Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.heilige Friede, sondern eine bittre Unzufriedenheit, ein kecker Ungestüm, welcher Ausdruck jedoch nicht hinderte, daß dieses Gesicht, besonders wenn man es öfter und länger betrachtete, von edlen und liebevollmilden Empfindungen zeugte. An diesen Jüngling wandte sich Elisabeth mit der Frage: "Welcher von diesen Wegen führt zunächst in Herrn Felchners Wohnhaus?" "Hier rechts, gerade aus, ich gehe jetzt auch dahin," antwortete der Angeredete mit einer schönen klangreichen Stimme, welche nicht den entferntesten gemeinen Ausdruck hatte, ohne jedoch etwa einen sehr höflichen oder unterwürfigen Ton anzunehmen. Nachdem sie durch verschiedene kleine Straßen und Höfe gekommen waren, langten sie vor der Hausthüre zu Felchners Wohnung an. Der Führer trat zur Seite, und nahm ehrerbietig die Mütze zwischen die Finger -- ein Fabrikarbeiter trat aus dem Hause, und sagte, ohne Elisabeth zu grüßen, oder irgend auf sie zu achten: "Willst Du zum alten Herrn, Thalheim? Da wirst Du jetzt Wenig ausrichten, denn er hat ganz schlechte Laune." "Ist gleich," sagte der junge Mann kalt. "Für uns wird er ja doch niemals gute haben." Elisabeth konnte sich des Ausrufs größter Ueberraschung nicht enthalten: "Sie heißen Thalheim?" heilige Friede, sondern eine bittre Unzufriedenheit, ein kecker Ungestüm, welcher Ausdruck jedoch nicht hinderte, daß dieses Gesicht, besonders wenn man es öfter und länger betrachtete, von edlen und liebevollmilden Empfindungen zeugte. An diesen Jüngling wandte sich Elisabeth mit der Frage: „Welcher von diesen Wegen führt zunächst in Herrn Felchners Wohnhaus?“ „Hier rechts, gerade aus, ich gehe jetzt auch dahin,“ antwortete der Angeredete mit einer schönen klangreichen Stimme, welche nicht den entferntesten gemeinen Ausdruck hatte, ohne jedoch etwa einen sehr höflichen oder unterwürfigen Ton anzunehmen. Nachdem sie durch verschiedene kleine Straßen und Höfe gekommen waren, langten sie vor der Hausthüre zu Felchners Wohnung an. Der Führer trat zur Seite, und nahm ehrerbietig die Mütze zwischen die Finger — ein Fabrikarbeiter trat aus dem Hause, und sagte, ohne Elisabeth zu grüßen, oder irgend auf sie zu achten: „Willst Du zum alten Herrn, Thalheim? Da wirst Du jetzt Wenig ausrichten, denn er hat ganz schlechte Laune.“ „Ist gleich,“ sagte der junge Mann kalt. „Für uns wird er ja doch niemals gute haben.“ Elisabeth konnte sich des Ausrufs größter Ueberraschung nicht enthalten: „Sie heißen Thalheim?“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0145" n="135"/> heilige Friede, sondern eine bittre Unzufriedenheit, ein kecker Ungestüm, welcher Ausdruck jedoch nicht hinderte, daß dieses Gesicht, besonders wenn man es öfter und länger betrachtete, von edlen und liebevollmilden Empfindungen zeugte.</p> <p>An diesen Jüngling wandte sich Elisabeth mit der Frage: „Welcher von diesen Wegen führt zunächst in Herrn Felchners Wohnhaus?“</p> <p>„Hier rechts, gerade aus, ich gehe jetzt auch dahin,“ antwortete der Angeredete mit einer schönen klangreichen Stimme, welche nicht den entferntesten gemeinen Ausdruck hatte, ohne jedoch etwa einen sehr höflichen oder unterwürfigen Ton anzunehmen.</p> <p>Nachdem sie durch verschiedene kleine Straßen und Höfe gekommen waren, langten sie vor der Hausthüre zu Felchners Wohnung an. Der Führer trat zur Seite, und nahm ehrerbietig die Mütze zwischen die Finger — ein Fabrikarbeiter trat aus dem Hause, und sagte, ohne Elisabeth zu grüßen, oder irgend auf sie zu achten: „Willst Du zum alten Herrn, Thalheim? Da wirst Du jetzt Wenig ausrichten, denn er hat ganz schlechte Laune.“</p> <p>„Ist gleich,“ sagte der junge Mann kalt. „Für uns wird er ja doch niemals gute haben.“</p> <p>Elisabeth konnte sich des Ausrufs größter Ueberraschung nicht enthalten: „Sie heißen Thalheim?“</p> </div> </body> </text> </TEI> [135/0145]
heilige Friede, sondern eine bittre Unzufriedenheit, ein kecker Ungestüm, welcher Ausdruck jedoch nicht hinderte, daß dieses Gesicht, besonders wenn man es öfter und länger betrachtete, von edlen und liebevollmilden Empfindungen zeugte.
An diesen Jüngling wandte sich Elisabeth mit der Frage: „Welcher von diesen Wegen führt zunächst in Herrn Felchners Wohnhaus?“
„Hier rechts, gerade aus, ich gehe jetzt auch dahin,“ antwortete der Angeredete mit einer schönen klangreichen Stimme, welche nicht den entferntesten gemeinen Ausdruck hatte, ohne jedoch etwa einen sehr höflichen oder unterwürfigen Ton anzunehmen.
Nachdem sie durch verschiedene kleine Straßen und Höfe gekommen waren, langten sie vor der Hausthüre zu Felchners Wohnung an. Der Führer trat zur Seite, und nahm ehrerbietig die Mütze zwischen die Finger — ein Fabrikarbeiter trat aus dem Hause, und sagte, ohne Elisabeth zu grüßen, oder irgend auf sie zu achten: „Willst Du zum alten Herrn, Thalheim? Da wirst Du jetzt Wenig ausrichten, denn er hat ganz schlechte Laune.“
„Ist gleich,“ sagte der junge Mann kalt. „Für uns wird er ja doch niemals gute haben.“
Elisabeth konnte sich des Ausrufs größter Ueberraschung nicht enthalten: „Sie heißen Thalheim?“
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