Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

Bild:
<< vorherige Seite

Nannten wir jenen Verkehr mit den Venetianern den
ersten mit dem Occidente, so konnte dieß nur in Bezug auf
die Serben an der Donau, den Gründern des eigentlichen
serbischen Königreichs, gesagt seyn. Die kleinern Staaten,
welche sich gleich nach der ersten Einwandrung in Dalmatien
gebildet hatten, wurden viel früher mir in die Händel des Abend-
landes, in die ungarisch-kroatischen und venetianischen Krie-
ge verwickelt. Beynahe ganz von den serbischen Brüdern ab-
gelöst, wurden sie erst im Laufe der Zeit nach und nach wie-
der dazu gebracht, die Oberhoheit des Großshupan, nachher
Königs von Serbien anzuerkennen, oder ganz zu diesem Rei-
che geschlagen. Der kleine Freystaat Dioklea, an der dal-
matisch, albanischen Küste, südlich von Catarro, verschwindet
schon mit dem eilften Jahrhundert aus der Geschichte. Sa-
chulm
und Trebunia, (die Ragusa von drey Seiten umge-
benden Länder von der Narenta bis nach Catarro,) erhoben sich
für kurze Zeit zu einem eignen, südlich-slavonischen Königrei-
che wurden aber schon zu Ende des zwölften Säkulums Theile
Serbiens. Am bedeutendsten zeigt sich uns der Seeräuber-
staat der Narentaner oder Paganer (Heiden). Er
bestand, wie wir schon oben erwähnten, aus dem Lande zwi-
schen den Strömen Zetinja und Narenta, nebst den größten
der dicht am Ufer gelegenen Inseln. Kühn und übermüthig,
machten sie sich den Nachbarn furchtbar, erpreßten Schutzgeld
von Ragusa, Schiffszoll von Venedig, und beeinträchtigten
den Handel dieses letztern Staats auf jede Weise. Aber schon
in den siebziger Jahren des zwölften Jahrhunderts brachten
innere Zwistigkeiten ihnen den Untergang. Die Serbenfür-
sten, Nemanja und dessen Brüder, benutzten diese, und ris-
sen den größten Theil ihres Gebietes an sich. In den Küsten-
ländern erneuerte von Almißa (slav. Omisch) aus, der Stamm
der Katschitschen das Gewerbe der Narentaner, und setzte es
mehrere Jahrhunderte lang, mit nicht geringerem Erfolge, fort.

Nannten wir jenen Verkehr mit den Venetianern den
ersten mit dem Occidente, so konnte dieß nur in Bezug auf
die Serben an der Donau, den Gründern des eigentlichen
serbischen Königreichs, gesagt seyn. Die kleinern Staaten,
welche sich gleich nach der ersten Einwandrung in Dalmatien
gebildet hatten, wurden viel früher mir in die Händel des Abend-
landes, in die ungarisch-kroatischen und venetianischen Krie-
ge verwickelt. Beynahe ganz von den serbischen Brüdern ab-
gelöst, wurden sie erst im Laufe der Zeit nach und nach wie-
der dazu gebracht, die Oberhoheit des Großshupan, nachher
Königs von Serbien anzuerkennen, oder ganz zu diesem Rei-
che geschlagen. Der kleine Freystaat Dioklea, an der dal-
matisch, albanischen Küste, südlich von Catarro, verschwindet
schon mit dem eilften Jahrhundert aus der Geschichte. Sa-
chulm
und Trebunia, (die Ragusa von drey Seiten umge-
benden Länder von der Narenta bis nach Catarro,) erhoben sich
für kurze Zeit zu einem eignen, südlich-slavonischen Königrei-
che wurden aber schon zu Ende des zwölften Säkulums Theile
Serbiens. Am bedeutendsten zeigt sich uns der Seeräuber-
staat der Narentaner oder Paganer (Heiden). Er
bestand, wie wir schon oben erwähnten, aus dem Lande zwi-
schen den Strömen Zetinja und Narenta, nebst den größten
der dicht am Ufer gelegenen Inseln. Kühn und übermüthig,
machten sie sich den Nachbarn furchtbar, erpreßten Schutzgeld
von Ragusa, Schiffszoll von Venedig, und beeinträchtigten
den Handel dieses letztern Staats auf jede Weise. Aber schon
in den siebziger Jahren des zwölften Jahrhunderts brachten
innere Zwistigkeiten ihnen den Untergang. Die Serbenfür-
sten, Nemanja und dessen Brüder, benutzten diese, und ris-
sen den größten Theil ihres Gebietes an sich. In den Küsten-
ländern erneuerte von Almißa (slav. Omisch) aus, der Stamm
der Katschitschen das Gewerbe der Narentaner, und setzte es
mehrere Jahrhunderte lang, mit nicht geringerem Erfolge, fort.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0029" n="IX"/>
        <p>Nannten wir jenen Verkehr mit den Venetianern den<lb/>
ersten mit dem Occidente, so konnte dieß nur in Bezug auf<lb/>
die Serben an der Donau, den Gründern des eigentlichen<lb/>
serbischen Königreichs, gesagt seyn. Die kleinern Staaten,<lb/>
welche sich gleich nach der ersten Einwandrung in Dalmatien<lb/>
gebildet hatten, wurden viel früher mir in die Händel des Abend-<lb/>
landes, in die ungarisch-kroatischen und venetianischen Krie-<lb/>
ge verwickelt. Beynahe ganz von den serbischen Brüdern ab-<lb/>
gelöst, wurden sie erst im Laufe der Zeit nach und nach wie-<lb/>
der dazu gebracht, die Oberhoheit des Großshupan, nachher<lb/>
Königs von Serbien anzuerkennen, oder ganz zu diesem Rei-<lb/>
che geschlagen. Der kleine Freystaat Dioklea, an der dal-<lb/>
matisch, albanischen Küste, südlich von Catarro, verschwindet<lb/>
schon mit dem eilften Jahrhundert aus der Geschichte. <hi rendition="#g">Sa-<lb/>
chulm</hi> und <hi rendition="#g">Trebunia,</hi> (die Ragusa von drey Seiten umge-<lb/>
benden Länder von der Narenta bis nach Catarro,) erhoben sich<lb/>
für kurze Zeit zu einem eignen, südlich-slavonischen Königrei-<lb/>
che wurden aber schon zu Ende des zwölften Säkulums Theile<lb/>
Serbiens. Am bedeutendsten zeigt sich uns der Seeräuber-<lb/>
staat der <hi rendition="#g">Narentaner</hi> oder <hi rendition="#g">Paganer </hi>(Heiden). Er<lb/>
bestand, wie wir schon oben erwähnten, aus dem Lande zwi-<lb/>
schen den Strömen Zetinja und Narenta, nebst den größten<lb/>
der dicht am Ufer gelegenen Inseln. Kühn und übermüthig,<lb/>
machten sie sich den Nachbarn furchtbar, erpreßten Schutzgeld<lb/>
von Ragusa, Schiffszoll von Venedig, und beeinträchtigten<lb/>
den Handel dieses letztern Staats auf jede Weise. Aber schon<lb/>
in den siebziger Jahren des zwölften Jahrhunderts brachten<lb/>
innere Zwistigkeiten ihnen den Untergang. Die Serbenfür-<lb/>
sten, Nemanja und dessen Brüder, benutzten diese, und ris-<lb/>
sen den größten Theil ihres Gebietes an sich. In den Küsten-<lb/>
ländern erneuerte von <hi rendition="#g">Almißa</hi> (slav. Omisch) aus, der Stamm<lb/>
der Katschitschen das Gewerbe der Narentaner, und setzte es<lb/>
mehrere Jahrhunderte lang, mit nicht geringerem Erfolge, fort.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[IX/0029] Nannten wir jenen Verkehr mit den Venetianern den ersten mit dem Occidente, so konnte dieß nur in Bezug auf die Serben an der Donau, den Gründern des eigentlichen serbischen Königreichs, gesagt seyn. Die kleinern Staaten, welche sich gleich nach der ersten Einwandrung in Dalmatien gebildet hatten, wurden viel früher mir in die Händel des Abend- landes, in die ungarisch-kroatischen und venetianischen Krie- ge verwickelt. Beynahe ganz von den serbischen Brüdern ab- gelöst, wurden sie erst im Laufe der Zeit nach und nach wie- der dazu gebracht, die Oberhoheit des Großshupan, nachher Königs von Serbien anzuerkennen, oder ganz zu diesem Rei- che geschlagen. Der kleine Freystaat Dioklea, an der dal- matisch, albanischen Küste, südlich von Catarro, verschwindet schon mit dem eilften Jahrhundert aus der Geschichte. Sa- chulm und Trebunia, (die Ragusa von drey Seiten umge- benden Länder von der Narenta bis nach Catarro,) erhoben sich für kurze Zeit zu einem eignen, südlich-slavonischen Königrei- che wurden aber schon zu Ende des zwölften Säkulums Theile Serbiens. Am bedeutendsten zeigt sich uns der Seeräuber- staat der Narentaner oder Paganer (Heiden). Er bestand, wie wir schon oben erwähnten, aus dem Lande zwi- schen den Strömen Zetinja und Narenta, nebst den größten der dicht am Ufer gelegenen Inseln. Kühn und übermüthig, machten sie sich den Nachbarn furchtbar, erpreßten Schutzgeld von Ragusa, Schiffszoll von Venedig, und beeinträchtigten den Handel dieses letztern Staats auf jede Weise. Aber schon in den siebziger Jahren des zwölften Jahrhunderts brachten innere Zwistigkeiten ihnen den Untergang. Die Serbenfür- sten, Nemanja und dessen Brüder, benutzten diese, und ris- sen den größten Theil ihres Gebietes an sich. In den Küsten- ländern erneuerte von Almißa (slav. Omisch) aus, der Stamm der Katschitschen das Gewerbe der Narentaner, und setzte es mehrere Jahrhunderte lang, mit nicht geringerem Erfolge, fort.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-05-30T17:55:01Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/29
Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/29>, abgerufen am 21.11.2024.