverhofft über sich sahe/ wurde Er gewahr/ wie über seinem Haupte ein blosses Schwerdt an einem Pferde-Haare hienge: und als Er sich darüber entsetzete/ sagte der König zu Ihm: Nun siehestu/ daß die Könige zwar in steter Pracht und Herrligkeit sitzen/ allein sie leben darbey in steter Furcht und Lebens-Gefahr.</p> </div> <div> </div> </body> </text> </TEI> [421/0455]
König Theodorich in Italien sagte/ daß der Jenige/ der sich in der Welt wolle einen unsterblichen Nahmen machen/ ein Tempel der Unschuld/ ein Altar der Gerechtigkeit und eine Capelle der Mässigkeit seyn sollte. Es ist der Regenten-Stand nicht ein geringes/ wenn Er die reine Lehre und Kirche Gottes fortpflantzet/ zu dem wahren Gottesdienst allen Vorschub thun/ und keinen Flucher noch Gotteslästerer/ noch Verachtung GOttes und seines Wortes/ keinen Ungehorsam/ keinen Mord noch Todschlag / keine Hererey noch Ehebruch/ verstatten lässet: Wann Er Städte/ Flekken und Dörffer in Friede und Ruhe erhält/ Land uñ Leute erbauet/ Mas/ Ellen und Gewichte handhabet/ und die Seinigen wider Recht uñ Billigkeit nicht beschwehret. König Antigonus in Macedonien neñete die Regierung eine Adeliche Dienstbarkeit; uñ als Ihm einer als einen König glückseelig preisete/ zeigete er mit seiner Hand auf die Crone/ und sagte: Wenn du wüstest/ was für Mühe und Arbeit hinter dieser Cron stecke/ du würdest Sie gewiß nicht auf dem Wege aufheben. Wie der Atheniensische Krieges-Fürst Themistocles vermerkte/ daß ihm sein Sohn nach dem Regimẽt stund/ nahm Er Ihn mit sich an das Uferdes Meeres/ wiese Ihm daselbst etliche zerfallene Schiffe/ und gab Ihm diese Lehre darbey: Es hätten diese Schiffe vormals die allertapfersten Menschen/ und deroselben Nahrung und Unterhalt getragen / deßwegen man sie auch lieb und werth gehalten/ sie auf das herrlichste ausgeputzet/ und ihrer zum besten gewartet; nachdem sie aber alt und zerfallen / achte man nunmehro derer am wenigsten. Also ergienge es auch denen Regenten; so lange sie dem gemeinen Wesen wohl fürstehen könten/ da wären Sie hoch geschätzt; wenn Sie aber alt uñ unvermögend/ da fiele allgemach ihre Hoheit und Respect wieder dahin. Es sitzet mancher oben an; ein Anderer aber weis nicht/ wie schwehr Ihm das Sitzen ankom̃e/ und was vor eine starke Last er auf sich habe. Menschẽ regieren/ ist eines von den grösten Künsten. Ehe der Rath zu Rom/ welcher in 320. Personen bestunde/ zu ihren Berathschlagungen giengen/ kamen Sie erstlich in dem Tempel der Concordiae zusam̃en/ und rufften die Götter um glücklichen Fortgang ihrer vorhabenden Rathschläge an. Da König Heinrich der Vierte in Engeland auf seinem Todtbette sahe/ wie sein Sohn Heinrich/ hernach der Fünffte genannt/ die Crone mit den Händen hin und wieder begrieff/ sagte Er: O wenn du/ mein Sohn! wüstest/ wie schwehr mir diese Crone auf meinem Gewissen läge/ du würdest Sie nim̃ermehr aufzusetzen begehren. Welchem der Sohn mit Lachen geantwortet: Das sey ferne/ ô König! daß Ich das Jenige/ was dich so viel gekostet/ sollte fahren lassen! Der jenige so nach einer Regierung trachtet/ stehet nach nichts als Mühe/ Arbeit/ Sorge/ Gefahr uñ Küm̃ernis; Wer aber verständig ist/ der bemühet sich vielmehr davon/ als darbey zu seyn. Wie einesmals Damocles den König in Sicilien/ den Dionysium/ wegen seines Reichs glückselig priese/ forderte Er Ihn zur Tafel/ ließ die Zimmer mit güldenen Tapezereyen behengen/ die köstlichsten Speisen und Getränke auftragen/ und die anmuthigste Music herfürbringen. Damocles war lustig und guter Dinge/ aß und trank/ und ließ sich darbey nichts böses ahnen. Indem Er nun bey so grosser Pracht und Herrlichkeet unverhofft über sich sahe/ wurde Er gewahr/ wie über seinem Haupte ein blosses Schwerdt an einem Pferde-Haare hienge: und als Er sich darüber entsetzete/ sagte der König zu Ihm: Nun siehestu/ daß die Könige zwar in steter Pracht und Herrligkeit sitzen/ allein sie leben darbey in steter Furcht und Lebens-Gefahr.
Cassiodorus. lib. I. Epist. 12. p. 14.
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/455>, abgerufen am 26.06.2024. |