Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Auch ich bin den Dichtern, sagte der Al¬
te, von jeher deshalb zugethan gewesen.
Das Leben und die Welt is[t] mir klarer und
anschaulicher durch sie geworden. Es dünkte
mich, sie müßten befreundet mit den scharfen
Geistern des Lichtes seyn, die alle Naturen
durchdringen und sondern, und einen ei¬
genthümlichen, zartgefärbten Schleyer über
jede verbreiten. Meine eigene Natur fühlte
ich bey ihren Liedern leicht entfaltet, und
es war, als könnte sie sich nun freyer be¬
wegen, ihrer Geselligkeit und ihres Verlan¬
gens froh werden, mit stiller Lust ihre Glie¬
der gegen einander schwingen, und tausender¬
ley anmuthige Wirkungen hervorrufen.

Wart ihr so glücklich in eurer Gegend
einige Dichter zu haben? fragte der Ein¬
siedler.

Es haben sich wohl zuweilen einige bey
uns eingefunden: aber sie schienen Gefallen

Auch ich bin den Dichtern, ſagte der Al¬
te, von jeher deshalb zugethan geweſen.
Das Leben und die Welt iſ[t] mir klarer und
anſchaulicher durch ſie geworden. Es dünkte
mich, ſie müßten befreundet mit den ſcharfen
Geiſtern des Lichtes ſeyn, die alle Naturen
durchdringen und ſondern, und einen ei¬
genthümlichen, zartgefärbten Schleyer über
jede verbreiten. Meine eigene Natur fühlte
ich bey ihren Liedern leicht entfaltet, und
es war, als könnte ſie ſich nun freyer be¬
wegen, ihrer Geſelligkeit und ihres Verlan¬
gens froh werden, mit ſtiller Luſt ihre Glie¬
der gegen einander ſchwingen, und tauſender¬
ley anmuthige Wirkungen hervorrufen.

Wart ihr ſo glücklich in eurer Gegend
einige Dichter zu haben? fragte der Ein¬
ſiedler.

Es haben ſich wohl zuweilen einige bey
uns eingefunden: aber ſie ſchienen Gefallen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0191" n="183"/>
            <p>Auch ich bin den Dichtern, &#x017F;agte der Al¬<lb/>
te, von jeher deshalb zugethan gewe&#x017F;en.<lb/>
Das Leben und die Welt i&#x017F;<supplied>t</supplied> mir klarer und<lb/>
an&#x017F;chaulicher durch &#x017F;ie geworden. Es dünkte<lb/>
mich, &#x017F;ie müßten befreundet mit den &#x017F;charfen<lb/>
Gei&#x017F;tern des Lichtes &#x017F;eyn, die alle Naturen<lb/>
durchdringen und &#x017F;ondern, und einen ei¬<lb/>
genthümlichen, zartgefärbten Schleyer über<lb/>
jede verbreiten. Meine eigene Natur fühlte<lb/>
ich bey ihren Liedern leicht entfaltet, und<lb/>
es war, als könnte &#x017F;ie &#x017F;ich nun freyer be¬<lb/>
wegen, ihrer Ge&#x017F;elligkeit und ihres Verlan¬<lb/>
gens froh werden, mit &#x017F;tiller Lu&#x017F;t ihre Glie¬<lb/>
der gegen einander &#x017F;chwingen, und tau&#x017F;ender¬<lb/>
ley anmuthige Wirkungen hervorrufen.</p><lb/>
            <p>Wart ihr &#x017F;o glücklich in eurer Gegend<lb/>
einige Dichter zu haben? fragte der Ein¬<lb/>
&#x017F;iedler.</p><lb/>
            <p>Es haben &#x017F;ich wohl zuweilen einige bey<lb/>
uns eingefunden: aber &#x017F;ie &#x017F;chienen Gefallen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0191] Auch ich bin den Dichtern, ſagte der Al¬ te, von jeher deshalb zugethan geweſen. Das Leben und die Welt iſt mir klarer und anſchaulicher durch ſie geworden. Es dünkte mich, ſie müßten befreundet mit den ſcharfen Geiſtern des Lichtes ſeyn, die alle Naturen durchdringen und ſondern, und einen ei¬ genthümlichen, zartgefärbten Schleyer über jede verbreiten. Meine eigene Natur fühlte ich bey ihren Liedern leicht entfaltet, und es war, als könnte ſie ſich nun freyer be¬ wegen, ihrer Geſelligkeit und ihres Verlan¬ gens froh werden, mit ſtiller Luſt ihre Glie¬ der gegen einander ſchwingen, und tauſender¬ ley anmuthige Wirkungen hervorrufen. Wart ihr ſo glücklich in eurer Gegend einige Dichter zu haben? fragte der Ein¬ ſiedler. Es haben ſich wohl zuweilen einige bey uns eingefunden: aber ſie ſchienen Gefallen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/191
Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/191>, abgerufen am 21.11.2024.