war, sagten Einige: "Ja, jetzt könnte uns auch geholfen werden, wir könnten auch loskommen von den Lehnsla- sten, die wir tragen müssen, könnten endlich die "grüne Raupe" los werden, die Jagd des gnädigen Herrn. Wir könnten die Ungerechtigkeiten des Amtmanns aufdecken und all' den Gerichtsleuten, die uns geplagt und geschun- den haben, Eins auswischen; wir könnten jetzt auch Et- was thun, um all' den alten Lasten, die uns so unge- recht drücken, ein Ende zu machen, um all' das zu ver- mögen in einem Tage, warum wir so lange, lange Jahre geduldig und vergeblich petitionirt haben!" -- Und von all diesem Reden war immer das Ende: "Ja, wir könn- ten das Alles, wenn wir nur Jemanden hätten, der uns rathen und sagen wollte, wie wir's anzustellen hätten -- ja, wenn der Johannes noch da wäre!"
"Ei!" rief der Knecht Jacob, der auch mit hinzu ge- kommen war, so wollen wir den Johannes holen!"
Die Leute sahen wieder einander verdutzt an und der Schulmeister rief: "das war brav gesprochen! Jacob; eine Sünde und Schande ist's, daß der edle Johannes noch immer sitzt um Nichts und wieder Nichts, nur weil's dem Amtmann und dem Grafen so gefiel und weil er's gut gemeint mit uns Allen und das ganze Dorf aufge- klärt hat über seine Rechte, daß Jhr jetzt Alle wißt, was
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war, ſagten Einige: „Ja, jetzt koͤnnte uns auch geholfen werden, wir koͤnnten auch loskommen von den Lehnsla- ſten, die wir tragen muͤſſen, koͤnnten endlich die „gruͤne Raupe“ los werden, die Jagd des gnaͤdigen Herrn. Wir koͤnnten die Ungerechtigkeiten des Amtmanns aufdecken und all’ den Gerichtsleuten, die uns geplagt und geſchun- den haben, Eins auswiſchen; wir koͤnnten jetzt auch Et- was thun, um all’ den alten Laſten, die uns ſo unge- recht druͤcken, ein Ende zu machen, um all’ das zu ver- moͤgen in einem Tage, warum wir ſo lange, lange Jahre geduldig und vergeblich petitionirt haben!“ — Und von all dieſem Reden war immer das Ende: „Ja, wir koͤnn- ten das Alles, wenn wir nur Jemanden haͤtten, der uns rathen und ſagen wollte, wie wir’s anzuſtellen haͤtten — ja, wenn der Johannes noch da waͤre!“
„Ei!“ rief der Knecht Jacob, der auch mit hinzu ge- kommen war, ſo wollen wir den Johannes holen!“
Die Leute ſahen wieder einander verdutzt an und der Schulmeiſter rief: „das war brav geſprochen! Jacob; eine Suͤnde und Schande iſt’s, daß der edle Johannes noch immer ſitzt um Nichts und wieder Nichts, nur weil’s dem Amtmann und dem Grafen ſo gefiel und weil er’s gut gemeint mit uns Allen und das ganze Dorf aufge- klaͤrt hat uͤber ſeine Rechte, daß Jhr jetzt Alle wißt, was
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war, ſagten Einige: „Ja, jetzt koͤnnte uns auch geholfen
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Raupe“ los werden, die Jagd des gnaͤdigen Herrn. Wir
koͤnnten die Ungerechtigkeiten des Amtmanns aufdecken
und all’ den Gerichtsleuten, die uns geplagt und geſchun-
den haben, Eins auswiſchen; wir koͤnnten jetzt auch Et-
was thun, um all’ den alten Laſten, die uns ſo unge-
recht druͤcken, ein Ende zu machen, um all’ das zu ver-
moͤgen in einem Tage, warum wir ſo lange, lange Jahre
geduldig und vergeblich petitionirt haben!“ — Und von
all dieſem Reden war immer das Ende: „Ja, wir koͤnn-
ten das Alles, wenn wir nur Jemanden haͤtten, der uns
rathen und ſagen wollte, wie wir’s anzuſtellen haͤtten —
ja, wenn der Johannes noch da waͤre!“
„Ei!“ rief der Knecht Jacob, der auch mit hinzu ge-
kommen war, ſo wollen wir den Johannes
holen!“
Die Leute ſahen wieder einander verdutzt an und der
Schulmeiſter rief: „das war brav geſprochen! Jacob;
eine Suͤnde und Schande iſt’s, daß der edle Johannes
noch immer ſitzt um Nichts und wieder Nichts, nur weil’s
dem Amtmann und dem Grafen ſo gefiel und weil er’s
gut gemeint mit uns Allen und das ganze Dorf aufge-
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/331>, abgerufen am 22.11.2024.
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