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Social-politische Blätter. 1. Lieferung. Berlin, 7. Februar 1874.

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Zur Unterhaltung und Belehrung. 4
[Beginn Spaltensatz] Ausführung des beschränkenden Gesetzes durch Fabrikinspektoren
stattfindet. Wir brauchen uns somit um die Phrasen der für
die sogenannte persönliche Freiheit schwärmenden Bourgeoisie
keine grauen Haare wachsen zu lassen.

Selbst einige Apostel der Selbsthülfe haben eingesehen, daß
es mit der Bekämpfung des Normalarbeitstages eine schlimme
Sache ist. Sie machen Zugeständnisse, indem sie nicht das Ver-
bot für Arbeiter, länger als eine bestimmte Tageszeit zu ar-
beiten, bekämpfen, sondern nur den Umstand, daß dies Verbot
durch die Gesetzgebung geschehen solle, und statt Letzterer Schieds-
gerichte, Strikes u. s. w. wirken lassen wollen. Diese Auffassung
ist sehr ungeschickt. Es ist ein Zugeständniß an die Socialisten,
daß in der That Ausbeutung des Arbeiters stattfindet und daß
diese umgekehrt, wie die Phrasen von "wirthschaftlicher Freiheit"
es verlangen, beschränkt werden muß. Zugleich aber wagen es
jene Leute nicht, dies von der Gesetzgebung zu fordern, sondern
sie prallen in blasser Angst vor dem Staat zurück, dem sie nur
die Nachtwächterrolle: das Privateigenthum und die Einzelperson
zu schützen, überlassen wollen. Wie lächerlich! Wenn man zu-
giebt, daß die Beschränkung der Arbeitszeit wirklich nothwendig
und zwar für die ungeheure Masse des Volkes nothwendig ist,
wenn man ferner zugiebt, daß nicht einzelne Arbeiter, sondern
Vereinigungen der Arbeiter bestimmen sollen. wie lange die Ar-
beitszeit zu dauern hat, so ist doch wahrlich nicht zu begreifen,
weshalb man nicht diese Frage gleich der Gesammtmasse der
Arbeiter überläßt, damit diese durch ihren Massendruck die Ge-
setzgebung veranlaßt, ein für allemal die übermäßige Arbeitszeit
aus der Welt zu schaffen. Dies ist nicht nur einfacher, sondern
auch allein gerecht. Allerdings kann durch gut organisirte Strikes
die Arbeitszeit in einzelnen Geschäftszweigen verkürzt werden,
aber gerade dort, wo die Ausbeutung am stärksten, ist ein Strike
am schwersten durchzuführen, denn die Arbeiter brauchen Geld
und Thatkraft zu Strikes, und beides ist am wenigsten dort zu
finden, wo durch überlange Arbeitszeit die Arbeiter entmuthigt
und in tiefste Noth gestürzt sind. Es ist somit ein durchaus
unbegründetes Verlangen, daß die Arbeiter auf den direkten Weg
der Gesetzgebung verzichten sollen, um durch vereinzelte Kämpfe
den Normalarbeitstag zu erringen.

Wir treffen nun noch auf einzelne Gegner der Einführung
eines Normalarbeitstages in den Reihen der Socialisten. Die-
selben stimmen mit uns darin überein, daß weder die Palliativ-
mittel der Selbsthülfe, noch die Strikes, noch endlich ein Nor-
malarbeitstag die sociale Frage lösen und die Ausbeutung der
[Spaltenumbruch] Arbeiterklasse beseitigen kann. Sie fordern gleich uns, daß das
Kapital aufhöre, von der Arbeit getrennt zu sein und dieselbe
auszubeuten, und daß die Jndustrie Sache der Produktivassocia-
tion des im Besitze des Gesammtkapitals befindlichen socialistischen
Arbeiterstaates werde. Sie sprechen dagegen die Befürchtung
aus, daß die Arbeiterklasse durch Erkämpfung eines Normalar-
beitstages von ihrem Ziele, die politische Freiheit und die Macht
im Staate zu gewinnen, abgelenkt, ja sogar den gegnerischen
herrschenden Klassen dienstbar gemacht werde. Diese Ansicht ist
gänzlich irrig, sie geht von der falschen Voraussetzung aus, daß
die Arbeiter an den Orten, wo sie am meisten gedrückt würden,
auch am thatkräftigsten Widerstand leisteten und daß sie, sobald
sie einen Theil des auf ihnen lastenden Drucks beseitigt hätten,
den Kampf gegen die reaktionären Machthaber und die Kapita-
listenklasse einstellen würden. Wir brauchen nur einen Blick auf
die Arbeiterbewegung zu werfen, um das Gegentheil zu finden.
Es giebt in Deutschland wie in andern Ländern ganze Distrikte,
nicht blos ländliche, sondern auch Jndustriedistrikte, in denen der
Druck der Kapitalmacht so groß, der Lohn so niedrig, die Ar-
beitszeit so lang ist, daß die Arbeiterbevölkerung gänzlich ent-
muthigt ist; es wird den Arbeitern dort, so zu sagen, gar nicht
einmal Zeit gelassen, über ihr Elend nachzudenken Glaubt man
wirklich, daß, wenn die Arbeiterpartei in Deutschland einen Nor-
malarbeitstag durch energisches Fordern durchsetzen würde, daß
die bisher zu gedankenlosen Maschinen abgearbeiteten Leute dann
weiterschlafen würden? Sicherlich nicht! Man gebe nur dem
Arbeiter Zeit um nachzudenken, er wird es schon thun. Anstatt
den Kampf gegen die Kapitalmacht abzuschwächen, wird ein Nor-
malarbeitstag an tausend Orten den glimmenden Funken zur
lodernden Flamme anfachen. Und endlich, welch' feiges Verzagen
an dem Geist der deutschen Arbeiter, zu glauben, daß, wenn sie
im heutigen reaktionären Staat etwas zur Verbesserung ihrer
Lage durch Kampf errungen hätten, sie sich nun dankbar der
Reaktion in die Arme werfen würden! Vergißt man denn, daß
alles Errungene keine Gnadengabe, sondern ein erkämpftes Recht
ist? Denkt man denn gar nicht daran, daß jeder Sieg die Er-
munterung zu neuen Kämpfen und Siegen ist? Hat das allge-
meine. gleiche, direkte Wahlrecht, hat das Koalitionsrecht die
Arbeiterpartei der Reaktion zugeführt? Wer das behaupten
wollte, der müßte mit eherner Stirn lügen. -- So brauchen wir
uns denn noch nicht zu scheuen, den Kampf für den Normal-
arbeitstag zu führen. Wird derselbe errungen, so ist schon viel
errungen, und wir können um so rüstiger weiterstreiten.

[Ende Spaltensatz]

Der Waffenschmied.
( Erzählung aus dem Hussitenkriege. )
[Beginn Spaltensatz]

Um die Zeit, als die Anhänger von Huß gegen den pfäffi-
schen Druck sich erhoben und gegen ein wüthendes Kreuzfahrer-
heer stritten, lebte in Harattowitz, einem friedlichen böhmischen
Städtchen, ein Waffenschmied mit Namen Jano. Derselbe war
als der geschickteste Waffenschmied bekannt; er bewohnte ein
schönes, geräumiges Haus in der lebhaftesten Straße des Städt-
chens, und fünf bis sechs Gesellen arbeiteten in seiner Werkstatt.
Obgleich der junge Meister erst vierundzwanzig Jahre zählte so
hatte er sich doch der allgemeinen Achtung seiner Mitbürger und
Glaubensgenossen, der Hussiten, zu erfreuen; ja man hatte ihn
selbst in den Vorstand der Gemeinde gewählt.

Wie Meister Jano gottesfürchtig und arbeitsam, so war es
auch die Meisterin Wlaska, ein junges, blühendes und beweg-
liches Weibchen von zwanzig Jahren. Seit drei Monaten erst
umschlang sie das beglückende Band der Ehe, und jeder, der
die jungen Leute kannte, mußte ihnen die seligste Zukunft pro-
phezeihen.

Eines Morgens trat ein hochgewachsener, schöner Mann,
vielleicht vierzig Jahre alt, in die Werkstatt. Er trug einen
Wappenrock von braunem Sammet mit Goldstickerei, ein kost-
bares Schwert und ein Barett mit weißen wallenden Federn.
[Spaltenumbruch] Sein schönes männliches Gesicht ward von einem vollen, dunkeln
Barte geschmückt, der sich wie Wolle kräuselte. Das dunkel-
braune volle Haupthaar wallte lockig auf die breiten Schultern
herab. Es läßt sich keine edlere, ritterlichere Gestalt denken, als
die des Ritters Janetschek, der in die Werkstatt des Waffen-
schmieds trat.

-- Gott zum Gruß! rief er mit seiner klangvollen, männ-
lichen Stimme und in einem biederen, freimüthigen Tone den
fleißigen Arbeitern zu.

Das Geräusch der Hämmer verstummte, und die Gesellen
erwiderten den freundlichen Gruß des Ritters.

-- Wo ist der Meister?

Einer der Arbeiter sprang herbei und öffnete eine Thür.
Man sah die beiden jungen Ehegatten am Tische bei dem Früh-
mahle sitzen. Kaum hatte Jano den Ritter erblickt, als er ihm
entgegen trat.

-- Herr, schon so früh! rief er überrascht.

-- Und vielleicht doch zu spät! antwortete der Ritter, indem
er eintrat.

-- Mein Gott, ist etwas geschehen --?

[Ende Spaltensatz]

Zur Unterhaltung und Belehrung. 4
[Beginn Spaltensatz] Ausführung des beschränkenden Gesetzes durch Fabrikinspektoren
stattfindet. Wir brauchen uns somit um die Phrasen der für
die sogenannte persönliche Freiheit schwärmenden Bourgeoisie
keine grauen Haare wachsen zu lassen.

Selbst einige Apostel der Selbsthülfe haben eingesehen, daß
es mit der Bekämpfung des Normalarbeitstages eine schlimme
Sache ist. Sie machen Zugeständnisse, indem sie nicht das Ver-
bot für Arbeiter, länger als eine bestimmte Tageszeit zu ar-
beiten, bekämpfen, sondern nur den Umstand, daß dies Verbot
durch die Gesetzgebung geschehen solle, und statt Letzterer Schieds-
gerichte, Strikes u. s. w. wirken lassen wollen. Diese Auffassung
ist sehr ungeschickt. Es ist ein Zugeständniß an die Socialisten,
daß in der That Ausbeutung des Arbeiters stattfindet und daß
diese umgekehrt, wie die Phrasen von „wirthschaftlicher Freiheit“
es verlangen, beschränkt werden muß. Zugleich aber wagen es
jene Leute nicht, dies von der Gesetzgebung zu fordern, sondern
sie prallen in blasser Angst vor dem Staat zurück, dem sie nur
die Nachtwächterrolle: das Privateigenthum und die Einzelperson
zu schützen, überlassen wollen. Wie lächerlich! Wenn man zu-
giebt, daß die Beschränkung der Arbeitszeit wirklich nothwendig
und zwar für die ungeheure Masse des Volkes nothwendig ist,
wenn man ferner zugiebt, daß nicht einzelne Arbeiter, sondern
Vereinigungen der Arbeiter bestimmen sollen. wie lange die Ar-
beitszeit zu dauern hat, so ist doch wahrlich nicht zu begreifen,
weshalb man nicht diese Frage gleich der Gesammtmasse der
Arbeiter überläßt, damit diese durch ihren Massendruck die Ge-
setzgebung veranlaßt, ein für allemal die übermäßige Arbeitszeit
aus der Welt zu schaffen. Dies ist nicht nur einfacher, sondern
auch allein gerecht. Allerdings kann durch gut organisirte Strikes
die Arbeitszeit in einzelnen Geschäftszweigen verkürzt werden,
aber gerade dort, wo die Ausbeutung am stärksten, ist ein Strike
am schwersten durchzuführen, denn die Arbeiter brauchen Geld
und Thatkraft zu Strikes, und beides ist am wenigsten dort zu
finden, wo durch überlange Arbeitszeit die Arbeiter entmuthigt
und in tiefste Noth gestürzt sind. Es ist somit ein durchaus
unbegründetes Verlangen, daß die Arbeiter auf den direkten Weg
der Gesetzgebung verzichten sollen, um durch vereinzelte Kämpfe
den Normalarbeitstag zu erringen.

Wir treffen nun noch auf einzelne Gegner der Einführung
eines Normalarbeitstages in den Reihen der Socialisten. Die-
selben stimmen mit uns darin überein, daß weder die Palliativ-
mittel der Selbsthülfe, noch die Strikes, noch endlich ein Nor-
malarbeitstag die sociale Frage lösen und die Ausbeutung der
[Spaltenumbruch] Arbeiterklasse beseitigen kann. Sie fordern gleich uns, daß das
Kapital aufhöre, von der Arbeit getrennt zu sein und dieselbe
auszubeuten, und daß die Jndustrie Sache der Produktivassocia-
tion des im Besitze des Gesammtkapitals befindlichen socialistischen
Arbeiterstaates werde. Sie sprechen dagegen die Befürchtung
aus, daß die Arbeiterklasse durch Erkämpfung eines Normalar-
beitstages von ihrem Ziele, die politische Freiheit und die Macht
im Staate zu gewinnen, abgelenkt, ja sogar den gegnerischen
herrschenden Klassen dienstbar gemacht werde. Diese Ansicht ist
gänzlich irrig, sie geht von der falschen Voraussetzung aus, daß
die Arbeiter an den Orten, wo sie am meisten gedrückt würden,
auch am thatkräftigsten Widerstand leisteten und daß sie, sobald
sie einen Theil des auf ihnen lastenden Drucks beseitigt hätten,
den Kampf gegen die reaktionären Machthaber und die Kapita-
listenklasse einstellen würden. Wir brauchen nur einen Blick auf
die Arbeiterbewegung zu werfen, um das Gegentheil zu finden.
Es giebt in Deutschland wie in andern Ländern ganze Distrikte,
nicht blos ländliche, sondern auch Jndustriedistrikte, in denen der
Druck der Kapitalmacht so groß, der Lohn so niedrig, die Ar-
beitszeit so lang ist, daß die Arbeiterbevölkerung gänzlich ent-
muthigt ist; es wird den Arbeitern dort, so zu sagen, gar nicht
einmal Zeit gelassen, über ihr Elend nachzudenken Glaubt man
wirklich, daß, wenn die Arbeiterpartei in Deutschland einen Nor-
malarbeitstag durch energisches Fordern durchsetzen würde, daß
die bisher zu gedankenlosen Maschinen abgearbeiteten Leute dann
weiterschlafen würden? Sicherlich nicht! Man gebe nur dem
Arbeiter Zeit um nachzudenken, er wird es schon thun. Anstatt
den Kampf gegen die Kapitalmacht abzuschwächen, wird ein Nor-
malarbeitstag an tausend Orten den glimmenden Funken zur
lodernden Flamme anfachen. Und endlich, welch' feiges Verzagen
an dem Geist der deutschen Arbeiter, zu glauben, daß, wenn sie
im heutigen reaktionären Staat etwas zur Verbesserung ihrer
Lage durch Kampf errungen hätten, sie sich nun dankbar der
Reaktion in die Arme werfen würden! Vergißt man denn, daß
alles Errungene keine Gnadengabe, sondern ein erkämpftes Recht
ist? Denkt man denn gar nicht daran, daß jeder Sieg die Er-
munterung zu neuen Kämpfen und Siegen ist? Hat das allge-
meine. gleiche, direkte Wahlrecht, hat das Koalitionsrecht die
Arbeiterpartei der Reaktion zugeführt? Wer das behaupten
wollte, der müßte mit eherner Stirn lügen. — So brauchen wir
uns denn noch nicht zu scheuen, den Kampf für den Normal-
arbeitstag zu führen. Wird derselbe errungen, so ist schon viel
errungen, und wir können um so rüstiger weiterstreiten.

[Ende Spaltensatz]

Der Waffenschmied.
( Erzählung aus dem Hussitenkriege. )
[Beginn Spaltensatz]

Um die Zeit, als die Anhänger von Huß gegen den pfäffi-
schen Druck sich erhoben und gegen ein wüthendes Kreuzfahrer-
heer stritten, lebte in Harattowitz, einem friedlichen böhmischen
Städtchen, ein Waffenschmied mit Namen Jano. Derselbe war
als der geschickteste Waffenschmied bekannt; er bewohnte ein
schönes, geräumiges Haus in der lebhaftesten Straße des Städt-
chens, und fünf bis sechs Gesellen arbeiteten in seiner Werkstatt.
Obgleich der junge Meister erst vierundzwanzig Jahre zählte so
hatte er sich doch der allgemeinen Achtung seiner Mitbürger und
Glaubensgenossen, der Hussiten, zu erfreuen; ja man hatte ihn
selbst in den Vorstand der Gemeinde gewählt.

Wie Meister Jano gottesfürchtig und arbeitsam, so war es
auch die Meisterin Wlaska, ein junges, blühendes und beweg-
liches Weibchen von zwanzig Jahren. Seit drei Monaten erst
umschlang sie das beglückende Band der Ehe, und jeder, der
die jungen Leute kannte, mußte ihnen die seligste Zukunft pro-
phezeihen.

Eines Morgens trat ein hochgewachsener, schöner Mann,
vielleicht vierzig Jahre alt, in die Werkstatt. Er trug einen
Wappenrock von braunem Sammet mit Goldstickerei, ein kost-
bares Schwert und ein Barett mit weißen wallenden Federn.
[Spaltenumbruch] Sein schönes männliches Gesicht ward von einem vollen, dunkeln
Barte geschmückt, der sich wie Wolle kräuselte. Das dunkel-
braune volle Haupthaar wallte lockig auf die breiten Schultern
herab. Es läßt sich keine edlere, ritterlichere Gestalt denken, als
die des Ritters Janetschek, der in die Werkstatt des Waffen-
schmieds trat.

— Gott zum Gruß! rief er mit seiner klangvollen, männ-
lichen Stimme und in einem biederen, freimüthigen Tone den
fleißigen Arbeitern zu.

Das Geräusch der Hämmer verstummte, und die Gesellen
erwiderten den freundlichen Gruß des Ritters.

— Wo ist der Meister?

Einer der Arbeiter sprang herbei und öffnete eine Thür.
Man sah die beiden jungen Ehegatten am Tische bei dem Früh-
mahle sitzen. Kaum hatte Jano den Ritter erblickt, als er ihm
entgegen trat.

— Herr, schon so früh! rief er überrascht.

— Und vielleicht doch zu spät! antwortete der Ritter, indem
er eintrat.

— Mein Gott, ist etwas geschehen —?

[Ende Spaltensatz]
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Es giebt in Deutschland wie in andern Ländern ganze Distrikte, nicht blos ländliche, sondern auch Jndustriedistrikte, in denen der Druck der Kapitalmacht so groß, der Lohn so niedrig, die Ar- beitszeit so lang ist, daß die Arbeiterbevölkerung gänzlich ent- muthigt ist; es wird den Arbeitern dort, so zu sagen, gar nicht einmal Zeit gelassen, über ihr Elend nachzudenken Glaubt man wirklich, daß, wenn die Arbeiterpartei in Deutschland einen Nor- malarbeitstag durch energisches Fordern durchsetzen würde, daß die bisher zu gedankenlosen Maschinen abgearbeiteten Leute dann weiterschlafen würden? Sicherlich nicht! Man gebe nur dem Arbeiter Zeit um nachzudenken, er wird es schon thun. Anstatt den Kampf gegen die Kapitalmacht abzuschwächen, wird ein Nor- malarbeitstag an tausend Orten den glimmenden Funken zur lodernden Flamme anfachen. Und endlich, welch' feiges Verzagen an dem Geist der deutschen Arbeiter, zu glauben, daß, wenn sie im heutigen reaktionären Staat etwas zur Verbesserung ihrer Lage durch Kampf errungen hätten, sie sich nun dankbar der Reaktion in die Arme werfen würden! Vergißt man denn, daß alles Errungene keine Gnadengabe, sondern ein erkämpftes Recht ist? Denkt man denn gar nicht daran, daß jeder Sieg die Er- munterung zu neuen Kämpfen und Siegen ist? Hat das allge- meine. gleiche, direkte Wahlrecht, hat das Koalitionsrecht die Arbeiterpartei der Reaktion zugeführt? Wer das behaupten wollte, der müßte mit eherner Stirn lügen. — So brauchen wir uns denn noch nicht zu scheuen, den Kampf für den Normal- arbeitstag zu führen. Wird derselbe errungen, so ist schon viel errungen, und wir können um so rüstiger weiterstreiten. Der Waffenschmied. ( Erzählung aus dem Hussitenkriege. ) Um die Zeit, als die Anhänger von Huß gegen den pfäffi- schen Druck sich erhoben und gegen ein wüthendes Kreuzfahrer- heer stritten, lebte in Harattowitz, einem friedlichen böhmischen Städtchen, ein Waffenschmied mit Namen Jano. Derselbe war als der geschickteste Waffenschmied bekannt; er bewohnte ein schönes, geräumiges Haus in der lebhaftesten Straße des Städt- chens, und fünf bis sechs Gesellen arbeiteten in seiner Werkstatt. Obgleich der junge Meister erst vierundzwanzig Jahre zählte so hatte er sich doch der allgemeinen Achtung seiner Mitbürger und Glaubensgenossen, der Hussiten, zu erfreuen; ja man hatte ihn selbst in den Vorstand der Gemeinde gewählt. Wie Meister Jano gottesfürchtig und arbeitsam, so war es auch die Meisterin Wlaska, ein junges, blühendes und beweg- liches Weibchen von zwanzig Jahren. Seit drei Monaten erst umschlang sie das beglückende Band der Ehe, und jeder, der die jungen Leute kannte, mußte ihnen die seligste Zukunft pro- phezeihen. Eines Morgens trat ein hochgewachsener, schöner Mann, vielleicht vierzig Jahre alt, in die Werkstatt. Er trug einen Wappenrock von braunem Sammet mit Goldstickerei, ein kost- bares Schwert und ein Barett mit weißen wallenden Federn. Sein schönes männliches Gesicht ward von einem vollen, dunkeln Barte geschmückt, der sich wie Wolle kräuselte. Das dunkel- braune volle Haupthaar wallte lockig auf die breiten Schultern herab. Es läßt sich keine edlere, ritterlichere Gestalt denken, als die des Ritters Janetschek, der in die Werkstatt des Waffen- schmieds trat. — Gott zum Gruß! rief er mit seiner klangvollen, männ- lichen Stimme und in einem biederen, freimüthigen Tone den fleißigen Arbeitern zu. Das Geräusch der Hämmer verstummte, und die Gesellen erwiderten den freundlichen Gruß des Ritters. — Wo ist der Meister? Einer der Arbeiter sprang herbei und öffnete eine Thür. Man sah die beiden jungen Ehegatten am Tische bei dem Früh- mahle sitzen. Kaum hatte Jano den Ritter erblickt, als er ihm entgegen trat. — Herr, schon so früh! rief er überrascht. — Und vielleicht doch zu spät! antwortete der Ritter, indem er eintrat. — Mein Gott, ist etwas geschehen —?

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Zitationshilfe: Social-politische Blätter. 1. Lieferung. Berlin, 7. Februar 1874, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social01_1874/4>, abgerufen am 21.11.2024.