[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.terte Bias zwey Maulthiere sehr feiste/ und ließ sie in des Feindes Lager lauffen. Der Feind meinte nicht anders/ als wenn die Stadt mit aller Uberflüssigkeit und genugsamen Proviant versehen wäre/ und erbothe sich dahero zum Friede. Damit aber die Stadt einen desto bessern Accord erhalten möchte/ gebrauchte sich Bias dieser List: Er befahl auf die Böden grosse Hauffen Sand zu führen/ bedeckte sie obenher mit Getrayde/ und zeigte sie denen Abgesandten des Feindes/ welche sich über den Vorrath verwunderten. Ein Kluger und ein Weiser handelt alles bedächtig. Er lässet sich sein Hertze nicht verführen/ sondern herrschet über die Begierden. Er nimmet sich in Prov. 15. 14. Acht; plumpet nicht hinein/ sinnet nach was er vorhat/ und mercket auf seine Webe. Er ist der Witzigen Crone/ thut alles mit Vernunfft/ gebrauchet sich seiner Weißheit nach Beschaffenheit des Orts/ nach Gestalt der Sachen/ und nach dem Glücke. Und wie der Narren Mund eitel Narrheit ausspeyet: Also gehet dessen Rath in allen Geschäfften vor. Da der Persische Herodot. lib. 7. Polymn. p. 432. n. 175. König Xerxes die Griechen mit Heeres-Krafft überziehen wollte/ und er disfalls seiner Räthe Gutachten einholete/ widerrieth ihm solches seines Vatern Brudern Sohn/ ein alter erfahrner Herr: Mardanus aber / ein junger ehrsichtiger Mensch/ behauptete das Gegenspiel/ und ward Xerxes darüber in die äuserste Gefahr gesetzet. Nachdem die Corinther/ Athenienser / und Thebaner sich wider die Lacedaemonier miteinander in ein Verbündnis eingelassen hatten/ berathschlagte man/ wie die Sache anzugreiffen. Einer / mit Nahmen Timolaus/ riethe/ man sollte sie angreiffen ehe sie sich verstärckten/ denn sie wären wie die Wasserbäche/ welche an dem Orte/ wo sie entspringen/ gar geringe/ wo sie sich aber erweiterten/ da erstreckte sich ihr Zugang desto stärcker. Thue nichts ohne Rath/ so gereuet dich nicht Ortelius. die That. Der weise Held Dracula widerrieth König Ladislao in Ungarn/ daß er nicht seinen gethanen Eyd brechen/ und den Türcken den Krieg ankündigen sollte/ denn Er hätte bey den Türcken auf der Tagt offters mehr Volck gesehen/ als die Ungarn aufzubringen vermöchten. Der Cardinal Julianus aber riethe ein anders/ und verlohr Ladislaus darüber nicht allein die mit den Türcken gehaltene Schlacht/ sondern auch sein Leben. Ein Narr gucket frey zum Fenster hinein/ ein Vernünfftiger aber bleibet heraussen Sir. 19. 26. 27. stehen. Diesen erkennet man an seinen Gebärden/ Kleidungen/ Lachen und Gange/ Die Rede des Narren aber drücket wie eine Last auf dem Wege: Er wirfft die Augen um sich/ rümpffet die Stirne/ recket das Maul empor/ siehet sauer/ stellet sich ungebärdig/ hat das Maul vorne für/ führet nichtige und unverständige Reden in seinem Munde / und wie man den Vogel an den Federn kennet/ also auch denselben an seinen Reden und Geberden. Das Alter ist den Weisen ein Gewürtze; Der Weise aber dem Alter eine Speise. Sey nicht weise/ sagt der Apostel Paulus; Er verbeut nicht/ weise zu seyn/ sondern mehr weise seyn/ als sichs gebühret. Wer Weißheit recht gebrauchen will/ der halte sie vor eine Gabe GOTTES/ wende sie zu Ehren GOTTES und des Nächsten an/ überhebe sich nicht darinne/ regiere sich selber/ sehe mehr auf seine eigene als anderer Leute Fehler/ und meide alle Neuerungen: Weißheit ist mehr denn zehen Gewaltige. Die Welt kan ohne eine richtige Regierung nicht bestehen; keine Regierung ist ohne Recht/ kein Recht kan ohne die Weißheit; Sie bauet Zucht/ Klugheit und Gerechtigkeit/ erweiset sich in allem freundlich/ gütig und fürsichtig/ in Langmuth gedultig/ in Beständigkeit freudig/ in Widerwärtigkeit terte Bias zwey Maulthiere sehr feiste/ und ließ sie in des Feindes Lager lauffen. Der Feind meinte nicht anders/ als wenn die Stadt mit aller Uberflüssigkeit und genugsamen Proviant versehen wäre/ und erbothe sich dahero zum Friede. Damit aber die Stadt einen desto bessern Accord erhalten möchte/ gebrauchte sich Bias dieser List: Er befahl auf die Böden grosse Hauffen Sand zu führen/ bedeckte sie obenher mit Getrayde/ und zeigte sie denen Abgesandten des Feindes/ welche sich über den Vorrath verwunderten. Ein Kluger und ein Weiser handelt alles bedächtig. Er lässet sich sein Hertze nicht verführen/ sondern herrschet über die Begierden. Er nimmet sich in Prov. 15. 14. Acht; plumpet nicht hinein/ sinnet nach was er vorhat/ und mercket auf seine Webe. Er ist der Witzigen Crone/ thut alles mit Vernunfft/ gebrauchet sich seiner Weißheit nach Beschaffenheit des Orts/ nach Gestalt der Sachen/ und nach dem Glücke. Und wie der Narren Mund eitel Narrheit ausspeyet: Also gehet dessen Rath in allen Geschäfften vor. Da der Persische Herodot. lib. 7. Polymn. p. 432. n. 175. König Xerxes die Griechen mit Heeres-Krafft überziehen wollte/ und er disfalls seiner Räthe Gutachten einholete/ widerrieth ihm solches seines Vatern Brudern Sohn/ ein alter erfahrner Herr: Mardanus aber / ein junger ehrsichtiger Mensch/ behauptete das Gegenspiel/ und ward Xerxes darüber in die äuserste Gefahr gesetzet. Nachdem die Corinther/ Athenienser / und Thebaner sich wider die Lacedaemonier miteinander in ein Verbündnis eingelassen hatten/ berathschlagte man/ wie die Sache anzugreiffen. Einer / mit Nahmen Timolaus/ riethe/ man sollte sie angreiffen ehe sie sich verstärckten/ denn sie wären wie die Wasserbäche/ welche an dem Orte/ wo sie entspringen/ gar geringe/ wo sie sich aber erweiterten/ da erstreckte sich ihr Zugang desto stärcker. Thue nichts ohne Rath/ so gereuet dich nicht Ortelius. die That. Der weise Held Dracula widerrieth König Ladislao in Ungarn/ daß er nicht seinen gethanen Eyd brechen/ und den Türcken den Krieg ankündigen sollte/ denn Er hätte bey den Türcken auf der Tagt offters mehr Volck gesehen/ als die Ungarn aufzubringen vermöchten. Der Cardinal Julianus aber riethe ein anders/ und verlohr Ladislaus darüber nicht allein die mit den Türcken gehaltene Schlacht/ sondern auch sein Leben. Ein Narr gucket frey zum Fenster hinein/ ein Vernünfftiger aber bleibet heraussen Sir. 19. 26. 27. stehen. Diesen erkennet man an seinen Gebärden/ Kleidungen/ Lachen und Gange/ Die Rede des Narren aber drücket wie eine Last auf dem Wege: Er wirfft die Augen um sich/ rümpffet die Stirne/ recket das Maul empor/ siehet sauer/ stellet sich ungebärdig/ hat das Maul vorne für/ führet nichtige und unverständige Reden in seinem Munde / und wie man den Vogel an den Federn kennet/ also auch denselben an seinen Reden und Geberden. Das Alter ist den Weisen ein Gewürtze; Der Weise aber dem Alter eine Speise. Sey nicht weise/ sagt der Apostel Paulus; Er verbeut nicht/ weise zu seyn/ sondern mehr weise seyn/ als sichs gebühret. Wer Weißheit recht gebrauchen will/ der halte sie vor eine Gabe GOTTES/ wende sie zu Ehren GOTTES und des Nächsten an/ überhebe sich nicht darinne/ regiere sich selber/ sehe mehr auf seine eigene als anderer Leute Fehler/ und meide alle Neuerungen: Weißheit ist mehr denn zehen Gewaltige. Die Welt kan ohne eine richtige Regierung nicht bestehen; keine Regierung ist ohne Recht/ kein Recht kan ohne die Weißheit; Sie bauet Zucht/ Klugheit und Gerechtigkeit/ erweiset sich in allem freundlich/ gütig und fürsichtig/ in Langmuth gedultig/ in Beständigkeit freudig/ in Widerwärtigkeit <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0474" n="440"/> terte Bias zwey Maulthiere sehr feiste/ und ließ sie in des Feindes Lager lauffen. Der Feind meinte nicht anders/ als wenn die Stadt mit aller Uberflüssigkeit und genugsamen Proviant versehen wäre/ und erbothe sich dahero zum Friede. Damit aber die Stadt einen desto bessern Accord erhalten möchte/ gebrauchte sich Bias dieser List: Er befahl auf die Böden grosse Hauffen Sand zu führen/ bedeckte sie obenher mit Getrayde/ und zeigte sie denen Abgesandten des Feindes/ welche sich über den Vorrath verwunderten. Ein Kluger und ein Weiser handelt alles bedächtig. Er lässet sich sein Hertze nicht verführen/ sondern herrschet über die Begierden. Er nimmet sich in <note place="left">Prov. 15. 14.</note> Acht; plumpet nicht hinein/ sinnet nach was er vorhat/ und mercket auf seine Webe. Er ist der Witzigen Crone/ thut alles mit Vernunfft/ gebrauchet sich seiner Weißheit nach Beschaffenheit des Orts/ nach Gestalt der Sachen/ und nach dem Glücke. Und wie der Narren Mund eitel Narrheit ausspeyet: Also gehet dessen Rath in allen Geschäfften vor. Da der Persische <note place="left">Herodot. lib. 7. Polymn. p. 432. n. 175.</note> König Xerxes die Griechen mit Heeres-Krafft überziehen wollte/ und er disfalls seiner Räthe Gutachten einholete/ widerrieth ihm solches seines Vatern Brudern Sohn/ ein alter erfahrner Herr: Mardanus aber / ein junger ehrsichtiger Mensch/ behauptete das Gegenspiel/ und ward Xerxes darüber in die äuserste Gefahr gesetzet. Nachdem die Corinther/ Athenienser / und Thebaner sich wider die Lacedaemonier miteinander in ein Verbündnis eingelassen hatten/ berathschlagte man/ wie die Sache anzugreiffen. Einer / mit Nahmen Timolaus/ riethe/ man sollte sie angreiffen ehe sie sich verstärckten/ denn sie wären wie die Wasserbäche/ welche an dem Orte/ wo sie entspringen/ gar geringe/ wo sie sich aber erweiterten/ da erstreckte sich ihr Zugang desto stärcker. Thue nichts ohne Rath/ so gereuet dich nicht <note place="left">Ortelius.</note> die That. Der weise Held Dracula widerrieth König Ladislao in Ungarn/ daß er nicht seinen gethanen Eyd brechen/ und den Türcken den Krieg ankündigen sollte/ denn Er hätte bey den Türcken auf der Tagt offters mehr Volck gesehen/ als die Ungarn aufzubringen vermöchten. Der Cardinal Julianus aber riethe ein anders/ und verlohr Ladislaus darüber nicht allein die mit den Türcken gehaltene Schlacht/ sondern auch sein Leben. Ein Narr gucket frey zum Fenster hinein/ ein Vernünfftiger aber bleibet heraussen <note place="left">Sir. 19. 26. 27.</note> stehen. Diesen erkennet man an seinen Gebärden/ Kleidungen/ Lachen und Gange/ Die Rede des Narren aber drücket wie eine Last auf dem Wege: Er wirfft die Augen um sich/ rümpffet die Stirne/ recket das Maul empor/ siehet sauer/ stellet sich ungebärdig/ hat das Maul vorne für/ führet nichtige und unverständige Reden in seinem Munde / und wie man den Vogel an den Federn kennet/ also auch denselben an seinen Reden und Geberden. Das Alter ist den Weisen ein Gewürtze; Der Weise aber dem Alter eine Speise. Sey nicht weise/ sagt der Apostel Paulus; Er verbeut nicht/ weise zu seyn/ sondern mehr weise seyn/ als sichs gebühret. Wer Weißheit recht gebrauchen will/ der halte sie vor eine Gabe GOTTES/ wende sie zu Ehren GOTTES und des Nächsten an/ überhebe sich nicht darinne/ regiere sich selber/ sehe mehr auf seine eigene als anderer Leute Fehler/ und meide alle Neuerungen: Weißheit ist mehr denn zehen Gewaltige. Die Welt kan ohne eine richtige Regierung nicht bestehen; keine Regierung ist ohne Recht/ kein Recht kan ohne die Weißheit; Sie bauet Zucht/ Klugheit und Gerechtigkeit/ erweiset sich in allem freundlich/ gütig und fürsichtig/ in Langmuth gedultig/ in Beständigkeit freudig/ in Widerwärtigkeit </p> </div> </body> </text> </TEI> [440/0474]
terte Bias zwey Maulthiere sehr feiste/ und ließ sie in des Feindes Lager lauffen. Der Feind meinte nicht anders/ als wenn die Stadt mit aller Uberflüssigkeit und genugsamen Proviant versehen wäre/ und erbothe sich dahero zum Friede. Damit aber die Stadt einen desto bessern Accord erhalten möchte/ gebrauchte sich Bias dieser List: Er befahl auf die Böden grosse Hauffen Sand zu führen/ bedeckte sie obenher mit Getrayde/ und zeigte sie denen Abgesandten des Feindes/ welche sich über den Vorrath verwunderten. Ein Kluger und ein Weiser handelt alles bedächtig. Er lässet sich sein Hertze nicht verführen/ sondern herrschet über die Begierden. Er nimmet sich in Acht; plumpet nicht hinein/ sinnet nach was er vorhat/ und mercket auf seine Webe. Er ist der Witzigen Crone/ thut alles mit Vernunfft/ gebrauchet sich seiner Weißheit nach Beschaffenheit des Orts/ nach Gestalt der Sachen/ und nach dem Glücke. Und wie der Narren Mund eitel Narrheit ausspeyet: Also gehet dessen Rath in allen Geschäfften vor. Da der Persische König Xerxes die Griechen mit Heeres-Krafft überziehen wollte/ und er disfalls seiner Räthe Gutachten einholete/ widerrieth ihm solches seines Vatern Brudern Sohn/ ein alter erfahrner Herr: Mardanus aber / ein junger ehrsichtiger Mensch/ behauptete das Gegenspiel/ und ward Xerxes darüber in die äuserste Gefahr gesetzet. Nachdem die Corinther/ Athenienser / und Thebaner sich wider die Lacedaemonier miteinander in ein Verbündnis eingelassen hatten/ berathschlagte man/ wie die Sache anzugreiffen. Einer / mit Nahmen Timolaus/ riethe/ man sollte sie angreiffen ehe sie sich verstärckten/ denn sie wären wie die Wasserbäche/ welche an dem Orte/ wo sie entspringen/ gar geringe/ wo sie sich aber erweiterten/ da erstreckte sich ihr Zugang desto stärcker. Thue nichts ohne Rath/ so gereuet dich nicht die That. Der weise Held Dracula widerrieth König Ladislao in Ungarn/ daß er nicht seinen gethanen Eyd brechen/ und den Türcken den Krieg ankündigen sollte/ denn Er hätte bey den Türcken auf der Tagt offters mehr Volck gesehen/ als die Ungarn aufzubringen vermöchten. Der Cardinal Julianus aber riethe ein anders/ und verlohr Ladislaus darüber nicht allein die mit den Türcken gehaltene Schlacht/ sondern auch sein Leben. Ein Narr gucket frey zum Fenster hinein/ ein Vernünfftiger aber bleibet heraussen stehen. Diesen erkennet man an seinen Gebärden/ Kleidungen/ Lachen und Gange/ Die Rede des Narren aber drücket wie eine Last auf dem Wege: Er wirfft die Augen um sich/ rümpffet die Stirne/ recket das Maul empor/ siehet sauer/ stellet sich ungebärdig/ hat das Maul vorne für/ führet nichtige und unverständige Reden in seinem Munde / und wie man den Vogel an den Federn kennet/ also auch denselben an seinen Reden und Geberden. Das Alter ist den Weisen ein Gewürtze; Der Weise aber dem Alter eine Speise. Sey nicht weise/ sagt der Apostel Paulus; Er verbeut nicht/ weise zu seyn/ sondern mehr weise seyn/ als sichs gebühret. Wer Weißheit recht gebrauchen will/ der halte sie vor eine Gabe GOTTES/ wende sie zu Ehren GOTTES und des Nächsten an/ überhebe sich nicht darinne/ regiere sich selber/ sehe mehr auf seine eigene als anderer Leute Fehler/ und meide alle Neuerungen: Weißheit ist mehr denn zehen Gewaltige. Die Welt kan ohne eine richtige Regierung nicht bestehen; keine Regierung ist ohne Recht/ kein Recht kan ohne die Weißheit; Sie bauet Zucht/ Klugheit und Gerechtigkeit/ erweiset sich in allem freundlich/ gütig und fürsichtig/ in Langmuth gedultig/ in Beständigkeit freudig/ in Widerwärtigkeit
Prov. 15. 14.
Herodot. lib. 7. Polymn. p. 432. n. 175.
Ortelius.
Sir. 19. 26. 27.
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/474>, abgerufen am 16.06.2024. |