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Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844.

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so scheint damit die Wiedererstattung der übrigen weg-
genommenen Privatturngeräthe doch noch nicht ausge-
sprochen.

Es gibt wohl mancherlei Arten, Anordnungen und
Gebote zu erkären, aber eine solche Erklärungsweise Einer
Königl. Cabinetsordre ist wohl in den Tagen der Ge-
schichte nicht leicht erhört worden, als die Polizei in Til-
sit, Memel u. s. w. diesem Königl. Befehle und dieser
Verfügung der Königl. Regierung in Gumbinnen hat
angedeihen lassen.

So die Vergangenheit. Wie nun die Zukunft?
Holen wir in der Vergangenheit den Schlüssel zur
Pforte der Zukunft, so hoffen wir wenig oder nichts;
fragen wir aber die Gegenwart, so scheint die Morgen-
röthe besserer Tage hereinzubrechen. Wir wissen recht
wohl, daß nicht jede Morgenröthe uns einen schönen
hellen Tag bringt. Man muß die Farben unterscheiden.
Und da wir die rechte und wahre Farbe zu sehen glauben,
drum hoffen wir zuversichtlich. Freilich fragen wir die
Stimme des Volks, so deuten die überall entstehenden
Turnvereine eine Besorgniß an, die wir -- wenn auch
nicht theilen -- doch auch nicht gänzlich zu unterdrücken
vermögen, als ob die Organisation noch nicht so nahe
vor der Thüre sei. Nur beim Kriegswesen sehen wir
jetzt schon einen bedeutenden Fortschritt. Jedermann
kennt das frühere Exerzierwesen, wie verschieden ist es
von dem jetzigen! Aber woher dies? Weil hier die
Befehle des Königs rasch und kräftig durchgeführt wur-
den, wenn auch nur theilweise, wie wir bald sehen wer-
den. Gleich nach seiner Thronbesteigung erließ unser
König einen Befehl, daß bei der Einübung der Rekruten
mehr auf Leibesübungen gesehen werden solle. Jn Folge
dieses Befehles sieht man denn zum Erstaunen und zur
großen Befriedigung der Zuschauer außer den gewöhn-
lichen Exerzierübungen auch Gelenk-, Hantel- und Schwebe-
übungen und das Bajonetfechten. Jn einer zweiten
Cabinetsordre vom 9. (?) Juni 1842 ward die Einfüh-

ſo ſcheint damit die Wiedererſtattung der übrigen weg-
genommenen Privatturngeräthe doch noch nicht ausge-
ſprochen.

Es gibt wohl mancherlei Arten, Anordnungen und
Gebote zu erkären, aber eine ſolche Erklärungsweiſe Einer
Königl. Cabinetsordre iſt wohl in den Tagen der Ge-
ſchichte nicht leicht erhört worden, als die Polizei in Til-
ſit, Memel u. ſ. w. dieſem Königl. Befehle und dieſer
Verfügung der Königl. Regierung in Gumbinnen hat
angedeihen laſſen.

So die Vergangenheit. Wie nun die Zukunft?
Holen wir in der Vergangenheit den Schlüſſel zur
Pforte der Zukunft, ſo hoffen wir wenig oder nichts;
fragen wir aber die Gegenwart, ſo ſcheint die Morgen-
röthe beſſerer Tage hereinzubrechen. Wir wiſſen recht
wohl, daß nicht jede Morgenröthe uns einen ſchönen
hellen Tag bringt. Man muß die Farben unterſcheiden.
Und da wir die rechte und wahre Farbe zu ſehen glauben,
drum hoffen wir zuverſichtlich. Freilich fragen wir die
Stimme des Volks, ſo deuten die überall entſtehenden
Turnvereine eine Beſorgniß an, die wir — wenn auch
nicht theilen — doch auch nicht gänzlich zu unterdrücken
vermögen, als ob die Organiſation noch nicht ſo nahe
vor der Thüre ſei. Nur beim Kriegsweſen ſehen wir
jetzt ſchon einen bedeutenden Fortſchritt. Jedermann
kennt das frühere Exerzierweſen, wie verſchieden iſt es
von dem jetzigen! Aber woher dies? Weil hier die
Befehle des Königs raſch und kräftig durchgeführt wur-
den, wenn auch nur theilweiſe, wie wir bald ſehen wer-
den. Gleich nach ſeiner Thronbeſteigung erließ unſer
König einen Befehl, daß bei der Einübung der Rekruten
mehr auf Leibesübungen geſehen werden ſolle. Jn Folge
dieſes Befehles ſieht man denn zum Erſtaunen und zur
großen Befriedigung der Zuſchauer außer den gewöhn-
lichen Exerzierübungen auch Gelenk-, Hantel- und Schwebe-
übungen und das Bajonetfechten. Jn einer zweiten
Cabinetsordre vom 9. (?) Juni 1842 ward die Einfüh-

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[95/0099] ſo ſcheint damit die Wiedererſtattung der übrigen weg- genommenen Privatturngeräthe doch noch nicht ausge- ſprochen. Es gibt wohl mancherlei Arten, Anordnungen und Gebote zu erkären, aber eine ſolche Erklärungsweiſe Einer Königl. Cabinetsordre iſt wohl in den Tagen der Ge- ſchichte nicht leicht erhört worden, als die Polizei in Til- ſit, Memel u. ſ. w. dieſem Königl. Befehle und dieſer Verfügung der Königl. Regierung in Gumbinnen hat angedeihen laſſen. So die Vergangenheit. Wie nun die Zukunft? Holen wir in der Vergangenheit den Schlüſſel zur Pforte der Zukunft, ſo hoffen wir wenig oder nichts; fragen wir aber die Gegenwart, ſo ſcheint die Morgen- röthe beſſerer Tage hereinzubrechen. Wir wiſſen recht wohl, daß nicht jede Morgenröthe uns einen ſchönen hellen Tag bringt. Man muß die Farben unterſcheiden. Und da wir die rechte und wahre Farbe zu ſehen glauben, drum hoffen wir zuverſichtlich. Freilich fragen wir die Stimme des Volks, ſo deuten die überall entſtehenden Turnvereine eine Beſorgniß an, die wir — wenn auch nicht theilen — doch auch nicht gänzlich zu unterdrücken vermögen, als ob die Organiſation noch nicht ſo nahe vor der Thüre ſei. Nur beim Kriegsweſen ſehen wir jetzt ſchon einen bedeutenden Fortſchritt. Jedermann kennt das frühere Exerzierweſen, wie verſchieden iſt es von dem jetzigen! Aber woher dies? Weil hier die Befehle des Königs raſch und kräftig durchgeführt wur- den, wenn auch nur theilweiſe, wie wir bald ſehen wer- den. Gleich nach ſeiner Thronbeſteigung erließ unſer König einen Befehl, daß bei der Einübung der Rekruten mehr auf Leibesübungen geſehen werden ſolle. Jn Folge dieſes Befehles ſieht man denn zum Erſtaunen und zur großen Befriedigung der Zuſchauer außer den gewöhn- lichen Exerzierübungen auch Gelenk-, Hantel- und Schwebe- übungen und das Bajonetfechten. Jn einer zweiten Cabinetsordre vom 9. (?) Juni 1842 ward die Einfüh-

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Zitationshilfe: Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_turnkunst02_1844/99>, abgerufen am 22.11.2024.