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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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Brusius lib. I. c. I. Er zu herrlich und zärtlich lebete. Dem antwortete Einer: Er ist besser zärtlich leben/ als geitzig seyn. Du hast bißhero viel Geld und Gut zusammen Virgilius lib. I. AEneid. gescharret/ und bist doch damit nicht vergnüget. Der sonst streitbare Held Achilles bot aus Geitz dem Priamo den erschlagenen Cörper des Hectors um Geld zu verkauffen an. Als der weise Heyde Aristides gefragt ward/ was das billichste und gerechteste wäre/ sagte Er: anderer Leute Güter nicht begehren. Will aber ein Geitziger wissen/ was er thun solle/ so gebe er Allmosen/ stehe ab vom Geitze/ und gebrauche sich seines Reichthums mit Masse/ mache Seckel die nicht veralten / und sammle sich Schätze im Himmel/ die nicht abnehmen/ und da kein Dieb zukommt/ die auch keine Motten fressen. Wo aber nicht/ so höre man Jac. 5, I. was der Apostel sagt: Wolan ihr Reichen / heulet/ und weinet über euer Elend/ das über euch kommen wird. Euer Reichthum ist verfaulet; Euere Kleider sind Motten-fressig worden/ Euer Gold und Silber ist verrostet. Euer Rost wird euch zum Zeugnis seyn/ und wird euer Fleisch fressen/ wie ein Feuer. Jhr habet euch Schätze gesammlet in den letzten Tagen. Siehe der Arbeiter Lohn/ die euer Land eingeerndet haben/ und das von euch abgebrochen ist/ das schreyet/ und das Ruffen der Erndter ist kommen für die Ohren des HERREN Zebaoths. Jhr habet gelebt auf Erden/ und eure Wohllust gehabt / und euere Hertzen geweydet/ als auf einen Schlacht-Tag. Jhr habet verurtheilet den Gerechten/ und ihn getödtet/ und er hat euch nicht widerstanden. Drumb sehe man zu/ welchen Weeg man sich erwehle.

Der hundert - äugigte Argus.

Ovid. in Metam. lib. I. c. 22 DIe Poeten erzehlen / daß/ als sich Jupiter in des beruffenen Penei Tochter/ die Jo/ verliebet / habe Er sich zu ihr auf den Erdboden begeben/ und sie im Walde in einem dicken Nebel beschlaffen. Nachdem aber seine Gemahlin/ die Juno/ sehen will/ was der Nebel bedeute/ verwandelt Jupiter daselbst die Jo in eine Kuh. Der Juno gefällt dieselbe/ und bittet die von ihrem Gemahl aus/ und/ weil sie dieselbe wohl zu verwahren gemeinet vertrauet sie solche zu weyden und zu warten dem hundertäugigem Argus. Jupiter trägt mit der Kuh ein Mitleiden/ befiehlet deswegen dem Mercurio/ daß er den scharffmen vermag/ kleidet er sich als ein Schäffer aus/ machet sich mit seiner Pfeiffe und Schlaff-Ruthe zu Ihm / schläffet selben ein/ und hauet Ihm den Kopff ab. Als aber solches die Juno innen wird/ betauert sie den Argum/ nimmt seine Augen/ und setzet sie zum Gedächtnisse in den Pfauen-Schwantz. Die Poeten dichten nichts umsonst.

Weltliche Hoheit und Stand ist nichts. Der Jo Verwandelung weiset uns die Gefährlichkeit des hohen Standes in der Welt. Die Gewaltigen haben zwar Macht über die Geringe/ gleichwohl aber sind ihre Wohllüste des Leibes nichts als Dorn-Sträuche/ die so wohl als anderer verbrennet werden. Wann

Brusius lib. I. c. I. Er zu herrlich und zärtlich lebete. Dem antwortete Einer: Er ist besser zärtlich leben/ als geitzig seyn. Du hast bißhero viel Geld und Gut zusammen Virgilius lib. I. AEneid. gescharret/ und bist doch damit nicht vergnüget. Der sonst streitbare Held Achilles bot aus Geitz dem Priamo den erschlagenen Cörper des Hectors um Geld zu verkauffen an. Als der weise Heyde Aristides gefragt ward/ was das billichste und gerechteste wäre/ sagte Er: anderer Leute Güter nicht begehren. Will aber ein Geitziger wissen/ was er thun solle/ so gebe er Allmosen/ stehe ab vom Geitze/ und gebrauche sich seines Reichthums mit Masse/ mache Seckel die nicht veralten / und sammle sich Schätze im Himmel/ die nicht abnehmen/ und da kein Dieb zukommt/ die auch keine Motten fressen. Wo aber nicht/ so höre man Jac. 5, I. was der Apostel sagt: Wolan ihr Reichen / heulet/ und weinet über euer Elend/ das über euch kommen wird. Euer Reichthum ist verfaulet; Euere Kleider sind Motten-fressig worden/ Euer Gold und Silber ist verrostet. Euer Rost wird euch zum Zeugnis seyn/ und wird euer Fleisch fressen/ wie ein Feuer. Jhr habet euch Schätze gesammlet in den letzten Tagen. Siehe der Arbeiter Lohn/ die euer Land eingeerndet haben/ und das von euch abgebrochen ist/ das schreyet/ und das Ruffen der Erndter ist kommen für die Ohren des HERREN Zebaoths. Jhr habet gelebt auf Erden/ und eure Wohllust gehabt / und euere Hertzen geweydet/ als auf einen Schlacht-Tag. Jhr habet verurtheilet den Gerechten/ und ihn getödtet/ und er hat euch nicht widerstanden. Drumb sehe man zu/ welchen Weeg man sich erwehle.

Der hundert - äugigte Argus.

Ovid. in Metam. lib. I. c. 22 DIe Poeten erzehlen / daß/ als sich Jupiter in des beruffenen Penei Tochter/ die Jo/ verliebet / habe Er sich zu ihr auf den Erdboden begeben/ und sie im Walde in einem dicken Nebel beschlaffen. Nachdem aber seine Gemahlin/ die Juno/ sehen will/ was der Nebel bedeute/ verwandelt Jupiter daselbst die Jo in eine Kuh. Der Juno gefällt dieselbe/ und bittet die von ihrem Gemahl aus/ und/ weil sie dieselbe wohl zu verwahren gemeinet vertrauet sie solche zu weyden und zu warten dem hundertäugigem Argus. Jupiter trägt mit der Kuh ein Mitleiden/ befiehlet deswegen dem Mercurio/ daß er den scharffmen vermag/ kleidet er sich als ein Schäffer aus/ machet sich mit seiner Pfeiffe und Schlaff-Ruthe zu Ihm / schläffet selben ein/ und hauet Ihm den Kopff ab. Als aber solches die Juno innen wird/ betauert sie den Argum/ nimmt seine Augen/ und setzet sie zum Gedächtnisse in den Pfauen-Schwantz. Die Poeten dichten nichts umsonst.

Weltliche Hoheit und Stand ist nichts. Der Jo Verwandelung weiset uns die Gefährlichkeit des hohen Standes in der Welt. Die Gewaltigen haben zwar Macht über die Geringe/ gleichwohl aber sind ihre Wohllüste des Leibes nichts als Dorn-Sträuche/ die so wohl als anderer verbrennet werden. Wann

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[475/0499] Er zu herrlich und zärtlich lebete. Dem antwortete Einer: Er ist besser zärtlich leben/ als geitzig seyn. Du hast bißhero viel Geld und Gut zusammen gescharret/ und bist doch damit nicht vergnüget. Der sonst streitbare Held Achilles bot aus Geitz dem Priamo den erschlagenen Cörper des Hectors um Geld zu verkauffen an. Als der weise Heyde Aristides gefragt ward/ was das billichste und gerechteste wäre/ sagte Er: anderer Leute Güter nicht begehren. Will aber ein Geitziger wissen/ was er thun solle/ so gebe er Allmosen/ stehe ab vom Geitze/ und gebrauche sich seines Reichthums mit Masse/ mache Seckel die nicht veralten / und sammle sich Schätze im Himmel/ die nicht abnehmen/ und da kein Dieb zukommt/ die auch keine Motten fressen. Wo aber nicht/ so höre man was der Apostel sagt: Wolan ihr Reichen / heulet/ und weinet über euer Elend/ das über euch kommen wird. Euer Reichthum ist verfaulet; Euere Kleider sind Motten-fressig worden/ Euer Gold und Silber ist verrostet. Euer Rost wird euch zum Zeugnis seyn/ und wird euer Fleisch fressen/ wie ein Feuer. Jhr habet euch Schätze gesammlet in den letzten Tagen. Siehe der Arbeiter Lohn/ die euer Land eingeerndet haben/ und das von euch abgebrochen ist/ das schreyet/ und das Ruffen der Erndter ist kommen für die Ohren des HERREN Zebaoths. Jhr habet gelebt auf Erden/ und eure Wohllust gehabt / und euere Hertzen geweydet/ als auf einen Schlacht-Tag. Jhr habet verurtheilet den Gerechten/ und ihn getödtet/ und er hat euch nicht widerstanden. Drumb sehe man zu/ welchen Weeg man sich erwehle. Brusius lib. I. c. I. Virgilius lib. I. AEneid. Jac. 5, I. Der hundert - äugigte Argus. DIe Poeten erzehlen / daß/ als sich Jupiter in des beruffenen Penei Tochter/ die Jo/ verliebet / habe Er sich zu ihr auf den Erdboden begeben/ und sie im Walde in einem dicken Nebel beschlaffen. Nachdem aber seine Gemahlin/ die Juno/ sehen will/ was der Nebel bedeute/ verwandelt Jupiter daselbst die Jo in eine Kuh. Der Juno gefällt dieselbe/ und bittet die von ihrem Gemahl aus/ und/ weil sie dieselbe wohl zu verwahren gemeinet vertrauet sie solche zu weyden und zu warten dem hundertäugigem Argus. Jupiter trägt mit der Kuh ein Mitleiden/ befiehlet deswegen dem Mercurio/ daß er den scharffmen vermag/ kleidet er sich als ein Schäffer aus/ machet sich mit seiner Pfeiffe und Schlaff-Ruthe zu Ihm / schläffet selben ein/ und hauet Ihm den Kopff ab. Als aber solches die Juno innen wird/ betauert sie den Argum/ nimmt seine Augen/ und setzet sie zum Gedächtnisse in den Pfauen-Schwantz. Die Poeten dichten nichts umsonst. Ovid. in Metam. lib. I. c. 22 Der Jo Verwandelung weiset uns die Gefährlichkeit des hohen Standes in der Welt. Die Gewaltigen haben zwar Macht über die Geringe/ gleichwohl aber sind ihre Wohllüste des Leibes nichts als Dorn-Sträuche/ die so wohl als anderer verbrennet werden. Wann Weltliche Hoheit und Stand ist nichts.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/499>, abgerufen am 27.11.2024.