Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844.letzten Zoll gibt, -- so können wir wahrlich nicht be- letzten Zoll gibt, — ſo können wir wahrlich nicht be- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0050" n="46"/> letzten Zoll gibt, — ſo können wir wahrlich nicht be-<lb/> greifen, warum bei unſerm Heere ſo wenig auf die Er-<lb/> zeugung und Erzielung dieſer Kraft und Ausdauer hin-<lb/> gearbeitet wird. Dies iſt aber eine andere Kraft, eine<lb/> andere Ausdauer als die, ſo ſelbſt der ſtärkſte und aus-<lb/> dauerndſte Rekrute mitbringt. Es iſt <hi rendition="#g">nicht die Kraft<lb/> im Widerſtande, nicht die Ausdauer im Dul-<lb/> den allein,</hi> wie denn der Zuſtand der Dulderſchaft<lb/> (der Paſſivität) <hi rendition="#g">allein</hi> — der Menſchenwürde zuwider<lb/> iſt; es iſt zugleich <hi rendition="#g">die Kraft im Angriff und die<lb/> Ausdauer im Kampf und Streit,</hi> — eine Kraft<lb/> und Ausdauer, die mit dem ſteigenden Druck einen<lb/> Wettkampf eingeht, und ihn im günſtigen Augenblick<lb/> überwindet. Jene beſteht in der Gewandtheit (Kraft<lb/> verbunden mit Gelenkigkeit), dieſe in der Zähigkeit des<lb/> Körpers, die allen Stürmen trotzen. Der Soldat ſoll<lb/> alſo nicht allein Hitze und Kälte und Näſſe, Hunger<lb/> und Durſt ertragen können, ſondern auch alle Mühſelig-<lb/> keiten der Märſche bei Tag und bei Nacht, kurz alle<lb/> Unbilden des Himmels und der Erde. Solche eiſenfeſte<lb/> Körper zeigten die Napoleoniſchen Garden, die in Aegyp-<lb/> ten, in Spanien und an der Bereſina kämpften. Es iſt<lb/> alſo eine Kraft der That, eine Ausdauer vorzugsweiſe<lb/> in der That. Aber dieſe Kraft der That, dieſe Aus-<lb/> dauer in der That ſetzt nothwendig voraus, die Federkraft<lb/> des Willens, die Feſtigkeit des Geiſtes, das Einmal-<lb/> Gewollte und Geſollte auch durchzuführen. Beide be-<lb/> ruhen auf dem Vermögen, auf dem Bewußtſein, daß<lb/> der Körper auch alles das vermöge, was nothwendig iſt,<lb/> um das Ziel zu erreichen. Denn was hülfe dem Reichen<lb/> ſein Reichthum, ſo er in ſteter Furcht lebt, verhungern<lb/> zu müſſen? ſo dem Krieger, der trotz ſeines eiſenfeſten<lb/> Körpers muthlos wird bei dem geringſten Hinderniß?<lb/> Dieſes körperliche und geiſtige Vermögen finden wir<lb/> ohne Gleichen in der Nibelungen Not. Völker haben ſie<lb/> bewieſen: die Hegelingen nach dem Kampfe auf dem<lb/> Wulpenſande bis zum Sturm auf Ludwig’s Burg, und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [46/0050]
letzten Zoll gibt, — ſo können wir wahrlich nicht be-
greifen, warum bei unſerm Heere ſo wenig auf die Er-
zeugung und Erzielung dieſer Kraft und Ausdauer hin-
gearbeitet wird. Dies iſt aber eine andere Kraft, eine
andere Ausdauer als die, ſo ſelbſt der ſtärkſte und aus-
dauerndſte Rekrute mitbringt. Es iſt nicht die Kraft
im Widerſtande, nicht die Ausdauer im Dul-
den allein, wie denn der Zuſtand der Dulderſchaft
(der Paſſivität) allein — der Menſchenwürde zuwider
iſt; es iſt zugleich die Kraft im Angriff und die
Ausdauer im Kampf und Streit, — eine Kraft
und Ausdauer, die mit dem ſteigenden Druck einen
Wettkampf eingeht, und ihn im günſtigen Augenblick
überwindet. Jene beſteht in der Gewandtheit (Kraft
verbunden mit Gelenkigkeit), dieſe in der Zähigkeit des
Körpers, die allen Stürmen trotzen. Der Soldat ſoll
alſo nicht allein Hitze und Kälte und Näſſe, Hunger
und Durſt ertragen können, ſondern auch alle Mühſelig-
keiten der Märſche bei Tag und bei Nacht, kurz alle
Unbilden des Himmels und der Erde. Solche eiſenfeſte
Körper zeigten die Napoleoniſchen Garden, die in Aegyp-
ten, in Spanien und an der Bereſina kämpften. Es iſt
alſo eine Kraft der That, eine Ausdauer vorzugsweiſe
in der That. Aber dieſe Kraft der That, dieſe Aus-
dauer in der That ſetzt nothwendig voraus, die Federkraft
des Willens, die Feſtigkeit des Geiſtes, das Einmal-
Gewollte und Geſollte auch durchzuführen. Beide be-
ruhen auf dem Vermögen, auf dem Bewußtſein, daß
der Körper auch alles das vermöge, was nothwendig iſt,
um das Ziel zu erreichen. Denn was hülfe dem Reichen
ſein Reichthum, ſo er in ſteter Furcht lebt, verhungern
zu müſſen? ſo dem Krieger, der trotz ſeines eiſenfeſten
Körpers muthlos wird bei dem geringſten Hinderniß?
Dieſes körperliche und geiſtige Vermögen finden wir
ohne Gleichen in der Nibelungen Not. Völker haben ſie
bewieſen: die Hegelingen nach dem Kampfe auf dem
Wulpenſande bis zum Sturm auf Ludwig’s Burg, und
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