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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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die Poeten grosse Herren beschreiben wollen/ so nennen sie dieselben Götter. Jhre Vergötterung aber ist nichts anders als eine leidige Pracht und Blend-Werck. Sie sind blind an Begierden/ blind im Glauben/ und im Tode werden sie nichts. Sie kommen/ gleich andern/ von Mutterleibe/ und fahren wieder dahin. Sie gehen unter/ wie ein Traum/ und wenn sie erwachen/ so sind ihre Bilde zunichte. Ihre Hoheit und Herrlichkeit sind Dünste/ und wenn man sie beym Liechten besiehet/ lauter Beschwerungen.

Alle Geschlechte sind eines Herkommens. Wie die empor steigen/ so fallen sie hinwieder. Es ist kein König/ der nicht vom Knechte herkomme Plato./ und kein Knecht/ der nicht von Königen komme. Dieses alles hat die langwierige Veränderung durcheinander vermischet/ und das Glücke jetzo über sich/ bald unter sich gekehret. In der Welt ist Hoheit Etwas/ für GOTT aber Nichts! Ein Geschlechte vergehet/ das andere kommet auf. Keiner wird reich gebohren; wir alle kommen nackend und bloß auf die Welt. Gewalt und Hoheit machet den Menschen nicht besser/ zuweilen aber wohl böser. Jupiters Hoheit halff Ihm seine Brunst nicht bändigen. Gut macht Muth. Und wo dasselbige zu finden AEneas Sylvius Histor. Bohem. c. 13. §. 90. / da gehet man gerne der Eitelkeit nach. Da der letzte König in Mähren Swatocop in einer Schlacht überwunden/ wiech Er in eine Einöde/ und hielte sich daselbst eine Zeitlang bey etlichen wenigen Einsiedlern auf. Als sich nun die Stunde seines Todes herbey nahete/ sprach Er zu ihnen: Es ist kein Königreich dem ruhigen Leben in der Wüsten vorzuziehen. Denn/ so lange ich bey euch gewesen / da habe ich glücklich und geruhig gelebet/ so lange ich aber mein Königreich gehabt/ habe ich darinnen mehr Tod als Leben gefunden.

Alle Herrligkeit dieser Welt ist eine Phantasie/ die auf einem Augenblick bestehet. Die Ehre dieser Welt streicht offters eher dahin/ als sie gekommen. Sie ist gleich den Wellen des Meers/ welche durch ungewisse Bewegnisse in einem Bezirck erhöhet/ in einem Augenblick aber wieder zerfället. König Johannes der Andere in Arragonien/ beklagte sein Leben/ da er sterben sollte/ mit diesen Worten: Wehe mir Elenden und Unglückseeligen/ der Ich in diesem Leben viel besser gelebet/ wenn ich kein König/ sondern nur eines Bauern Sohn gewesen wäre! Es ist mit der weltlichen Herrlichkeit bewandt/ wie mit einem Rade / welches bald über sich/ bald unter sich gehet/ und keinen in seiner Hoheit und Ehre beständig bleiben lässet. Der Eine steiget auf/ der Andere sitzt ab/ der Dritte fähret herunter/ der Vierdte lieget/ und also müssen die andern alle hernach/ sie mögen gleich sitzen/ steigen oder fahren/ wie sie wollen. Die Zeit frisset und verzehret alles. Nichts ist edler als Gold und Perlen / gleichwohl aber verzehren sie sich selbst; Und/ wie der Rost Eisen und Stahl verderbet/ und der Regen die härtesten Steine: Also reisset auch die Zeit die alleredelsten Geschlechter der Menschen hin. Sie vergehen wie Motten/ und ihr Thun fällt weg/ daß man von ihnen keine Spuhr mehr siehet. Wächset das Gut/ so wächset die Sorge; wächset der Hochmuth/ so wächset die Gefahr/ und wenn das alles noch so gut/ so tritt der Tod endlich ins Mittel. Und dieses alles stellet uns der scharffsichtige Argus/ das ist/ die geübte Erfahrung/ und die aufmercksame Zeit unverfälscht vor Augen.

die Poeten grosse Herren beschreiben wollen/ so nennen sie dieselben Götter. Jhre Vergötterung aber ist nichts anders als eine leidige Pracht und Blend-Werck. Sie sind blind an Begierden/ blind im Glauben/ und im Tode werden sie nichts. Sie kommen/ gleich andern/ von Mutterleibe/ und fahren wieder dahin. Sie gehen unter/ wie ein Traum/ und wenn sie erwachen/ so sind ihre Bilde zunichte. Ihre Hoheit und Herrlichkeit sind Dünste/ und wenn man sie beym Liechten besiehet/ lauter Beschwerungen.

Alle Geschlechte sind eines Herkommens. Wie die empor steigen/ so fallen sie hinwieder. Es ist kein König/ der nicht vom Knechte herkomme Plato./ und kein Knecht/ der nicht von Königen komme. Dieses alles hat die langwierige Veränderung durcheinander vermischet/ und das Glücke jetzo über sich/ bald unter sich gekehret. In der Welt ist Hoheit Etwas/ für GOTT aber Nichts! Ein Geschlechte vergehet/ das andere kommet auf. Keiner wird reich gebohren; wir alle kommen nackend und bloß auf die Welt. Gewalt und Hoheit machet den Menschen nicht besser/ zuweilen aber wohl böser. Jupiters Hoheit halff Ihm seine Brunst nicht bändigen. Gut macht Muth. Und wo dasselbige zu finden AEneas Sylvius Histor. Bohem. c. 13. §. 90. / da gehet man gerne der Eitelkeit nach. Da der letzte König in Mähren Swatocop in einer Schlacht überwunden/ wiech Er in eine Einöde/ und hielte sich daselbst eine Zeitlang bey etlichen wenigen Einsiedlern auf. Als sich nun die Stunde seines Todes herbey nahete/ sprach Er zu ihnen: Es ist kein Königreich dem ruhigen Leben in der Wüsten vorzuziehen. Denn/ so lange ich bey euch gewesen / da habe ich glücklich und geruhig gelebet/ so lange ich aber mein Königreich gehabt/ habe ich darinnen mehr Tod als Leben gefunden.

Alle Herrligkeit dieser Welt ist eine Phantasie/ die auf einem Augenblick bestehet. Die Ehre dieser Welt streicht offters eher dahin/ als sie gekommen. Sie ist gleich den Wellen des Meers/ welche durch ungewisse Bewegnisse in einem Bezirck erhöhet/ in einem Augenblick aber wieder zerfället. König Johannes der Andere in Arragonien/ beklagte sein Leben/ da er sterben sollte/ mit diesen Worten: Wehe mir Elenden und Unglückseeligen/ der Ich in diesem Leben viel besser gelebet/ wenn ich kein König/ sondern nur eines Bauern Sohn gewesen wäre! Es ist mit der weltlichen Herrlichkeit bewandt/ wie mit einem Rade / welches bald über sich/ bald unter sich gehet/ und keinen in seiner Hoheit und Ehre beständig bleiben lässet. Der Eine steiget auf/ der Andere sitzt ab/ der Dritte fähret herunter/ der Vierdte lieget/ und also müssen die andern alle hernach/ sie mögen gleich sitzen/ steigen oder fahren/ wie sie wollen. Die Zeit frisset und verzehret alles. Nichts ist edler als Gold und Perlen / gleichwohl aber verzehren sie sich selbst; Und/ wie der Rost Eisen und Stahl verderbet/ und der Regen die härtesten Steine: Also reisset auch die Zeit die alleredelsten Geschlechter der Menschen hin. Sie vergehen wie Motten/ und ihr Thun fällt weg/ daß man von ihnen keine Spuhr mehr siehet. Wächset das Gut/ so wächset die Sorge; wächset der Hochmuth/ so wächset die Gefahr/ und wenn das alles noch so gut/ so tritt der Tod endlich ins Mittel. Und dieses alles stellet uns der scharffsichtige Argus/ das ist/ die geübte Erfahrung/ und die aufmercksame Zeit unverfälscht vor Augen.

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die Poeten                      grosse Herren beschreiben wollen/ so nennen sie dieselben Götter. Jhre                      Vergötterung aber ist nichts anders als eine leidige Pracht und Blend-Werck. Sie                      sind blind an Begierden/ blind im Glauben/ und im Tode werden sie nichts. Sie                      kommen/ gleich andern/ von Mutterleibe/ und fahren wieder dahin. Sie gehen                      unter/ wie ein Traum/ und wenn sie erwachen/ so sind ihre Bilde zunichte.                      Ihre Hoheit und Herrlichkeit sind Dünste/ und wenn man sie beym Liechten                      besiehet/ lauter Beschwerungen.</p>
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        <p>Alle Herrligkeit dieser Welt ist eine Phantasie/ die auf einem Augenblick                      bestehet. Die Ehre dieser Welt streicht offters eher dahin/ als sie gekommen.                      Sie ist gleich den Wellen des Meers/ welche durch ungewisse Bewegnisse in einem                      Bezirck erhöhet/ in einem Augenblick aber wieder zerfället. König Johannes der                      Andere in Arragonien/ beklagte sein Leben/ da er sterben sollte/ mit diesen                      Worten: Wehe mir Elenden und Unglückseeligen/ der Ich in diesem Leben viel                      besser gelebet/ wenn ich kein König/ sondern nur eines Bauern Sohn gewesen                      wäre! Es ist mit der weltlichen Herrlichkeit bewandt/ wie mit einem Rade /                      welches bald über sich/ bald unter sich gehet/ und keinen in seiner Hoheit und                      Ehre beständig bleiben lässet. Der Eine steiget auf/ der Andere sitzt ab/ der                      Dritte fähret herunter/ der Vierdte lieget/ und also müssen die andern alle                      hernach/ sie mögen gleich sitzen/ steigen oder fahren/ wie sie wollen. Die                      Zeit frisset und verzehret alles. Nichts ist edler als Gold und Perlen /                      gleichwohl aber verzehren sie sich selbst; Und/ wie der Rost Eisen und Stahl                      verderbet/ und der Regen die härtesten Steine: Also reisset auch die Zeit die                      alleredelsten Geschlechter der Menschen hin. Sie vergehen wie Motten/ und ihr                      Thun fällt weg/ daß man von ihnen keine Spuhr mehr siehet. Wächset das Gut/ so                      wächset die Sorge; wächset der Hochmuth/ so wächset die Gefahr/ und wenn das                      alles noch so gut/ so tritt der Tod endlich ins Mittel. Und dieses alles                      stellet uns der scharffsichtige Argus/ das ist/ die geübte Erfahrung/ und die                      aufmercksame Zeit unverfälscht vor Augen.</p>
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[476/0500] die Poeten grosse Herren beschreiben wollen/ so nennen sie dieselben Götter. Jhre Vergötterung aber ist nichts anders als eine leidige Pracht und Blend-Werck. Sie sind blind an Begierden/ blind im Glauben/ und im Tode werden sie nichts. Sie kommen/ gleich andern/ von Mutterleibe/ und fahren wieder dahin. Sie gehen unter/ wie ein Traum/ und wenn sie erwachen/ so sind ihre Bilde zunichte. Ihre Hoheit und Herrlichkeit sind Dünste/ und wenn man sie beym Liechten besiehet/ lauter Beschwerungen. Alle Geschlechte sind eines Herkommens. Wie die empor steigen/ so fallen sie hinwieder. Es ist kein König/ der nicht vom Knechte herkomme / und kein Knecht/ der nicht von Königen komme. Dieses alles hat die langwierige Veränderung durcheinander vermischet/ und das Glücke jetzo über sich/ bald unter sich gekehret. In der Welt ist Hoheit Etwas/ für GOTT aber Nichts! Ein Geschlechte vergehet/ das andere kommet auf. Keiner wird reich gebohren; wir alle kommen nackend und bloß auf die Welt. Gewalt und Hoheit machet den Menschen nicht besser/ zuweilen aber wohl böser. Jupiters Hoheit halff Ihm seine Brunst nicht bändigen. Gut macht Muth. Und wo dasselbige zu finden / da gehet man gerne der Eitelkeit nach. Da der letzte König in Mähren Swatocop in einer Schlacht überwunden/ wiech Er in eine Einöde/ und hielte sich daselbst eine Zeitlang bey etlichen wenigen Einsiedlern auf. Als sich nun die Stunde seines Todes herbey nahete/ sprach Er zu ihnen: Es ist kein Königreich dem ruhigen Leben in der Wüsten vorzuziehen. Denn/ so lange ich bey euch gewesen / da habe ich glücklich und geruhig gelebet/ so lange ich aber mein Königreich gehabt/ habe ich darinnen mehr Tod als Leben gefunden. Plato. AEneas Sylvius Histor. Bohem. c. 13. §. 90. Alle Herrligkeit dieser Welt ist eine Phantasie/ die auf einem Augenblick bestehet. Die Ehre dieser Welt streicht offters eher dahin/ als sie gekommen. Sie ist gleich den Wellen des Meers/ welche durch ungewisse Bewegnisse in einem Bezirck erhöhet/ in einem Augenblick aber wieder zerfället. König Johannes der Andere in Arragonien/ beklagte sein Leben/ da er sterben sollte/ mit diesen Worten: Wehe mir Elenden und Unglückseeligen/ der Ich in diesem Leben viel besser gelebet/ wenn ich kein König/ sondern nur eines Bauern Sohn gewesen wäre! Es ist mit der weltlichen Herrlichkeit bewandt/ wie mit einem Rade / welches bald über sich/ bald unter sich gehet/ und keinen in seiner Hoheit und Ehre beständig bleiben lässet. Der Eine steiget auf/ der Andere sitzt ab/ der Dritte fähret herunter/ der Vierdte lieget/ und also müssen die andern alle hernach/ sie mögen gleich sitzen/ steigen oder fahren/ wie sie wollen. Die Zeit frisset und verzehret alles. Nichts ist edler als Gold und Perlen / gleichwohl aber verzehren sie sich selbst; Und/ wie der Rost Eisen und Stahl verderbet/ und der Regen die härtesten Steine: Also reisset auch die Zeit die alleredelsten Geschlechter der Menschen hin. Sie vergehen wie Motten/ und ihr Thun fällt weg/ daß man von ihnen keine Spuhr mehr siehet. Wächset das Gut/ so wächset die Sorge; wächset der Hochmuth/ so wächset die Gefahr/ und wenn das alles noch so gut/ so tritt der Tod endlich ins Mittel. Und dieses alles stellet uns der scharffsichtige Argus/ das ist/ die geübte Erfahrung/ und die aufmercksame Zeit unverfälscht vor Augen.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/500>, abgerufen am 27.11.2024.