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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

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Und es stieß nun Held auf Helden, hauend;
Aber jetzt zerbrachen auch die Säbel,
Der des Türken Wuken tief verwundend.
Als der Christ sich sah in diesen Nöthen,
Trieb er auf das weiße Roß den Rappen, 185
Und den Türken fest am Halse packend,
Stürzten Beid' in s Gras, in Wuth verschlungen,
Wälzten sich umher auf breitem Felde.
Schaumbedeckt war Sukans Heldenantlitz,
Schmerz und Blut umdunkelten Wuks Stirne, 190
Aber stark bemeistert' er die Wunde.
Die geschmückte Türkin sah's von ferne.
Eilig flog sie über das Gefilde,
Raffte auf der Säbel Stück' im Laufe,
Stürzt' auf beide Helden zu; doch siehe! 195
Hinter ihr die schöne Angelia:
"Türkin, halt!" ruft schreckensbleich die Jungfrau,
"Meinen Bruder sollst Du mir nicht tödten!
Tödtest Du ihn -- beim wahrhaft'gen Gotte!
Selbst bewaffn' ich mich mit spitzem Stahle, 200
Steche Dir lebendig aus die Augen!" --
Ihr entgegnen die Gattin Sukans:
"Bleibe! folge mir nicht, Angelia!
Nicht mit Deinem lieben Bruder hab' ich's,
Hab' es einzig nur mit meinem Feinde, 205
Der erniedrigen mich will zur Sclavin,
Einer Andern mich zum Dienste geben!"
Und es stieß nun Held auf Helden, hauend;
Aber jetzt zerbrachen auch die Säbel,
Der des Türken Wuken tief verwundend.
Als der Christ sich sah in diesen Nöthen,
Trieb er auf das weiße Roß den Rappen, 185
Und den Türken fest am Halse packend,
Stürzten Beid' in s Gras, in Wuth verschlungen,
Wälzten sich umher auf breitem Felde.
Schaumbedeckt war Sukans Heldenantlitz,
Schmerz und Blut umdunkelten Wuks Stirne, 190
Aber stark bemeistert' er die Wunde.
Die geschmückte Türkin sah's von ferne.
Eilig flog sie über das Gefilde,
Raffte auf der Säbel Stück' im Laufe,
Stürzt' auf beide Helden zu; doch siehe! 195
Hinter ihr die schöne Angelia:
„Türkin, halt!“ ruft schreckensbleich die Jungfrau,
„Meinen Bruder sollst Du mir nicht tödten!
Tödtest Du ihn — beim wahrhaft'gen Gotte!
Selbst bewaffn' ich mich mit spitzem Stahle, 200
Steche Dir lebendig aus die Augen!“ —
Ihr entgegnen die Gattin Sukans:
„Bleibe! folge mir nicht, Angelia!
Nicht mit Deinem lieben Bruder hab' ich's,
Hab' es einzig nur mit meinem Feinde, 205
Der erniedrigen mich will zur Sclavin,
Einer Andern mich zum Dienste geben!“
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[158/0224] Und es stieß nun Held auf Helden, hauend; Aber jetzt zerbrachen auch die Säbel, Der des Türken Wuken tief verwundend. Als der Christ sich sah in diesen Nöthen, Trieb er auf das weiße Roß den Rappen, Und den Türken fest am Halse packend, Stürzten Beid' in s Gras, in Wuth verschlungen, Wälzten sich umher auf breitem Felde. Schaumbedeckt war Sukans Heldenantlitz, Schmerz und Blut umdunkelten Wuks Stirne, Aber stark bemeistert' er die Wunde. Die geschmückte Türkin sah's von ferne. Eilig flog sie über das Gefilde, Raffte auf der Säbel Stück' im Laufe, Stürzt' auf beide Helden zu; doch siehe! Hinter ihr die schöne Angelia: „Türkin, halt!“ ruft schreckensbleich die Jungfrau, „Meinen Bruder sollst Du mir nicht tödten! Tödtest Du ihn — beim wahrhaft'gen Gotte! Selbst bewaffn' ich mich mit spitzem Stahle, Steche Dir lebendig aus die Augen!“ — Ihr entgegnen die Gattin Sukans: „Bleibe! folge mir nicht, Angelia! Nicht mit Deinem lieben Bruder hab' ich's, Hab' es einzig nur mit meinem Feinde, Der erniedrigen mich will zur Sclavin, Einer Andern mich zum Dienste geben!“

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Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/224>, abgerufen am 21.11.2024.