ihm weh, daß er die alte Frau, der er bisher immer nur tröstend zugeredet, nun mit seiner Angst anstecken sollte. Aber er sagte sich: es muß sein, damit er ihr gerettet wird und für seine Mutter erhalten. Weiter hört er sonst doch auf Niemand. --
Johannes war diesen Abend nicht hinab in's Dorf gegangen. Zu morgen, wo das Ernte- und Turnfest gefeiert werden sollte, war schon Alles geordnet, nur daß noch einmal für den Chor Probe bei dem Schulmeister war. Da hatte er nicht nöthig, mit dabei zu sein.
An diesem Tage hatte er gerade sein Volksbuch vol- lendet. Wenn nun ein Dichter mit einem Buch fertig ist, an dem er Monate lang gearbeitet und sich ganz hin- eingelebt wie in eine andere Welt, so ist ihm, wenn er den letzten Federzug daran gethan hat, ganz unbeschreib- lich seltsam zu Muthe. Halb fühlt er sich befriedigt wie nach jeder vollendeten Arbeit und athmet fröhlich auf, als sei nun ein Stein von seinem Herzen gefallen. Aber wieder bald fühlt er sich traurig und plötzlich wie verein- samt. So lange Zeit hat er alle diese Bilder, die er da mit der Feder niedergezeichnet hat, mit sich herumgetra- gen, täglich hat er sich damit beschäftigt, sie sind ihm lieb und werth und wie ein Stück von seinem eignen Leben geworden -- nun plötzlich ist das Alles vorbei, nun muß er sich von ihnen losreißen, Abschied nehmen und aufhören,
ihm weh, daß er die alte Frau, der er bisher immer nur troͤſtend zugeredet, nun mit ſeiner Angſt anſtecken ſollte. Aber er ſagte ſich: es muß ſein, damit er ihr gerettet wird und fuͤr ſeine Mutter erhalten. Weiter hoͤrt er ſonſt doch auf Niemand. —
Johannes war dieſen Abend nicht hinab in’s Dorf gegangen. Zu morgen, wo das Ernte- und Turnfeſt gefeiert werden ſollte, war ſchon Alles geordnet, nur daß noch einmal fuͤr den Chor Probe bei dem Schulmeiſter war. Da hatte er nicht noͤthig, mit dabei zu ſein.
An dieſem Tage hatte er gerade ſein Volksbuch vol- lendet. Wenn nun ein Dichter mit einem Buch fertig iſt, an dem er Monate lang gearbeitet und ſich ganz hin- eingelebt wie in eine andere Welt, ſo iſt ihm, wenn er den letzten Federzug daran gethan hat, ganz unbeſchreib- lich ſeltſam zu Muthe. Halb fuͤhlt er ſich befriedigt wie nach jeder vollendeten Arbeit und athmet froͤhlich auf, als ſei nun ein Stein von ſeinem Herzen gefallen. Aber wieder bald fuͤhlt er ſich traurig und ploͤtzlich wie verein- ſamt. So lange Zeit hat er alle dieſe Bilder, die er da mit der Feder niedergezeichnet hat, mit ſich herumgetra- gen, taͤglich hat er ſich damit beſchaͤftigt, ſie ſind ihm lieb und werth und wie ein Stuͤck von ſeinem eignen Leben geworden — nun ploͤtzlich iſt das Alles vorbei, nun muß er ſich von ihnen losreißen, Abſchied nehmen und aufhoͤren,
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ihm weh, daß er die alte Frau, der er bisher immer nur
troͤſtend zugeredet, nun mit ſeiner Angſt anſtecken ſollte.
Aber er ſagte ſich: es muß ſein, damit er ihr gerettet
wird und fuͤr ſeine Mutter erhalten. Weiter hoͤrt er
ſonſt doch auf Niemand. —
Johannes war dieſen Abend nicht hinab in’s Dorf
gegangen. Zu morgen, wo das Ernte- und Turnfeſt
gefeiert werden ſollte, war ſchon Alles geordnet, nur daß
noch einmal fuͤr den Chor Probe bei dem Schulmeiſter
war. Da hatte er nicht noͤthig, mit dabei zu ſein.
An dieſem Tage hatte er gerade ſein Volksbuch vol-
lendet. Wenn nun ein Dichter mit einem Buch fertig
iſt, an dem er Monate lang gearbeitet und ſich ganz hin-
eingelebt wie in eine andere Welt, ſo iſt ihm, wenn er
den letzten Federzug daran gethan hat, ganz unbeſchreib-
lich ſeltſam zu Muthe. Halb fuͤhlt er ſich befriedigt
wie nach jeder vollendeten Arbeit und athmet froͤhlich auf,
als ſei nun ein Stein von ſeinem Herzen gefallen. Aber
wieder bald fuͤhlt er ſich traurig und ploͤtzlich wie verein-
ſamt. So lange Zeit hat er alle dieſe Bilder, die er da
mit der Feder niedergezeichnet hat, mit ſich herumgetra-
gen, taͤglich hat er ſich damit beſchaͤftigt, ſie ſind ihm lieb
und werth und wie ein Stuͤck von ſeinem eignen Leben
geworden — nun ploͤtzlich iſt das Alles vorbei, nun muß
er ſich von ihnen losreißen, Abſchied nehmen und aufhoͤren,
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/258>, abgerufen am 22.11.2024.
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